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B 2 - Consensus-Maklerverbund

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WWW.FTD.DE/BEILAGEN<br />

Versicherungsmakler<br />

SONDERBEILAGE FREITAG, 17. NOVEMBER 2006<br />

Jahrelang galt Boxchampion<br />

Gene Tunney<br />

(M.) als unbesiegbar. Die<br />

einzige Niederlage seiner<br />

Karriere erlitt er am<br />

23. Mai 1922 gegen<br />

Harry Greb. Später<br />

besiegte Tunney Greb in<br />

vier Kämpfen, hier am<br />

10. Dezember 1923 im<br />

Madison Square Garden,<br />

New York<br />

Corbis/Bettmann,Corbis/Kevin Muggleton<br />

VON HERBERT FROMME<br />

Um satte 10 Mio. £ geringer<br />

als erwartet werde der Gewinn<br />

2006 ausfallen, teilte<br />

der international tätige Versicherungsmakler<br />

Benfield am 16.<br />

Oktober in London mit. Der Grund:<br />

US-Konkurrent Aon hatte den Abteilungsleiter<br />

Elliot Richardson abgeworben.<br />

Mit ihm gingen rund 20 von<br />

100 Mitarbeitern der Abteilung für<br />

Groß- und Spezialrisiken.<br />

Der Vorfall zeigt die Härte der Konkurrenzschlacht<br />

unter den weltweit<br />

tätigen Versicherungsmaklern. Die<br />

beiden Marktführer Marsh und Aon,<br />

beide börsennotiert in den USA, liefern<br />

sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.<br />

Jahrelang war Marsh der globale<br />

Marktführer, aber 2005 verbuchte<br />

Aon mit 5,41 Mrd. $ reinem Maklerumsatz<br />

weltweit mehr als Marsh mit<br />

5,26 Mrd. $. Aon hat 47 000 Mitarbeiter<br />

und ist ein gigantischer Finanzkonzern,<br />

Marsh spielt in derselben<br />

Liga. Das gilt auch für Willis mit<br />

2,3 Mrd. $ Umsatz und 15 400 Mitarbeitern.<br />

Die Makler-Großkonzerne sind in<br />

den vergangenen Jahrzehnten durch<br />

Serien von Übernahmen kleiner<br />

und mittelgroßer regionaler<br />

Makler entstanden. Jahrelang<br />

haben sie ausgezeichnet verdient,<br />

aber seit fast zwei Jahren<br />

sind die Unternehmen unter<br />

Druck: Die großen Industriekonzerne<br />

als Kunden verlangen<br />

mehr Service, möglichst<br />

gekoppelt mit niedrigen Versicherungsprämien.<br />

Die<br />

Industrieversicherer ihrerseits<br />

wollen möglichst<br />

viel Arbeit auf die<br />

Makler abwälzen,<br />

ohne ihre Provisionen<br />

zu erhöhen.<br />

Und nachdem der<br />

New Yorker Generalstaatsanwalt<br />

Eliot Spitzer vor<br />

zwei Jahren einen<br />

Skandal um<br />

umsatzabhängigeSonderprovisionen<br />

und Angebotsfälschungen<br />

beim Makler<br />

Marsh aufdeckte,<br />

sind die Großmakler<br />

auch im Visier von<br />

Aufsehern und Staatsanwälten.<br />

Dazu kommt, dass die Art der Konzernbildung<br />

durch zahllose Zukäufe<br />

zu vergleichsweise hohen Kosten<br />

und geringen Synergien führte. Ein<br />

Beispiel: Der Makler Aon gibt acht<br />

Prozent des Umsatzes für seine IT<br />

aus, die Branche kommt mit drei bis<br />

vier Prozent aus. „Die interne Konsolidierung<br />

bei Aon hat bisher nicht<br />

wirklich stattgefunden“, stellte Konzernchef<br />

Gregory Case im FTD-Interview<br />

fest und kündigte Maßnahmen<br />

an. Einzel- und Insellösungen will<br />

Case – seit Anfang 2005 im Amt – abschaffen.<br />

„Vor 18 Monaten hatten wir<br />

27 verschiedene IT-basierte Vertriebssysteme,<br />

jetzt haben wir eins.“<br />

„Die Konsolidierung wird<br />

weitergehen“<br />

Felix Hufeld, Deutschlandchef Marsh<br />

Marsh hat nach dem Spitzer-<br />

Schock ein umfangreiches Umbauund<br />

Transparenzprogramm gestartet.<br />

„Nach zwei Jahren der Umstrukturierung<br />

und des Kampfes kehren<br />

wir auf einen Wachstumspfad zurück“,<br />

sagte Deutschlandchef Felix<br />

Hufeld. Für 2007 erwartet er zehn<br />

Prozent Wachstum, nach Stagnation<br />

2005 und 2006. „Wir sind unsere<br />

Hausaufgaben schneller und härter<br />

angegangen als die Wettbewerber.“<br />

Das sind im lokalen Markt nicht<br />

nur die Global Player, sondern auch<br />

erfolgreiche einheimische Anbieter.<br />

Der Makler Ecclesia in Detmold, der<br />

Kirchen und Wohlfahrtsverbänden<br />

gehört, hat sich in kurzer Zeit durch<br />

eine Reihe von Übernahmen auf<br />

Mit harten Bandagen<br />

Die Versicherungsmakler<br />

konkurrieren so heftig<br />

wie noch nie.<br />

Gleichzeitig verändern<br />

sich Marktumfeld und<br />

politische<br />

Rahmenbedingungen<br />

drastisch. Die Branche<br />

steht unter Druck<br />

Platz drei im deutschen Markt vorgeschoben<br />

und liegt mit 98 Mio. €<br />

Umsatz nur knapp hinter Marsh mit<br />

geschätzten 100 Mio. €. Aon Jauch &<br />

Hübener ist in Deutschland klarer<br />

Marktführer mit 163 Mio. €. Auf Augenhöhe<br />

mit den Marktführern steht<br />

Funk in Hamburg mit 97 Mio. €.<br />

„Die Konsolidierung wird weitergehen“,<br />

sagte Hufeld. Die Gerüchte,<br />

nach denen das viel kleinere<br />

Unternehmen Willis für Marsh bieten<br />

könnte, will Hufeld nicht kommentieren.<br />

Er sieht die nächste Welle von<br />

Zusammenschlüssen unter den 50<br />

größten Maklern und kann sich mittelfristig<br />

auch vorstellen, dass Marsh<br />

zu den Käufern gehört. Mittelgroße<br />

Unternehmen haben gute Gründe,<br />

zu verkaufen. Neue gesetzliche Regelungen<br />

führen zu hohen Anforderungen<br />

an IT und Verwaltung, Großkunden<br />

agieren internationaler und<br />

verlangen globale Betreuung.<br />

Auch bei den sehr kleinen Firmen<br />

und Einzelkämpfern wird das Geschäft<br />

nicht leichter. Zwar betonen<br />

die Versicherer immer wieder, wie<br />

wichtig ihnen die „Vertriebspartner“<br />

sind – aber sie sind auch der Kostensenkung<br />

verpflichtet und verhalten<br />

sich entsprechend. Dazu kommt,<br />

dass mehr und mehr Versicherungsvertreter,<br />

die bisher im Auftrag eines<br />

oder (als Mehrfachagent) mehrerer<br />

Versicherer tätig waren, in den Maklerberuf<br />

wechseln. Um mehr Marktmacht<br />

zu entfalten, schließen sich<br />

kleine Makler oft Pools oder Verbünden<br />

an – aber die ersten Pleiten in<br />

diesem Feld führen zu Unruhe. Noch<br />

ist nicht entschieden, ob sich die Vertriebswege<br />

insgesamt verschieben –<br />

weg von Vertretern, hin zu Maklern.<br />

Klar ist: Bedarf an guter Beratung<br />

ist da. Das gilt für Privatleute, die von<br />

kleinen Maklern betreut werden,<br />

ebenso wie für Großkonzerne. „Die<br />

Risikobedrohung auf der Erde und<br />

die Komplexität der Risiken nehmen<br />

zu, nicht ab“, sagte Aon-Weltchef Case.<br />

Beispiele seien Terror, Pandemien<br />

oder Hurrikans. Dafür brauche die<br />

Geschäftswelt Lösungen – und die<br />

könnten die Makler bieten.<br />

INHALT<br />

Der Wettbewerb für Versicherungsvermittler<br />

wird härter, angesichts<br />

neuer Gesetze und Richtlinien wachsen<br />

die Herausforderungen. Gute<br />

Makler brauchen Durchsetzungsvermögen,<br />

eine clevere Strategie und<br />

einen sicheren Stand, um Angriffe zu<br />

kontern und selbst in die Offensive<br />

zu kommen. Das zeichnet auch die<br />

Idole des Boxsports aus. Deshalb<br />

illustrieren wir diese Ausgabe mit<br />

Bildern aus dem Ring.<br />

Gesundheitswesen Krankenzusatzversicherungen<br />

werden für unabhängige<br />

Vermittler interessanter. Allerdings<br />

sind die Provisionen nicht gerade<br />

üppig. Seite 2<br />

Neue Regeln Endlich hat die Bundesregierung<br />

die EU-Vermittlerrichtlinie<br />

umgesetzt. Aber kaum jemand<br />

ist damit zufrieden. Seite 3<br />

Nischen Generalisten werden es<br />

künftig schwer haben. Der Trend zur<br />

Spezialisierung von Versicherungsmaklern<br />

hält an. Seite 5<br />

Konzentration Auch die Maklerpools<br />

werden von einer Konsolidierungswelle<br />

überrollt. Die Sicherheitsanforderungen<br />

steigen. Seite 6


B2 VERSICHERUNGSMAKLER<br />

Wenig Honorar<br />

bei großem<br />

Zeitaufwand<br />

Makler vermitteln mehr<br />

Krankenzusatzverträge<br />

VON ILSE SCHLINGENSIEPEN<br />

Krankenzusatzversicherungen gewinnen<br />

bei Maklern an Bedeutung.<br />

Die Kunden fragen verstärkt<br />

nach Ergänzungen zur gesetzlichen<br />

Krankenversicherung (GKV), gleichzeitig<br />

suchen die Vermittler wie die<br />

privaten Krankenversicherer (PKV)<br />

nach einem Ausgleich für Rückgänge<br />

in der Vollversicherung.<br />

Die Vollversicherung ist mit Abstand<br />

das wichtigste Geschäftsfeld<br />

der PKV. Sie steht Beamten, Selbstständigen<br />

und gut verdienenden Angestellten<br />

offen. Bei Letzteren hat die<br />

Politik die Zugangshürden aber immer<br />

höher gelegt. Angestellte müssen<br />

mindestens 3937,50 € im Monat<br />

verdienen, um in die PKV wechseln<br />

zu können. Die Folge: Die Branche<br />

gewinnt weniger Angestellte als Kunden.<br />

Nach den Plänen zur Gesundheitsreform<br />

wird der Verkauf von<br />

Vollversicherungen künftig noch<br />

schwerer. Die Branche rechnet mit<br />

drastischen Beitragserhöhungen.<br />

Statt zur Vollversicherung werden<br />

viele Kunden lieber zu einer Zusatzpolice<br />

greifen, erwarten viele. Die<br />

vergleichsweise kleinpreisigen Krankenzusatzpolicen<br />

bieten GKV-Kunden<br />

Ergänzungen zum Versicherungsschutz,<br />

beispielsweise beim<br />

Zahnersatz oder der Unterbringung<br />

im Krankenhaus. Sie wurden von<br />

vielen Vermittlern lange eher halbherzig<br />

verkauft. Das begann sich<br />

2004 zu ändern, als die gesetzlichen<br />

Kassen mit PKV-Unternehmen beim<br />

Angebot solcher Zusatzdeckungen<br />

kooperieren durften. Seitdem sind<br />

die Versicherer auf diesem Gebiet<br />

kreativer geworden.<br />

Kundeninteresse nimmt zu<br />

„Kunden werden von ihren Krankenkassen<br />

auf die Policen hingewiesen<br />

und erkundigen sich dann bei uns“,<br />

berichtet Andreas Reißaus, Versicherungsmakler<br />

in Halle und Regionalsprecher<br />

Ost des Bundesverbands<br />

Deutscher Versicherungskaufleute.<br />

„Der Beratungsaufwand ist auch bei<br />

den Zusatzversicherungen groß“,<br />

sagt Reißaus. Hinzu kommen künftig<br />

die aufwendigen Dokumentationspflichten<br />

nach der EU-Vermittlerrichtlinie.<br />

Das spiegeln die Provisionen<br />

nicht wider, sagt er.<br />

„Eine gewisse Wirtschaftlichkeit<br />

bekommt das Geschäft, wenn man<br />

sich Expertise aufbaut und sich verstärkt<br />

in diesem Bereich engagiert“,<br />

so Reißaus. Klar sei: „Die Nachfrage<br />

im Markt steigt, darauf müssen wir<br />

als Makler reagieren.“<br />

Die Zusatzversicherungen machen<br />

den Maklern wenig Freude, sagt<br />

Hartmut Goebel, Vorstandsvorsitzender<br />

des Verbands Verbraucherorientierter<br />

Versicherungs- und Finanzmakler.<br />

„Wir befinden uns in einem<br />

Bermuda-Dreieck“, sagt er: Die<br />

Courtage sei nicht auskömmlich, es<br />

gebe eine zunehmende Produktdifferenzierung,<br />

aber die technischen<br />

Hilfsmittel wie Marktanalysesysteme<br />

fehlen. Trotz der zunehmenden Bedeutung<br />

der Zusatzpolicen sei „kein<br />

Entgegenkommen“ der Unternehmen<br />

bei der Höhe der Courtage zu<br />

erkennen, kritisiert er. Ungeachtet<br />

der Schwierigkeiten – das gestiegene<br />

Kundeninteresse können die Makler<br />

nicht ignorieren, sagt auch Goebel.<br />

„Die Makler haben erkannt, dass<br />

auch in diesem Geschäft Chancen für<br />

sie liegen“, sagt Josef Beutelmann,<br />

Chef der Barmenia-Gruppe. 2006<br />

hätten sie der Barmenia deutlich<br />

mehr Zusatzversicherungen vermittelt<br />

als früher. Die Barmenia bekommt<br />

in der Krankenversicherung<br />

rund zwei Drittel des Geschäfts über<br />

diesen Vertriebsweg. Marktweit bringen<br />

Makler rund ein Drittel, schätzt<br />

Beutelmann.<br />

Nach einer aktuellen Untersuchung<br />

des Instituts der Versicherungsmakler<br />

liegt der Schwerpunkt<br />

der vermittelten Policen bei Zahnzusatzversicherungen,<br />

mit deutlichem<br />

Abstand folgt die stationäre<br />

Zusatzversicherung. Die Krankenversicherer<br />

sollten die Makler als<br />

Partner bei Zusatzdeckungen ernst<br />

nehmen, heißt es in der Untersuchung.<br />

„Krankenversicherer brauchen<br />

das Vertrauen und die Unterstützung<br />

der Makler, um erfolgreich<br />

die offensichtlichen Bedarfslücken<br />

gesetzlich Versicherter nach den<br />

vielen Gesundheitsreformen schließen<br />

zu können.“<br />

entdecken die<br />

Liebe zur<br />

Riester-Rente<br />

Altersvorsorge gilt als Wachstumsmarkt. Aber<br />

selbst für Versicherungsmakler ist die Materie<br />

kaum zu durchschauen. Trotz sinkender<br />

Renten wollen oder können viele Menschen<br />

kein Geld für den Ruhestand aufbringen<br />

Corbis/ Bettmann, Uno Sports Vermittler<br />

Mit ernstem Gesicht beendet Max Schmeling sein hochkonzentriertes<br />

Training für die Weltmeisterschaft im Schwergewicht in Endicott,<br />

New York. Das intensive Bearbeiten des Sandsacks ist für professionelle<br />

Boxer wie Schmeling ein wichtiger Teil der Vorbereitung auf<br />

das Duell mit dem Gegner<br />

Mehr Chancen, aber auch mehr Arbeit und Bürokratie<br />

Mit der Neufassung des Versicherungsvertragsgesetzes ändern sich Informationspflichten und Schadenbearbeitung · Makler profitieren von Reform<br />

VON ANJA KRÜGER<br />

Die Novellierung des Versicherungsvertragsgesetzes<br />

(VVG)<br />

wird die Position der Versicherungsmakler<br />

erheblich stärken. Davon ist<br />

Maximilian Teichler, Geschäftsführer<br />

bei Willis Deutschland, überzeugt.<br />

„Für Versicherer wird der Makler ein<br />

wichtigerer Verhandlungspartner“,<br />

sagt er. Auch für Kunden werde die<br />

Zusammenarbeit mit Maklern künftig<br />

attraktiver.<br />

Mit der voraussichtlich 2008 in<br />

Kraft tretenden Reform wird das aus<br />

dem Jahre 1908 stammende Gesetz<br />

abgelöst. Die Bundesregierung folgt<br />

bei der Neufassung in weiten Teilen<br />

den Empfehlungen einer Kommission,<br />

der auch Versicherungsmakler<br />

Teichler angehörte. Nach jetzigem<br />

Stand soll es künftig zum Beispiel das<br />

sogenannte Alles-oder-nichts-Prin-<br />

zip im Schadenfall nicht mehr geben.<br />

Hat der Kunde etwa ein Fenster nicht<br />

geschlossen und wird Opfer eines<br />

Einbruchs, muss der Versicherer<br />

heute nichts zahlen, künftig aber zumindest<br />

einen Teil des Schadens<br />

übernehmen. „Wir werden eine völlig<br />

andere Schadenbearbeitung bekommen“,<br />

sagt Teichler. Der Makler<br />

wird dabei sowohl für den Versicherer<br />

als auch für den Kunden wichtiger<br />

– denn dem Anbieter nimmt er<br />

Arbeit ab, und für den Kunden holt er<br />

mehr heraus, als dieser selbst es kann<br />

oder der im Interesse des Versicherers<br />

tätige Vertreter es will.<br />

Makler mit eigenen Bedingungswerken<br />

werden diese an das neue<br />

VVG anpassen müssen. „Das ist<br />

schon einiges an Mehrarbeit“, sagt<br />

Teichler. „Aber ich habe Schwierigkeiten,<br />

deshalb zu jammern.“ Es<br />

handele sich schlicht um eine Mo-<br />

dernisierung. „Wir müssen mehr<br />

tun, aber das ist unser Job“, sagt der<br />

Geschäftsführer des fünftgrößten<br />

deutschen Maklers.<br />

Auch durch die Abschaffung des<br />

sogenannten Policenmodells kommt<br />

auf die Makler Mehrarbeit zu. Bislang<br />

muss der Kunde die vollständigen In-<br />

„Für Versicherer wird der<br />

Makler ein wichtigerer<br />

Verhandlungspartner“<br />

Willis-Manager Maximilian Teichler<br />

formationen und Versicherungsbedingungen<br />

erst nach der Vertragsunterzeichnung<br />

erhalten. In Zukunft<br />

muss er diese Angaben vorher bekommen.<br />

Das ist für Makler auch<br />

deshalb ein Problem, weil sich die<br />

VON ANJA KRÜGER<br />

Die Riester-Rente hat die<br />

seltene Gabe, gleich zwei<br />

Löcher auf einmal stopfen<br />

zu können: zum einen die<br />

Rentenlücken künftiger Ruheständler<br />

und zum anderen die tiefen Einnahmeeinschnitte<br />

von Versicherungsvermittlern<br />

nach dem Wegfall<br />

des Steuerprivilegs für Kapitallebensversicherungen.<br />

Nach einiger<br />

Verzögerung haben beide Seiten die<br />

staatlich geförderte Altersvorsorge<br />

entdeckt, der Absatz boomt.<br />

Mit der Rentenreform von 2002 hat<br />

die damalige rot-grüne Bundesregierung<br />

die gesetzlichen Renten<br />

für künftige Ruheständler gekürzt.<br />

Im Gegenzug fördert<br />

der Staat die nach Ex-Arbeitsminister<br />

Walter Riester benannten<br />

privaten Rentenversicherungen<br />

in wachsendem<br />

Umfang. Zunächst waren die<br />

Vertriebserfolge verhalten –<br />

bei Kunden wegen der erst<br />

niedrigen Zulagen und bei<br />

Vermittlern wegen der vergleichsweise<br />

geringen Provisionen.<br />

Die Zulagen liegen<br />

zurzeit bei 114 € pro Jahr für<br />

Alleinstehende und 228 € für<br />

Ehepaare sowie 138 € pro<br />

Kind. Mittlerweile haben mehr<br />

als 6,4 Millionen Verbraucher<br />

eine Riester-Rente.<br />

„Der Boom hängt mit dem<br />

Heulen und Zähneklappern<br />

zusammen, das auch bei den<br />

Maklern 2005 und 2006 eingesetzt<br />

hat“, sagt Hans-Ludger<br />

Sandkühler, Vorsitzender des<br />

Instituts der Versicherungsmakler.<br />

In dem Verband sind<br />

260 kleinere und mittlere Maklerbüroszusammengeschlossen.<br />

„Heulen und Zähneklappern“<br />

brach bei Maklern<br />

ebenso wie bei Versicherungsvertretern<br />

aus, weil nach der<br />

Abschaffung des Steuerprivilegs<br />

für Kapitallebensversicherungen<br />

2005 ihre Haupteinnahmequelle<br />

versiegte. Im<br />

Unterschied zu Vertretern sind<br />

Makler im Interesse der Kunden<br />

und nicht des Unternehmens<br />

tätig, dessen Verträge sie<br />

vermitteln. „Das klassische<br />

Lebensgeschäft ist massiv eingebrochen“,<br />

sagt Sandkühler.<br />

Stattdessen boomen Riester-<br />

Renten, auch wenn die Provisionen<br />

verhältnismäßig gering<br />

sind. Für eine klassische<br />

Kapitallebensversicherung bekommt<br />

der Vermittler zwischen<br />

vier und sieben Prozent der<br />

gesamten Beitragssumme, ein<br />

durchschnittlicher Vertrag<br />

bringt etwa 1500 €. Bei den<br />

Riester-Renten sind die Vergütungen<br />

viel niedriger und von<br />

Anbieter zu Anbieter unterschiedlich.<br />

Manche berechnen<br />

die Provision nur anhand der<br />

Beitragszahlungen des Kunden,<br />

andere zählen die staatlichen<br />

Zulagen hinzu. Einige zahlen sie<br />

auf einen Schlag, andere verteilt<br />

auf fünf Jahre. „Man kann fast<br />

sagen: Je schlechter das Produkt,<br />

desto höher die Provision“,<br />

sagt Sandkühler. Mit einer<br />

Honorarberatung der Makler für<br />

Privatkunden könnte das Problem<br />

ausgeräumt werden. Doch<br />

das ist Maklern auch künftig nicht<br />

erlaubt. Sie dürfen nur Nichtverbraucher<br />

gegen Honorar beraten, also<br />

Gewerbe- und Industriekunden.<br />

Dabei wird das Thema Altersvorsorge<br />

buchstäblich Tag für Tag kom-<br />

Bedingungen ständig ändern. „Es<br />

geht natürlich nicht, dass die Versicherer<br />

uns jede Woche einen Lastwagen<br />

voller Unterlagen vor die Tür<br />

stellen“, sagt Teichler. Er ist zuversichtlich,<br />

dass die Versicherer gute<br />

Lösungen für Makler entwickeln<br />

werden, etwa Onlinesysteme.<br />

Hans-Ludger Sandkühler vom Institut<br />

für Versicherungsmakler ist<br />

skeptischer. Das Institut vertritt 260<br />

kleinere und mittlere Maklerbüros.<br />

Sandkühler fürchtet, dass die Versicherer<br />

ihre Informationspflichten<br />

einfach auf die Makler abwälzen.<br />

„Wer Verträge von 50 oder 60 Versicherern<br />

vermittelt, muss einen riesigen<br />

logistischen Aufwand betreiben“,<br />

sagt er. „Das bedeutet viel zusätzliche<br />

Bürokratie für Makler.“<br />

Außerdem müssen Makler Kunden<br />

gegenüber bei der Vermittlung von<br />

Lebensversicherungen künftig die<br />

FREITAG, 17. NOVEMBER 2006<br />

FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND<br />

plizierter. Die Zeiten sind vorbei, in<br />

denen Makler mit ein paar Faustformeln<br />

in einer halben Stunde den Bedarf<br />

des Kunden und die passenden<br />

Verträge ermitteln konnten. Steuergesetze,<br />

Vorschriften und Versicherungsbedingungen<br />

ändern sich ständig.<br />

Um Rentenlücken ausfindig zu<br />

machen, muss der Makler wissen,<br />

wann der Kunde in Rente gehen wird,<br />

welche Einnahmen er im Alter wie<br />

versteuern muss und vieles mehr. In<br />

Steuerfragen muss er geradezu ein<br />

Fachmann sein bei der Prüfung, ob<br />

der Abschluss einer Rürup-Rente für<br />

einen Kunden sinnvoll ist. Diese<br />

Leibrenten gibt es seit 2005. Der Absatz<br />

ist bislang gering.<br />

Die Undurchdringbarkeit der Altersvorsorge<br />

ist nicht nur für kleine<br />

Maklerbüros ein Problem. „Es wird<br />

immer schwieriger, die Produkte zu<br />

beurteilen“, sagt Peter Köhler, Geschäftsführer<br />

des Versicherungsmaklers<br />

Thomae und Partner und<br />

Vorstandsmitglied des Verbands<br />

Deutscher Versicherungsmakler. In<br />

dem Verband sind vor allem große<br />

Firmen organisiert. Klassische Riester-Kunden<br />

haben sie weniger. Sie<br />

vermitteln eher Selbstständigen Altersvorsorgeverträge<br />

oder sind in der<br />

betrieblichen Altersversorgung tätig.<br />

„Die Beratung wird immer komplexer<br />

und schwieriger“, sagt Köhler.<br />

Und das ist nicht das einzige Problem.<br />

Der von der Assekuranz immer<br />

wieder beschworene riesige Vorsorgebedarf<br />

führt keineswegs zur erwünschten<br />

Nachfrage. „Viele haben<br />

die Probleme erkannt, sind aber<br />

nicht bereit, für die Altersvorsorge<br />

Geld auszugeben“, sagt er.<br />

Entsprechend skeptisch ist Köhler<br />

gegenüber der Honorarberatung für<br />

Altersversorgung. Für fair würde er<br />

sie allemal halten. Aber er glaubt<br />

nicht, dass es dafür einen Markt gibt.<br />

Denn für eine wirklich umfassende<br />

Beratung und Auswahl passender<br />

Angebote braucht ein Vermittler bis<br />

zu einem Arbeitstag. Das ist bei<br />

einem Stundensatz von 120 € teuer.<br />

Köhler fürchtet, dass Kunden, statt<br />

solche Preise zu zahlen, auf die Beratung<br />

ganz verzichten und sich mit<br />

Verträgen bei Kaffeeröstern oder im<br />

Einzelhandel eindecken.<br />

Verzwickte Vorsorge<br />

Kompliziert Nicht nur für Verbraucher,<br />

auch für unabhängige Vermittler<br />

ist es kaum noch möglich zu<br />

durchschauen, welcher Vertrag zur<br />

Altersvorsorge für den Kunden wirklich<br />

der beste ist. Zu schnell ändern<br />

sich Versicherungsbedingungen, Regelungen<br />

und Gesetze. Die Riester-<br />

Rente ist nach einiger Verzögerung<br />

auch deshalb ein Bestseller geworden,<br />

weil sie entgegen ihres Rufs relativ<br />

leicht zu durchschauen und zu<br />

bearbeiten ist.<br />

Steuerprofis Makler müssen für die<br />

Beratung des Kunden in Fragen der<br />

Altersvorsorge immer mehr Zeit aufbringen.<br />

Dabei müssen sie sich nicht<br />

nur hervorragend im Versicherungswesen<br />

auskennen, sondern auch in<br />

Steuerfragen bestens Bescheid wissen.<br />

Das gilt vor allem für die neuen<br />

Rürup-Renten.<br />

Pseudo-Bedarf Zwar ist angesichts<br />

der künftigen Rentenlücken der Bedarf<br />

an zusätzlicher Altersvorsorge<br />

theoretisch groß. Aber praktisch<br />

können oder wollen viele Kunden<br />

kein Geld ausgeben, um diese Lücken<br />

zu schließen.<br />

Höhe der Abschlusskosten offenlegen.<br />

Das könnte Begehrlichkeiten bei<br />

den Verbrauchern wecken, fürchtet<br />

Sandkühler. Bekommt der Makler<br />

500 € für die Vermittlung einer Riester-Rente,<br />

fragt sich der Kunde möglicherweise,<br />

ob das nicht zu viel für<br />

eine halbstündige Beratung ist. Denn<br />

die Arbeit im Hintergrund sieht er<br />

nicht. Der Kunde könnte auf die Idee<br />

kommen, Teile der Provision zu verlangen.<br />

Gebühren zurückerstatten<br />

dürfen Vermittler nicht.<br />

Willis-Geschäftsführer Teichler<br />

sieht hier kein Problem. Sein Unternehmen<br />

teilt Kunden seit einem Jahr<br />

mit, welche Vergütung es bekommt.<br />

„80 Prozent der Kunden sind daran<br />

gänzlich uninteressiert“, sagt er. Von<br />

den übrigen fänden fast alle die Vergütung<br />

in Ordnung. „Sie interessiert<br />

nur der Preis. Wie er sich zusammensetzt<br />

ist, ist ihnen gleichgültig.”


FREITAG, 17. NOVEMBER 2006<br />

FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND VERSICHERUNGSMAKLER B3<br />

Boxlegende Muhammad<br />

Ali, dessen Stiefel<br />

unten im Bild zu<br />

sehen sind, hielt sich<br />

mit Seilspringen fit.<br />

Es trainiert nicht nur<br />

die Ausdauer, sondern<br />

auch das Koordinationsvermögen<br />

der<br />

Boxer<br />

VON FRIEDERIKE KRIEGER<br />

Was lange währt, wird<br />

endlich gut, lautet ein<br />

altes Sprichwort. Auf die<br />

Umsetzung der EU-<br />

Vermittlerrichtlinie trifft das nicht<br />

zu. Bis Januar 2005 hätte Deutschland<br />

die Vorschrift, die Kunden künftig<br />

besser vor falscher Beratung<br />

schützen soll, in nationales Recht<br />

umsetzen müssen. Doch erst am<br />

26. Oktober dieses Jahres hat der<br />

entsprechende Gesetzesentwurf den<br />

Bundestag passiert. Nach der noch<br />

ausstehenden Zustimmung des Bundesrats<br />

im Dezember soll das Gesetz<br />

Anfang Juni 2007 in Kraft treten. Mit<br />

dem Ergebnis, das die Politik als erfolgreichen<br />

Kompromiss feiert, sind<br />

weder Makler noch Verbraucherschützer<br />

zufrieden.<br />

Reichte bisher ein Gewerbeschein<br />

aus, um als Versicherungsvermittler<br />

tätig zu werden, gelten für den Berufsstand<br />

künftig schärfere Anforderungen.<br />

Gewerblich tätige Vermittler<br />

müssen eine Erlaubnis bei der zuständigen<br />

Industrie- und Handelskammer<br />

einholen und sich dort registrieren<br />

lassen. Dazu müssen die<br />

Vermittler nicht nur eine Berufshaftpflichtversicherung<br />

abschließen,<br />

sondern auch nachweisen, dass sie<br />

über die nötige Sachkunde zum Versicherungsverkauf<br />

verfügen.<br />

„Die Qualifikationsanforderungen<br />

an die Vermittler sind viel zu gering<br />

ausgefallen“, meint Lilo Blunck, Geschäftsführerin<br />

der Verbraucherorganisation<br />

Bund der Versicherten.<br />

Der Gesetzgeber verlangt von den<br />

Vermittlern, die 230 Stunden dauernde<br />

Ausbildung zum Versicherungsfachmann<br />

zu absolvieren.<br />

„Diese Qualifikation reicht vielleicht<br />

für das Privatkundengeschäft aus, für<br />

das gewerbliche Geschäft aber<br />

nicht“, sagt Hans-Georg Jenssen,<br />

Geschäftsführer des Verbands Deutscher<br />

Versicherungsmakler. In diesem<br />

Bereich hätte er sich als Mindestqualifikation<br />

die dreijährige<br />

Ausbildung zum Versicherungskaufmann<br />

gewünscht.<br />

Zufrieden ist Jenssen mit den Informationspflichten,<br />

die die Richtlinie<br />

von den Vermittlern verlangt.<br />

Künftig müssen sie dem Kunden darlegen,<br />

ob sie als Vertreter nur die Versicherungen<br />

eines Unternehmens<br />

verkaufen, als Mehrfachagent für<br />

mehrere Häuser tätig sind oder als<br />

Makler nur im Interesse des Kunden<br />

handeln. „Mischformen werden<br />

vom Markt verschwinden“,<br />

meint Jenssen. So könne<br />

sich der Mehrfachagent<br />

AWD in<br />

Zukunft<br />

Viele Vermittler verkaufen Versicherungen<br />

Vertriebsstark In Deutschland<br />

gibt es weitaus mehr<br />

Versicherungsverkäufer als<br />

Ärzte. Rund 306 000 berufstätigen<br />

Medizinern<br />

stehen mehr als 461 000<br />

Vermittler gegenüber. Versicherungsmakler<br />

sind<br />

eine Minderheit. Im Unterschied<br />

zu Vertretern arbeiten<br />

Makler im Auftrag und<br />

im Interesse des Kunden.<br />

Schon heute haften sie für<br />

eine Falschberatung.<br />

Minderheit ist im Interesse des Kunden tätig<br />

Versicherungsvermittler in Deutschland 2006<br />

7000<br />

Selbstständige<br />

Versicherungsmakler<br />

55 400<br />

Angestellte<br />

Vertreter<br />

79 000<br />

Selbstständige<br />

hauptberufliche<br />

Vertreter<br />

nicht mehr als „unabhängiger Finanzoptimierer“<br />

bezeichnen.<br />

Zudem verlangt die Richtlinie,<br />

dass die Vermittler ihre Kunden umfassend<br />

beraten und dies sorgfältig<br />

dokumentieren. Dies soll es dem Versicherungsnehmer<br />

erleichtern, bei<br />

etwaiger Falschberatung Schadensersatzansprüche<br />

geltend zu machen.<br />

Verbraucherschützer bemängeln,<br />

dass die Kunden auf die Dokumentation<br />

verzichten können. Sie fürchten,<br />

dass unseriöse Vermittler Versicherte<br />

zum Verzicht auf ihre Rechte überreden<br />

könnten. Die Branche beschwerte<br />

sich dagegen zunächst<br />

über den zusätzlichen bürokratischen<br />

Aufwand. Doch das Bild relativiert<br />

sich langsam.<br />

„Am Anfang haben wir uns schon<br />

ziemlich erschrocken, was da alles<br />

von uns gefordert wird“, erklärt Thomas<br />

Kast, der beim Makler Südvers<br />

für die Umsetzung der Richtlinie zuständig<br />

ist. Dann habe Südvers aber<br />

festgestellt, dass die im Industriegeschäft<br />

bereits praktizierte Dokumentation<br />

gut mit der Richtlinie<br />

harmoniert. „Wir müssen nur im<br />

Privatkundengeschäft noch einiges<br />

optimieren“, sagt Kast. Dort habe die<br />

Dokumentation noch nicht die geforderte<br />

Detailtreue. Konkret müssen<br />

die Vermittler Wünsche und Versicherungsbedarf<br />

des Kunden protokollieren<br />

und begründen, warum sie<br />

dem Kunden ein spezielles Produkt<br />

empfohlen haben.<br />

Um Vermittlern dabei eine Hilfestellung<br />

zu geben, hat der Arbeitskreis<br />

„EU-Vermittlerrichtlinie – Dokumentation“,<br />

den mehrere Berufsverbände<br />

ins Leben gerufen haben,<br />

bereits Protokollvordrucke entwickelt.<br />

Friedel Rhode, Projektkoordinator<br />

des Arbeitskreises, betrachtet<br />

die Dokumentation als Herausforderung<br />

für die Makler, mit der sie ihre<br />

Qualität beweisen könnten. „Viele<br />

von der Richtlinie geforderte Beratungsaspekte<br />

hat der Makler bisher<br />

ohnehin schon mündlich mit seinen<br />

gesamt<br />

461 400<br />

Corbis/Bettmann, Corbis, Actionpress/Hollywood Pix<br />

320 000<br />

Selbstständige<br />

nebenberufliche<br />

Vertreter<br />

FTD/jst; Quelle: Gesamtverband der<br />

Deutschen Versicherungswirtschaft<br />

Für den Umgang<br />

mit Kunden<br />

gelten bald<br />

neue Spielregeln<br />

Die EU-Vermittlerrichtlinie soll Verbraucher besser vor<br />

Falschberatung schützen. Ob das in Deutschland gelingt,<br />

bezweifeln Branchenkenner. Die zusätzlichen<br />

Beratungspflichten könnten Versicherungen teurer machen<br />

Kunden durchgesprochen“, erklärt<br />

er. Nun müsse dies systematisch in<br />

schriftlicher Form festgehalten werden.<br />

Wie viel Zeit dies den Makler<br />

kostet, hänge davon ab, wie gut er dabei<br />

durch Software unterstützt wird.<br />

„Ideal wäre es, die Dokumentation in<br />

die Analysetools zu integrieren, mit<br />

denen er ohnehin schon arbeitet“, so<br />

Rhode. Der Arbeitskreis sei bereits<br />

mit Softwareanbietern im Gespräch.<br />

Sie können sich zertifizieren lassen.<br />

Makler Kast von Südvers erwartet,<br />

dass die Branche die zusätzlichen<br />

Kosten, die durch die neuen Pflichten<br />

entstehen, an die Kunden weitergeben<br />

wird. „Die Versicherer werden<br />

mit umfangreicheren Produkten auf<br />

die Richtlinie reagieren“, meint er.<br />

Denn wenn die Branche mit den bestehenden<br />

Produkten weiterarbeiten<br />

würde, müssten die Vermittler jedes<br />

Risiko, das nicht abgedeckt sei, dem<br />

Kunden akribisch darlegen. Dass<br />

wäre insbesondere bei kleinen, margenarmen<br />

Produkten problematisch.<br />

Umfangreichere Produkte würden<br />

aber auch höhere Prämien nötig machen.<br />

„Vor allem die kleinen Privatkunden-<br />

und Gewerbesparten könnten<br />

teurer werden“, erklärt er. Da<br />

aber viele Beratungsanforderungen<br />

noch ziemlich schwammig formuliert<br />

seien, müsse man die ersten Gerichtsurteile<br />

zum Thema abwarten,<br />

sagt Kast.<br />

Er begreift die Vermittlerrichtlinie<br />

auch als Chance, sich neue Geschäftsfelder<br />

zu erschließen. Die Versicherer<br />

können nach der Richtlinie<br />

die Haftung für Ein-Firmen-Vertreter<br />

übernehmen, wozu sie nach seiner<br />

Einschätzung aber nicht bereit sein<br />

werden. „Sie werden versuchen, die<br />

Haftung zu minimieren und den Vertriebsweg<br />

Makler stärker auszubauen“,<br />

glaubt er. Für die Makler könne<br />

sich eine „neue Spielwiese“ eröffnen.


B4 VERSICHERUNGSMAKLER<br />

Haftpflicht ist<br />

weiter günstig<br />

zu haben<br />

Erste Gegentrends trotz<br />

heftiger Konkurrenz<br />

VON HERBERT FROMME<br />

Unternehmen in Europa können<br />

ihre Haftpflichtrisiken auch 2007<br />

zu vergleichsweise niedrigen oder<br />

erneut sinkenden Preisen abdecken.<br />

Doch der Trend könnte sich bald<br />

drehen. „Die Preise fallen oder sind<br />

gleich bleibend, aber sowohl Versicherungseinkäufer<br />

wie Versicherer<br />

erwarten eine höhere Stabilität für<br />

2007“, berichtet das Maklerunternehmen<br />

Aon in seiner neuesten<br />

Marktstudie über die Industrieversicherung<br />

in Europa.<br />

In Sachdeckungen wie der Gebäude-<br />

oder Maschinenversicherung<br />

kaufen sich Industrie und Gewerbe<br />

Schutz gegen Schäden, die sie selbst<br />

erleiden könnten. Die Haftpflichtversicherung<br />

schützt sie vor Ansprüchen<br />

Dritter. Da diese Ansprüche<br />

oft noch sehr spät gestellt werden<br />

können – bei Gefahren von Medikamenten,<br />

Baustoffen oder anderen<br />

Produkten sogar Jahrzehnte später<br />

– macht die Spätschadenproblematik<br />

Versicherern und Kunden Sorgen.<br />

Der Kunde fragt sich, ob seine<br />

Gesellschaft auch in vielen Jahren<br />

noch zahlungsfähig ist, der Versicherer<br />

hat Angst, dass er Risiken<br />

abgedeckt hat, von denen er<br />

noch gar nichts weiß, etwa die<br />

Nebenwirkung eines Medikaments.<br />

„Der Informationsbedarf der Versicherer<br />

wird immer größer“, sagt<br />

Georg Bräuchle, Vorstandsmitglied<br />

der Deutschlandtochter des internationalen<br />

Versicherungsmaklers<br />

Marsh. Selbst wenn ein Kunde nur<br />

eine Vorabinformation für die künftige<br />

Prämie wolle, verlangten Versicherer<br />

umfangreiche Fragebögen<br />

und Betriebsbesichtigungen. Das gilt<br />

vor allem für das sogenannte exponierte<br />

Geschäft – Pharmaunternehmen,<br />

Chemiehersteller, Krankenhäuser<br />

und Policen für die Deckung<br />

von Rückrufkosten. „Im nicht<br />

exponierten Geschäft sind Prämienreduzierungen<br />

um zehn Prozent<br />

durchsetzbar“, berichtet Bräuchle.<br />

Versicherer haben gut verdient<br />

Denn die Anbieter haben in den<br />

vergangenen Jahren an der Haftpflichtversicherung<br />

gut verdient. Die<br />

Prämieneinnahmen für die industrielle<br />

Haftpflicht veröffentlicht die<br />

Branche nicht, sie werden auf 7 bis<br />

8Mrd.€ geschätzt. Im Jahr 2005<br />

betrug die Schaden- und Kostenquote<br />

in diesem Geschäft nur 90 Prozent<br />

der Beitragseinnahmen. Das<br />

heißt, pro Euro Prämie gingen<br />

90 Cent für Schäden, Verwaltungsund<br />

Vertriebskosten drauf, zehn Prozent<br />

oder mehr als 700 Mio. € blieben<br />

den Versicherern. Dazu kommen<br />

erhebliche Kapitalerträge in dreistelliger<br />

Millionenhöhe. Denn in der<br />

Haftpflichtversicherung müssen die<br />

Versicherer wegen der Langfristwirkung<br />

hohe Schadenreserven aufbauen,<br />

die sie gut anlegen.<br />

Da sind viele Gesellschaften bereit,<br />

im Kampf um den Kunden etwas<br />

nachzugeben – weil sie immer noch<br />

verdienen. Hoffnungen auf der Anbieterseite,<br />

der Zusammenschluss<br />

der beiden großen Haftpflichtanbieter<br />

HDI und Gerling könnte den<br />

Trend brechen, haben sich bisher<br />

nicht erfüllt. Das gilt auch für die industrielle<br />

Kraftfahrtversicherung, in<br />

der Flotten von Hunderten oder Tausenden<br />

von Fahrzeugen versichert<br />

werden. Trotz des zusätzlichen Aufwands,<br />

den die Mehrwertsteuererhöhung<br />

für die Versicherer bringt,<br />

rechnen Insider kaum mit einer<br />

Preiserhöhung für 2007.<br />

Auf die für sie negative Preisentwicklung<br />

reagieren manche Gesellschaften<br />

mit unschönen Methoden,<br />

beklagt Makler Bräuchle. „Eine Verbesserung<br />

der Ertragssituation erzielt<br />

man auch mit einer zurückhaltenden<br />

Schadenregulierung“, sagt er.<br />

Gemeint ist: Die Versicherer zahlen<br />

schleppend oder gar nicht. „Leider<br />

gibt es hierfür erste Tendenzen auch<br />

in der Haftpflichtversicherung“, sagt<br />

Bräuchle. Bei größeren Schäden arbeiten<br />

die Versicherer immer öfter<br />

auf einen Vergleich hin und begründen<br />

das mit einer angeblich unklaren<br />

Haftungssituation und möglichen<br />

Bedenken, ob wirklich eine Deckung<br />

vorliegt. Der Abbau von Personal bei<br />

den Gesellschaften führt gleichzeitig<br />

zum Wegbrechen von wichtigem<br />

Know-how.<br />

Versicherer buhlen<br />

um Kunden<br />

aus der<br />

Industrie<br />

Die Preise in der<br />

Industrieversicherung<br />

sinken weiter. Nach Jahren<br />

harter Sanierung wollen die<br />

Anbieter ihre Bestände<br />

ausweiten. Sie bereiten sich<br />

auf das große Aufräumen für<br />

Solvency II vor, der<br />

EU-Richtlinie zur<br />

Kapitalausstattung<br />

von Versicherern<br />

Beim Wettkampf der Boxlegenden George Foreman und Muhammad Ali<br />

im August 1974 in Salt Lake City im amerikanischen Bundesstaat Utah<br />

sorgte der bekannte Komiker Bob Hope für Stimmung. Er hatte sich vor<br />

seiner Karriere im Showbusiness selbst als Boxer versucht. Die Glocke gehört<br />

zu den wichtigsten Utensilien bei einem Boxkampf. Ihr Läuten signalisiert den<br />

Kontrahenten und dem Ringrichter Beginn und Ende einer Runde<br />

Corbis/ Leo Mason, Agentur Focus/ Contact Press Images/ David Burnett<br />

„Bei den Policen liegt die<br />

Fehlerquote mittlerweile<br />

bei fast 50 Prozent“<br />

Peter Köhler, Versicherungsmakler<br />

bei Thomae und Partner<br />

VON ANJA KRÜGER<br />

Die Industrieversicherer liefern<br />

sich einen harten<br />

Preiskampf. In der Erneuerungsrunde<br />

für 2007 sinken<br />

die Preise im Durchschnitt um 15<br />

Prozent, teilweise sogar um deutlich<br />

mehr. Und das, nachdem es schon im<br />

Vorjahr Nachlässe in ähnlicher Höhe<br />

gegeben hat. „Die Gier nach Prämie<br />

ist bei den Versicherern sehr groß“,<br />

sagt Wolfgang Koppitz, geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Südvers-Gruppe,<br />

der zehntgrößten deutschen<br />

Maklerfirma. Er ist aber davon<br />

überzeugt, dass die Niedrigpreisphase<br />

bald zu Ende ist.<br />

Die Industrieversicherung gilt als<br />

Königsklasse der Assekuranz, allerdings<br />

nicht wegen ihrer Größe. Das<br />

Prämienvolumen der Sparte lag 2005<br />

bei schätzungsweise 19 Mrd. €, insgesamt<br />

nahm die Assekuranz 155<br />

Mrd. € ein. Die Anbieter weisen in<br />

der Industriesparte nur die Sachversicherung<br />

gesondert aus, Daten zur<br />

Haftpflicht und Kraftfahrt fließen in<br />

die allgemeine Statistik.<br />

Die Industrieversicherung ist eine<br />

bedeutende Sparte, weil mit einzelnen<br />

Verträgen riesige Summen bewegt<br />

werden. Außerdem werden hier<br />

Zeichen für die gesamte Branche<br />

gesetzt. Viele Konzerne haben eigene<br />

Vermittlungsgesellschaften. Selbst<br />

diese Häuser setzen auf die Dienste<br />

international tätiger Makler. Die<br />

Großmakler wie Aon Jauch & Hübener,<br />

Marsh, Ecclesia, Funk oder Willis<br />

entwickeln Deckungskonzepte und<br />

haben Zugang zu Versicherungsmärkten<br />

in London, Bermuda und<br />

den USA. Zu den Marktführern unter<br />

den Versicherern in Deutschland<br />

gehören die Allianz, Gerling, die Talanx-Tochter<br />

HDI, die Gothaer, Axa<br />

und Gesellschaften aus den USA und<br />

Bermuda wie AIG, ACE und FM Global.<br />

In der Branche für Unruhe sorgt<br />

die Übernahme des Kölner Versicherers<br />

Gerling durch die Hannoveraner<br />

Talanx. Damit gehen zwei Schwergewichte<br />

unter den Industrieversicherern<br />

zusammen, Makler und<br />

Kunden fürchten die Konzentration.<br />

Die Preise steigen und fallen in<br />

Zyklen. Sind sie hoch, sprechen Makler,<br />

Kunden und Versicherer von einem<br />

„harten Markt“, sind sie niedrig,<br />

von einem „weichen Markt“. Die<br />

letzte harte Marktphase begann 2001.<br />

Die Anbieter hoben die Preise drastisch<br />

an und verschärften die Bedingungen<br />

enorm. Seit 2005 dreht sich<br />

der Trend. „Der Markt ist butterweich“,<br />

sagt Koppitz.<br />

Für die Makler sind niedrige Preise<br />

unerfreulich. Sie erhalten einen Prozentsatz<br />

der Prämie als Vergütung.<br />

Sinkende Preise können sie wie die<br />

Versicherer nur durch den Ausbau<br />

des Geschäfts kompensieren. „Der<br />

Markt im Gewerbe- und Industriege-<br />

FREITAG, 17. NOVEMBER 2006<br />

FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND<br />

schäft ist durch hohe Wettbewerbsintensität<br />

gekennzeichnet, auf Versicherer-<br />

wie auf Maklerseite“, sagt<br />

Dankwart von Schultzendorff vom<br />

Marktführer Aon Jauch & Hübener.<br />

Viele Versicherer hätten ihre Kapazitäten<br />

ausgebaut, außerdem drängten<br />

Gesellschaften wie Arch, QBE oder<br />

Royal Sun Alliance in den Markt.<br />

Die in den Jahren ab 2001 erfolgte<br />

Sanierung der Bestände hat bei den<br />

Versicherern zu guten Zahlen in den<br />

Bilanzen geführt. „Aber es gab wenig<br />

Neugeschäft und eine Stagnation in<br />

der Produktion“, sagt Südvers-Chef<br />

Koppitz. Im Moment wollen die Versicherer<br />

ihre Marktanteile ausdehnen.<br />

Doch möglicherweise müssen<br />

sich Kunden bald auf steigende<br />

Preise einstellen. „Es kann gut sein,<br />

dass schon im nächsten Jahr der<br />

Trend nach oben geht“, sagt Koppitz.<br />

„Vielleicht mehr, als man erwartet.“<br />

Spätestens wenn die Europäische<br />

Union mit Solvency II Ernst macht,<br />

werden die Preise steigen, glaubt er.<br />

Die EU will bis Mitte 2009 mit der<br />

Richtlinie Solvency II neue Vorschriften<br />

für die Kapitalausstattung von<br />

Versicherern einführen. Bislang<br />

hängt das geforderte Eigenkapital<br />

vom Geschäftsvolumen des Unternehmens<br />

ab, künftig sind seine übernommenen<br />

Risiken entscheidend.<br />

„Wenn Solvency II kommt, wird es<br />

richtig spannend“, sagt Stephan Zilkens,<br />

Vorstandsvorsitzender des<br />

Großmaklers Schunck. „Die Frage ist:<br />

Welcher Versicherer wird dann was<br />

anbieten?“ Die Übernahme schadenträchtigen<br />

Geschäfts wird für die<br />

Assekuranz in Zukunft erheblich<br />

schwieriger.<br />

Heute bereiten sich die Versicherer<br />

darauf vor, in dem sie sich so viel<br />

Geschäft wie möglich in die Bestände<br />

holen. Denn umso größer die Bestände,<br />

umso besser können sie nach<br />

Einführung von Solvency II sanieren,<br />

glauben Makler. Doch bis dahin profitieren<br />

die Kunden noch von den<br />

günstigen Preisen. „Wir empfehlen<br />

den Kunden, die weiche Phase mitzunehmen“,<br />

sagt Zilkens.<br />

Eine Reihe von Großschäden wie<br />

der Brand im Krefelder Stahlwerk<br />

von ThyssenKrupp Nirosta wird die<br />

Versicherer auch ohne Solvency zu<br />

einer vorsichtigeren Zeichnungspolitik<br />

veranlassen. In der Kraftfahrtsparte<br />

beobachtet Zilkens gegenläufige<br />

Tendenzen. Auf der einen Seite<br />

beginnen große Versicherer, langsam<br />

die Preise anzuheben. Dazu gehört<br />

ausgerechnet die Allianz, die im Kfz-<br />

Privatkundengeschäft die Branche in<br />

einen Preiskrieg getrieben hat. Auf<br />

der anderen Seite gibt es Versicherer,<br />

die Autoflotten mit hohen Schadenfrequenzen<br />

zu Preisen versichern,<br />

die weit unter den entstandenen<br />

Schäden liegen. Zilkens: „Diese Versicherer<br />

kaufen sich bewusst schadenbelastetes<br />

Geschäft ein.“<br />

Vermittler werfen Anbietern mangelnde Sorgfalt vor<br />

Abbau von Arbeitsplätzen und Umstrukturierungen führen zu immer mehr Fehlern in den Policen · Makler beklagen Verlust von Know-how<br />

VON PATRICK HAGEN<br />

Das Verhältnis zwischen Maklern<br />

und Versicherungsgesellschaften<br />

ist gespannt. Die Makler beklagen<br />

sich über zunehmende Schlampereien<br />

und unfaires Verhalten der<br />

Versicherer. „Bei den Policen liegt die<br />

Fehlerquote mittlerweile bei fast<br />

50 Prozent“, sagt Peter Köhler, Geschäftsführer<br />

der Freiburger Maklerfirma<br />

Thomae und Partner. „Namen,<br />

Adressen, Zahlen – fast überall werden<br />

Fehler gemacht. “ Außerdem änderten<br />

viele Versicherer ihre Bedingungen<br />

häufig, ohne dies deutlich zu<br />

kennzeichnen. „Das treibt den Verwaltungsaufwand<br />

in die Höhe und<br />

schwächt das Vertrauen der Makler<br />

und Kunden in die Versicherer“, beklagt<br />

Köhler.<br />

Versicherungsmakler müssen ihre<br />

Kunden beraten und ein für sie passendes<br />

Angebot suchen. Dafür brau-<br />

chen sie einen guten Überblick über<br />

den Markt und müssen über die aktuellen<br />

Bedingungen der Versicherer<br />

informiert sein. Anders als Versicherungsvertreter<br />

arbeiten sie im Auftrag<br />

der Kunden und haften für<br />

Falschberatungen. Für ihre Arbeit erhalten<br />

die Makler vom Versicherer<br />

eine Vermittlungsprovision, die sogenannte<br />

Courtage.<br />

Die Versicherer machen es den<br />

Maklern unnötig schwer, den nötigen<br />

Marktüberblick zu behalten, beklagt<br />

Köhler. „Die Gesellschaften ändern<br />

ständig ihre Bedingungen, ohne<br />

die Änderungen ausreichend kenntlich<br />

zu machen.“ Zudem seien die<br />

Courtagevereinbarungen so kompliziert<br />

gestaltet, dass ein Vergleich der<br />

verschiedenen Anbieter oft schwierig<br />

sei. Köhler vermutet Absicht dahinter.<br />

„Vieles könnte man einfacher<br />

gestalten, aber das wollen die Versicherer<br />

gar nicht.“<br />

Ein Grund für Fehler bei der Ausstellung<br />

von Policen seien die Umstrukturierungen<br />

und die Entlassungen<br />

von Beschäftigten in der Branche,<br />

vermutet er. „Die Mitarbeiter<br />

stehen angesichts der Standortschließungen<br />

unter enormen<br />

Druck.“ Außerdem würden die Produkte<br />

immer komplizierter und er-<br />

forderten besonders qualifizierte<br />

Mitarbeiter. Bei einigen Versicherern<br />

sei aber viel Know-how verloren gegangen.<br />

Auch die häufigen Umstellungen<br />

der IT-Systeme tragen nach<br />

Die Prämien sinken, obwohl die Schäden zunehmen<br />

Preiskampf Weil die Anbieter<br />

ihre Marktanteile<br />

vergrößern wollen, senken<br />

sie auf breiter Front die<br />

Beiträge. Zu den Einnahmen<br />

in der industriellen<br />

Sachversicherung kommen<br />

Prämien aus der Industriehaftpflicht<br />

und der Kraftfahrt,<br />

die von der Branche<br />

nicht gesondert ausgewiesen<br />

werden. Insgesamt<br />

nehmen die Industrieversicherer<br />

rund 19 Mrd. € ein.<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

Ansicht von Köhler zu vermehrten<br />

Fehlern bei.<br />

„Die Branche steht unter enormem<br />

Kostendruck“, sagt Leberecht<br />

Funk, Präsident des Verbands Deutscher<br />

Versicherungsmakler und Geschäftsführer<br />

des Maklers Funk-<br />

Gruppe. „Die Versicherer sind mehr<br />

mit sich und den Analysten als mit<br />

den Kunden beschäftigt.“ Das gehe<br />

auf Kosten der Qualität, kritisiert<br />

Funk. Eine baldige Besserung der Situation<br />

sieht er nicht.<br />

Die Versicherer weisen die Vorwürfe<br />

zurück. „Abgesehen von saisonalen<br />

Anspannungen im Automobilbereich<br />

gibt es hier keine Probleme“,<br />

sagt Christoph Groffy, Sprecher<br />

von Gerling, zu den Klagen der Makler<br />

über falsch ausgestellte Versicherungspolicen.<br />

Auch die Versicherer<br />

sind nicht immer zufrieden mit der<br />

Zusammenarbeit mit den Maklern.<br />

Vor einigen Jahren beschwerten sie<br />

Die industrielle Sachversicherung*<br />

Beiträge und Leistungen in Mio. ¤<br />

Beiträge<br />

Leistungen<br />

1000<br />

1990 2005<br />

* Feuer-Industrie, Feuer-Betriebsunterbrechung,<br />

Extended Coverage und All Risks (ab 1992)<br />

FTD/jst; Quelle: GDV<br />

sich massiv darüber, dass Vermittler<br />

die kassierten Prämien zu lange behalten<br />

würden. Dass die Makler den<br />

Einzug der Prämien übernehmen,<br />

kommt vor allem in der Sachversicherung<br />

vor. „Es gab in der Vergangenheit<br />

auch Versäumnisse, das ist<br />

mittlerweile aber kein Problem<br />

mehr“, sagt Makler Köhler. Gerling-<br />

Sprecher Groffy stimmt ihm zu: „Das<br />

Thema hat sich in den letzten Jahren<br />

entspannt.“<br />

Es könnte allerdings durch fehlerhafte<br />

Policen bald wieder zu Problemen<br />

kommen, glauben manche<br />

Makler. „Wir können das Geld erst<br />

überweisen, wenn die Police auch<br />

richtig ausgestellt ist“, sagt Köhler.<br />

Die Prämien selbst einzuziehen, sei<br />

für die Versicherer aber auch nicht<br />

die beste Lösung. „Dann müssen sie<br />

gegenüber den Kunden auch für die<br />

Fehler gerade stehen. Zurzeit bügeln<br />

wir das aus.“


FREITAG, 17. NOVEMBER 2006<br />

FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND VERSICHERUNGSMAKLER B5<br />

Mit einer harten Rechten bringt Mike Tyson (r.) seinen schon arg ramponierten Kontrahenten James „Bonecrusher“ Smith im März 1987 ins Wanken. Zum Glück für Smith gehört der Mundschutz (u.) zur Standardausrüstung im Duell Mann gegen Mann<br />

Manche Nische entpuppt sich als Sackgasse<br />

Der Versicherungsmarkt<br />

konsolidiert sich. Das geht<br />

auch an den Maklern nicht<br />

spurlos vorüber. Wer sich<br />

nicht spezialisiert oder<br />

zusammenschließt, hat in<br />

Zukunft schlechte Karten<br />

VON BÜLENT ERDOGAN<br />

Der Konzentrationsprozess<br />

und der Trend zur Spezialisierung<br />

in der Maklerbranche<br />

setzen sich fort. „Der<br />

mittelgroße Generalist wird es in Zukunft<br />

schwer haben. Ich gehe davon<br />

aus, dass sich Makler mit 50 bis 100<br />

Mitarbeitern noch stärker spezialisieren<br />

oder den Anschluss an größere<br />

Gruppen suchen werden“, sagt Tilman<br />

Kay, Hauptgeschäftsführer des<br />

Detmolder Großmaklers Ecclesia, der<br />

etwa 1350 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Seit 1952 ist Ecclesia auf Deckungen<br />

für Kliniken sowie kirchliche und<br />

soziale Einrichtungen spezialisiert<br />

und hat sich in dieser<br />

Nische zum Großmaklergemausert.<br />

Für dieses<br />

Jahr geht Kay<br />

von einem Umsatz<br />

von 128 Mio. €<br />

aus. Gesellschafter<br />

von Ecclesia sind die<br />

Evangelische Kirche, der katholische<br />

Caritasverband und<br />

die Diakonie.<br />

Auch Marktführer Aon Jauch & Hübener<br />

setzt auf eine weitere Konsolidierung<br />

der Branche. Dabei leistet<br />

das Unternehmen einen nicht unerheblichen<br />

und eigennützigen Beitrag<br />

zur Marktbereinigung. „Unsere Strategie<br />

lautet, gezielt in Regionen oder<br />

nach Sparten und Zielgruppen zuzu-<br />

kaufen“, sagt Ralph Liebke, Vorsitzender<br />

der Geschäftsführung von<br />

Aon Jauch & Hübener Versicherungsmakler.<br />

Im Februar erwarb das Unternehmen<br />

den Makler Unita, der<br />

sich auf die Bau- und Immobilienbranchen<br />

sowie freie Berufe spezialisiert<br />

hat, und im Oktober den Inhouse-Broker<br />

des Stuttgarter Bauunternehmens<br />

Wolff & Müller. „Das<br />

sind Märkte, die uns immer interessieren“,<br />

sagt Liebke. Die Zusammenarbeit<br />

mit oder die Übernahme von<br />

Platzhirschen mache es dabei einfacher,<br />

in diesen Märkten Tritt zu fassen.<br />

Weitere Zukäufe seien denkbar.<br />

Gleichzeitig setzt Aon auf den Aufbau<br />

interner Expertenteams: „Wir<br />

haben beispielsweise innerhalb weniger<br />

Jahre eine Einheit aufgebaut,<br />

die sich um Sportrisiken und Entertainment<br />

kümmert.“ Eine andere<br />

Spezialabteilung befasst sich mit<br />

Krisenmanagement, zum Beispiel<br />

bei Entführungs- und Erpressungsrisiken,Produktschutzthemen<br />

oder Terrorgefahren.<br />

„Wir wollen<br />

weiter wachsen“, kündigt<br />

Liebke an.<br />

Doch Größe ist<br />

nicht alles. Liebke<br />

hat auch das Geschäft<br />

vor Ort im<br />

Blick. Hier seien<br />

kleine Makler gegenüber<br />

den großen<br />

im Vorteil: Damit<br />

von diesem Geschäft<br />

etwas abfällt,<br />

unterhält Aon ein Netz<br />

von regionalen Büros. „Für<br />

uns ist unabdingbar, dass wir auch in<br />

der Region vertreten sind.“<br />

Nicht jedes neue Geschäftsfeld der<br />

Assekuranz entpuppt sich auch als<br />

lukratives Betätigungsgebiet für<br />

Makler. „So hat sich die Deckung von<br />

Terrorrisiken trotz anfänglicher Erwartungen<br />

nicht als großes Geschäft<br />

Mehr Möglichkeiten für<br />

Vermittler zur Weiterbildung<br />

Deutsche Makler-Akademie ist neu auf dem Markt<br />

VON BÜLENT ERDOGAN<br />

Makler und Mehrfachagenten haben<br />

ab dem kommenden Jahr<br />

eine zusätzliche Möglichkeit zur Ausund<br />

Weiterbildung. Ende Oktober<br />

wurde die Deutsche Makler-Akademie<br />

ins Leben gerufen. Zu den Initiatoren<br />

gehören die Allianz Leben,<br />

der Volkswohl Bund, die Swiss Life,<br />

die Stuttgarter Versicherung und die<br />

Betriebsberatungsgesellschaft BBG.<br />

Schon 2007 will die Akademie 1000<br />

Teilnehmern einen Ab-<br />

schluss als Versicherungsfachmannermöglichen.<br />

Dabei handelt es<br />

sich um einen 230-stündigen<br />

Lehrgang mit IHK-<br />

Prüfung. Dieser wird in<br />

Zukunft Grundlage für<br />

die Erteilung einer Berufserlaubnis<br />

als Vermittler<br />

sein.<br />

„Wir gehen davon aus, dass noch<br />

mindestens 12 000 Makler und Mehrfachagenten<br />

diesen Sachkundenachweis<br />

erbringen müssen“, sagt<br />

Projektmanager Markus Drews. Geplant<br />

sei eine Kooperation mit der<br />

Deutschen Versicherungsakademie<br />

in München. Darüber hinaus will die<br />

Einrichtung auch Fach- und Ver-<br />

„Viele<br />

Vermittler<br />

sind gar nicht<br />

qualifiziert“<br />

Hans-Ludger Sandkühler,<br />

IVM<br />

triebstrainings anbieten. Die Makler<br />

seien zunehmend bereit, für eine unabhängige<br />

berufliche Fortbildung zu<br />

bezahlen, so Drews. Bisher nutzten<br />

sie überwiegend kostenfreie Angebote<br />

einzelner Versicherer. „In diese<br />

Lücke stößt die Makler-Akademie.“<br />

In Deutschland gibt es nach Angaben<br />

des Gesamtverbands der Deutschen<br />

Versicherungswirtschaft etwa<br />

450 000 Versicherungsvertreter, die<br />

ausschließlich für einen Versicherer<br />

arbeiten. Weitere 3000 sind sogenannteMehrfachagen-<br />

ten, die für mehrere Versicherer<br />

arbeiten. Die<br />

Zahl der Makler in<br />

Deutschland liegt bei<br />

etwa 7000.<br />

Hans-Ludger Sandkühler,<br />

Vorsitzender des<br />

Instituts der Versicherungsmakler<br />

(IVM), begrüßt<br />

den Vorstoß der<br />

Versicherungswirtschaft. Im IVM haben<br />

sich etwa 260 Makler zusammengeschlossen.<br />

„Viele Versicherungsvermittler<br />

sind nach wie vor<br />

entweder gar nicht qualifiziert oder<br />

unterhalb der Stufe zum Versicherungskaufmann“,<br />

kritisiert Sandkühler.<br />

Das treffe auch auf viele Makler<br />

zu, sagt er.<br />

herausgestellt“, sagt Liebke. Skeptisch<br />

ist er auch beim kürzlich verabschiedeten<br />

Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz<br />

(AGG): „Das ist ein<br />

Thema, mit dem man sich auseinandersetzen<br />

muss. Aber es ist noch zu<br />

früh, um sagen zu können, ob sich<br />

hier ein neues Feld für Spezialisten<br />

ergeben wird.“<br />

Auch Horst Ihlas vom Kölner<br />

Spezialmakler Ihlas & Köberich sieht<br />

hier keinen großen Markt. Ihlas<br />

glaubt nicht, dass sich gerichtlich<br />

festgesetzte Schadensersatzansprüche<br />

oberhalb der üblichen Selbstbehalte<br />

bewegen werden.<br />

Die Firma Ihlas & Köberich ist seit<br />

2005 aktiv. Der Makler hat sich ganz<br />

auf die Nische Financial Lines spezialisiert.<br />

Dazu gehören neben den hierzulande<br />

bereits bekannten Managerhaftpflichtpolicen<br />

auch Prospekthaftungsversicherungen<br />

bei Börsengängen,Produkterpressungsversicherungen<br />

oder Kidnapping-Policen.<br />

„Unser Fokus liegt auf den Top-<br />

300-Unternehmen mit Umsätzen<br />

von mehr als 2 Mrd. €.“ Aus Risikosicht<br />

und aus Sicht des Versicherungsnehmers<br />

sei es sinnvoll, diese<br />

Produkte zusammenzufassen, sagt<br />

Ihlas. Komme es zum Schaden, seien<br />

nämlich fast immer mehrere Policen<br />

gleichzeitig betroffen.<br />

Ansprechpartner von Ihlas sind<br />

konzerneigene Makler und Versicherungsabteilungen.<br />

„Die brauchen<br />

unser Know-how in den Randsparten<br />

der Financial Lines, was oft nur<br />

drei bis fünf Prozent der Versicherungskosten<br />

ausmacht.“ Dagegen<br />

böten Großmakler 100 Prozent der<br />

Versicherungen an. Konzerneigene<br />

Makler fragten so viel Beratung aber<br />

nicht nach.<br />

Ursprungsland der Financial Lines<br />

sind die USA. Daher dominierten<br />

englischsprachige Vertragstexte, die<br />

nur von wenigen Maklern beherrscht<br />

würden. „In dieser Lücke fungieren<br />

wir als Spezialmakler“, sagt Ihlas.<br />

Doch die Konzentration auf Nischen<br />

birgt auch Tücken. Weil das<br />

Wachstum an Grenzen stößt, hat<br />

Ecclesia in den vergangenen Monaten<br />

kräftig zugekauft, zuletzt den<br />

Kölner Industriemakler Sitt & Overlack.<br />

„Wenn ein Unternehmen eine<br />

Nische durchdrungen hat, wird es<br />

schwieriger zu wachsen“, sagt Kay.<br />

„Wir wachsen jetzt in weitere Nischen<br />

und Geschäftsfelder mit dem<br />

Ziel, unsere Position gegenüber den<br />

Versicherern auszubauen.“<br />

Corbis/Bettmann/Charlie Blagdon; Corbis/Image Source


B6 VERSICHERUNGSMAKLER<br />

VON PATRICK HAGEN<br />

Die größten deutschen Makler<br />

Unternehmen<br />

Aon Direct*<br />

Marsh<br />

Ecclesia<br />

Funk<br />

Willis<br />

Martens & Prahl<br />

Schunck**<br />

Leue & Nill<br />

Artus-Gruppe<br />

Südvers<br />

Großvermittler Im Unterschied<br />

zu Maklerpools<br />

arbeiten Maklerfirmen<br />

mit angestellten Mitarbeitern.<br />

Die Firmen sind<br />

Umsatz in Mio. ¤<br />

55<br />

50<br />

31<br />

28<br />

20<br />

18<br />

100<br />

98<br />

90<br />

* Aon Jauch & Hübener Direkt inkl. Unita,** mit europ. Ausland<br />

in erster Linie für Industrie<br />

und Gewerbe tätig.<br />

Die Spannweite bei Umsatz<br />

und Beschäftigten<br />

zwischen den zehn größ-<br />

Über Geld spricht<br />

man nicht. Lesen reicht.<br />

FTD-Sonderthemen „Finanzen und Versicherungen“ im Überblick<br />

Ergänzend zur tagesaktuellen Berichterstattung<br />

bietet die FTD in ihren Sonderbeilagen ausführliche<br />

Analysen und detaillierte Hintergrundinformationen<br />

zu verschiedenen Schwerpunktthemen<br />

der Finanz- und Versicherungsbranche:<br />

Sonderthema ET AS<br />

Industrieversicherung 10.05.07 19.04.07<br />

Kreditversicherung 14.09.07 24.08.07<br />

Betriebl. Altersversorgung 27.09.07 06.09.07<br />

Rückversicherung 22.10.07 01.10.07<br />

Privatkunden versichern 08.11.07 18.10.07<br />

Versicherungsmakler 16.11.07 26.10.07<br />

Kontakt unter Telefon: 040/319 90-278 oder E-Mail: sonderthemen@ftd.de<br />

163<br />

Mitarbeiter<br />

420<br />

500<br />

480<br />

300<br />

250<br />

225<br />

650<br />

750<br />

1000<br />

FTD/jst; Quelle: FTD-Recherche, zum Teil Schätzungen<br />

ten Maklerfirmen in<br />

Deutschland ist allerdings<br />

erheblich. Viele<br />

wollen sich durch Zukäufe<br />

vergrößern.<br />

1400<br />

Hinweis: Die Abbildung zeigt ein bereits erschienenes Sonderthema.<br />

FREITAG, 17. NOVEMBER 2006<br />

FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND<br />

Maklerpools unterstützen Einzelkämpfer<br />

Die 760 Makler des insolventen<br />

österreichischen Maklerpools<br />

müssen immer<br />

noch um ihre ausstehenden<br />

Provisionen bangen. Österreichs<br />

größter Zusammenschluss von Versicherungsmaklern<br />

hatte Anfang<br />

September Insolvenz angemeldet.<br />

Danach stritten Gläubiger und Konkursverwalter<br />

darum, ob die noch<br />

fälligen Provisionen in die Konkursmasse<br />

fallen oder direkt an die Makler<br />

ausbezahlt werden. Makler und<br />

Konkursverwalter haben sich mittlerweile<br />

geeinigt, die Entscheidung<br />

des Konkursgerichts steht aber noch<br />

aus. Auch in Deutschland ist die Insolvenz<br />

von Maklerpools eine reale<br />

Bedrohung, sagt René Berends vom<br />

<strong>Maklerverbund</strong> <strong>Consensus</strong>. „Einige<br />

sind finanziell bereits stark angeschlagen.“<br />

In den nächsten Jahren<br />

drohten mehrere Pleiten von Pools.<br />

„Die Gefahr für den Makler ist, dass<br />

er als Letzter sein Geld aus der Konkursmasse<br />

bekommt.“<br />

Vor allem kleine Makler schließen<br />

sich häufig Plattformen wie Maklerpools<br />

oder Maklerverbünden an. Neben<br />

Versicherungen bieten diese oft<br />

auch Fonds oder Zertifikate an. Entstanden<br />

sind sie Mitte der 90er-Jahre<br />

nach dem Vorbild von Einkaufsgenossenschaften<br />

wie Rewe oder Edeka.<br />

Kleine und mittelgroße Makler<br />

bündelten ihre Aufträge, um bessere<br />

Konditionen bei den Versicherern<br />

herauszuschlagen. Die Pools ermöglichen<br />

es freien Versicherungsvermittlern,<br />

die Deckungen möglichst<br />

vieler Versicherer anbieten zu können.<br />

Trotz einer Marge für die Poolbetreiber<br />

können die Makler so Provisionen<br />

erzielen, die mindestens so<br />

hoch sind wie bei einer direkten Vereinbarung<br />

mit dem Versicherer. Die<br />

meisten Pools bieten ihren Maklern<br />

außerdem eigene Deckungskon-<br />

Um gemeinsam stärker auftreten zu können, schließen<br />

unabhängige Vermittler sich zusammen. Die Verbünde<br />

ermöglichen ihnen ein breiteres Angebot. Doch viele Pools<br />

sind in die Krise geraten, es drohen Pleiten<br />

zepte an. Diese speziellen Versicherungen<br />

enthalten oft mehr als die<br />

Standarddeckungen der Versicherer<br />

und sind nur über die dem Pool angeschlossenen<br />

Makler zu haben.<br />

Mittlerweile ist das Modell Maklerpool<br />

in die Krise geraten. Von den<br />

zurzeit 40 bis 50 Pools in Deutschland<br />

werden bis 2010 nur ein Dutzend<br />

überleben, glaubt Berends von <strong>Consensus</strong>.<br />

Als Einkaufsgemeinschaft<br />

günstige Konditionen auszuhandeln,<br />

genügt nicht mehr. „Wir müssen unsere<br />

Dienstleistung ständig ausbauen“,<br />

sagt Günther Rodius von BCA,<br />

mit 9600 angeschlossenen Vermittlern<br />

der größte Maklerpool in<br />

Deutschland. „Die Anforderungen<br />

an die Pools sind durch den engen<br />

Wettbewerb enorm gestiegen.“ Die<br />

Plattformen müssen ihren Maklern<br />

heute vor allem einen technischen<br />

Mehrwert bieten. Große Pools haben<br />

spezielle Softwarelösungen für den<br />

Vergleich von Verträgen oder die Verwaltung<br />

des Bestands im Angebot.<br />

Um das zu leisten und dem Kunden<br />

Sicherheit zu garantieren, brauchen<br />

die Pools eine gute Kapitalausstattung.<br />

„Es wird in Zukunft weniger<br />

Pools geben als derzeit – nicht nur<br />

durch Pleiten, sondern auch durch<br />

Zusammenschlüsse“, vermutet Rodius.<br />

Vor Kurzem haben bereits die<br />

Getty Images/Bongarts/Martin Rose<br />

Maklerpools Amex und Maxpool bekannt<br />

gegeben, dass sie zum Jahresende<br />

unter dem Namen Amaxpool<br />

fusionieren wollen.<br />

Auch Thomas Pollmer, Leiter des<br />

Versicherungsgeschäfts beim zweitgrößten<br />

Maklerpool Jung, DMS &<br />

Cie. glaubt, dass Pools ihren Mitgliedern<br />

in Zukunft noch mehr Service<br />

bieten müssen. „Vergleichsrechner<br />

sind zwar praktisch, ersetzen aber<br />

nicht die Erfahrung.“ Der Maklerpool<br />

bietet seinen Mitgliedern deshalb<br />

Kompetenzcenter, in denen sie<br />

sich von Experten zu Themen wie<br />

Kranken-, Lebens oder Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

beraten lassen<br />

können.<br />

Von der Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie<br />

im nächsten Jahr erhofft<br />

Pollmer sich Vorteile für sein<br />

Unternehmen, das ursprünglich aus<br />

dem Investmentgeschäft kommt. Die<br />

Anforderungen an Investmentberater<br />

seien in der Vergangenheit härter<br />

gewesen als die für Versicherungsmakler.<br />

„Es wird eine Marktbereinigung<br />

stattfinden.“ Zudem gebe<br />

es besonders in der privaten Altersvorsorge<br />

einen Trend zu einem<br />

Zusammenwachsen der<br />

zwei Geschäftsbereiche Versicherungen<br />

und Investment. „Erfolgreiche<br />

Maklerpools müssen<br />

in Zukunft spartenübergreifende<br />

Angebote machen können“,<br />

so Pollmer.<br />

Für Makler, die sich zusammenschließen<br />

wollen, gibt es<br />

nicht nur die Poollösung. „Wir<br />

legen Wert darauf, ein <strong>Maklerverbund</strong><br />

und kein Pool zu<br />

sein“, sagt Berends von <strong>Consensus</strong>.<br />

„Unsere Mitglieder behalten<br />

die direkte Anbindung<br />

an die Versicherungsgesellschaft.“<br />

Die Makler bleiben auch<br />

die tatsächlichen Eigentümer<br />

ihres Bestands. Das ist im Insolvenzfall<br />

ein Vorteil für<br />

den Vermittler. <strong>Consensus</strong><br />

zweigt auch nichts von den<br />

Courtagen ab, die der Versicherer<br />

bezahlt. Die Mitglieder<br />

zahlen dafür einen<br />

Jahresbeitrag.<br />

Ähnlich funktioniert<br />

auch die 1997 gegründete<br />

Vema. Die Genossenschaft<br />

gehört einem Teil ihrer Mitglieder.<br />

Nutzen können den<br />

Pool nur Mitglieder des Verbands<br />

Deutscher Versicherungsmakler<br />

(VDVM). Das soll die Qualität<br />

der Vermittler garantieren, sagt<br />

Vema-Vorstandsmitglied Andreas<br />

Brunner.<br />

VDVM-Präsident Leberecht Funk<br />

sieht trotz der Krise weiteren Bedarf<br />

für die Maklerzusammenschlüsse.<br />

„Maklerpools sind wichtig für das<br />

Überleben der kleineren Makler.“<br />

International verbunden<br />

Globale Netzwerke ermöglichen kleinen Maklern den Einstieg ins Auslandsgeschäft<br />

VON FRIEDERIKE KRIEGER<br />

Immer mehr deutsche Firmen expandieren<br />

ins Ausland und benötigen<br />

Versicherungsschutz für mehrere<br />

Länder. Marktführer wie Aon<br />

Jauch & Hübener oder Marsh können<br />

dank zahlreicher Niederlassungen<br />

Weltpolicen aus dem Ärmel schütteln.<br />

Kleinen Maklern fehlt dagegen<br />

oft das Know-how über die Versicherungserfordernisse<br />

im Ausland sowie<br />

Möglichkeiten, Service vor Ort anbieten<br />

zu können.<br />

Hilfe versprechen internationale<br />

Maklernetzwerke wie das Worldwide<br />

Broker Network (WBN), das der Versicherungsmakler<br />

Südvers – auf dem<br />

deutschen Markt die Nummer zehn –<br />

im Jahr 1987 gegründet hat. „Damals<br />

fingen unsere Kunden an, Auslandsstandorte<br />

aufzubauen“, sagt Kim-<br />

André Vives, Koordinator in der Auslandsabteilung<br />

des Freiburger Maklers.<br />

Inzwischen ist WBN expandiert<br />

und zählt rund 55 Mitglieder in 49<br />

Ländern.<br />

Gegenüber den ganz Großen der<br />

Branche sieht sich Südvers mit der<br />

Netzwerklösung sogar im Vorteil. So<br />

sei eine 150-Mitarbeiter-Niederlassung<br />

eines mittelständischen Kunden<br />

den Großmaklern kaum der<br />

Mühe wert. „Die betreuen sie vom<br />

Schreibtisch aus“, meint Vives. Bei<br />

WBN lege man dagegen besonderen<br />

Wert auf den persönlichen Kontakt.<br />

So stellen sich die Mitglieder auch<br />

schon mal gesammelt beim Kunden<br />

Nach seinem knappen Punktsieg gegen John Ruiz holt sich Nikolai Walujew<br />

aus Russland am 17. Dezember 2005 zum ersten Mal den Weltmeistertitel<br />

der World Boxing Association im Schwergewicht.<br />

Hier präsentiert er dem Publikum<br />

in der Berliner Max-Schmeling-Halle<br />

seine Trophäe<br />

vor, damit er die für seine Niederlassungen<br />

zuständigen Vermittler kennenlernen<br />

kann.<br />

Großmakler bemängeln dagegen<br />

die großen Unterschiede in der Servicequalität<br />

der Netzwerkmitglieder.<br />

Häufig können Maklernetzwerke<br />

auch nicht alle Partner gleichermaßen<br />

zufrieden stellen, denn die Länder<br />

sind bei den Kunden unterschiedlich<br />

beliebt. So interessieren<br />

sich weit mehr Unternehmen für<br />

eine Niederlassung in Polen als eine<br />

im Kongo. „Nicht jeder Partner bekommt<br />

gleich viel, nicht jeder Partner<br />

kann gleich viel geben“, erklärt<br />

Christoph Baltsch, Geschäftsführer<br />

IMPRESSUM<br />

Financial Times Deutschland<br />

Stubbenhuk 3 · 20459 Hamburg<br />

Tel. 040/31990-0 · Fax: 040/31990-310<br />

www.ftd.de; E-Mail: leserservice@ftd.de<br />

Redaktion: Volker Bormann (verantw.), Herbert Fromme,<br />

Anja Krüger, Ilse Schlingensiepen<br />

Gestaltung: Dominik Arndt (Leitg.), Andreas Voltmer<br />

Bildredaktion: José A. Blanco, Florian Kraska<br />

Infografik: Jens Storkan<br />

Bildbearbeitung: FTD-Bildbearbeitung<br />

Chefin vom Dienst: Dr. Hiltrud Bontrup<br />

Korrektorat: Katrin Meyer, Cornelius Busch<br />

Verlag: Financial Times Deutschland GmbH & Co. KG,<br />

vertreten durch die Geschäftsführer Christoph Rüth und<br />

Dr. Christoph Weger<br />

Postanschrift: Brieffach 02, D-20444 Hamburg<br />

Verlagsleitung Supplements: Julia Erben<br />

Druck: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg;<br />

BZV Berliner Zeitungsdruck GmbH, 10365 Berlin; Druck- und<br />

Verlagszentrum GmbH & Co. KG, 58099 Hagen; Mannheimer<br />

Morgen Großdruckerei und Verlag GmbH, 68167 Mannheim<br />

von Trust Risk Control. Das führe<br />

zwangsläufig zu Dominanzansprüchen<br />

und Streitigkeiten. Sein Unternehmen<br />

übernimmt für 23 deutsche<br />

Makler die Arbeit einer Auslandsabteilung<br />

und hat dazu eine internationale<br />

Maklerallianz geknüpft. Dadurch,<br />

dass die Aktivitäten mehrerer<br />

Makler gebündelt würden, erhielten<br />

die Partner im Ausland mehr Geschäft,<br />

sagt Baltsch. Das motiviere,<br />

einen besseren Service zu erbringen.<br />

Das Maklernetzwerk Assurex Global,<br />

das 118 Partner in mehr als 75<br />

Ländern zählt, setzt dagegen auf die<br />

finanzielle Verflechtung seiner Mitglieder<br />

durch Beteiligung an einer<br />

gemeinsamen Holding. „Dadurch<br />

haben alle ein Interesse daran, dass<br />

das Netzwerk insgesamt erfolgreich<br />

ist, und bemühen sich, bei ihrer Arbeit<br />

auch den Erfolg anderer Mitglieder<br />

sicherzustellen“, so Meg Allwein,<br />

Vizepräsidentin von Assurex Global.<br />

In Deutschland ist der Dortmunder<br />

Makler Leue & Nill Partner des Netzwerks.<br />

Nicole Schroer, Leiterin der<br />

internationalen Abteilung des Maklers,<br />

schätzt die Exklusivität des Netzwerks.<br />

In der Regel darf nur ein Partner<br />

pro Region beitreten, den Assurex<br />

alle drei Jahre auf Herz und Nieren<br />

prüft und bei Bedarf austauscht.<br />

„Während die Großmakler mit ihren<br />

vorhandenen Niederlassungen arbeiten<br />

müssen, können wir uns darauf<br />

verlassen, dass sich der beste unabhängige<br />

Makler in dem jeweiligen<br />

Land um unsere Kunden kümmert“.

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