Zur Diagnostik der Lese-Rechtschreibstörung Zur Diagnostik der ...
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<strong>Lese</strong>-Rechtschreibprobleme führen häufig<br />
zu Schulleistungsstörungen, die die emotionale<br />
und soziale Entwicklung <strong>der</strong> Betroffenen<br />
erheblich beeinflussen können. In klinischen<br />
Inanspruchnahme-Populationen<br />
schwanken die Werte für die <strong>Lese</strong>-<br />
<strong>Rechtschreibstörung</strong> zwischen 6 und 20%<br />
(Esser, 1990). In <strong>der</strong> Marburger Klinik für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes-<br />
und Jugendalters erhielten in den letzten<br />
beiden Jahren 24% aller in <strong>der</strong> Poliklinik<br />
vorgestellten Patienten die Diagnosen<br />
F81.0 (<strong>Lese</strong>-<strong>Rechtschreibstörung</strong>) o<strong>der</strong><br />
F81.1 (Isolierte <strong>Rechtschreibstörung</strong>).<br />
Prävalenzschätzungen für den deutsch<br />
sprachigen Raum liegen kaum vor. Weinschenk<br />
et al. (1968) gehen von 7,6% Betroffenen<br />
aus. Esser (1990) fand unter<br />
Anwendung <strong>der</strong> ICD-Forschungskriterien<br />
in einer Stichprobe von 216 Kin<strong>der</strong>n 3,7%<br />
<strong>Lese</strong>-<strong>Rechtschreibstörung</strong> und keine Isolierte<br />
<strong>Rechtschreibstörung</strong> (wegen des<br />
Ausschlusskriteriums <strong>Lese</strong>probleme). Im<br />
englisch sprachigen Raum wird von Prävalenzen<br />
von 4-8% für die <strong>Lese</strong>störung (Lewis<br />
et al., 1994; Shaywitz et al., 1990)<br />
ausgegangen.<br />
Im ICD-10 (Dilling et al., 1991) wurden<br />
lediglich die Forschungskriterien operationalisiert,<br />
für die klinisch-diagnostischen<br />
Leitlinien fehlt eine solche Operationalisierung.<br />
Dies bedeutet, dass dem klinischen<br />
<strong>Diagnostik</strong>er keine klaren Kriterien an die<br />
Hand gegeben werden, wie die Ergebnisse<br />
von Intelligenz-, Rechtschreib- und <strong>Lese</strong>tests<br />
verrechnet und interpretiert werden<br />
sollen.<br />
Im Folgenden soll anhand <strong>der</strong> diagnostischen<br />
Kriterien des ICD-10 ein in <strong>der</strong><br />
Praxis einfach zu handhabendes Kriterium<br />
für das Vorliegen einer <strong>Lese</strong>-<br />
<strong>Rechtschreibstörung</strong> entwickelt werden.<br />
Dabei werden lediglich die Aspekte diskutiert,<br />
die sich auf die Verwendung und Interpretation<br />
psychometrischer Tests (Intel-<br />
ligenz, Rechtschreibung, <strong>Lese</strong>n) beziehen;<br />
die übrigen Kriterien (in erster Linie Ausschlusskriterien)<br />
sind im ICD-10 hinreichend<br />
präzise formuliert.<br />
Unser Ansatz grenzt sich von den<br />
”Leitlinien in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie<br />
und Psychotherapie”<br />
(http://www.uni-duesseldorf.de/www/<br />
awmf/ll/kjpp-017.htm) <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft<br />
für Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie<br />
und Psychotherapie dahin gehend ab,<br />
dass <strong>der</strong> Regressionsansatz berücksichtigt<br />
wird, wie es in <strong>der</strong> englisch sprachigen<br />
Forschungsliteratur mittlerweile Standard<br />
ist (Evans, 1990).<br />
Im ICD-10 wird für die Diagnose einer<br />
Teilleistungsstörung gefor<strong>der</strong>t, dass die<br />
gefundene Min<strong>der</strong>leistung in einem Teilbereich<br />
bedeutsam unterhalb dessen liegen<br />
muss, was aufgrund <strong>der</strong> Intelligenz und des<br />
Alters zu erwarten ist. Weiter heißt es:<br />
”[...] Tests sollten in Verbindung mit statistischen<br />
Tabellen verwendet werden, die<br />
Daten über das erwartete durchschnittliche<br />
Leistungsniveau bei einem gegebenen IQ<br />
für jedes Alter enthalten. Diese letzte Bedingung<br />
ist wegen <strong>der</strong> Bedeutung statistischer<br />
Regressionseffekte notwendig, Diagnosen<br />
auf <strong>der</strong> Grundlage von Subtraktionen<br />
des Leistungsalters vom Intelligenzalter<br />
sind zwangsläufig erheblich irreführend”<br />
(Dilling et al., 1991, S. 256).<br />
Der Vorteil des Regressionsmodells gegenüber<br />
dem einfachen IQ-<br />
Diskrepanzmodell ist, dass Verzerrungen in<br />
den Extrembereichen <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong><br />
Rechtschreib- o<strong>der</strong> <strong>Lese</strong>leistung vermieden<br />
werden: aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass IQ<br />
und Rechtschreibung nicht zu 1 korrelieren<br />
ergibt sich, dass z.B. bei einem Kind mit<br />
IQ 130 nicht zu erwarten ist, dass ein dem<br />
IQ entsprechen<strong>der</strong> Prozentrang im Rechtschreibtest<br />
(PR=97.5) erreicht wird. Am<br />
an<strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> Verteilung wirkt sich <strong>der</strong><br />
Effekt gegenteilig aus: geistig behin<strong>der</strong>te<br />
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