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Wasserland Bayern - Bund Naturschutz in Bayern eV

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<strong>Wasserland</strong><br />

<strong>Bayern</strong> <strong>Naturschutz</strong> am Puls<br />

der Lebensadern<br />

Sonderdruck aus<br />

<strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> Magaz<strong>in</strong><br />

Natur+Umwelt 2-2004


Moritz von<br />

Schw<strong>in</strong>d: Die Donau<br />

mit ihren Nebenflüssen.<br />

Um 1865.<br />

München, Schack-<br />

Galerie.<br />

<strong>Wasserland</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Der Oberpfälzer Dichter Harald Grill br<strong>in</strong>gt es <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Gedicht »Donaulandschaft bei Regensburg«<br />

auf den Punkt: Auf alte Ölgemälde, wie das von<br />

Albrecht Altdorfer (mittleres Bild, daneben das<br />

Gedicht), passt man gut auf <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, ihres hohen<br />

Wertes ist man sich bewusst. Die Flüsse und Seen<br />

Foto: Blauel/Gnamm, Artothek Von der Quelle bis zum Strom: <strong>Naturschutz</strong> am Puls der Lebensadern<br />

aber, von denen sich die alten Meister zu ihren<br />

schönsten Werken <strong>in</strong>spirieren ließen, werden immer<br />

noch malträtiert. Quellen gräbt man das Wasser ab,<br />

Bäche presst man <strong>in</strong> Betonröhren, Auwäldern stiehlt<br />

man Raum, selbst der Donau will man immer noch<br />

ihren letzten Rest Freiheit nehmen.<br />

Dabei s<strong>in</strong>d es unsere Gewässer, die dem ganzen<br />

Land buchstäblich Leben e<strong>in</strong>flößen. An ihnen<br />

konzentriert sich der Artenreichtum der bayerischen<br />

Natur. Und auch für uns Menschen hängt viel ab<br />

vom Zustand der Gewässer. Es geht um sauberes<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser, um Hochwasserschutz, um Badespaß<br />

und Freizeitvergnügen, aber auch um tiefe<br />

Selbsterfahrung, wie Re<strong>in</strong>hard Falter (ab Seite 3) zu<br />

berichten weiß.<br />

Manfred Gößwald, leitender Redakteur<br />

2 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« [2-04]<br />

Donaulandschaft<br />

bei Regensburg<br />

Mia taat ma gern lebn<br />

weit dr<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

de<strong>in</strong>e alte farbn<br />

weit dr<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

de<strong>in</strong>er landschaft<br />

weil aaf de<br />

passn s aaf<br />

Harald Grill


Albrecht Altdorfer:<br />

Donaulandschaft mit Schloss<br />

Wörth bei Regensburg. 1525.<br />

München, Alte P<strong>in</strong>akothek.<br />

Foto: Blauel/Gnamm, Artothek<br />

D er <strong>in</strong> Oberbayern aufgewachsene Autor Sten<br />

Nadolny (»Die Entdeckung der Langsamkeit«)<br />

lässt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Roman »E<strong>in</strong> Gott der Frechheit« den<br />

Chiemseegott Bedaius auftreten: »Er war mit den Alonen,<br />

e<strong>in</strong>em keltischen Stamm, <strong>in</strong> diese Gegend gekommen<br />

und aus Liebe zum Keamsee e<strong>in</strong> Fisch geworden.«<br />

Bedaius führt den Helden der Geschichte, den Gott der<br />

Kaufleute und Diebe, zu den Saaligen <strong>in</strong>s Gebirge:<br />

»Hier waren die Ortsgeister nicht so selten und verschüchtert<br />

wie im Flachland. Es gab auch Kobolde, die<br />

sich <strong>in</strong> Gestalt dürrer Äste <strong>in</strong> den Bäumen spreizten, und<br />

sogar zwei fast durchsichtige Quellnymphen.«<br />

Uns heutigen Menschen ist kaum klar, was Götter<br />

e<strong>in</strong>er Erfahrungsreligion wie der der Römer, Kelten<br />

oder Germanen s<strong>in</strong>d. Götter s<strong>in</strong>d die Grundqualitäten<br />

oder Grundcharaktere der erfahrbaren Welt, die <strong>in</strong> der<br />

Psyche ebenso wie <strong>in</strong> der Natur ersche<strong>in</strong>en. Mars und<br />

Venus, Saturn und Dionysos s<strong>in</strong>d ergreifende Atmosphären.<br />

Mars zum Beispiel ist das, was ich an mir (von<br />

<strong>in</strong>nen) erfahre, wenn ich zornig b<strong>in</strong>. Aber dieselbe<br />

Qualität begegnet mir auch draußen, im Zähne fletschenden<br />

Hund, aber auch im vom Hochwasser angeschwollenen<br />

Wildbach, der »wütend e<strong>in</strong>herbraust«. Ich<br />

muss nicht unterstellen, dass er e<strong>in</strong> menschenartiges<br />

Wesen hat und zornig ist, aber er hat dieselbe Ausdrucksqualität.<br />

[2-04] Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« 3<br />

Hans Fredrik Gude: Fischer im Boot<br />

am Chiemsee-Ufer. 1886. Privatbesitz.<br />

Foto: Artothek


<strong>Wasserland</strong><br />

Joseph Wengle<strong>in</strong>: Kalkste<strong>in</strong>sammler<strong>in</strong>nen<br />

im Isarbett bei Bad Tölz. 1883.<br />

München, Neue P<strong>in</strong>akothek.<br />

Flussgötter zum Beispiel s<strong>in</strong>d im Unterschied zum<br />

Gott der Offenbarungsreligion ke<strong>in</strong>e Sache des Glaubens.<br />

Die Frage »glaubst du an Flussgötter?« ist falsch<br />

gestellt, es muss heißen »bist du bereit, was du am<br />

Fluss siehst, als Ausdruck e<strong>in</strong>es Göttlichen anzuerkennen?«.<br />

Statt »hast du schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en Flussgott<br />

gesehen?« sollte man fragen »hast du Erfahrungen<br />

gemacht, die dich vom S<strong>in</strong>n solcher Anerkennung<br />

überzeugt haben?« und statt »gibt es Flussgötter wirklich?«<br />

muss es heißen »gibt es Erfahrungen, die sich als<br />

Epiphanie e<strong>in</strong>es Flussgottes s<strong>in</strong>nvoll begreifen lassen?«.<br />

Flüsse haben überdies <strong>in</strong>dividuellen Charakter.<br />

E<strong>in</strong> Moorfluss wie die Würm ist etwas ganz anderes als<br />

e<strong>in</strong> alp<strong>in</strong>er Wildfluss, wie die Salzach ist (oder vielmehr<br />

war).<br />

Wütende Wasser<br />

In <strong>Bayern</strong> ist manches von dieser Weltauffassung bis <strong>in</strong><br />

die Neuzeit bewahrt worden, weil hier die Christianisierung<br />

von den irischen Missionaren nicht so brutal<br />

durchgeführt worden ist wie nördlich von dem Baumfrevler<br />

Bonifatius. Hier lebte <strong>in</strong> mancher Heiligengestalt<br />

die alte Naturgottheit weiter, <strong>in</strong> der heiligen<br />

Margret die Ackerbaugött<strong>in</strong>, <strong>in</strong> Kathar<strong>in</strong>a die Mondgött<strong>in</strong><br />

und <strong>in</strong> Johannes der Vegetationskönig. Und <strong>in</strong><br />

Altbayern ist die Reformation »ausgefallen«. Daran<br />

haben übrigens unsere Flüsse gar ke<strong>in</strong>en so ger<strong>in</strong>gen<br />

Anteil. Dass alle Flüsse Altbayerns, bis zum Eisenbahnzeitalter<br />

die wichtigsten Transportwege, zur Donau<br />

und damit nach Osten abbiegen, bewirkte, dass der<br />

bayerische Handel süd- und ostorientiert war, folglich<br />

waren auch gutnachbarliche Beziehungen zu Österreich<br />

und Italien wichtiger als nach Westen und Norden.<br />

Und das hatte kräftigen Anteil daran, dass, wann<br />

immer <strong>Bayern</strong> sich frei entscheiden konnte, es lieber<br />

den Anschluss nach Süden als nach Norden suchte.<br />

Auch schon deshalb blieb man katholisch und barock.<br />

Die Römer hätten dies als Wirkung der Flüsse, sprich<br />

des Donau-Gottes gesehen. Seit 1806 s<strong>in</strong>d auch die<br />

4 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« [2-04]<br />

<strong>Bayern</strong><br />

»Beute-<strong>Bayern</strong>«, die Franken und Schwaben, selbst<br />

wenn sie am Ma<strong>in</strong> leben und jahrtausendelang rhe<strong>in</strong>wärts<br />

orientiert waren, e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong> den Sog der altbayerischen<br />

Flüsse geraten.<br />

Modernes Zeug<br />

Mit der so genannten Aufklärung wurde auch <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

das Leben ungemütlicher. Im Zeichen der Rationalität<br />

wurden die Leute angehalten, mehr zu arbeiten und<br />

weniger zu feiern oder vor sich h<strong>in</strong> zu s<strong>in</strong>nieren und<br />

»Geister« zu sehen – schon gar nicht Natur. Dagegen<br />

bildete sich sehr bald der spezifisch bayerische Konservatismus,<br />

ursprünglich e<strong>in</strong> Bündnis von Kirche und<br />

Bauern, die all das »moderne Zeug« nicht wollten. Sie<br />

blieben bis zu Franz Joseph Strauß die Säulen des Konservatismus.<br />

Was sich heute konservativ nennt, ist freilich<br />

fast das Gegenteil: Weder die Bauern noch die<br />

katholische Kirche, die mit dem 2. Vaticanum zwar<br />

tolerant geworden ist, aber auch zum Beispiel mit der<br />

Zusammenlegung der Namenstage den Bezug der Heiligen<br />

zum Jahreskreis aufgegeben und ihre archaischen<br />

Wurzeln weiter abgehackt hat, s<strong>in</strong>d mehr die Säulen<br />

der CSU, sondern Bauwirtschaft und Amigos.<br />

Aber werfen wir zunächst e<strong>in</strong>en Blick auf die heutige<br />

ökologische Realität der bayerischen Gewässer und auf<br />

deren historische Ursachen. Um 1900 schien die Wasserkraft<br />

die Möglichkeit zu bieten, die Rückständigkeit<br />

<strong>Bayern</strong>s zu beheben. Zugleich schienen mit der weißen<br />

Kohle die Schäden der schwarzen Kohle vermeidbar.<br />

Gerne verzichtete man auf das bisschen Flussgold, das<br />

man noch im 19. Jahrhundert aus Isar, Inn und Donau<br />

gewaschen hatte, für das neue »Gold der Berge«.<br />

Wurzeln im Wasser<br />

Aber gerade gegen den Wasserkraftausbau entstanden<br />

auch die ersten <strong>Naturschutz</strong>vere<strong>in</strong>e. So <strong>in</strong> München<br />

der »Vere<strong>in</strong> zur Erhaltung der landschaftlichen Schönheiten<br />

Münchens, besonders des Isartals«, kurz »Isartalvere<strong>in</strong>«.<br />

Anlass waren die Kraftwerksprojekte im<br />

Foto: Joachim Blauel, Artothek


Nirgends sonst <strong>in</strong> Mitteleuropa leben auf so kle<strong>in</strong>er<br />

Fläche so viele verschiedene und seltene Arten<br />

und Lebensgeme<strong>in</strong>schaften wie <strong>in</strong> den Auen. Deren<br />

ursprüngliche, von den Flüssen <strong>in</strong> Jahrhunderten geschaffene<br />

Fläche wird <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> auf etwa 5000 Quadratkilometer<br />

geschätzt. Doch nur drei Prozent davon<br />

s<strong>in</strong>d noch ökologisch voll funktionsfähig.<br />

Auen werden durch den Fluss geschaffen, Dynamik<br />

bestimmt ihr Leben. Ständiger Wechsel der Wasserstände,<br />

Erosion und Sedimentation sowie Neu-Entstehung<br />

und Verschw<strong>in</strong>den von Lebensräumen s<strong>in</strong>d<br />

zentrale Elemente der Aue. Zwei Drittel aller Pflanzen-<br />

Gesellschaften wachsen <strong>in</strong> der Aue. 60 Prozent der<br />

Vogelarten, 62 Prozent der Libellenarten und 85 Prozent<br />

der Amphibienarten leben <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> den<br />

Auen.<br />

Nur der Wechsel ist beständig<br />

Die Tiere der Aue haben Strategien entwickelt, sowohl<br />

mit Hochwasser als auch mit Austrocknung zurecht zu<br />

kommen. Wird e<strong>in</strong>e Population durch Hochwasser<br />

geschwächt, kann sie sich <strong>in</strong> neu entstandenen<br />

Lebensräumen rasch wieder ausbreiten. Frische Uferabbrüche<br />

nimmt der Eisvogel <strong>in</strong> Besitz, neue Tümpel<br />

die Gelbbauchunke. Altwasser,<br />

die beim Hochwasser<br />

wieder durchströmt<br />

waren, werden zu<br />

K<strong>in</strong>derstuben zahlreicher<br />

Fischarten.<br />

Doch nur wenn<br />

Hochwasser Kies, Sand<br />

oder Fe<strong>in</strong>material mit<br />

sich führen kann, entsteht<br />

das typische Kle<strong>in</strong>relief<br />

<strong>in</strong> der Aue, das für<br />

die vielfältige Wirkung<br />

der Wasserstandswechsel<br />

nötig ist – e<strong>in</strong> komplexes Faktorengefüge, <strong>in</strong> dem<br />

räumlich und zeitlich hohe Diversität Voraussetzung<br />

für die biologische Vielfalt s<strong>in</strong>d.<br />

In dieses komplexe System hat der Mensch vielfältig<br />

e<strong>in</strong>gegriffen. Mit den Regulierungen und Verbauungen<br />

der Flüsse wurde den Auen ihr Herzschlag genommen.<br />

Wird die Aue vom Fluss abgeschnitten, ist sie zum Sterben<br />

verurteilt. Gewerbegebiete, Siedlungen und <strong>in</strong>tensive<br />

Land- und Forstwirtschaft haben große Flächen<br />

bereits zerstört.<br />

Noch schlägt das Herz<br />

Dennoch s<strong>in</strong>d Auen <strong>in</strong> der <strong>in</strong>tensiv genutzten Kulturlandschaft<br />

noch e<strong>in</strong> Refugium der Artenvielfalt, Rückzugsraum<br />

für seltene Spezialisten wie die Deutsche<br />

Tamariske oder das Gottesgnadenkraut. Die Betonung<br />

liegt auf noch. Denn wenn nicht auf großer Fläche wieder<br />

e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zwischen Fluss und Aue mit der<br />

vollen natürlichen Dynamik zugelassen wird, ist der<br />

weitere Verlust dieser Vielfalt nur e<strong>in</strong>e Frage der Zeit.<br />

Für die tatsächliche Sicherung der biologischen Vielfalt<br />

ist e<strong>in</strong>e Revitalisierung von Auen auf großer Fläche<br />

Foto: Löw<br />

Vielfältiges Leben <strong>in</strong> der Aue –<br />

Gewässerschutz darf nicht am Ufer enden<br />

Flüsse brauchen<br />

wieder Raum<br />

Mit ihrem e<strong>in</strong>zigartigen Reichtum an Pflanzen und Tieren<br />

s<strong>in</strong>d die Fluss-Auen so etwas wie der »bayerische Regenwald«.<br />

Und ebenso gefährdet, wenn Flüssen und Auen nicht endlich<br />

mehr Raum und besserer Schutz zugestanden wird.<br />

nötig. Dies muss auch Ziel aller Fluss-Renaturierungen<br />

se<strong>in</strong>, Flüsse brauchen wieder Raum.<br />

Mittlerweile ist unumstritten, dass die falsche Nutzung<br />

der Auen unsere Lebensgrundlagen bedroht. Der<br />

Erhalt der letzten Reste <strong>in</strong>takter Auen sowie die flächige<br />

Revitalisierung ist nicht nur für den Artenschutz<br />

nötig. Auch für Hochwasserschutz, Tr<strong>in</strong>kwasserschutz<br />

und Erholung haben <strong>in</strong>takte Auen wichtige Funktionen.<br />

In <strong>Bayern</strong> wurde die Bedeutung der Auen mit dem<br />

bayerischen »Auenprogramm« des Umweltm<strong>in</strong>isteriums<br />

aufgegriffen. Doch solange das Programm nur<br />

auf dem Papier steht, ke<strong>in</strong>e Gelder für die Umsetzung<br />

bereitgestellt s<strong>in</strong>d und nach wie vor Auen zerstört werden,<br />

ist der S<strong>in</strong>n dieses Programmes stark <strong>in</strong> Frage zu<br />

stellen.<br />

Auenschutz hat <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> noch lange nicht den<br />

nötigen Stellenwert <strong>in</strong> Politik und Gesellschaft. Derzeit<br />

scheitert er noch viel zu oft an E<strong>in</strong>zel-Interessen von<br />

Eigentümern oder Interessensverbänden, kommunaler<br />

Planungshoheit oder der bayerischen Staatsregierung<br />

selbst. Es darf aber nicht bei e<strong>in</strong>zelnen guten<br />

Renaturierungs-Projekten bleiben, nötig ist e<strong>in</strong> echter<br />

Auenverbund <strong>Bayern</strong>, <strong>in</strong> dem die natürliche Vielfalt der<br />

Lebensräume lebendige dynamische Lebensadern<br />

und e<strong>in</strong> Rückgrat für die Artenvielfalt bilden.<br />

Christ<strong>in</strong>e Margraf,<br />

BN-Regionalreferent<strong>in</strong> und Auen-Expert<strong>in</strong><br />

[2-04] Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« 5<br />

Foto: Willner<br />

Multi-Talente<br />

Auen erfüllen viele<br />

Funktionen zugleich:<br />

Die Puppl<strong>in</strong>ger<br />

Au bei München<br />

zum Beispiel<br />

bietet der seltenen<br />

Deutschen Tamariske<br />

ebenso<br />

Lebensraum wie<br />

sonnenhungrigen<br />

Großstädtern.<br />

Spezialisten<br />

Die Tiere der Aue<br />

haben Strategien<br />

für ihre häufig<br />

umgestalteten<br />

Lebensräume entwickelt.<br />

Der Eisvogel<br />

etwa nimmt<br />

frische Uferabbrüche<br />

sofort <strong>in</strong><br />

Besitz. Auch ihm<br />

gilt der E<strong>in</strong>satz des<br />

BN für den Lebensraum<br />

Aue.


<strong>Wasserland</strong><br />

Foto: privat<br />

12.2_2.04<br />

Der Autor<br />

Re<strong>in</strong>hard Falter, 44,<br />

ist Historiker und<br />

Philosoph. Gewässer<br />

s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong> Thema,<br />

seit er sich 1990 als<br />

Sprecher der »Initiative<br />

Mühltal« für die<br />

Renaturierung der<br />

Isar stark machte.<br />

Er ist Mitbegründer<br />

des Instituts für<br />

naturphilosophische<br />

Praxis, Kontakt:<br />

Ste<strong>in</strong>erweg 12,<br />

81241 München.<br />

Se<strong>in</strong> letztes Buch<br />

heißt »Natur neu<br />

denken«, siehe<br />

Seite 15.<br />

Süden der Stadt. Selbstverständlich waren die Gründer<br />

Konservative. So auch der Münchner Philosoph Ludwig<br />

Klages, der 1913 bereits schrieb: »Lösten wir das<br />

Rätsel des Flüssigen, weil wir Seen besser zu stauen,<br />

Ströme im Handumdrehen zu kanalisieren wissen und<br />

das heilige Element der Alten nur mehr nach Pferdekräften<br />

<strong>in</strong> Anschlag br<strong>in</strong>gen? (…) Wir sagten oben, die<br />

alten Völker hätten ke<strong>in</strong> Interesse gehabt, die Natur<br />

durch Versuche auszuspähen, sie <strong>in</strong> Masch<strong>in</strong>en h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

zu knechten und listig durch sich selbst zu besiegen; jetzt<br />

fügen wir h<strong>in</strong>zu, sie hätten es als Asebeia, Verruchtheit,<br />

verabscheut. Wald und Quell, Fels und Grotte waren für<br />

sie ja heiligen Lebens voll. (…) Wenn die Griechen e<strong>in</strong>en<br />

Strom überbrückten, so baten sie den Flussgott für die<br />

Eigenmächtigkeit der Menschen um Verzeihung und<br />

spendeten Trankopfer«.<br />

Nicht auszudenken, was alles zerstört worden wäre,<br />

wenn sich nicht immer wieder solche Menschen für die<br />

Erhaltung der Natur e<strong>in</strong>gesetzt hätten, so frustrierend<br />

ihre Tätigkeit für sie auch war. Die Partnachklamm<br />

wäre mit e<strong>in</strong>er riesigen Betonwand verschlossen, und<br />

der Spiegel des Walchensees würde für den Spitzenbetrieb<br />

des Kraftwerks um 17 Meter schwanken.<br />

Fluss oder Strom<br />

Freilich, die Liste des unwiederbr<strong>in</strong>glich Zerstörten ist<br />

auch so noch lang genug. Der Lech zum Beispiel ist auf<br />

bayerischer Seite e<strong>in</strong>e Stauseenkette, die auch mit<br />

größtem Aufwand nicht mehr wiederherstellbar wäre.<br />

Und vor allem ist nicht sicher, ob die Zerstörung wirklich<br />

abgeschlossen ist. Während es vor 30 Jahren der<br />

Altmeister des Gewässerschutzes <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, Alw<strong>in</strong> Seifert,<br />

für nur noch e<strong>in</strong>e Frage der Zeit hielt, bis zum<strong>in</strong>dest<br />

an der Isar als noch renaturierbarem Fluss die<br />

Kraftwerke südlich von München wieder verschwunden<br />

se<strong>in</strong> würden, hat im Feld der Wasserkraft der Ökologieboom<br />

seither eher zu Rückschritten geführt.<br />

Für die Stromgiganten ist Wasserkraft ke<strong>in</strong> nennenswerter<br />

E<strong>in</strong>nahmefaktor, auch wenn sich abgeschriebe-<br />

6 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« [2-04]<br />

Foto: Artothek<br />

<strong>Bayern</strong><br />

Christian Landenberger:<br />

Abend am Ammersee. 1911.<br />

Dresden, Gemäldegalerie.<br />

ne Anlagen natürlich immer gut rentieren; aber sie ist<br />

e<strong>in</strong> umso wichtigerer Publicity-Faktor. Sie können sich<br />

damit als Umweltschützer darstellen wie das <strong>Bayern</strong>werk,<br />

das mit e<strong>in</strong>em Bild des Walchensees warb und<br />

darunter schrieb »e<strong>in</strong> typisch bayerisches Kraftwerk«.<br />

Ke<strong>in</strong>e Rede war davon, dass der Fluss, den man dafür<br />

anzapfte, von 1925 bis 1990 an 200 Tagen im Jahr komplett<br />

trocken fiel und dass nur massives Engagement<br />

der Naturschützer für Abhilfe sorgte. Die Kraftwerksbetreiber<br />

ließen es sich nicht nehmen, am Walchenseekraftwerk<br />

e<strong>in</strong>e Tafel anzubr<strong>in</strong>gen, auf der zu lesen<br />

steht, unverständige Naturschützer beh<strong>in</strong>derten dieses<br />

Kraftwerk leider <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em heroischen E<strong>in</strong>satz für die<br />

Abwendung der Klimakatastrophe, <strong>in</strong>dem sie ihm Wasser<br />

zum uns<strong>in</strong>nigen Herunterlaufen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fluss<br />

abzapften.<br />

Freilich gibt es da schwierige Abwägungsprobleme:<br />

Wie lassen sich e<strong>in</strong> Eisvogelbrutpaar oder Erfahrungsmöglichkeiten<br />

für K<strong>in</strong>der an e<strong>in</strong>em naturbelassenen<br />

Fluss gegen CO 2 -Emissionen aufrechnen, die er <strong>in</strong> verbautem<br />

Zustand vermeiden hülfe. Hier stehen sich<br />

Umweltschutz und <strong>Naturschutz</strong> manchmal fe<strong>in</strong>dlich<br />

gegenüber: »Umweltschutz wäre es, den Schaffhausener<br />

Rhe<strong>in</strong>fall <strong>in</strong> die Röhre zu stecken, <strong>Naturschutz</strong>, ihn<br />

weiter »unnütz« herunter donnern zu lassen« (Bernd<br />

Uhrmeister).<br />

Rest-Isar<br />

Neben der Kraftwerkswirtschaft ist die Schifffahrt e<strong>in</strong><br />

Haupt-Zerstörungsfaktor. Es hieße Eulen nach Athen<br />

tragen, im BN-Magaz<strong>in</strong> »Natur+Umwelt« über den<br />

Rhe<strong>in</strong>-Ma<strong>in</strong>-Donau-Kanal und über den Wahn, den<br />

Fluss immer größeren Schiffen anzupassen, noch e<strong>in</strong><br />

Wort zu verlieren.<br />

Aber auch die kommerzielle Gaudiflößerei ist e<strong>in</strong><br />

Problem. So haben die Flößer, statt sich für e<strong>in</strong>e Restwassermenge<br />

e<strong>in</strong>zusetzen, die es ihnen erlauben<br />

würde, auf der eigentlichen Isar (treffend und zynisch<br />

Rest-Isar genannt) zu fahren, sich vielmehr darüber


Die meisten Deiche an der niederbayerischen<br />

Donau zwischen Straub<strong>in</strong>g und Vilshofen s<strong>in</strong>d für<br />

e<strong>in</strong> »Jahrhunderthochwasser« e<strong>in</strong>en Meter zu niedrig.<br />

Es muss also dr<strong>in</strong>gend gehandelt werden, um die Menschen<br />

besser zu schützen. Dass bisher nichts passiert,<br />

liegt vor allem an <strong>Bayern</strong>s Wirtschaftsm<strong>in</strong>ister Otto<br />

Wiesheu. Weil er immer noch Staustufen durchsetzen<br />

will, verschleppt er seit Monaten das Raumordnungsverfahren<br />

für e<strong>in</strong>en schonenden Donau-Ausbau und<br />

blockiert so auch den daran gekoppelten Hochwasser-<br />

Schutz.<br />

Bis heute g<strong>in</strong>gen an der bayerischen Donau stetig<br />

natürliche Überflutungsflächen verloren, jeder Ausbau<br />

engte die Auen weiter e<strong>in</strong>. Die Folgen bekamen die<br />

Unterlieger bei Hochwasser zu spüren: Abflüsse und<br />

Wasserstände erhöhten sich, die Geschw<strong>in</strong>digkeit der<br />

Hochwasserwellen beschleunigte sich erheblich. Letzteres<br />

führt am Zusammenfluss der Donau mit ihren<br />

Nebenflüssen, zum Beispiel <strong>in</strong> Passau oder Regensburg,<br />

zu fatalen Überlagerungseffekten und damit<br />

noch höheren Wasserständen.<br />

Der alte Fehler<br />

Das bisher vorliegende staatliche Hochwasserschutz-<br />

Konzept für die Donau zwischen Straub<strong>in</strong>g und Vilshofen<br />

sieht allerd<strong>in</strong>gs nur für knapp vier Prozent der<br />

beplanten Fläche die Rückverlegung von Deichen vor.<br />

Fast 25 Prozent des Gebietes s<strong>in</strong>d dagegen als künstliche<br />

Flutpolder e<strong>in</strong>geplant. Die gesamte restliche,<br />

unterschiedlich dicht besiedelte Fläche soll dagegen<br />

durch die Erhöhung der Deiche besser geschützt werden<br />

Um die negativen Effekte der damit verbundenen<br />

E<strong>in</strong>engung des Wasserrückhalte-Raumes auszugleichen,<br />

setzen die Planer bisher vor allem auf so genannte<br />

gesteuerte Flutpolder, e<strong>in</strong>e Art riesiger Badewannen,<br />

die bei Hochwasser schnell geflutet werden.<br />

Abgesehen von der offenen Frage, ob die geplante<br />

Vielzahl von Flutpoldern überhaupt mit der nötigen<br />

Präzision gesteuert werden kann, drohen durch die<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit der Flutung massive Schäden an<br />

Natur und Landschaft. Die E<strong>in</strong>bußen <strong>in</strong> der Tier- und<br />

Pflanzenwelt erhöhen sich noch erheblich, wenn das<br />

Wasser <strong>in</strong> den Becken über längere Zeit steht und der<br />

vorhandene Sauerstoff aufgezehrt wird. Dann drohen<br />

Bilder wie aus »umgekippten Seen«, mit Fischen,<br />

die bauchoben auf der st<strong>in</strong>kenden Wasseroberfläche<br />

schwimmen.<br />

Warum kompliziert … ?<br />

Um dies zu vermeiden, müsste im Flutungsfall e<strong>in</strong>e<br />

ausreichende Durchströmung sichergestellt werden.<br />

Zudem müssten auch kle<strong>in</strong>ere und mittlere Hochwässer<br />

als »ökologische Flutungen« und als »Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g« für<br />

die Lebensgeme<strong>in</strong>schaften durch die Flächen geleitet<br />

werden. Damit wäre jedoch, etwa h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

landwirtschaftlichen Nutzbarkeit, der Unterschied zu<br />

echten Aue-Flächen nicht mehr groß.<br />

Der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> setzt daher auf natürlichen<br />

Hochwasserschutz von Anfang an: Zum<strong>in</strong>dest die jetzt<br />

BN will natürlichen Hochwasser-Rückhalt<br />

zwischen Straub<strong>in</strong>g und Vilshofen<br />

Neue Auen für die Donau !<br />

Das nächste Donau-Hochwasser kommt bestimmt. E<strong>in</strong><br />

staatliches Konzept zum Schutz der Bürger existiert zwar, es setzt<br />

aber vor allem auf technische statt natürliche Maßnahmen.<br />

Von Georg Kestel<br />

Wilde Wasser<br />

Hochwasser mit se<strong>in</strong>er schöpferischen Kraft ist für die Auen<br />

e<strong>in</strong> existentieller Faktor. Der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> fordert<br />

e<strong>in</strong> Hochwasserkonzept für die Donau, das die Menschen<br />

schützt und zugleich Fluss und Aue Raum zum Leben gibt.<br />

als Flutpolder e<strong>in</strong>geplanten Flächen sollen als echte<br />

Auen voll <strong>in</strong> das Überflutungsgeschehen e<strong>in</strong>gebunden<br />

werden. In den häufiger überschwemmten Bereichen<br />

müsste dann allerd<strong>in</strong>gs zum Teil die Nutzung angepasst<br />

werden. Für e<strong>in</strong>en entsprechenden Grundstückstausch<br />

können die bereits für Seitenkanal und Staustufen<br />

erworbenen Flächen verwendet werden.<br />

Mit der Reaktivierung von Auen bietet sich die<br />

Chance, den bisherigen Verlusten an hoch bedrohten<br />

und wertvollen Aue-Standorten entgegenzuwirken. Es<br />

entstünde auch Raum für heute weitgehend verdrängte<br />

natürliche Prozessabläufe, zum Beispiel die aktive<br />

Verlagerung von Kies und Sand und die Neuentstehung<br />

von Lebensräumen.<br />

Der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> wird darauf drängen, dass<br />

die gegebene Chance für e<strong>in</strong>en Hochwasserschutz im<br />

E<strong>in</strong>klang mit der Natur genutzt wird – und zwar so bald<br />

wie möglich.<br />

[2-04] Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« 7<br />

Der Autor<br />

Georg Kestel, 36,<br />

Landschaftsarchitekt,<br />

kämpft<br />

als örtlicher<br />

Donau-Experte<br />

der BN-Kreisgruppe<br />

Deggendorf für<br />

den frei fließenden<br />

Strom.<br />

Foto: Kestel


<strong>Wasserland</strong><br />

Foto: Blauel/Gnamm, Artothek<br />

Ferd<strong>in</strong>and Kobell, 1740 –1799:<br />

Ma<strong>in</strong>brücke <strong>in</strong> Aschaffenburg.<br />

Staatsgalerie, Schloss Aschaffenburg.<br />

Johann Georg von Dillis, 1759 –1841:<br />

Die Isarfälle. München, Staatliche<br />

graphische Sammlungen.<br />

beschwert, dass der Kanal durch das vermehrte Restwasser<br />

ger<strong>in</strong>gere Fließgeschw<strong>in</strong>digkeit habe und dies<br />

als Argument benutzt, ihr trachtenanzug-bewehrtes<br />

»Traditionsgewerbe« ab sofort mit Außenbordmotor zu<br />

betreiben. Darüber h<strong>in</strong>aus verlangten sie die Sprengung<br />

e<strong>in</strong>es Felsens, den das Pf<strong>in</strong>gsthochwasser 1999<br />

als Beispiel der neu gewonnenen Selbstgestaltungskraft<br />

freigelegt hatte. Weil die postmodernen Flößer ihr<br />

Handwerk nicht mehr richtig verstehen, muss eben die<br />

Natur sich dem Menschen anbequemen; das ist wahrlich<br />

hypermoderne Mentalität.<br />

Kulturtherapeutika<br />

In der mitteleuropäisch zahmen Natur ist der Fluss<br />

e<strong>in</strong>es der wenigen Zeugnisse von Selbstgestaltungskraft<br />

der Natur und deshalb e<strong>in</strong> Angelpunkt e<strong>in</strong>es<br />

<strong>Naturschutz</strong>es, der Natur erfahrbar halten und die<br />

Naturentfremdung des modernen Menschen bremsen<br />

möchte. Er ist geradezu e<strong>in</strong> Kulturtherapeutikum.<br />

Wenn ich etwa im Rahmen me<strong>in</strong>er »Fluss des<br />

Lebens«-Sem<strong>in</strong>are mit zehn Menschen an e<strong>in</strong>en Fluss<br />

gehe und sie auffordere, sich e<strong>in</strong>en Platz zu suchen,<br />

den sie als zu sich gehörig empf<strong>in</strong>den, wird jeder dem<br />

begegnen, was für ihn Thema ist. E<strong>in</strong> Betrachter kann<br />

e<strong>in</strong>e reißende Stelle als lebendig oder als gehetzt empf<strong>in</strong>den,<br />

ja, ich kann den Fluss als Ganzen als s<strong>in</strong>nlos<br />

sich zu Tode stürzend oder als ungeheuer reich empf<strong>in</strong>den.<br />

Beides hat mit dem Betrachter zu tun und doch<br />

8 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« [2-04]<br />

<strong>Bayern</strong><br />

nicht nur mit ihm. Beides s<strong>in</strong>d Seiten des Lebens, die<br />

sich <strong>in</strong> der Wirklichkeit nicht ausschließen. Wichtiger<br />

als Bewertungen ist leibliches Angeregtwerden. Zugrunde<br />

liegt dieser Spiegelungsmöglichkeit aber im<br />

Allgeme<strong>in</strong>en die Verwandtschaft von Fluss als Ganzem<br />

und Lebenslauf, und im Konkreten, dass Individualisierung<br />

beim Menschen dieselben Figuren und Charaktere<br />

hat wie Individualisierung beim Fluss oder<br />

Baum.<br />

Lebens-Ströme<br />

Ich gehe an den Fluss, und plötzlich offenbart sich mir<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Verzweigungen etwas über das Wesen gelungener<br />

Biographie. Ich erkenne, dass auch <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />

Leben verschiedene Strömungen nebene<strong>in</strong>ander her<br />

laufen, und dass diese Vielstimmigkeit etwas Gutes hat.<br />

Dass aber auch irgendwie wichtig ist, dass sie nicht e<strong>in</strong>fach<br />

ause<strong>in</strong>anderlaufen, sonst wären sie zum Versickern<br />

verurteilt. Das Naturbild bekommt allmählich<br />

Normativität. Ich erkenne vielleicht, dass me<strong>in</strong> Leben,<br />

stärker als es sollte, <strong>in</strong> Rollen zerfällt, und dass ich mich<br />

daher um den Zusammenhang me<strong>in</strong>er Rollen kümmern<br />

muss.<br />

Es ließen sich zig solche Parallelen zwischen Natur<br />

draußen und Seelenleben anführen. Dar<strong>in</strong> liegt dieselbe<br />

Wahrheit, die unsere keltischen und rätischen Vorfahren<br />

vor 2000 Jahren als Götter bezeichnet haben.<br />

Beschäftigt man sich mit alp<strong>in</strong>en Wildflüssen, so<br />

fällt e<strong>in</strong>em auf: Der Fluss ist e<strong>in</strong>erseits das Bild des<br />

Lebens schlechth<strong>in</strong>, andererseits aber auch der Todespol<br />

der Landschaft. Er ist, wie Goethe den Tod so genial<br />

nennt, das Mittel der Natur, viel Leben zu haben, er<br />

räumt frei, setzt auf den Stock. Der todesverdrängende<br />

bürgerliche Mensch f<strong>in</strong>det die Kiesbänke alp<strong>in</strong>er Flüsse<br />

mit ihrem an die Endlichkeit gemahnenden Totholz<br />

ästhetisch unerträglich. In der Natur aber s<strong>in</strong>d die<br />

Abbauprozesse genauso wichtig wie die des Aufbaus. �<br />

Foto: Alfen, Artothek


Foto: Gross<br />

BN-Tipps – Nr. 1<br />

Ihre Traum-Schiffsreisen<br />

Das Donaudelta <strong>in</strong><br />

Rumänien genießen<br />

In kaum e<strong>in</strong>em Land Europas<br />

gibt es e<strong>in</strong>e größere Vielfalt an<br />

Kultur und Natur zu entdecken<br />

als <strong>in</strong> Rumänien. Neben den<br />

stolzen Wehrkirchen der Sie-<br />

BN-Tipps – Nr. 2<br />

Wir (be-)raten<br />

zu Regenwasser<br />

Es lohnt sich, Regenwasser zu<br />

nutzen. Bei richtiger Planung<br />

und Installation lassen sich<br />

heute bis zu 50 Prozent des<br />

Tr<strong>in</strong>kwassers e<strong>in</strong>sparen. Ihre<br />

Wasser-Rechnung sagt danke.<br />

Für die Toilettenspülung, den<br />

Garten und auch für die Wasch-<br />

BN-Tipps – Nr. 3<br />

Ihre<br />

Ansprechpartner<br />

Tr<strong>in</strong>kwasser, Hochwasser,<br />

Abwasser – um die vielfältigen<br />

Aspekte unserer Lebensgrundlage<br />

Nummer e<strong>in</strong>s kümmert<br />

sich im <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> der<br />

ehrenamtlich tätige Arbeitskreis<br />

Wasser. Aktuell stellt das Thema<br />

BN-Tipps – Nr. 4<br />

Wasser für Augen<br />

und Ohren<br />

Bücher zur<br />

Titelgeschichte<br />

von Re<strong>in</strong>hard<br />

Falter<br />

� Re<strong>in</strong>hard<br />

Falter: Natur<br />

neu denken –<br />

Erfahrung, Bedeutung, S<strong>in</strong>n.<br />

Drachen Verlag 2003. ISBN<br />

3-927369-08-X. 3 19,50<br />

benbürger<br />

Sachsen ist<br />

die Exkursion<br />

<strong>in</strong>s Donau-<br />

Delta der<br />

Höhepunkt<br />

Ihrer Reise.<br />

Fahren Sie mit<br />

dem Boot durch unzählige Kanäle<br />

und Flussarme <strong>in</strong> das Herz<br />

der weltweit kompaktesten<br />

Schilflandschaft. Beobachten<br />

Sie Krauskopfpelikane, Seidenreiher,<br />

Seeadler und Wildenten<br />

<strong>in</strong> ihrer natürlichen Umgebung.<br />

masch<strong>in</strong>e ist unser Grundwasser<br />

e<strong>in</strong>fach zu schade. E<strong>in</strong><br />

Durchschnitts-Haushalt verbraucht<br />

pro Person und Tag 100<br />

Liter, e<strong>in</strong> Großteil geht das Klo<br />

runter – Grundwasservorräte,<br />

die sich <strong>in</strong> Jahrhunderten gebildet<br />

haben.<br />

Unser Tipp: Da auch die Kommunen<br />

<strong>in</strong> der Entsorgung profitieren,<br />

gibt es oft Zuschüsse<br />

beim Bau von Zisternen, wenn<br />

Hochwasserschutz e<strong>in</strong>en<br />

Schwerpunkt se<strong>in</strong>er Aktivitäten<br />

dar. AK-Sprecher und stellvertretender<br />

Landesvorsitzender<br />

Sebastian Schönauer (Bild) und<br />

Stellvertreter Gerhard Nagl setzen<br />

sich für e<strong>in</strong>e groß angelegte<br />

Wiederherstellung von Gewässer-<br />

und Feuchtgebiets-Ökosystemen<br />

e<strong>in</strong>. Immense Chancen<br />

für den Gewässer- und Natur-<br />

� Re<strong>in</strong>hard Falter: Warum ist<br />

<strong>Bayern</strong> anders? Verlag via verbis<br />

bavarica. ISBN 3-935115-22-9<br />

� Sten Nadolny: E<strong>in</strong> Gott der<br />

Frechheit, Piper Verlag, ISBN<br />

3-492-22273-0. 3 7,50<br />

BN-Video<br />

� »Fluss-Auen <strong>in</strong><br />

<strong>Bayern</strong>«. Von<br />

Manfred Drobny,<br />

Chrst<strong>in</strong>e Margraf,<br />

Wolfgang Willner.<br />

3 5,00. Bestellen<br />

bei der BN Service<br />

GmbH, Spitalstr. 21, 91207 Lauf,<br />

Tel. 09123-99957-0, Fax -99,<br />

Foto: BN<br />

Lernen Sie die Menschen kennen,<br />

und lassen Sie sich mit<br />

e<strong>in</strong>em zünftigen Fischessen <strong>in</strong><br />

freier Natur verwöhnen.<br />

Term<strong>in</strong>e: 21. 8. – 4. 9. 2004 und<br />

11. 9. – 25. 9. 2004<br />

BN-Mitgliederpreis: 1680 Euro<br />

Die freie Donau erleben<br />

Unterwegs mit Schiff und Zug,<br />

erleben Sie die e<strong>in</strong>zigartige<br />

Mischung von Sehenswürdigkeiten<br />

und landschaftlichen<br />

Reizen entlang der Donau zwischen<br />

Plattl<strong>in</strong>g und dem Natio-<br />

sie mit getrennten Leitungen<br />

und e<strong>in</strong>er Überlaufleitung<br />

gebaut und abgenommen werden.<br />

Wir haben weitere Informationen<br />

für Sie: BN Service GmbH,<br />

Spitalstr. 21, 91207 Lauf,<br />

Tel. 09123-99957-0, Fax -99,<br />

www.service.bund-naturschutz.de<br />

schutz bietet die<br />

neue europäische»Wasserrahmenrichtl<strong>in</strong>ie«.<br />

Über die<br />

Teilnahme am<br />

»Wasserforum <strong>Bayern</strong>« versucht<br />

der BN, bei der Umsetzung<br />

der Richtl<strong>in</strong>ie im Freistaat<br />

se<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss für die Natur<br />

geltend zu machen.<br />

www.service.bund-naturschutz.de<br />

Wasser-CD<br />

� »Wasser<br />

für die<br />

Ohren«. 75<br />

Wassergeräusche<br />

schärfen<br />

das Gehör für Wasser im täglichen<br />

Leben. 3 7,– zuzüglich<br />

Versandkosten.<br />

Vere<strong>in</strong>igung deutscher Gewässerschutz,<br />

Tel. 0228-375007,<br />

<strong>in</strong>fo@vdg-onl<strong>in</strong>e.de<br />

[2-04] Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« 9<br />

BN-Tipps<br />

nalpark Ha<strong>in</strong>burg. Im Donaudurchbruch<br />

zwischen Böhmerwald<br />

und Sauwald verlässt die<br />

Donau ruhig dah<strong>in</strong>fließend<br />

<strong>Bayern</strong>. In der Ebene zwischen<br />

Straub<strong>in</strong>g und Vilshofen ist der<br />

Strom h<strong>in</strong>gegen im letzten großen<br />

Abschnitt <strong>in</strong> Deutschland<br />

noch frei pulsierende Lebensader.<br />

Term<strong>in</strong>: 6. 9. – 10. 9. 2004<br />

BN-Mitgliederpreis: 670 Euro<br />

Infos und Anmeldung: BN-<br />

Reisen, Tel. 09123-99957-10,<br />

Fax -99, www.bn-reisen.de<br />

Regenwasser<br />

für Haus und<br />

Garten: Tipps<br />

zur richtigen<br />

Planung, zu<br />

Kosten, Richtl<strong>in</strong>ien<br />

und<br />

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neue Buch der Verbraucherzentrale,<br />

Markgrafenstr. 66, 10969 Berl<strong>in</strong>,<br />

Tel. 0 30-258 00-0, Fax 258 00-<br />

218, <strong>in</strong>fo@vzbv.de.<br />

Haben Sie Fachfragen rund ums<br />

Thema Wasser, s<strong>in</strong>d Sie an e<strong>in</strong>er<br />

Mitarbeit <strong>in</strong>teressiert? Wenden<br />

Sie sich bitte an Sebastian<br />

Schönauer, Setzbornstr. 38, 63860<br />

Rothenbuch, Tel. 06094-984022,<br />

s.schoenauer@bund-naturschutz.de<br />

oder Gerhard Nagl,<br />

Mart<strong>in</strong>-Luther-Str. 14, 94469<br />

Deggendorf, Tel. 0991-3831609,<br />

gerhard-nagl@epost.de.<br />

Herausgeber: <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

e. V. (BN), vertreten durch Peter Rottner,<br />

Landesgeschäftsführer, Dr.-Johann-<br />

Maier-Str. 4, 93049 Regensburg,<br />

www.bund-naturschutz.de<br />

Redaktion: Manfred Gößwald (verantwortlich),<br />

Tel. 09 41-2 97 20-22, Fax -31,<br />

nu@bund-naturschutz.de<br />

Gestaltung: Gorbach GmbH, Utt<strong>in</strong>g<br />

(Layout: Waltraud Hofbauer)<br />

Titelbild: Anton Radl: Donaudurchbruch<br />

bei Weltenburg. Um 1830/40. Regensburg,<br />

Museen der Stadt. (Foto: Jochen<br />

Remmer, Artothek)<br />

Druck: Sellier Druck, Freis<strong>in</strong>g<br />

Auflage: 5000<br />

Bezug: BN Service GmbH, Tel. 0 91 23-<br />

9 99 57-0, www.service.bund-naturschutz.de<br />

BN-Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft,<br />

Konto 8 844 000, BLZ 700 205 00<br />

»Natur+Umwelt« wird auf<br />

100 % Recycl<strong>in</strong>gpapier gedruckt.<br />

IMPRESSUM


BN-Gewässerschutz vor Ort<br />

Schnecken, Quellen, Feriengäste<br />

Was haben Quellwasser und Rote Listen geme<strong>in</strong>? E<strong>in</strong> guter<br />

Tropfen und Feuchtwiesen? Muschel und Bauhof, Straußfarn<br />

und Hochwasserschutz? Sie umreißen die Bandbreite, mit der<br />

sich der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> <strong>in</strong> ganz <strong>Bayern</strong> um die Gewässer<br />

kümmert. Von T<strong>in</strong>o Schlag<strong>in</strong>tweit<br />

<strong>Wasserland</strong><br />

Erd<strong>in</strong>g<br />

Genau h<strong>in</strong>geschaut<br />

Beg<strong>in</strong>nen sollte Gewässerschutz ganz oben: an der<br />

Quelle. Ökologische Kle<strong>in</strong>ode s<strong>in</strong>d besonders die artesischen<br />

Quellen. Bei ihnen quillt gespanntes Wasser<br />

aus der Tiefe. Zoologen f<strong>in</strong>den dort sehr seltene, weil<br />

hoch spezialisierte Tierarten, vor allem <strong>in</strong> der Gruppe<br />

der Mollusken, also Weichtiere. Der Grund: Nährstoffarmut<br />

und extrem konstante Wassertemperatur.<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressantes Beispiel s<strong>in</strong>d die Schwillach-Quellen<br />

im ausgedehnten, aber weitgehend trockengelegten<br />

Quellniedermoor des Sempt-Schwillach-Tals bei<br />

Erd<strong>in</strong>g. Mit Geldern des Bayerischen <strong>Naturschutz</strong>fonds<br />

konnte die BN-Kreisgruppe Erd<strong>in</strong>g im vergangenen<br />

Jahr die Molluskenfauna der Schwillach-Quellen erstmals<br />

systematisch von renommierten Weichtierforschern<br />

untersuchen lassen.<br />

»Die Ergebnisse der Malakologen«, so Manfred<br />

Drobny, BN-Kreisgeschäftsführer, »haben unsere Erwartungen<br />

noch übertroffen.« Von den 71 Arten, die<br />

zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den naturnahen Quellen zu f<strong>in</strong>den<br />

waren, steht e<strong>in</strong> Drittel auf der Roten Liste. Akut vom<br />

Aussterben bedroht s<strong>in</strong>d die Moor-Federkiemenschnecke<br />

und die Zweizähnige Laubschnecke. Viele Quellen<br />

mussten die Forscher aber auch wegen fehlender Ufersäume,<br />

Begradigungen und standortfremder Nutzungen<br />

als biologisch verarmt e<strong>in</strong>stufen – doch das Potenzial<br />

für e<strong>in</strong>e ökologische Aufwertung ist noch da,<br />

das konnte der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> belegen. Deshalb<br />

kämpft er auch gegen die Gefährdung der Quellen<br />

durch die geplante Autobahn A94.<br />

10 Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« [2-04]<br />

Foto: BN-Kreisgruppe Erd<strong>in</strong>g<br />

Erkheim<br />

Pflegen statt Baggern<br />

Für e<strong>in</strong>e möglichst naturnahe Pflege und Entwicklung<br />

von Kle<strong>in</strong>- und Kle<strong>in</strong>stgewässern wären an sich Wasserwirtschaftsamt<br />

und Geme<strong>in</strong>de zuständig. Doch<br />

Gesetze, Kämmerei und landwirtschaftliche Praxis s<strong>in</strong>d<br />

dreierlei. Notfalls spr<strong>in</strong>gt da der <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong> e<strong>in</strong>,<br />

wie <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de Erkheim im Unterallgäu.<br />

Bauhof und Landwirte s<strong>in</strong>d dort e<strong>in</strong> jahrzehntelang<br />

e<strong>in</strong>gespieltes Team <strong>in</strong> der Gewässerunterhaltung: Baggern,<br />

Mähen und Entbuschen – wie es sich gerade aus<br />

den Dra<strong>in</strong>age-Erfordernissen ergibt. Was darunter leidet,<br />

s<strong>in</strong>d die ökologischen Funktionen. Von den 80<br />

Kilometer Bächen und Gräben <strong>in</strong> der Erkheimer Waldund<br />

Auenlandschaft ist knapp e<strong>in</strong> Fünftel verrohrt, der<br />

Rest meist masch<strong>in</strong>enfreundlich und lebensfe<strong>in</strong>dlich<br />

gepflegt. Bachmuscheln, Ufergehölze und Rörichte<br />

haben auf Dauer ke<strong>in</strong>e Chance.<br />

Deshalb hat die BN-Ortsgruppe Erkheim alle Bäche<br />

und Gräben auf eigene Faust <strong>in</strong>spiziert, kartiert und die<br />

Ergebnisse und Vorschläge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gewässerpflegeplan<br />

festgehalten. Das Ergebnis überzeugt: Wasserwirtschaftsamt,<br />

Untere <strong>Naturschutz</strong>behörde, Forstund<br />

Fischereiverwaltung, sogar das Landwirtschaftsamt<br />

besche<strong>in</strong>igten dem Gewässerpflegeplan Profi-<br />

Kaliber. Bleiben die Bauern. Viele s<strong>in</strong>d dem Plan gegenüber<br />

aufgeschlossen, die meisten aber fürchten, Land<br />

für Pufferstreifen zu verlieren, und bezweifeln die Verlässlichkeit<br />

der <strong>Naturschutz</strong>- und Kulturlandschaftsprogramme,<br />

die ihnen den Mehraufwand vergüten<br />

würden.<br />

Joachim Stiba, BN-Ortsgruppenleiter, ist jedoch<br />

optimistisch: »Durch unsere Bestandsaufnahme haben<br />

wir erreicht, dass die Geme<strong>in</strong>de jetzt Ernst macht mit<br />

ökologischer Gewässerpflege.« Zudem fließen entsprechende<br />

Landeszuschüsse erst, wenn sie e<strong>in</strong>en konkreten<br />

Entwicklungsplan vorlegt. Dank der Vorarbeit des<br />

BN ist das nur noch e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Schritt. Und e<strong>in</strong>er der<br />

Bachläufe, der Falchengraben, soll dank se<strong>in</strong>er Bachmuschel-Vorkommen<br />

FFH-Gebiet werden.<br />

Foto: BN-Ortsgruppe Erkheim/Günztal


Sche<strong>in</strong>feld<br />

Kunst der Vernetzung<br />

Das vielleicht umfassendste Gewässerprojekt des <strong>Bund</strong>es<br />

<strong>Naturschutz</strong> ist <strong>in</strong> der dünn besiedelten und kle<strong>in</strong>bäuerlichen<br />

Auenlandschaft des südlichen Steigerwalds<br />

<strong>in</strong> Sche<strong>in</strong>feld zu besichtigen; auch wenn es der<br />

unsche<strong>in</strong>bare Name »Talauenprojekt« kaum vermuten<br />

lässt. Am Anfang stand der Unmut e<strong>in</strong>iger BN-Aktivisten<br />

über das Verschw<strong>in</strong>den von Bekass<strong>in</strong>e und Brachvogel,<br />

Uferschnepfe und Ste<strong>in</strong>kauz. Hier wieder e<strong>in</strong><br />

Bach begradigt, da e<strong>in</strong>e Feuchtwiese entwässert, dort<br />

e<strong>in</strong>e Überschwemmungsfläche bebaut. Der Charakter<br />

der Landschaft mit ihren Sumpfgebieten und Auwäldern,<br />

mit kulturlandschaftlich <strong>in</strong>teressanten Hutewäldern<br />

und Streuobstwiesen war <strong>in</strong> den 80er Jahren<br />

ernsthaft bedroht – und zugleich seltene Arten wie<br />

Edelkrebs und Schwertlilie.<br />

Die Wende brachten erst die Hochwasser Anfang der<br />

90er Jahre. Rudolf Kolerus, Leiter der BN-Ortsgruppe<br />

Sche<strong>in</strong>feld gelang es, wichtige Behördenvertreter für<br />

das Talauen-Projekt des <strong>Bund</strong>es <strong>Naturschutz</strong> zu <strong>in</strong>teressieren.<br />

Se<strong>in</strong> Anliegen war zunächst, Landwirtschaft,<br />

<strong>Naturschutz</strong> und Hochwasserschutz unter e<strong>in</strong>en Hut<br />

zu bekommen. Was niemand ahnte: Das Projekt wurde<br />

zum Anstoß und Rückgrat für e<strong>in</strong> bayernweit vorbildhaftes<br />

Aktionsbündnis zur nachhaltigen Regionalentwicklung,<br />

für die Lokale Aktionsgruppe Südlicher<br />

Steigerwald.<br />

150 Bürger und 25 Gruppen aus neun Geme<strong>in</strong>den<br />

schlossen sich über alle verwaltungstechnischen Grenzen<br />

h<strong>in</strong>weg zusammen. Ob Beamte, Bauern oder Banker,<br />

W<strong>in</strong>zer oder Wirt, Künstler oder Gärtner – <strong>in</strong> zahlreichen<br />

Arbeitskreisen machten sie Landschafts- und<br />

Hochwasserschutz, sanften Tourismus und Wirtschaftsförderung<br />

zur geme<strong>in</strong>samen Sache. Dank des<br />

ausgereiften Talauenprojekts flossen bald Gelder des<br />

Landes und der EU: Investitionen <strong>in</strong> Höhe von 4,4<br />

Millionen Euro wurden angestoßen.<br />

Die Rechnung geht auf. Kolerus freut sich: »Im<br />

Schwarzenberger Land hat neulich die siebte We<strong>in</strong>und<br />

Brotzeitstube aufgemacht.« Aber auch die anderen<br />

Täler locken zunehmend Gäste, etwa mit ausgedehnten<br />

Reit-, Wander- und Radwegen, mit Wasser-, Naturund<br />

Erlebnisspielplätzen, Aussichtsturm oder von<br />

Künstlern gestalteten Erlebnispfaden. Und das Beste:<br />

Naturnahe Gewässerentwicklung, Retentionsräume<br />

oder Streuobstwiesen s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Streitthemen mehr,<br />

sondern Kapital.<br />

Foto: BN-Ortsgruppe Sche<strong>in</strong>feld<br />

Bayreuth<br />

Schatten überm Rotma<strong>in</strong>-Tal<br />

E<strong>in</strong> FFH-Anwärtergebiet, wie die BN-Aktiven <strong>in</strong> Erkheim,<br />

kann auch die Kreisgruppe Bayreuth mit dem<br />

Landschaftsschutzgebiet »Oberes Rotma<strong>in</strong>tal« vorweisen.<br />

Doch es steht zu befürchten, dass es nach der<br />

»Ehrung« zum<strong>in</strong>dest zeitweilig geflutet wird. E<strong>in</strong>mal<br />

g<strong>in</strong>g der Kelch bereits am Rotma<strong>in</strong>tal vorüber: Drei riesige<br />

Staubecken zur gezielten Verdünnung des verdreckten<br />

Flusses waren geplant. Nach langem Widerstand<br />

von Bürger<strong>in</strong>itiativen und <strong>Bund</strong> <strong>Naturschutz</strong><br />

verlief das Projekt im Sand. Kläranlagen hatten es überflüssig<br />

gemacht.<br />

Im Herbst 2003 geriet das urtümliche, eng geschnittene<br />

Waldtal erneut <strong>in</strong>s Visier der Stadtverwaltung.<br />

Diesmal als Regenrückhaltebecken, das die Stadt<br />

vor e<strong>in</strong>em Jahrhunderthochwasser schützen könnte.<br />

Rückstau ist aber bereits bei Pegeln vorgesehen, die<br />

etwa alle zwei bis drei Jahre auftreten. Das Wasser stünde<br />

dann etwa zwei Meter hoch am Damm und würde<br />

das Tal 200 Meter weit überfluten. Mit natürlicher<br />

Flussdynamik hat das nichts zu tun: Die jetzigen Pflanzen-<br />

und Tiergeme<strong>in</strong>schaften würden stark bee<strong>in</strong>trächtigt.<br />

Der seltene Straußfarn, der ausgerechnet im<br />

Dammbereich wächst, oder die Bachmuschel hätten<br />

ausgespielt. Beim 100-jährigen Hochwasser würden<br />

sechs Millionen Kubikmeter das Tal sogar mehrere<br />

Kilometer weit überfluten.<br />

Veteranen der Bürger<strong>in</strong>itiative und Aktivisten des<br />

BN waren sofort wieder zur Stelle: »Hände weg vom<br />

Rotma<strong>in</strong>tal« lautet ihr Motto heute – und sie tun alles,<br />

um für Alternativen zum Rückhaltebecken zu werben.<br />

Ihrer E<strong>in</strong>schätzung nach stehen Alternativstandorte<br />

und genügend Retentionsräume zur Verfügung.<br />

Erster Erfolg: Die Prüfung von Alternativen wird <strong>in</strong>s<br />

Raumordnungsverfahren aufgenommen. Doch Helmut<br />

Korn, Vorsitzender von der BN-Kreisgruppe Bayreuth<br />

warnt: »Noch ist alles offen. Es geht jetzt darum,<br />

die Reihen zu füllen und zu schließen.« Unerwartete<br />

Hilfe könnte von der Staatsregierung kommen. Sie<br />

kürzt die Gelder für technischen Hochwasserschutz.<br />

Der Damm könnte schlicht zu teuer werden.<br />

[2-04] Natur + Umwelt BN-Magaz<strong>in</strong> »Sonderausgabe Gewässer« 11<br />

<strong>Bayern</strong><br />

Foto: BN-Kreisgruppe Bayreuth<br />

Der Autor<br />

T<strong>in</strong>o Schlag<strong>in</strong>tweit,<br />

44, Biologe, arbeitet<br />

als freier UmweltundWissenschaftsjournalist<br />

<strong>in</strong><br />

München.


www.janda-roscher.de<br />

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