Alkohol und Schwangerschaft Fetales Alkoholsyndrom
Alkohol und Schwangerschaft Fetales Alkoholsyndrom
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Redefluss <strong>und</strong> Sprachantrieb wirken schwach. Nur in Einzelfällen überdauert diese Störung bis in das<br />
Schulalter. Während also das Sprechen bald keine Schwierigkeiten mehr bereitet <strong>und</strong> die Kinder mit<br />
einem umfangreichen Wortschatz <strong>und</strong> einem starken Redebedürfnis verblüffen, bleiben die Grenzen<br />
beim Verstehen oft weiterhin eng.<br />
Bei einer angeborenen Muskelhypotonie <strong>und</strong> gestörten zerebellären Funktionen kann die statomotorische<br />
Entwicklung verzögert sein. In Einzelfällen nehmen die Kinder durch ihre 7 feinmotorische<br />
Ungeschicklichkeit eine Außenseiterposition ein. Sie entwickeln dagegen nicht selten besonders<br />
gute grobmotorische Fähigkeiten, wobei sie sich beim Laufen, Radfahren oder Klettern allerdings<br />
leicht überschätzen.<br />
Kognitive Störungen<br />
Zu den Merkmalen von FAS <strong>und</strong> partiellem FAS gehören die teils erheblichen kognitiven Defizite<br />
der betroffenen Kinder. Die 7 Intelligenz ist vermindert. Festzustellen ist dabei in gängigen Testverfahren<br />
eine sehr homogene Senkung von Handlungs- <strong>und</strong> Verbal-IQ. Insgesamt liegt der IQ unserer<br />
Münsteraner Stichprobe bei 75 (Normwert 100±15), was bereits den ersten Beobachtungen von Lemoine<br />
et al. [6] entspricht. Die intellektuellen Leistungseinbußen zeigen sich v. a.<br />
F im logischen Denken,<br />
F beim Lösen komplexer Aufgaben,<br />
F beim Rechnen <strong>und</strong><br />
F im kombinatorischen Denken.<br />
Abstraktionen, das Erlernen von Regeln <strong>und</strong> das Erfassen von Sinnzusammenhängen sind erschwert<br />
oder sogar ganz unmöglich. Eigene Spielideen entwickeln die Kinder meist nicht, sondern ahmen die<br />
Spiele anderer Kinder nach. Wenn Kinder oder Jugendliche mit FAS erzählen sollen, was sie erlebt<br />
haben, was andere Personen gemacht haben oder auch, wie es zu diesem Unfall oder jenem Konflikt<br />
kam, weichen sie oft aus, erzählen widersprechende oder der Fantasie entsprungene Versionen. Sie<br />
tun das nicht, um etwas zu verbergen, sondern, weil sie tatsächlich nicht verstanden haben, was geschehen<br />
ist <strong>und</strong> ihnen auch der Ablauf des Geschehens unklar blieb.<br />
Die 7 Merkfähigkeit bei Kindern mit FAS ist, Kurz- <strong>und</strong> Langzeitgedächtnis betreffend, deutlich<br />
verringert. Das schlechte Kurzzeitgedächtnis behindert die Kinder zugleich in der Lernfähigkeit, was<br />
u. a. zu den sehr häufigen Problemen beim Verstehen <strong>und</strong> Mitarbeiten in der Schule führt. Sollen die<br />
Kinder Neues lernen, vergessen sie zuvor eingeübte Lerninhalte (Interferenzeffekt). Lerninhalte bauen<br />
bei ihnen also nicht aufeinander auf, gelernte Lösungen können nicht auf andere Anwendungsgebiete<br />
übertragen werden. Auch im familiären Miteinander können die Kinder trotz häufiger Wiederholungen<br />
<strong>und</strong> Erklärungen viele alltägliche Handlungen nicht selbstständig ausführen. Sie müssen<br />
vielmehr täglich an ihre Aufgaben erinnert werden, brauchen selbst dann noch Anleitung <strong>und</strong><br />
Kontrolle. Alltagsrituale werden nur mühsam gelernt, <strong>und</strong> nach kurzer Unterbrechung, etwa nach<br />
einer Urlaubsreise, sind sie oft vergessen.<br />
<strong>Alkohol</strong>geschädigte Kinder haben ganz überwiegend eine stark 7 verminderte Konzentrationsfähigkeit.<br />
Sie sind nur kurzzeitig aufmerksam <strong>und</strong> interessiert, sie sind leicht ablenkbar <strong>und</strong> reagieren<br />
verlangsamt. Sie bringen Spiele, bei denen Geduld erforderlich ist, nicht zu Ende <strong>und</strong> lassen sich<br />
kaum lange von einer Beschäftigung einnehmen. Entsprechend können sie Verabredungen nicht einhalten<br />
<strong>und</strong> Aufträge nicht gut ausführen.<br />
Die von uns untersuchten Kinder mit FAS besuchen mehrheitlich (67%) eine Förderschule. Dagegen<br />
ist nur ein Viertel der Kinder mit partiellem FAS in einer solchen Einrichtung, obwohl beide<br />
Gruppen übereinstimmend einen Durchschnitts-IQ von 75 erreichen <strong>und</strong> somit gleicher Förderbedarf<br />
besteht.<br />
Soziale <strong>und</strong> emotionale Störungen<br />
Belastender als die mehr oder minder ausgeprägten intellektuellen Einschränkungen sind die emotionalen<br />
Auffälligkeiten <strong>und</strong> Verhaltensstörungen bei fast allen Kindern mit FAS. 7 Hyperaktivität<br />
etwa findet sich bei keinem Fehlbildungssyndrom so häufig wie bei FAS [8]. Merkmale sind:<br />
F ständige motorische Unruhe,<br />
F Nervosität,<br />
F sehr kurzfristiges Interesse an einer Aufgabe oder schneller Wechsel von einem Spielzeug zum<br />
nächsten,<br />
CME<br />
7 Feinmotorische<br />
Ungeschicklichkeit<br />
7 Intelligenz<br />
Abstraktionen, das Erlernen von Regeln<br />
<strong>und</strong> das Erfassen von Sinnzusammenhängen<br />
sind erschwert oder<br />
ganz unmöglich<br />
7 Merkfähigkeit<br />
Gelernte Lösungen Lösungen können können nicht auf<br />
andere Anwendungsgebiete übertragen<br />
werden<br />
7 Verminderte<br />
Konzentrationsfähigkeit<br />
7 Hyperaktivität<br />
Monatsschrift Kinderheilk<strong>und</strong>e 9 · 2007 |<br />
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