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Speyer - karpo - 55+ aktiv in der region

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sellenwohnung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich auch <strong>der</strong> frühere SPD-Politiker<br />

gerne aufhalte. Daneben im Hochparterre liegt<br />

die Wohnung von ihm und se<strong>in</strong>er Frau. E<strong>in</strong> Stockwerk<br />

oben drüber wohnt e<strong>in</strong>e junge Psycholog<strong>in</strong>, ihr gegenüber<br />

lebt e<strong>in</strong> pensionierter Priester.<br />

Mit <strong>der</strong> Aussicht, bis zum Lebensende dort wohnen<br />

zu bleiben, haben die Bewohner vieles umgebaut. Das<br />

Haus kommt komplett ohne Schwellen und Stufen aus<br />

und ist mit Fahrstuhl ausgestattet. Die zentrale Lage<br />

war den Bewohnern bei <strong>der</strong> Wahl des Hauses wichtig:<br />

„Wir wollten <strong>in</strong> die Stadt, wir wollten möglichst ohne<br />

Auto leben können“, sagt Pensionär Scherf, dem es<br />

darauf ankam, eventuell auch mit Rollstuhl noch <strong>in</strong>s<br />

Theater o<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Konzert kommen zu können.<br />

Er habe e<strong>in</strong> Leben lang darauf h<strong>in</strong>gearbeitet, mit vertrauten<br />

Freunden und se<strong>in</strong>er Frau als Zentrum zusammenzuleben,<br />

sagt Henn<strong>in</strong>g Scherf. Für ihn sei es<br />

e<strong>in</strong> Lebenstraum, <strong>der</strong> sich damit erfülle. „Das ist me<strong>in</strong><br />

Zuhause“, resümiert er.<br />

War es sp<strong>in</strong>nert, Herr Scherf? „Ne<strong>in</strong>, es ist e<strong>in</strong> wahrer<br />

Segen. Wenn me<strong>in</strong>e Frau nicht da ist, leere ich erst<br />

unseren Kühlschrank und dann e<strong>in</strong>en nach dem an<strong>der</strong>en.“<br />

Es sei e<strong>in</strong> Glück, dass sie so früh angefangen haben,<br />

man müsse üben: abgeben, teilen, sich auf an<strong>der</strong>e<br />

e<strong>in</strong>stellen. Auch die aus <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft erhofften<br />

Adrenal<strong>in</strong>schübe s<strong>in</strong>d nicht ausgeblieben. Die Hausbewohner<br />

haben geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> christlich-jüdisches<br />

Lehrhaus gegründet und e<strong>in</strong>e ökumenische Geme<strong>in</strong>de,<br />

sie gehen geme<strong>in</strong>sam auf Reisen, sie schleppen<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> Bücher an und organisieren Vorträge, lesen<br />

und musizieren.<br />

„Und jetzt wachsen uns mit je<strong>der</strong> Verrentung<br />

neue Kompetenzen dazu“, sagt Scherf. Zwei<br />

Mitbewohner zum Beispiel steckten ihre ganze<br />

Liebe <strong>in</strong> den Garten.. „Als wir uns zusammentaten,<br />

waren wir Freunde“, sagte Henn<strong>in</strong>g Scherf,<br />

„nach dieser Zeit waren wir e<strong>in</strong>e Familie. Das<br />

wird man, wenn man Kummer geme<strong>in</strong>sam aushält.“<br />

Die große Aufgabe: sich selbst darum kümmern,<br />

dass sich später jemand um uns kümmert<br />

Henn<strong>in</strong>g Scherf guckt <strong>der</strong> Aller h<strong>in</strong>terher,<br />

die die Landschaft an dieser Stelle <strong>in</strong> zwei Hälften<br />

schneidet. „Das E<strong>in</strong>igeln ist doch trostlos“,<br />

sagt er. Immer mehr Leute säßen alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> immer<br />

größeren Wohnungen. „Ich kenne so viele<br />

paranoide Alte, die <strong>der</strong> Überzeugung s<strong>in</strong>d, <strong>der</strong><br />

Verfassungsschutz bohrt sie an. Die sagen immer<br />

zu mir: Herr Bürgermeister, hören Sie es<br />

nicht knacken?“ Und dann sagt <strong>der</strong> Politiker<br />

Scherf: „Wir müssen den Kurs korrigieren.“ Diese<br />

Vere<strong>in</strong>zelung sei <strong>in</strong> allen hoch <strong>in</strong>dustrialisierten,<br />

arbeitsteiligen Gesellschaften zu beobachten.<br />

E<strong>in</strong>e Sackgasse. „Das Dämlichste, was die<br />

68er <strong>in</strong> die Welt gesetzt haben, ist <strong>der</strong> Jugendkult.<br />

Jetzt, wo sie selbst älter werden, merken<br />

sie mit Schrecken, wie kurzsichtig das war.“ Die<br />

Menschen müssten beie<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bleiben, über<br />

Generationen h<strong>in</strong>weg.<br />

Mehr Infos<br />

Henn<strong>in</strong>g Scherf:<br />

„Grau ist bunt. Was im<br />

Alter möglich ist“,<br />

Freiburg 2006,<br />

ISBN 978-3-451-28593-6,<br />

Preis: 19,90€.<br />

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