Pfarrbrief - Wasserlosen
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Schenken heißt erziehen<br />
Wer sich diese Frage ehrlich beantwortet, wird oft nicht so viel finden, was sich einpa-‐<br />
cken und auf einen Gabentisch legen ließe. Denn anstelle einer Spielzeugarmada müssten<br />
dort Zeit liegen, Zuwendung und Vertrauen ins Kind sowie in die eigene Erziehung. Vor<br />
allem aber ein klares „Nein" aus gutem Gewissen, das Juul für das langlebigste Geschenk<br />
hält. „Nein ist die schwierigste und zugleich die liebevollste Antwort, denn sie er-‐<br />
fordert die meiste Umsicht, Engagement, Ehrlichkeit und Mut. Es setzt voraus, dass<br />
Eltern sich ihrer Werte, Grenzen und ihrer Haltung bewusst sind und dadurch Orientie-‐<br />
rung bieten", sagt Juul, der mit „Familylab“ weltweit eine Bildungswerkstatt mit Semi-‐<br />
naren und Vorträgen für Familien anbietet. Und wenn sich Eltern mal nicht sicher sind?<br />
Dann sollten sie sich Zeit zum Nachdenken ausbitten.<br />
Immer mal wieder innehalten -‐ das sollten Eltern, um die Gründe zu hinterfragen,<br />
die sie beim Belohnen und Beschenken tatsächlich leiten. Es ist nämlich keineswegs<br />
ein Ausdruck von Liebe, dem Sohn die E-‐Gitarre aus der Portokasse zu bezahlen.<br />
Liebe beweisen Eltern, wenn er in die Finanzierung einbezogen wird und nachmit-‐<br />
tags zum Beispiel Zeitungen austrägt. Denn nur so lernt er, sich für die Erfüllung<br />
eines Traums anstrengen zu müssen. Bleibt zum x-‐ten Mal keine Zeit, um die ver-‐<br />
sprochene Hütte im Wald zu bauen, erreichen Eltern mehr Akzeptanz, wenn sie<br />
offen darüber sprechen, als wenn sie ihr schlechtes Gewissen mit einem Plastik-‐<br />
Spielhäuschen aus der Welt zu schaffen versuchen. Kinder haben ein untrügliches<br />
Gespür dafür, wann Eltern es ernst meinen. Und ob sie ehrlich sind. Deshalb sollten<br />
sie ganz direkt sagen, dass die neue DVD nur angeschafft wurde, damit sie zwei<br />
Stunden Ruhe zum Lesen haben, statt sie als Belohnung fürs Bravsein zu tarnen.<br />
„Es geht nicht darum, sich beliebt zu machen, sondern die erzieherische Verantwor-‐<br />
tung zu übernehmen“, sagt Mathias Voelchert, Gründer der deutschen „Familylab".<br />
Knüpfen Eltern Bedingungen an Geschenke, ziehen sie das Verhältnis zu den Kin-‐<br />
dern auf „Geschäftsniveau". „Liebe geht durch ein Nein nicht verloren. Bekommt ein<br />
Kind alles, werden Eltern zu Dienstpersonal -‐ eine denkbar schlechte Vorausset-‐<br />
zung für eine Beziehung, die auch halten muss, wenn es mal schwierig wird“, so<br />
Voelchert.<br />
Natürlich ist es das ureigene Recht von Eltern, ihren Kindern eine Freude zu ma-‐<br />
chen. Und es gibt viele gute Gründe, einmal unvernünftig freigiebig zu sein. Weil<br />
einem einfach danach ist oder weil die Konzerttickets zwar viel zu teuer, aber ein<br />
echter Herzenswunsch der Tochter sind. Nur darf die Überraschung nicht zur Re-‐<br />
gel, das Verwöhnen nicht zur Gewöhnung werden. Denn nicht die Kinder, die sich<br />
schreiend vor der Quengelware im Supermarkt auf dem Boden wälzen, machen<br />
etwas falsch, sondern die Eltern, die dem Drängen nachgegeben haben. Und genau<br />
das sollten sich Eltern dann auch ehrlich eingestehen, statt ihre Kinder zu beschimp-‐<br />
fen. Oft ist Eltern gar nicht bewusst, wie viel sie sich und ihren Kindern nehmen, wenn<br />
sie zu viel geben.<br />
„Die Wertigkeit von Geschenken und die Freude darüber geht im Überfluss verlo-‐<br />
ren. Es wird häufig viel zu viel geschenkt, auch zwischendurch, obwohl Kinder ohnehin<br />
bereits überstimuliert sind. Weniger ist mehr, vor allem bei den Kleinen, die schnell