Nr. 6 Juni 2006 4,00 Euro - S. Müller
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ewu info<br />
Ausbildungs-Serie „Besser Reiten“<br />
Besser reiten im Gelände<br />
„Reiten im Gelände gehört zur Reitausbildung<br />
unbedingt dazu.“ Davon ist Michael Rohrmann,<br />
Ausbildungsleiter an der Landeslehrstätte Weser-Ems<br />
in Vechta überzeugt. In Thies Kaspareit,<br />
Leiter der Deutschen Akademie des Pferdes in<br />
Warendorf, fand er einen kundigen Referenten,<br />
der mit ihm die Ausbildungs-Serie „Besser Reiten“<br />
der Deutschen Reiterlichen Vereinigung<br />
(FN) aus der Reithalle nach draußen verlegte.<br />
Insgesamt besuchten rund 60 Interessierte die<br />
erste unter dem Motto „Besser reiten im Gelände“<br />
stehende Fachtagung in Vechta, der in diesem<br />
Jahr noch weitere folgen sollen.<br />
„Die Grundsätze für besseres Reiten gelten<br />
überall“, betonte Vielseitigkeits-Mannschafts-<br />
Olympiasieger Kaspareit. „Anlehnung und Balance<br />
von Reiter und Pferd sind immer unverzichtbar,<br />
ob man an einer Vielseitigkeitsprüfung<br />
teilnehmen oder nur komfortabel und unfallfrei<br />
durch den Wald bummeln möchte.“ Am Beispiel<br />
zweier Gruppen mit jeweils drei Reiterinnen auf<br />
sehr unterschiedlichen Pferden zeigten er und<br />
Michael Rohrmann, wie man durch geschicktes<br />
Einbeziehen von Geländeformationen wie<br />
Wällen oder Hügeln das Lernen draußen sogar<br />
erleichtern kann. An einem kleinen Hang zeigt<br />
sich viel schneller (und schonungsloser) als auf<br />
WESTERNREITER – <strong>Juni</strong> <strong>2<strong>00</strong>6</strong><br />
dem Hufschlag an einer Reithallenbande, wie<br />
gut ein Reiter im Gleichgewicht ist. Was schon<br />
an einem kleinen Cavaletti nicht gelingt, wird<br />
an einem etwas höheren Sprung erst recht nicht<br />
funktionieren. Deshalb darf jedes Geländetraining<br />
ruhig mit kleinen Anforderungen beginnen,<br />
die noch keine Mutprobe bedeuten.<br />
Das ist die Faszination der gesamten Reihe<br />
„Besser Reiten“: zu sehen, dass es oft nur<br />
Kleinigkeiten sind, die den großen Unterschied<br />
machen. Auch in Vechta wurde den zahlreichen<br />
Zuschauern wieder vor Augen geführt, was sie<br />
eigentlich alle auch schon vorher gewusst haben,<br />
aber selten so einleuchtend kommentiert<br />
und am Beispiel demonstriert. Exaktes Reiten,<br />
jedes Detail ganz bewusst praktizieren, Fehler<br />
analysieren anstatt sie gedankenlos zu wiederholen<br />
– das macht Qualität aus.<br />
Kaspareit und Rohrmann ergänzten sich und<br />
waren sich einig in ihren Grundforderungen: Nur<br />
Ruhe und Losgelassenheit bringen Konzentration<br />
bei Reiter und Pferd. „Oft werden die Bügel<br />
kürzer geschnallt und gleichzeitig geht der Puls<br />
hoch – bei Reiter und Pferd.“ Lösende Arbeit im<br />
Gelände funktioniert nicht anders als auf dem<br />
Viereck, nämlich über gebogene Linien und<br />
Übergänge, damit das Pferd von hinten nach<br />
vorn „an die Hand heranzieht“. Variationen<br />
zwischen dem Dressur- und leichten Sitz sind<br />
wichtig, werden aber oft genug von Springsätteln<br />
mit zu stark ausgeprägten Pauschen behindert.<br />
Der Unterschenkel muss am Gurt wirken.<br />
„Wir wollen vorwärts reiten, aber zum Treiben<br />
kommen. Durch den treibenden Unterschenkel<br />
entsteht die Verbindung zur Hand.“<br />
Dass der Erfolg beim Reiten auch mit Psychologie<br />
und Verhaltensforschung zusammenhängt,<br />
zeigte Michael Rohrmann am Beispiel einer<br />
jungen Nachwuchsreiterin und ihrem auf Klasse<br />
E-Niveau gerittenen Fuchs, die beide einen<br />
Baumstamm zunächst für unüberwindlich hielten.<br />
Erst nachdem das Pferd das Hindernis nicht<br />
nur aus der Nähe betrachtet, sondern auch mit<br />
der Nase berührt hatte, wuchs die Zuversicht bei<br />
beiden und nach konzentriertem Rückwärtsrichten<br />
funktionierte auch das Vorwärtsreiten über<br />
das Hindernis. Thies Kaspareit gab aus seiner eigenen<br />
Erfahrung weiter: „Nicht den Sprung attackieren,<br />
sondern eher das Tempo halten, das<br />
Pferd vermehrt mit den Hilfen einrahmen und<br />
spannen. Dann kommt man besser über jeden<br />
Sprung als durch zu starkes Vorwärtsreiten, bei<br />
dem Einwirkung verloren geht.“<br />
pp/Hb (fn-press)