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finde ich „meine“ Krankheit - Tumorzentrum Bonn eV

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Hintergrundinformationen<br />

˘˘<br />

Krebspersönl<strong>ich</strong>keit<br />

Die Auffassung, dass eine pessimistische und<br />

ängstl<strong>ich</strong>e Lebenseinstellung oder Trauer zu<br />

Krebs führen oder den Verlauf der Erkrankung<br />

beeinflussen kann, ist weit verbreitet. Sie bietet<br />

ein Erklärungsmodell für eine n<strong>ich</strong>t zu begreifende<br />

Erkrankung. Alle, die s<strong>ich</strong> mit der Erkrankung<br />

befassen, kennen die zentrale Frage:<br />

„Warum gerade <strong>ich</strong>?“ Für die Annahme: „Gibt<br />

es eine Krebspersönl<strong>ich</strong>keit?“ hat die Wissenschaft<br />

bisher keinerlei Beweise gefunden.<br />

Der Begriff „Krebspersönl<strong>ich</strong>keit“ entstand,<br />

als Wissenschaftler die Auswirkungen psychischer<br />

Zustände auf den Hormonhaushalt<br />

und die Auswirkungen auf das körpereigene<br />

Abwehrsystem erkannten.<br />

Erst neuere Untersuchungen an Personen,<br />

bei denen zwar ein Krebsverdacht bestand,<br />

die Diagnose aber noch n<strong>ich</strong>t gestellt war,<br />

Krebserkrankungen Unterstützungsangebote Hilfsangebote Schmerz / Palliativbehandlung Trauergruppen Anhang Broschüren / Internet<br />

Regionaler Wegweiser bei Krebs<br />

konnten zeigen, dass die als typisch geltenden<br />

Persönl<strong>ich</strong>keitsmerkmale eine Reaktion<br />

auf die Krebserkrankung waren und n<strong>ich</strong>t<br />

deren Ursache. Fest steht, dass es weder eine<br />

wirkl<strong>ich</strong> typische Krebspersönl<strong>ich</strong>keit gibt,<br />

noch das spezielle Merkmal, dass einen<br />

krebsgefährdeten Menschen kennze<strong>ich</strong>net.<br />

Aus unserem derzeit noch sehr bruchstückhaften<br />

Wissen über seelische Einflüsse<br />

auf die Krebsentstehung lassen s<strong>ich</strong> keine<br />

allgemeingültigen Rezepte für die Lebensführung<br />

ableiten.<br />

˘˘<br />

Schützt „positives Denken“ vor Krebs?<br />

Das Thema „positives Denken“ spr<strong>ich</strong>t viele<br />

Menschen an, insbesondere wenn man mit der<br />

Diagnose Krebs konfrontiert ist. Hilflosigkeit<br />

und Ausgeliefertsein ist bei den Erkrankten<br />

und deren Angehörigen anfangs ein vorherrschendes<br />

Gefühl. In der seelischen Notlage<br />

scheinen Konzepte des „positiven Denkens“<br />

vielversprechend, wie sie von Autoren wie<br />

Murphy, Peale, und Carnegie dargestellt werden.<br />

Sie zeigen einen Weg, der die Erkrankung<br />

allein durch die Kraft der Gedanken heilen<br />

kann. Man muss nur positiv denken, schon ist<br />

man geheilt. Die Realität sieht aber anders<br />

aus. Nach einer mögl<strong>ich</strong>en kurzen Zeit der<br />

Euphorisierung erleben die Betroffenen vor<br />

allem Frustration und Enttäuschung. Häufig<br />

kommt der Druck der Angehörigen hinzu, die,<br />

um ihre eigene Hilflosigkeit zu verdrängen,<br />

den Patienten immer wieder an das „Rezept“<br />

„positives Denken“ erinnern.<br />

Die Erkrankten merken, dass es n<strong>ich</strong>t<br />

immer mögl<strong>ich</strong> ist, positiv zu denken. Sie<br />

fühlen s<strong>ich</strong> schuldig und von den Angehörigen<br />

unverstanden. Sie fühlen s<strong>ich</strong> doppelt gestraft,<br />

zum einen durch das Leiden selbst, zum<br />

anderen durch den Vorwurf, die <strong>Krankheit</strong><br />

selbst verschuldet zu haben. Der Druck der auf<br />

den Patienten lastet, näml<strong>ich</strong> für die Heilung<br />

selbst verantwortl<strong>ich</strong> zu sein, wächst und<br />

führt sie tiefer in Depressionen, Versagensängste<br />

und inneren Rückzug. Der Ansatz des<br />

„positiven Denkens“ als Methode erre<strong>ich</strong>t<br />

somit vielfach das Gegenteil von dem, was<br />

manche Bücher versprechen. Es geht hier<br />

n<strong>ich</strong>t darum, eine positive Grundeinstellung<br />

des Menschen in Frage zu stellen. Jeder<br />

Mensch hat Anteile dieser Einstellung in s<strong>ich</strong>,<br />

der eine mehr, der andere weniger. Das Leben<br />

ist ein dynamischer Prozess, zu dem vielfältige<br />

Gefühle und Gemütszustände gehören, auch<br />

die von uns oftmals als „negativ“ bewerteten<br />

Gefühle wie Wut und Trauer. Es geht darum,<br />

dass „positives Denken“ als Methode n<strong>ich</strong>t<br />

nur n<strong>ich</strong>t funktioniert, sondern auch negative<br />

Einflüsse auf Menschen haben kann. Vor<br />

allem dann, wenn die oben beschriebenen<br />

Schuldgefühle verhindern, mit Angehörigen,<br />

Psychoonkologen oder Ärzten ins Gespräch<br />

zu kommen. Der Effekt ist dann das erschwerte<br />

Auf<strong>finde</strong>n individueller Hilfsmögl<strong>ich</strong>keiten<br />

wie Einzel- und Gruppentherapie, die förderl<strong>ich</strong><br />

für Menschen in krisenhaften Situationen<br />

sind.<br />

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Krebspersönl<strong>ich</strong>keit<br />

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