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VIA CORDIS-Haus St. Dorothea

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<strong>VIA</strong> <strong>CORDIS</strong><br />

Herzensworte<br />

«… Was kann ich noch billiger haben? …»<br />

Liebe Leserin,<br />

lieber Leser!<br />

Gerne betrachte ich<br />

mit Ihnen eine Momentaufnahme<br />

aus<br />

meinem Alltag im<br />

<strong>VIA</strong> <strong>CORDIS</strong>-<strong>Haus</strong><br />

<strong>St</strong>. <strong>Dorothea</strong>. Immer wieder staune<br />

ich über ungeplante Begegnungen,<br />

die mich weiterbeschäftigen, oder<br />

die mich zu konkreten Antworten herausfordern.<br />

Letzthin erreichte mich<br />

ein Brief eines «mittelalterlichen<br />

Menschen» mit der Anfrage: «Was<br />

kann ich noch billiger haben auf meinem<br />

spirituellen Weg?» Ich bin an<br />

den Worten «noch billiger haben»<br />

hängen geblieben. Resultiert dieses<br />

«noch billiger» nicht aus einem gewaltigen<br />

Überfluss an Angeboten,<br />

mit denen wir im Umfeld des<br />

reichen, westeuropäischen Marktes<br />

überhäuft werden? In vielen<br />

Geschäften wird mit dem «Noch-Billigeren»<br />

mehrmals im Jahr ein<br />

gewaltiger Umsatz erzielt, ja es wird<br />

uns oft im Multipack vor die Augen<br />

und Füsse geworfen. Wie viele Menschen<br />

eilen am Samstag eine halbe<br />

<strong>St</strong>unde vor Ladenschluss in die<br />

Lebensmittelzentren, um ES «noch<br />

billiger» zu haben, auch im Bewusstsein,<br />

dass immer wieder Hunderte<br />

Tonnen Lebensmittel, weil das «Ablaufdatum»<br />

zu Ende geht, entsorgt<br />

werden.<br />

Auch der spirituelle Markt ist mittlerweile<br />

gewaltig angewachsen. Es ist<br />

erstaunlich und ergreifend, was auf<br />

unterschiedlichen spirituellen Praktiken<br />

und meditativen Anleitungen an<br />

grösseren und kleineren «Erleuchtungen»<br />

gekauft, verkauft und erreicht<br />

werden kann, natürlich fast alles in<br />

möglichst kurzer Zeit…<br />

Als ich diese Umstände schweigend<br />

Rundbrief Frühjahr 2012 2 <strong>VIA</strong> <strong>CORDIS</strong>-<strong>Haus</strong> <strong>St</strong>. <strong>Dorothea</strong><br />

betrachtete, tönte wie aus der Tiefe<br />

der Ranftschlucht eine <strong>St</strong>imme:<br />

«Nimm alles von mir, was mich hindert,<br />

und gib alles mir, was mich fördert…»<br />

Es waren wohl die Worte<br />

des Ranftheiligen.<br />

«Ich suche, was aus dem Multipack<br />

der religiösen Angebote genau auf<br />

mich zugeschnitten ist», sagte mir<br />

ein Wanderer, der mir auf dem Weg<br />

nach Melchtal begegnet ist. «Das ‚Einig<br />

Wesen mit Gott‘, von dem Bruder<br />

Klaus so oft gesprochen hat, sollte<br />

doch nicht so schwierig zu erreichen<br />

sein, wenn Gott in Allem ist, wie jede<br />

Mystik uns weis machen will», räsonierte<br />

er in seinem Gespräch mit mir<br />

weiter. Ich fragte ihn, ob er dies ironisch<br />

meine, oder ob ihm diese Frage<br />

ein echtes Anliegen sei? Er antwortete,<br />

er sei zwar nicht besonders<br />

fromm, dennoch beeindrucke ihn<br />

Bruder Klaus, und sagt dann: «Wenn<br />

der ‚Friede allweg in Gott ist und<br />

Gott der Fried‘, wie der Eremit mehrmals<br />

ausgesprochen hat, dann ist<br />

dieser Friede wohl nicht so einfach<br />

und billig zu haben…»<br />

Dann erkundigt er sich nach meiner<br />

Aufgabe im «<strong>Dorothea</strong>», da er mich<br />

schon öfters in der Ranft bei einem<br />

Morgen- oder Abendlob hinter dem<br />

Gitter in der Bruderklauszelle beobachtet<br />

habe. «O Gott, auch das gibt<br />

es», denke ich und sage laut zu ihm:<br />

«Sie müssen sich nicht verstecken<br />

und dürfen sich jederzeit zu uns hinsetzen,<br />

wenn wir ein Morgen- oder<br />

Abendlob in der unteren oder oberen<br />

Kapelle feiern».<br />

Ja, der Friede ruht im göttlichen Geheimnis<br />

und ist uns anvertraut, damit<br />

dieser durch uns in die Alltagssituation<br />

hineinleuchten kann. Auch hier<br />

liegt das Problem im Detail (gemeint<br />

ist nicht der Detailhandel…). Wir<br />

sind begrenzte Wesen und realisieren<br />

immer nur eine Facette des allumfassenden<br />

göttlichen Friedens.<br />

Mit der Kreuzigung Jesu, schien das<br />

Thema «Frieden» für den grösseren<br />

Teil seiner Vertrauten (ausgenommen<br />

einige Frauen und ganz wenige Männer)<br />

ein für allemal begraben zu sein.<br />

Als Jesus nach dem Tode für seine<br />

Umgebung wieder erlebbar wurde,<br />

wünschte er allen Anwesenden zuerst<br />

einmal: «Friede sei mit euch!»,<br />

wohl diesen Frieden, den «die Welt»<br />

nicht zu geben vermag… Und wie<br />

war es bei seiner Geburt; wurde nicht<br />

schon damals den Menschen «Frieden<br />

auf Erden!» gewünscht? Ist es<br />

nicht dieser Friede, der als frohe Botschaft<br />

(Evangelium) immer wieder<br />

neu verkündet werden darf? Wir erleben<br />

Bereiche, in denen uns eine ganz<br />

persönliche Berührung mit der Wirklichkeit<br />

des Friedens geschenkt wird.<br />

Leben wir aus dieser Erfahrung, geschieht<br />

Heilvolles in unserer Umgebung.<br />

Wahre Geschenke lassen sich<br />

nicht im Multipack kaufen. Die österliche<br />

Freude lädt uns stets neu ein,<br />

aufzubrechen und dem Frieden mit<br />

ganzem Herzen zu dienen. Dabei<br />

dürfen wir entdecken, was uns fördert<br />

und was uns hindert.<br />

Möge Ihnen, Dir und mir, diese<br />

Übung gelingen!<br />

In diesem Sinne bleiben wir auf ähnlichen<br />

Wegen im österlichen Geist<br />

miteinander verbunden. Das wünsche<br />

ich uns von Herzen!<br />

Ihr<br />

Franz-Xaver Jans-Scheidegger<br />

(Spirituelle Leitung des <strong>VIA</strong> <strong>CORDIS</strong>-<br />

<strong>Haus</strong>es)

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