Verlagerung von Geschäftschancen - bpv Hügel Rechtsanwälte
Verlagerung von Geschäftschancen - bpv Hügel Rechtsanwälte
Verlagerung von Geschäftschancen - bpv Hügel Rechtsanwälte
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Universität Wien – Institut für Unternehmens- und<br />
Wirtschaftsrecht<br />
Seminar Univ.-Prof. Dr. Hanns F. <strong>Hügel</strong>: Aktuelle Entwicklungen<br />
im Unternehmens- und Steuerrecht<br />
<strong>Verlagerung</strong> <strong>von</strong> <strong>Geschäftschancen</strong> im Gesellschafts- und<br />
Steuerrecht<br />
20. Juni 2011<br />
Dr. Gottfried E. Breuninger<br />
Rechtsanwalt, Partner<br />
Allen & Overy LLP, München<br />
© Allen & Overy LLP 2011 1
Agenda<br />
1. Problemstellung<br />
2. Verdeckte Gewinnausschüttung im deutschen<br />
Steuerrecht<br />
3. <strong>Geschäftschancen</strong>lehre/Wettbewerbsverbot<br />
4. Funktionsverlagerungen<br />
5. Beispielsfälle<br />
6. Resümee/Thesen<br />
© Allen & Overy LLP 2011 2
1. Problemstellung<br />
– <strong>Verlagerung</strong> <strong>von</strong> <strong>Geschäftschancen</strong> als Ausfluss der Trennung der Vermögenssphären <strong>von</strong><br />
Kapitalgesellschaft und Gesellschafter („Trennungsprinzip“)<br />
– Korrekturvorschriften:<br />
– Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA):<br />
– BFH-Rechtsprechung zu <strong>Geschäftschancen</strong> und vGA starkem Wandel unterworfen<br />
– frühere Rspr., die der vGA einen weiten Anwendungsbereich einräumte und zu einer Art „Soll“-<br />
Besteuerung führte, wurde vom BFH wieder aufgegeben<br />
– Grenzüberschreitend:<br />
– § 1 dAStG: Einkünfte aus Geschäftsbeziehung zum Ausland mit nahestehender Person, die<br />
Fremdvergleichsgrundsatz widersprechen<br />
– Art. 9 Abs. 1 OECD-MA („dealing at arm‘s length“): Korrektur bei verbundenen Unternehmen<br />
– Ursprünglich § 1 dAStG subsidiär; Rangverhältnis jetzt „auf den Kopf gestellt“:<br />
– § 1 dAStG mittlerweile nicht mehr durch vGA gesperrt; es gilt die weitestgehende<br />
Korrekturvorschrift (§ 1 Abs. 1 Satz 3 dAStG)<br />
– Erhebliche Ausweitung iRd. Unternehmensteuerreform 2008 durch Einführung der<br />
Vorschriften über die Funktionsverlagerung (§ 1 Abs. 3 Satz 9 ff dAStG)<br />
� In grenzüberschreitenden Fällen Rückkehr zur „Soll“-Besteuerung bzw. zum Ideal-<br />
Geschäftsführer?<br />
© Allen & Overy LLP 2011 3
2. Verdeckte Gewinnausschüttung im deutschen Steuerrecht<br />
– Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) als Korrekturvorschrift zur Abgrenzung der<br />
Vermögenssphären <strong>von</strong> Gesellschaft und Gesellschafter<br />
– Gesellschaftsrecht: bei GmbH Schutz des Stammkapitals, weitergehender Kapitalschutz bei AG<br />
grundsätzliches Verbot verdeckter Leistungen<br />
– Steuerrecht: Ermittlung des „richtigen“ Einkommens der Kapitalgesellschaft zur Sicherstellung einer<br />
leistungsgerechten Besteuerung<br />
– § 8 Abs. 3 S. 2 dKStG: „verdeckte Gewinnausschüttungen … mindern das Einkommen nicht.“<br />
– Gesetz enthält nur Rechtsfolgenbestimmung<br />
– Tatbestandsmerkmale der vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 dKStG <strong>von</strong> BFH-Rspr. entwickelt<br />
– Vermögensminderung bzw. verhinderte Vermögensmehrung,<br />
– die die Eignung hat, beim Gesellschafter einen Vorteil in Gestalt eines sonstigen Bezugs i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1<br />
Satz 2 dEStG auszulösen,<br />
– die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist (Veranlassungsprinzip bzw. Fremdvergleichsgrundsatz;<br />
Sonderbedingungen bei beherrschendem Gesellschafter),<br />
– die sich auf die Höhe des Steuerbilanzgewinns (Unterschiedsbetrag) auswirkt und<br />
– die in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht<br />
– Rechtsfolge:<br />
– Gesellschaft: Keine Einkommensminderung; Korrektur außerhalb der Steuerbilanz<br />
– Gesellschafter: Umqualifizierung in Beteiligungserträge, die grundsätzlich in Genuss des Schachtelprivilegs<br />
kommen (Ausn.: Korrespondenzprinzip)<br />
© Allen & Overy LLP 2011 4
3. <strong>Geschäftschancen</strong>lehre/Wettbewerbsverbot<br />
– Eine vGA (in Form der verhinderten Vermögensmehrung) kann nach der<br />
Rechtsprechung des BFH u.a. dann vorliegen, wenn eine KapGes ihrem<br />
Gesellschafter eine Geschäftschance unentgeltlich oder gegen ein<br />
unangemessen niedriges Entgelt überlässt<br />
– Begriff der Geschäftschance ist „schillernd“ (Gosch): Allgemein wird unter einer<br />
Geschäftschance die konkrete Aussicht verstanden, aus einen Geschäft<br />
(singuläre Geschäftschance) oder einer betrieblichen Funktion (unternehmerische<br />
Geschäftschance) zukünftig Gewinne zu erzielen, soweit sich diese nicht bereits<br />
aus einem anderen Wirtschaftsgut ergeben:<br />
– (wohl) immaterielles Wirtschaftsgut<br />
– muss hinreichend verselbständigt (Dispositionsbefugnis) und <strong>von</strong> anderen<br />
Wirtschaftsgütern abgrenzbar sein<br />
– doppelter Fremdvergleich: würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter<br />
ein Entgelt einfordern und würde ein fremder Dritter ein entsprechendes Entgelt<br />
bezahlen?<br />
– Probleme: Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche <strong>von</strong> Gesellschaft und<br />
Gesellschafter und Bewertung der Geschäftschance<br />
© Allen & Overy LLP 2011 5
3. <strong>Geschäftschancen</strong>lehre/Wettbewerbsverbot (Forts.)<br />
– Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche <strong>von</strong> Gesellschaft und Gesellschafter :<br />
– Wechselvolle Rechtsprechung:<br />
– Ursprünglich rein formale Anforderung einer klaren, eindeutigen und <strong>von</strong> vornherein<br />
vereinbarten Abgrenzung der Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche <strong>von</strong> Gesellschaft und<br />
Gesellschafter<br />
– Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre große Verunsicherung, da BFH entschied, dass<br />
(i) bei Fehlen einer klaren Aufgabenabgrenzung die Eigentätigkeit des Gesellschafters<br />
im Zweifel für die Gesellschaft ausgeübt werde und (ii) für Gesellschafter/Geschäftsführer<br />
prinzipiell ein Wettbewerbsverbot bestehe, dass nur gegen Entgelt abbedungen<br />
werden könne � Verzicht auf Entgelt/Schadensersatz führte zu vGA in Form einer<br />
verhinderten Vermögensmehrung<br />
– Massive Kritik aus Wissenschaft und Praxis, da dies de facto einen Wechsel <strong>von</strong> der<br />
„Ist“- zur „Soll“-Besteuerung bedeutete und unzählige vGAs neu kreiert wurden<br />
– BFH gab Mitte der 90er Jahre nach Entscheidungen des BGH diese extensive<br />
Rechtsprechung auf und verlangt nunmehr für eine vGA u.a., dass zivilrechtlich<br />
tatsächlich ein Anspruch auf Vorteilsherausgabe/Schadensersatz besteht, die<br />
Gesellschaft hierauf aus gesellschaftlicher Veranlassung verzichtet und die<br />
Gesellschaft das Geschäft unter Berücksichtigung des Fremdvergleichs selbst auch<br />
tatsächlich hätte durchführen können<br />
© Allen & Overy LLP 2011 6
3. <strong>Geschäftschancen</strong>lehre/Wettbewerbsverbot (Forts.)<br />
– Bewertung der Geschäftschance:<br />
– Hypothetischer Fremdvergleich, dem die sog. Theorie des doppelt ordentlichen<br />
Geschäftsleiters zu Grunde liegt<br />
– Bandbreite angemessener Werte zu ermitteln:<br />
– Preisuntergrenze: Gewinn aus eigener Verwertung der Geschäftschance<br />
– Preisobergrenze: Gewinn, den das die Geschäftschance übernehmende<br />
Unternehmen aus der Verwertung der Geschäftschance erwartet<br />
– Innerhalb dieser Bandbreite ist nach dem Fremdvergleichsgrundsatz der „richtige“ Wert<br />
zu ermitteln<br />
– BFH v. 17.10.2001 (I R 103/00): Ergibt sich eine Bandbreite angemessener Werte,<br />
besteht für die Schätzung eines Mittelwertes regelmäßig keine Rechtsgrundlage. Die<br />
Schätzung muss sich an dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Bandbreitenwert<br />
orientieren.<br />
– Aber: Kommt Steuerpflichtige den (umfangreichen) Aufzeichnungspflichten gem. § 90<br />
Abs. 3 AO i.V.m. der Gewinnaufzeichnungsverordnung (BStBl. I 2003, 739) nicht nach,<br />
darf die Bandbreite gem. § 162 Abs. 3 Satz 2 AO zu Lasten des Steuerpflichtigen voll<br />
ausgeschöpft werden (daneben Zuschläge nach § 162 Abs. 4 AO).<br />
© Allen & Overy LLP 2011 7
4. Funktionsverlagerung<br />
– Finanzverwaltung versuchte über mehrere Jahre, ein BMF-Schreiben zu grenzüberschreitenden<br />
Funktionsverlagerungen auf Basis der <strong>Geschäftschancen</strong>lehre des BFH<br />
zu verabschieden (sog. Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung).<br />
– Nachdem dies nicht <strong>von</strong> Erfolg gekrönt war, wurde im Rahmen der Unternehmensteuerreform<br />
2008 § 1 dAStG um einen neuen Abs. 3 Satz 9 ff. erweitert, worin<br />
Regelungen zu Funktionsverlagerungen auf ein ausländisches verbun-denes<br />
Unternehmen enthalten sind (zwischenzeitlich bereits mehrmals geändert).<br />
– Ziel: Gegenfinanzierung u.a. der Senkung des KSt-Satzes auf 15% (mit einem<br />
angenommenen Mehrergebnis <strong>von</strong> EUR 1,7 Mrd)<br />
– Konkretisierung mittels Funktionsverlagerungsverordnung v. 12.8.2008 (FVerlV) und den<br />
mit Schreiben v. 13.10.2010 veröffentlichten Verwaltungsgrundsätzen<br />
Funktionsverlagerung (BStBl. I 2010, 774, 222 Rz. mit Anlagen!).<br />
– Neuregelung zur Funktionsverlagerung flankierend zu Verrechnungspreisregelungen in § 1<br />
Abs. 3 AStG (einschl. verschärften Dokumentationspflichten) und kurz vorher eingeführten<br />
Entstrickungsregeln und Systemwechsel im UmwStG (gemeiner Wert als Regelfall)<br />
� Deutschland „mauert“ sich ein, indem für Funktionsverlagerungen weit über-schießende<br />
Regelung geschaffen wird, die Gefahr <strong>von</strong> Doppelbesteuerungen ist evident<br />
© Allen & Overy LLP 2011 8
4. Funktionsverlagerung (Forts.)<br />
– Funktionsverlagerung:<br />
– § 1 Abs. 3 Satz 9 dAStG enthält (zirkuläre) Legaldefinition: „Wird eine Funktion einschließlich der<br />
dazugehörigen Chancen und Risiken und der mit übertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter<br />
und sonstigen Vorteile verlagert (Funktionsverlagerung),…“<br />
– Funktion, § 1 Abs. 1 Satz 1 FVerlV: „Eine Funktion ist eine Geschäftstätigkeit, die aus einer<br />
Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die <strong>von</strong> bestimmten Stellen oder<br />
Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden.“<br />
– Funktionsverlagerung, § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV: „Eine Funktionsverlagerung … liegt … vor, wenn<br />
ein Unternehmen (verlagerndes Unternehmen) einem anderem, nahe stehenden Unternehmen<br />
(übernehmendes Unternehmen) Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile sowie die damit verbundenen<br />
Chancen und Risiken überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen<br />
eine Funktion ausüben kann, die bisher <strong>von</strong> dem verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist,<br />
und dadurch die Ausübung der betreffenden Funktion durch das verlagernde Unternehmen<br />
eingeschränkt wird.“<br />
– Funktionsverdoppelung, § 1 Abs. 6 FVerlV: „Eine Funktionsverlagerung … liegt nicht vor, wenn es<br />
… innerhalb <strong>von</strong> fünf Jahren nach Aufnahme der Funktion durch das nahe stehende Unternehmen<br />
zu keiner Einschränkung der Ausübung der betreffenden Funktion durch das in Absatz 2 Satz 1<br />
zuerst genannte Unternehmen kommt (Funktionsverdoppelung). ²Kommt es innerhalb dieser Frist zu<br />
einer solchen Einschränkung, liegt zum Zeitpunkt, in dem die Einschränkung eintritt, insgesamt eine<br />
einheitliche Funktionsverlagerung vor, es sei denn, der Steuerpflichtige macht glaubhaft, dass diese<br />
Einschränkung nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der<br />
Funktionsverdoppelung steht.“<br />
© Allen & Overy LLP 2011 9
4. Funktionsverlagerung (Forts.)<br />
– Hauptproblem ist die Bewertung der verlagerten Funktion:<br />
– Im internationalen Vergleich ist Regelfall die Einzelbewertung der übertragenen<br />
Wirtschaftsgüter<br />
– Nach § 1 Abs. 3 Satz 9 ff. AStG ist hingegen im Grundsatz <strong>von</strong> Gesamtbewertung<br />
auszugehen, dh. das übergehende Transferpaket ist als Ganzes unter Berücksichtigung<br />
des Gewinnpotentials nach dem Ertragswert- oder DCF-Verfahren zu bewerten (mit<br />
möglicher Anpassung über 10 Jahre, § 1 Abs. 3, S. 11 ff. AStG)<br />
– Deutschland besteuert Goodwill auch dann, wenn nur einzelne Funktionen übertragen<br />
werden und die den Geschäftswert tragenden Funktionen im Inland verbleiben<br />
– Escape (grds. Einzelbewertung) nach § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG, wenn (i) keine wesentlichen<br />
immateriellen WG verlagert werden, oder (ii) das Ergebnis der Einzelpreisbestimmung<br />
dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht, oder (iii) – neu – ein wesentliches<br />
immaterielles Wirtschaftsgut Gegenstand der Funktionsverlagerung ist und der<br />
Steuerpflichtige dieses genau bezeichnet<br />
– Einzelbewertung nach Fremdvergleichspreisen bzw. – sofern nicht verfügbar – nach<br />
hypothetischem Fremdvergleich (§ 1 Abs. 3 Satz 5 und 6 AStG, mit Einengung <strong>von</strong><br />
Bandbreiten auf den Mittelwert, S. 7), wobei in letzteren die künftig erwarteten<br />
Gewinnpotentiale wohl ebenfalls mit einfließen (nach Auffassung der FinVerw. v.a. bei<br />
wesentlichen immateriellen Wirtschaftsgütern i.S.d. dritten Öffnungsklausel, vgl.<br />
Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung, Tz. 76).<br />
© Allen & Overy LLP 2011 10
5. Beispielsfälle – <strong>Verlagerung</strong> Vertriebsfunktion<br />
– Eine inländische Gesellschaft der Konsumgüterindustrie, die bisher als Eigenhändler (fully<br />
fledged distributor) fungierte, soll auf Weisung des Konzerns die Vertriebsfunktionen auf eine<br />
in der Schweiz ansässige Konzern-Kapitalgesellschaft als Prinzipal übertragen, um künftig<br />
nur noch als Kommissionär zu agieren. Die Produkte sollen einen verbleibenden<br />
Lebenszyklus <strong>von</strong> 10 Jahren haben.<br />
– Ermittlung der Preisuntergrenze aus Sicht der abgebenden Gesellschaft<br />
– Gewinne vor Funktionsverlagerung über 10 Jahre (unterstellt) EUR 100 Mio. (jedes Jahr EUR 10 Mio.)<br />
– Barwert bei einem Diskontierungssatz <strong>von</strong> 10 % = Barwert 10 x 6,14 = EUR 61,4 Mio.<br />
– Gewinne nach Funktionsverlagerung EUR 20 Mio. (jedes Jahr EUR 2 Mio.)<br />
– Barwert mit einem Diskontierungsfaktor <strong>von</strong> 7 % (geringerer Risikozuschlag) = Barwert 2 x 7,02 =<br />
EUR 14 Mio. = Verringerung des Gewinnpotenzials um EUR 47,4 Mio.<br />
� Preisuntergrenze EUR 47,4 Mio.<br />
– Preisobergrenze aus Sicht des übernehmenden Unternehmens<br />
– Gewinnveränderung durch Funktionsverlagerung - unterstellt EUR 100 Mio., nicht nur EUR 80 Mio.<br />
– Einfluss <strong>von</strong> Standortvorteilen in Form geringerer Kosten, niedrigere Steuersätze und dergleichen<br />
– Barwert bei einem Diskontierungssatz <strong>von</strong> 8 % = 10 x 6,71 = EUR 67,1 Mio. (niedrigeres Zinsniveau)<br />
= Erhöhung des Gewinnpotenzials um EUR 67,1 Mio.<br />
� Preisobergrenze EUR 67,1 Mio.<br />
– Preisunter- und Obergrenze bilden den Einigungsbereich<br />
– Kann kein anderer Wert glaubhaft gemacht werden, ist nach § 1 Abs. 3 Satz 7 dAStG der Mittelwert<br />
des Einigungsbereichs anzusetzen = 67,1 x 47,4 / 2 = 57,25<br />
© Allen & Overy LLP 2011 11
5. Beispielsfälle – <strong>Verlagerung</strong> einer defizitären Sparte*<br />
– Die A-GmbH entwickelt, produziert und vertreibt Haushaltsgeräte. Die hierfür benötigten<br />
Kühlaggregate, die auch an fremde Dritte veräußert werden, wurden bisher in München<br />
entwickelt und hergestellt. Die A-GmbH hatte die entsprechenden Patente selbst geschaffen<br />
und deren Weiterentwicklung selbst betrieben.<br />
– Die Sparte Kühlaggregate ist defizitär, eine Schließung würde per saldo zusätzliche Kosten<br />
verursachen.<br />
– Die A-GmbH beschließt, die Produktion der Kühlaggregate in München einzustellen und<br />
künftig durch eine neu gegründete ungarische Tochter-Kapitalgesellschaft (B Kft.)<br />
vornehmen zu lassen:<br />
– Alt. 1: Die Produktionsanlagen werden nach Ungarn überführt. Die Patente verbleiben jedoch in<br />
Deutschland. Die B Kft. produziert ausschließlich für die A-GmbH und erhält hierfür eine nach der<br />
Kostenaufschlagsmethode berechnete Vergütung. Die A-GmbH nimmt die gesamte Produktion ab<br />
und baut sie in die Geräte ein bzw. veräußert sie an Dritte.<br />
– Alt 2: Auch die Patente werden auf die B Kft. übertragen. Die B Kft. soll die Kühlaggregate weiterentwickeln<br />
und den Vertrieb an Dritte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durchführen.<br />
– Alt. 3: Wie Alt. 2, jedoch werden die Patente hier lediglich im Rahmen einer auf vier Jahre<br />
begrenzten Nutzungsüberlassung zur Verfügung gestellt; die Weiterentwicklung verbliebt in München<br />
* nach Ditz, IStR 2011, 125<br />
© Allen & Overy LLP 2011 12
5. Beispielsfälle - Funktionsverdoppelung<br />
– Ein deutscher Konzern ist im Bereich der Verpackungsindustrie tätig. Ein<br />
Großkunde ist in Brasilien ansässig und wird bisher <strong>von</strong> Deutschland aus beliefert.<br />
Aufgrund <strong>von</strong> Zollproblemen drängt der Großkunde darauf, künftig <strong>von</strong> Brasilien<br />
oder Südamerika aus direkt beliefert zu werden. Daher soll eine neue<br />
Landesgesellschaft in Südamerika in Form einer Kapitalgesellschaft gegründet<br />
werden.<br />
– Stellt jede Gründung einer neuen Auslandsgesellschaft eine Funktionsverlagerung<br />
dar?<br />
© Allen & Overy LLP 2011 13
6. Resümee/Thesen<br />
– Deutschland antwortet auf betriebswirtschaftlich sinnvolle und oft zwingende<br />
<strong>Verlagerung</strong> in Niedriglohnländer oder sonstige notwendige Umstrukturierungen<br />
durch „Mauertaktik“ mittels Entstrickungs- und Funktionsverlagerungsvorschriften<br />
– Diese nur im grenzüberschreitenden Kontext relevanten Vorschriften sind sehr<br />
viel weitergehender als die für reine Inlandfälle maßgeblichen vGA Vorschriften<br />
– Die Festlegung des Preises auf den Median ist eine Preisfiktion, die nichts mehr<br />
mit dem Fremdvergleich gemein hat. Gleiches gilt für den Ansatz eines<br />
Firmenwertes außerhalb eines Betriebs- oder Teilbetriebsüberganges<br />
– Besonders problematisch ist dabei auch die zehnjährige Anpassungsklausel des<br />
§ 1 Abs. 3 S. 11 ff. AStG<br />
– Deutschland greift so auf künftiges und fiktives (z.B. Steuervorteil durch Step-up<br />
im Aufnahmeland) Steuersubstrat zu, das in Deutschland so nie entstanden wäre<br />
und oftmals zu einer Doppelbesteuerung führen wird; es findet nicht mehr bloß<br />
die Besteuerung des „richtigen“ Gewinns statt<br />
© Allen & Overy LLP 2011 14
6. Resümee/Thesen<br />
– Grenzüberschreitender Fall wird damit evident benachteiligt<br />
– Europa- und abkommensrechtliche Problematik liegt auf der Hand<br />
– Regelungssystem <strong>von</strong> Gesetz, Verordnung und BMF-Schreiben lässt mehr<br />
Zweifelsfragen offen, als dass eine Klärung herbeigeführt wird.<br />
– Letztendlich muss eine Lösung im Einzelfall in einer Betriebsprüfung gefunden<br />
werden<br />
– Deutsche Finanzverwaltung verweist zwar auf den OECD Business Restructuring<br />
Bericht, dieser kann nur Orientierungshilfe zur flexiblen Anwendung sein<br />
– Zivil- und Steuerrecht bewegen sich insoweit immer mehr auseinander<br />
© Allen & Overy LLP 2011 15
Dr. Gottfried E. Breuninger<br />
Rechtsanwalt, Partner - München<br />
gottfried.breuninger@allenovery.com<br />
Dr. Gottfried E. Breuninger ist Managing Partner der deutschen Praxis und Leiter der internationalen Steuerrecht-Praxis. Er ist einer der führenden Experten des<br />
deutschen Steuerrechts, spezialisiert auf nationale und internationale Unternehmensbesteuerung, mit einem Schwerpunkt auf M&A Transaktionen, post-M&A-<br />
Strukturierung, steuerinduzierte Restrukturierung und die steuerliche Strukturierung hybrider Finanzierung.<br />
Beruflicher Werdegang<br />
- Seit 2011, Managing Partner, Allen & Overy Germany<br />
- Seit 2010, Head of Global Tax, Allen & Overy LLP<br />
- Seit 2008, Partner, Allen & Overy LLP, München<br />
- 1992 - 2008 Partner bei internationalen Wirtschaftskanzleien<br />
Publikationen<br />
Jüngste Publikationen:<br />
- Breuninger G. "Die Zentralfunktion des Stammhauses bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen" Kapitel in Steuerzentrierte Rechtsberatung, Festschrift für Harald<br />
Schaumburg zum 65. Geburtstag, Seite 587 ff : Spindler, Tipke, Roedder<br />
- Breuninger G., Winkler H. (2011) "Die Anwendung des § 8 b Abs. 7 KStG im Rahmen <strong>von</strong> Kapitalerhöhungen und Sacheinlagen – Chancen und Risiken?", Ubg 1/2011,<br />
Seite 13-19<br />
- Breuninger G., Müller M. (2011) "Erwerb und Veräußerung eigener Anteile nach BilMoG. Steuerrechtliche Behandlung – Chaos perfekt?", GmbHR 1/2011, Seite 10 ff<br />
- Breuninger G., Ernst M. "Der Beitritt eines rettenden Investors als (stiller) Gesellschafter und der "neue" § 8c KStG", GmbH Rundschau, 11/2010, Seite 256 ff<br />
-Breuninger G., Hemels S., Rompen J., et.al. (2010) "Freedom of Establishment or Free Movement of Capital: Is there an Order of Priority? Conflicting Visions of<br />
National Courts and the ECJ EC", Tax Review, 1/2010, Seite 19 ff<br />
Mitgliedschaften<br />
- Vorstandsmitglied, Bayerische IFA<br />
- Mitglied, International Bar Association / International Fiscal Association<br />
- Mitglied, Fachinstitut der Steuerberater<br />
- Mitglied, Deutscher Anwaltsverein<br />
© Allen & Overy LLP 2011 16
Kontaktdaten<br />
Dr. Gottfried E. Breuninger<br />
Rechtsanwalt Partner<br />
Allen & Overy LLP<br />
Maximilianstrasse 35<br />
80539 München<br />
Tel. +49 (0)89 71043 3302<br />
gottfried.breuninger@allenovery.com<br />
These are presentation slides only. The information within these slides does not constitute definitive advice and<br />
should not be used as the basis for giving definitive advice without checking the primary sources.<br />
Allen & Overy means Allen & Overy LLP and/or its affiliated undertakings. The term partner is used to refer to a<br />
member of Allen & Overy LLP or an employee or consultant with equivalent standing and qualifications or an<br />
individual with equivalent status in one of Allen & Overy LLP's affiliated undertakings.<br />
© Allen & Overy LLP 2011 17