Lange und Meyer: Kegelschnitte I - Mathematikinformation
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Stefan <strong>Lange</strong> <strong>und</strong> Karlhorst <strong>Meyer</strong><br />
<strong>Kegelschnitte</strong> I<br />
Die gymnasiale Geometrie der Ebene befasst sich vor allem mit Geraden <strong>und</strong> Kreisen. Im Folgenden werden<br />
auch Kurven betrachtet, die ebenfalls einfache Eigenschaften aufweisen. Solche Kurven treten z. B. als ebene<br />
Schnitte von Drehkegeln auf (vgl. Kapitel 3), finden aber auch auf viele andere Arten Anwendung im<br />
Maschinenbau oder etwa bei der Gestaltung von Bauwerken (vgl. das Kapitel 5). Man stößt auf viele einfache<br />
oder weniger einfache Fragestellungen wie etwa: Wie müssen zwei gleich dicke Rohre zugeschnitten werden,<br />
damit man sie zu einem Rohrknie zusammenfügen kann, um z. B. den Durchfluss um 90° umzulenken?<br />
Aufgabe 0.1:<br />
Beschreibe vollständig <strong>und</strong> kurz: Wie muss man einen Drehzylinder anschneiden <strong>und</strong> verkleben, damit<br />
ein Rohrknie von 90 o entsteht?<br />
Lösung:<br />
Schneide eine Papprolle mit einem scharfen Messer oder einer Säge unter 45 o gegenüber der Rotationsachse<br />
durch, drehe das abgeschnittene Stück um 180 o um seine Rotationsachse <strong>und</strong> füge die beiden<br />
Teile dann wieder zusammen. Es entsteht das gewünschte Rohrknie.<br />
Es wird sich zeigen, dass die Eigenschaften der ebenen <strong>Kegelschnitte</strong> trotz ihrer sehr unterschiedlichen Gestalten<br />
sehr eng miteinander verwandt sind (vgl. Kapitel 3.5) <strong>und</strong> viele einfache <strong>und</strong> aufschlussreiche Konstruktionen<br />
<strong>und</strong> Überlegungen zulassen, die im Folgenden untersucht werden sollen.<br />
1. Vorerörterungen zur Darstellung der Bilder<br />
Im folgenden Text werden viele Bilder benutzt, die sogenannte Risse sind, d. h. durch Orthogonalprojektion<br />
eines Körpers in eine Bildebene Π entstehen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> werden hier erst einmal die<br />
Eigenschaften von Parallelprojektionen aufgezählt:<br />
Bei Parallelprojektion (in guter Näherung Sonnenlicht; die Bilder heißen auch Schrägbilder) geht durch jeden<br />
Punkt P ein Projektionsstrahl. Alle Projektionsstrahlen sind parallel <strong>und</strong> schneiden die Bildebene Π. Der<br />
Schnittpunkt eines Projektionsstrahls ist das Bild von P.<br />
• Das Bild eines Punktes ist ein Punkt.<br />
• Das Bild einer Geraden ist ein Punkt oder eine Gerade. Ersteres falls die Gerade in Richtung der<br />
Projektionsstrahlen liegt, man sagt dann: Die Gerade ist projizierend.<br />
• Das Bild einer Ebene ist eine Gerade (falls die Projektionsrichtung in der Ebene liegt, man sagt dann: Die<br />
Ebene ist projizierend) oder ganz Π.<br />
• Das Bild paralleler Geraden sind entweder zwei Punkte, eine Gerade oder zwei parallele Geraden.<br />
• Alle Strecken, die parallel sind, werden in einem festen Verhältnis verkürzt bzw. verlängert (sogenannter<br />
räumlicher Strahlensatz); insbesondere gehen Mittelpunkte in Mittelpunkte über. Geraden, die parallel zur<br />
Bildebene sind, werden 1:1 abgebildet.<br />
Stehen die Projektionsstrahlen senkrecht auf der Bildebene, so spricht man von Orthogonalprojektion <strong>und</strong><br />
nennt das Bild Riss. Der letzte Absatz der Eigenschaften von Parallelprojektionen ändert sich:<br />
• Alle Strecken, die parallel sind, werden in einem festen Verhältnis verkürzt; Mittelpunkte gehen in<br />
Mittelpunkte über. Geraden, die parallel zur Bildebene sind, werden 1:1 dargestellt.<br />
Häufig werden Körper in mehreren Rissen dargestellt (Hinweis: Das Wort Darstellung wird hier nicht im Sinne<br />
der Mathematik so benutzt, dass ein bijektives Bild eines Gegenstands gemeint ist). In der sog. Darstellenden<br />
Geometrie wurden eigene Bezeichnungsweisen für die einzelnen Risse verwendet, die hier zu aufwendig<br />
erscheinen. So gilt hier die
Vereinbarung: Alle Risse des Punktes P heißen P, alle Risse der Geraden g heißen g usw.<br />
4<br />
Wie in der Darstellenden Geometrie setzen wir verschiedene Risse eines Körpers so nebeneinander oder auch<br />
untereinander, dass entsprechende Punkte auf parallelen Geraden zu fnden sind.<br />
Es folgen<br />
wichtige Definitionen <strong>und</strong> Sätze im Raum:<br />
• Zwei Geraden heißen parallel, wenn sie identisch sind oder in einer Ebene liegen <strong>und</strong> keinen Punkt<br />
gemeinsam haben.<br />
• Eine Gerade heißt parallel zu einer Ebene, wenn sie in der Ebene liegt oder keinen Punkt mit der Ebene<br />
gemeinsam hat.<br />
• Zwei Ebenen heißen parallel, wenn sie identisch sind oder keinen Punkt gemeinsam haben.<br />
• Zwei nicht parallele Ebenen schneiden sich in einer Geraden.<br />
• Sind zwei Geraden einer dritten parallel, so sind sie untereinander parallel (Man beachte: In diesem Satz<br />
können die drei genannten Geraden Kanten eines dreiseitigen Prismas sein!).<br />
• a <strong>und</strong> b seien windschiefe Geraden. Als Winkel zwischen a <strong>und</strong> b wird definiert der Winkel zwischen a’ <strong>und</strong><br />
b, wobei sich a’ mit b schneidet <strong>und</strong> a’ parallel zu a ist.<br />
• Der Winkel zwischen einer Geraden a <strong>und</strong> einer Ebene E ist definiert als 90 o minus dem Winkel zwischen<br />
der Geraden <strong>und</strong> dem Lot auf der Ebene.<br />
• Der Winkel zwischen zwei Ebenen wird definiert als der Winkel zwischen den Loten der Ebenen.<br />
• Eine Gerade g heißt Lot auf einer Ebene E, wenn g auf zwei nicht parallelen Geraden der Ebene senkrecht<br />
steht. Der Schnittpunkt des Lots mit der Ebene heißt Fußpunkt.<br />
• Ist g Lot auf E, so steht g auf allen Geraden der Ebene senkrecht.<br />
• Ein Kreis ist achsensymmetrisch zu jedem seiner Durchmesser.<br />
• Bilden die Schenkel eines Zirkels einen rechten Winkel <strong>und</strong> lässt man den einen Schenkel um den anderen<br />
rotieren, so läuft der bewegte Schenkel in einer Ebene, deren Lote parallel zum Schenkel sind, der als<br />
Rotationsachse dient. Der bewegte Schenkel wird 1:1 bei Orthogonalprojektion genau dann abgebildet, wenn<br />
er zur Bildebene parallel ist. Bei Orthogonalprojektion ist dann <strong>und</strong> nur in diesem Fall der Winkel zwischen<br />
den Schenkelbildern wiederum ein rechter Winkel. In allen anderen Fällen der Rotation ist der Winkel<br />
zwischen den Schenkelbildern größer oder kleiner als ein rechter (sog. Hilfssatz über die<br />
Orthogonalprojektion rechter Winkel).<br />
Man verdeutliche sich diese Definitionen <strong>und</strong> Sätze an Modellen bzw. Raumskizzen.<br />
2. Zylinderschnitte<br />
2.1 Definition <strong>und</strong> erste Eigenschaften<br />
Definition 2.1.1: Ein Kreis k im Raum ist festgelegt durch<br />
Mittelpunkt M, Radius r <strong>und</strong> Rotationsachse a.<br />
Ein Kreis k vom Radius r <strong>und</strong> seine Drehachse a, z. B. Lenkrad <strong>und</strong><br />
Lenksäule eines Autos, wird nun von oben (der entstehende Riss<br />
heißt Gr<strong>und</strong>riss) gezeichnet. Die Projektionsstrahlen stehen auf der<br />
Gr<strong>und</strong>rissebene senkrecht <strong>und</strong> gehen durch die Punkte des Kreises k;<br />
sie bilden dabei die Mantellinien eines schiefen Kreiszylinders Z<br />
(vgl. rechte Abbildung). Der Gr<strong>und</strong>riss von k ist dann ein Schnitt<br />
senkrecht zu den Mantellinien von Z.<br />
Aufgabe 2.1.1: Schneide aus Pappe einen Kreis aus <strong>und</strong><br />
stecke durch seinen Mittelpunkt eine „Achse“, z. B. einen<br />
Bleistift. Vergleiche die folgende Zeichnung mit<br />
diesem Modell.<br />
r<br />
P<br />
s<br />
a<br />
k<br />
k<br />
a<br />
M<br />
s<br />
F<br />
k<br />
M<br />
Q<br />
r<br />
M<br />
e<br />
M<br />
Pe<br />
Q<br />
e<br />
E<br />
Z<br />
Π 1
Der Kreis k liegt in einer Ebene, die man so von der Seite<br />
betrachten kann, dass man sie projizierend, den Kreis also<br />
als Strecke sieht. Ein Kreisradius ist dann projizierend.<br />
Man kann deshalb annehmen, dass die Kreisdrehachse a in<br />
der Zeichenebene liegt; deshalb sind der Kreis <strong>und</strong> sein<br />
Bild in der projizierenden Gr<strong>und</strong>rissebene Π 1 symmetrisch<br />
zur Zeichenebene, weil der Kreis zu jedem seiner<br />
Durchmesser symmetrisch ist.<br />
Definition 2.1.2: Das orthogonale Bild eines Kreises heißt<br />
Ellipse.<br />
5<br />
Die Zylinderachse im Bild kann als projizierende Ebene F gedeutet werden. Zu dem Kreispunkt P <strong>und</strong> seinem<br />
Bild Pe bei Orthogonalprojektion gibt es einen Kreispunkt Q samt Bild Qe, die von F denselben Abstand s wie P<br />
haben.<br />
Pe <strong>und</strong> Qe liegen also symmetrisch zu F. Da die Zeichenebene, die Gr<strong>und</strong>rissebene Π1 <strong>und</strong> die Ebene F paarweise<br />
aufeinander senkrechte Ebenen sind, gilt:<br />
Satz 2.1.1: Die Ellipse hat zwei zueinander senkrechte Symmetrieachsen.<br />
Standardbezeichnungen:<br />
In nebenstehender Zeichnung heißen:<br />
die Symmetrieachse AC Hauptachse<br />
die Symmetrieachse BD Nebenachse<br />
die Punkte A <strong>und</strong> C Hauptscheitel<br />
die Punkte B <strong>und</strong> D Nebenscheitel<br />
der Kreis um M durch A Hauptkreis<br />
der Kreis um M durch B Nebenkreis<br />
die Strecken a <strong>und</strong> b große bzw. kleine Halbachse <strong>und</strong><br />
der Punkt M Mittelpunkt.<br />
Man führt in der Ebene des Kreises k die kartesischen<br />
Koordinaten u ein (beachte, in der Darstellung<br />
projizierend) <strong>und</strong> v (in der Zeichenebene) <strong>und</strong> analog in<br />
der Ebene der Bildellipse e die Koordinaten x<br />
(projizierend) <strong>und</strong> y (in der Zeichenebene). Dem Punkt P(u<br />
| v) des Kreises wird also der Punkt Pe(x⏐y) der Ellipse<br />
zugeordnet. Weil parallele Strecken im gleichen Maßstab<br />
abgebildet werden, gilt:<br />
u = x <strong>und</strong> y<br />
v<br />
b<br />
= = cos α (1)<br />
a<br />
Nach dem Satz des Phythagoras gilt für die Punkte P(u | v)<br />
des Kreises um den Ursprung M <strong>und</strong> den Radius a:<br />
2 2 2<br />
u + v = a Mit (1) folgt:<br />
x<br />
x<br />
a<br />
2<br />
2<br />
2<br />
+ ⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
ay<br />
b<br />
2<br />
2<br />
y<br />
+ = 1 2<br />
b<br />
⎞ 2<br />
⎟ = a Hieraus folgt nach Division durch a<br />
⎠<br />
2 :<br />
C<br />
B<br />
b<br />
k u<br />
Satz 2.1.2: Mittelpunktsgleichung der Ellipse: Die Punkte P(x | y) einer Ellipse mit den Halbachsen a <strong>und</strong> b<br />
<strong>und</strong> dem Mittelpunkt (0 | 0) erfüllen: x<br />
a<br />
2<br />
2<br />
2<br />
y<br />
+ =<br />
1<br />
2<br />
b<br />
α<br />
b<br />
M<br />
D<br />
x<br />
e<br />
P(u;v)<br />
a<br />
a<br />
P e (x;y)<br />
A<br />
v<br />
y
Aufgabe 2.1.2:<br />
Gegeben ist ein Kreis mit Radius 5,0 cm,<br />
dessen Ebene gegenüber der Bildebene um 30 o<br />
geneigt ist. Berechne die Halbachsen der<br />
Bildellipse.<br />
Zeichnet man die x-y-Ebene <strong>und</strong> die u-v-Ebene in<br />
eine Zeichnung ein <strong>und</strong> dreht das so erhaltene Bild<br />
um 90 o , so erhält man das nebenstehende Bild.<br />
Dies liefert eine Punktkonstruktion der Ellipse:<br />
Verfahren Wimpelkonstruktion der Ellipse:<br />
1. Von einer Ellipse sind gegeben der Mittelpunkt<br />
M, die Scheitel A, B, C, D <strong>und</strong> damit Haupt-<br />
<strong>und</strong> Nebenkreis. Lege durch M eine beliebige<br />
Halbgerade g (Schnittpunkt P 1 mit Hauptkreis,<br />
Schnittpunkt P 2 mit Nebenkreis).<br />
2. Zeichne durch P 1 die Parallele zu BD.<br />
3. Zeichne durch P 2 die Parallele zu AC.<br />
4. Der Schnittpunkt P der gezeichneten Parallelen<br />
ist ein Punkt der Ellipse.<br />
Begründung:<br />
Aus Formelzeile (1) auf der vorhergehenden Seite<br />
folgt mit den Bezeichnungen der nebenstehenden<br />
Zeichnung:<br />
a<br />
b<br />
P1M P1Q = = =<br />
P M PQ<br />
2<br />
v<br />
y<br />
6<br />
k<br />
e<br />
y, v<br />
M<br />
P(u;v)<br />
Pe<br />
(x;y)<br />
Nach der Umkehrung des Strahlensatzes (Zentrum P 1) folgt: P 2P || MQ. Damit ist die Konstruktion begründet.<br />
Der Beweis folgt auch unmittelbar mit (1) aus der Ellipsengleichung.<br />
x = u<br />
Aufgabe 2.1.3: Konstruiere nach der Wimpelkonstruktion je 24 Punkte der Ellipsen mit der großen Halbachse<br />
a = 5,0 cm <strong>und</strong> der kleinen Halbachse b = 1,0 cm bzw. b = 2,5 cm bzw. b = 4,0 cm. Nütze die<br />
Symmetrie aus <strong>und</strong> zeichne in einem Bild die Ellipsen möglichst genau.<br />
Die Wimpelkonstruktion kann man als eine Abbildung auffassen, die jedem Hauptkreispunkt P 1 einen<br />
Ellipsenpunkt P zuordnet; deshalb definiert man:<br />
Definition 2.1.3: Eine Achsenstreckung S mit der Achse s ist eine Abbildung der Punkte P 1 einer Ebene auf<br />
Bildpunkte P dieser Ebene:<br />
1. Ist P 1 auf s, dann sei S(P 1) = P1.<br />
2. Ist P 1 nicht auf s, dann fälle von P 1 das Lot auf s mit Fußpunkt Q. Das Bild S(P 1) = P erhält man dann so,<br />
dass P auf P1Q liegt <strong>und</strong> PQ<br />
c<br />
P1Q Seite von s oder auf verschiedenen Seiten liegen.<br />
C<br />
= mit derselben Konstanten c für alle P 1 ist, wobei jedes P <strong>und</strong> P1 auf einer<br />
y<br />
B<br />
M<br />
D<br />
g<br />
P1 P2 1<br />
3<br />
2<br />
P<br />
Q<br />
A<br />
x
Satz 2.1.3: Achsenstreckungen haben folgende<br />
Abbildungseigenschaften:<br />
1. Sie sind umkehrbare eindeutige Punktabbildungen .<br />
2. Geraden werden auf Geraden, Schnittpunkte auf Schnittpunkte<br />
abgebildet.<br />
3. Parallele Geraden werden auf parallele Geraden abgebildet.<br />
4. Teilverhältnisse auf Geraden bleiben erhalten.<br />
5. Parallele Strecken werden im gleichen Verhältnis verzerrt.<br />
6. Alle Lote zur Achse sind Fixgeraden.<br />
7. Eine nicht zu a parallele Gerade g1 schneidet ihr Bild g auf der Achse.<br />
8. Die Berühreigenschaften von Tangenten bleiben erhalten.<br />
7<br />
Aufgabe 2.1.4: Beweise den Satz 2.4.<br />
Hinweise<br />
zu 2. bis 5.: Suche bzw. ergänze geeignete Strahlensatzfiguren.<br />
zu 1. 6. <strong>und</strong> 7.: Verwende die Definition.<br />
zu 8.: Beachte die Vorbemerkung zur Tangentenkonstruktion <strong>und</strong>: Liegen zwei Punkte auf derselben Seite<br />
einer Geraden, so gilt dies auch für die Bilder.<br />
Aufgabe 2.1.5: Zeige: Bei der Wimpelkonstruktion entsteht der Ellipsenpunkt P auch durch Achsenstre-<br />
ckung (Achse BD) aus P 2 auf dem Nebenkreis.<br />
Aufgabe 2.1.6: In einem Koordinatensystem ist eine Achsenstreckung durch die x-Achse als ihre Achse<br />
<strong>und</strong> den Punkt P(0⏐3) <strong>und</strong> seinen Bildpunkt P’(0⏐-2) gegeben. Konstruiere (Einheit 1 cm) <strong>und</strong> berechne<br />
das Bild<br />
a) des Dreiecks PQR mit Q(6⏐0) <strong>und</strong> R(2⏐6),<br />
b) des Fünfecks ABCDE mit A(4⏐3), B(7⏐-1,5), C(11⏐-1,5), D(11⏐1,5), E(8⏐6). Fertige hierzu eine neue<br />
Zeichnung.<br />
Scheitel als Koordinatenursprung:<br />
Man stellt sich vor, dass die gewünschte Scheitelgleichung durch die<br />
folgende Verschiebung<br />
y = y <strong>und</strong> x = x − a aus obiger Mittelpunktsgleichung durch<br />
Einsetzen entsteht:<br />
( x − a)<br />
2<br />
2<br />
2<br />
a<br />
+<br />
y<br />
2<br />
b<br />
= 1<br />
Hieraus folgt durch Ausquadrieren:<br />
x<br />
a<br />
2<br />
2<br />
2x<br />
y<br />
− + = 0 2 a b<br />
2<br />
2<br />
( x − x ) ( y − y )<br />
0<br />
2<br />
0<br />
Aufgabe 2.1.7: Es sei + = 1.<br />
2<br />
2<br />
a b<br />
a) Welche Kurve beschreibt diese Gleichung? Welche Bedeutung haben die Parameter der Gleichung?<br />
b) Zeichne die Kurve für (x0⏐y0) = (3⏐-1), a = b, b = 2 (Zeicheneinheit 1 cm).<br />
c) Löse die Gleichung nach y auf.<br />
d) Wie lautet die Gleichung der Ellipse mit dem Mittelpunkt M(-2⏐3), a = 4, b = 2?<br />
e) Wie lautet die Gleichung einer Ellipse mit den Scheiteln A(2⏐2), B(-1⏐4), C(-4⏐2)? Welche<br />
Koordinaten hat der vierte Scheitel D <strong>und</strong> der Mittelpunkt M?<br />
2.2 Konstruktionen<br />
Tangentenkonstruktion:<br />
a<br />
y<br />
P<br />
1<br />
P<br />
Q<br />
y<br />
a x P<br />
y = y x=x<br />
x M
Da die Achsenstreckung verschiedene Schnittpunkte auf<br />
verschiedene Schnittpunkte abbildet, sich also die Anzahl von<br />
Schnittpunkten nicht ändert, muss das Bild einer Kreistangente eine<br />
Ellipsentangente sein.<br />
Konstruktion einer Tangente an eine Ellipse:<br />
1. Konstruiere P zu P1 (z. B. mit der Wimpelkonstruktion).<br />
2. Zeichne die Kreistangente t1 zu P1. Der Schnittpunkt T mit der<br />
Achse a ist Fixpunkt bei der Abbildung.<br />
3. Zeichne die Ellipsentangente PT.<br />
8<br />
Aufgabe 2.2.1: Beschreibe den Ablauf der entsprechenden Tangentenkonstruktion, wenn man nicht wie<br />
oben eine Achsenstreckung der Ellipse aus dem Hauptkreis, sondern aus dem Nebenkreis verwendet.<br />
Aufgabe 2.2.2: Begründe, warum diese Tangentenkonstruktionen versagen, wenn der Ellipsenpunkt zu<br />
nahe an einem Scheitel liegt. Fertige hierzu Zeichnungen <strong>und</strong> gib dann einen Gr<strong>und</strong> an.<br />
Aufgabe 2.2.3: Konstruiere einige Ellipsenpunkte samt ihren Tangenten (a = 5,0 cm, b = 3,0 cm).<br />
Beachte: Durch wenige Punkte mit ihren Tangenten lässt sich eine Ellipse mindestens ebenso genau<br />
zeichnen wie durch die doppelte Punktanzahl ohne Tangenten.<br />
Aufgabe 2.2.4: Welche Gleichungen beschreiben die Tangenten t1 in P1(x1⏐y1) an den Hauptkreis, t2 in<br />
P2(x2⏐y2) an den Nebenkreis <strong>und</strong> t in P(xp⏐yp) an die Ellipse.<br />
Hinweis: Für die Steigungskoeffizienten mi zweier aufeinander senkrechter Geraden gilt m1m2 = -1.<br />
Aufgabe 2.2.5: Gegeben ist eine Ellipse durch ihren Mittelpunkt M(0⏐0), Hauptscheitel A(5⏐0) <strong>und</strong><br />
Nebenscheitel B(0⏐2). Konstruiere ohne die Ellipse zu zeichnen (Einheit 1 cm)<br />
a) die Ellipsentangenten parallel zur Geraden BQ mit Q(2,5⏐0) samt Berührpunkten;<br />
b) die Ellipsentangenten von R(7⏐1) aus samt Berührpunkten;<br />
c) die Schnittpunkte der Ellipse mit der Geraden durch Q(2,5⏐0) <strong>und</strong> S(-3⏐2).<br />
Löse die Aufgabe auf zwei Wegen: Einmal werde der Hauptkreis, dann der Nebenkreis der Ellipse als<br />
Urbild der Achsenstreckung gewählt.<br />
Papierstreifenkonstruktionen:<br />
1. Trage auf einem Papierstreifen die Halbachsen a <strong>und</strong> b der gewünschten Ellipse ab wie in den folgenden<br />
Zeichnungen.<br />
2. Passe jeweils für verschiedene Winkel φ den Papierstreifen zwischen den Symmetrieachsen der zu<br />
zeichnenden Ellipse ein.<br />
y<br />
a - b<br />
φ<br />
b<br />
P<br />
x<br />
Begründung:<br />
Für die Koordinaten (x⏐y) des Ellipsenpunktes P gilt jeweils x = a cos φ <strong>und</strong> y = b sin φ. Hieraus folgt<br />
2 2 x y<br />
cos φ + sin φ = 1 = +<br />
2<br />
a b<br />
Umkehrung der Papierstreifenkonstruktion:<br />
2<br />
2<br />
2<br />
, also die Formel der gesuchten Ellipse.<br />
y<br />
k<br />
3<br />
e<br />
t<br />
t1<br />
P1<br />
1<br />
P<br />
s<br />
P<br />
φ<br />
2<br />
a b<br />
T<br />
x
9<br />
Von einer Ellipse sind gegeben der Mittelpunkt M <strong>und</strong> ein Hauptscheitel A (damit die Lage der Achsen <strong>und</strong> die<br />
Länge a der großen Halbachse), sowie ein beliebiger Punkt P. Gesucht ist die Länge der kleinen Halbachse b.<br />
Lösung:<br />
Passt man einen Papierstreifen nach einer der vorherigen Zeichnungen so ein, dass auf ihm die bekannte Länge a<br />
an der richtigen Stelle liegt, dann findet man auf dem Papierstreifen die gesuchte Länge b.<br />
Aufgabe 2.2.6: Führe diese Konstruktion exakt nur unter Benutzung von Zirkel <strong>und</strong> Lineal aus. In welcher<br />
Reihenfolge muss man diese Schritte in einem CAD-System ausführen?<br />
Aufgabe 2.2.7: Führe diese Konstruktionen entsprechend zur Aufgabe 2.2.5 aus, wenn jetzt der Mittelpunkt<br />
der Ellipse, ein Nebenscheitel <strong>und</strong> ein beliebiger Ellipsenpunkt gegeben sind.<br />
Aufgabe 2.2.8: Zeichne mit beiden Papierstreifenmethoden Ellipsen mit a = 5,0 cm <strong>und</strong> b = 1,5 cm oder<br />
b = 2,5 cm oder b = 4,0 cm. Weshalb wird das Ergebnis mit einer der beiden Methoden genauer?<br />
Aufgabe 2.2.9: Gegeben ist eine Ellipse mit dem Mittelpunkt (0⏐0), dem Hauptscheitel A(5⏐0) <strong>und</strong> dem<br />
Nebenscheitel B(0⏐2). Konstruiere die Lage des Papierstreifens jeweils durch die Achsenpunkte (5,6⏐0,0),<br />
(0,0⏐5,6) <strong>und</strong> durch die Ellipsenpunkte (2,0⏐?) <strong>und</strong> (?⏐0,8).<br />
Aufgabe 2.2.10: Von einer Ellipse sind gegeben der Mittelpunkt M(0⏐0), der Hauptscheitel A(a⏐0) <strong>und</strong> der<br />
Punkt P(x⏐y). Konstruiere mit der Umkehrung der Papierstreifenmethode den Nebenscheitel für:<br />
a) a = 5,0 x = 3,0 y = 2,0; b) a = 5,0 x = 4,0 y = 2,4; c) a = 5,2 x = 4,8 y = 1,0.<br />
Wie ändert sich die Genauigkeit der Ergebnisse für die verschiedenen Beispiele?<br />
Aufgabe 2.2.11: Das nebenstehende Bild soll die<br />
Aufgabe 2.2.9 lösen. Was ist falsch daran?<br />
Aufgabe 2.2.12: Von einer Ellipse sind<br />
Mittelpunkt M(0⏐0), ein Scheitel S(39⏐0) <strong>und</strong><br />
der Punkt P(15⏐60) gegeben. Stelle die<br />
Ellipsengleichung auf <strong>und</strong> gib die Koordinaten<br />
der übrigen Scheitel an.<br />
Aufgabe 2.2.13: Eine Ellipse mit Achsen, die zu<br />
den Koordinatenachsen parallel sind, geht durch<br />
die Punkte (52⏐42), (52⏐18), (70⏐30), (-20⏐30).<br />
Finde die Halbachsen der Ellipse durch<br />
Konstruktion <strong>und</strong> Rechnung.<br />
Aufgabe 2.2.14: Eine Ellipse, deren Achsen die Koordinatenachsen sind, geht durch P(60⏐12,5) <strong>und</strong><br />
Q(39⏐26). Berechne die Halbachsen. Können P <strong>und</strong> Q beliebig vorgegeben werden? Begründe.<br />
Aufgabe 2.2.15: Wie viele Punkte einer Ellipse, deren Achsen parallel zu den Koordinaten sind, kann man<br />
vorgeben, um daraus die Parameter der Ellipsengleichung zu bestimmen?<br />
Aufgabe 2.2.16: Gegeben ist eine Gerade g mit der Gleichung y = mx + t <strong>und</strong> eine Ellipse e mit<br />
2<br />
2<br />
x y<br />
+ = 1 .<br />
2 2<br />
a b<br />
a) Berechne die Schnittpunkte der Geraden g mit der Ellipse e sowie den dazugehörigen<br />
Sehnenmittelpunkt M(xs⏐ys).<br />
b) Finde eine algebraische Bedingung dafür, dass g Ellipsentangente ist.<br />
c) Zeige, dass der Berührpunkt dieser Tangente <strong>und</strong> die Mitten aller zu g parallelen Sehnen auf einem<br />
Durchmesser der Ellipse liegen.<br />
2.3 Technische Anwendung<br />
b<br />
M<br />
b<br />
a<br />
P<br />
(a;0)
Der Ellipsenzirkel beruht auf der Konstruktion<br />
„Papierstreifenmethode“. Die Enden des<br />
jeweiligen Papierstreifens sind als sog.<br />
Kreuzkopfgelenke ausgebildet <strong>und</strong> laufen in<br />
zwei aufeinander senkrecht stehenden Schienen.<br />
Die Schiene „Papierstreifen“ ist an den<br />
Kreuzköpfen so verstellbar, dass verschiedene<br />
Längen a <strong>und</strong> b eingestellt werden können.<br />
Die PC-Entwicklung hat die Verwendung von<br />
Ellipsenzirkeln überflüssig gemacht.<br />
Aufgabe 2.3.1: Untersuche in einem CAD-<br />
System die Ellipsenerzeugung durch<br />
„Ziehen“ eines Kreises <strong>und</strong> versuche diese<br />
Methode mathematisch zu erklären.<br />
2.4 Scheitelkrümmungskreise<br />
10<br />
Wir haben bereits gelernt, dass ein Ellipsenpunkt mit Tangente an die Ellipse eine Information ist, die mit der<br />
Vorgabe zweier Ellipsenpunkte vergleichbar ist. Noch höher ist die Information, wenn man einen Punkt samt<br />
Tangente <strong>und</strong> Krümmungskreis vorgibt. Hierbei versteht man unter einem Krümmungskreis denjenigen Kreis,<br />
dessen Mittelpunkt auf der Kurvennormalen (also senkrecht zur Tangente) liegt <strong>und</strong> der die Ellipse optimal<br />
berührt. Was das heißt, kann man erst mit Mitteln der Analysis bzw. Differentialgeometrie klären.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> wird man auch den Radius r (genannt Krümmungsradius) des Krümmungskreises eines<br />
Funktionsgraphen zu y = f(x) mit Mitteln der Analysis berechnen:<br />
2 ( 1+<br />
f'<br />
)<br />
3<br />
2<br />
r =<br />
f"<br />
, falls f’’ ≠ 0 <strong>und</strong> die benötigten Ableitungen existieren.<br />
Dies war früher Stoff am Gymnasium.<br />
Aufgabe 2.4.1: Berechne für einen beliebigen Ellipsenpunkt den Krümmungsradius <strong>und</strong> bestimme damit<br />
den Krümmungsmittelpunkt. Führe daraus die Herleitung für die Scheitelkrümmungskreise durch.<br />
Im Falle der Scheitelkrümmungskreise einer Ellipse kann man sich aber auch den jeweiligen Krümmungsradius<br />
ohne Analysis beschaffen:<br />
Hierzu werden zunächst Kreise untersucht, die die<br />
Ellipse im linken Hauptscheitel berühren.<br />
Nebenstehender Zeichnung entnimmt man:<br />
Sehr kleine Kreise (dünn) berühren von innen <strong>und</strong><br />
bleiben ganz im Inneren der Ellipse.<br />
Sehr große Kreise berühren von außen <strong>und</strong> bleiben<br />
ganz im Äußeren, falls sie größer als der Hauptkreis<br />
der Ellipse sind.<br />
Nicht ganz so große Kreise (strichpunktiert), die nicht<br />
ganz so groß wie der Hauptkreis sind, berühren auch<br />
von außen, schneiden aber nochmals die Ellipse in<br />
zwei symmetrisch gelegenen Punkten.<br />
Verkleinert man einen solchen Kreis, so wandern diese Schnittpunkte auf den Berührpunkt zu. Der Kreis, bei<br />
dem sie in den Berührpunkt fallen, ist der größte Kreis, der im Scheitel berührt <strong>und</strong> ganz im Innern der Ellipse<br />
liegt (dick gezeichnet). Die Analysis zeigt, dass dies der Krümmungskreis ist.<br />
Wählt man das eingezeichnete Koordinatensystem, so berechnen sich die Ellipsenpunkte P(x⏐y) nach Seite 7<br />
gemäß<br />
O<br />
y<br />
x
2<br />
2<br />
x<br />
2<br />
a<br />
−<br />
2x<br />
a<br />
+<br />
y<br />
2<br />
b<br />
= 0 . (1)<br />
Die Punkte der gezeichneten Kreise werden dargestellt durch die Gleichung<br />
(x - r) 2 + y 2 = r 2 . (2)<br />
Aus (1) folgt<br />
2<br />
b<br />
a x 2<br />
2<br />
2<br />
11<br />
b 2<br />
− 2 x + y = 0.<br />
a (3)<br />
Aus (2) folgt<br />
x 2 - 2rx + y 2 = 0. (4)<br />
(3) <strong>und</strong> (4) ergeben:<br />
2 2<br />
a − b<br />
a<br />
2<br />
⎛ 2<br />
b ⎞<br />
2<br />
x − 2⎜r − ⎟ x = 0<br />
⎝ a ⎠<br />
a<br />
Für a ≠ b multipliziert man diese Gleichung mit<br />
a − b<br />
2<br />
2 2<br />
, klammert x aus <strong>und</strong> erhält:<br />
⎛ a ⎛ b ⎞⎞<br />
x⎜x − ⎜r<br />
− ⎟⎟<br />
⎜<br />
⎝ a − b ⎝ a ⎠<br />
⎟<br />
⎠<br />
=<br />
2<br />
2<br />
2 0<br />
2 2<br />
Dies ist die Gleichung für die x-Koordinate der gemeinsamen Punkte von Kreis <strong>und</strong> Ellipse. x1 = 0 liefert stets<br />
den Berührpunkt im Ursprung.<br />
2<br />
2<br />
a ⎛ b ⎞<br />
x2 = 2 ⎜ r − ⎟ liefert die weiteren Schnittpunkte zwischen Ellipse <strong>und</strong> Kreis.<br />
2 2<br />
a − b ⎝ a ⎠<br />
Wenn alle Schnittpunkte in den Ursprung fallen, also x2 = 0 ist, muss r = b<br />
2<br />
a<br />
Ergebnis:<br />
Der Krümmungskreis im Hauptscheitel hat den Radius r1 = b<br />
2<br />
a<br />
sein, weil 2 ≠ 0 ist.<br />
2 2<br />
a − b<br />
.<br />
a<br />
Eine völlig analoge Rechnung liefert für den kleinsten Kreis, der die Ellipse im Nebenscheitel von außen berührt<br />
<strong>und</strong> ganz im Äußeren bleibt, einen Radius r2 = a<br />
2<br />
.<br />
b<br />
Zeichnen der Scheitelkrümmungskreise einer<br />
Ellipse:<br />
1. Einem Viertel der Ellipse wird das Rechteck aus den<br />
Achsen <strong>und</strong> den Scheiteltangenten umschrieben.<br />
2. Man zeichnet in diesem Rechteck die Diagonale, die<br />
die Scheitel verbindet.<br />
3. Von der äußeren Ecke des Rechtecks wird auf diese<br />
Diagonale das Lot gefällt. Diese Linie trifft die<br />
Symmetrieachsen der Ellipse in den Mittelpunkten der<br />
Scheitelkrümmungskreise.<br />
Um eine Ellipse gut zu zeichnen, konstruiert man<br />
zuerst die Scheitelkrümmungskreise <strong>und</strong> dann einen<br />
geeigneten Punkt zwischen ihnen mit der<br />
Wimpelkonstruktion.<br />
Dieses Verfahren lernt man nicht auswendig, sondern es prägt sich mit Hilfe obiger Zeichnung ein.<br />
Die Annäherung der Ellipse durch ihre Scheitelkrümmungskreise ist umso besser, je „dicker“ die Ellipse ist.<br />
r1<br />
M1<br />
2<br />
r2<br />
M2
12<br />
Aufgabe 2.4.2: Zeichne Ellipsen samt ihren Scheitelkrümmungskreisen <strong>und</strong> einem beliebigen Punkt, wenn<br />
a = 5,0 cm <strong>und</strong> b = 4,5 cm oder b = 3,0 cm oder b = 1,5 cm sind.<br />
Aufgabe 2.4.3: Mehrere Ellipsen berühren sich in ihrem linken Scheitel <strong>und</strong> haben dort denselben<br />
Scheitelkrümmungskreis vom Radius 2,0 cm.<br />
a) Weshalb haben diese Ellipsen eine gemeinsame Symmetrieachse?<br />
b) Berechne jeweils die lotrechte Halbachse, wenn die waagrechte gegeben ist mit 0,5 cm, 1,0 cm, 4,0 cm,<br />
8,0 cm.<br />
c) Um welche Ellipse handelt es sich, wenn die waagrechte Halbachse die Länge 2,0 cm hat? Spielt dies bei<br />
der Herleitung der Scheitelkrümmungsradien eine Rolle?<br />
d) Zeichne einige dieser Ellipsen.<br />
Aufgabe 2.4.4: Begründe den Radius des Nebenscheitelkrümmunsgkreises, wie dies für den Radius des<br />
Hauptscheitelkrümmungskreises geschehen ist. Wie lautet die Ellipsengleichung, wenn der<br />
Koordinatenursprung im oberen Nebenscheitel liegt?<br />
Aufgabe 2.4.5: Begründe die Konstruktion für die Scheitelkrümmungskreise mittels ähnlicher Dreiecke.<br />
2.5 Ebener Schnitt eines Drehzylinders<br />
Ein Drehzylinder (Rotationszylinder) entsteht, wenn<br />
man eine Gerade m (Mantellinie) um eine zu m<br />
parallele Gerade d (Zylinderachse) rotieren lässt.<br />
Jeder Punkt von m durchläuft dabei einen Kreis k, der<br />
also ebenfalls d als Drehachse hat.<br />
Schneidet man einen Drehzylinder mit einer Ebene E,<br />
so kann zweierlei eintreten:<br />
E ist parallel zu d: Die Ebene schneidet dann den<br />
Drehzylinder in zwei Geraden oder meidet ihn oder<br />
berührt ihn in einer Geraden.<br />
E ist im letzteren Fall eine Tangentialebene des<br />
Drehzylinders.<br />
E ist nicht parallel zu d: Die Schnittkurve e ist dann<br />
eine im Endlichen gelegene, geschlossene Kurve.<br />
Die bereits beschriebene Gesamtkonfiguration wird<br />
nebenstehend als Schrägbild <strong>und</strong> als ein Riss<br />
dargestellt, der so angelegt ist, dass sowohl die Ebene<br />
E wie auch die Ebene des Kreises k projizierend sind,<br />
sich also im Riss als Geraden zeigen. Die Achse d<br />
schneidet die Ebene E von e in M <strong>und</strong> die Ebene von k<br />
in N.<br />
Anhand des Risses (2. Zeichnung) werden Koordinaten<br />
eingeführt in der<br />
Ebene von e: Ursprung M, y-Achse projizierend, x-<br />
Achse parallel zur Zeichenebene;<br />
Ebene von k: Ursprung N, v-Achse projizierend, u-<br />
Achse parallel zur Zeichenebene.<br />
Jedem Punkt Pk(u⏐v) von k wird durch die Zylindermantellinie m ein Punkt Pe(x⏐y) von e zugeordnet.<br />
Da die Zylindermantellinien m parallel zur Achse d sind, gilt<br />
y<br />
v<br />
E<br />
k<br />
e<br />
Pe<br />
m<br />
P<br />
k<br />
b M<br />
d<br />
y<br />
M<br />
v<br />
d<br />
N<br />
N<br />
a<br />
Pe<br />
m<br />
P<br />
k<br />
a<br />
e<br />
k<br />
b<br />
b<br />
α<br />
u<br />
x<br />
u
13<br />
y = v <strong>und</strong> u b<br />
= = cos α , (5)<br />
x a<br />
wobei α der Winkel zwischen den Ebenen E <strong>und</strong> der des Kreises ist. Da die Punkte des Kreises k die Gleichung<br />
u 2 + v 2 = b 2 erfüllen, erhält man hieraus durch Einsetzen von (5) nach bekannten Umformungen die<br />
Ellipsengleichung<br />
2<br />
2<br />
x<br />
2<br />
a<br />
+<br />
y<br />
2<br />
b<br />
= 1 .<br />
Wir haben also gef<strong>und</strong>en:<br />
Satz 2.5.1: Jeder Schnitt eines Drehzylinders mit einer Ebene, die nicht zu seiner Achse parallel ist, ist eine<br />
Ellipse, deren kleine Halbachse gleich dem Zylinderradius ist.<br />
Hinweise:<br />
• Zeichnet man die Ellipse e <strong>und</strong> den Kreis k in eine Ebene so, dass die Koordinatenachsen u <strong>und</strong> u sowie y<br />
<strong>und</strong> v aufeinander zu liegen kommen, dann kann man wiederum den Zusammenhang zwischen Ellipse <strong>und</strong><br />
Kreis als Achsenstreckung erklären.<br />
• Genau dann, wenn die Schnittebene E zur Zylinderachse senkrecht steht, wird auch die zweite Halbachse der<br />
Ellipse zum Zylinderradius, also die Ellipse zum Kreis.<br />
Aufgabe 2.5.1: Wie muss man zwei Drehzylinder (r = 6,00 cm) anschneiden, damit sie zu einem Rohrknie<br />
zusammengesetzt den Durchfluss um 70 o umlenken? Man berechne die Längen der Halbachsen.<br />
2.6 Die Idee von DANDELIN<br />
J. PIERRE DANDELIN, belgischer Ingenieur, 1794 - 1847.<br />
Hilfssatz 2.6.1: Die Tangenten an eine Kugel, die von<br />
einem Punkt P außerhalb der Kugel aus gehen, bilden<br />
einen Rotationskegel, der die Kugel in einem Kreis<br />
berührt.<br />
Beweis: Der Punkt P <strong>und</strong> die Kugel um M liegen<br />
bezüglich der Geraden MP achsensymmetrisch,<br />
deshalb gilt dies auch für alle Tangenten von P an die<br />
Kugel. Die Tangenten bilden also einen Rotations-<br />
kegel.<br />
Da die Berührpunkte der Tangenten aus dem gleichen Gr<strong>und</strong> rotationssymmetrisch sind, liegen sie auf einem<br />
Kreis.<br />
Damit sind alle Tangentenabschnitte (also die Strecken von P zum jeweiligen Berührpunkt) gleich lang.<br />
Hinweis: Der als Riss dargestellte Gegenstand zeigt zwischen Kugel <strong>und</strong> Drehkegel keine Kante.<br />
Im Folgenden werden komplexere Konfigurationen im Raum zunächsts durch ein Schrägbild <strong>und</strong> dann durch ein<br />
Risspaar dargestellt. Letztere sind durch Orthogonalprojektion entstanden: Im oberen Teil ein Aufriss, d. h. eine<br />
Ansicht von vorne, im unteren Teil ein Gr<strong>und</strong>riss, d. h. eine dazugehörige Ansicht von oben. Es ist<br />
M<br />
P
zweckmäßig, im Unterricht ein Modell zu verwenden<br />
<strong>und</strong> „betasten“ zu lassen. Der hier vorgestellte<br />
Zusammenhang wird auch noch an anderen<br />
Konfigurationen beobachtet werden <strong>und</strong> dient zu einer<br />
ersten Einführung.<br />
Die DANDELINsche Konfiguration:<br />
Eine Ebene E schneidet einen Rotationszylinder Z so,<br />
dass sie nicht parallel zu seiner Achse d ist. Es ist<br />
bereits aus 2.5 bekannt, dass der Schnitt zwischen<br />
Ebene <strong>und</strong> Zylinder eine Ellipse e ist. Der Schnitt teilt<br />
den Innenraum des Zylinders in zwei Bereiche, in<br />
denen jeder eine Kugel Ki aufnimmt, die den Zylinder<br />
jeweils längs eines Kreises ki <strong>und</strong> die Schnittebene in<br />
einem Punkt Fi berührt (vgl. die Abbildung). Diese<br />
Kugeln heißen DANDELINsche Kugeln, die<br />
Berührpunkte Fi mit der Schnittebene Brennpunkte<br />
der Ellipse. Dies gilt für i = 1 <strong>und</strong> i = 2.<br />
Die Wahl des Risses:<br />
In nebenstehender Abbildung liegt im Aufriss die<br />
Rotationsachse d des Zylinders in der Zeichenebene<br />
<strong>und</strong> die Schnittebene E waagrecht, also parallel zur<br />
Gr<strong>und</strong>rissebene, so dass im Gr<strong>und</strong>riss die Schnittellipse<br />
e in wahrer Größe zu sehen ist. (Alles andere des<br />
Gr<strong>und</strong>risses ist weggelassen.) Damit zeigt sich die<br />
Schnittebene im Aufriss projizierend als Gerade.<br />
Die Brennpunkteigenschaft der Ellipse:<br />
1. Durch jeden Ellipsenpunkt P geht eine<br />
Zylindermantellinie m, die die DANDELINschen<br />
Kugeln Ki in den Punkten Bi berührt.<br />
2. Die in E liegende Gerade PF1 <strong>und</strong> die<br />
Zylindermantellinie PB1 sind Tangenten von P an<br />
die Kugel K1. Deshalb sind nach obigem Hilfssatz<br />
2.6.1 die Tangentenabschnitte gleich lang <strong>und</strong> es<br />
gilt PF1 = PB1<br />
. Analog findet man mit der Kugel<br />
14<br />
K<br />
2<br />
Z<br />
F2<br />
k2<br />
e<br />
k<br />
1<br />
K1<br />
K2: PF2 = PB2<br />
3. Durch Streckenaddition folgt hieraus:<br />
PF1 + PF2 = B1P + PB2 = B1B2 = konstant, (6)<br />
weil es sich um einen Rotationszylinder handelt<br />
<strong>und</strong> die DANDELINschen Kugeln die Schnittebene E<br />
D<br />
von verschiedenen Seiten berühren <strong>und</strong> somit P zwischen den Punkten B1 <strong>und</strong> B2 liegt.<br />
K<br />
E<br />
C<br />
C<br />
F<br />
2<br />
k2<br />
B2<br />
e<br />
m<br />
B2<br />
Z<br />
M<br />
m<br />
B<br />
d<br />
B1<br />
F1<br />
P<br />
k 1<br />
P<br />
F1<br />
B1<br />
F<br />
2 M<br />
F1<br />
A<br />
Da der Zylinder, die Schnittebene <strong>und</strong> die DANDELINschen Kugeln zur Aufrissebene symmetrisch liegen, muss<br />
dies auch die Schnittellipse sein. Sie hat also eine Symmetrieachse. Da die Punkte F1 <strong>und</strong> F2 in der Formel (6)<br />
ausgetauscht werden können, ohne dass die Formel inhaltlich verändert wird, ist das Mittellot zu F1F2 ebenfalls<br />
Symmetrielinie. Es gilt also:<br />
Satz 2.6.2: Die Ellispe hat zwei aufeinander senkrecht stehende Symmetrieachsen.<br />
Wendet man das Ergebnis (6) auf die Hauptscheitel A <strong>und</strong> C (vgl. die Zeichnung der nächsten Seite) an, so ist<br />
4 a = AF1 + AF2 + CF1 + CF2 = 2 B1B2 , (7)<br />
wenn a die große Halbachse ist. Die Konstante hat also den Wert 2a.<br />
P<br />
A<br />
d<br />
K1
15<br />
Wendet man (6) auf den Nebenscheitel B an, so gilt BF1 = BF2 = a.<br />
Nach dem Lehrsatz des PYTHAGORAS<br />
findet man dann für die Brennweite e, also dem Abstand der Brennpunkte vom Ellipsenmittelpunkt M:<br />
2 2<br />
e = a − b<br />
Aufgabe 2.6.1: Zeige durch Rechnung: Alle Punkte P, für die hinsichtlich zweier ausgezeichneter Punkte F1<br />
<strong>und</strong> F2 gilt PF1 + PF2 = 2a<br />
zusammen mit F1F2 = : 2 e <strong>und</strong> b: = a − e<br />
2<br />
2<br />
2 2 , sind genau diejenigen<br />
Punkte P(x⏐y), für die gilt x<br />
2<br />
a<br />
+<br />
y<br />
2<br />
b<br />
= 1 , wobei die x-Achse die Gerade F1F2 <strong>und</strong> die y-Achse hierzu<br />
senkrecht durch den Mittelpunkt M der Punkte F1 <strong>und</strong> F2 festgelegt sind (vgl. Seite 29).<br />
Fasst man die Ergebnisse zusammen, so gilt:<br />
Satz 2.6.3: Zu jeder Ellipse mit den Halbachsen a <strong>und</strong><br />
b gibt es zwei ausgezeichnete Punkte F1 <strong>und</strong> F2,<br />
genannt Brennpunkte, derart, dass für alle<br />
Ellipsenpunkte P gilt PF1 + PF2 = 2a<br />
. F1 <strong>und</strong> F2<br />
liegen auf der Hauptachse der Ellipse jeweils im<br />
Abstand<br />
2 2<br />
e = a − b vom Ellipsenmittelpunkt M entfernt.<br />
e heißt Brennweite oder lineare Exzentrizität der<br />
Ellipse.<br />
C<br />
B<br />
F1 M F2<br />
A<br />
Aufgabe 2.6.2 (Gärtnerkonstruktion): Eine Endlosschleife PF1F2P hat für alle Ellipsenpunkte nach Satz<br />
2.6.3 konstante Länge. Schlägt man an den Brennpunkten Pfähle in den Boden, führt bei P den dritten<br />
Punkt <strong>und</strong> achtet darauf, dass die drei Punkte stets ein Dreieck bilden, so wandert P auf einer Ellipse mit<br />
den Brennpunkten F1 <strong>und</strong> F2. Mit dieser Methode haben vor allem die Gärtner des Barocks ellipsenförmige<br />
Blumenbeete angelegt.<br />
a) Führe die Konstruktion auf einem Parkplatz oder Rasen für a = 5,00 m <strong>und</strong> b = 3,00 m durch.<br />
b) Zeichne andere Ellipsen mit denselben Brennpunkten. Es entstehen sog. konfokale Ellipsen 1 .<br />
c) Versuche, Kurven zu finden, die auf der Schar konfokaler Ellipsen senkrecht stehen, d. h. die in jedem<br />
Punkt eine Tangente haben, die auf den Tangenten der bereits gezeichneten Ellipsen senkrecht stehen.<br />
d) Führe a), b) <strong>und</strong> c) im Maßstab 1:100 auf einem Zeichenblatt durch. Die Brennpunkte kann man z. B.<br />
durch Reißnägel festhalten.<br />
e) Mit Magnetteilen der Mechanikbaukästen fixiert der Lehrer an der Tafel die Brennpunkte <strong>und</strong> zeichnet<br />
relativ genau mit einer Schnurschleife Ellipsen.<br />
f) Führe die Zeichnung aus d) als Konstruktion allein durch Nutzung von Zirkel <strong>und</strong> Lineal aus. Hierzu ist<br />
es zweckmäßig erst einmal zwei Scharen konzentrischer Kreise um F1 <strong>und</strong> F2 zu zeichnen <strong>und</strong> sich dann<br />
gleich für mehrere konfokale Ellipsen die passenden Punkte zu suchen.<br />
g) Werden auch die zu f) senkrechten Kurven, die sogenannten Orthogonaltrajektorien, erkannt?<br />
Vergleiche die folgende Abbildung.<br />
h) Begründe, dass die entstehende Abbildung insbesondere bei sehr kleinen Schrittweiten als<br />
„Rautenmuster“ bezeichnet werden kann. Welche Eigenschaften haben die Diagonalen in Rauten?<br />
i) Formuliere Vermutungen über die Ellipsenschar, die Schar der dazu senkrechten Kurven sowie die<br />
Tangenten <strong>und</strong> Normalen der beiden Kurvenscharen.<br />
1 konfokal von focus, lateinisch Brennpunkt<br />
e<br />
b<br />
D<br />
a
16<br />
Hinweis: In der Nähe der Hauptscheitel <strong>und</strong> bei schlanken Ellipsen auch in der Nähe der Nebenscheitel<br />
wird die Konstruktion ungenau, da sich die Kreise von f) sehr schleifend, d. h. unter sehr spitzen Winkeln<br />
schneiden.<br />
Ein solches Muster ist in Bayern manchmal bei Föhn als Wolkenbildung zu sehen, wobei die Brennpunkte etwa<br />
über Rosenheim <strong>und</strong> Kempten liegen. Manche Leute sehen in dieser Wolkenbildung den Ursprung des<br />
Rautenmusters im Bayerischen Staatswappen.<br />
Satz 2.6.4: Die Ellipse teilt die Ebene in ein Außen- <strong>und</strong> in ein Innengebiet. Die Abstandssumme von den<br />
Bennpunkten der Ellipse zu allen Punkten im Innern der Ellipse ist kleiner, für alle Punkte auf der Ellipse gleich<br />
<strong>und</strong> für alle Punkte außerhalb der Ellipse größer als die Länge der großen Ellipsenachse.<br />
Dieser Satz <strong>und</strong> die Tatsache, dass die Ellipse aus den Brennpunkteigenschaften punktweise konstruiert werden<br />
kann, macht die Brennpunkteigenschaft zu einer definierenden Eigenschaft, d. h. einer Eigenschaft, die<br />
notwendig <strong>und</strong> hinreichend für eine Ellipse ist.<br />
Satz 2.6.5: Jede Kurve, deren Punkte von zwei festen Punkten F1 <strong>und</strong> F2 eine konstante Abstandssumme 2a<br />
haben, ist eine Ellipse mit der großen Achse der Länge 2a <strong>und</strong> den Brennpunkten F1 <strong>und</strong> F2.<br />
Aufgabe 2.6.3: Von einer Ellipse sind Mittelpunkt, ein Hauptscheitel <strong>und</strong> ein Brennpunkt gegeben.<br />
a) Konstruiere die Nebenscheitel.<br />
b) Wähle ein geeignetes Koordinatensystem <strong>und</strong> berechne die Koordinaten der Nebenscheitel.<br />
Aufgabe 2.6.4: Von einer Ellipse sind die Brennpunkte <strong>und</strong> ein beliebiger Kurvenpunkt P gegeben.<br />
a) Konstruiere die Scheitel, sowie die Tangente in P.<br />
b) Wähle ein geeignetes Koordinatensystem <strong>und</strong> berechne die Scheitel <strong>und</strong> die Tangente in P. Löse das<br />
letztere Problem möglichst ohne Analysis.<br />
Aufgabe 2.6.5: Die Achsen einer Ellipse seien die Koordinatenachsen. Im Punkt P(5⏐1,5) wird sie von der<br />
Tangente t berührt, die die x-Achse im Punkt T(8⏐0) schneidet.<br />
a) Konstruiere die Scheitel der Ellipse <strong>und</strong> zeichne diese.<br />
b) Berechne die Gleichung der Ellipse.<br />
Anleitung:<br />
1. Die Achsenstreckung der Ellipse zum (noch unbekannten) Hauptkreis bildet P nach P1 <strong>und</strong> t nach t1 ab,<br />
während M <strong>und</strong> T fix bleiben.<br />
2. Als Hauptkreistangente steht t1 senkrecht auf dem Berührradius MP1.
17<br />
3. Also ist ΔMP1T rechtwinklig <strong>und</strong> P1 liegt auf dem Thaleskreis über MT.<br />
4. Die Vervollständigung der Wimpelkonstruktion für den Punkt P liefert einen Punkt des Nebenkreises.<br />
Haupt- <strong>und</strong> Nebenkreis schneiden aus den Achsen die Scheitel aus.<br />
Aufgabe 2.6.6: Wie ändert sich die Konstruktion von Aufgabe 2.6.5, wenn die Tangente durch T(8⏐0) geht<br />
<strong>und</strong> jetzt als Berührpunkt Q(1⏐3,5) hat? Zeichne noch einige Ellipsen mit dem Berührpunkt R zu einer<br />
Tangente durch T(8⏐0). Gibt es unter diesen Ellipsen einen Kreis? Wie findet man ihn? Welche<br />
Besonderheit ergibt sich, wenn der Berührpunkt die Tangentestrecke zwischen den Achsen halbiert?<br />
Aufgabe 2.6.7: Eine Ellipse, deren Achsen die Koordinatenachsen sind, geht durch P(6⏐1,25) <strong>und</strong><br />
Q(3,9⏐2,6).<br />
a) Konstruiere die Scheitel der Ellipse.<br />
Anleitung: Jede Kreissehne steht senkrecht auf der Verbindungsgeraden ihres Mittelpunktes zum<br />
Kreismittelpunkt. Deshalb kann man im Wesentlichen ebenso vorgehen wie in Aufgabe 2.6.5.<br />
b) Berechne die Gleichung der Ellipse.<br />
Aufgabe 2.6.8: Eine Parallelenschar von Geraden schneidet einen Kreis. Die ausgeschnittenen Sehnen<br />
werden in einem konstanten Verhältnis geteilt.<br />
Begründe:<br />
a) Auf welcher Kurve liegen die Teilungspunkte?<br />
b) Welchen Sonderfall bilden die Teilungspunkte bei welchem Verhältnis?<br />
Aufgabe 2.6.9: Von einer Ellipse mit noch unbekannten Achsenrichtungen sind ein Brennpunkt F1, ein<br />
Nebenscheitel B <strong>und</strong> ein beliebiger Punkt P so gegeben, dass gilt:<br />
PB = 4, 7 cm, PF1 = 2, 3cm, BF1 = 3, 6 cm<br />
a) Konstruiere den zweiten Brennpunkt F2.<br />
b) Konstruiere den Mittelpunkt der Ellipse <strong>und</strong> alle ihre Scheitel.<br />
Beachte BF = BF <strong>und</strong> PF = 2a<br />
− PF .<br />
1 2 1 2<br />
2.7 Leitkreis <strong>und</strong> Tangenteneigenschaft<br />
Definition 2.7.1: Ein Kreis um einen Ellipsenpunkt F2 mit Radius 2a heißt der zum anderen Brennpunkt F1<br />
gehörige Leitkreis der Ellipse (vergleiche die folgende Abbildung).<br />
Für einen Ellipsenpunkt P werden die Brennstrahlen<br />
F1P <strong>und</strong> F2P gezeichnet <strong>und</strong> F2P über P hinaus bis G<br />
auf dem Leitkreis verlängert. Dann ist:<br />
G<br />
PF1 = 2a<br />
− PF2 = GF2 − PF2 = PG<br />
P<br />
t<br />
Damit ist der folgende Satz bewiesen:<br />
Satz 2.7.1:<br />
1. Alle Punkte einer Ellipse haben von einem<br />
Brennpunkt <strong>und</strong> dem dazugehörigen Leitkreis<br />
denselben Abstand.<br />
2. Alle Punkte, die von einem Kreis um F2 <strong>und</strong> von<br />
einem Punkt F1 in seinem Inneren gleiche Abstände<br />
haben, liegen auf einer Ellipse, die F1 <strong>und</strong> F2 als<br />
Brennpunkte besitzt.<br />
F F<br />
1 2<br />
Beide Aussagen kann man zusammenfassen:<br />
Die Punkte einer Ellipse sind genau diejenigen Punkte, die von einem Kreis <strong>und</strong> einem Punkt im Kreisinneren<br />
gleichen Abstand haben.<br />
Wir haben also hiermit eine weitere definierende Eigenschaft der Ellipse kennen gelernt.<br />
Betrachten wir nochmals die letzte Figur, in die jetzt auch noch die Winkelhalbierende t zum Winkel GPF1 mit<br />
einem Punkt Q ≠ P eingezeichnet ist. Da t Symmetrielinie im Dreieck GPF1 ist, gilt QF1 = QG . Wendet man
18<br />
die Dreiecksungleichung auf das Dreieck QGF2 an, so erhält man QF2 + QG = QF2 + QF1<br />
> GF2 . Letzteres<br />
ist 2a lang. Man hat also für solche Punkte Q ≠ P auf der Geraden t die Bedingung QF2 + QF1<br />
> 2a; deshalb<br />
liegen diese Punkte alle außerhalb der Ellipse. D. h. die Gerade t hat genau einen Punkt P mit der Ellipse<br />
gemeinsam, also ist t Tangente an die Ellipse. Man hat darüber hinaus das folgende Ergebnis gef<strong>und</strong>en:<br />
Satz 2.7.2: Jede Ellipsentangente halbiert den Außenwinkel der Brennstrahlen des Berührpunktes.<br />
Da eine Geradenkreuzung zwei aufeinander senkrechtstehende Winkelhalbierende hat, gilt also:<br />
Satz 2.7.3: Jeder Brennstrahl eines Ellipsenpunktes wird an der Ellipse zum anderen Brennstrahl reflektiert. Ein<br />
Strahlenbüschel, das vom einen Brennpunkt ausgeht, wird an der Ellipse so gespiegelt, dass es sich wiederum im<br />
anderen Brennpunkt trifft.<br />
Die Bezeichnung Brennpunkt kommt von dieser Eigenart.<br />
Aufgabe 2.7.1: Schneide aus Papier einen Kreis mit Mittelpunkt F1 aus (Durchmesser 16,0 cm) <strong>und</strong><br />
markiere in seinem Inneren einen weiteren Punkt F2 ≠ F1. Falte wiederholt so, dass der umgeklappte Teil<br />
des Kreises durch F2 geht. Begründe: Alle so entstehenden Knicklinien sind Tangenten einer Ellipse, die F1<br />
<strong>und</strong> F2 als Brennpunkte hat.<br />
Aufgabe 2.7.2: Beweise: Der Fußpunkt des Lotes von einem Brennpunkt einer Ellipse auf eine ihrer<br />
Tangenten liegt stets auf dem Hauptkreis der Ellipse. Betrachte hierzu die Figur zu Satz 2.7.1.<br />
Aufgabe 2.7.3: Konstruiere auf drei verschiedene Arten die Tangenten an eine Ellipse samt ihren<br />
Berührpunkten, die zu einer gegebenen Geraden g parallel sind. Die Ellipsenhalbachsen seien a = 5,0 cm<br />
<strong>und</strong> b = 4,0 cm <strong>und</strong> der Winkel der Geraden zur Hauptachse betrage 65 o .<br />
Aufgabe 2.7.4: Konstruiere auf drei Arten von einem Punkt außerhalb der Ellipse die Tangenten an die<br />
Ellipse.<br />
Aufgabe 2.7.5: Beweise mit Hilfe des Satzes der Aufgabe 2.7.2: Werden einem Kreis Rechtecke so<br />
einbeschrieben, dass eine Seite durch den festen Punkt F1 im Kreisinneren geht, dann geht die Gegenseite<br />
durch einen festen Punkte F2, während die anderen Seiten Tangenten einer Ellipse mit den Brennpunkten F1<br />
<strong>und</strong> F2 sind.<br />
2 2<br />
x y<br />
Aufgabe 2.7.6: Gegeben ist die Ellipse mit der Gleichung + = 1.<br />
Berechne die Gleichungen der<br />
25 36<br />
Normalen <strong>und</strong> der Tangente im Ellipsenpunkt P(4⏐?). Beachte: Die Normale steht in P senkrecht auf der<br />
Tangente. Welche Winkel schließt die Tangente mit der x-Achse ein? Eine Lösung ist ohne Analysis<br />
möglich.<br />
Aufgabe 2.7.7: Wo liegen die Mitelpunkte aller Kreise, die einen festen Kreis k berühren <strong>und</strong> durch einen<br />
festen Punkt P im Inneren des Kreises k hindurchgehen?<br />
Aufgabe 2.7.8: Wo liegen die Mittelpunkte aller Kreise, die zwei feste Kreise berühren, von denen einer<br />
ganz im Inneren des anderen liegt?<br />
Aufgabe 2.7.9: Gegeben ist eine Ellipse durch Mittelpunkt <strong>und</strong> Halbachsen a <strong>und</strong> b. Ellipsendurchmesser,<br />
die aus aufeinander senkrechten Durchmessern des Haupt- <strong>und</strong> Nebenkreises durch Achsenstreckung<br />
entstehen, nennt man konjugierte Durchmesser.<br />
a) Begründe, weshalb konjugierte Durchmesser zusammen mit den dazugehörigen Ellipsentangenten in<br />
deren Endpunkten Parallelogramme bilden.<br />
Hinweis: Benutze die Wimpelkonstruktion.<br />
b) Die Gerade, die im Ellipsenpunkt senkrecht auf der Tangente steht, heißt Normale. Finde mit a) eine<br />
Konstruktion für die Normale.
19<br />
Hinweis: Zeichne den sogenannten a + b –Kreis um den Mittelpunkt mit Radius a + b. Durch Drehen<br />
<strong>und</strong> Spiegeln eines Wimpels ergibt sich die Konstruktion. Die erforderlichen Abbildungen findet man<br />
rasch, wenn man einen Wimpel ausschneidet.<br />
c) Bei den Abbildungen von b) entsteht ein Rechteck, dessen eine Diagonale samt ihrer Verlängerung<br />
einen Beweis für die Papierstreifenmethode liefert.<br />
Aufgabe2.7.10:<br />
a) Drücke die Abstände der Scheitelkrümmungsmittelpunkte vom Ellipsenmittelpunkt durch a <strong>und</strong> e bzw.<br />
b <strong>und</strong> e aus.<br />
b) Berechne die Schnittpunkte der Ellipsennormalen mit den Koordinatenachsen. Drücke auch diese<br />
Abschnitte durch a <strong>und</strong> e bzw. b <strong>und</strong> e <strong>und</strong> durch je eine Koordinate des Ellipsenpunktes aus.<br />
c) Finde durch Vergleich mit der Konstruktion der Scheitelkrümmungsmittelpunkte eine Konstruktion<br />
der Ellipsennormalen.<br />
2.8 Anwendungen:<br />
1. Alte Völker (Germanen, Indianer u. a. ) haben ihre Thingstätten in Ellipsenform angelegt. Der Richter wie<br />
der Angeklagte standen an den Brennpunkten <strong>und</strong> konnten sich flüsternd hören, während die übrigen<br />
Versammelten längs <strong>und</strong> hinter der Ellipse nichts davon mitbekamen.<br />
2. Wenn eine Ellipse um ihre Hauptachse rotiert, überstreicht sie dabei eine Fläche, die Drehellipsoid genannt<br />
wird. Wird eine solche Fläche innen verspiegelt, dann reflektiert sie alle Lichtstrahlen, die von einer<br />
Lichtquelle (z. B. einer Kerze) in einem ihrer Brennpunkte ausgehen, in den anderen Brennpunkt <strong>und</strong><br />
entzündet dort unter Umständen ein Papier. Davon haben die Brennpunkte ihren Namen. In manchen Kirchen<br />
<strong>und</strong> Schlössern der Barock- <strong>und</strong> Rokokozeit wurden nach diesem Prinzip sogenannte Flüstergewölbe (siehe<br />
1.) gebaut. Diese Eigenschaft findet auch eine moderne Anwendung:<br />
3. In einem Brennpunkt eines Ellipsoids erzeugen starke elektrische Entladungen Stoßwellen, die aufgr<strong>und</strong> der<br />
Reflexion am Ellipsoid im anderen Brennpunkt zusammentreffen. Man steuert die Vorrichtung so, dass sich<br />
jeweils im „anderen“ Brennpunkt ein Nierenstein befindet, der auf diese Weise zertrümmert wird <strong>und</strong> seine<br />
Bestandteile durch den Harnleiter auf natürliche Weise abgehen. Früher musste der Patient hierzu in einem<br />
Wasserbad sitzen. Heute überträgt ein Wasserkissen die Energie der Entladungen in die Niere.<br />
3. Ebene Schnitte eines Drehkegels<br />
Erinnere dich:<br />
Ein Drehkegel entsteht, wenn eine Gerade m um eine Gerade d rotiert, die m in einem Punkt S schneidet. S heißt<br />
Spitze des Kegels, d seine Achse; die Drehlagen von m sind die Mantellinien des Drehkegels. Jeder Punkt<br />
beschreibt bei der Drehung einen Kreis, der d ebenfalls als Drehachse besitzt. Der Kegel ist stets sowohl über<br />
einen solchen Drehkreis, als auch über seine Spitze hinaus beliebig weit fortgesetzt zu denken. Der Kegel ist eine<br />
mathematische Fläche, die einen Raum einschließt.
Zerfallende Schnitte:<br />
E<br />
S<br />
β<br />
α<br />
d<br />
d<br />
S<br />
E<br />
Ke<br />
Ke<br />
20<br />
Wird ein solcher Drehkegel mit einer Ebene durch seine Spitze geschnitten, so besteht der Schnitt aus zwei<br />
Mantellinien, wenn der Winkel β der Ebene gegen die Achse kleiner ist als der halbe Öffnunsgwinkel α des<br />
Kegels.<br />
Ist β gleich dem halben Öffnungsgwinkel α, so erhält man als Schnitt der Ebene mit dem Kegel eine Mantellinie<br />
<strong>und</strong> die Ebene berührt den Kegel längs dieser Mantellinie.<br />
Ist β größer als der halbe Öffnungswinkel α, so bleibt als Schnitt nur die Kegelspitze S übrig.<br />
Nicht zerfallende <strong>Kegelschnitte</strong>:<br />
Ke<br />
Ke<br />
m<br />
α<br />
d<br />
S<br />
S<br />
β<br />
d<br />
E<br />
E = m<br />
E<br />
E<br />
β<br />
d<br />
S<br />
α<br />
d<br />
S<br />
Ke<br />
Ke
E<br />
h<br />
E<br />
h<br />
h<br />
S<br />
h<br />
α<br />
β<br />
d<br />
S<br />
d<br />
Ke<br />
Ke<br />
21<br />
β<br />
α<br />
e<br />
d<br />
Ke<br />
S E<br />
Verschiebt man die Schnittebene E parallel aus der Spitze S heraus, dann erhält man die folgenden Fälle:<br />
Ist der Winkel β der Schnittebene gegen die Kegelachse kleiner als der halbe Öffnungsgwinkel α des Kegels, so<br />
erhält man als Schnitt der Ebene mit dem Kegel einen zweiteiligen Kegelschnitt h, der aus zwei über alle<br />
Grenzen gehenden Ästen besteht.<br />
Ist β gleich dem halben Öffnungswinkel α, so bekommt man einen einteilig offenen Kegelschnitt p.<br />
Für β größer als α, so ergibt sich ein eiförmig ganz im Endlichen geschlossener Kegelschnitt e.<br />
Die drei Kurvenformen werden im Folgenden zunächst getrennt behandelt.<br />
Ke<br />
3.1 Der geschlossene Kegelschnitt<br />
p<br />
d<br />
S<br />
α=β<br />
S<br />
p<br />
d<br />
E<br />
Ke<br />
E<br />
Ke<br />
e<br />
d<br />
S<br />
E
1. Betrachtet man den Kegel <strong>und</strong> einen<br />
geschlossenen Schnitt in Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Aufriss, so<br />
lässt sich sowohl der Gr<strong>und</strong>riss als auch die wahre<br />
Gestalt des Schnittes punktweise gewinnen, indem<br />
man waagrechte Kreisschnitte des Kegels mit der<br />
Schnittebene schneidet. Diese Konstruktion gab<br />
ALBRECHT DÜRER 1 1525 an <strong>und</strong> kam zu dem<br />
Ergebnis, dass die eiförmige Schnittkurve unten<br />
„dicker“ sein müsse, weil dort der Kegel ebenfalls<br />
dicker ist .<br />
2. Um diese Vermutung zu überprüfen, stellt man<br />
sich den Kegel bei A durch einen ihn berührenden<br />
Drehzylinder vom Radius r angenähert vor.<br />
Vergleicht man ebene Schnitte E1, E2, E3, .............<br />
eines Drehzylinders vom Radius r untereinander,<br />
die durch dieselbe Tangente t eines Zylinderkreises<br />
hindurchgelegt werden, so sind dies Ellipsen mit<br />
gleicher kleiner Halbachse r, aber mit immer<br />
längerer großer Halbachse, je kleiner der<br />
Schnittwinkel gegen die Mantellinie wird (vgl. den<br />
„Aufriss“, die nebenstehende Zeichnung). Die<br />
untere Zeichnung (wahre Gestalt der<br />
Zylinderschnitte) zeigt, dass diese Ellipsen dann am<br />
Hauptscheitel immer schärfer gekrümmt sind.<br />
3. Die Einflüsse 1. <strong>und</strong> 2. wirken einander<br />
entgegen, <strong>und</strong> es erhebt sich die Frage: Welcher<br />
Einfluss ist stärker? Antwort geben wieder die<br />
DADELINschen Kugeln.<br />
Aufgabe 3.1.1: Die Krümmungskreisradien<br />
einer Ellipse berechnen sich bekanntlich gemäß<br />
b 2 :a bzw. a 2 :b, wenn a <strong>und</strong> b die Länge der<br />
großen bzw. kleinen Halbachse sind.<br />
22<br />
A = t<br />
E1<br />
A<br />
t Zy<br />
Konstruiere die Krümmungskreisradien der zu den obigen Schnitten gehörigen Ellipsen in A <strong>und</strong> zeichne die<br />
Lage der Mittelpunkte dieser Kreise in obigem Aufriss ein. Man findet so ein Beispiel für den sogenannten<br />
Satz von MEUSNIER: Fällt man vom Mittelpunkt eines Normalschnittes das Lot auf die Ebene eines schiefen<br />
Schnittes, so bekommt man den Krümmungsmittelpunkt des schiefen Schnittes. Man spricht von<br />
Normalschnitt, wenn die Schnittebene ein Flächenlot enthält; sonst heißt der Schnitt schief.<br />
Erinnere dich: Wir betrachten abermals den<br />
Berührkegel Ke von S an eine Kugel Ku. Man kann<br />
sich vorstellen, dass dieser Kegel durch Rotation<br />
um d entstanden ist. Die Tangenten von S an die<br />
Kugel sind dann die Mantellinien m des<br />
Drehkegels. Der Kegel berührt die Kugel längs<br />
eines Kreises k, der auf der Drehachse d senkrecht<br />
steht.<br />
Die DANDELINsche Konfiguration:<br />
1 ALBRECHT DÜRER, Nürnberger Maler, Goldschmied, Baumeister <strong>und</strong> Mathematiker, 1471 - 1528, schrieb 1525<br />
das erste deutschsprachige Lehrbuch der Darstellenden Geometrie, „Underweysung der Messung mit dem Zirkel<br />
<strong>und</strong> Richtscheyt in Linien Ebenen <strong>und</strong> gantzen Corporen“, worin er viele lehrreiche Konstruktionen <strong>und</strong><br />
Untersuchungen beschrieb.<br />
d<br />
Ku<br />
E2<br />
k<br />
Zy<br />
Ke<br />
E3<br />
m<br />
m<br />
E4<br />
E1<br />
r<br />
E2<br />
S<br />
r<br />
E3
1. Bei jeder zentrischen Streckung mit der<br />
Kegelspitze als Zentrum geht der Kegel als Ganzes<br />
in sich über, eine Berührkugel in eine andere,<br />
ebensolche Berührkugel des Kegels. So erhält man<br />
eine ganze Schar von Kugeln, die den Kegel längs<br />
je eines Kreises berühren.<br />
2. Wird nun der Kegel Ke mit einer Ebene E<br />
geschnitten, die eine geschlossene Schnittkurve<br />
liefert, so gibt es in der unter 1. genannten<br />
Kugelschar je eine Kugel, die die Schnittebene von<br />
der Seite der Kegelspitze her <strong>und</strong> von der anderen<br />
Seite her in jeweils einem Punkt F1 bzw. F2 berührt.<br />
Die Wahl des Risses:<br />
In nebenstehender Abbildung liegt im Aufriss die<br />
Rotationsachse d des Kegels in der Zeichenebene<br />
<strong>und</strong> die Schnittebene E waagrecht, also parallel zur<br />
Gr<strong>und</strong>rissebene, so dass im Gr<strong>und</strong>riss die Schnitt-<br />
figur e in wahrer Größe zu sehen ist. (Alles andere<br />
des Gr<strong>und</strong>risses ist weggelassen.) Damit zeigt sich<br />
die Schnittebene im Aufriss projizierend als<br />
Gerade.<br />
Die Brennpunkteigenschaft des Schnittes:<br />
1. Durch jeden Punkt P der Schnittfigur geht eine<br />
Kegelmantellinie m, die die DANDELINschen<br />
Kugeln Ki in den Punkten Bi berührt.<br />
2. Die in der Schnittebene E liegende Gerade PF1<br />
<strong>und</strong> die Kegelmantellinie PB1 sind Tangenten<br />
von P an die Kugel K1. Deshalb sind nach dem<br />
Hilfssatz 2.6.1 die Tangentenabschnitte gleich<br />
lang <strong>und</strong> es gilt PF1 = PB1<br />
. Analog findet man<br />
mit der Kugel K2: PF2 = PB2<br />
3. Durch Streckenaddition folgt hieraus:<br />
PF1 + PF2 = B1P + PB2 = B1B2 = konstant,<br />
weil es sich um einen Rotationskegel handelt<br />
<strong>und</strong> die DANDELINschen Kugeln die Schnittebene<br />
E von verschiedenen Seiten berühren <strong>und</strong><br />
somit P zwischen den Punkten B1 <strong>und</strong> B2 liegt.<br />
Damit ist der folgende Satz gezeigt:<br />
23<br />
K1<br />
B<br />
d<br />
1<br />
m<br />
e<br />
F1 F2<br />
Satz 3.1.1:<br />
Jeder geschlossene ebene Schnitt eines Drehkegels ist eine Ellipse.<br />
Beachte: Der Ellipsenmittelpunkt M (vgl. die letzte Zeichnung) liegt nicht auf der Drehachse des Kegels. Er<br />
muss also stets durch Halbierung einer Ellipsenachse gewonnen werden.<br />
Konstruktion der kleinen Achse:<br />
K1<br />
d<br />
F1<br />
B1<br />
M<br />
m<br />
P<br />
K2<br />
B2<br />
P F2<br />
F1 M F2<br />
Die Schnittebene <strong>und</strong> der Rotationskegel liegt wie in der vorausgegangenen Überlegung, d. h.:<br />
Die Schnittebene liegt parallel zur Gr<strong>und</strong>rissebene <strong>und</strong> ist im folgenden Bild projizierend.<br />
Die Achse des Kegels liegt parallel zur Bildebene des Aufrisses.<br />
Für die Konstruktion der kleinen Achse werden<br />
Ke<br />
im Folgenden drei Lösungen geboten:<br />
1. Lösung (vgl. die nebenstehenden Risse):<br />
e<br />
D<br />
Ke<br />
K2<br />
B2<br />
E<br />
M = B = D e = E<br />
k 1<br />
M<br />
B<br />
k<br />
1<br />
E<br />
Ke<br />
S<br />
S<br />
S
a) Alle Drehkreise erscheinen im Aufriss<br />
projizierend als Strecken senkrecht zur<br />
Rotationsachse, zeigen also dort ihre<br />
Radien in wahrer Länge.<br />
b) Im Aufriss fallen also die Nebenscheitel<br />
B <strong>und</strong> D mit dem Ellipsenmittelpunkt M<br />
zusammen. Der Drehkreis k1, auf dem die<br />
Nebenscheitel B <strong>und</strong> D liegen, hat seinen<br />
Mittelpunkt K1 auf der Drehachse<br />
außerhalb der Schnittebene E.<br />
c) Um zu erfahren, wie groß die kleine<br />
Ellipsenhalbachse ist, also wie weit B bzw.<br />
D vom Ellipsenmittelpunkt M entfernt sind,<br />
klappt man den Drehkreis k1 um 90 o in die<br />
Aufrissebene, zeichnet ihn also in wahrer<br />
Größe (gestrichelte Linie).<br />
24<br />
d) In der umgeklappten Lage von k1 erfährt man die Länge der kleinen Achse als MD, die man in den<br />
Gr<strong>und</strong>riss einträgt.<br />
S<br />
2. Lösung (mit Umkehrung der<br />
Papierstreifenmethode):<br />
Die Lage des Kegels Ke <strong>und</strong> der Schnittebene<br />
E wird von der 1. Lösung<br />
übernommen.<br />
a) Auch der Drehkreis k2, dessen<br />
Mittelpunkt K2 in der Schnittebene E liegt,<br />
zeigt im Aufriss die wahre Länge seines<br />
Radius r2.<br />
b) Auf k2 liegen zwei Ellipsenpunkte P <strong>und</strong><br />
Q vor bzw. hinter dem Kreismittelpunkt<br />
K2. Sie können also mit Hilfe des<br />
Kreisradius r2 im Gr<strong>und</strong>riss eingezeichnet<br />
werden.<br />
c) Jeder der beiden Punkte P <strong>und</strong> Q kann als<br />
Ausgangspunkt für die Umkehrung der<br />
Papierstreifenmethode verwendet werden.<br />
3. Lösung mit DANDELINscher Kugel:<br />
Die Lage des Kegels Ke <strong>und</strong> der Schnittebene<br />
E wird von der 1. <strong>und</strong> 2. Lösung<br />
übernommen.<br />
a) Die DANDELINsche Kugel K erscheint im<br />
C<br />
C<br />
e<br />
e<br />
k2 M<br />
K 2=P=Q<br />
M<br />
M<br />
B<br />
D<br />
Ke<br />
Q<br />
K 2<br />
P<br />
Ke<br />
e = E<br />
F<br />
T<br />
M F<br />
Ke<br />
A<br />
A<br />
Ke<br />
S<br />
S<br />
S
Aufriss als Inkreis des Dreiecks ASC.<br />
b) Dank der besonderen Lage erhält man im<br />
Aufriss den Brennpunkt der Ellipse als<br />
Berührpunkt des Inkreises.<br />
c) Wegen der Formel a 2 = b 2 + e 2 mit den<br />
Halbachsen a <strong>und</strong> b <strong>und</strong> der Brennweite e<br />
ergibt sich mit dem Lehrsatz des<br />
PYTHAGORAS die Länge der kleinen Achse.<br />
Beachte:<br />
Es sieht in dem gezeichneten Beispiel so aus, als<br />
lägen die Berührpunkte der Umrissmantellinien<br />
im Gr<strong>und</strong>riss auf dem Ordner zu F. Das ist<br />
Zufall.<br />
Aufgabe 3.1.2: Beweise den folgenden<br />
Satz:<br />
Der Gr<strong>und</strong>riss einer Ellipse auf einem<br />
Kegel mit lotrechter Achse d ist eine<br />
Ellipse, die den Gr<strong>und</strong>riss d seiner Achse<br />
<strong>und</strong> dessen Spiegelbild d am Gr<strong>und</strong>riss des<br />
Ellipsenmittelpunktes M als Brennpunkte<br />
besitzt.<br />
Anleitung anhand der nebenstehenden<br />
Zeichnung:<br />
a) Spiegle den Kegel am Mittelpunkt M<br />
der Ellipse. Die Achse des<br />
Spiegelbildes sei d.<br />
b) Schneide beide Kegel mit<br />
waagrechten Ebenen <strong>und</strong> konstruiere<br />
Gr<strong>und</strong>risspunkte mittels deren<br />
Drehkreisen.<br />
c) Suche im Aufriss Parallelogramme.<br />
25<br />
Aufgabe 3.1.3: Ein drehkegelförmiger Spielkreisel<br />
(vgl. nebenstehende Zeichnung) liegt mit einer<br />
Mantellinie auf einer waagrechten Ebene. Sein<br />
Randkreis erscheint in der Ansicht von oben als eine<br />
Ellipse mit den Halbachsen 3,00 cm <strong>und</strong> 1,00 cm.<br />
a) Wie groß ist der Durchmesser dieses Kreises?<br />
Begründe.<br />
d<br />
d<br />
M<br />
Q<br />
Q<br />
M<br />
d<br />
d<br />
P<br />
P
26<br />
b) Unter welchem Winkel ist die Kreisebene gegen<br />
die Auflageebene geneigt?<br />
c) Wie groß ist der halbe Öffnungswinkel des<br />
Kegels?<br />
d) Wie groß ist seine Höhe ( = Abstand der Spitze<br />
von der Ebene des Randkreises)?<br />
e) Zeichne den Gr<strong>und</strong>riss des Kreisels.<br />
Aufgabe 3.1.4: Ein Einschütt-Trichter in einer<br />
lotrechten Wand w hat die Gestalt eines Drehkegels<br />
(seine Seitenansicht siehe in nebenstehender<br />
Zeichnung), der außen durch einen Drehkreis k<br />
begrenzt ist. Zeichne den Aufriss (Ansicht von vorne in<br />
der Pfeilrichtung des nebenstehenden Bildes) des<br />
Trichters im Maßstab 1:10 auf DIN-A4-Querformat<br />
<strong>und</strong> verwende zum Konstruieren insbesondere<br />
a) die Bilder der Kegelspitze, des höchsten Punktes B<br />
<strong>und</strong> des Mittelpunktes K des Kreises k (wähle für<br />
die Blattkoordinaten von K in mm (85⏐115));<br />
b) Haupt- <strong>und</strong> Nebenscheitel des Kreisbildes von k;<br />
c) den Aufrissumriss des Trichters (vgl. die Aufgabe<br />
3.1.3) sowie seine Berührpunkte U1 <strong>und</strong> U2 mit<br />
dem Aufriss von k.<br />
d) Konstruiere im Aufriss Hauptscheitel, Mittelpunkt,<br />
Nebenscheitel <strong>und</strong> Brennpunkte der Schnittellipse<br />
e zwischen Trichter <strong>und</strong> Wandebene.<br />
e) Wo berührt der Umriss den Aufriss der Ellipse e?<br />
Aufgabe 3.1.5: Auf dem Satteldach einer Kirche sitzt<br />
ein drehkegelförmiger „Dachreiter“.<br />
Zeichne Vorder- <strong>und</strong> Seitenansicht (vgl. nebenstehende<br />
Zeichnung) im Maßstab 1:50 auf DIN-A4- Querformat<br />
(wähle Blattkoordinaten für die Vorderansicht<br />
S(90⏐200) <strong>und</strong> für die Seitenansicht S(210⏐200)) <strong>und</strong><br />
konstruiere dabei den Mittelpunkt <strong>und</strong> alle vier<br />
Scheitel der Schnittellipse von Kegel <strong>und</strong> Dach.<br />
Die Maße in der Zeichnung sind in cm gegeben. Die<br />
Zeichnung ist nicht maßstäblich.<br />
Bastle ein Modell: Schneide die Ellipse in wahrer Größe als Loch aus <strong>und</strong> stecke durch dieses Loch den zu<br />
500<br />
langen Kegel. Zeichne auf dem Kegelmantel die Schnittfigur.<br />
Aufgabe 3.1.6: Gegeben ist ein Kreis k(M,r,a) mit den folgenden Angaben in mm:<br />
Mittelpunkt M(200⏐300⏐400),<br />
Radius r = 800,<br />
die Achse a des Kreises hat gegenüber der Waagrechten die Neigung von 60 o .<br />
Berechne für sein Orthogonalbild auf eine waagrechte Ebene die Halbachsenlängen, den Mittelpunkt <strong>und</strong><br />
die Brennweite der Bildellipse.<br />
3.2 Der zweiteilige Kegelschnitt<br />
Eine Ebene E, die mit der Achse d eines Drehkegels Ke einen kleineren Winkel einschließt als den halben<br />
Öffnungswinkel des Kegels <strong>und</strong> nicht durch seine Spitze geht, schneidet den Kegel auf beiden Seiten seiner<br />
Spitze in je einem „Ast“ einer zweiteiligen Kurve.<br />
Die DANDELINsche Konfiguration<br />
1. Erinnere dich: Bei jeder zentrischen<br />
Streckung mit der Kegelspitze als Zentrum<br />
geht der Kegel als Ganzes in sich über, die<br />
P<br />
F1<br />
Ke<br />
B1<br />
E<br />
o<br />
22,5<br />
22,5o w<br />
B<br />
e 45 o<br />
B2<br />
40 cm<br />
F2<br />
K<br />
k<br />
300 600
Kugel, die ihn berührt, geht in eine<br />
ebensolche Berührkugel über. So erhält<br />
man eine ganze Schar von Kugeln auf<br />
beiden Seiten der Spitze, die den Kegel<br />
jeweils längs eines Kreises berühren.<br />
2. Wird nun der Kegel in der oben<br />
beschriebenen Art von einer Ebene E<br />
geschnitten, so gibt es auf beiden Seiten der<br />
Spitze jeweils eine solche Berührkugel, die<br />
die Schnittebene in jeweils einem Punkt F1<br />
bzw. F2 berührt.<br />
Die Wahl der Risse:<br />
In nebenstehender Abbildung liegt im Aufriss<br />
die Rotationsachse d des Kegels Ke in der<br />
Zeichenebene <strong>und</strong> die Schnittebene E<br />
waagrecht, also parallel zur Gr<strong>und</strong>rissebene, so<br />
dass im Gr<strong>und</strong>riss die Schnittfigur h in wahrer<br />
Größe zu sehen ist (alles andere ist im Gr<strong>und</strong>riss<br />
weggelassen). Damit zeigt sich die Schnittebene<br />
E im Aufriss projizierend als Gerade.<br />
Die Brennpunkteigenschaft des Schnittes:<br />
1. Durch jeden Punkt P der Schnittfigur geht<br />
eine Kegelmantellinie, die die<br />
DANDELINschen Kugeln Ki in den Punkten<br />
Bi berührt.<br />
2. Die in der Schnittebene E liegende Gerade<br />
PFi <strong>und</strong> die Kegelmantellinie PBi sind<br />
Tangenten von P an die Kugel Ki. Deshalb<br />
sind nach dem Hilfssatz 2.6.1 die<br />
Tangentenabschnitte gleich lang <strong>und</strong> es gilt<br />
PFi = PBi<br />
für i = 1 <strong>und</strong> i = 2.<br />
3. Durch Streckensubtraktion findet man<br />
PF1 − PF2 = B1B2 , die Länge des<br />
Mantellinienstücks zwischen den beiden<br />
Berührkreisen.<br />
Vergleiche diesen Beweis mit dem<br />
entsprechenden für die Ellipse.<br />
Definition 3.2.1: Die Berührpunkte mit den DANDELINschen Kugeln heißen Brennpunkte.<br />
Damit ist bewiesen:<br />
27<br />
Satz 3.2.1:<br />
Der zweiteilige Schnitt eines Rotationskegels hat die Eigenschaft, dass die Differenz der Abstände eines<br />
Kurvenpunktes zu den Brennpunkten konstant ist.<br />
Definition 3.2.2:<br />
K 1<br />
P<br />
P<br />
F1<br />
F1<br />
B1<br />
Ke<br />
M<br />
M<br />
E<br />
h<br />
F2<br />
B2<br />
F2<br />
K2<br />
h h<br />
d<br />
d
28<br />
Jede ebene Kurve mit der Eigenschaft, dass die Differenz der Abstände eines Kurvenpunktes zu zwei<br />
ausgezeichneten Punkten konstant ist, heißt Hyperbel 2 .<br />
Satz 3.2.2:<br />
Jede Hyperbel hat zwei Symmetrieachsen, die aufeinander senkrecht stehen.<br />
Beweis:<br />
1. Die Konfiguration des Drehkegels <strong>und</strong> der Schnittebene ist zur Aufrissebene symmetrisch, also muss dies<br />
auch für deren Schnitt gelten.<br />
2. Da die definierende Eigenschaft der Hyperbel die Punkte F1 <strong>und</strong> F2 völlig gleich behandelt, muss auch deren<br />
Mittellot Symmetrieachse der Hyperbel sein.<br />
3. Damit stehen die Symmetrieachsen aufeinander senkrecht. Ihr Schnittpunkt ist der Mittelpunkt der<br />
Hyperbel.<br />
Namengebung:<br />
Die Brennpunkte liegen auf einer Symmetrieachse, die Hauptachse der Hyperbel heißt. Die Schnittpunkte der<br />
Hyperbel mit der Hauptachse heißen Hyperbelscheitel. Die zweite Symmetrieachse heißt die Nebenachse der<br />
Hyperbel. Beide Achsen schneiden sich im Mittelpunkt der Hyperbel.<br />
Es sei der Abstand der Berührkreise auf den Mantellinien 2a. Wendet man auf je einen Scheitel A bzw. C die<br />
oben gef<strong>und</strong>ene Differenzformel an, so findet man<br />
AF2 − AF1 = AC + CF2 − AF1 = 2a<br />
bzw.<br />
CF1 − CF2 = AC + AF1 − CF2 = 2a<br />
. Addiert man diese beiden Zeilen, so ergibt sich 2 ⋅ AC = 4a<br />
.<br />
Weitere Namengebung:<br />
a = AM = CM heißt reelle Halbachse der Hyperbel.<br />
e = MF1 = MF2<br />
heißt Brennweite oder lineare Exzentrizität der Hyperbel.<br />
Der Kreis um M durch die Scheitel heißt Hauptkreis.<br />
Aufgabe 3.2.1: Konstruiere eine zum Zeichnen der Kurve hinreichende Anzahl von Punkten einer<br />
Hyperbel unter Verwendung von deren Brennpunktabständen, wenn gegeben sind a = 3,0 cm sowie:<br />
e = 3,3 cm; e = 3,75 cm; e = 3 2 cm; e = 5,0 cm; e = 6,0 cm; e = 7,8 cm.<br />
Hinweis: In der Nähe der Scheitel <strong>und</strong> für weit entfernte Punkte wird diese Punktkonstruktion ungenau, da die<br />
verwendeten Kreise sich sehr schleifend schneiden.<br />
Betrachtet man die Hyperbel als eigenständiges Gebilde, so wählt man bevorzugt die Hauptachse in waagrechter<br />
Richtung.<br />
Legt man die x-Achse eines Koordinatensystems auf die Hauptachse <strong>und</strong> die y-Achse auf die Nebenachse einer<br />
Hyperbel, so gilt nach der Brennpunkteigenschaft für einen Punkt P(x⏐y) mit den eingeführten Bezeichnungen:<br />
PF1 − PF2 = 2a<br />
Um die Lösung zur entsprechenden Fragestellung der Ellipse (vgl. Aufgabe 2.6.1) hier mitzunehmen, wird die<br />
Brennpunkteigenschaft der Ellipse mitberücksichtigt. Die beiden Gleichungen werden durch den<br />
Vorzeichenwechsel in der folgenden Gleichung zusammengefasst:<br />
PF1 ± PF2 = 2a<br />
oder<br />
PF = 2a<br />
m PF oder mit den Punktkoordinaten<br />
1 2<br />
2 2 2 2<br />
( x + e) + y = 2a m ( x − e) + y . Man quadriert beide Seiten <strong>und</strong> erhält:<br />
2 ′υπερβ′αλλειν , hyperballein, griechisch darüber hinauswerfen
29<br />
2 2 2 2 2 2 2 2 2<br />
x + 2xe + e + y = 4a + x − 2xe + e + y m 4a<br />
( x − e) + y .<br />
Fasst man zusammen <strong>und</strong> stellt die Wurzel allein, so ergibt sich:<br />
2 2 2<br />
m4a ( x − e) + y = 4xe − 4a<br />
.<br />
Nach Division mit 4 <strong>und</strong> abermaligem Quadrieren findet man:<br />
2 2 2 2 2<br />
a x − 2a xe + a e<br />
2 2<br />
+ a y<br />
2 2 2 4<br />
= x e − 2a<br />
xe + a .<br />
Zusammenfassen ergibt:<br />
2<br />
( e<br />
2 2<br />
− a ) x −<br />
2 2<br />
a y =<br />
2 2<br />
a ( e<br />
2<br />
− a )<br />
Da der Hauptscheitel der Hyperbel nicht ihr Brennpunkt ist, ist e 2 - a 2 ≠ 0.<br />
Bei der Hyperbel setzt man nun b 2 : = e 2 - a 2 <strong>und</strong> nennt b die imaginäre Halbachse der Hyperbel 3 , weil die<br />
Hyperbel auf der Nebenachse keine Scheitel besitzt.<br />
Für die Ellipse gilt - b 2 = e 2 - a 2 . Deshalb folgt aus oben, wenn man durch a 2 b 2 dividiert:<br />
x<br />
a<br />
2<br />
2<br />
2<br />
y<br />
± = 1 als Gleichung für die Ellipse bzw. Hyperbel. Damit ist auch Aufgabe 2.6.1 gelöst.<br />
2<br />
b<br />
Die Mittelpunktgleichung für die Hyperbel lautet:<br />
x<br />
a<br />
2<br />
2<br />
2<br />
y<br />
− = 1 2<br />
b<br />
Beachte: Ellipsen mit a = b heißen Kreise. Hyperbeln mit a = b heißen gleichseitige Hyperbeln.<br />
Löst man die Hyperbelgleichung nach y auf, so erhält man<br />
b<br />
y = ± x − b<br />
2<br />
a<br />
2<br />
2 2 . Hieraus folgt<br />
2<br />
y b a<br />
= ± 1−<br />
2 x a x<br />
.<br />
Da Hyperbelpunkte beliebig weit vom Hyperbelmittelpunkt entfernt sein können, erkennt man aus der letzten<br />
Gleichung für solche Punkte:<br />
y b<br />
→ ±<br />
x a<br />
D. h. für große x unterscheiden sich die<br />
Hyperbelpunkte nicht merklich von denen der Geraden<br />
b<br />
mit der Gleichung y<br />
a x = ± .<br />
Eine Gerade heißt Asymptote 4 einer Kurve, wenn die<br />
Punkte der Kurve im Unendlichen, d. h. hier für große<br />
x beliebig nahe an die Gerade herankommen.<br />
Erinnere dich:<br />
Entsteht eine Hyperbel als ebener Schnitt eines<br />
Drehkegels, so erzeugen alle Mantellinien des Kegels<br />
Hyperbelpunkte bis auf die beiden Mantellinien, die<br />
zur Schnittebene parallel sind.<br />
y = -(b:a)x<br />
3 Der Ausdruck − b 2 ist für b ≠ 0 zunächst nicht definiert. C. F. GAUSS, 1777 – 1855 hat jedoch gezeigt, dass<br />
man mit dem Symbol i = − 1 wie mit Zahlen rechnen kann, ohne Widersprüche zu erzeugen. Er gab solchen<br />
neuen “Zahlen” den Namen “imaginäre Zahlen” (von imago, lateinisch Bild, also “bildliche Zahlen”). Vgl.<br />
Additum zu Klasse 11 in Bayern.<br />
4 Asymptote von συμπιπτειν symptiptein, griechisch zusammentreffen, also die “Nichtzusammentreffende”, d.<br />
h. die einzige Gerade ihrer Parallelenschar, die die Hyperbel nicht (im Endlichen) schneidet.<br />
y<br />
y = (b:a)x<br />
(a;0)<br />
x<br />
2 -2<br />
2 -2<br />
a - y b = 1<br />
x
30<br />
Man stellt sich vor, dass diese Mantellinien die Hyperbel erst im Unendlichen, d. h. bei den Asymptoten treffen;<br />
also sind die Asymptoten parallel zu diesen Mantellinien <strong>und</strong> es gilt der Satz:<br />
Satz 3.2.3:<br />
Jede Hyperbel besitzt zwei Asymptoten. Diese sind parallel zu denjenigen Mantellinien des Drehkegels mit zur<br />
Hyperbelebene paralleler Achse, die parallel zur Schnittebene durch die Spitze des Kegels gehen.<br />
Aufgabe 3.2.2: Berechne die fehlenden Bestimmungsstücke einer Hyperbel, deren Achsen die<br />
Koordinatenachsen sind <strong>und</strong> von der gegeben ist:<br />
a) a = 5; P(13⏐6) b) b = 6; P(5⏐8) c) b:a = 3:4; P(10⏐6)<br />
Ergebnis: Die Asymptoten <strong>und</strong> ein Punkt legen eine Hyperbel fest.<br />
Stechzirkelkonstruktion der Hyperbel:<br />
Löst man die Hyperbelgleichung nach x auf:<br />
2<br />
a 2 2<br />
x = ± y + a 2<br />
b<br />
<strong>und</strong> setzt man<br />
a<br />
s<br />
b y : = , (1)<br />
so erhält man<br />
2 2<br />
x = ± s + a . (2)<br />
Sind die Achsenrichtungen <strong>und</strong> die Halbachsenlängen<br />
<strong>und</strong> damit die Asymptoten einer Hyperbel gegeben,<br />
<strong>und</strong> zeichnet man die Parallelen zur Hauptachse im<br />
Abstand b <strong>und</strong> in einem beliebigen Abstand y, so gilt<br />
(1) wegen s a<br />
= (vgl. die Zeichnung) <strong>und</strong> (2) kann<br />
y b<br />
aus der Zeichnung abgelesen werden. Man erhält also die folgende Punktkonstruktion:<br />
Punktverfahren: Stechzirkelkonstruktion der Hyperbel:<br />
1. Die Parallele zur Hauptachse im beliebigen Abstand y schneidet die Nebenachse in R <strong>und</strong> eine Asymptote in<br />
Q.<br />
2. Wird RQ auf der Nebenachse von M aus bis T abgetragen, dann<br />
3. ist AT = x <strong>und</strong> kann auf RQ von R aus nach beiden Seiten abgetragen werden <strong>und</strong> liefert so den<br />
Hyperbelpunkt P <strong>und</strong> seinen Spiegelpunkt P * .<br />
Aufgabe 3.2.3: Beweise die Richtigkeit der<br />
folgenden zweiten Stechzirkelkonstruktion:<br />
1. Die Parallele zur Nebenachse im Abstand x<br />
schneidet die Hauptachse in N, eine<br />
Asymptote in U.<br />
2. b wird auf der Hauptachse von N bis V<br />
abgetragen.<br />
3. NU wird von V aus zur Geraden NU hin<br />
nach beiden Seiten abgetragen <strong>und</strong> liefert so<br />
den Hyperbelpunkt P <strong>und</strong> seinen<br />
P *<br />
M<br />
T<br />
y<br />
R<br />
Q<br />
A<br />
P<br />
U<br />
P<br />
x<br />
N V
Spiegelpunkt P * .<br />
Anleitung: Löse die Hyperbelgleichung nach y auf<br />
usw.<br />
31<br />
Die Stechzirkelkonstruktionen haben für die Hyperbel eine ähnliche Bedeutung wie die<br />
Papierstreifenkonstruktionen für die Ellipse. Dies gilt ebenso für die Umkehrbarkeit.<br />
Umkehrungen der Stechzirkelkonstruktionen:<br />
Von einer Hyperbel sind die Asymptoten <strong>und</strong> ein Kurvenpunkt<br />
P gegeben. Gesucht sind die Hyperbelhalb-<br />
achsen (Scheitel <strong>und</strong> Scheiteltangenten).<br />
Lösung:<br />
1. Die Parallele durch P zur Hauptachse<br />
(Winkelhalbierende der Asymptoten in dem<br />
Winkelraum, in dem P liegt) schneidet die nächste<br />
Asymptote in Q <strong>und</strong> die Nebenachse in R.<br />
2. RQ wird auf der Nebenachse von M aus bis T abgetragen.<br />
3. RP wird von T aus zur Hauptachse hin abgetragen. Das liefert dort den Scheitel A <strong>und</strong> damit a.<br />
4. Das Lot in A auf der Hauptachse als Scheiteltangente liefert b als den Abschnitt von A bis zur Asymptote.<br />
Aufgabe 3.2.4: Finde mit Hilfe von Aufgabe 3.2.2 die entsprechende Umkehrung der<br />
Stechzirkelkonstruktion.<br />
Aufgabe 3.2.5: Von einer Hyperbel sind eine Halbachse <strong>und</strong> ein Kurvenpunkt P gegeben. Konstruiere mit<br />
Hilfe einer weiteren Umkehrung der jeweils geeigneten Stechzirkelkonstruktion die Asymptoten <strong>und</strong> die<br />
andere Halbachse.<br />
Aufgabe 3.2.6: Vergleiche: Wie hängt bei den Aufgaben 3.2.4 <strong>und</strong> 3.2.5 die Genauigkeit des Ergebnisses<br />
von der Lage des Punktes P zur Hauptachse der Hyperbel ab?<br />
Aufgabe 3.2.7: Konstruiere die Brennpunkte einer Hyperbel, von der die Halbachsen bzw. eine Halbachse<br />
<strong>und</strong> die Asymptoten gegeben sind.<br />
Aufgabe 3.2.8: Konstruiere jeweils die fehlenden Asymptoten <strong>und</strong> Halbachsen einer Hyperbel, die<br />
gegeben ist durch die Brennpunkte <strong>und</strong><br />
a) eine Asymptote, b) eine Halbachse, c) einen Punkt P.<br />
Aufgabe 3.2.9: Begründe die nebenstehende<br />
Methode, mittels Lineal <strong>und</strong> Faden eine<br />
Hyperbel zu zeichnen. Was muss beim<br />
Einrichten dieses “Hyperbelzirkels” beachtet<br />
werden, wenn die Achsen, die reelle Halbachse a<br />
<strong>und</strong> die lineare Exzentrizität e der Hyperbel<br />
gegeben sind?<br />
Hinweis: Diese vorgestellte Methode ist das<br />
Analogon zur Gärtnerkonstruktion der Ellipse.<br />
Aufgabe 3.2.10: Beweise: Der Gr<strong>und</strong>riss einer Hyperbel auf einem Drehkegel mit lotrechter Achse d1 ist<br />
eine Hyperbel mit Mittelpunkt M, die die Gr<strong>und</strong>risse von d1 <strong>und</strong> d2 als Brennpunkte hat, wobei d2 das<br />
Spiegelbild von d1 am Mittelpunkt M der Schnitthyperbel ist. Die Hyperbelebene darf nicht lotrecht sein.<br />
2<br />
1<br />
M<br />
1<br />
R<br />
4<br />
3<br />
T<br />
y<br />
F2<br />
(-a;0)<br />
Q<br />
U<br />
P<br />
P<br />
F (e;0)<br />
1<br />
x
32<br />
Hinweis: Verfahre genauso wie beim Beweis des entsprechenden Satzes für die Ellipsenschnitte eines<br />
solchen Kegels. Spiegle zuerst den Drehkegel am Mittelpunkt M der Schnitthyperbel <strong>und</strong> betrachte<br />
Kreisschnitte auf den beiden Kegeln usw.<br />
2 2<br />
x y<br />
Aufgabe 3.2.11: Zeichne einige Punkte der Hyperbel mit der Gleichung − + = 1 .<br />
16 25<br />
( x − c)<br />
( y − d)<br />
Aufgabe 3.2.12: Was für eine Kurve stellt die Gleichung − 2<br />
2<br />
a b<br />
a) Welche Bedeutung haben die Konstanten a, b, c <strong>und</strong> d?<br />
b) Zeichne die Kurve für a = 5,0 cm, b = 2,= cm, c = 3,0 cm, d = 1,0 cm.<br />
2<br />
2<br />
= 1 dar?<br />
Aufgabe 3.2.13: Die Geraden mit den Gleichungen 3x – 6y + 60 = 0 <strong>und</strong> 3x + 6y + 20 = 0 sind die Asymptoten<br />
einer Hyperbel durch den Ursprung des Koordinatensystems. Stelle die Gleichung der Hyperbel<br />
auf.<br />
Sekanten- <strong>und</strong> Tangenteneigenschaft:<br />
Jede Hyperbel zusammen mit ihren Asymptoten <strong>und</strong><br />
der Hauptachse d kann man als Gr<strong>und</strong>riss einer<br />
räumlichen Konfiguration wie folgt deuten:<br />
Die Asymptoten sind der Umriss eines Drehkegels Ke<br />
mit waagrechter Achse d, der von einer waagrechten<br />
Ebene E in einer Hyperbel geschnitten wird. Der<br />
Einfachheit halber kann man annehmen, dass d in der<br />
Gr<strong>und</strong>rissebene E liegt.<br />
Es wird nun untersucht, wie eine Hyperbelsekante s zu<br />
deren Asymptoten liegt.<br />
Zu diesem Zweck stellt man sich die dreidimensionale,<br />
oben beschriebene Konfiguration vor <strong>und</strong> legt eine<br />
senkrechte Ebene E durch die Sekante s.<br />
a) Diese Ebene kann sich mit dem Drehkegel in<br />
einem endlichen Kegelschnitt, also in einer Ellipse<br />
e, schneiden, die man in die Zeichenebene<br />
umklappt. Da die Kegelachse d in der<br />
Zeichenebene liegt, muss auch der Ellipsenschnitt<br />
zur Zeichenebene symmetrisch liegen.<br />
Aus dieser Symmetrie folgt:<br />
GP = QH<br />
b) Liegt diese Ebene E so, dass der Schnitt eine<br />
Hyperbel h1 ist, so klappt man diese auch in die<br />
Zeichenebene E um <strong>und</strong> erhält aus<br />
Symmetriegründen ebenfalls<br />
GP = QH .<br />
Satz 3.2.4: Die Abschnitte auf einer Hyperbelsekante<br />
von den Hyperbelpunkten P <strong>und</strong> Q bis zum jeweils<br />
nächstgelegenen Schnittpunkt mit einer Asymptote<br />
sind gleich lang.<br />
h1<br />
d<br />
h<br />
s = E<br />
Ke<br />
Q<br />
H<br />
h<br />
s = E = e<br />
Q<br />
H<br />
s = E = h 1<br />
Q<br />
Ke<br />
G<br />
P<br />
G<br />
P<br />
H<br />
h<br />
H<br />
h1<br />
t<br />
e<br />
h<br />
Q<br />
G P<br />
P = Q<br />
d<br />
d<br />
G<br />
h<br />
P
Wird nun die Sekante s um P gedreht, so gibt es eine<br />
Lage von s, in der Q mit P zusammenfällt, so dass s mit<br />
der Hyperbel dann nur diesen Punkt P gemeinsam hat.<br />
Diese Lage t von s ist also eine Tangente an die<br />
Hyperbel in P. Die oben festgestellte Streckengleichheit<br />
GP = QH<br />
gilt für jede Lage, also auch noch in der Grenzlage t.<br />
Deshalb gilt:<br />
Satz 3.2.5: Auf der Hyperbeltangente halbiert der<br />
Berührpunkt die Strecke zwischen den Schnittpunkten<br />
mit den Asymptoten.<br />
Damit erhält man die folgende<br />
Konstruktion einer Hyperbeltangente:<br />
1. Die Parallelen zu den Asymptoten durch einen<br />
Hyperbelpunkt P sind Mittelparallelen im Dreieck<br />
MGH.<br />
2. Die Tangente t in P an die Hyperbel ist die<br />
Parallele durch P zu einer Diagonalen des<br />
Parallelogramms aus den Asymptoten <strong>und</strong> den<br />
gezeichneten Parallelen.<br />
Hinweis:<br />
33<br />
Mit Analysis (etwa am Ende der Jahrgangsstufe 11) kann man zeigen: Wandert ein Hyperbelpunkt nach<br />
unendlich, so geht seine Tangente in eine Asymptote über. Deshalb gelten gemeinsame Tangenteneigenschaften<br />
auch für die Asymptoten.<br />
Aufgabe 3.2.14: Begründe die Tangentenkonstruktion der Hyperbel mit Satz 3.2.5. Wie kann man sie<br />
abwandeln, wenn z. B. MH (vgl. die letzte Zeichnung) unzugänglich ist?<br />
Aufgabe 3.2.15: Eine Hyperbel ist durch ihre Asymptoten <strong>und</strong> einen Scheitel gegeben. Konstruiere eine<br />
hinreichende Anzahl von Hyperbelpunkten nach einer Stechzirkelkonstruktion. Wie genau werden die<br />
Ergebnisse<br />
a) in der Nähe der Scheitel;<br />
b) für weit entfernte Punkte?<br />
c) Vergleiche mit der entsprechenden Genauigkeitswertung für die Umkehrungen der<br />
Stechzirkelkonstruktionen nach Aufgabe 3.2.6.<br />
Aufgabe 3.2.16: Eine Hyperbel ist durch die Asymptoten <strong>und</strong> einen Punkt P gegeben. Konstruiere weitere<br />
Hyperbelpunkte nach dem Satz 3.2.4 <strong>und</strong> bewerte die Genauigkeit der Ergebnisse bei dieser Konstruktion.<br />
M<br />
2<br />
4<br />
3<br />
1<br />
P
34<br />
Aufgabe 3.2.17: Konstruiere die Bestimmungsstücke (Achsen, Halbachsenlängen, Asymptoten) einer<br />
Hyperbel, die gegeben ist durch<br />
a) eine Asymptote, den Mittelpunkt <strong>und</strong> zwei Punkte;<br />
b) eine Asymptote, die Richtung der anderen Asymptote <strong>und</strong> zwei Punkte;<br />
c) eine Asymptote, den Mittelpunkt <strong>und</strong> einen weiteren Punkt mit seiner Tangente.<br />
Aufgabe 3.2.18: Konstruiere die Schnittpunkte einer durch Asymptoten <strong>und</strong> Scheitel gegebenen Hyperbel<br />
mit einer beliebigen Geraden, ohne die Hyperbel zu zeichnen.<br />
Anleitung: Deute die Asymptoten als Riss eines Drehkegels mit einer zur Rissebene parallelen Achse <strong>und</strong><br />
die Gerade als Riss einer projizierenden Ebene. Zeichne die wahre Gestalt des Ebenenschnittes <strong>und</strong><br />
konstruiere dort die gesuchten Schnittpunkte mit der Wimpel- bzw. Steckzirkelkonstruktion.<br />
Aufgabe 3.2.19: Berechne die Halbachsen einer Hyperbel, deren Achsen die Koordinatenachsen sind, <strong>und</strong><br />
die durch zwei gegebene Punkte hindurchgeht. Was muss bei der Wahl dieser Punkte beachtet werden,<br />
damit es diese Hyperbel gibt?<br />
Aufgabe 3.2.20: Berechne die Schnittpunkte der Geraden mit der Gleichung y = kx + t mit der Hyperbel<br />
2<br />
2<br />
x<br />
2<br />
a<br />
y<br />
− 2<br />
b<br />
= 1 <strong>und</strong> finde eine algebraische Bedingung für t so, dass die Gerade Tangente ist.<br />
Bestätige, dass sich die Tangentengleichung für den Berührpunkt (xP⏐yP) in die Gestalt xx<br />
umformen lässt.<br />
a<br />
yy<br />
− =<br />
b<br />
P P<br />
1<br />
2 2<br />
Aufgabe 3.2.21: Stelle die Gleichung der Hyperbelnormalen in einem Hyperbelpunkt auf <strong>und</strong> berechne die<br />
Koordinaten ihrer Schnittpunkte mit den Koordinatenachsen in Abhängigkeit von der Halbachsenlänge a<br />
<strong>und</strong> der Brennweite e bzw. von b <strong>und</strong> e.<br />
Aufgabe 3.2.22: Eine Hyperbel sei durch Asymptoten <strong>und</strong> Scheitel gegeben. Konstruiere die Tangenten<br />
parallel zu einer gegebenen Geraden.<br />
3.3 Leitkreise der Hyperbel <strong>und</strong> weitere Tangenteneigenschaften<br />
Wie bei der Ellipse heißt der Kreis um einen<br />
Brennpunkt F2 mit Radius 2a der zum anderen<br />
Brennpunkt F1 gehörige Leitkreis der Hyperbel.<br />
Ist G der Schnittpunkt des Brennstrahls PF2 eines<br />
Hyperbelpunktes P mit diesem Leitkreis, so ist wegen<br />
der Brennstrahleigenschaft der Hyperbel PF PG<br />
1 =<br />
<strong>und</strong> man erhält die folgenden Sätze:<br />
Satz 3.3.1: Alle Punkte einer Hyperbel haben von<br />
einem Brennpunkt <strong>und</strong> dem zugehörigen Leitkreis<br />
denselben Abstand.<br />
Satz 3.3.2: Alle Punkte, die von einem Kreis um F2 <strong>und</strong> von einem Punkt F1 im Äußeren des Kreises denselben<br />
Abstand haben, liegen auf einer Hyperbel, die F1 <strong>und</strong> F2 als Brennpunkte besitzt.<br />
2a<br />
F 2<br />
2a<br />
G<br />
F 1<br />
P
35<br />
Hinweis: Für den zweiten Hyperbelast tritt an die Stelle von G jeweils dessen Gegenpunkt auf demselben<br />
Leitkreis.<br />
Aufgabe 3.3.1: Beweise den folgenden Satz:<br />
Jede Hyperbeltangente halbiert den Innenwinkel<br />
zwischen den Brennstrahlen ihres<br />
Berührpunktes.<br />
Anleitung: Der Beweis verläuft Schritt für Schritt<br />
analog zum Beweis des entsprechenden Satzes<br />
über die Ellipsentangente. Vergleiche auch die<br />
nebenstehende Zeichnung.<br />
Aufgabe 3.3.2: Betrachte die Zeichnung des „Rautenmusters“ in 2.6. Verfolge die „anderen“ Diagonalen<br />
aufeinander folgender „Rauten“. Sie zeigen eine Schar konfokaler Hyperbeln, die mit den Ellipsen der<br />
ersten Schar die Brennpunkte gemeinsam haben, <strong>und</strong> die diese Ellipsen rechtwinklig zu schneiden<br />
scheinen.<br />
a) Weshalb handelt es sich um konfokale Hyperbeln?<br />
b) Begründe anschaulich, dass die Kurven aufeinander senkrecht stehen. Die Analysis der<br />
Jahrgangsstufe 11 stellt hierzu eine bessere Theorie bereit.<br />
c) Beweise den Sachverhalt mit Satz 2.7.2 <strong>und</strong> dem Satz der Aufgabe 3.3.1<br />
Aufgabe 3.3.3: Beweise den folgenden Satz:<br />
Der Fußpunkt des Lotes von einem Hyperbelbrennpunkt auf eine Tangente der Hyperbel liegt stets auf dem<br />
Hauptkreis der Hyperbel.<br />
Anleitung: Der Beweis verläuft Schritt für Schritt analog zum Beweis des entsprechenden Satzes über die<br />
Ellipsentangente. Betrachte in der obigen Zeichnung eine geeignete Mittelparallele des Dreiecks F1F2G.<br />
Aufgabe 3.3.4: Konstruiere mit Hilfe von Brennpunkt <strong>und</strong> Hauptkreis die Tangenten t1 <strong>und</strong> t2 an eine<br />
Hyperbel, die zu einer gegebenen Geraden parallel sind, wenn gegeben sind:<br />
a) a = 4,0 cm, e = 5,0 cm, ∠(g, MA) = 70 o b) a = 5,0 cm, b = 2,0 cm, ∠(g, MA) = 45 o<br />
c) b = 4,0 cm, e = 5,0 cm, ∠(g, MA) = 56 o d) a = 6,0 cm, ∠(a, MA) = 30 o , ∠(g, MA) = 36 o<br />
e) e = 6,0 cm, Winkel zwischen den Asymptoten sei 65 o , ∠(g, MA) = 75 o<br />
f) Warum gibt es keine Lösung für a = b = 5,0 cm <strong>und</strong> ∠(g, MA) = 30 o ?<br />
Aufgabe 3.3.5: Konstruiere mit Hilfe von Brennpunkt <strong>und</strong> zugehörigem Leitkreis die Tangenten an eine<br />
Hyperbel, die zu einer gegebenen Geraden parallel sind, wenn gegeben sind:<br />
a) a = 4,0 cm, e = 5,0 cm, ∠(g, MA) = 70 o b) a = 5,0 cm, b = 2,0 cm, ∠(g, MA) = 45 o<br />
c) b = 4,0 cm, e = 5,0 cm, ∠(g, MA) = 56 o d) a = 6,0 cm, ∠(a, MA) = 30 o , ∠(g, MA) = 36 o<br />
e) e = 6,0 cm, Winkel zwischen den Asymptoten sei 65 o , ∠(g, MA) = 75 o<br />
f) Warum gibt es keine Lösung für a = b = 5,0 cm <strong>und</strong> ∠(g, MA) = 30 o ?<br />
Aufgabe 3.3.6: Konstruiere mit Hilfe von Brennpunkt <strong>und</strong> Hauptkreis die Tangenten von einem Punkt R<br />
an eine Hyperbel samt ihren Berührpunkten, wenn gegeben sind M(0⏐0), A(5⏐0), F1(7⏐0), R(4⏐1).<br />
Aufgabe 3.3.7: Konstruiere mit Hilfe von Brennpunkt <strong>und</strong> zugehörigem Leitkreis die Tangenten von<br />
einem Punkt R an eine Hyperbel <strong>und</strong> deren Berührpunkte, wenn gegeben sind M(0⏐0), A(5⏐0), F1(7⏐0),<br />
R(4⏐1).<br />
Aufgabe 3.3.8: Zeichne auf Transparentpapier einen Kreis mit Mittelpunkt F2 (Durchmesser mindestens<br />
12 cm) <strong>und</strong> markiere in seinem Äußeren einen beliebigen Punkt F1.<br />
Falte wiederholt so, dass der umgeklappte Teil des Kreises durch F1 geht.<br />
F 2<br />
Q<br />
G<br />
H<br />
F 1<br />
P
36<br />
Begründe, dass alle so entstehenden Knicklinien Tangenten der Hyperbel sind, die F1 <strong>und</strong> F2 als<br />
Brennpunkte <strong>und</strong> den halben Radius des Kreises als reelle Halbachse besitzt.<br />
Aufgabe 3.3.9: Wo liegen die Spitzen <strong>und</strong> die Achsen aller Drehkegel, die durch eine gegebene Ellipse<br />
(bzw. Hyperbel) gelegt werden können. Der Kegelschnitt sei durch Mittelpunkt, einen Scheitel <strong>und</strong> den<br />
auf derselben Seite gelegenen Brennpunkt gegeben.<br />
Anleitung: Man verwende eine DANDELINsche Kugel <strong>und</strong> wende mehrfach den Hilfssatz 2.6.1 an.<br />
Aufgabe 3.3.10: Wo liegen die Mittelpunkte aller Kreise, die einen festen Kreis berühren <strong>und</strong> durch einen<br />
Punkt in seinem Äußeren gehen?<br />
Aufgaben 3.3.11: Wo liegen die Mittelpunkte aller Kreise, die zwei gegebene Kreise berühren, von denen<br />
jeder ganz im Äußeren des anderen liegt?<br />
Aufgabe 3.3.12: Wo liegen die Mittelpunkte aller Kreise, die zwei gegebene sich schneidende Kreise<br />
berühren?<br />
Aufgabe 3.3.13: Ein Turm von quadratischem Querschnitt<br />
(Seitenlänge 5,00 m) besitzt ein drehkegelförmiges Dach (halber<br />
Öffnungswinkel des Kegels sei 22,5 o ). Der Dachüberstand ist zu<br />
vernachlässigen.<br />
a) In welcher Kurve (genannt Trauflinie) schneidet die Turmwand<br />
die Turmhaube?<br />
b) Zeichne den Aufriss des Turmes auf DIN-A4-Querformat im<br />
Maßstab 1:50. Die Blattkoordinaten der Turmspitze seien<br />
(110⏐200) in mm. Von der Trauflinie zeichne man insbesondere<br />
den höchsten <strong>und</strong> den tiefsten Punkt jeweils mit Tangente <strong>und</strong><br />
Normale. Zeichne den Scheitelkrümmungskreis.<br />
Hinweis: Den Mittelpunkt des Scheitelkrümmungskreises einer<br />
Hyperbel erhält man als Schnitt der Symmetriegerade durch<br />
die Scheitel mit einem Lot, das auf der Asymptote im<br />
Schnittpunkt zwischen Asymptote <strong>und</strong> Scheiteltangente<br />
errichtet wird.<br />
c) Nenne Gründe: Weshalb werden Handwerker nur eine grobe<br />
Näherung für b) realisieren können?<br />
Aufgabe 3.3.14: Ein Sechskant-Schraubenbolzen<br />
ist zur Entgratung drehkegelförmig abgedreht<br />
(halber Öffnungswinkel sei 60 o ).<br />
Zeichne im Maßstab 1:1 einen Riss auf eine<br />
Ebene parallel zu einer der Sechskantflächen.<br />
Bestimme von den auftretenden Hyperbeln die<br />
Asymptoten, Scheitel, Scheitelkrümmungskreise<br />
<strong>und</strong> die tiefsten Punkte mit Tangenten.<br />
Blattkoordinaten der Kegelspitze in DIN-A4-<br />
Hochformat: Aufriss (105⏐275),<br />
Gr<strong>und</strong>riss (105⏐85).<br />
Aufgabe 3.3.15: a) Wo liegen die<br />
Spitzen aller Dreiecke über der<br />
gemeinsamen Basis BF 1 , die bei F1<br />
Maße in mm<br />
52<br />
75<br />
60 o
einen doppelt so großen Winkel wie<br />
bei B haben?<br />
b) Wie kann man das Ergebnis ausnützen, um<br />
einen beliebigen Winkel in drei gleiche Teile zu<br />
teilen?<br />
Aufgabe 3.3.16: Vom Aufbau eines Silowagens<br />
der Deutschen Bahn AG ist ein vereinfachter<br />
Riss in Fahrtrichtung gegeben. Der Wagenaufbau<br />
besteht aus einer Kugelkalotte, einem Kegel , der<br />
mit einem Quader verschnitten ist.<br />
a) Skizziere einen Riss in der durch den Pfeil<br />
gegebenen Blickrichtung senkrecht zur<br />
Fahrtrichtung.<br />
b) Beschreibe mit Worten: Wie kann man die<br />
Bestimmungsstücke der Hyperbel<br />
bekommen?<br />
Hinweis: Die Aufgaben 3.3.13 <strong>und</strong> 3.3.14<br />
können hierzu eine Hilfe sein.<br />
37<br />
Aufgabe 3.3.17: Berechne analog zur Ellipse den<br />
Radius des Scheitelkrümmunsgkreises der Hyperbel.<br />
Begründe danach mit Hilfe ähnlicher Dreiecke die<br />
nebenstehende Konstruktion des Mittelpunktes<br />
dieses Kreises.<br />
Anleitung: Wähle A als Ursprung eines<br />
Koordinatenkreuzes.<br />
Aufgabe 3.3.18: Mehrere Hyperbeln berühren sich<br />
im rechten Scheitel <strong>und</strong> haben dort denselben<br />
Krümmungskreis vom Radius 2,0 cm.<br />
a) Warum haben alle diese Hyperbeln dieselbe Hauptachse?<br />
b) Berechne die imaginäre Halbachse b, wenn die reelle Halbachse a gegeben ist.<br />
c) Zeichne solche Hyperbeln für die reelle Halbachsenlänge 1,0 cm, 2,0 cm, 3,0 cm, 5,0 cm.<br />
3.4 Der einteilige offene Kegelschnitt<br />
Es bleibt noch der Sonderfall zu betrachten,<br />
dass der Winkel β der Schnittebene E eines<br />
Drehkegels Ke gegen die Kegelachse d gleich<br />
dessen halbem Öffnungswinkel α ist. E ist<br />
dann parallel zu einer Mantellinie m0. Deshalb<br />
schneidet E diese Mantellinie nicht. Alle<br />
anderen Mantellinien werden von E auf einer<br />
Seite des Drehkegels geschnitten, wobei es<br />
Schnittpunkte gibt, die beliebig weit entfernt<br />
sind.<br />
Die DANDELINsche Konfiguration:<br />
Unter allen Kugeln, die den Drehkegel Ke<br />
Po<br />
P<br />
Zylinder<br />
Kegel<br />
Kalotte<br />
Ke<br />
mo<br />
d<br />
m<br />
45 o<br />
80 120<br />
Maße in cm<br />
Quader<br />
p<br />
A<br />
k<br />
E<br />
Bo<br />
M<br />
F<br />
B<br />
R<br />
g<br />
40<br />
Blickrichtung
erühren gibt es genau eine, die auch die<br />
Ebene E in einem sogenannten Brennpunkt F<br />
berührt.<br />
Die Wahl der Risse:<br />
Man betrachtet den Kegel so, dass seine<br />
Rotationsachse d in der Aufrissebene liegt <strong>und</strong><br />
die Schnittebene E projizierend <strong>und</strong> waagrecht<br />
ist<br />
(siehe die zweite Abbildung dieser Seite).<br />
Die Brennpunkteigenschaft des Schnittes:<br />
38<br />
1. Durch den Punkt P der Schnittfigur geht eine Kegelmantellinie m, die die DANDELINsche Kugel K in B<br />
berührt.<br />
2. Die in der Schnittebene E liegende Gerade PF <strong>und</strong> die Kegelmantellinie PB sind Tangenten von P an die<br />
Kugel K. Deshalb sind nach dem Hilfssatz 2.6.1 die Tangentenabschnitte gleich lang; es gilt also:<br />
PF = PB<br />
3. Den Mantellinienabschnitt PB lässt man<br />
um d rotieren, bis er auf der zu E<br />
Po<br />
mo<br />
Bo<br />
parallelen Mantellinie m0 zu liegen<br />
kommt. Hierbei hat sich die Länge nicht<br />
geändert. D. h. es gilt: PB = P0B 0<br />
K<br />
k<br />
4. Letztere Länge zeigt sich im<br />
nebenstehenden Aufriss in wahrer Größe.<br />
Die Schnittgerade g der Ebene des<br />
M<br />
B<br />
Berührkreises k mit der Schnittebene E<br />
zeigt sich in nebenstehendem Aufriss als<br />
m<br />
Punkt R.<br />
E<br />
F<br />
R = g<br />
5. Die Figur P0B0RP im nebenstehenden<br />
P<br />
Aufriss ist ein Parallelogramm. Deshalb<br />
ist der Abstand eines Punktes P der<br />
Schnittkurve vom Brennpunkt F genauso<br />
lang wie sein Abstand von der Geraden g.<br />
d<br />
Ke<br />
Da die Schnittebene wie auch der Drehkegel zur Aufrissebene symmetrisch liegen, gilt dies auch für die<br />
Schnittkurve. Sie hat also eine Symmetrieachse, auf der der Brennpunkt F liegt.<br />
Satz 3.4.1 (Brennpunkteigenschaft): Zu jedem einseitig offenen Kegelschnitt gibt es einen Punkt F auf seiner<br />
Symmetrieachse <strong>und</strong> eine Gerade g so, dass die Abstände der Kegelschnittpunkte zu F <strong>und</strong> g gleich lang sind.<br />
Definiton 3.4.1: Jede Kurve, deren Punkte von einem Punkt F <strong>und</strong> von einer Geraden g, die Leitlinie<br />
(Direktrix) genannt wird, gleichen Abstand haben, heißt Parabel 5<br />
F heißt Brennpunkt der Parabel. Der auf der Symmetrieachse gelegene Parabelpunkt heißt Scheitel L. Die<br />
Symmetrieachse heißt Parabelachse.<br />
Der Abstand UF heißt Parameter p der Parabel.<br />
Satz 3.4.2: Alle Punkte, die von einem festen Punkt F <strong>und</strong> von einer festen Geraden g denselben Abstand haben,<br />
sind die Punkte einer Parabel.<br />
Wegen Satz 3.4.1, der Parabeleigenschaft, halbiert der Scheitel L den Abstand vom Brennpunkt zur Leitlinie.<br />
Legt man die x-Achse eines Koordinatensystems auf<br />
die Parabelachse, die y-Achse auf die Scheiteltangente,<br />
5 παρα, para, griechisch gleich; β′αλλειν, ballein, griechisch werfen.<br />
R<br />
U<br />
g<br />
y<br />
L F<br />
x+p:2<br />
x-p:2<br />
P<br />
x
dann gilt nach dem Satz des PYTHAGORAS (beachte die<br />
Maße in der nebenstehenden Abbildung):<br />
2 p 2 p 2<br />
y = ( x + ) − ( x − )<br />
2 2<br />
Vereinfacht man diese Gleichung durch<br />
Ausmultiplizieren <strong>und</strong> Zusammenfassen, so erhält man<br />
den folgenden Satz:<br />
Satz 3.4.3: Die Scheitelgleichung der Parabel lautet<br />
y 2 = 2px.<br />
Die Punkte, die diese Gleichung erfüllen, sind die<br />
Punkte einer Parabel.<br />
39<br />
Aus dieser Gleichung erkennt man die Parabel wieder als Graph der quadratischen Funktion, wie er in der<br />
Jahrgangsstufe 9 behandelt wurde. Damals wurde anhand dieser Gleichung bereits gezeigt:<br />
Satz 3.4.4: Alle Parabeln sind zueinander ähnlich.<br />
Aufgabe 3.4.1: Konstruiere aus Brennpunkt <strong>und</strong> Leitlinie eine zum Zeichnen einer Parabel<br />
hinreichende Anzahl von Punkten für a) p = 0,5 cm; b) p = 1,0 cm; c) p = 2,0 cm; d) p = 4,0 cm.<br />
Aufgabe 3.4.2: Wähle auf einem DIN-A4-Blatt (Querformat) den Brennpunkt F in der Blattmitte <strong>und</strong><br />
die Achse waagrecht durch F. Zeichne um F die konzentrischen Kreise mit Radien von 5 zu 5 mm,<br />
sowie die Schar der Lote zur Achse in je 5 mm Abstand voneinander, ausgehend von dem durch F<br />
gehenden Lot. Lege das entstehende „Rautenmuster“ abwechselnd zweifarbig an. Die Diagonalen<br />
aufeinander folgender gleich farbiger „Rauten“ zeigen zwei Scharen konfokaler Parabeln, die alle<br />
Achse <strong>und</strong> Brennpunkt gemeinsam haben, aber auf verschiedenen Seiten geöffnet sind.<br />
Vergleiche das Ergebnis mit der Zeichnung zum „Föhnhimmel“ bei der Ellipse, in der man jetzt auch<br />
nachträglich Hyperbeln erkennen kann. Wie kann die „Ellipsenfigur“ in die der Parabeln übergeführt<br />
werden? Da dies auf zweifache Weise geht, vermutet man, dass die Parabel eine Übergangsform<br />
zwischen Ellipse <strong>und</strong> Hyperbel ist.<br />
Aus der Brennpunkteigenschaft der Parabel lässt sich eine ganze Reihe weiterer Eigenschaften der Parabel<br />
herleiten. Zunächst soll die Winkelhalbierende t zwischen Brennstrahl PF <strong>und</strong> Leitstrahl PR eines<br />
Parabelpunktes P betrachtet werden (vgl. die 1. Abbildung der nächsten Seite).<br />
Beweisideen:<br />
t sei die Winkelhalbierende zwischen Leit- <strong>und</strong><br />
Brennpunktstrahl eines Parabelpunktes P. Wähle als Q<br />
auf t einen von P verschiedenen Punkt, der nicht auf<br />
der Leitlinie g liegt.<br />
T sei der Lotfußpunkt vom Q auf der Leitlinie g.<br />
Da QR die Hypotenuse in einem rechtwinkligen<br />
g<br />
Dreieck RTQ ist, gilt QR > QT .<br />
tL Weil T Winkelhalbierende im Dreieck RQF ist, gilt<br />
QF = QR > QT .<br />
Also liegt Q näher an g als an F. Deshalb liegen<br />
alle Punkte Q ≠ P von t auf derselben Seite außerhalb der Parabel.<br />
4. P ist also der einzige Punkt von t auf der Parabel <strong>und</strong> deshalb ist t die Tangente der Parabel im Punkt P.<br />
R<br />
T<br />
U<br />
H<br />
Q<br />
L F<br />
P<br />
t
40<br />
An Zusätzen kann man aus der Figur das Folgende ablesen:<br />
1. FR steht auf t senkrecht <strong>und</strong> der Punkt H = t ∩ FR halbiert FR.<br />
2. Weil der Parabelscheitel L die Strecke UF halbiert, gilt nach dem Strahlensatz im Dreieck RFU:<br />
H liegt auf der Scheiteltangente.<br />
Es gelten die folgenden Sätze:<br />
Satz 3.4.5:<br />
Jede Parabeltangente halbiert den Winkel zwischen Leit- <strong>und</strong> Brennstrahl ihres Berührpunktes.<br />
Der Fußpunkt des Lotes vom Brennpunkt F einer Parabel auf eine Tangente t dieser Parabel liegt stets auf deren<br />
Scheiteltangente.<br />
Wird ein rechter Winkel so bewegt, dass ein Schenkel stets durch einen festen Punkt F geht <strong>und</strong> der Scheitel<br />
dieses rechten Winkels auf einer Geraden tL wandert, so durchläuft der andere Schenkel die Tangenten<br />
einer Parabel, die F als Brennpunkt <strong>und</strong> tL als Scheiteltangente hat.<br />
Da die rechtwinkligen Dreiecke RPH <strong>und</strong> FVH<br />
kongruent sind, folgt: RPFV ist eine Raute. Also gilt:<br />
RP = PF = FV = VR<br />
Po ist der Lotfußpunkt des Lotes von P auf die<br />
Parabelachse. Dann nennt man VPo die Subtangente<br />
der Parabeltangente t.<br />
Weil H die Rautendiagonalen halbiert, gilt dann nach<br />
dem Strahlensatz:<br />
Satz 3.4.6:<br />
Die Subtangente jedes Parabelpunktes wird im<br />
Parabelscheitel halbiert.<br />
Verschiebt man RUF parallel zur Parabelachse so, dass<br />
R auf P zu liegen kommt, so ist PW das Lot auf die<br />
Tangente in P, also die sogenannte Normale der<br />
Parabel in P. PoW heißt jetzt Subnormale.<br />
Damit ist gezeigt:<br />
Satz 3.4.7: Die Subnormale jedes Parabelpunktes hat<br />
die Länge p.<br />
Betrachtet man die gleich großen Winkel bei P in der letzten Zeichnung, so erhält man:<br />
Satz 3.4.8: Fällt Licht parallel zur Parabelachse auf die Parabel, so wird es zum Brennpunkt hin reflektiert.<br />
Das erklärt, weshalb dieser Punkt Brennpunkt heißt.<br />
V<br />
V<br />
R<br />
g<br />
H<br />
U L F<br />
p p Po p<br />
W<br />
2 2<br />
R<br />
g<br />
H<br />
t L<br />
t L<br />
U L F<br />
p p Po p<br />
2 2<br />
P<br />
P<br />
t<br />
t<br />
W
Anwendung:<br />
Rotiert eine Parabel um ihre Achse, so überstreicht sie<br />
dabei eine Fläche, die Drehparaboloid genannt wird.<br />
Wird eine solche Fläche innen verspiegelt, so<br />
reflektiert sie parallel zur Achse einfallende<br />
Lichtstrahlen in den Brennpunkt bzw. das Licht einer<br />
im Brennpunkt stehenden Lichtquelle parallel zur<br />
Achse.<br />
Solche Brennspiegel finden Anwendung als<br />
Reflektoren für Scheinwerfer (z. B.. beim Auto), aber<br />
auch in astronomischen Spiegelfernrohren <strong>und</strong> in<br />
Antennen.<br />
Von dem griechischen Mathematiker ARCHIMEDES<br />
(287? bis 212 v. Chr.) wird berichtet, dass er bei der<br />
Verteidigung von Syrakus im zweiten punischen Krieg<br />
Brennspiegel eingesetzt habe, um die Segel<br />
angreifender Schiffe in Brand zu setzen.<br />
41<br />
Aufgabe 3.4.3: Zeichne auf Transparentpapier eine Gerade g <strong>und</strong> markiere einen Punkt F nicht auf g.<br />
Falte wiederholt so, dass der umgeklappte Teil der Geraden g durch F geht. Begründe: Alle so<br />
entstehenden Faltlinien sind Tangenten einer Parabel.<br />
Aufgaben 3.4.4: Wie viele Lösungen gibt es jeweils, wenn von einer Parabel gegeben sind<br />
a) Achse, Scheitel <strong>und</strong> ein Punkt. Konstruiere den Brennpunkt.<br />
b) Achse, Brennpunkt <strong>und</strong> ein Punkt. Konstruiere den Scheitel.<br />
c) die Leitlinie <strong>und</strong> zwei Punkte. Konstruiere den Brennpunkt, die Achse <strong>und</strong> den Scheitel.<br />
d) der Brennpunkt <strong>und</strong> zwei Punkte. Konstruiere die Leitlinie, die Achse <strong>und</strong> den Scheitel.<br />
Hinweis: Man benötigt die gemeinsamen Tangenten an zwei Kreise.<br />
e) die Achse, der Scheitel <strong>und</strong> der Brennpunkt. Konstruiere die zu der gegebenen Geraden g parallele<br />
Tangente der Parabel.<br />
f) die Achse, der Scheitel <strong>und</strong> der Brennpunkt. Konstruiere die Tangenten von W an die Parabel.<br />
Aufgabe 3.4.5: Begründe mit den kennen<br />
gelernten Sätzen die Gleichheit der in<br />
nebenstehender Zeichnung eingetragenen<br />
Strecken.<br />
Aufgabe 3.4.6: Beweise nochmals die<br />
Brennspiegeleigenschaft der Parabeltangenten<br />
<strong>und</strong> konstruiere damit die Tangenten von<br />
einem Punkt an eine Parabel, die durch Achse,<br />
Brennpunkt <strong>und</strong> Leitlinie gegeben ist.<br />
Beachte: Wie wirkt eine Achsenspiegelung?<br />
Aufgabe 3.4.7: Gegeben ist eine Parabel durch ihren Parameter. Konstruiere zu einer vorgegebenen<br />
Richtung die Tangente an die Parabel.<br />
Aufgabe 3.4.8: Berechne wie bei der Ellipse <strong>und</strong> der Hyperbel den Radius des<br />
Scheitelkrümmungskreises der Parabel.<br />
Merke: Der Scheitelkrümmungskreis der Parabel hat den Radius p.<br />
R1<br />
g<br />
L<br />
t L<br />
p:2<br />
p<br />
P1<br />
2p<br />
t1<br />
L<br />
T<br />
12 F<br />
A12<br />
R2<br />
H1<br />
H2<br />
h<br />
P<br />
P2<br />
t<br />
2<br />
p<br />
t2
Satz 3.4.9: Sind P1 <strong>und</strong> P2 Punkte einer Parabel mit<br />
den Tangenten t1 bzw. t2, so ist die Verbindungsgerade<br />
h des Schnittpunkts T12 der Tangenten mit dem<br />
Mittelpunkt A12 der Sehne P1P2 der Parabel parallel zur<br />
Parabelachse.<br />
Aufgabe 3.4.9: Beweise Satz 3.4.9.<br />
Anleitung: Konstruiere zwei Punkte P1 <strong>und</strong> P2<br />
einer durch Achse, Brennpunkt F <strong>und</strong> Leitlinie<br />
g gegebenen Parabel nach der<br />
Definitionseigenschaft, sowie die zugehörigen<br />
Punkte R1 bzw. R2, ferner die Tangenten t1<br />
bzw. t2 durch die Punkte H1 bzw. H2.<br />
Betrachte den Umkreismittelpunkt des<br />
Dreiecks FR1R2 <strong>und</strong> die Mittelparallele des<br />
Trapezes P1R1R2P2.<br />
Aufgabe 3.4.10: Begründe analog zur Ellipse<br />
bzw. Hyperbel die nebenstehende<br />
Konstruktion eines Parabelpunktes mittels<br />
einer Reißschiene <strong>und</strong> eines Fadens eine<br />
Parabel zu zeichnen. Was muss man beachten,<br />
wenn von der Parabel Achse, Brennpunkt <strong>und</strong><br />
Scheitel gegeben sind?<br />
42<br />
Aufgabe 3.4.11: Beweise: Der Gr<strong>und</strong>riss<br />
einer Parabel auf einem Drehkegel mit<br />
lotrechter Achse d ist eine Parabel, die den<br />
Gr<strong>und</strong>riss von d als Brennpunkt <strong>und</strong> den<br />
Gr<strong>und</strong>riss der<br />
Schnittgeraden zwischen der Parabelebene E <strong>und</strong> der waagrechten Ebene durch die Kegelspitze S als<br />
Leitlinie besitzt.<br />
Anleitung: Vergleiche die nebenstehende Zeichnung:<br />
a) Schneide den Kegel <strong>und</strong> die Ebene E mit waagrechten Hilfsebenen <strong>und</strong> konstruiere<br />
Gr<strong>und</strong>risspunkte mit Hilfe der dabei entstehenden Hilfsschnitte.<br />
b) Suche im Aufriss kongruente Dreiecke.<br />
Aufgabe 3.4.12: Eine Parabel ist durch den<br />
Abstand Scheitel Brennpunkt bis auf<br />
Bewegung eindeutig festgelegt. Begründe<br />
hieraus, dass alle Parabeln ähnlich sind.<br />
Aufgabe 3.4.13: Eine Parabel ist durch<br />
Brennpunkt <strong>und</strong> Scheiteltangente gegeben.<br />
Konstruiere eine zum Zeichnen der Kurve<br />
hinreichende Anzahl von Tangenten der<br />
Parabel. Konstruiere die Berührpunkte der<br />
Tangenten, indem du den Brennpunkt an jeder<br />
Tangente spiegelst <strong>und</strong> die Leitstrahlen der<br />
Berührpunkte aufsuchst.<br />
Aufgabe 3.4.14: Konstruiere eine größere Anzahl von Punkten einer durch Brennpunkt <strong>und</strong> Leitlinie<br />
gegebenen Parabel. Konstruiere anschließend in diesen Punkten die Tangenten<br />
a) nach Satz 3.4.5.1;<br />
b) nach Satz 3.4.5.2;<br />
c) nach Satz 3.4.6;<br />
g<br />
L<br />
d = F<br />
F<br />
d<br />
S<br />
p<br />
p<br />
E<br />
g<br />
g
43<br />
d) nach Satz 3.4.7.<br />
e) Vergleiche die vier Tangentenkonstruktionen hinsichtlich des Aufwands an Konstruktionsschritten,<br />
der Zugänglichkeit benötigter Punkte <strong>und</strong> hinsichtlich der erreichbaren Genauigkeit in der Nähe des<br />
Scheitels <strong>und</strong> für weiter entfernte Punkte.<br />
Aufgabe 3.4.15: Stelle die Gleichung einer Parabel auf, deren Achse zur x-Achse parallel ist <strong>und</strong> deren<br />
Scheitel <strong>und</strong> Brennpunkt die Koordinaten L(xo ⏐ yo ) <strong>und</strong> F(xo + p<br />
2 ⏐ yo) haben. Wähle:<br />
a) L(2⏐3), p = 1; b) L(-3⏐1), p = 2; c) L(1⏐-3), p = -2.<br />
Die Einheit sei jeweils 1,0 cm.<br />
Aufgabe 3.4.16: Stelle die Gleichung einer Parabel mit zur x-Achse paralleler Achse auf <strong>und</strong> berechne<br />
daraus den Parameter p <strong>und</strong> die Koordinaten von Scheitel L <strong>und</strong> Brennpunkt F, wenn gegeben sind<br />
a) die drei Parabelpunkte P(2⏐3), Q(5⏐5), R(10⏐-5);<br />
b) die Scheiteltangente t: x = 2, P(4⏐7) <strong>und</strong> Q(10⏐-5) (2 Lösungen!);<br />
c) der Brennpunkt F(-1⏐4) <strong>und</strong> der Punkt P(3⏐7) (2 Lösungen!).<br />
Aufgabe 3.4.17: Konstruiere Achsenrichtung, Brennpunkt, Achse, Scheitel <strong>und</strong> Scheiteltangente einer<br />
Parabel, von der zwei Punkte P <strong>und</strong> Q mit ihren Tangenten s bzw. t gegeben sind (vgl. Satz 3.4.9).<br />
Warum versagt die Konstruktion aus der Brennspiegeleigenschaft, wenn die Tangente s zur Tangente t<br />
senkrecht steht?<br />
Aufgabe 3.4.18: Konstruiere aus der Vorgabe von Aufgabe 3.4.16 die Bestimmungsstücke der Parabel<br />
unter Ausnutzung des Ergebnisses von Satz 3.4.9 <strong>und</strong> der Sätze<br />
a) über die Subtangente <strong>und</strong> den Fußpunkt des Lotes auf die Tangente;<br />
b) über die Subnormale <strong>und</strong> die Subtangente.<br />
c) Gibt es auch hier Fälle, in denen die Konstruktion versagt?<br />
Aufgabe 3.4.19:<br />
a) Beweise mit ähnlichen Dreiecken: Fällt man vom Schnittpunkt H einer Parabeltangente mit der<br />
Scheiteltangente das Lot auf die Verbindungssehne des Berührpunkts P zum Scheitel L, so<br />
schneidet dieses Lot auf der Achse den Scheitelkrümmungspunkt aus.<br />
b) Verschiebe das Lot aus a) parallel durch den Brennpunkt <strong>und</strong> zeige mit Hilfe des Satzes 3.4.9:<br />
Die Tangente parallel zur Sehne LP ist Mittelparallele des Dreiecks LPH. Ihr Berührpunkt halbiert<br />
die Strecke von H zur Sehnenmitte von LP.<br />
Aufgabe 3.4.20:<br />
a) Berechne die Schnittpunkte der Parabel y 2 = 2px mit der Geraden g: y = mx + t.<br />
b) Welche algebraische Bedingung muss t für festes m erfüllen, damit g zur Tangente wird?<br />
c) Berechne den Tangentenberührpunkt bzw. die Sehnenmittelpunkte <strong>und</strong> zeige, die y-Koordinate<br />
hängt nur von m <strong>und</strong> nicht von t ab.<br />
d) Beweise daraus: Die Achsenparallele aus Satz 3.4.9 ist für alle zu g parallelen Sehnen dieselbe.<br />
e) Bringe die Tangentengleichung auf die Form yy0 = p(x + x0) für den Berührpunkt (x0⏐y0).<br />
f) Zeige mit e):<br />
Die zu einer Parabelsehne parallele Tangente ist Mittelparallele in dem Dreieck aus der Sehne <strong>und</strong><br />
den Tangenten in den Sehnenendpunkten.<br />
3.5 Vergleichende Betrachtung der <strong>Kegelschnitte</strong><br />
Für die Untersuchung der Scheitelkrümmungskreise werden Ellipse, Parabel <strong>und</strong> Hyperbel jeweils so<br />
verschoben, dass die x-Achse Hauptachse ist <strong>und</strong> der Scheitel, in dem die Kurve nach rechts geöffnet ist, in den
44<br />
Ursprung fällt. Wenn die Ellipsen- <strong>und</strong> Hyperbelgleichung analog zur Parabelgleichung nach y 2 aufgelöst wird,<br />
erhält man für<br />
die Ellipse:<br />
y<br />
2<br />
2 2<br />
b<br />
a x<br />
b<br />
a x<br />
= 2 − 2<br />
2<br />
die Parabel:<br />
y 2 = 2px<br />
Setzt man hierin für x die x-Koordinate des jeweils benachbarten Brennpunkts ein<br />
für die Ellipse:<br />
a – e<br />
für die Parabel:<br />
p<br />
2<br />
die Hyperbel:<br />
y<br />
2<br />
2 2<br />
b<br />
a x<br />
b<br />
a x<br />
2<br />
= 2 + (1)<br />
2<br />
für die Hyperbel:<br />
so ergibt sich als y-Koordinate der Kurvenpunkt senkrecht über dem Brennpunkt. Diese y-Koordinate ist dann<br />
jeweils der Radius des Scheitelkrümmungskreises (vgl. Aufgabe 3.5.1).<br />
Diese Größe nennt man deshalb auch bei der Ellipse <strong>und</strong> der Hyperbel den Parameter p der Kurve. Damit<br />
nehmen die obigen Gleichungen (1) die folgende Gestalt an<br />
für die Ellipse:<br />
p<br />
y px<br />
a x = 2 −<br />
2 2<br />
für die Parabel:<br />
y 2 = 2px<br />
e – a<br />
für die Hyperbel:<br />
p<br />
y px<br />
a x<br />
2 2<br />
= 2 + (2)<br />
Lässt man hierin bei Ellipse oder Hyperbel a beliebig groß werden, so wird der Summand mit x 2 beliebig klein<br />
<strong>und</strong> man bekommt als Grenzfall jeweils die Parabelgleichung.<br />
Beachtet man noch, dass für die Ellipse e 2 = a 2 – b 2 , für die Hyperbel e 2 = a 2 + b 2 gilt <strong>und</strong> bezeichnet man das<br />
Verhältnis ε = e<br />
als numerische Exzentrizität, dann bekommt man für alle drei Kegelschnittarten die<br />
a<br />
einheitliche Scheitelgleichung:<br />
y 2 = 2px + (e 2 – 1)x 2 (3)<br />
Hierin ist charakteristisch<br />
für die Ellipse:<br />
ε < 1<br />
für die Parabel:<br />
ε = 1<br />
Zwei <strong>Kegelschnitte</strong> mit derselben numerischen Exzentrizität ε sind stets ähnlich.<br />
Schreibt man - mit p<br />
= 0 für die Parabel - die Gleichung (2) um in<br />
a<br />
p<br />
y x p<br />
a x<br />
2<br />
= ( 2 ± ) ,<br />
für die Hyperbel:<br />
ε > 1<br />
so lässt sich dies deuten als Aussage des Höhensatzes eines rechtwinkligen Dreiecks mit der Höhe y <strong>und</strong> den<br />
p<br />
Hypotenusenabschnitten x <strong>und</strong> 2p<br />
a x ± . Dies ergibt die folgende gemeinsame Konstruktion für<br />
Kegelschnittpunkte (siehe die nächste Seite), wenn p <strong>und</strong> a (bzw. bei der Parabel nur p) gegeben sind.<br />
Zunächst führen wir ein Koordinatensystem so ein, dass die Scheiteltangente y-Achse <strong>und</strong> die darauf senkrecht<br />
stehende Symmetrieachse des Kegelschnitts die x-Achse ist. Dann ergeben sich die folgenden<br />
Konstruktionsschritte:<br />
Trage auf der Scheiteltangente (also der y-Achse) vom<br />
Scheitel A die Strecke 2p bis zum Endpunkt E ab.<br />
Ziehe von E die Verbindungsgerade g zum anderen<br />
Konstruktion für die Ellipse:<br />
E<br />
2p<br />
G<br />
A C<br />
H<br />
K<br />
g<br />
Kommentar:
Scheitel C. Bei der Parabel ist g parallel zur Achse.<br />
Das Lot zur x-Achse in beliebigem Abstand x von A<br />
schneidet g in G <strong>und</strong> die x-Achse in H. Dann ist<br />
nach dem Strahlensatz<br />
p<br />
GH p<br />
a x = 2 ± .<br />
Trage GH von H nach rechts auf der x-Achse ab bis<br />
K.<br />
Dann schneidet der THALESkreis über AK nach dem<br />
Höhensatz auf HG einen Punkt des Kegelschnitts<br />
aus.<br />
Konstruktion für die Parabel:<br />
y<br />
E<br />
2p<br />
A<br />
H<br />
G g<br />
K<br />
x<br />
45<br />
Aufgabe 3.5.1: Leite die Gleichungen (1) dieses Kapitels her.<br />
Konstruktion für die Hyperbel:<br />
Aufgabe 3.5.2: Ein Kegelschnitt sei in der oben verwendeten Scheitellage zum Koordinatensystem<br />
gegeben. Berechne aus a <strong>und</strong> b bzw. aus p <strong>und</strong> a die Koordinaten des bei A liegenden Brennpunkts,<br />
sowie mittels der Gleichungen (1) <strong>und</strong> (2) die Koordinaten der Kurvenpunkte, die genau über bzw.<br />
unter diesem Brennpunkt liegen.<br />
Aufgaben 3.5.3: Wähle auf einem DIN-A4-Blatt (Querformat) den Koordinatenursprung in der<br />
Blattmitte <strong>und</strong> die Einheit 1,0 cm. Zeichne in Scheitellage die <strong>Kegelschnitte</strong> mit p = 2 <strong>und</strong> der<br />
numerischen Exzentrizität ε = 0; 0,2; 0,5; 0,7; 1,0; 1,2; 2,0; 3,0.<br />
Markiere dazu jeweils die Brennpunkte. Was ergibt sich für p<br />
= − = −<br />
a ε2 1 2 ?<br />
Wo liegen die Brennpunkte dieser Kurve? Vergleiche mit Aufgabe 2.4.3.<br />
Aufgabe 3.5.4: Wie verändern sich die Gleichungen (1), (2) <strong>und</strong> (3) bei Parallelverschiebung der<br />
Kurven zum Koordinatensystem um xs nach rechts <strong>und</strong> um ys nach oben?<br />
Die Gleichung eines Kegelschnitts, dessen Achsen zur x- bzw. y-Achse parallel sind, lässt sich also stets in<br />
folgender allgemeiner Form mit reellen Zahlen A, B, C, D <strong>und</strong> E schreiben:<br />
Ax 2 + Bx + Cy 2 + Dy + E = 0 (4)<br />
Hierin sind die Koeffizienten A, B, C, D <strong>und</strong> E nur bis auf einen gemeinsamen Faktor ungleich null bestimmt.<br />
Sind diese Zahlen bekannt, so lässt sich die Gleichung (4) durch quadratische Ergänzung in die Form (3) oder<br />
in die Mittelpunktsform überführen. Sind nun z. B. die Koordinaten von vier beliebigen Punkten eines solchen<br />
Kegelschnitts gegeben, so kann man diese nacheinander in die Gleichung (4) einsetzen <strong>und</strong> erhält so ein lineares<br />
C<br />
g<br />
E<br />
2p<br />
A<br />
y<br />
G<br />
H K<br />
x
46<br />
Gleichungssystem von 4 Gleichungen für die Unbekannten A, B, C, D <strong>und</strong> E, die sich daraus berechnen lassen. A<br />
oder C muss dabei von 0 verschieden sein.<br />
Aufgabe 3.5.5: Ermittle die Gleichung eines Kegelschnitts mit koorindatenparallelen Achsen in der<br />
Form (4), wenn er durch die Punkte P, Q, R <strong>und</strong> U geht.<br />
Berechne durch Umformen der Gleichung die Bestimmungsstücke a, b, e, ε <strong>und</strong> p <strong>und</strong> die Koordinaten des<br />
Mittelpunktes, der Scheitel <strong>und</strong> der Brennpunkte.<br />
Zeichne die Kurven jeweils in der Einheit 1 mm.<br />
Nütze Symmetrien auch bei der Rechnung aus, die aus der Zeichnung bzw. aus den gegebenen<br />
Koordinaten ablesbar sind.<br />
a) P(50⏐34), Q(50⏐-14), R(60⏐28), U(-20⏐28)<br />
b) P(20⏐34), Q(5⏐-16), R(10⏐-66), U(-46⏐-10)<br />
d) Aus welcher Lagebeziehung der Punkte lässt sich stets eine Hyperbel erkennen?<br />
Aufgaben 3.5.6: Ermittle die Gleichung eines Kegelschnitts mit koordinatenparallelen Achsen,<br />
berechne daraus die fehlenden Bestimmungsstücke <strong>und</strong> zeichne die Kurven (Einheit 1,0 cm), wenn<br />
gegeben sind:<br />
a) Scheitel A(-2⏐1), Krümmungsmittelpunkt MA(1⏐1) <strong>und</strong> ein Punkt P(6⏐4);<br />
b) Achse y = 0, Punkte P(2⏐3), Q(5⏐6), R(10⏐8);<br />
c) Brennpunkt F(0⏐0), Punkte P(0⏐2), Q(3⏐6).<br />
ufgabe 3.5.7: Betrachte nochmals die folgenden Sätze 2.7.1, 2.7.2 <strong>und</strong> Aufgaben 2.7.2, 3.1.1 über die<br />
Ellipse.<br />
a) Suche dazu entsprechende Sätze zur Hyperbel <strong>und</strong> Parabel.<br />
b) Beschreibe jeweils die Unterschiede zwischen Ellipse, Parabel <strong>und</strong> Hyperbel.<br />
c) Wie kann man die einander entsprechenden Figuren ineinander überführen?<br />
d) Jedesmal tritt die Parabel als Grenzfall beim Übergang von der Ellipse zur Hyperbel auf. Was tritt<br />
bei der Parabel an die Stelle von Hauptkreis <strong>und</strong> Leitkreis?<br />
e) Formuliere die Sätze über den jeweiligen Gr<strong>und</strong>riss bei lotrechter Kegelachse als einen einzigen<br />
Satz für alle <strong>Kegelschnitte</strong>.<br />
Aufgabe 3.5.8 Bezeichnet man den Rand des von<br />
einem Satelliten aus sichtbaren Teils der<br />
Erdoberfläche als Horizont, so ist dieser der<br />
Berührkreis der Erdkugel mit dem Drehkegel, der aus<br />
den die Erde berührenden Sehstrahlen aus dem<br />
Fotoobjektiv des Satelliten <strong>und</strong> mit diesem als Spitze<br />
besteht.<br />
Die Blickrichtung (Achse) der Kamera sei<br />
eine dieser Kegelmantellinien, das Bild des<br />
Horizonts also ein Schnitt des Kegels<br />
senkrecht zu dieser Mantellinie.<br />
Wie hoch muss der Satellit fliegen, damit das<br />
Bild des Horizonts eine Ellipse bzw. eine<br />
Parabel oder Hyperbel wird? Der Erdradius sei<br />
6370 km.<br />
3.6 Zur Geschichte der <strong>Kegelschnitte</strong><br />
wahrer Horizont<br />
Mit den <strong>Kegelschnitte</strong>n beschäftigten sich bereits die Mathematiker der griechischen Antike. Ihre Entdeckung<br />
wird MENAICHMOS (um 350 v. Chr.) zugeschrieben, der sie im Zusammenhang mit dem Problem der<br />
Würfelverdoppelung mit Hilfe der Eigenschaft der Gleichung (2) aus 3.5 beschrieb – allerdings ohne<br />
Koordinaten zu verwenden – <strong>und</strong> sie zugleich als ebene Schnitte von Drehkegeln identifizierte, wenn auch<br />
zunächst nur als Schnitte senkrecht zu den Mantellinien. Er sprach deshalb vom Schnitt des spitzwinkligen<br />
(Ellipse), rechtwinkligen (Parabel) <strong>und</strong> stumpfwinkligen (Hyperbel) Kegels.<br />
Erde<br />
Horizontkegel<br />
Kamerakegel<br />
Kamera
47<br />
Die Namen Ellipse, Parabel <strong>und</strong> Hyperbel gehen darauf zurück, dass die in 3.5 beschriebene Konstruktion in<br />
engem Zusammenhang mit dem Problem der „Flächenanlegung“ steht, das bereits die Schüler des PYTHAGORAS<br />
(um 550 v. Chr.) beschäftigte:<br />
Man will ein Rechteck des Inhalts y 2 <strong>und</strong> mit einer<br />
Seitenlänge x an ein Rechteck mit den Seiten 2p <strong>und</strong> 2a<br />
„anlegen“, d. h. so ansetzen, dass die Seite x des neuen<br />
Rechtecks auf der Geraden 2a des alten Rechtecks zu<br />
liegen kommt.<br />
Soll die Höhe des angelegten Rechtecks genau 2p<br />
betragen, so ist x durch y bereits bestimmt.<br />
Darf es dagegen an der Höhe etwas „mangeln“ oder<br />
„überschießen“, so wird als zusätzliche Bedingung<br />
verlangt, dass der „mangelnde“ bzw. „überschießende“<br />
x x<br />
2a<br />
Teil, das sogenannte „Differenzrechteck“, zum Ausgangsrechteck ähnlich ist, d. h. eine Ecke des angelegten<br />
Rechtecks auf der Diagonalen des alten Rechtecks zu liegen kommt.<br />
p<br />
Der Zusammenhang zwischen y <strong>und</strong> x nimmt dann die Gestalt y x p<br />
a x<br />
2 2<br />
= ( 2 ± ) an.<br />
2<br />
Aus dieser Gleichung kann zu jedem y der Wert von x bestimmt werden. Diese Aufgabe <strong>und</strong> ihre Lösung wurde<br />
von EUKLID (um 300 v. Chr.) in seinen „Elementen der Geoemtrie“ beschrieben. Dabei verwendet er ελλειπειν<br />
elleipein für „abmangeln“, παραβαλλειν paraballein für „anpassen“ <strong>und</strong> υπερβαλλειν hyperballein für<br />
„überschießen“.<br />
Im nächsten Jahrh<strong>und</strong>ert wurden die Kenntnisse über die Eigenschaften der <strong>Kegelschnitte</strong> noch wesentlich<br />
erweitert durch bedeutende Mathematiker wie ARCHIMEDES (287? bis 212 v. Chr.), der vor allem<br />
Flächenberechnungen an Ellipse <strong>und</strong> Parabel ausführte, sowie durch APPOLONIUS VON PERGAE (262? bis 190? v.<br />
Chr.), der in seinem Hauptwerk das gesamte Wissen seiner Zeit über <strong>Kegelschnitte</strong> zusammentrug <strong>und</strong> viele<br />
neue Erkenntnisse hinzufügte. Er behandelte auch die Umkehraufgabe der oben beschriebenen Flächenanlegung,<br />
nämlich zu vorgegebenen x die dazugehörige Fläche y 2 zu ermitteln.<br />
Über die oben verwendete Gleichung, die ja mit der Gleichung (2) aus 3.5 identisch ist, gelangte er zu der in 3.5<br />
beschriebenen Konstruktion der Kegelschnittpunkte <strong>und</strong> gab deshalb den so gewonnenen Kurven die Namen<br />
Ellipse, Parabel <strong>und</strong> Hyperbel. Er erkannte vermutlich auch als erster, dass jede dieser Kegelschnittformen an<br />
jedem geraden oder schiefen Kreiskegel als ebener Schnitt auftritt.<br />
Erst nach 1800 Jahren gelang eine erneute Bereicherung unseres Wissens über <strong>Kegelschnitte</strong> durch ihre<br />
systematische Behandlung mit Hilfe der Analytischen Geometrie, die durch R. DESCARTES (1596 bis 1650) <strong>und</strong><br />
P. FERMAT (1601 bis 1665) eingeführt wurde. Etwa um dieselbe Zeit entdeckten B. PASCAL (1623 bis 1662) <strong>und</strong><br />
G. DESARGUES (1591 bis 1661) wichtige neue, rein konstruktive Eigenschaften der <strong>Kegelschnitte</strong>.<br />
Die letzten größeren Fortschritte auf diesem Gebiet wurden möglich, nachdem G. MONGE (1746 bis 1818) die<br />
Analytische Geometrie mit der Infinitesimalrechnung (vgl. Jahrgangsstufe 11) zu einer „Differentialgeometrie“<br />
verknüpfte, <strong>und</strong> nachdem J. PLÜCKER (1801 bis 1868) die auf DESARGUES zurückgehende Idee der „Projektiven<br />
Geometrie“ durch Anwendung geeigneter „homogener“ Koordinaten den Methoden der Analytischen Geometrie<br />
zugänglich machte. Im Rahmen dieser Entwicklung gelang dem belgischen Ingenieur JEAN PIERRE DANDELIN<br />
(1794 – 1847) der einheitliche Beweis für die <strong>Kegelschnitte</strong> mittels der nach ihm benannten Kugeln.<br />
Astronomische Bedeutung der <strong>Kegelschnitte</strong>:<br />
Das astronomische Weltbild, das bis zum Beginn der Neuzeit unangefochten herrschte, beruht auf den<br />
Vorstellungen, die C. PTOLEMÄUS um 105 n. Chr. in seinem Buch „Die große Syntax“ (einer Zusammenfassung<br />
des gesamten astronomischen Wissens des Altertums) niederlegte. Danach sind die Bewegungen aller<br />
Himmelskörper reine Kreisbewegungen um die Erde, die im Zentrum des Alls steht. Denn nur der Kreis, das<br />
vollkommenste aller geometrischen Gebilde, hielt man der Majestät des Schöpfergottes für angemessen.<br />
Um die Schleifenbewegungen der Planeten zu erklären (manche von ihnen laufen nämlich zu manchen Zeiten<br />
scheinbar rückwärts am Himmel), ließ man diese auf scheinbaren Bahnen laufen, den sogenannten Epizyklen,<br />
während gleichzeitig deren Mittelpunkte auf weiteren Kreisen, den sogenannten Deferenten, um die Erde geführt<br />
16<br />
Marsbahn<br />
15<br />
16<br />
12<br />
11<br />
14<br />
13<br />
10<br />
11<br />
1213<br />
14 15<br />
10<br />
9<br />
Deferent: Weg von M<br />
9<br />
K<br />
y 2<br />
: x<br />
terrestrische Beobachtung<br />
8<br />
Erde im Mittelpunkt<br />
8<br />
Rechteck<br />
mit<br />
Überschuss<br />
scheinbare Rückwärtsbewegung<br />
7<br />
4<br />
5<br />
4 5 6<br />
7<br />
3<br />
6<br />
Differenzrechteck<br />
Ausgangsrechteck<br />
Rechteck<br />
mit<br />
Mangel<br />
3<br />
2<br />
Diagonale<br />
Mars<br />
2<br />
A<br />
M<br />
k<br />
2p<br />
1
48<br />
wurden. Um der größer werdenden Beobachtungsgenauigkeit gerecht zu werden, musste dieses System durch<br />
weitere Stufen aufgesetzter Epizyklen noch komplizierter gemacht werden.<br />
Die Zeichnung verdeutlicht die damalige Vorstellung: Der Kreis k rollt auf dem Kreis K schlupffrei ab. Der Weg<br />
von M ist dann der Deferent. Mars hängt an einer „Stange“, die bei A fest mit dem Kreis k verb<strong>und</strong>en ist.<br />
Selbst als N. KOPERNIKUS (1473 bis 1543) das „heliozentrische“ Weltbild beschrieb, in dem die Sonne im<br />
Mittelpunkt stand, <strong>und</strong> damit eine wesentliche Vereinfachung zu haben glaubte, verwendete er solche<br />
Epizykelbewegungen <strong>und</strong> benötigte für die Beschreibung der Planetenbahnen bis zum Saturn insgesamt 48<br />
Kreise (PTOLEMÄUS hatte 40). Die sehr umfangreichen <strong>und</strong> für die damalige Zeit erstaunlich genauen<br />
Beobachtungs- <strong>und</strong> Messergebnisse des Dänen TYCHO BRAHE (1546 bis 1601) zeigten aber, dass auch mit<br />
diesem hohen geometrischen Aufwand die Planetenbahnen nicht hinreichend beschrieben werden konnten.<br />
Der kaiserliche Hofastrologe <strong>und</strong> Astronom JOHANNES KEPLER (1571 bis 1630) wertete diese Ergebnisse (vor<br />
allem am Planeten Mars) aus <strong>und</strong> gelangte so – nach mehreren vergeblichen Versuchen mit anderen Kurven – zu<br />
den berühmten KEPLERschen Gesetzen:<br />
Alle Planeten bewegen sich auf Ellipsen (die „fast“ Kreise sind), in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.<br />
Der „Fahrstrahl Sonne – Planet“ überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen.<br />
Die Quadrate der Umlaufzeiten verhalten sich wie die dritten Potenzen der großen Halbachsen der Bahnellipsen<br />
(sind also unabhängig von deren kleinen Halbachsen).<br />
ISAAC NEWTON (1642 – 1727) fand schließlich im „Gravitationsgesetz“ die physikalische Begründung dieser<br />
Gesetze, die deshalb auch für Kometen <strong>und</strong> alle anderen Himmelskörper eines Sonnensystems gelten müssen,<br />
wobei allerdings auch Parabeln <strong>und</strong> Hyperbeln als Bahnkurven vorkommen können. Auch die Bahnen<br />
künstlicher Satelliten sind nach diesen Gesetzen bestimmt. Ungestört gelten sie jedoch nur, wenn außer der<br />
Sonne nur ein Planet berücksichtigt wird <strong>und</strong> beide punktförmige Massen haben. Diese Störungen zu berechnen,<br />
ist nur unter Einsatz sehr leistungsfähiger Großcomputer möglich.<br />
4. Zur Didaktik<br />
Der vorliegende Text ist eine Weiterentwicklung des bayerischen Lehrplan-Additums <strong>Kegelschnitte</strong>, wie es für<br />
Brennpunkt Geometrie 10 vorgesehen war. Der Text wurde am Gymnasium Starnberg als Lehrbuch für dieses<br />
Additum in einer Klasse 10 im Schuljahr 1998/99, aber auch für einen Pluskurs Mathematik im Schuljahr<br />
1997/98 ausprobiert. Beide Veranstaltungen wurden von einem der beiden Autoren gegeben. Die folgenden<br />
Bemerkungen beziehen sich vor allem auf diese beiden Veranstaltungen <strong>und</strong> können deshalb noch keine<br />
abschließende Empfehlung darstellen, da sich die Güte eines solchen Textes samt seinen<br />
Variationsmöglichkeiten erst herausstellen, wenn andere Lehrerinnen <strong>und</strong> Lehrer mit dem Text gearbeitet haben.<br />
Für weitere didaktische Hilfen verweisen wir deshalb jetzt schon auf eine Version des Textes demnächst in einer
49<br />
Lehrbuchreihe, die ebenfalls mit ausführlichen Kommentaren, Folien <strong>und</strong> Musterlösungen versehen werden<br />
wird.<br />
Die Abbildungen sind mit einem CAD-System gezeichnet <strong>und</strong> in aller Regel nicht konstruiert. D. h. der Autor<br />
hat quasi wie beim Tafelbild im Unterricht seine Kenntnisse in der Raumgeometrie zum Zeichnen eingesetzt, um<br />
die Abbildungen „halbwegs“ richtig zu zeichnen. Eine mathematische Software für derartige Raumbilder stand<br />
nicht zur Verfügung. Auch wird man wohl im Unterricht bei einem 45-Minuten-Rhythmus nicht die Zeit zur<br />
Verfügung haben, um anders zu verfahren.<br />
Die Autoren stehen auch auf dem Standpunkt, dass es wichtiger ist, geometrische Kenntisse im Raum zu<br />
vermitteln <strong>und</strong> geometrische Fähigkeiten bei Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern zu wecken, als schöne Bilder entstehen<br />
zu lassen, so befriedigend dies auch für den mitzeichnenden Schüler ist. So geht es auf weiten Strecken des<br />
Lehrtextes vor allem darum, dass der Schüler anhand von Raummodellen lernt, den Text zu begreifen, <strong>und</strong> seine<br />
Sprache so weiter zu entwickeln, dass er in der Lage ist, anderen die jeweiligen Sachverhalte zu erklären. Seine<br />
eigenen Zeichen- <strong>und</strong> Rechenfertigkeiten werden dann erst im Rahmen der vielen Aufgaben gefordert, wobei<br />
durchaus zugegeben werden kann, dass die gestellten Aufgaben bewusst bei weitem nicht das<br />
Schwierigkeitsniveau der Zeichnungen im Lehrtext erreichen.<br />
Zunächst einmal werden einige Bemerkungen zur Länge des Textes gegeben, bzw. wie man ihn ohne Probleme<br />
kürzen kann:<br />
4.1 Kürzungen des Lehrtextes<br />
Viele Kollegen bemängeln die Länge der bisherigen Abhandlungen der „<strong>Mathematikinformation</strong>“ . Im<br />
vorliegenden Fall sind weite Bereiche voneinander unabhängig abgefasst, so dass man sie auch ohne auf andere<br />
Kapitel benutzen kann, ja den weggelassenen „Rest“ begabten Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern zum Selbststudium<br />
überlassen kann. Das ist auch der Gr<strong>und</strong>, weshalb erst in einem späteren Heft die Lösungen erscheinen werden.<br />
4.1.1 Der volle Text<br />
ist gedacht für einen Pluskurs (1/2 Schuljahr lang 2 St<strong>und</strong>en wöchentlich) für die gehobene Mitte unserer<br />
Gymnasiasten. Die zweite Hälfte des Schuljahres kann dann mit den Inhalten eines späteren Heftes<br />
„<strong>Kegelschnitte</strong> II“ gefüllt werden.<br />
4.1.2 Das bayerische Additum in Jahrgangsstufe 10<br />
geht von 28 Unterrichtsst<strong>und</strong>en aus. Hierbei ist zu empfehlen, das Kapitel 2.4 Scheitelkrümmungskreise <strong>und</strong> alle<br />
weiteren Bemerkungen zu den Scheitelkrümmungskreisen in der vorliegenden Form stark zu vereinfachen: Man<br />
verdeutlicht experimentell den Stellenwert des Scheitelkrümmungskreises für die Zeichentechnik (auch am<br />
Computer!), gibt dann die Krümmungsradien jeweils an <strong>und</strong> verweist auf den Analysisunterricht der<br />
Jahrgangsstufe 11, wo man ohne Probleme diese Radien aus den Kurvengleichungen herleiten kann. Allerdings<br />
sollte man dann schon Aufgaben mit den Krümmungskreisen in den Scheiteln stellen.<br />
2.7 Leitkreis <strong>und</strong> Tangenteigenschaften, 3.3 Leitkreise der Hyperbel <strong>und</strong> weitere Tangenteneigenschaften<br />
können weggelassen werden.<br />
Auch auf 3.5 „Vergleichende Betrachtung der <strong>Kegelschnitte</strong>“ kann man in einem Klassenunterricht verzichten.<br />
Dies gilt allerdings nicht hinsichtlich der technischen Bedeutung der <strong>Kegelschnitte</strong>, wie sie in einem späteren<br />
Heft noch vorzustellen ist. Hierauf sollte man bei der Zeitplanung Rücksicht nehmen <strong>und</strong> mindestens 2<br />
Unterrichtsst<strong>und</strong>en vorsehen.<br />
4.1.3 Kurzformen<br />
• Die Ellipse ist in der Anwendung ungleich häufiger als die anderen <strong>Kegelschnitte</strong> zu beobachten. Ihre<br />
Eigenschaften lernt man nahezu alle in Kapitel 2 „Zylinderschnitte“ kennen.<br />
• Man kann aber auch nur die ebenen Schnitte eines Drehkegels nach DANDELIN lehren <strong>und</strong> alles andere<br />
weglassen.<br />
• Auch dürfte es nicht uninteressant sein, einen Kegelschnitt ausführlich zu behandeln <strong>und</strong> dann begabten<br />
Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern den Resttext zum Selbststudium überlassen.<br />
• Unter Umständen kann man in der betreffenden Gruppe nach einiger Zeit des Selbststudiums auf Kapitel<br />
3.5 „Vergleichende Betrachtung der <strong>Kegelschnitte</strong>“ zu sprechen kommen.
50<br />
4.1.4 Auswahlen<br />
Das Folgende ist nur möglich, wenn die Lehrerin oder der Lehrer den Gesamttext gut kennen:<br />
Man behandelt die DANDELINschen Eigenschaften aller <strong>Kegelschnitte</strong> <strong>und</strong> betrachtet dann im Folgenden nur<br />
einen Aspekt. Hierzu bieten sich an:<br />
• Zeichenmethoden für die <strong>Kegelschnitte</strong>,<br />
• Tangentenkonstruktionen,<br />
• Krümmungsverhalten der <strong>Kegelschnitte</strong>.<br />
4.2 Ist Darstellende Geometrie eine Voraussetzung?<br />
Der bayerische Lehrplan sieht in seinen Wahladdita für das mathematisch-naturwissenschaftliche Gymnasium u.<br />
a. in der Jahrgangsstufe 9 Darstellende Geometrie quasi als Vorbereitung für das Additum <strong>Kegelschnitte</strong> in<br />
Jahrgangsstufe 10 vor. Dies scheint aber nicht eine notwendige Voraussetzung für das vorliegende Curriculum<br />
zu sein.<br />
Sicher waren es die Maler der Renaissance in Italien, die sich als erste Gedanken über die Darstellung<br />
räumlicher Gegenstände in der Ebene machten. ALBRECHT DÜRER (1471 - 1528) schrieb mit seinem Buch<br />
„Underweysung der Messung mit dem Zirkel <strong>und</strong> Richtscheyt in Linien Ebenen <strong>und</strong> gantzen Corporen“ das erste<br />
deutschsprachige Lehrbuch der Geometrie <strong>und</strong> befasste sich vornehmlich mit dem Problem der Darstellung des<br />
Raumes in der Ebene. Fotografie <strong>und</strong> Computerkonstruktion haben weitgehend die ursprünglichen Probleme<br />
beseitigt. Doch hat man mit Recht immer wieder darauf hingewiesen, dass es hierbei auch, ja vornehmlich um<br />
das Konstruieren im Bild geht, d. h. gerade die moderne Technik erwartet, dass aus den Daten eines 2dimensionalen<br />
Bildes eines 3-dimensionalen Gegenstands weitere Daten per Konstruktion gef<strong>und</strong>en werden.<br />
HOHENBERG [1] u. a. haben deshalb ihr Lehrfach dann auch Konstruktive Geometrie genannt. Die damit<br />
angesprochenen Probleme sind auch im Zeitalter des Computers noch aktuell, auch wenn es nicht mehr wie<br />
früher darum geht, per Hand in einer Zeichnung die Probleme zu lösen. Zusammengefasst:<br />
Darstellende Geometrie ist nicht mehr erforderlich, wohl aber das Konstruieren im Raum.<br />
Da aber in aller Regel das Hilfsmittel Modell nicht zur Verfügung steht, muss man eine Lösungsstrategie an<br />
einer ebenen Zeichnung entwickeln; hierzu ist es erforderlich – auch bei CAD – eine Zeichnung lesen zu<br />
können. Man wird also den Schüler anhand geeigneter Beispiele jeweils an das erforderliche<br />
Schwierigkeitsniveau beim Lesen solcher Zeichnungen heranführen. Das ist heute im Unterricht leider eine sehr<br />
vernachlässigte Methode, was sich vor allem dann zeigt, wenn wie im vorliegenden Manuskript die Zeichnungen<br />
rasch schwierig werden.<br />
Man kann diese Schwierigkeiten mildern, wenn man – wie etwa bei den Überlegungen nach DANDELIN -,<br />
Modelle parallel zu den Zeichnungen benutzt. Die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler können dann im eigentlichen Sinn<br />
die Situation „begreifen“.<br />
Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass man hierbei nicht immer den Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern den<br />
Weg so ebnen soll. Es ist zwischendurch recht lehrreich, sie zu zwingen, anhand von Zeichnungen die<br />
Überlegungen durchzuführen.<br />
Kapitel 1 „Vorerörterungen zur Darstellung der Bilder“ sind also zunächst viele Hinweise für den Lehrer, die er<br />
je nach Vorkenntnissen seiner Schüler ausbaut. Dies sollte aber nicht zu einem Unterricht in Darstellender<br />
Geometrie führen. Vielmehr ist der übergeordnete Standpunkt zur Erziehung der Raumanschauung der<br />
Lernenden zu berücksichtigen. Auch sind diese vielen Sätzchen nicht auswendig zu lernen. Der Schüler sollte<br />
aber jederzeit in der Lage sein, aus der Anschauung heraus solche Sätze zu entwickeln. Insgesamt stellt dieses<br />
Kapitel nur eine Wiederholung dessen dar, was im Rahmen von Schrägbildern in den Jahrgangsstufen 8 <strong>und</strong> 9 zu<br />
machen wäre, leider aber immer seltener geschieht.<br />
Die übliche Nomenklatur der Darstellenden Geometrie, einen Punkt P in seinen Rissen mit P‘, P“ usw. zu<br />
bezeichnen, halten wir heute für zu aufwendig <strong>und</strong> gerade für den Anfänger verwirrend. Die Risse werden zwar<br />
nach Norm neben- bzw. untereinander gestellt, doch sollten es einfach von derselben Raumkonfiguration<br />
verschiedene Ansichten sein <strong>und</strong> mehr nicht. Der Schüler lernt allerdings, dass es häufig zweckmäßig ist,<br />
spezielle solcher Ansichten zu betrachten, um gewisse Maße in ihrer wahren Größe zu bekommen.
51<br />
4.3 Bemerkungen zu den einzelnen Kapiteln<br />
Die Kegelschnittslehre stellt am Ende des Geometrieunterrichts eine gute Wiederholung des früher Gelernten<br />
dar. Konstruktionen <strong>und</strong> Überlegungen an Dreiecken, Vierecken <strong>und</strong> Vielecken werden jetzt an anderen<br />
Konfigurationen betrachtet. Es stellt sich hierbei heraus, dass die Inhalte des früheren Unterrichts in einem viel<br />
größeren Bereich angewendet werden können.<br />
zu 2. Zylinderschnitte<br />
2.1:<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich konnten keine wesentlichen Schwierigkeiten beobachtet werden. Die Vorstellungskraft der<br />
Lernenden wird hier noch nicht strapaziert.<br />
Vielen Schülern ist neu, dass man in jeder Ebene rechtwinklige Koordinaten einführen kann <strong>und</strong> für die<br />
Koordinaten in verschiedenen Ebenen via der Gesamtkonfiguration Zusammenhänge wie die Ellipsengleichung<br />
<strong>und</strong> die Gleichungen zur Achsenstreckung bekommen kann. Hier werden Lücken in der Jahrgangsstufe 9<br />
vermutet:<br />
• Koordinatentransformation für eine Verschiebung (einer Parabel),<br />
• Nachweis, dass alle Parabeln ähnlich sind u. a.<br />
• Auch der Begriff „Abbildungseigenschaften“ oder „definierende Eigenschaften“ einer Abbildung sind nicht<br />
in der erforderlichen Tiefe vorhanden.<br />
2.2:<br />
Nur wenige haben den Begriff der Tangente am Beispiel Kreis durchdacht: Eine Gerade, die in einer Umgebung<br />
genau einen Punkt mit einer Kurve gemeinsam hat <strong>und</strong> in dieser Umgebung auf einer Seite der Kurve liegt,<br />
nennt man Tangente.<br />
2.4:<br />
Man sollte sich Zeit lassen beim Erklären der Kreise, die in einem Scheitel die Ellipse berühren, also mit ihr eine<br />
gemeinsame Tangente haben. Es bleibt natürlich dem Analysisunterricht vorbehalten zu klären, dass es genau<br />
einen Kreis gibt, der am besten berührt.<br />
Hat der Schüler die Existenz eines Scheitelkrümmungskreises eingesehen, so kann die Herleitung seines Radius<br />
ruhig weggelassen bzw. auf den späteren Analysisunterricht verwiesen werden. Ein Verzicht auf die<br />
Konstruktion der Scheitelkrümmungskreise sollte nicht sein, da es doch ein großes Erfolgserlebnis für die<br />
Schüler bedeutet, eine schöne Ellipse gezeichnet zu haben, auch wenn dies heute bei jeder Zeichensoftware<br />
überflüssig ist, da man die Ellipsen stets aus einem Kreis „zieht“.<br />
2.5:<br />
Eine Ellipse ist zunächst das Orthogonalbild eines Kreises. Hier zeigt sie sich als Schnitt eines<br />
Rotationszylinders. Das muss bewiesen werden. Man hat damit bereits 3 Definitionen der Ellipse:<br />
• Kreisbild<br />
• Schnitt eines Rotationszylinders<br />
• Menge von Punkten, die die Ellipsengleichung erfüllen.<br />
Diese Liste wird im Folgenden fortgesetzt. Man kann bereits hier auf den Begriff „definierende Eigenschaft“ zu<br />
sprechen kommen.<br />
2.6:<br />
Will man mehrfach die <strong>Kegelschnitte</strong> lehren, so ist es sinnvoll, sich ein Modell einer Kugel mit dem<br />
Tangentenkegel zu beschaffen. Wichtig ist, dass die Schüler „sehen“, zwischen Kugel <strong>und</strong> Kegel gibt es keinen<br />
Rand, der Übergang ist „glatt“.<br />
Der Aufbau der Überlegung nach DANDELIN wird hier <strong>und</strong> in den drei Fällen der ebenen, nicht zerfallenden<br />
Schnitte eines Rotationskegels völlig analog dargestellt mit der Absicht, dass sich auch der Schüler den Gang der<br />
Gedanken merkt. Es ergibt sich eine weitere Definiton der Ellipse:<br />
• Brennpunkteigenschaft
52<br />
Die Brennpunkteigenschaften der Ellipse <strong>und</strong> der Hyperbel merkt man sich am besten anhand des<br />
„Rautenmusters“.<br />
2.7:<br />
Die Überlegungen „Leitkreis <strong>und</strong> Tangenteneigenschaft“ können bei allen <strong>Kegelschnitte</strong>n analog durchgeführt<br />
werden.<br />
Der Schüler erhält damit eine zweite Methode, Tangenten zu zeichnen.<br />
zu 3. Ebene Schnitte eines Drehkegels<br />
Die Bilder sprechen für sich <strong>und</strong> können auch von allen Schülern „gelesen“ werden. Anders sieht dies schon aus,<br />
wenn die einzelnen Fälle sprachlich beschrieben werden sollen, was aber für das weitere Vorgehen unerlässlich<br />
ist.<br />
3.1:<br />
Die historische Betrachtung kann problemlos weggelassen werden, wenn man darauf verzichten möchte.<br />
Man könnte zunächst glauben, dass die 3 Lösungen zur Konstruktion der kleinen Achse einer Ellipse<br />
Darstellende Geometrie sind. Doch spielt die Bestimmung der Halbachsen auch in anderem Zusammenhang eine<br />
Rolle <strong>und</strong> ist deshalb durchaus interessant, zudem alle Lösungen mit wenigen Strichen ausgeführt werden<br />
können.<br />
3.2:<br />
Die Berechnung der Gleichungen für Ellipse <strong>und</strong> Hyperbel aus der jeweiligen Brennpunkteigenschaft sollte man<br />
die Schüler nicht selbständig machen lassen. Es liest sich die angegebene Lösung einfach; will man sie selbst<br />
durchführen, so kann schnell die Darstellung algebraisch unübersichtlich werden.<br />
Aus Gründen der Herstellungssoftware dieses Manuskripts mussten leider alle Hyperbeln als gleichseitige<br />
gezeichnet werden. Das sollte man im Unterricht vermeiden oder zumindest auf diesen Schönheitsfehler<br />
hinweisen.<br />
Die Herleitung der Sehneneigenschaft der Hyperbel erfordert hohes Vorstellungsvermögen beim Schüler. Hier<br />
zeigt sich, welchem Schüler der Kurs das Anschauungsvermögen gehoben hat. Man muss deshalb davon<br />
ausgehen, dass nicht alle Schüler die gegenseitige Lage der verschiedenen Schnitte verstehen. Sie müssen sich<br />
darauf beschränken, die Sehneneigenschaft der Hyperbel auswendig zu lernen.<br />
Es wurde auch beobachtet, dass der Übergang von der Sekanteneigenschaft zur Tangenteneigenschaft manchem<br />
Schüler Schwierigkeiten bereitet, wenn er nicht gewohnt ist, sich dynamische Veränderungen an einer<br />
Zeichnung vorzustellen. Hier könnte eine geeignete Software am PC helfen.<br />
Die Stechzirkelkonstruktion kann man sich im Allgemeinen nur schlecht merken. Deshalb wird empfohlen, eine<br />
Hyperbel samt Asymptoten zu skizzieren <strong>und</strong> dann an dieser Zeichnung mit einem Zirkel die<br />
Stechzirkelkonstruktion durch Probieren wieder zu finden. Ganz ähnlich verfährt man mit der<br />
Sekanteneigenschaft.<br />
3.4:<br />
Die Eigenschaften der Normalen <strong>und</strong> Tangenten einer Parabel merkt man sich anhand der Figur mit der Raute.<br />
Die Brennpunkteigenschaft kann man durch „Grenzübergang“ aus dem Rautenmuster (Föhnhimmel) herleiten.<br />
3.5:<br />
Die vergleichenden Betrachtungen zwischen den <strong>Kegelschnitte</strong>n können natürlich weggelassen werden. Dies<br />
sollte nicht geschehen, wenn man auf die projektive Interpretation der <strong>Kegelschnitte</strong> zu sprechen kommen will.
53<br />
Dynamisch kann man den Übergang von der Ellipse zur Hyperbel über die Parabel sehr schön an einem leicht zu<br />
erstellenden Modell zeigen:<br />
Man lässt sich die nebenstehende Figur schweißen<br />
<strong>und</strong> achtet darauf, dass sie gut ausgewuchtet ist.<br />
Gibt man sie in A in das Futter eines Motors, wie er<br />
in jeder physikalischen Sammlung vorhanden ist<br />
<strong>und</strong> lässt das Stück um a rotieren, so beschreiben g<br />
<strong>und</strong> h den Mantel eines Rotationskegels. g <strong>und</strong> h<br />
werden mit Leuchtfarbe gestrichen.<br />
Man achte auf die Sicherheit, damit das Modell<br />
nicht explodiert!! Man möge deshalb auch bei B<br />
die Apparatur einspannen.<br />
Man beschafft sich eine Schlitzblende für einen<br />
Diaprojektor. Diese Blende erzeugt eine<br />
Lichtebene, mit der man den Rotationskegel<br />
schneiden kann.<br />
Nebenbei bemerkt: Eine Kreisblende zeigt dann<br />
Verschneidungskurven der Ordnung 4. Man kann<br />
sich auch auf diese Weise mit einem rotierenden<br />
Kreis eine Kugel beschaffen <strong>und</strong> feststellen, dass<br />
die einzigen ebenen Kugelschnitte Kreise sind.<br />
Anschriften der Autoren:<br />
Dr. Stefan <strong>Lange</strong><br />
Emil-von-Behring-Straße 6<br />
85375 Neufahrn<br />
Dr. Karlhorst <strong>Meyer</strong><br />
Kyffhäuserstraße 20<br />
85579 Neubiberg<br />
B<br />
g h<br />
A<br />
a