das letzte viertel - Hinterland Magazin
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Schwarz und ohne Zucker<br />
Wie der Gentrifizierungsdebatte in diesem Heft zu entnehmen ist, wird heutzutage, wenn es um Kaffee<br />
geht, ja mehr über den Schaum auf – Stichwort „Latte Macchiato“ - als die Arbeit hinter dem Kaffee gesprochen.<br />
Doch <strong>das</strong> war nicht immer so. Denn seit es den Bayerischen Flüchtlingsrat gibt, wird dort auch so<br />
genannter Soli-Kaffee getrunken. Ob der schon immer – wie heute - von Nicaragua Libre bezogen wurde,<br />
entzieht sich unserer Erkenntnis. Aber, wie es der Zufall so will, gibt es auch Mitka , den Importeur dieses<br />
fair gehandelten Kaffees, seit 25 Jahren. Stefan Klingbeil sprach aus diesem gemeinsamen Anlass mit Anne<br />
Löwisch, der Geschäftsführerin von Mitka.<br />
Euch gibt es nun seit 25 Jahren –<br />
ohne <strong>das</strong>s jemand von Euch groß<br />
Notiz genommen hat – viele<br />
haben schon von jenen<br />
gehört, die mit fairen Kaffe<br />
handeln, wie El Rojito, Ökotopia<br />
oder Nicaragua<br />
Libre. Welche Rolle spielt<br />
Ihr im Geschäft des fairen<br />
Handels mit Kaffee<br />
aus Lateinamerika?<br />
Die Mitka selber ist eine<br />
Importgemeinschaft, in<br />
der sich acht Gruppen<br />
zusammengeschlossen haben,<br />
darunter zum Beispiel Nicaragua<br />
Libre. Mitka importiert den Kaffee<br />
für ihre Mitglieder, vertreibt ihn<br />
aber nicht selber. Daher ist der<br />
Name Mitka bei der Kaffeekäuferschaft<br />
selber nicht bekannt,<br />
obwohl sie hier zu den größeren<br />
solidarischen Kaffeeimporteuren<br />
zählt. Anders ist <strong>das</strong> in Nicaragua,<br />
wo die Mitka als Vertragspartnerin,<br />
die schon lange dabei ist und den<br />
Aufbau von Strukturen unterstützt<br />
hat, ziemlich bekannt.<br />
1986 gegründet, gehört Ihr zu den<br />
ökonomischen Partnerschaftsprojekten,<br />
die aus der Lateinamerikasolidarität<br />
mit den dortigen Revolutionen<br />
erwachsen sind. Wie war Eure<br />
Entwicklung darin?<br />
Kaffee war <strong>das</strong> Vehikel, um zum<br />
einem dem Staat Deviseneinnah-<br />
men zu<br />
sichern und zum anderen hier<br />
Informationen über die Situation<br />
im Land und eine Kritik der Weltwirtschaftsverhältnisse<br />
zu verbreiten.<br />
Von Kaffeequalität hatte niemand<br />
so richtig viel Ahnung.<br />
Dementsprechend bekamen die<br />
Organisationen des fairen Handels<br />
manchmal auch einfach die Kaffees,<br />
die Nicaragua nicht an die<br />
anspruchsvolleren traditionellen<br />
Importeure verkaufen konnte.<br />
Nachdem 1992 die Sandinisten die<br />
Wahl nach zwölf Jahren postrevolutionären<br />
Regierens verloren hatten,<br />
löste <strong>das</strong> in der Nicaragua-<br />
Solidarität zunächst eine Sinnkrise<br />
aus. Es gab Gruppen in der Mitka,<br />
die damals aufgehört haben, Kaffee<br />
zu verkaufen. Aber die Menschen,<br />
mit denen die Solidaritätsbewegung<br />
zu tun gehabt<br />
hatte, waren ja immer<br />
noch da und es galt nun,<br />
den Kaffeebauern und<br />
Kaffebäuerinnen auch<br />
unter den neuen Verhältnissen<br />
Land zu<br />
sichern und direkte<br />
Exportmöglichkeiten zu<br />
verschaffen. Deshalb<br />
wurden die Produktionsgenossenschaften<br />
mit verschiedenen<br />
Projekten in diese<br />
Richtung unterstützt – oftmals<br />
übrigens Projekte, mit denen die<br />
Nicaragua-Solidarität gründlich<br />
baden gegangen ist.<br />
Auf welches Projekt spielst<br />
du hier an?<br />
1992 sollte der Arbeiterschaft eines<br />
Kaffeeanbaus ermöglicht werden,<br />
ihren Betrieb und <strong>das</strong> zugehörige<br />
Land zu kaufen, um die Eigentumsverhältnisse<br />
zu sichern. In der<br />
deutschen Soli-Szene wurden<br />
Kleinkredite gesammelt. Zurückzahlen<br />
sollten die Bauern und<br />
Bäuerinnen die Kredite allmählich<br />
mit Kaffeelieferungen. Die meisten<br />
Genossenschaftsbetriebe funktionierten<br />
aber nach dem Regierungswechsel<br />
nicht mehr, hatten Probleme<br />
mit Korruption und gingen aus<br />
verschiedenen Gründen, die hier<br />
<strong>das</strong> <strong>letzte</strong> <strong>viertel</strong><br />
2010<br />
Das Cafe 104 und<br />
Ärzte der Welt ziehen<br />
in eigene<br />
Räume. Der FREI-<br />
RAUM für Flüchtlinge<br />
wird in dem freiwerdenden<br />
Raum<br />
eröffnet.<br />
2010<br />
Demo gegen Essenspakete<br />
und Lager<br />
vor dem Bayerischen<br />
Sozialministerium<br />
findet statt. Ein<br />
Müllberg bleibt<br />
zurück.<br />
2010<br />
Die Griechenlandabschiebungen<br />
werden<br />
gestoppt.<br />
2010<br />
Im April organisiert<br />
der Bayerische<br />
Flüchtlingsrat<br />
Aktionstage gegen<br />
<strong>das</strong> Deutsch-Syrische<br />
Rückübernahmeabkommen.<br />
2010<br />
Im Frühjahr und im<br />
Herbst finden in<br />
zahlreichen FlüchtlingslagernEssenspakete-Boykotts<br />
und<br />
sogar Hungerstreiks<br />
statt.<br />
2010<br />
Im Mai beschließt<br />
der Bayerische<br />
Landtag den so<br />
genannten Asyl-<br />
Kompromiss.<br />
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