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Biodiversität - Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung ...

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Silbergrüner Bläuling<br />

Ökonomischer Gesamtwert<br />

Klasse Gebrauchsnutzen Nicht-Gebrauchsnutzen<br />

Kategorie Verbrauch Dienste Optionen Existenz Erbe<br />

Beispiel<br />

Nahrung,<br />

Biomasse<br />

Erholung,<br />

Wasserhaushalt,<br />

Versicherung<br />

Tabelle 1 ist eines der Resultate dieser<br />

Forschung. Es stellt die Komponenten<br />

des ökonomischen Gesamtwertes biologischer<br />

Vielfalt übersichtsartig und mit<br />

illustrativen Beispielen dar. Am wenigsten<br />

offensichtlich ist oft die Kategorie<br />

des Nicht-Gebrauchsnutzens. Ein klassisches<br />

Beispiel sind die sogenannten<br />

charismatischen Spezien, denen ein<br />

besonderer Symbolcharakter zukommt.<br />

Für die Bundesbürger wäre das Verschwinden<br />

des Seeadlers ein Verlust,<br />

auch wenn die meisten das deutsche<br />

Wappentier nie persönlich sichten.<br />

Diese Zahlungsbereitschaft <strong>für</strong> die Existenz<br />

biologischer Vielfalt, die nicht auf<br />

charismatischen Spezien beschränkt<br />

ist, muß auch in einem umfassenden<br />

Bewertungsverfahren Niederschlag<br />

finden. Das Gleiche gilt <strong>für</strong> Zahlungsbereitschaften<br />

<strong>für</strong> die Überlassung von<br />

<strong>Biodiversität</strong> an kommende Generationen<br />

(Beerbungsmotiv).<br />

Neue<br />

Pharmazeutika<br />

Charismatische<br />

Spezien<br />

Ökonomen fordern daher, dass eine<br />

Bewertung von <strong>Biodiversität</strong> vollständig<br />

durchgeführt werden muss, um<br />

alle relevanten Beiträge der <strong>Biodiversität</strong>serhaltung<br />

abzubilden. Diesen<br />

Vollständigkeitskriterien zu genügen, ist<br />

empirisch naturgemäß nur ansatzweise<br />

möglich. Dennoch ist der wissenschaftliche<br />

Kenntnisstand über die individuellen<br />

Komponenten des ökonomischen<br />

Gesamtwertes der biologischen Vielfalt<br />

in den letzten Jahren dramatisch angewachsen.<br />

Dies ist ein aus meiner Sicht<br />

beeindruckender Beitrag zum besseren<br />

Verständnis der Frage des optimalen<br />

Naturschutzes. Beispielhaft sollte nur<br />

auf die bedeutsamen Fortschritte in der<br />

Messung von Nicht-Gebrauchsnutzen<br />

hingewiesen werden: Diese haben sowohl<br />

juristisch als auch politisch bereits<br />

eine substantielle Rolle gespielt: In der<br />

Ermittlung von Kompensationen <strong>für</strong><br />

Schäden durch den havarierten Öltanker<br />

Exxon Valdez waren diese Methoden<br />

ebenso präsent wie in der Frage<br />

der vielbeachteten Northern Spotted<br />

Owl. Erhebungen, wonach die jährliche<br />

Zahlungsbereitschaft <strong>für</strong> den Schutz<br />

dieser Tierart zwischen US $ 15 und<br />

37 pro US-amerikanischem Haushalt<br />

liegt (und somit insgesamt auf US $ 1,5<br />

Milliarden pro Jahr), haben starke Argumente<br />

<strong>für</strong> entsprechende Maßnahmen<br />

geliefert.<br />

<strong>Biodiversität</strong><br />

Charismatische<br />

Spezien<br />

Tabelle 1: Die Zusammensetzung des<br />

ökonomischen Gesamtwertes der<br />

biologischen Vielfalt<br />

Die ökonomische Forschung lenkt<br />

somit den Blick auf drei wichtige Einsichten:<br />

Erstens, dass der Gesamtwert<br />

der <strong>Biodiversität</strong> aus einer Vielzahl von<br />

wiederum relativ komplexen Wertkomponenten<br />

zusammengesetzt ist. Zweitens,<br />

dass <strong>für</strong> die Ermittlung dieses<br />

Gesamtwertes komplexe ökonomische<br />

Methoden erforderlich sind, um die<br />

Wertkategorien akkurat abzubilden<br />

und um zu verstehen, wem die Nutzen<br />

des <strong>Biodiversität</strong>sschutzes zufließen<br />

und wer die Kosten trägt. Drittens,<br />

dass ökonomische Bewertung und<br />

Naturschutz in keinem Konfliktverhältnis<br />

stehen müssen. Im Gegenteil: Die<br />

ökonomische Bewertung erst erlaubt<br />

es, den „harten Fakten“ der Kosten<br />

harte Fakten der gesellschaftlichen<br />

Nutzen gegenüberzustellen. Es ist dabei<br />

nicht zufällig, dass die meisten der<br />

Methoden und Ergebnisse aus dem<br />

angelsächsischen Raum stammen. Die<br />

Diskussion, Forschung und Politik des<br />

deutschen Naturschutzes hat sich die<br />

bestehenden Möglichkeiten noch sehr<br />

wenig zueigen gemacht.<br />

Der Autor:<br />

Prof. Timo Goeschl, Ph.D., ist Ordinarius<br />

<strong>für</strong> <strong>Umwelt</strong>ökonomie am Alfred-<br />

Weber-Institut <strong>für</strong> Wirtschaftswissenschaften<br />

der Universität Heidelberg. Er<br />

ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher<br />

Publikationen im Bereich der ökonomischen<br />

<strong>Biodiversität</strong>sforschung, darunter<br />

das 2008 erschienene Buch „People<br />

and biodiversity policies: Impacts,<br />

issues and strategies for policy action“.<br />

umweltjournal 50/2008<br />

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