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Umzeichnung und Indizierung einer Laue-Aufnahme [PDF]

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LAUE 1<br />

<strong>Umzeichnung</strong> <strong>und</strong> <strong>Indizierung</strong> <strong>einer</strong><br />

LAUE-<strong>Aufnahme</strong><br />

1 Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />

Die ersten <strong>Aufnahme</strong>n der Beugung von RÖNTGEN-Strahlung an Einkristallen<br />

wurden von M. v. LAUE <strong>und</strong> seinen Mitarbeitern durch eine sehr einfache Versuchsanordnung<br />

gewonnen: ein feststehender Einkristall wurde mit ”weißem”<br />

RÖNTGENlicht, d.h. mit Licht sehr großer Bandbreite durchstrahlt <strong>und</strong> das Beugungsbild<br />

auf einem ebenen Film hinter dem Kristall festgehalten. Als Strahlungsquelle<br />

diente eine RÖNTGEN-Röhre, deren gesamtes Spektrum ungefiltert<br />

verwendet wurde.<br />

Heute findet die <strong>Laue</strong>-Technik vorwiegend in der Untersuchung <strong>und</strong> Charakterisierung<br />

von Kristallen bekannter Struktur Verwendung. Es kann mit relativ<br />

geringem Aufwand die Kristall Orientierung sehr genau bestimmt werden. Dies<br />

wird genutzt, um durch Schneiden Kristalle (z.B. Wafer) mit Oberflächen zu erhalten,<br />

die bestimmten kristallographischen Richtungen entsprechen. Dadurch können<br />

die anisotropen (unterschiedlich für verschiedenen kristallographische Richtungen)<br />

physikalischen Eigenschaften von Kristallen in der Technik ausgenutzt<br />

werden. Andererseits ist die Kenntnis der Orientierung für andere physikalische<br />

Messungen unerläßlich (etwa Phononenmessungen).<br />

In jüngster Zeit werden LAUE-<strong>Aufnahme</strong>n vermehrt in der Forschung im sowohl<br />

im RÖNTGEN-Labor, als auch an großen Synchrotron- <strong>und</strong> Neutronen-Strahlungsquellen<br />

genutzt. Hierbei werden vorwiegend mikroskopische <strong>und</strong> makroskopische<br />

Kristalldefekte untersucht.<br />

2 LAUE-Kamera <strong>und</strong> Verfahren<br />

Der Aufbau <strong>einer</strong> LAUE-Kamera ist immer noch der selbe (siehe Abb. 1). Ein<br />

kollimierter, polychromatischer (”weißer”) RÖNTGEN-Strahl trifft auf einen Einkristall,<br />

<strong>und</strong> die Reflexe werden auf einem Film aufgezeichnet. Der Film kann in<br />

jeder Richtung zu Quelle <strong>und</strong> Kristall stehen. Die gebräuchlichsten Formen sind<br />

die ”Transmissionsgeometrie”, wobei der Film hinter dem Kristall angebracht<br />

ist, <strong>und</strong> die ”Rückstrahlgeometrie”, wobei der Film zwischen Quelle <strong>und</strong> Kristall<br />

liegt. Beispiele für reale <strong>Aufnahme</strong>n siehe auch Abb. 7 <strong>und</strong> 6.<br />

Welche Geometrie verwendet wird, hängt vom Problem ab. Zur Orientierung<br />

wird meist die ”Rückstrahlgeometrie” verwendet, da hierbei auch dicke oder stark<br />

absorbierende Kristalle ausreichende Intensität liefern.<br />

Zur Entstehung <strong>und</strong> Interpretation des Beugungsbildes nimmt man die EWALD-<br />

Konstruktion zur Hilfe. Der ”weiße” RÖNTGEN-Strahl wird durch eine Schar von<br />

EWALD-Kugeln dargestellt, deren Radien den verschiedenen im Spektrum des<br />

Primärstrahls vorhandenen Wellenlängen entsprechen (Abbildung 2).<br />

Durch die Schar der EWALD-Kugeln wird ein reziprokes Raumstück überdeckt,<br />

das durch die beiden Kugeln begrenzt wird, deren Radien der maximalen<br />

<strong>und</strong> minimalen im Spektrum vorhandenen Wellenlänge entsprechen. Dabei hat<br />

die äußere Kugel den Radius 1/λmin, die innere den Radius 1/λmax. Jeder re-


LAUE 2<br />

Abbildung 1: Aufbau <strong>einer</strong> LAUE-Kamera: 1 RÖNTGEN-Röhre, 2 Kollimator,<br />

3 Probe, 4 Primärstrahlfänger, 5 Filmkasette für Transmissionsgeometrie <strong>und</strong> 6<br />

Filmkasette für Rückstrahlgeometrie. Rot der Primärstrahl, blau <strong>und</strong> weiß die<br />

abgebeugten Strahlen für Rückstrahl- bzw. Transmissionsgeometrie.<br />

ziproke Gitterpunkt im Inneren dieses Raumstücks liegt dann auf der Oberfläche<br />

<strong>einer</strong> EWALD-Kugel mit Radius 1/λ (1/λmax ≤ 1/λ ≤ 1/λmin) für die er die<br />

BRAGG’sche Gleichung erfüllt. Ein solcher reziproker Gitterpunkt gibt daher Anlaß<br />

für einen Schwärzungsfleck auf dem Film.<br />

Für die geometrische Zuordnung von Schwärzungsfleck <strong>und</strong> reziprokem Gitterpunkt<br />

zeichnet man sich zweckmäßigerweise einen reziproken Gitterpunkt mit<br />

s<strong>einer</strong> zugehörigen EWALD-Kugel heraus. In der Abbildung 3 ist RF der Abstand<br />

zwischen Kristall <strong>und</strong> Film, ρF der Abstand des Schwärzungsflecks vom Filmmittelpunkt,<br />

s0 <strong>und</strong> s sind die Wellenvektoren des einfallenden <strong>und</strong> des abgebeugten<br />

Strahls <strong>und</strong> h der zugehörige reziproke Gittervektor. Aus dieser Zeichnung ergibt<br />

sich sofort der Zusammenhang:<br />

ρF<br />

RF<br />

= tan[180 ◦ − 2ϑ] = tan[2 · (90 ◦ − ϑ)], (1)<br />

90 ◦ − ϑ = 1 ρF<br />

arctan<br />

2 RF<br />

Der Beugungswinkel ϑ läßt sich also aus den Meßdaten berechnen.<br />

Aus der LAUE-<strong>Aufnahme</strong> sind Aussagen über die Symmetrie möglich. Verläuft<br />

der Primärstrahl in <strong>einer</strong> Drehachse oder Spiegelebene, so erscheint diese<br />

(2)


Abbildung 2: EWALD-Konstruktion zur LAUE-<strong>Aufnahme</strong>.<br />

LAUE 3<br />

Abbildung 3: Beugungsgeometrie für Rückstrahltechnik. Vergleiche auch Abbildung<br />

1.<br />

Symmetrie auch in dem Beugungsbild. Da das reziproke Gitter wie jedes Gitter<br />

zentrosymmetrisch ist <strong>und</strong> auch die Intensitätsverteilung auf dem reziproken<br />

Gitter Zentrosymmetrie aufweist (Friedelsches Gesetz), erzeugen Drehinversionen<br />

<strong>und</strong> zugehörige Drehungen dieselbe Symmetrie in der LAUE-<strong>Aufnahme</strong>. Das<br />

Kristallgitter bestimmt stets lediglich die Zugehörigkeit zu <strong>einer</strong> der 7 Holoedrien.<br />

Die Kristallstruktur ermöglicht durch Intensitätsbetrachtungen dann die<br />

Einordnung in eine LAUE-Klasse. Deshalb kann man durch LAUE-<strong>Aufnahme</strong>n<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nur die elf zentrosymmetrischen Punktgruppen unterscheiden, die<br />

32 Punktgruppen zerfallen, sortiert nach ihren kleinsten zentrosymmetrischen Obergruppen,<br />

in elf LAUE-Klassen (Tabelle 1).<br />

In jedem Fall reicht aber die Symmetrieinformation aus den LAUE-<strong>Aufnahme</strong>n<br />

aus, um alle symmetriebegabten Richtungen <strong>und</strong> damit die Lage der kristallographischen<br />

Achsen festzustellen. Das ermöglicht dann auch die <strong>Indizierung</strong> der<br />

gnomonischen Projektionen. In der Praxis ist dies jedoch oftmals nicht sofort<br />

eindeutig möglich. Dann müssen zunächst mehrere Lösungsmöglichkeiten be-


1 1 1<br />

2 2/m m 2<br />

3 2/m 2/m 2/m mm2 222<br />

4 4/m 4 4<br />

5 4/m 2/m 2/m 4mm 42m 422<br />

6 3 3<br />

7 32/m 3m 32<br />

8 6/m 6 6<br />

9 6/m 2/m 2/m 6mm 62m 622<br />

10 2/m 3 23<br />

11 4/m 3 2/m 43m 432<br />

LAUE 4<br />

Tabelle 1: Die 32 Punktgruppen mit den 11 LAUE-Klassen als zentrosymmetrische<br />

Obergruppen.<br />

rücksichtigt werden, bis sich nach mehreren indizierten Reflexen eine Lösungsmöglichkeit<br />

als die richtige erweist.<br />

Zur Auswertung der Intensitäten der Reflexe - etwa für die Strukturbestimmung<br />

- erweist sich die LAUE-<strong>Aufnahme</strong>technik aus zwei Gründen als wenig<br />

geeignet:<br />

1. Zu verschiedenen Wellenlängen gehören bereits im Primärstrahl unterschiedliche<br />

Intensitäten gemäß der Intensitätsverteilung des Spektrums der RÖNTGEN-<br />

Röhre. Die Intensitäten verschiedener Reflexe sind ohne genaue Kenntnis des<br />

RÖNTGEN-Spektrums nicht vergleichbar.<br />

2. Die in die gleiche Richtung zeigenden reziproken Gittervektoren h <strong>und</strong> nh erzeugen<br />

Reflexe mit den gleichen Beugungswinkeln mit unterschiedlichen Wellenlängen<br />

λ <strong>und</strong> λ/n. Ihre Intensitäten lassen sich also auf dem Film nicht<br />

trennen, was bereits für die Untersuchung von Auslöschungen zur Raumgruppenfeststellung<br />

hinderlich ist.<br />

Trotzdem wird heute die LAUE-<strong>Aufnahme</strong> zur Strukturbestimmung insbesondere<br />

von organischen, biologisch wichtigen Strukturen mit großen Elementarzellen<br />

(z.B. Proteinen) herangezogen; denn man kann mit Synchrotronstrahlung bei<br />

sehr kurzen Belichtungszeiten (einige Sek<strong>und</strong>en) gleichzeitig einige 10,000 Reflexe<br />

photographisch registrieren. Man stellt nämlich fest, daß nur etwa 20% der Reflexe<br />

systematisch überlappen, außerdem ist das Synchrotronstrahlungs-Spektrum<br />

sehr genau berechenbar.<br />

3 Versuch<br />

3.1 Vorbereitung<br />

Als Vorbereitung sollen folgende Fragen beantwortet werden:


LAUE 5<br />

1. Wie ist das Prinzip der LAUE-<strong>Aufnahme</strong>? (Geometrie, Quelle, Probe, ...)<br />

2. Was ist eine LAUE-Klasse?<br />

3. Was ist eine Holoedrie?<br />

4. Gegeben ist ein kristalliner Würfel mit Würfelflächen {001}. Damit werden<br />

LAUE-<strong>Aufnahme</strong>n in den Richtungen [001], [110] <strong>und</strong> [111] gemacht.<br />

Welche Punktgruppe ist jeweils zu erkennen.<br />

Diese Vorbereitung ist Teil des Protokolls. Als Anhaltspunkt für den Umfang kann<br />

eine knappe Seite gelten. Daß diese Fragen auch ohne diese Aufzeichnungen<br />

beim Versuch beantwortet werden können (natürlich von jedem der Gruppe) ist<br />

selbstverständlich.<br />

3.2 Aufgabenstellung <strong>und</strong> Versuchsdurchführung<br />

Von einem Kristall ist mit Hilfe der LAUE-Kamera eine Rückstrahlaufnahme anzufertigen.<br />

Der Kristall wird in der Kamera so orientiert, daß der RÖNTGEN-<br />

Strahl ungefähr richtungsgleich mit einem Symmetrieelement ist. Mit Hilfe des<br />

Betreuers wird eine <strong>Indizierung</strong> <strong>und</strong> die Bestimmung der Orientierung unter Verwendung<br />

des Programmes ORIENT EXPRESS vorgenommen. Damit sind auch<br />

Simulationen verschiedener Blickrichtungen anzufertigen. Schließlich soll eine<br />

<strong>Umzeichnung</strong> des experimentellen Beugungsbildes mit Hilfe <strong>einer</strong> gnomonischen<br />

Projektion <strong>und</strong> die <strong>Indizierung</strong> der Reflexe durchgeführt werden.<br />

3.3 Auswertung<br />

Das beobachtete Beugungsbild ist ein ”Bild” eines Ausschnitts des reziproken<br />

Gitters. Wie aus der Abbildung 4 ersichtlich ist, ist dieses Bild verzerrt. Der zum<br />

Abbildung 4: Winkel <strong>und</strong> Längen in Gnonomischer Projektion <strong>und</strong> in der Versuchsanordnung.<br />

Vektor h gehörige Schwärzungsfleck liegt so auf dem Film, daß h den Winkel


LAUE 6<br />

zwischen einfallendem <strong>und</strong> gebeugtem Strahl halbiert. Diese Verzerrung läßt sich<br />

jedoch leicht rückgängig machen, indem man die oben abgeleitete Beziehung für<br />

90 ◦ − ϑ (Formel 2) auswertet <strong>und</strong> eine gnomonische Projektion des Beugungsbildes<br />

zeichnet. Dazu stellt man sich eine Ebene parallel zur Filmebene im frei<br />

wählbaren Abstand Rg vom Kristall vor <strong>und</strong> verlängert die Richtung des Vektors<br />

h bis zum Durchstoßpunkt durch die Ebene der gnomonischen Projektion.<br />

ρf<br />

Rf<br />

ρg<br />

Rg<br />

= tan[90 ◦ − ϑ] (3)<br />

= tan[2 · (90 ◦ − ϑ)] (4)<br />

⇒ 90 ◦ − ϑ = 1 ρf<br />

arctan<br />

2 Rf<br />

Man zeichnet dann die so gewonnenen Punkte am besten auf Polarkoordinatenpapier,<br />

wobei man Rg so wählt, daß der vorhandene Platz optimal genutzt wird.<br />

Hat man diese <strong>Umzeichnung</strong> durchgeführt, so besitzt man eine lineare Vergrößerung<br />

des Ausschnitts des reziproken Gitters. Allerdings sind dabei in der Regel<br />

mehrere ”Netzebenen” des reziproken Gitters übereinander projiziert, was für die<br />

<strong>Indizierung</strong> der Bildpunkte noch Probleme mit sich bringt.<br />

Beispiel<br />

Für einen kubischen Kristall mit <strong>einer</strong> vierzähligen Achse parallel zum Primärstrahl<br />

soll gezeigt werden, wie man Formeln für die <strong>Indizierung</strong> der Reflexe gewinnt:<br />

Man kann aufgr<strong>und</strong> der speziellen Lage der vierzähligen Achse sofort die dem<br />

Primärstrahl entgegengesetzte Richtung als Richtung des Vektors c∗ wählen.<br />

Dann benötigt man eine zusätzliche Information über die Lage <strong>einer</strong> weiteren<br />

vierzähligen Achse senkrecht zur Primärstrahlrichtung. Da die vorhandene LAUE-<br />

<strong>Aufnahme</strong> bereits ausgezeichnete Richtungen aufweist, handelt es sich nur um<br />

eine Entscheidung, welche dieser Richtungen die vierzählige Achse enthält. Diese<br />

Entscheidung kann richtig oder falsch sein. Bei <strong>einer</strong> falschen Wahl wird man bei<br />

der <strong>Indizierung</strong> unsinnig große MILLERsche Indizes erhalten <strong>und</strong> muß daraufhin<br />

diese Auswahl nochmals korrigieren.<br />

In die gewählte Achse legt man den Vektor a∗, womit auch b∗ festgelegt ist.<br />

In der gnomonischen Projektion der <strong>Aufnahme</strong> bzw. im Film selbst markiert man<br />

nun diese Richtungen a∗ <strong>und</strong> b∗.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Konstruktion der Punkte in der gnomonischen Projektion durch<br />

Verlängerung des Vektors h bis zum Durchstoßpunkt gilt für die Koordinaten des<br />

Durchstoßpunktes (xg, yg, Rg) bzgl. der Basis des reziproken Raumes die Beziehung:<br />

(5)<br />

(xg, yg, Rg) = ξ · (h, k, l) (6)<br />

mit einem unbekannten Faktor ξ, der aber keine Rolle spielt, da h <strong>und</strong> n · h denselben<br />

Bildpunkt liefern, also nur die Verhältnisse h/k, h/l <strong>und</strong> k/l direkt aus den<br />

Daten zu ermitteln sind.<br />

Es ist nun zweckmäßig, mit Polarkoordinaten ρg <strong>und</strong> ϕ in der gnomonischen<br />

Projektion zu arbeiten, da die Koordinate ρg bereits aus der vorhergehenden Rechnung<br />

bekannt ist. Für die Koordinate ϕ wählt man etwa a∗ als Nullrichtung <strong>und</strong>


echnet wie bei Polarkoordinaten üblich um:<br />

also<br />

oder<br />

LAUE 7<br />

xg = ρg cos[ϕ] (7)<br />

yg = ρg sin[ϕ] (8)<br />

(ρg cos[ϕ], ρg sin[ϕ], Rg) = ξ ′ (h, k, l) (9)<br />

(ξ) −1 (ρg cos[ϕ], ρg sin[ϕ], Rg) = (h, k, l) (10)<br />

Für die Verhältnisse der Indizes erhält man daher:<br />

h<br />

k<br />

= 1<br />

tan[ϕ]<br />

(11)<br />

Die Größe ϕ kann direkt aus dem Film abgelesen werden. Für das Verhältnis<br />

von h zu k erhält man in aller Regel kein ganzzahliges. Aber h <strong>und</strong> k sind ja<br />

per Definition ganzzahlig. D.h. ein Verhältnis von 3.1 bedeutet h = 3, k = 1<br />

(nicht etwa h = 3.1). Aus diesen Werten wird nun sofort ϕ rückgerechnet, <strong>und</strong> im<br />

weiteren Verlauf mit dem rückgerechneten Wert ˆϕ weitergerechnet. Dieser Wert<br />

ist exakt, ohne Meßfehler.<br />

h<br />

l<br />

k<br />

l<br />

ρg<br />

= cos[ ˆϕ] (12)<br />

Rg<br />

ρg<br />

= sin[ ˆϕ] (13)<br />

Rg<br />

Aus den Gleichungen 12 <strong>und</strong> 13 kann der Abstand Probe-Film ebenfalls rückgerechnet<br />

werden. Für einige ” sichere” Reflexe wird dies gemacht. Im Folgenden<br />

wird dann stets auch hier der rückgerechnete Wert ˆρg verwendet! Punkte, die <strong>einer</strong><br />

reziproken Netzebene l = const. entsprechen, erscheinen in der gnomonischen<br />

Projektion ebenfalls als Netz.<br />

Das Programm ORIENT EXPRESS<br />

Heute werden LAUE-<strong>Aufnahme</strong>n üblicherweise nicht mehr von Hand indiziert,<br />

sondern mit Hilfe von Simulationsprogrammen. Die <strong>Indizierung</strong> von Hand wird<br />

mit abnehmender Symmetrie immer schwieriger. Ist die <strong>Aufnahme</strong> nicht entlang<br />

<strong>einer</strong> Symmetrierichtung, wird der Arbeitsaufwand zudem ungleich höher.<br />

Die Arbeitsweise solcher <strong>Indizierung</strong>sprogramme folgt meist folgendem Schema:<br />

• Eingabe der Kristallstruktur<br />

• Simulation der LAUE-<strong>Aufnahme</strong><br />

• Anpassen der Simulation an die Messung durch Variation der Kristallorientierung


LAUE 8<br />

Zur Bedienung des Programms. Zunächst muß über den Menüpunkt Data die<br />

Kristallstruktur geladen werden. Hierzu kann entweder ein vorgefertigtes Kristallfile<br />

(*.dat) geladen werden, oder es kann ein neues angelegt werden. Dazu geht<br />

man folgendermaßen vor:<br />

• Data ↩→ Keyboard.<br />

• Eingabe des Titels (Title), zweckmäßigerweise der Name des Präparates.<br />

• Wahl des Kristallsystems (System). Dies Berücksichtigt automatisch die<br />

Kristallsymmetrie, d.h. etwa bei <strong>einer</strong> kubischen Struktur müssen keine<br />

Winkel, <strong>und</strong> nur ein Gitterparameter angegeben werden.<br />

• Eingabe der Gitterparameter <strong>und</strong> Winkel gemäß der üblichen kristallographischen<br />

Konventionen (z.B. in hexagonalen Strukturen ist der 120 ◦ Winkel<br />

stets γ).<br />

Nun folgen die Parameter des instrumentellen Aufbaus.<br />

• Abstand Probe-Film (Dist.(Cm)).<br />

• Der Winkel (verlängerter Primärstrahl, Probe, Film Mittelpunkt). Für Transmissionsgeometrie<br />

also 0 ◦ , für Reflexionsgeometrie 180 ◦ .<br />

• Die Grenzwellenlängen λ1 <strong>und</strong> λ2 (entspricht λmin bzw. λmax)<br />

• Die Abmessungen des Detektors (in unserem Falle des Films).<br />

• In der Auswahl Geom. kann zwischen einem planen Detektor (Flat) wie<br />

wir in verwenden, oder einem zylindrischen (Cyl.) mit der Probe als Mittelpunkt<br />

gewählt werden.<br />

• Lattice Type gibt den BRAVAIS Type an (P=primitiv, I=innenzentriert, F=flächenzentriert,<br />

A/B/C=A/B/C-zentriert, R=hexagonales Kristallsystem rhomboedrisch<br />

aufgestellt <strong>und</strong> als Sonderfall (Struktur, nicht Gitter) D=Diamantstruktur).<br />

(Zur Erinnerung: Gitter�=Struktur!)<br />

• Group gibt die Raumgruppe an. Die Abkürzungen sind in der Datei ”orientexpress.grp”<br />

zu entnehmen.<br />

Die Angabe des Bravais Types <strong>und</strong> der Raumgruppe dient ausschließlich der<br />

Berechnung systematischer Auslöschungen. Im Zweifelsfall ist primitiv als Bravais<br />

Typ <strong>und</strong> ein Freilassen der Raumgruppe (wird durch P-1 ersetzt) ausreichend<br />

zum Indizieren bzw. Orientieren.<br />

Für die Simulation des LAUE-Musters muß noch die Orientierung angegeben<br />

werden. Hierzu auf Matrix ↩→ Acquisition gehen. In der ersten Zeile des Menus<br />

auf Récipr. stellen <strong>und</strong> die hkl’s der Orientierung eingeben. Anschließend auf<br />

OK.<br />

Jetzt kann der Computer mit Hilfe der kristall- <strong>und</strong> gerätegeometrischen Daten<br />

ein Stereogramm berechnen. Nun wird aus dem Stereogramm das LAUE-Muster<br />

berechnet. Dies ist quasi die Umkehrung des Umzeichnens (mit leichter Modifikation<br />

der Formeln, da das Programm keine Gnomonische Projektion benutzt).<br />

Anschließend kann sowohl das Stereogramm, als auch das LAUE-Muster simuliert


LAUE 9<br />

werden (Menupunkt Simulation). Hier kann auch der virtuelle Kristall gedreht<br />

werden <strong>und</strong> die Änderung des Musters ”online” verfolgt werden. Will man etwa<br />

einen Kristall entlang <strong>einer</strong> bestimmten Fläche schneiden, wird einfach der Kristall<br />

soweit gedreht, bis der gewünschte Index in der Mitte liegt, <strong>und</strong> die Winkel<br />

um die zum Schneiden gekippt werden müssen, werden angezeigt (rechts unten).<br />

Abbildung 5: Fenster mit<br />

Struktur- <strong>und</strong> Gerätedaten.<br />

Um eigene <strong>Aufnahme</strong>n zu indizieren muß zu-<br />

erst eine beliebige Matrix angegeben werden (kein<br />

physikalischer Gr<strong>und</strong>, nur eine Forderung des Programms).<br />

Über Simulation ↩→ <strong>Laue</strong> ↩→ Picture<br />

kann hinter die Simulation ein eingescanntes Bild<br />

gelegt werden (Auflösung <strong>und</strong> Ursprung sind anzugeben).<br />

Man kann nun entweder den virtuellen<br />

Kristall solange von Hand drehen, bis Simulation<br />

<strong>und</strong> Messung übereinstimmen, oder dem Computer<br />

die Arbeit überlassen.<br />

Hierzu müssen erst die Positionen einiger f<strong>und</strong>amentaler<br />

Reflexe angegeben werden. Mit diesen<br />

Reflexen versucht der Computer die Orientierung<br />

zu finden. Er geht dabei nach exakt der<br />

gleichen Methode vor, wie in diesem Praktikumsversuch.<br />

In der Regel werden mehrere Lösungen<br />

angeboten, aus denen die passende gewählt<br />

werden muß. Anschließend kann das Ergebnis<br />

noch durch Anpassen des Abstandes Probe-Film<br />

verf<strong>einer</strong>t werden. Die Schwierigkeit bei diesem<br />

Verfahren liegt darin, geeignete Reflexe vorzugeben. Dies gelingt außer mit großem<br />

Glück nur mit <strong>einer</strong> gewissen Erfahrung. Durch das manuelle Umzeichnen <strong>und</strong><br />

Indizieren <strong>einer</strong> LAUE-<strong>Aufnahme</strong> wird die Problematik erfahren <strong>und</strong> man versteht<br />

leichter, warum der Computer nicht die richtige <strong>Indizierung</strong> findet.<br />

Abbildung 6: Polaroidaufnahme<br />

mit ORIENT EXPRESS indiziert<br />

(Rückstrahlgeometrie).<br />

Abbildung 7: Filmaufnahme in Rückstrahlgeometrie.

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