November 2012 - Pfarre Vorchdorf
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Heuer schenken wir uns<br />
nichts!<br />
Eine allzu wahre Geschichte - zumindest<br />
großteils<br />
Genug ist genug! Jedes Jahr zerbrechen<br />
wir uns die Köpfe, womit<br />
wir der Schwester, dem Bruder, der<br />
Schwägerin, dem Schwager wohl eine<br />
Freude bereiten könnten. Ja,<br />
stimmt, wir sind Erwachsene und<br />
eigentlich bräuchten wir diese<br />
Schenkerei gar nicht. Wirklich, so<br />
gar nicht? Vielleicht sollten wir das<br />
Schenken einfach etwas reduzieren,<br />
es würde ja ausreichen, wenn jeder<br />
ein Geschenk bekommen würde.<br />
Oder? Ja, das ist die Lösung,<br />
um den Stressfaktor im Advent zu<br />
minimieren.<br />
Bei einer vorweihnachtlich stattfindenden<br />
Familienbesprechung<br />
treffen wir, wohl durchdacht und vorbereitet,<br />
die entsprechenden<br />
Vorkehrungen: Jeder schreibt seinen<br />
Namen auf einen Zettel.<br />
Mehrfach gefaltet kommen die<br />
Zettelchen in ein Säckchen und jeder<br />
nimmt sich wieder einen davon.<br />
Genau, erfasst! Nur diese von mir<br />
gezogene Person wird beschenkt.<br />
Super Idee, oder? (Das Statement<br />
meines Bruders beim Ziehen „Schon<br />
wieder jemand aus der Verwandtschaft!“,<br />
verhallt beinahe ungehört).<br />
Wir einigen uns noch auf einen ungefähren<br />
Wert des Geschenks, und<br />
damit ist alles bestens. Wirklich<br />
alles?<br />
Jetzt fehlt halt nur noch die Idee,<br />
was ich meiner gezogenen Person<br />
schenken soll. Hm, guter Rat ist teuer.<br />
Vielleicht sollte ich mal vorsichtig<br />
fragen, ihren Mann, ihre<br />
Frau. Ja, Winterschuhe wären toll.<br />
Größe erfragt, Schuhgeschäft aufgesucht,<br />
mit Liebe ausgesucht und:<br />
Oh, du fröhliche Weihnacht!<br />
Der Überraschungsfaktor hält sich<br />
in Grenzen- irgendwie hat mein<br />
Verwandter bereits geahnt, was er<br />
bekommen würde. Und ich? Ich<br />
wusste auch schon, was mich erwarten<br />
wird (ich wurde ja schließlich<br />
so nebenbei mal „ausgehorcht“ganz<br />
unauffällig natürlich). Selber<br />
hätte ich mich wohl für eine etwas<br />
andere Version des Geschenks entschieden,<br />
aber gut.<br />
So, geht es uns jetzt mit dieser<br />
Lösung tatsächlich besser? Eigentlich<br />
bringt das Ganze, so stellen wir<br />
bei der vorweihnachtlichen<br />
Besprechung im nächsten Jahr fest,<br />
nicht wirklich viel. Und darum fassen<br />
wir den Beschluss, dass man<br />
gar nichts schenken muss! An überfüllte<br />
Geschäfte denkend einigen wir<br />
uns: Heuer schenken wir uns nichts,<br />
gar nichts!<br />
Die Adventwochen ziehen ins Land,<br />
eine nach der anderen vergeht und<br />
mit jedem Tag wächst die innerliche<br />
Unruhe: Ich habe für die liebe<br />
Verwandtschaft gar nichts besorgt.<br />
Sollte ich nicht...? Möchte ich<br />
nicht doch...? Ach ja und siehe da:<br />
So ein schöner Kalender mit<br />
Sprüchen... Dieser Schoko-<br />
Weihnachtsstern, der wäre doch<br />
etwas für...Und wie soll ich sagen,<br />
schneller als man ein paar<br />
Vanillekipferl bäckt, landen diese<br />
und noch ein paar andere<br />
„Kleinigkeiten“ in meinem<br />
Einkaufskorb. Die Vereinbarung,<br />
dass wir uns heuer nichts schenken<br />
(war ich bei dieser Abmachung<br />
überhaupt dabei?), habe ich wohl<br />
doch nicht so ernst genommen.<br />
Der Heilige Abend: Das gemeinsame<br />
Singen, Beten und Schenken beginnt.<br />
Und plötzlich überreicht mir<br />
mein Bruder (War der bei der<br />
Vereinbarung bezüglich des<br />
Schenkens geistig anwesend?) eine<br />
Kleinigkeit, nein, natürlich kein<br />
Geschenk! Und auch mein Schwager<br />
zieht unterm Christbaum ein<br />
Päckchen für mich hervor. Ja, und<br />
schließlich hat jeder für den anderen<br />
etwas besorgt, eine Kleinigkeit,<br />
kein Geschenk! Jeder- außer meiner<br />
Schwester. Denn die hat sich<br />
als einzige an unsere Abmachung<br />
gehalten: Heuer schenken wir uns<br />
nichts! Ich vergesse nie ihren verwunderten,<br />
beinahe schon entsetzten<br />
Gesichtsausdruck: „Aber“,<br />
brachte sie nur stotternd hervor, „wir<br />
schenken uns doch nichts mehr!“<br />
Ein „Ja, eh“ war das einzige, was<br />
uns einfiel. Seit diesem Weihnachtsfest<br />
schenken wir uns wirklich nichts<br />
mehr.<br />
Na gut, keine richtigen Geschenke,<br />
Kleinigkeiten gibt es aber immer<br />
(auch von meiner Schwester).<br />
Claudia Meissl<br />
Ausgabe 47 - Dez. 12 - Feb. 13 - Seite 9