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GEW-ZEITUNG Rheinland-Pfalz

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12/ 02<br />

-Zeitung<br />

111. Jahrgang<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Jetztreicht’s!<br />

Rücknahme der<br />

Arbeitszeitverlängerungen<br />

Wie versprochen…<br />

Wie versprochen…<br />

...sogebrochen?


Kolumne / Inhalt / Impressum<br />

Schöne<br />

Bescherung<br />

Die Bescherungen stehen uns eigentlich<br />

noch bevor, doch die Redaktion<br />

hat ihre „schöne Bescherung“ bereits<br />

hinter sich. Exakt zu dem Zeitpunkt<br />

geschah es, als eigentlich schon Redaktionsschluss<br />

war: Ein bösartiger Wurm<br />

namens Klez hatte sich, attestiert von<br />

einigen ähnlich fiesen Kumpels, ausgerechnet<br />

in den Redaktions-PC eingenistet, auf dem die meisten der<br />

geplanten Beiträge für die Dezember-Ausgabe gespeichert waren. Was<br />

dann passierte, braucht nicht weiter beschrieben zu werden. Nur mit<br />

den größten Mühen gelang es, die unleserlichen Texte zu rekonstruieren<br />

und dann letztlich doch noch eine Zeitung zu produzieren, was<br />

zwischenzeitlich mehr als fraglich war. Ganz herzlich bedanken dürfen<br />

wir uns bei Reinhard Stang vom Verlag Pfälzische Post und Jörg<br />

Pfeiffer, die uns die entscheidenden Tipps gaben, wie wir den aggressiven<br />

Viren auf die Spur und sie eliminieren konnten.<br />

Und wenn´s schon dicke kommt, dann bitteschön knüppeldick. Fast<br />

zum gleichen Zeitpunkt waren auch die redigierten Manuskripte, die<br />

mit der gar nicht mehr so „guten alten Post“ verschickt wurden, im<br />

postalischen All verschwunden und landeten dann mit einigen Tagen<br />

Verspätung zum Glück wieder beim Absender. Selber schuld, werden<br />

jetzt sicher die denken, die es immer schon besser gewusst haben. Wir<br />

haben jedenfalls daraus gelernt und werden die drei fundamentalen<br />

Regeln im Umgang mit der elektronischen und der Schnecken- Post<br />

künftig akribisch beachten. Und die lauten: 1. sichern, 2. sichern, 3.<br />

sichern bzw. 1. kopieren, 2. kopieren, 3. kopieren.<br />

Kommen jetzt die guten Nachrichten, vielleicht gar die besinnlichen<br />

Worte zu den bevorstehenden Feiertagen? Sorry, damit können wir leider<br />

nicht dienen. Weiter geht´s mit Verdrießlichem. Die Rede sein muss<br />

leider von einem Konflikt zwischen unserer <strong>GEW</strong>-Landesredaktion und<br />

der <strong>GEW</strong>-Bundesredaktion. Vorauszuschicken ist, dass wir großen Respekt<br />

haben vor der schweren Arbeit der E&W-Macher. Das ist schon<br />

ein verdammt harter Job, für diese heterogene <strong>GEW</strong> eine lesenswerte<br />

Zeitung zu schaffen. Eine fast unlösbare Aufgabe, denn irgendwer wird<br />

sich immer auf den Schlips getreten fühlen. Die Landesredaktionen<br />

haben es da weitaus leichter, weil sie viel näher an den konkreten Problemen<br />

der Mitglieder in den einzelnen Bundesländer sein können.<br />

Deshalb gibt es für uns auch gar keinen Grund, uns selbst auf die Schulter<br />

zu klopfen, wenn eine Untersuchung mal wieder gezeigt hat, dass die<br />

Aus dem Inhalt <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Nr. 12 / 2002:<br />

Kolumne Seite 2<br />

Aufruf: Jetzt reicht‘s Seite 3<br />

Schulen Seiten 4 - 11<br />

<strong>GEW</strong>-Fortbildung / Weiterbildung Seite 12<br />

Bildung International Seiten 13 - 15<br />

Internationales Seiten 16 - 17<br />

Leserbrief / Alter + Ruhestand Seiten 18 - 19<br />

<strong>GEW</strong>-Intern Seite 20<br />

Tipps + Termine Seiten 21 - 22<br />

Kreis + Region Seite 23<br />

Weihnachtsgeist Seite 24<br />

Sonderbeilage zur pol. Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Seiten I - XVI<br />

Akzeptanz der Landeszeitungen größer ist als die der Bundeszeitung.<br />

Nur, bei allem Respekt, wenn etwas daneben geht, muss das auch artikuliert<br />

werden. Wäre sicher einfacher, zu sagen: Wir machen unser<br />

Ding, was andere tun, geht uns nix an. Vielleicht sind wir auch bald so<br />

weit, aber im Moment ist die Identifikation mit der <strong>GEW</strong> noch zu<br />

groß. Noch.<br />

Um nun endlich zur Sache zu kommen. Einer unserer Mitarbeiter hat<br />

die Ursache des Dissenses in einem Fax an unsere Redaktion sehr treffend<br />

charakterisiert: In Bezug auf die E&W schrieb er: „Was mir - und<br />

auch vielen meiner KollegInnen & Bekannten - schon seit geraumer<br />

Zeit unangenehmer aufstößt: die Tendenz zur praxisfernen, gleichwohl<br />

höchst schulmeisterlichen Besserwisserei..“<br />

Exakt aus diesem Grund wurde folgender Leserbrief zur E&W 10/02<br />

formuliert:<br />

„Gute Frage: Wer motiviert die Motivateure? Klare Antwort: Die E&W<br />

ganz sicher nicht. Jetzt kommt ausnahmsweise mal ein Schulpraktiker<br />

zu Wort - nach all den weisen Ratschlägen, die wir uns ansonsten von<br />

den immer gleichen Hochschullehrern, Bildungsjournalisten, Bildungspolitikern<br />

etc anhören dürfen -, und wieder fehlt der Knackpunkt:<br />

Mehr Qualität ist nicht zum Nulltarif zu haben. Unsere überalterten,<br />

überforderten, vielfach ausgebrannten Kollegien brauchen spürbare Entlastungen<br />

und nicht dauernd neue Ansprüche. Dafür hat eine Bildungsgewerkschaft<br />

zu sorgen. Die <strong>GEW</strong> muss nicht ´die Bildung`, sondern<br />

ihre Mitglieder retten. ´Die Bildung` zahlt keine Mitgliedsbeiträge.“<br />

Unterzeichnet war der Brief mit dem Namen des Verfassers. Der Leserbrief<br />

kam dann in der nächsten E&W tatsächlich, allerdings mit „kleinen“<br />

Veränderungen mit „großer“ Wirkung“. Aus dem Satz „Die E&W<br />

ganz sicher nicht“ wurde „Die <strong>GEW</strong> ganz sicher nicht“ Ein Riesenunterschied,<br />

ob die <strong>GEW</strong> insgesamt oder die Redaktion der E&W kritisiert<br />

wird!. Weiterhin wurden die letzten vier Sätze gestrichen, wodurch<br />

aus einem bewusst kurzen Leserbrief ein sehr kurzer wurde. Da<br />

tauchen schon Zweifel auf, ob kritische Anmerkungen von Mitgliedern<br />

überhaupt erwünscht sind. Schließlich wurde der Verfassername um<br />

„<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“ ergänzt. Der fatale Eindruck bei den LeserInnen:<br />

Da maßt sich einer an, für die gesamte rheinland-pfälzische<br />

<strong>GEW</strong> zu sprechen!<br />

„Setzen! Sechs!“, unseren Orden für sprachliche Fehlleistungen hat sich<br />

die E&W - Redaktion durch solche Fehler beim Redigieren redlich verdient.<br />

Jetzt aber Schluss mit dem Verdruss. Die Redaktion darf bis zur Ausgabe<br />

1-2/03 eine kleine Auszeit nehmen. Wir wünschen unsern LeserInnen<br />

schöne Weihnachtsferien, ein frohes Fest und einen guten Rutsch<br />

ins Jahr 2003.<br />

Günter Helfrich<br />

Impressum <strong>GEW</strong>-<strong>ZEITUNG</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Neubrunnenstr. 8, 55116<br />

Mainz, Tel.: (0 61 31) 28988-0, Fax: (06131) 28988-80, E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.de<br />

Redaktion: Günter Helfrich (verantw.) und Karin Helfrich, Postfach 22 02 23, 67023 Ludwigshafen,<br />

Tel./ Fax: (0621) 564995, e-mail: <strong>GEW</strong>ZTGRL1@aol.com; Ursel Karch ( Anzeigen), Arnimstr.<br />

14, 67063 Ludwigshafen, Tel.: (0621) 69 73 97, Fax.: (0621) 6 33 99 90, e-mail:<br />

UKarch5580@aol.com; Antje Fries, Rheindürkheimer Str. 3, 67574 Osthofen, Tel./Fax: (0 62 42)<br />

91 57 13, e-mail: antje.fries@gmx.de<br />

Verlag, Satz und Druck: Verlag Pfälzische Post GmbH, Winzinger Str. 30, 67433 Neustadt a.d.W.,<br />

Tel.: (06321) 8 03 77; Fax: (0 63 21) 8 62 17; e-mail: VPP.NW@t-online.de, Datenübernahme per<br />

ISDN: (0 63 21) 92 90 92 (Leonardo-SP - = 2 kanalig)<br />

Manuskripte und Beiträge: Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen<br />

nicht in jedem Falle der Ansicht des <strong>GEW</strong>-Vorstandes oder der Redaktion. Nur maschinengeschriebene<br />

Manuskripte können angenommen werden. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine<br />

Gewähr übernommen. Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> werden nach 67023 Ludwigshafen, Postfach 22 02 23, erbeten.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten; für Nichtmitglieder jährlich Euro 18,-- incl. Porto<br />

+ MWSt. (Bestellungen nur beim Herausgeber.) Kündigung 3 Monate vor Ablauf des Kalenderjahres.<br />

Im anderen Falle erfolgt stillschweigend Verlängerung um ein weiteres Jahr.<br />

Anzeigenpreisliste Nr. 12 beim Verlag erhältlich. Redaktionsschluss: jeweils der 5. des Vormonats.<br />

2 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Jetzt reicht’s<br />

Vor zehn Jahren, am 22. Dezember<br />

1992, wurden die 1. Arbeitszeitverlängerung<br />

sowie weitere Einschnitte<br />

in das Bildungswesen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

beschlossen. Diese Arbeitszeitverlängerung<br />

sollte auf 10<br />

Jahre befristet sein und ab dem<br />

Schuljahr 2003/2004 rückgängig<br />

gemacht werden. Davon ist heute<br />

nicht mehr die Rede! Die Landesregierung<br />

ist der Ansicht, dass mit<br />

der Lehrkräfte-Arbeitszeitverordnung<br />

vom 30. Juni 1999 - basierend<br />

auf der Erhöhung der Arbeitszeit<br />

aller LandesbeamtInnen (40-Stunden-Woche)<br />

- die befristete Anhebung<br />

der LehrerInnen-Arbeitszeit<br />

gegenstandslos sei.<br />

Wir dürfen dies nicht widerspruchslos<br />

hinnehmen und fordern auf einer<br />

landesweiten Protestveranstaltung<br />

die Rücknahme der Arbeitszeitverlängerung.<br />

Wir wollen im<br />

Rahmen der bundesweiten Kampagne<br />

„Rettet die Bildung! Qualität<br />

Wie versprochen…<br />

...sogebrochen?<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

entwickeln - Arbeitsbedingungen<br />

verbessern!“ die verantwortlichen<br />

PolitikerInnen auch darauf hinweisen,<br />

dass schulische, pädagogische<br />

und unterrichtliche Qualität etwas<br />

mit den Arbeitsbedingungen der<br />

Beschäftigten an den Bildungseinrichtungen<br />

zu tun hat. Die Belastungen<br />

der KollegInnen haben<br />

enorm zugenommen, immer neue<br />

Anforderungen werden an alle<br />

Schulen gestellt: So hat z. B. Ministerin<br />

Doris Ahnen mit ihrem<br />

Schreiben „Qualitätsentwicklung<br />

an Schulen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“<br />

vom 16. September 2002 die „...Erarbeitung<br />

eines Qualitätsprogramms<br />

durch jede Schule...“ gefordert.<br />

Nun kommt auch noch die Diskussion<br />

um eine Öffnungsklausel bei<br />

der Beamtenbesoldung hinzu, die es<br />

den Ländern erlauben soll, das Urlaubsgeld<br />

zu streichen, das Weihnachtsgeld<br />

zu kürzen, Tarifsteige-<br />

Zentrale<br />

Protestveranstaltung<br />

18. Dezember 2002, ab 15:00Uhr<br />

Eltzer Hof, Mainz<br />

Aufruf<br />

Rücknahme der Arbeitszeitverlängerungen<br />

rungen nicht mitzumachen und<br />

eine geringere Eingangsbesoldung<br />

festzulegen!<br />

„Jetzt reicht´s!“ Wir müssen alle<br />

aktiv werden, um unsere Arbeitsbedingungen<br />

zu verbessern, damit<br />

Qualität entwickelt werden kann<br />

und wir zufriedener unsere wichtige<br />

pädagogische Arbeit leisten können.<br />

Die <strong>GEW</strong> fordert, dass die finanziellen<br />

Spielräume, die durch<br />

den Rückgang der SchülerInnen-<br />

Zahlen entstehen, für Verbesserungen<br />

im Bildungsbereich genutzt<br />

werden.<br />

Deshalb, KollegInnen, kommen Sie<br />

/kommt ihr am Mittwoch, dem 18.<br />

Dezember 2002 ab 15.00 Uhr nach<br />

Mainz in den Eltzer Hof. Die <strong>GEW</strong>-<br />

Kreise organisieren bei Bedarf Busreisen<br />

nach Mainz.<br />

Es ist höchste Zeit zum Handeln!<br />

3


Schulen<br />

<strong>GEW</strong> fordert Verhandlungen mit dem Ministerium<br />

Einstimmiger Landesvorstandsbeschluss zu „Ganztagsschulen in neuer Form“<br />

Auf der Grundlage des Beschlusses<br />

des <strong>GEW</strong> Hauptvorstandes (Bund)<br />

vom 23. Juni 2001 und des Beschlusses<br />

des rheinland-pfälzischen<br />

Landesvorstandes vom 29. August<br />

2001 verabschiedete der LV der<br />

<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> auf seiner<br />

Sitzung am 23. Oktober 2002 einstimmig<br />

folgenden Beschluss zum<br />

Thema „Ganztagsschulen in neuer<br />

Form“:<br />

1. Nach wie vor fordert die <strong>GEW</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> den Ausbau von<br />

mehr Ganztagsangeboten in der<br />

Form verpflichtender Ganztagsschulen<br />

- anders als bei den Ganztagsschulen<br />

in neuer Form in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>.<br />

Langfristiges Ziel ist die<br />

ganztägig geöffnete Stadtteil- oder<br />

Nachbarschaftsschule, die von allen<br />

Kindern und Jugendlichen gemeinsam<br />

und verbindlich besucht wird.<br />

Wie in anderen europäischen Ländern<br />

sollen auch in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Ganztagsschulen zur Regelform und<br />

ihr Besuch zur Normalität werden.<br />

Ganztagsangebote, die lediglich Betreuungscharakter<br />

haben, erfüllen<br />

aus Sicht der <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

nicht die Kriterien einer Ganztagsschule.<br />

2. Kooperationsformen mit vorhandenen<br />

Ganztagsangeboten (z.B.<br />

Horten) sind zu schaffen und zu etablieren.<br />

Ein Verdrängungswettbewerb<br />

darf nicht stattfinden.<br />

3. Die <strong>GEW</strong> begründet die Ganztagsschulen<br />

mit<br />

a) dem Recht von Kindern und Jugendlichen<br />

auf Bildung und Erziehung<br />

in einer interkulturellen Gesellschaft,<br />

auf soziales Lernen unter<br />

Gleichaltrigen sowie auch in altersgemischten<br />

Gruppen, auf Förderung<br />

und Unterstützung sowie auf anregende<br />

und herausfordernde Freizeitaktivitäten<br />

b) dem Streben nach Chancengleichheit<br />

sowie<br />

c) dem Recht auf Vereinbarkeit von<br />

Erwerbs- und Familientätigkeit,<br />

d) aber auch wirtschafts-, sozial- und<br />

gesellschaftspolitische Interessen gemäß<br />

dem Sozialstaatsgebot im<br />

Grundgesetz und in der Landesverfassung.<br />

4. Für jedes Kind muss es einen<br />

Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz<br />

geben.<br />

5. Der Besuch einer Ganztagsschule<br />

muss gebührenfrei sein.<br />

6. Die Lehrerschaft braucht verbindliche<br />

Zusagen, dass es nicht schon<br />

allein durch eine längere Anwesenheitspflicht<br />

in der Schule zu einer<br />

weiteren Erhöhung der Gesamtarbeitszeit<br />

und der Arbeitsbelastung<br />

führt. Eine zeitliche Ausdehnung der<br />

Präsenzzeiten darf nicht zusätzlich zu<br />

den hohen Unterrichtsverpflichtungen<br />

verordnet werden.<br />

7. Damit sich die Ganztagsschulen<br />

zu guten und gern besuchten Ganztagsschulen<br />

entwickeln können, sind<br />

zusätzliche Investitionen durch z. B.<br />

die Schulträger und das Land notwendig<br />

wie<br />

a) zusätzliche Stellen für PädagogInnen,<br />

b) eine anregungsreiche räumliche<br />

Gestaltung mit Lern-, Ruhe-, Kommunikations-<br />

und Produktionsräumen,<br />

c) eine Infrastruktur, die eine hochwertige<br />

Ernährung sichert und nicht<br />

zuletzt<br />

d) Einzelarbeitsplätze, die sich für<br />

Beratung und Kommunikation, aber<br />

auch zur konzentrierten Eigenarbeit<br />

der PädagogInnen eignen.<br />

8. Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> geht<br />

davon aus, dass dies nicht im Hau-<br />

Ruck-Verfahren umzusetzen ist, sondern<br />

dazu ein gesellschaftlicher Konsens<br />

notwendig ist.<br />

9. In einer Übergangsphase sind<br />

nachfrageorientierte Ganztagsschulen,<br />

an denen die Teilnahme freigestellt<br />

und bei Teilnahme der Vormittagsunterricht<br />

verbindlich und der<br />

Nachmittagsbesuch für mindestens<br />

ein Jahr verpflichtend ist, eine pragmatische<br />

Zwischenlösung auf dem<br />

Weg zu einer verpflichtenden Ganztagsschule.<br />

Aber auch für diese Übergangslösungen<br />

müssen Ziele, pädagogisch<br />

tragfähige Konzepte, verbindliche<br />

Qualitätsstandards und<br />

Vereinbarungen über die stufenweise<br />

Umsetzung in Verhandlungen umgehend<br />

zwischen <strong>GEW</strong>, Ministerium<br />

und Schulträgern sowie den kommunalen<br />

Spitzenverbänden ausgehandelt<br />

werden.<br />

Im Einzelnen bekräftigt die <strong>GEW</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> folgende Detailpunkte<br />

aus ihrem Beschluss vom 29.<br />

August 2001:<br />

1. Es dürfen keine Arbeitsverhältnisse<br />

begründet werden, die weder den<br />

Anforderungen nach einer Mindestentlohnung<br />

noch den ansonsten im<br />

öffentlichen Dienst geltenden Vereinbarungen<br />

entsprechen. Die <strong>GEW</strong><br />

fordert unbefristete Arbeitsverträge<br />

für alle Beschäftigten an den Ganztagsschulen,<br />

die die Bedingungen<br />

nach BAT und TdL erfüllen.<br />

Es ist sicherzustellen, dass nur in<br />

Ausnahmefällen befristete Verträge<br />

angeboten werden, nämlich dann,<br />

wenn die Befristung durch ein zeitlich<br />

eindeutig begrenztes Projekt begründet<br />

ist.<br />

2. Auch die Rahmenvereinbarungen<br />

und Kooperationsverträge mit außerschulischen<br />

Partnern sind den<br />

Hauptpersonalräten zur Mitbestimmung<br />

vorzulegen.<br />

3. Die Anwendung der Dienst- und<br />

Konferenzordnung sowie der Lehrerarbeitszeitverordnung<br />

bzw. entsprechender<br />

tariflicher Vorschriften für<br />

das zusätzlich angeworbene Personal<br />

muss unter Beteiligung der Hauptpersonalräte<br />

und der <strong>GEW</strong> geregelt<br />

werden.<br />

4. Die Verbesserung für das Verwaltungspersonal<br />

im Hinblick auf eine<br />

Höhergruppierung und eine Erhöhung<br />

der Verwaltungsstunden an den<br />

neuen Ganztagsschulen muss dringend<br />

erfolgen.<br />

5. Es muss eindeutige Qualitätsstandards<br />

für die Ausstattung und das<br />

pädagogische Konzept, insbesondere<br />

aber für das Personal geben. Hierbei<br />

können Zusatzangebote von Eltern,<br />

Vereinen, Kirchen und Betrieben einbezogen<br />

werden, die aber Teil des<br />

pädagogischen Konzepts sein müssen.<br />

6. Die Klassengröße in sog. „sozia-<br />

4 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


len Brennpunktschulen“ muss vordringlich<br />

abgesenkt werden.<br />

7. Die Überarbeitung der Schulbaurichtlinien<br />

muss erfolgen, damit ein<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

Mindeststandard bei der Ausstattung<br />

in den einzelnen Schulen gewährleistet<br />

und nicht vom „guten Willen“<br />

des Schulträgers abhängig ist.<br />

8. Die Ganztagsschule<br />

in neuer<br />

Form ist in das<br />

Schulgesetz aufzunehmen.<br />

Viele der o. g. für<br />

die <strong>GEW</strong> unverzichtbarenGrundsätze<br />

sind in den<br />

derzeit geltenden<br />

Regelungen und<br />

Festlegungen zur<br />

Einrichtung der<br />

„neuen Ganztagsschulen“<br />

in Rhein-<br />

Schulen<br />

land-<strong>Pfalz</strong> nur unzureichend oder<br />

gar nicht berücksichtigt.<br />

Weder die Landesregierung noch das<br />

Ministerium haben öffentlich erklärt,<br />

dass sie die neuen Ganztagsschulen<br />

als Übergangslösung zu verpflichtenden<br />

Ganztagsschulen ansehen.<br />

Der Landesvorstand der <strong>GEW</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fordert deshalb die<br />

Landesregierung bzw. das MBFJ<br />

auf, umgehend in Verhandlungen<br />

einzutreten, damit die noch strittigen<br />

Punkte geklärt und die am 01.<br />

August 2002 gestarteten sowie die<br />

in Zukunft geplanten Ganztagsschulen<br />

mitgetragen werden können.<br />

Zu Ganztagsschulen noch viele Fragen offen<br />

Wohl und Wehe der Ganztagsschule<br />

beherrschen die bildungspolitische<br />

Debatte in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

ebenso wie der Zustand unseres Bildungssystems<br />

im Lichte der Erkenntnisse<br />

aus der so genannten<br />

Pisa-Studie. Themen, die auch beim<br />

Landeselterntag am 9.11. in Alzey<br />

behandelt wurden.<br />

Über die Pisa-Studie sprach Bildungsministerin<br />

Doris Ahnen (SPD) mit<br />

dem Bielefelder Bildungsexperten Otto<br />

Herz. „Fördern und Fordern statt Auslesen<br />

- Perspektiven nach Pisa“’ so der<br />

Titel des Podiumsgesprächs. Herz vertritt<br />

beispielsweise die Auffassung, dass<br />

individuelles Lernen den Kindern mehr<br />

bringt als Lernen auf Kommando, dass<br />

Schüler mehr gesellschaftliche Verantwortung<br />

übernehmen könnten, als ihnen<br />

gemeinhin zugebilligt wird. Er<br />

wirft dem konventionellen Schulsystem<br />

vor, überwiegend Themen der Vergangenheit<br />

aufzugreifen, statt fachübergreifend<br />

und fächerverbindend Zukunftsstudien<br />

zu betreiben. (...)<br />

Was sein könnte, ist das eine, was Schulrealität<br />

ist, darüber sprachen Elternvertreter<br />

in acht kleineren Arbeitskreisen.<br />

Ein Thema dabei: die Mitarbeit der<br />

Eltern in der Ganztagsschule. Es ging<br />

um praktische Erfahrungen mit dem<br />

„Lieblingskind“ von Bildungsministerin<br />

Ahnen. Doch was Väter und Mütter<br />

berichteten, ist für das Ganztagsschul-Konzept<br />

der Ministerin alles an-<br />

dere als schmeichelhaft. Birgit Burkey,<br />

Schul-elternsprecherin der Wendelinus-<br />

Grundschule in Ramstein, ist froh, dass<br />

ihr Kind am „normalen“ Angebot teilnimmt<br />

und sie es nicht für das Ganztagsangebot<br />

angemeldet hat. 153 der<br />

480 Schüler werden an der Schule<br />

ganztags betreut. Burkey berichtete, dass<br />

es beispielsweise sehr schwierig sei, Vereine<br />

für die Mitarbeit zu gewinnen.<br />

Diese verpflichten sich nicht nur für ein<br />

bestimmtes Arbeitsgemeinschafts-Angebot,<br />

sondern müssten auch sicherstellen,<br />

dass Vertretungskräfte im Krankheitsfall<br />

bereitstehen. „Das können sich die<br />

Vereine nicht leisten“, glaubt Burkey.<br />

Probleme sieht sie darüber hinaus bei<br />

den Hausaufgaben-Stunden. Da zu<br />

wenig Lehrer-Wochenstunden zur Verfügung<br />

stünden, seien die Gruppen mit<br />

über zwanzig Schülern einfach zu groß.<br />

„Machen sie da mal Hausaufgaben“,<br />

beschreibt die Mutter eines der Probleme<br />

aus der Praxis. Die Situation verschärfe<br />

sich, wenn ein Lehrer ausfalle,<br />

so dass ein einzelner Kollege dann 40<br />

Schüler zu beaufsichtigen habe. Burkey<br />

wirft der Landesregierung vor, die<br />

Ganztagsschule „auf Biegen und Brechen<br />

eingeführt“ zu haben. „Und das<br />

wird jetzt auf dem Rücken der Eltern<br />

ausgetragen“, sagt sie.<br />

Ein Urteil, das auch andere Eltern teilen.<br />

Es könne nicht sein, dass die Mitarbeit<br />

von Eltern über kurz oder lang<br />

zum Muss werde, um den finanziell<br />

klammen Staat bei seinen Aufgaben zu<br />

entlasten. Und so beschwerte sich ein<br />

Vater aus Monsheim (Kreis Alzey-<br />

Worms), dass hinter dem Ganztagsangebot<br />

der Halbtagsschulen ein unausgereiftes<br />

pädagogisches Konzept stehe.<br />

„Das können die Eltern nicht leisten,<br />

was da verlangt wird“, sagt er. Viele<br />

Eltern würden ihre Kinder außerdem<br />

gerade deshalb am Ganztagsangebot<br />

teilnehmen lassen, weil sie aus beruflichen<br />

Gründen nicht die Zeit für sie<br />

hätten, so eine andere Teilnehmerin.<br />

Das Ergebnis sei, dass sich einige wenige<br />

Eltern verstärkt auch für die anderen<br />

Sprösslinge engagierten und sich<br />

über kurz oder lang ausgenutzt fühlten.<br />

In einem Punkt waren sich die Elternvertreter<br />

des Arbeitskreises weitgehend<br />

einig: Die Ganztagsschule dürfe nicht<br />

nur eine Halbtagsschule mit Betreuung<br />

sein. Oder, wie ein Vater sagt: „Wenn<br />

das Ganztagskonzept nicht mehr als die<br />

Aufbewahrung vorsieht, kann mein<br />

Sohn auch zu Hause bleiben.“ Einige<br />

Elternvertreter lehnen das Ganztagsangebot<br />

der Halbtagsschulen deshalb ganz<br />

ab. „Wenn der billige Weg gangbar ist,<br />

wird es den anderen Weg nicht geben“,<br />

so eine Mutter aus dem Raum Bitburg.<br />

Andere wiederum befürworten den<br />

Einstieg in die Ganztagsschule, sehen<br />

aber noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.<br />

(...)<br />

Marco Heinen<br />

Aus: Sonntag aktuell vom 10.11.02<br />

5


Schulen<br />

Mit „Qualifikation Mutter“ an Grundschule<br />

Interview mit Helmut Thyssen vom BPR Grund- und Hauptschulen / Reg.Sch.<br />

Du bist in die zur<br />

Zeit laufende Diskussion<br />

über die<br />

Beschäftigten<br />

ohne bzw. ohne<br />

abgeschlossene<br />

Lehramtsqualifikation<br />

im Regelunterricht<br />

in deiner<br />

Funktion als<br />

Vorsitzender des<br />

Bezirkspersonalrates<br />

Grund-<br />

Haupt- Regionale<br />

Schule direkt eingebunden.<br />

Wie siehst du die Problematik?<br />

Die Problematik ist durch verschiedene<br />

Veröffentlichungen offenkundig<br />

geworden. Es ist leider richtig,<br />

dass seit 1.8.2002 nach meiner Information<br />

an den allgemeinbildenden<br />

Schulen mehr als 300 Personen<br />

im Vertretungsvertrag eingestellt<br />

wurden, die keine oder keine abgeschlossene<br />

Lehramtsqualifikation<br />

haben, davon mehr als 200 in unserem<br />

Bereich Grund- und Hauptschulen<br />

/ Regionale Schulen.<br />

Zur Klarstellung, du redest nicht von<br />

den Beschäftigten im Nachmittagsprogramm<br />

der neuen Ganztagsschulen?<br />

Ich bin sehr dankbar für diese Nachfrage.<br />

Es handelt sich ausschließlich<br />

um Beschäftigte im Regelunterricht,<br />

in allen Fächern, selbstverständlich<br />

auch in Klassenleiterfunktion.<br />

Kannst du einige der gravierendsten<br />

Beispiele nennen?<br />

Da mir diese Informationen auch<br />

außerhalb meiner Personalratsarbeit<br />

durch Anfragen an die <strong>GEW</strong> vorliegen,<br />

kann ich darüber reden. So sind<br />

z.B. in Einzelfällen Personen mit der<br />

Qualifikation „Mutter“ mit<br />

einigen Stunden im Regelunterricht<br />

an einer Grundschule eingesetzt.<br />

Außerdem unterrichten Studierende<br />

das Fach Physik, Jugendleiter und<br />

Übungsleiter Pflichtfächer an verschiedenen<br />

Schulen.<br />

Das ist zwar alles andere als gut, aber<br />

könnte man nicht dennoch sagen: besser<br />

als Unterrichtsausfall?<br />

Wir kennen Fälle, in denen es als<br />

Notmaßnahme besser gewesen wäre,<br />

Unterricht insgesamt zu kürzen. Es<br />

gibt ganz sicher auch Beispiele, wo<br />

durch die Unterstützung des<br />

„Stammpersonals“ solche Notlösungen<br />

mit Minderqualifizierten zu akzeptieren<br />

sind, allerdings geht dies<br />

niemals ohne Zusatzbelastung unserer<br />

Kolleginnen und Kollegen. Dafür<br />

müsste ein Ausgleich geschaffen werden.<br />

Für Grundschulen lehnen wir<br />

allerdings solche Mangelverwaltung<br />

nach wie vor ab, da es noch immer<br />

Zwangsteilzeit gibt. Außerdem wäre<br />

es in dieser schwierigen Situation<br />

angezeigt, dass sich das Ministerium<br />

wenigstens einmal äußert.<br />

Wie siehst du die Beschäftigung von<br />

Bewerbern mit nur 1. Staatsexamen?<br />

Mit dieser so genannten Minderqualifikation<br />

wurden schon immer Bewerberinnen<br />

und Bewerber im Vertretungsvertrag<br />

eingestellt. Allerdings<br />

waren es bisher lediglich Einzelfälle.<br />

Zur Zeit ist dies aber in einigen<br />

Regionen und von Schulart zu<br />

Schulart durchaus unterschiedlich<br />

zum Regelfall geworden.<br />

Das ist doch ein Skandal, wenn man<br />

bedenkt, dass an unseren Grundschulen<br />

noch immer voll ausgebildete<br />

Zwangsteilzeitbeschäftigte arbeiten,<br />

worauf du oben ja schon hingewiesen<br />

hast.<br />

Das sehe ich auch so. Die Vollbeschäftigung<br />

dieses Personenkreises<br />

muss für uns absoluten Vorrang haben.<br />

Gerade die Zwangsteilzeit hat in<br />

den letzten Jahren dazu geführt, dass<br />

immer mehr hochqualifizierte, mit<br />

Steuermitteln des Landes <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> ausgebildete Kolleginnen und<br />

Kollegen in andere Bundesländer<br />

abgewandert sind, weil sie dort sofort<br />

eine volle Stelle erhalten haben.<br />

Zu Zeiten des großen Bewerberüberhangs<br />

war die Zwangsteilzeit aber doch<br />

eine Lösung, die vorhandenen Stellen<br />

auf mehr Köpfe zu verteilen.<br />

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6 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Auch ich bin der Auffassung, dass<br />

es eine Zeit gab, in der Zwangsteilzeit<br />

vertretbar war. Aber die ist längst<br />

vorbei, ohne dass die Landesregierung<br />

für die Kolleginnen und Kollegen<br />

an den Grundschulen die notwendigen<br />

Konsequenzen gezogen<br />

hat und volle Stellen vergibt.<br />

Das müsste eigentlich doch auch den<br />

Verantwortlichen im Ministerium klar<br />

sein. Lässt sich diese eindeutige Sichtweise<br />

nicht vermitteln bzw. wo muss<br />

nach deiner Auffassung noch Überzeugungsarbeit<br />

geleistet werden?<br />

Es fällt mir schwer diese Frage zu<br />

beantworten, weil ich mir nicht vorstellen<br />

kann, dass diese Problematik<br />

den Verantwortlichen nicht bekannt<br />

ist. Ich vermute, dass man wie in<br />

anderen Bereichen von Schule die<br />

evidenten Schwachstellen einfach<br />

nicht zur Kenntnis nehmen will. Es<br />

sind offensichtlich nur gute Botschaften<br />

gefragt, die man über die<br />

Medien positiv transportieren kann.<br />

Dies scheint mir im Moment vom<br />

Grundsatz her das größte Problem<br />

<strong>GEW</strong>: Vertretungsunterricht nur<br />

mit voll ausgebildeten Lehrkräften<br />

Mit dem Ziel, einen anspruchsvollen<br />

Vertretungsunterrichtes zu sichern,<br />

fasste der <strong>GEW</strong>-Landesvorstandes auf<br />

seiner jüngsten Sitzung folgenden<br />

Beschluss:<br />

Mit Beginn des laufenden Schuljahres<br />

hat in allen Schularten der Anteil von<br />

Vertretungsunterricht, der von nicht<br />

oder nur teilweise ausgebildeten Lehrkräften<br />

erteilt werden soll, in erheblichem<br />

Maße zugenommen. Diese Praxis<br />

steht im Widerspruch zum Schulgesetz,<br />

das die Lehramtsbefähigung für die<br />

Lehrkräfte vorschreibt.<br />

Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> lehnt entschieden<br />

die Beschäftigung von nicht<br />

oder nur teilweise ausgebildeten Lehrkräften<br />

in Vertretungsverträgen ab. Nur<br />

vollständig ausgebildete LehrerInnen<br />

bieten die Gewähr für einen qualifizierten<br />

Unterricht, wie er von allen<br />

gesellschaftlichen Gruppen eingefordert<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

zu sein. Ein Problem mit fatalen Folgen<br />

auf die Motivation unserer Kolleginnen<br />

und Kollegen.<br />

In Zeiten von PISA und Qualitätsverpflichtungen<br />

für die Schulen wären<br />

andere Wege angezeigt.<br />

Abschließende Frage: Was wurde bisher<br />

getan, um gegen das Problem vorzugehen?<br />

Sicher wurden Gespräche in dieser<br />

Angelegenheit geführt. Wie in meiner<br />

Antwort auf deine vorhergehende<br />

Frage aber schon angedeutet, weiß<br />

ich allerdings nicht, was überhaupt<br />

zu besprechen wäre, denn die Begründung<br />

des Ministeriums für<br />

Zwangsteilzeit ist Bewerberüberhang.<br />

Was soll man dazu noch sagen<br />

in Zeiten absoluten Lehrkräftemangels?<br />

Wenn du konkret wissen willst,<br />

was wir Personalräte getan haben:<br />

Wir prüfen sehr verantwortlich jeden<br />

Einzelfall und haben vorgelegten<br />

Einstellungen von Minderqualifizierten<br />

an Grundschulen gemäß<br />

Landespersonalvertretungsgesetz<br />

bereits die Zustimmung verweigert.<br />

wird - insbesondere nach der Veröffentlichung<br />

der PISA-Studie.<br />

Die vom Bildungsministerium verordnete<br />

Qualitätsentwicklung durch Festlegung<br />

und Evaluation eines Schulprogramms<br />

an jeder Einzelschule kann nur<br />

mit gut ausgebildeten KollegInnen gelingen.<br />

Seit Schuljahresbeginn ist das Projekt<br />

Erweiterte Selbstständigkeit von Schulen<br />

(PES) auf rund 200 Schulen des<br />

Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ausgedehnt<br />

worden. In diesen Schulen können<br />

Schulleitungen unter Beteiligung der<br />

Schulpersonalräte Vertretungslehrkräfte<br />

für kurzfristige Vertretungsanlässe<br />

(Max. vier Wochen) vor Ort auswählen<br />

und beschäftigen. Auch für diese<br />

Maßnahmen fordert die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />

ausschließlich mit voll ausgebildeten<br />

Lehrkräften Beschäftigungsverhältnisse<br />

zu vereinbaren.<br />

Schulen<br />

Mehr können Personalräte zurzeit<br />

nicht tun, dies haben Beratungsgespräche<br />

mit kompetenten Juristen<br />

ergeben. Wir hoffen noch immer auf<br />

Einsicht.<br />

Interview: Günter Helfrich<br />

Aktuelle<br />

Ergänzung<br />

Kurz vor Redaktionsschluss war es in<br />

der Presse zu lesen: Das CDU-regierte<br />

Saarland wird zum 1. August<br />

2003 ausschließlich volle BeamtInnenstellen<br />

für Grundschullehrkräfte<br />

vergeben. Vor diesem Hintergrund ist<br />

zu befürchten, dass sich die Personalsituation<br />

an rheinland-pfälzischen<br />

Grundschulen insbesondere in den<br />

Grenzregionen dramatisch zuspitzen<br />

wird, wenn das Ministerium nicht<br />

umgehend handelt.<br />

gh<br />

7


Schulen<br />

Unterrichtsversorgung gibt immer noch Anlass zur Sorge<br />

<strong>GEW</strong> stellt das Ergebnis der landesweiten Erhebung an allen Schularten vor<br />

„Die Schulen des Landes haben der <strong>GEW</strong> eine zum Teil Besorgnis erregende<br />

Unterrichtsversorgung mitgeteilt“, stellte Tilman Boehlkau bei der Präsentation<br />

der Ergebnisse der landesweiten <strong>GEW</strong>-Erhebung vor der Presse fest.<br />

An der landesweiten, alljährlich<br />

durchgeführten Umfrage haben sich<br />

427 der 1.582 allgemeinbildenden<br />

Schulen beteiligt (28,1 %). „Aus dieser<br />

repräsentativen Erhebung errechnet<br />

die <strong>GEW</strong> einen durchschnittlichen<br />

strukturellen Unterrichtsausfall<br />

in Höhe von ca. 2 %, verteilt über<br />

alle Schularten. Dies entspricht einem<br />

LehrerInnen-Defizit von annähernd<br />

500 Planstellen“, so Boehlkau.<br />

Besonders schwierig stellt sich laut<br />

Umfrage die Situation an den Realund<br />

Sonderschulen dar. „In beiden<br />

Schularten steigen die SchülerInnen-<br />

Zahlen und damit der Bedarf an aus-<br />

Fehlende Lehrerstellen<br />

100<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

-3<br />

-4<br />

-5<br />

-6<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

-300<br />

-400<br />

-500<br />

90,52<br />

1,26<br />

-37,3<br />

-2,05<br />

-20,5<br />

-2,76<br />

2,88<br />

0,19<br />

-120,23<br />

-3,64<br />

Fehlende Lehrerstellen<br />

-103<br />

Unterrichtsausfall 2002/03 in %<br />

-5,9<br />

-117,66<br />

-1,72<br />

-2,82<br />

gebildeten Lehrkräften“, so der<br />

<strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende. Während<br />

an den Sonderschulen der LehrerInnen-Mangel<br />

hausgemacht sei, weil<br />

zwischen 1982 und 1992 in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

keine SonderpädagogInnen<br />

ausgebildet wurden und Mitte<br />

bis Ende der 90-iger Jahre wegen falscher<br />

Prognosen vor dem Studium<br />

der Sonderpädagogik gewarnt worden<br />

ist, sei der hohe Ersatzbedarf an<br />

den Realschulen vor allem auf die<br />

dort benötigten KlassenlehrerInnen<br />

bzw. den schulspezifischen Fächerbedarf<br />

zurückzuführen.<br />

„Bei dem Bedarf an Sonderpädago-<br />

-22,32<br />

GS GHS HS RegS RS SoSch Gym IGS DOS Summe<br />

-1,49<br />

-0,47<br />

gInnen sind die Schwerpunktschulen<br />

zu berücksichtigen, an denen Integration<br />

beeinträchtiger SchülerInnen<br />

in den Regelunterricht stattfindet.<br />

Im Rahmen dieser bildungspolitisch<br />

richtigen Zielorientierung<br />

muss die Landesregierung besser<br />

dafür Sorge tragen, dass die notwendige<br />

Unterrichtsversorgung an den<br />

Sonder- und Schwerpunktschulen<br />

gewährleistet wird“, stellte Boehlkau<br />

fest.<br />

Um den Bedarf an Realschulen und<br />

Gymnasien zu decken, müsse gezielt<br />

unter den AbiturientInnen für bestimmte<br />

Mangelfächer geworben<br />

und LehrerInnen die Möglichkeit<br />

eingeräumt werden sich umzuqualifzieren,<br />

forderte die <strong>GEW</strong>.<br />

An den Grundschulen hat die <strong>GEW</strong><br />

ein Plus von ca. 90 Stellen festgestellt.<br />

Trotz dieses rechnerisch bestehenden<br />

Überhangs werde dieses Stellenvolumen<br />

dringend zur Abdeckung von<br />

Vertretungsunterricht bzw. für Förderunterricht<br />

benötigt. Dass Bedarf<br />

auch an dieser Schulart bestehe, zeige<br />

sich dadurch, dass dort ca. 150<br />

Personen als VertretungslehrerInnen<br />

ohne erstes oder zweites Staatsexamen<br />

(Studierende oder ReferendarInnen)<br />

beschäftigt werden. „Diese<br />

Art von Unterrichtsversorgung lehnen<br />

wir ab, wenn immer noch rund<br />

2.000 GrundschullehrerInnen mit 3/<br />

4-Zwangsteilzeitverträgen beschäftigt<br />

werden. Bevor mit ‚Minderqualifizierten‘<br />

der Unterricht aufrecht erhalten<br />

wird, muss den ausgebildeten<br />

Lehrkräften eine volle Stelle angeboten<br />

werden. Dies gilt um so mehr,<br />

da die Diskussion um die PISA-Studie<br />

gezeigt hat und die Qualitätsanforderungen,<br />

die das Ministerium<br />

selbst an jede einzelne Schule stellt,<br />

dies bestätigen, dass qualifizierter<br />

Unterricht nur mit qualifizierten<br />

LehrerInnen erreicht werden kann!“,<br />

stellte Boehlkau unmissverständlich<br />

fest. „Deshalb warnen wir ausdrücklich<br />

vor der vermeintlichen Beseitigung<br />

von Unterrichtsausfall durch<br />

nicht ausgebildete Personen. Quali-<br />

8 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

-461,43<br />

GS GHS HS RegS RS SoSch Gym IGS DOS Summe<br />

Unterrichtsausfall 2002/03 in %<br />

-1,99<br />

GS<br />

GHS<br />

HS<br />

RegS<br />

RS<br />

SoSch<br />

Gym<br />

IGS<br />

DOS<br />

Summe<br />

GS<br />

GHS<br />

HS<br />

RegS<br />

RS<br />

SoSch<br />

Gym<br />

IGS<br />

DOS<br />

Summe


1000<br />

-500<br />

-1000<br />

-1500<br />

-2000<br />

-2500<br />

-3000<br />

tät hat ihren Preis!“, sagte der <strong>GEW</strong>-<br />

Landesvorsitzende.<br />

Die rückläufigen SchülerInnen- und<br />

Klassen-Zahlen in den Grundschulen<br />

müssen darüber hinaus für dringend<br />

notwendige Verbesserungen<br />

innerhalb der Vollen Halbtagsschule<br />

(Grundschule) genutzt werden,<br />

wie z. B. die Wiedereinführung der<br />

Drittelpauschale.<br />

Unterrichtsausfall in Unterrichtsausfall Stunden in Stunden 2002/03<br />

500<br />

0<br />

646,25<br />

-255,3<br />

-777,5<br />

GRÜNE unterstützen Forderungen der <strong>GEW</strong><br />

In <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> fehlt es nach Ansicht<br />

von Bündnis 90/DIE GRÜNEN<br />

im Landtag weiterhin massiv an Vollzeit-Lehrkräften,<br />

um den rheinlandpfälzischen<br />

SchülerInnen den Unterricht<br />

zu erteilen, der rechtlich als Bildungsauftrag<br />

vorgesehen ist. Durch die<br />

aktuelle <strong>GEW</strong>-Untersuchung zum<br />

Unterrichtsausfall sehen sich DIE<br />

GRÜNEN in ihrer Einschätzung bestätigt.<br />

„Wer allein auf sinkende SchülerInnen-<br />

Zahlen setzt, schafft keine qualitative<br />

CDU: Schon wieder mangelhaft!<br />

„Ministerin Ahnen hat aus den niederschmetternden<br />

PISA-Ergebnissen noch<br />

immer nichts gelernt.“ Mit diesen Worten<br />

kommentierte der bildungspolitische<br />

Sprecher der CDU-Landtagsfraktion,<br />

Josef Keller, die Unterrichtsstatistik für<br />

die allgemeinbildenden Schulen.<br />

Josef Keller: „Dieser Landesregierung ist<br />

es noch nie gelungen, für eine volle<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

45<br />

-687<br />

-1114,1<br />

-300,5<br />

„Zu dem sog. strukturellen Unterrichtsausfall<br />

wegen fehlender LehrerInnen-Stellen<br />

kommt noch der temporäre<br />

Unterrichtsausfall, der die Situation<br />

an den Schulen weiter verschärft!“,<br />

betonte der <strong>GEW</strong>-Vorsitzende.<br />

Zwar könnten derzeit ca. 110<br />

Schulen kurzfristigen temporären<br />

Unterrichtsausfall bis zu sechs Wo-<br />

-232,5<br />

-16<br />

-2691,65<br />

GS GHS HS RegS RS SoSch Gym IGS DOS Summe<br />

GS<br />

GHS<br />

HS<br />

RegS<br />

RS<br />

SoSch<br />

Gym<br />

IGS<br />

DOS<br />

Summe<br />

Verbesserung des Unterrichts, wie sie<br />

auch von Wirtschaft und Hochschulen<br />

übereinstimmend gefordert wird. Das<br />

Land stellt weiterhin zu wenig Lehrkräfte<br />

ein, an der Zukunftsinvestition<br />

Bildung wird in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> wider<br />

besseren Wissens gespart. Deshalb<br />

unterstützen wir die Forderungen der<br />

<strong>GEW</strong>, den strukturellen Unterrichtsausfall<br />

zu beseitigen und den Schulen<br />

eine Personalreserve zur Verfügung zu<br />

stellen,um den temporären Unterrichtsausfall<br />

auffangen zu können“,<br />

Unterrichtsabdeckung zu sorgen. Die<br />

traurige Bilanz für das Schuljahr 2002/<br />

2003: Im Land fehlen immer noch 500<br />

Lehrerinnen und Lehrer.“<br />

Eine gute Lehrerversorgung, so Keller,<br />

sei die Grundlage für eine erfolgreiche<br />

Bildungspolitik. Josef Keller: „Allmählich<br />

stellt sich die Frage: Will diese Landesregierung<br />

das Problem „Unterrichts-<br />

Schulen<br />

chen im Rahmen des ‚Projekts Erweiterte<br />

Selbstständigkeit von Schulen<br />

(PES)‘ selbst „beseitigen“, dies<br />

führe aber u. a. dazu, dass vor allem<br />

die o. g. „Minderqualifizierten“ in<br />

den Schulen aushelfen.<br />

„Die <strong>GEW</strong> ist der Ansicht, dass gute<br />

Schule nur mit gut qualifiziertem<br />

Personal gelingen kann. Dies haben<br />

uns andere Länder eindrucksvoll<br />

vorgemacht. Auch wenn der strukturelle<br />

Unterrichtsausfall landesweit<br />

‚nur‘ ca. 2 % beträgt, so hilft das<br />

den einzelnen Schulen vor Ort<br />

überhaupt nicht. Rund 500 fehlende<br />

LehrerInnen-Stellen sind immer<br />

noch zu viel! Die <strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> fordert das zuständige Ministerium<br />

auf, den strukturellen Unterrichtsausfall<br />

zu beseitigen und<br />

den Schulen eine Personalreserve<br />

zur Verfügung zu stellen, um den<br />

temporären Unterrichtsausfall<br />

durch qualifiziertes Personal auffangen<br />

zu können“, betonte Boehlkau.<br />

erklärte Nils Wiechmann, bildungspolitischer<br />

Sprecher von Bündnis 90/DIE<br />

GRÜNEN im Landtag.<br />

Aus Sicht DER GRÜNEN muss die<br />

Landesregierung bereits jetzt deutlich<br />

machen, dass die ab 2004 zurückgehende<br />

Zahl von Schülerinnen und<br />

Schülern dazu genutzt wird, dem<br />

Schulsystem ausreichende Personalressourcen<br />

für die Qualitätsentwicklung<br />

des Unterrichts und weitere Ganztagsschulangebote<br />

zu erhalten.<br />

ausfall“ überhaupt beseitigen?“<br />

Nach Informationen der CDU-Landtagsfraktion,<br />

so Keller , liege der Unterrichtsausfall<br />

bei den Berufsbildenden<br />

Schulen bei fast 7 Prozent(!). In der<br />

Unterrichtsstatistik sucht man diese<br />

schlimmen Zahlen vergebens. pm<br />

9


Schulen<br />

Im Gespräch mit „Mr. PISA“<br />

Prof. Dr. Baumert: „Die Reformen haben überhaupt noch<br />

nicht richtig begonnen!“<br />

In mehreren Bundesländern - Berlin,<br />

Baden-Württemberg, Hessen,<br />

Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - laufen Projekte<br />

der „Pädagogischen Schulentwicklung“.<br />

Weshalb ist das Thema<br />

Schul- und Unterrichtsentwicklung<br />

so dringlich?<br />

Schulentwicklung ist ein Thema so alt<br />

wie die Schule selbst. Neu ist, dass sie<br />

systematische Formen gewonnen hat<br />

und alle Kolleginnen und Kollegen einbezogen<br />

werden. Sie wurde zum Kern<br />

der Modernisierung des Schulwesens, als<br />

auch der Bildungsverwaltung klar geworden<br />

war, dass sich Schulen nicht<br />

bürokratisch steuern lassen.<br />

Wie reformresistent oder reformgeschädigt<br />

ist die deutsche Lehrerschaft?<br />

Ich glaube, die Reformen haben<br />

überhaupt noch nicht richtig begonnen.<br />

Wir haben immer an der falschen Stelle<br />

über Reformen diskutiert - über<br />

Strukturreformen, Klassengröße,<br />

Pflichtstundenzahl. Diese Fragen sind<br />

nicht unbedeutend, aber wir sind nicht<br />

an das Kerngeschehen der Schule, an<br />

den Unterricht, seine Qualität und seine<br />

Ergebnisse herangegangen.<br />

Was muss sich am traditionellen<br />

Unterricht, bei dem der Lehrer an<br />

der Tafel steht und doziert, die<br />

Schüler zuhören, mitschreiben und<br />

memorieren, entscheidend verändern?<br />

Das Problem des deutschen Unterrichts<br />

ist wahrscheinlich nicht die Tatsache,<br />

dass die Lehrkraft im Mittelpunkt steht<br />

und das Heft in der Hand hält. Das<br />

gibt es in allen anderen Ländern, die<br />

bei den internationalen Vergleichsstudien<br />

- zuletzt Pisa -bessere Ergebnisse<br />

als Deutschland erreicht haben. Problematisch<br />

ist die Logik des Unterrichtskripts,<br />

also die dem Lehrerhandeln<br />

zugrunde liegende Idee eines guten Unterrichts.<br />

In Deutschland dominiert das<br />

Muster des fragend-entwickelnden Unterrichts.<br />

Diese Unterrichtsform findet<br />

man auch in anderen Ländern, aber<br />

als ein Muster unter anderen, nicht als<br />

Monokultur<br />

Wie sieht dieser Unterricht aus?<br />

Ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass<br />

der Lehrer durch Fragen an den Schüler<br />

das latente vorhandene Wissen ans<br />

Tageslicht hebt, es reinigt, entfaltet und<br />

anreichert. Wenn man diese literarische<br />

Kunstform auf den Unterricht überträgt,<br />

handelt man sich Probleme ein.<br />

Am deutlichsten wird das im Tafelanschrieb,<br />

auf dessen Vervollständigung<br />

die Lehrkraft den Unterricht hinlenken<br />

muss. Um zum Ziel zu gelangen,<br />

ist sie auf die richtigen Antworten der<br />

Schüler, und zwar bei knapper Zeit,<br />

angewiesen. In der Regel beginnt der<br />

Lehrer den Unterricht mit einem komplexen<br />

und anspruchsvollen Problem,<br />

dessen Bearbeitung relativ viel Spielraum<br />

lässt. Da die Schüler das Unterrichtsziel<br />

in der Regel nicht kennen,<br />

tasten sie sich auf die eröffnenden Fragen<br />

assoziativ an die vermeintliche Idee<br />

des Lehrers heran. Um in 45 Minuten<br />

zum vorgegebenen Unterrichtsziel zu<br />

gelangen, muss die Lehrkraft die Schülerantworten<br />

so kanalisieren, dass sie in<br />

die geplante Bahn einmünden. Dies geschieht<br />

in der Regel durch eine Fragefolge,<br />

bei der die Nachfragen von Schritt<br />

zu Schritt enger und trivialer werden.<br />

Am Ende steht dann eine simple Antwort,<br />

die zu geben Schülern geradezu<br />

peinlich sein kann.<br />

Aber es kommt eine Antwort?<br />

Mathematikdidaktiker, die in Fallstudien<br />

Unterrichtsabläufe in subtiler<br />

Weise analysiert haben, beschreiben das<br />

Grundmuster des deutschen Mathematikunterrichts<br />

als die „Trivialisierung<br />

eines komplexen Ausgangsproblems“.<br />

Wenn man diesem Unterrichtsskript<br />

folgt, haben Lehrkräfte es schwer, mit<br />

zwei Typen von Antworten umzugehen.<br />

Eine Antwort ist die falsche Antwort.<br />

Bei einer konvergent auf ein vorgegebenes<br />

Unterrichtsziel ausgerichteten<br />

Gesprächsführung kann man Fehler<br />

nicht produktiv nutzen. Man kann sie<br />

nicht bis zum Ende durchspielen und<br />

fragen: Was folgt eigentlich daraus,<br />

wenn wir diese Antwort als richtig annehmen?<br />

Man kann aber auch nicht<br />

zu den Ursachen des Fehlers zurückgehen:<br />

In welchen Schritten bist du zu<br />

dieser Antwort gekommen?<br />

Die zweite Antwortart, mit der man<br />

im fragend-entwickelnden Unterricht<br />

schlecht umgehen kann, ist der wirklich<br />

intelligente weiterführende Beitrag,<br />

der das Ziel einer Stunde vorwegnimmt.<br />

Solche Antworten werden<br />

beiseite geschoben oder Schüler und<br />

Schülerinnen, von denen die Lehrkraft<br />

zur unrechten Zeit Antworten dieser<br />

Art erwartet, werden am Gespräch<br />

nicht beteiligt. Der leistungsschwächere<br />

und der leistungsstärkere Schüler<br />

kommt bei dieser Unterrichtsführung<br />

nicht zu seinem Recht.<br />

Wir sprechen viel von Basiskompetenzen,<br />

die Schülerinnen und Schüler<br />

brauchen, welche brauchen eigentlich<br />

die Lehrkräfte?<br />

Entscheidend ist die Entwicklung professioneller<br />

Handlungskompetenz:<br />

Dazu gehören die Stärkung des Verantwortungsbewusstseins<br />

für die Klienten,<br />

die Öffnung des Unterrichts und seiner<br />

Vor- und Nachbereitung für den<br />

professionellen Blick und die Entwicklung<br />

einer Sprache, die es erlaubt, ohne<br />

wechselseitige Verletzung über die eigene<br />

Tätigkeit zu reden. Ich glaube, das<br />

ist die entscheidende Hürde, die man<br />

in den nächsten Jahren nehmen muss,<br />

wenn man Unterricht verbessern will,<br />

und Schulentwicklung heißt im Kern<br />

zu aller erst Unterrichtsentwicklung.<br />

Wie müssen dann die neuen Lern–<br />

strategien aussehen, wie die neue<br />

Lernkultur?<br />

Sie müssen erlauben, mit Unterschiedlichkeit<br />

intelligent umzugehen. Schon<br />

ein Wechsel von Lehrervortrag und Einzel-<br />

oder Gruppenarbeit kann schon<br />

mehr Spielraum als der fragend-entwickelnde<br />

Unterricht bieten. An Aufgaben<br />

für Einzel- oder Gruppenarbeit<br />

können sich leistungsstarke und leistungsschwächere<br />

Schüler gleichermaßen<br />

bewähren. Dies sind Aufgaben,<br />

die unterschiedlich schwierige Teilaufgaben<br />

enthalten und wenn sie besonders<br />

gut sind, auch unterschiedliche Lösungen<br />

und Lösungswege auf unterschiedlichem<br />

Niveau zulassen.<br />

10 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Sie werden notiert und anschließend<br />

an der Tafel dokumentiert oder vorgetragen<br />

und dann im Klassengespräch<br />

gegeneinander diskutiert. Diese Form<br />

der Unterrichtschoreographie ist im<br />

Vergleich zum fragend-entwickelnden<br />

Unterricht, der die Lehrkraft psychisch<br />

kontinuierlich fordert, bemerkenswert<br />

stressarm.<br />

Ist die Schule mit ihren Bordmitteln<br />

überhaupt in der Lage, den Unterricht<br />

weiter zu entwickeln und<br />

sich selbst zu erneuern?<br />

Langfristig muss sie in die Lage versetzt<br />

werden, sich selbst zu arrangieren.<br />

Dafür benötigt sie aber Spielräume,<br />

geeignete Instrumente und die notwendigen<br />

Mittel. Sie benötigt auch<br />

freie Finanzmittel, um das einzukaufen,<br />

was sie braucht - seien es Zeithilfen<br />

oder die Fortbildung, die für die<br />

Weiterentwicklung ihres Programms<br />

sinnvoll ist. Regulativ der Fortbildung<br />

ist nicht das Angebot der Universitäten<br />

oder Landesinstitute, aus dem das<br />

einigermaßen Passende ausgesucht<br />

wird, sondern der Bedarf der Einzelschule.<br />

Da die Schulen auf dem freien<br />

Markt kaufen, nicht nur bei den staatlichen<br />

Anbietern, wird es auch eine implizite<br />

Qualitätskontrolle geben.<br />

Geht das ohne Hilfe von außen?<br />

Die Schulen sind am Anfang ihres Veränderungsprozesses<br />

auf externe Unterstützung<br />

angewiesen, die sie gezielt<br />

abrufen können. Das SINUS-Programm<br />

zur Verbesserung des mathematisch-naturwissenschaftlichenUnterrichts,<br />

das von der Bund-Länder-Kommission<br />

finanziert wird, funktioniert<br />

zur Zeit auch deshalb so gut, weil in<br />

Netzwerken lokale und zentrale Unterstützung<br />

angeboten wird.<br />

Die Kultusministerkonferenz hat<br />

Vergleichsarbeiten in der Grundschule<br />

und nach der 5. Klasse beschlossen.<br />

Wie sinnvoll ist es eigentlich,<br />

mit dieser Testeritis, wie manche<br />

spötteln, immer wieder das Althergebrachte<br />

zu evaluieren? Müsste<br />

nicht die Reihenfolge lauten: erst<br />

Innovation, dann Evaluation?<br />

Die Vorstellung, dass die Reform in den<br />

Grundschulen erst jetzt beginne, ist<br />

gründlich falsch. Die Grundschulen<br />

haben in den vergangenen 25 Jahren<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

Das Gespräch mit Prof. Dr. Baumert, dem Direktor des Max-Planck-Instituts<br />

für Bildungsforschung, führte unser Mitarbeiter Dr. Paul Schwarz.<br />

ein neues Gesicht erhalten - nicht<br />

zuletzt unter dem Einfluss der Reformpädagogik.<br />

Über die Ergebnisse ist aber<br />

so gut wie nichts bekannt. IGLU, die<br />

Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung<br />

von 2001, ist die erste Studie,<br />

die den Blick auf die Erträge der<br />

Grundschularbeit freigeben wird. Von<br />

Testeritis zu sprechen, ist eine Polemik,<br />

die darauf zielt, die Voraussetzungen für<br />

Verbesserungen, nämlich Transparenz,<br />

zu verhindern. Doch wenn sich die<br />

Lehrkräfte nicht in ihren Unterricht<br />

schauen lassen und ihre Ergebnisse nicht<br />

ausbreiten und austauschbar machen,<br />

wird sich wenig ändern. Die Kommunikation<br />

über Unterricht - und zwar<br />

über seine Vorbereitung, Durchführung<br />

und Ergebnisse - gehört zum Kern der<br />

Professionalität des Lehrerberufs.<br />

Wie optimistisch sind sie, was die<br />

Zukunft der Bildung in Deutschland<br />

angeht, wie zuversichtlich, dass<br />

ein Ruck, wie ihn der frühere Bundespräsident<br />

Roman Herzog gefordert<br />

hat, durch die Gesellschaft geht.<br />

Ich glaube, es ruckt nichts so ohne weiteres.<br />

Der Erfolg hängt vom Bohren dicker<br />

und harter Bretter ab. Wir werden<br />

uns mit einer Entwicklungsperspektive<br />

von zehn Jahren anfreunden müssen,<br />

bis messbare Erfolge nachweisbar<br />

sein werden. Aber auch in zehn Jahren<br />

wird man nicht alle Schulen erreicht<br />

haben. Ein realistisches Ziel könnte es<br />

sein, den Kreis der wirklich aktiven<br />

Schulen zu vergrößern und diese tonangebend<br />

werden zu lassen.<br />

Schulen<br />

11


<strong>GEW</strong>-Fortbildung / Weiterbildung<br />

In diverse Rollen geschlüpft<br />

Hilfreiches <strong>GEW</strong>-Seminar über Gesprächsführung<br />

Ist Gesprächsführung lernbar? Kann man in einem Gespräch auch dann den<br />

roten Faden behalten, wenn die Person gegenüber ständig versucht, einen<br />

aus dem Konzept zu bringen?<br />

Rheinzeitung,<br />

Ausgabe Mayen,<br />

6.11.02<br />

Diese Hoffnung hatten zumindest<br />

die acht LehrerInnen und drei Erzieherinnen,<br />

die am <strong>GEW</strong>-Seminar<br />

„Gesprächsführung“ auf der Ebernburg<br />

in Bad Münster am Stein Ende<br />

Oktober teilnahmen. Und sie wurden<br />

nicht enttäuscht!<br />

Souverän und abwechslungsreich gestaltete<br />

der Referent Uwe Becker das<br />

Seminar, wobei das praktische Handeln<br />

durch vielfältige Kommunikationsübungen<br />

im Vordergrund stand.<br />

In den auf das notwendige Maß beschränkten<br />

Theoriephasen konnten<br />

die TeilnehmerInnen z.B. die fünf<br />

Phasen eines Gesprächs kennen lernen,<br />

an denen man sich auch in<br />

schwierigen Gesprächssituationen<br />

recht gut orientieren kann. Wie man<br />

Konflikte anspricht, ohne jemanden<br />

anzugreifen, wurde in einem weiteren<br />

Modell gezeigt, das für das kommunikative<br />

Miteinander im Alltag<br />

und im Beruf wertvoll sein kann.<br />

In den praktischen Übungen orientierte<br />

man sich so nah wie möglich<br />

am Berufsleben der PädagogInnen.<br />

In Form von Rollenspielen wurden<br />

verschiedene Gesprächssituationen<br />

rekonstruiert und nachgespielt.<br />

Dabei ließ Uwe Becker die TeilnehmerInnen<br />

in diverse Rollen schlüpfen.<br />

Beispielsweise musste sich eine<br />

Erzieherin gegen eine ununterbrochen<br />

redende Mutter behaupten oder<br />

eine Schulleiterin sich gegen einen<br />

aggressiv auftretenden Vater durchsetzen.<br />

Wie man sein Gesprächsziel<br />

auch in solchen Situationen erreichen<br />

kann, wurde durch Analyse der<br />

Situation und Tipps zur Gesprächsleitung<br />

gezeigt.<br />

Im letzten Teil des Seminars stellte<br />

der Referent ein Modell zur kollegialen<br />

Praxisberatung vor, das von allen<br />

TeilnehmerInnen als äußerst hilfreich<br />

für den Berufsalltag bewertet<br />

wurde. Dabei übernehmen die PädagogInnen<br />

selbst die gegenseitige<br />

Beratung in Konfliktfällen, um diese<br />

mit kollegialer Unterstützung besser<br />

und effektiver lösen zu können.<br />

Mit Hilfe der klar strukturierten<br />

Schritte des Modells und mit ein bis-<br />

schen Übung ist es somit möglich,<br />

KollegInnen vielfältige konkrete<br />

Tipps in einer Beratung anzubieten.<br />

Alle TeilnehmerInnen waren der<br />

Meinung, dass es sinnvoll wäre,<br />

wenn an vielen pädagogischen Einrichtungen<br />

feste Gruppen zur kollegialen<br />

Praxisberatung installiert<br />

werden würden.<br />

Alles in allem war das Seminar für<br />

alle Beteiligten ein voller Erfolg. Der<br />

Dank geht auch an Mehmet Kilic,<br />

der es immer wieder schafft, interessante<br />

Seminare im Bildungsbereich<br />

der <strong>GEW</strong> anzubieten.<br />

Anne Bilke<br />

Lepra<br />

nimmt Würde<br />

Fordern Sie Informationen an!<br />

Telefon: 09 31/79 48-0<br />

Internet: www.dahw.de<br />

12 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

B


<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

Bildung international<br />

Standardisierte Leistungstests beschädigen Qualität<br />

Qutput-Steuerung von Bildungssystemen am Beispiel Kanadas<br />

Wie die deutschen Bundesländer<br />

verfügen die 10 kanadischen Provinzen<br />

und 3 Territorien über eine eigene<br />

Zuständigkeit für Bildung und<br />

sprechen sich lediglich über die Einrichtung<br />

des Council of Ministers<br />

of Education, Canada (CMEC) in<br />

Grundsatzfragen ab. Dies ist aber<br />

auch die einzige Gemeinsamkeit. Im<br />

Gegensatz zu uns besitzt Kanada in<br />

allen Landesteilen ein integriertes<br />

Schulsystem von der Grundschule<br />

bis zum Ende der High School. Seine<br />

Leistungsfähigkeit hat dieses System<br />

durch die Verbindung von hoher<br />

Qualität mit hoher Bildungsbeteiligung<br />

und Chancengleichheit<br />

unter Beweis gestellt.<br />

In der internationalen Leistungsvergleichsstudie<br />

PISA 2000 hat Kanada<br />

in der Gesamtwertung einen zweiten<br />

Platz in der Lesekompetenz der fünfzehnjährigen<br />

erreicht. Mit diesem außerordentlichen<br />

Erfolg konnte es an<br />

die guten TIMSS-Ergebnisse (1996)<br />

in Mathematik und Naturwissenschaften<br />

anknüpfen.<br />

Statt vor dem Hintergund dieser Erfogsserie<br />

das Bewährte zu stärken, ist<br />

die kanadische Bildungspolitik in allen<br />

Provinzen dabei, den Schulen einschneidende<br />

Veränderungen „von<br />

oben“ zu verpassen und sie auf eine<br />

rigorose Output-Steuerung umzustellen.<br />

Da die KMK einen Systemwechsel<br />

von der Input- zur Output-<br />

Steuerung beschlossen hat, ist der folgenreiche<br />

„kanadische Weg“ für<br />

Deutschland durchaus lehrreich.<br />

Den kanadischen<br />

Schulen wird ein Testsystem<br />

aufgezwungen<br />

Dies gilt auch für die Schulen in<br />

Ontario, der größten und wirtschaftlich<br />

bedeutendsten Provinz in Kanada<br />

mit der multikulturellen Metropole<br />

Toronto als Zentrum. Ontarios<br />

Schulen, die durch die Bertelsmann<br />

Stiftung auch in Deutschland als<br />

Musterbeispiele für gute Schulen<br />

bekannt geworden sind, sehen sich<br />

seit einigen Jahren einer Politik des<br />

Misstrauens ausgesetzt. Als Garant<br />

für Schulqualität gilt der konservativen<br />

Regierung von Ontario nicht<br />

die professionelle Arbeit der LehrerInnen,<br />

sondern das von ihr Ende der<br />

neunziger Jahre eingeführte Testsystem.<br />

Gegen den Widerstand von<br />

LehrerInnen und deren Gewerkschaften<br />

ist sie dabei, dieses System<br />

auszuweiten.<br />

Die Ontario Teachers’ Federation<br />

wirft der kanadischen Provinzregierung<br />

die Verfälschung der TIMSS-<br />

Ergebnisse vor. Um die Einführung<br />

des Testsystems nicht zu gefährden,<br />

habe die Regierung durch Manipulation<br />

des Datenmaterials den öffentlichen<br />

Eindruck erzeugt, die Schulen<br />

in Ontario hätten im Vergleich<br />

besonders schlecht abgeschnitten.<br />

Auch der PISA-Erfolg wird laut Lehrergewerkschaft<br />

bewusst fehlinterpretiert.<br />

Während die Regierung das<br />

erfolgreiche Abschneiden bei PISA<br />

als Erfolg ihrer neuen Politik der<br />

Standardsicherung verbucht, rechnet<br />

die Gewerkschaft vor, dass die in<br />

PISA geprüften Fünfzehnjährigen<br />

den größten Teil ihrer Schulzeit im<br />

alten System verbracht haben.<br />

Vielleicht ist diese durchsichtige Argumentation<br />

auch der Grund, warum<br />

die Bildungspolitik in Kanada<br />

von sich aus auffällig wenig Interesse<br />

gezeigt hat, PISA medial für sich<br />

auszuschlachten.<br />

Der Druck auf die<br />

Kinder der Elementary<br />

School wächst<br />

Konzipiert als Schule für alle, auch<br />

der behinderten Kinder, umfasst sie<br />

die Klassen 1 - 8 und als freiwilliges<br />

und kostenfreies Angebot einen Kindergarten.<br />

Sie ist traditionell von ihrem<br />

Selbstverständnis eine Schule<br />

der individuellen Förderung und<br />

nicht des harten Leistungswettbewerbs.<br />

Dass die Elementary School Schaden<br />

nimmt, ist inzwischen keine bloße<br />

Befürchtung von Kritikern der Regierungspolitik,<br />

sondern in der<br />

Schulwirklichkeit spürbar. Um die<br />

eingetretene Verschlechterung im<br />

Unterricht auf den Punkt zu bringen,<br />

beklagt eine Schulleiterin aus<br />

Ontario: „We don’t even have time<br />

for laughing.“<br />

Der Lese- und Rechtschreibtest in<br />

Klasse 3 und der Mathematiktest in<br />

6 wird provinzweit zentral gestellt<br />

und ausgewertet. Die Tests werden<br />

als Diagnosetest ausgegeben, schaffen<br />

aber faktisch einen enormen Leistungsdruck.<br />

Die Tests orientieren<br />

sich an einem neuen und nach Aussagen<br />

von Pädagogen stofflich überfrachteten<br />

Curriculum. Sie laufen<br />

damit dem Anspruch an einen individualisierenden<br />

Unterricht völlig<br />

zuwider. Die LehrerInnen bekommen<br />

keinen Einblick in das Verfahren,<br />

wie den SchülerInnen werden<br />

ihnen nur die Testergebnisse mitgeteilt.<br />

Die Ergebnisse werden von den<br />

School Boards, die die Funktion der<br />

regionalen Schulaufsicht haben, geprüft<br />

und diskutiert. Seit kurzem<br />

müssen die Schulen auf der Basis<br />

ihrer Ergebnisse Ziele zur Leistungsverbesserung<br />

formulieren (Target<br />

Setting). Im Rahmen von Action<br />

Plans sind diese dem School Board<br />

und den Eltern darzulegen. „Like a<br />

blitz“, so eine Schulleiterin, sei diese<br />

Neuerung über die Schulen gekommen<br />

und schaffe ein Spannungsfeld<br />

zwischen den pädagogischen Ansprüchen<br />

an einen inklusiven Unterricht,<br />

der allen SchülerInnen gerecht<br />

werden will, und den äußeren Anforderungen<br />

an die Schulen.<br />

Zusätzliche Mittel für eine entsprechende<br />

individuelle Förderung ziehen<br />

die Diagnosetests nicht nach<br />

sich. Im Gegenteil, die Handlungs-<br />

13


Bildung International<br />

möglichkeiten zur individuellen Förderung<br />

sind wegen drastischer Haushaltskürzungen<br />

in den letzten Jahren<br />

eingeschränkt worden, während<br />

die allgemeinen unterrichtlichen<br />

Rahmenbedingungen sich ebenfalls<br />

wesentlich verschlechtert haben.<br />

Die Medien veröffentlichen die Testergebnisse<br />

der Schulen, ohne jedoch<br />

über die soziokulturellen Hintergründe<br />

der Schulen und der Schüler<br />

zu informieren. Als Folge der<br />

Schul-Rankings wird aktuell gefordert,<br />

die freie Schulwahl für Eltern<br />

gesetzlich zu garantieren. Die Liberalen<br />

haben diese Forderung als erste<br />

Partei in ihr Wahlprogramm aufgenommen.<br />

Wenn der Grundsatz<br />

nicht mehr gilt, dass die SchülerInnen<br />

der Elementary School die<br />

nächstgelegene Schule ihres Wohnbezirks<br />

besuchen, wird soziale Segregation<br />

zu Lasten von Integration<br />

und Chancengleichheit bildungspolitisch<br />

gefördert.<br />

Der Lesetest in Klasse<br />

10 verändert die High<br />

School<br />

Im Jahr 2000 wurde der Lese- und<br />

Rechtschreibtest in Ontario für die<br />

Klasse 10 eingeführt und auf freiwilliger<br />

Basis durchgeführt. Schon ein<br />

Jahr später wurde er für alle SchülerInnen<br />

verbindlich vorgeschrieben.<br />

Die Veröffentlichung der Ergebnisse<br />

des letztjährigen Lese- und Rechtschreibtestes<br />

in Klasse 10 hat im<br />

Oktober 2002 für öffentliche Kontroversen<br />

und sehr viel Unmut an<br />

den Schulen gesorgt. 75 % der TeilnehmerInnen<br />

haben den Test bestanden,<br />

da im Jahr davor nur 68% bei<br />

diesem Test erfolgreich waren, sieht<br />

sich die Regierung mit ihrem Testsystem<br />

auf Erfolgskurs.<br />

Die Kritiker, insbesondere aus den<br />

Reihen der Gewerkschaft, finden das<br />

Schweigen über die große Zahl der<br />

Gescheiterten skandalös. Schließlich<br />

handelt es sich nicht um einen Diagnosetest.<br />

Von seinem Bestehen<br />

hängt der Abschluss in der High<br />

School am Ende von Klasse 12 ab.<br />

Außerdem sind von dem Scheitern<br />

im Wesentlichen sozial benachteiligte<br />

und behinderte SchülerInnen betroffen.<br />

Der Test kann zwar wiederholt werden,<br />

aber mit welchen Chancen? Es<br />

gab zwischen der Bekanntgabe der<br />

Ergebnisse und der Aufforderung<br />

zur Wiederholung weder ein offizielles<br />

Förderangebot noch Zeit für<br />

eigene persönliche Anstrengungen.<br />

Nach Einschätzung der Gewerkschaft<br />

nimmt die Regierung in Kauf,<br />

dass die Betroffenen die Schulen verlassen,<br />

da sie mit dem Ende der Klasse<br />

10 ihre Schulpflicht absolviert haben.<br />

Vieles spricht dafür, dass die Regierung<br />

darauf hinarbeitet, die von ihr<br />

herbeigeführte Notlage der Gescheiterten<br />

für eine „Modernisierung“ der<br />

integrativen High School zu nutzen.<br />

Bislang gilt noch die bewährte Regelung<br />

eines einheitlichen Abschlusses<br />

für alle am Ende der High School<br />

mit den Zusatzberechtigungen für<br />

Universität und College bei entsprechenden<br />

Leistungsnachweisen. Der<br />

Vorschlag, einen eigenen Abschluss<br />

auf der Basis eigener Curricula für<br />

die Leistungsschwächeren anzubie-<br />

Tests machen noch keinen guten Unterricht<br />

Nach dem PISA-<br />

Schock wird<br />

allerorten für Parallel-<br />

und Vergleichsarbeiten<br />

plädiert. Ist das<br />

der Weg zu effektiverem<br />

Lernen<br />

und besserem<br />

Unterricht? Wohl<br />

kaum! Zentrale<br />

Prüfungen verleiten<br />

eher dazu,<br />

die typischen<br />

Testaufgaben<br />

und Sternchenthemen<br />

systematisch zu pauken und<br />

andere wichtige Kompetenzen und<br />

Lernanlässe über Gebühr zu vernachlässigen.<br />

Wenn PISA-E im Bereich Leseverständnis<br />

feststellt, dass vier der sieben<br />

am besten platzierten Bundeslän-<br />

der keine zentralen Prüfungen durchführen,<br />

dann ist das doch nicht ein Indiz<br />

dafür, dass das Heil offenbar nicht<br />

von zentralen Prüfungen und regelmäßigen<br />

Vergleichsarbeiten zu erwarten<br />

ist.<br />

Tests haben dann einen Sinn, wenn es<br />

darum geht, einen bestimmten Impuls<br />

zu geben. Dieser Impuls ist durch PISA<br />

und TIMSS hinreichend gesetzt worden.<br />

Viele Lehrkräfte sind inzwischen<br />

durchaus bereit, ihren Unterricht zu<br />

verändern. Das zeigt nicht zuletzt das<br />

rege Interesse am PSE-Programm des<br />

EFWI. Nur wünschen und brauchen<br />

sie praktische Hilfen und substanzielle<br />

Unterstützung, um die geforderte neue<br />

Lernkultur rasch, wirksam und in arbeitsökonomischer<br />

Weise aufbauen zu<br />

können. Die in Aussicht gestellten zentralen<br />

Prüfungen und Testreihen sind<br />

unter diesem Aspekt eher kontrapro-<br />

duktiv. Wenn neuen Lehr- und Lernformen<br />

tatsächlich der Weg geebnet<br />

werden soll, dann brauchen wir eine<br />

nach vorne gerichtete Qualifizierungsoffensive<br />

mit einschlägigen Seminaren<br />

und Workshops und gezielten<br />

Freistellungsmaßnahmen für engagierte<br />

LehrerInnen. Die Großbetriebe<br />

haben uns das doch vorgemacht.<br />

Sie haben nach dem offenkundigen<br />

Scheitern der alten Unterweisungsmethode<br />

die bestehenden Defizite<br />

nicht länger getestet und beklagt, sondern<br />

aufwändige Trainingscamps für<br />

ihre Ausbilder organisiert und finanziert.<br />

Daran sollten wir uns im staatlichen<br />

Schulwesen ein Beispiel nehmen!<br />

Dr. Heinz Klippert,<br />

Aus: PSE-Netzwerkzeitung des<br />

EFWI Landau<br />

14 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


ten. Läuft darauf hinaus, dass sich<br />

entlang sozialer Herkünfte die Bildungswege<br />

der SchülerInnen am<br />

Anfang der High School in ungleichwertige<br />

Angebote trennen. Dieser<br />

Verzicht auf Integration muss vor<br />

dem Hintergrund von Kanada als<br />

Einwanderungsland besonders bedenklich<br />

stimmen.<br />

Was kommt auf uns zu?<br />

Das deutsche Schulsystem steht vor<br />

der Einführung von Bildungsstandards<br />

und Leistungstests. Durch das<br />

kanadische Beispiel drängt sich die<br />

Erkenntnis auf, dass wir bei einem<br />

selektiven Schulmodell als Ausgangslage<br />

und der politischen Verweigerung,<br />

diese Strukturen zu verändern,<br />

mit dem „harten kanadischen Weg“<br />

nichts Besseres als die Verschärfung<br />

unserer bestehenden sozialen Selektion<br />

zu erwarten haben. Aber selbst<br />

wenn wir „weichere Wege“ zur Herstellung<br />

von Verlässlichkeit und Sicherung<br />

allgemeiner Standards gehen<br />

sollten wie in Skandinavien,<br />

dann zeigen uns diese Länder, dass<br />

zur Vermeidung von sozialer Selek-<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

Bildung International<br />

Zehntausende Lehrkräfte streikten in Frankreich<br />

Mehr als 30.000 französische LehrerInnen<br />

und HochschulprofessorInnen<br />

sind am 17. Oktober im ganzen<br />

Land gegen die Sparpläne der<br />

Regierung in der Bildungspolitik auf<br />

die Straße gegangen. Die fünf gro-<br />

ßen Gewerkschaften hatten zu einem<br />

nationalen Streiktag in sämtlichen<br />

Bildungsbereichen aufgerufen. Die<br />

Proteste richteten sich nach Angaben<br />

der Gewerkschaften gegen die geplante<br />

Streichung von insgesamt 25.600<br />

630 streikende Lehrkräfte in Simbabwe entlassen<br />

Im afrikanischen Krisenstaat Simbabwe<br />

sind fast 630 Lehrkräfte, die<br />

wegen einer 135-prozentigen Inflation<br />

für höhere Gehälter gestreikt<br />

hatten, nach Angaben vom 15. Oktober<br />

entlassen worden. Die Entlassenen<br />

hatten eine Einkommserhöhung<br />

von 200 Prozent gefordert. Sie<br />

gehörten dem 10.000 Mitglieder<br />

starken Progressiven Lehrerverband<br />

(Progressive Teachers Association)<br />

tion ein integriertes System die notwendige<br />

Voraussetzung ist. Wer Bildungsstandards<br />

in den alten Schulstrukturen<br />

will, folgt immer noch<br />

dem Irrglauben, dass eine selektive<br />

Bildungsbeteiligung Qualität im<br />

System herstellen und sichern kann.<br />

Brigitte Schumann<br />

Psychotherapeutische Praxis<br />

Dipl.-Psychologe H. von Vangerow<br />

• Beihilfeberechtigte<br />

c/o Euteneuer, Kurfürstemstr. 87a<br />

56068 Koblenz T: 0178 / 392 71 36<br />

an, deren Generalsekretär Raymond<br />

Majongwe als Organisator des nicht<br />

genehmigten Streiks festgenommen<br />

worden war. Unter den neuen scharfen<br />

Gesetzen des Landes drohen ihm<br />

nun bis zu 10 Jahre Haft.<br />

Der konkurrierende 70.000 Mitglieder<br />

starke Simbabwe Lehrerverband<br />

(Zimbabwe Teachers Association)<br />

beteiligte sich nicht an dem<br />

Streik. Er hatte auf Zusagen der<br />

Klassenfahrten nach Berlin<br />

(incl. Transfer, Unterkunft,<br />

Programmgestaltung nach Absprache).<br />

Broschüre anfordern bei:<br />

Biss, Freiligrathstr. 3, 10967 Berlin,<br />

Tel. (030) 6 93 65 30<br />

Stellen beim Aufsichts- und Erziehungspersonal.<br />

Bildung sei für die<br />

konservative Regierung nicht mehr<br />

vorrangig.<br />

dpa<br />

Regierung vertraut, die gegenwärtigen<br />

Gehaltsbedingungen zügig zu<br />

„überprüfen“. Zur Zeit verdient ein<br />

Lehrer im Schnitt 27.000 Simbabwe-Dollar<br />

pro Monat, nach offiziellem<br />

Umtauschkurs entspricht das<br />

etwa 500 Euro, nach dem weitaus<br />

gebräuchlicheren Schwarzmarktkurs<br />

dagegen gerade mal 30 Euro.<br />

dpa<br />

15


Internationales<br />

„Tesekkür ederim, Mehmet!“<br />

10 Jahre Solidarität und Begegnung der <strong>GEW</strong> mit Egitim-Sen<br />

Unter der Leitung von Mehmet Kilic nahmen 25 <strong>GEW</strong>-Mitglieder in Izmir an<br />

der Feier zum 10-jährigen Jubiläum der Begegnung zwischen der <strong>GEW</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und der türkischen Gewerkschaft Egitim-Sen teil. Ihre Solidarität<br />

zeigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einer Protestveranstaltung<br />

am internationalen Lehrertag in Izmir. Auf dem Reiseprogramm<br />

standen auch historische Sehenswürdigkeiten, Besuche von Schulen und weitere<br />

Begegnungen mit türkischen Kolleginnen und Kollegen.<br />

Jubiläumsfeier in Izmir<br />

Mittelpunkt der diesjährigen Reise<br />

war die 10-jährige Jubiläumsfeier der<br />

Begegnungen zwischen der <strong>GEW</strong><br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> und der türkischen<br />

Gewerkschaft Egitim-Sen, die Mehmet<br />

Kilic, Landesvorstandsmitglied<br />

für den Bereich Gewerkschaftliche<br />

Mehmet zusammen mit dem Gewerkschaftsekretär<br />

Nihat Sefer<br />

Bildung und Mitgliederwerbung,<br />

über diese Jahre hinweg organisierte.<br />

Zu der Feier in Izmir hatte die<br />

<strong>GEW</strong> Mitglieder der türkischen Gewerkschaft<br />

aus der ganzen Türkei<br />

eingeladen. Einzelne waren über 20<br />

Stunden aus der Osttürkei oder von<br />

der Schwarzmeerküste in Bussen<br />

unterwegs, um zu dieser Feier zu gelangen.<br />

Mehmet Kilic erinnerte in<br />

seiner Rede an die Begegnungen der<br />

letzten Jahre und äußerte die Hoffnung,<br />

dass die deutsch-türkische<br />

Freundschaft sich weiter stärken<br />

möge und auch in Zukunft weitere<br />

Treffen in der Türkei und in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

stattfinden mögen. In seiner<br />

Rede dankte der türkische Gewerkschaftssekretär<br />

Nihat Sefer<br />

Mehmet für sein unermüdliches Engagement<br />

und wünschte ebenfalls<br />

weitere und häufigere Begegnungen<br />

in der Türkei und in Deutschland.<br />

Mit einen musikalischen Beitrag unter<br />

der Leitung von Paul Römer steuerte<br />

die Reisegruppe einen Programmpunkt<br />

zu der Feier bei, die<br />

dann mit einem türkischen Essen<br />

und türkischer Musik bis spät in die<br />

Nacht andauerte. Viele türkische<br />

Lehrkräfte haben dabei die deutschen<br />

TeilnehmerInnen angesprochen, um<br />

Kontakte zu deutschen Schulklassen<br />

aufnehmen zu können.<br />

Am nächsten Tag, dem internationalen<br />

Lehrertag, nahmen die rheinlandpfälzischen<br />

Besucher an der Veranstaltung<br />

von Egitim-Sen im Lehrerhaus<br />

in Izmir teil. Deutsche Teilnehmer<br />

verlasen Grußworte von Eva<br />

Maria Stange und Tilman Boehlkau.<br />

„Der Dialog und die Zusammenarbeit<br />

auf pädagogischer und gewerkschaftlicher<br />

Ebene soll fort gesetzt<br />

werden“, so die Vorsitzende Eva Maria<br />

Stange. Gemeinsames Ziel sei eine<br />

qualitativ hochstehende Bildung und<br />

Erziehung für alle Kinder und Jugendliche<br />

durch ein öffentliches<br />

Schulwesen. Mit großem Interesse<br />

habe sie zur Kenntnis genommen,<br />

dass die Türkei endlich bereit sei,<br />

Angebote im muttersprachlichen<br />

Unterricht zuzulassen. „Leider werden<br />

aber immer noch Egitim-Sen-<br />

Kolleginnen und -Kollegen verfolgt,<br />

die sich für diese pädagogische Selbstverständlichkeit<br />

einsetzen.“ Eva Maria<br />

Stange erwartet von der türkischen<br />

Regierung und den türkischen<br />

Behörden, dass sie Lehrerinnen und<br />

Lehrern, die sich für demokratische<br />

Reformen in ihrem Lande einsetzen,<br />

fördern und nicht drangsalieren und<br />

dass die Kolleginnen und Kollegen<br />

von Egitim-Sen auf allen Ebenen der<br />

Gewerkschaft frei und ohne Angst<br />

vor Repression arbeiten können.<br />

Beim Besuch einer Grundschule bei Fethiye<br />

16 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Auf der Pressekonferenz mit dem Fernsehen in Fethiye zusammen mit<br />

Egitim-Sen<br />

Ein Protestschwerpunkt der Gewerkschaft<br />

Egitim-Sen war die willkürliche<br />

Zwangsversetzung von<br />

Lehrkräften in der Türkei. Tilman<br />

Boehlkau dankte sowohl Mehmet<br />

Kilic als auch den Kolleginnen und<br />

Kollegen von Egitim-Sen für die Organisation<br />

der seit 10 Jahren erfolgreich<br />

verlaufenen Begegnungen in<br />

der Türkei und 1996 sowie 2001 in<br />

Deutschland. Das Zusammentreffen<br />

unterschiedlicher Kulturen und<br />

Sprachen im Unterricht und in Lehrerzimmern<br />

sei von besonderer Bedeutung<br />

für die Weiterentwicklung<br />

unserer Bildungseinrichtungen.<br />

„Aber noch bedeutsamer ist es, wenn<br />

wir voneinander lernen: Lernen, wie<br />

wir in unseren Heimatländern leben;<br />

lernen, wie wir aus unterschiedlichsten<br />

Rahmenbedingungen doch das<br />

Beste für unsere Schülerinnen und<br />

Reisegruppe in Ephesus<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

Schüler machen; lernen aber auch,<br />

wenn sich Gewerkschaften für die<br />

Interessen der Lehrerinnen und Lehrer,<br />

auch der Schülerinnen und Schüler,<br />

einsetzen“, so Tilman Boehlkau<br />

in seinem Grußwort. „Der internationale<br />

Lehrertag könne dazu beitragen,<br />

die beiderseitigen Beziehungen<br />

auszubauen und die Freundschaft<br />

weiter zu vertiefen. Allzu häufig<br />

müssten wir immer wieder feststellen,<br />

dass unserem pädagogischen Engagement<br />

nicht die notwendige Aufmerksamkeit<br />

von Seiten der Politik<br />

und der Eltern geschenkt wird.<br />

Ohne eine starke gewerkschaftliche<br />

Unterstützung ließen sich aber viele<br />

Ziele nicht erreichen.“ Das Grußwort<br />

von Tilman schloss mit dem<br />

Wunsch, bald wieder eine Delegation<br />

aus der Türkei in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

begrüßen zu können.<br />

Die Bildungsreise führte die TeilnehmerInnen<br />

zuerst nach Fethiye im<br />

Südwesten der Türkei. Sowohl Naturdenkmäler<br />

wie die Schlucht von<br />

Saklikent als auch die weißen Kalkfelsen<br />

von Pamukkale standen auf<br />

dem Programm. Besucht wurden<br />

aber auch die historischen Stätten<br />

Ephesus, Pergamon, Didyma, Hierapolis<br />

und Troja. Mehrere Tage weilte<br />

die Reisegruppe in Istanbul, um<br />

die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu<br />

erleben. Eine abschließende Bootsfahrt<br />

auf dem Bosporus bis zum<br />

Schwarzen Meer krönte eine gelungene<br />

Bildungsreise. Auf der abendlichen<br />

Abschiedsfeier dankten die<br />

TeilnehmerInnen Mehmet für die<br />

zeitaufwändige Vorbereitung und<br />

die gelungene Organisation.<br />

Text und Fotos: Günter Schmitt<br />

Internationales<br />

Die weißen Kalkfelsen bei Pamukkale<br />

Beim Besuch eines Gymnasiums in Bursa<br />

17


Leserbrief<br />

„Wertungen anstelle abgesicherter Aussagen“<br />

Alter + Ruhestand<br />

Betr.: Leserbrief zu „Forschungsprojekt<br />

Schulen“ in der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

11/2002<br />

In meinem Aufsatz in der <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

10/02 versuchte ich zu verdeutlichen,<br />

dass die Qualität von Schule in<br />

der Zukunft davon abhängig ist, ob es<br />

gelingt, den Betroffenen mehr Selbstverantwortung<br />

bei begrenzter Selbstständigkeit<br />

zu geben und der Einzelschule<br />

als System einen größeren Handlungsspielraum<br />

zu eröffnen. Die Kenntnis<br />

der Einstellungen zu verschiedenen<br />

Schulrealitätsbereichen könnte helfen,<br />

so meine Überzeugung, Verständnis<br />

und Hilfen bei der Neugestaltung eines<br />

Systems der Qualitätsentwicklung<br />

in den verschiedenen Ebenen des Schulsystems<br />

zu entwickeln.<br />

Diesen grundlegenden Ansatz hat Jörg<br />

Pfeiffer nicht verstanden. Statt dessen<br />

setzt er gegenüber abgesicherten detaillierten<br />

Fakten seine eigene Meinung mit<br />

teils spöttischen Aussagen wie „.. weiß<br />

ich über Schulqualität Bescheid,<br />

allerdings nicht im Sinne des Autors“<br />

oder: „ .. mich nicht überzeugen, dass<br />

sich die Untersuchung an der Schulrealität<br />

orientiert hätte“, oder: „mehr<br />

Altern und Gesundheit<br />

Zu einer gemeinsamen Tagung der<br />

<strong>GEW</strong> Bezirksseniorenausschüsse<br />

Rheinhessen-<strong>Pfalz</strong>, Koblenz und<br />

Trier hatte Landesseniorenvorsitzender<br />

Edmund Theiß nach Neuwied<br />

eingeladen.<br />

Annette Seim, Neuwied, hatte ein<br />

Programm erstellt, das nach der Abarbeitung<br />

gewerkschaftlicher Themen<br />

einen zweistündigen Stadtrundgang<br />

vorsah. Dabei erfuhren die 20<br />

TeilnehmerInnen Interessantes aus<br />

der Geschichte des Fürstenhauses zu<br />

Wied, bestaunten sehenswerte Bauwerke<br />

aus verschiedenen Stilepochen,<br />

bestiegen den Deich gegen das Hochwasser<br />

des Rheins und besuchten das<br />

Stadtviertel der „Herrenhuter Brüdergemeinde“<br />

mit seiner schlichten,<br />

aber eindrucksvollen Kirche.<br />

„Bodenhaftigkeit“ und „messianische<br />

Einschätzung des Gestaltungspotentials<br />

der Schulräte“, „Wunschdenken statt<br />

Realität“. Eine abgewogene argumentengestützte<br />

Gegenposition fehlt. Diese<br />

wäre zur Zeit umso nötiger, als Veränderungen<br />

in der Schule nach den Ergebnissen<br />

verschiedener Testserien wie<br />

TIMSS, MARKUS und PISA eher auf<br />

der Grundlage von Fakten anstelle von<br />

privaten Meinungen zu erwarten sind.<br />

Ziel des Forschungsprojektes war es,<br />

Einstellungen zu verschiedenen Aspekten<br />

des Autonomiegedankens zu erheben<br />

und in Zusammenhänge einzuordnen.<br />

Natürlich müssen die Ergebnisse<br />

auch bewertet werden. Dies geschieht<br />

in meiner Dissertation jeweils am Ende<br />

der Teilkapitel. Ein Beispiel: Kontrolle<br />

ist norma-lerweise bei allen Gruppen<br />

des Schulsystems - auch bei SchulrätInnen<br />

- mit negativen Emotionen besetzt.<br />

Da stimme ich dem Verfasser zu. Ich<br />

stelle aber auch fest: „Wir schließen<br />

daraus, dass bei 48 % der LehrerInnen<br />

die Einsicht in die Notwendigkeit<br />

vorhanden ist, Eingriffe von Seiten der<br />

Schulaufsicht in den Unterricht zu ermöglichen,<br />

wenn der Lehrer durch<br />

Auch die Kreisvorsitzende Waltraud<br />

Heckmann ließ es sich nicht nehmen,<br />

die SeniorenvertreterInnen zu<br />

begrüßen, den gesamten Vormittag<br />

an der Tagung teilzunehmen und die<br />

Gäste zum Abschluß noch zu Kaffee<br />

und Kuchen einzuladen.<br />

Im gewerkschaftlichen Teil der Tagung<br />

informierte Edmund Theiß die<br />

Teilnehmer über<br />

• Abtretung der Abschlagszahlung<br />

bei stationärem Aufenthalt an das<br />

Krankenhaus<br />

• Gewährung von Beihilfen für<br />

Wahlleistungen gegen Zahlung eines<br />

monatlichen Beitrags<br />

• Gesundheit im Alter (Bericht über<br />

ein Seminar in Göttingen)<br />

• Neues Tarifsystem der „Deutschen<br />

Bahn AG“ ab 15.12.2002<br />

Nachlässigkeit und Exzentrizität beginnt,<br />

die Schüler zu schädigen.“ (Dissertation,<br />

S. 230)<br />

Es wäre deshalb besser, den Begriff der<br />

„Kontrolle“ in unserem Zusammenhang<br />

durch den der internen und externen<br />

Evaluation zu ersetzen. Damit<br />

wäre ihm der Charakter einer Eingriffsverwaltung<br />

genommen. Dass der für<br />

das Bildungssystem verantwortliche<br />

Staat auf die Gestaltung des Schulwesens<br />

durch Vorgaben und Prüfung der<br />

Einhaltung derselben nicht verzichten<br />

kann, erscheint einsichtig. Die angemahnte<br />

fehlende „Bodenhaftung“ im<br />

Bezugsartikel wird gerade dadurch hergestellt,<br />

dass sehr detailliert die originale<br />

Meinung der betroffenen LehrerInnen,<br />

SchulleiterInnen und SchulrätInnen<br />

erhoben wurde.<br />

Ich bin der Auffassung, dass die Landesregierung<br />

ihre Einsparpolitik in der<br />

Schulverwaltung und in der Schule<br />

endlich beenden muss, dass der Anteil<br />

der Bildungsausgaben am Bruttosozialprodukt<br />

erhöht und über eine Strukturreform<br />

nachgedacht werden sollte.<br />

Doch dies war nicht Thema meiner<br />

Arbeit. (...)<br />

Kurt Biehler, Bellheim<br />

Da alle Kreisverbände in Rheinhessen/<strong>Pfalz</strong>,<br />

die einen Seniorenvertreter<br />

gemeldet haben, in den letzten<br />

10 Jahren schon eine Tagung ausgerichtet<br />

haben (ein- oder dreitägig),<br />

erklärten sich Liselotte Ludwig und<br />

Walter Edinger aus dem Donnersbergkreis<br />

bereit, erneut die Organisation<br />

für die dreitägige Zusammenkunft<br />

2003 zu übernehmen. Diese<br />

Tagung wird im Bereich des Kreisverbands<br />

Alzey-Worms stattfinden.<br />

Es sollte jedoch möglich sein, dass<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> alle Kreisverbände<br />

einen Seniorenvertreter benennen.<br />

Vielleicht klappt’s ja noch.<br />

Ich wünsche allen SeniorInnen in<br />

unserem Landesverband ein friedvolles<br />

Weihnachtsfest und ein glückliches,<br />

vor allem gesundes neues Jahr<br />

2003.<br />

Edmund Theiß<br />

18 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />

im Januar 2003<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Herrn Ottmar Ernst Koch<br />

08.01.1933<br />

Spelzenhofstr. 31 · 67678 Mehlingen<br />

Frau Rea Keidel<br />

12.01.1933<br />

Staffelstr. 12 · 67292 Kirchheimbolanden<br />

Herrn Otto Steeg<br />

19.01.1933<br />

Bergstr. 6 · 56357 Oelsberg<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Aribert Schäfer<br />

04.01.1928<br />

Driescheider Weg 31 · 57610 Altenkirchen<br />

Herrn Günter Brandt<br />

08.01.1928<br />

Neuer Weg 11 · 57642 Alpenrod<br />

Herrn Herbert Reiss<br />

10.01.1928<br />

Deidesheimer Str. 23 · 67067 Ludwigshafen<br />

Herrn Richard Schuch<br />

15.01.1928<br />

Sponheimer Weg 2 · 55765 Birkenfeld<br />

Herrn Heinz R. Anhäusser<br />

21.01.1928<br />

Goethestr. 15 · 67435 Neustadt<br />

Herrn Manfred Keiling<br />

21.01.1928<br />

In der Sommerbach 7 · 56368 Klingelbach<br />

Herrn Werner Kast<br />

25.01.1928<br />

Friesenstr. 10 · 67063 Ludwigshafen<br />

Frau Annelies Reichenauer<br />

31.01.1928<br />

Pestalozzistr. 28 · 56567 Neuwied<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herrn Helmut <strong>Pfalz</strong><br />

01.01.1923<br />

Holbeinstr. 48 · 55543 Bad Kreuznach<br />

Frau Ruth Schoner<br />

06.01.1923<br />

Rich.-Wagner-Str. 7 · 67655 Kaiserslautern<br />

Herrn Alfred Schank<br />

15.01.1923<br />

Donnersbergstr. 3 · 67294 Morschheim<br />

zum 85. Geburtstag<br />

Herrn Theodor Schütz<br />

18.01.1918<br />

An der Russhütte 13 · 67468 Frankenstein<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

zum 91. Geburtstag<br />

Frau Meta Keller<br />

13.01.1912<br />

Merzheimer Hauptstr. 28 · 76829 Landau<br />

Frau Justine Kröhle<br />

17.01.1912<br />

Muskatellerweg 9 · 55291 Saulheim<br />

im Februar 2003<br />

zum 70. Geburtstag<br />

Herrn Tony Heymann<br />

19.02.1933<br />

Hauptstr. 20 · 56370 Eisighofen<br />

Herrn Daniel Chatziiliadis<br />

23.02.1933<br />

Kurze Str. 1 · 67063 Ludwigshafen<br />

zum 75. Geburtstag<br />

Herrn Karl Andre<br />

11.02.1928<br />

Kirchstr. 14 · 76833 Knöringen<br />

Herrn Karl Storck<br />

13.02.1928<br />

Hauptstr. 28 · 76833 Walsheim<br />

Frau Gertrud Schläfer<br />

23.02.1928<br />

Joh.-Schwebel-Str. 28 · 66482 Zweibrücken<br />

Herrn Paul Schrupp<br />

29.02.1928<br />

Kneippstr. 1 · 65549 Limburg<br />

zum 80. Geburtstag<br />

Herrn Helmut Guthmann<br />

11.02.1923<br />

Spelzengasse 14 · 65474 Bischofsheim<br />

Herrn Heinz Halbe<br />

19.02.1923<br />

Ulandstr. 5 · 67677 Enkenbach-Alsenborn<br />

zum 87. Geburtstag<br />

Frau Elisabeth Herres<br />

12.02.1916<br />

Breitestr. 68 · 56626 Andernach<br />

zum 90. Geburtstag<br />

Frau Anna Dickes<br />

06.02.1913<br />

Pfarrgasse 35 · 55234 Flomborn<br />

Alter + Ruhestand<br />

Der Landesvorstand<br />

19


<strong>GEW</strong>-intern<br />

<strong>GEW</strong> Trier vergibt Preis für<br />

kreativen Unterricht<br />

Am Rednerpult:<br />

Dr. Peter Mertes,<br />

ADD Trier<br />

(oben), Sylvia<br />

Sund für den<br />

<strong>GEW</strong>-Landesverband<br />

(Mitte)<br />

sowie Peter Heisig,<br />

<strong>GEW</strong>-Trier<br />

(unten).<br />

Alle Fotos: Bernhard<br />

Clessienne<br />

Schon im Frühsommer hatte die<br />

<strong>GEW</strong> Trier bei den LehrerInnen aller<br />

Schularten Preise für Kreativen<br />

Unterricht ausgeschrieben. Denn in<br />

Zeiten tiefgreifender Umbrüche<br />

und weitreichender gesellschaftlicher<br />

Veränderungen kann eine Gewerkschaft<br />

nicht nur einseitig vordrängende<br />

Interessen ihrer Mitglieder<br />

durchsetzen wollen, vielmehr<br />

gilt es im Zusammenhang aller an<br />

der Schule beteiligten Kräfte gute<br />

Arbeitsbedingungen sowohl für<br />

SchülerInnen als auch für die dort<br />

tätigen LehrerInnen zu finden.<br />

Ziel des Preisausschreibens war es,<br />

sowohl die Lernbedingungen zu verbessern<br />

und durch kreative Arbeitsansätze<br />

die Arbeitszufriedenheit der<br />

beteiligten Lehrer und Lehrerinnen<br />

deutlich zu erhöhen.<br />

Nach der Veröffentlichung der Bildungsstudie<br />

PISA bläst den deutschen<br />

Schulen, LehrerInnen und<br />

auch SchülerInnen der Wind in Gesicht,<br />

aber es gilt nicht zu resignieren,<br />

sondern positive Beispiele vorzustellen<br />

und vermehrt zu verwirklichen.<br />

Dies ist der <strong>GEW</strong> im Bezirk<br />

Trier nachhaltig gelungen. Sie hat<br />

aus den unterschiedlichsten Schulformen<br />

sechs preiswürdige Projekte<br />

gefunden, die den Schülerinnen und<br />

Verdienstorden des Landes<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> für<br />

Erika Schmitt-Neßler<br />

Schülern, aber auch den Eltern und<br />

Lehrern Spaß an Schule machen.<br />

Die Preisverleihung im großen Saal<br />

des Kurfürstlichen Palais der ADD<br />

hat dies eindrucksvoll bewiesen. Zu<br />

den Klängen der Schülerband SMO<br />

aus Saarburg konnten die Projekte<br />

der Grundschule Altrich, der<br />

Grundschule Hillesheim, der Astrid-<br />

Lindgren-Schule Prüm, der<br />

Deutschherren-Schule Trier, der<br />

Alois-Thomas-Schule Klotten und<br />

der Grundschule Osann-Monzel<br />

ausgezeichnet werden. Auch der<br />

ADD-Präsident Dr. Mertes war mit<br />

dem Ergebnis zufrieden. Er bedankte<br />

sich ausdrücklich für Ideenreichtum<br />

und Kreativität im Unterricht<br />

und animierte leidenschaftlich zum<br />

Ausprobieren neuer Lehr- und Lernformen.<br />

Die Dokumentation mit den Projekten<br />

aller Preisträger, aus der Teile in<br />

der nächsten <strong>GEW</strong>-Zeitung veröffentlicht<br />

werden, kann angefordert<br />

werden bei:<br />

LET der <strong>GEW</strong>, Roonstr.4, 54292<br />

Trier, Tel. 0651 / 2 38 33, Fax 0651<br />

/ 140 247, e-mail. LET@gewtrier.de<br />

Die Dokumentation wird auch ins<br />

Netz gestellt unter:<br />

www.gew-trier.de<br />

Peter Heisig<br />

Für ihre vielfältigen Verdienste in der Gewerkschafts- und Personalratsarbeit wurde<br />

die stellvertretende <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende Erika Schmitt-Neßler am 20. November<br />

von Ministerpräsident Kurt Beck mit dem Verdienstorden des Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

ausgezeichnet.<br />

20 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Kalle im Wingert<br />

Kalle, ein vielleicht<br />

zehnjähriger Junge,<br />

zieht von Berlin in ein<br />

rheinhessisches Winzerdorf.<br />

Er ist ein typischesGroßstadtgewächs<br />

und hat deshalb<br />

keine Ahnung vom Leben<br />

auf dem Lande,<br />

vom Wechsel der Jahreszeiten<br />

und natürlich<br />

auch nicht vom Winzern.<br />

Da er aber die<br />

gleichaltrige Mia in der<br />

Schule kennen lernt<br />

sowie auch ihren Opa<br />

Erwin, der Winzer ist,<br />

ändert sich dies sehr<br />

rasch.<br />

Diese Geschichte aus dem schön<br />

gestalteten Band „Kalle im Wingert“<br />

von Antje Fries und Maike Müller<br />

(Leinpfad-Verlag) beginnt im Januar<br />

und endet im Januar des darauf<br />

folgenden Jahres. Kalle lernt so alle<br />

Arbeiten kennen, die ein Winzer im<br />

Laufe des Jahres im Weinberg und<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

im Keller zu leisten hat. Aber nicht<br />

nur, wie die Arbeit heute getan wird,<br />

erfahren Kalle und die LeserInnen.<br />

Opas Fotosammlung zeigt auch, wie<br />

sich die Arbeit in den letzten 50 Jahren<br />

verändert hat. Die Gegenüberstellung<br />

- Gegenwart als Zeichnung,<br />

Vergangenheit im vergilbten Foto -<br />

machen das Buch fast zu einem „Bilderbuch“,<br />

bei dem man den Text<br />

unbedingt lesen will, um noch mehr<br />

über den abgebildeten Vorgang zu<br />

erfahren. In Zeiten von PISA und<br />

nachgewiesener Leseschwäche und<br />

Leseunlust ein nicht zu unterschätzendes<br />

Qualitätsmerkmal.<br />

Die schweren Arbeitsbedingungen<br />

der Winzer in der Vergangenheit vermittelt<br />

der Opa so ganz nebenbei,<br />

wenn er die Fotos erklärt. Auch der<br />

ökologische Weinbau wird ganz unaufdringlich<br />

angesprochen. Die<br />

mundartlichen Begriffe aus der Arbeit<br />

der Winzer werden durch lustige<br />

Missverständnisse einprägsam vermittelt.<br />

All das geschieht ganz selbstverständlich<br />

in der Geschichte, in der<br />

Mia versucht, das Großstadtgewächs<br />

Kalle zu einem echten Rheinhessen<br />

zu machen.<br />

Pädagogisches Material zu Frankreich<br />

Seit dem 7. Oktober 2002 bietet der<br />

Sender ARTE einen online-Service<br />

auf Abonnement an: http://<br />

www.arte-scope.com. In ARTE Scope<br />

sind zu finden: Informationsquellen<br />

über Frankreich (Filmskripte von<br />

auf ARTE ausgestrahlten Reporta-<br />

Personalentwicklung in Schulen<br />

Konzepte, Praxisbausteine und Methoden<br />

bietet das neue Buch „Personalentwicklung<br />

in Schulen“ aus dem<br />

Beltz-Verlag, und damit passt es<br />

bestens zu den aktuellen Bedürfnissen<br />

von Schulleitungen und Kollegien.<br />

Wieso eigentlich Personalentwicklung?<br />

Brauchen wir sowas auch?<br />

Damit befasst sich der Theorie-Teil<br />

des Buchs, bevor es um konkrete<br />

Ansätze zur Personalförderung geht,<br />

zum Teil mit kopierbaren Arbeitsblättern<br />

bzw. Fragebögen für die Arbeit<br />

mit Einzelnen oder ganzen Kollegien.<br />

Ein dritter Teil skizziert Voraussetzungen<br />

für lohnenswerte Per-<br />

gen, journalistische Artikel, ein Glossar<br />

von Fachausdrücken aus dem<br />

audiovisuellen Bereich, pädagogisches<br />

Material (Auswertung der im<br />

Fernsehen gesendeten Beiträge, Analyse<br />

von gesellschaftsbezogenen Themen,<br />

Sprachübungen und Einfü-<br />

sonalentwicklung und zeigt auch<br />

ihre Grenzen auf. Ziel der Autoren<br />

C.G. Buhren und H.G Rolff ist es,<br />

die LeserInnen zu inspirieren, mit<br />

dem einen oder anderen Vorhaben<br />

an ihrer Schule zu beginnen, ob es<br />

nun ein Jahresgespräch oder eine<br />

„Lernpartnerschaft“ sei. Dazu mei-<br />

Tipps + Termine<br />

Beim Betrachten und Lesen des Buches<br />

schloss auch die Schreiberin dieser<br />

Zeilen einige Wissenslücken und<br />

außerdem fühlte sie sich durch<br />

„Opas Fotos“ auf angenehme Weise<br />

an ihre eigene Kinderzeit erinnert.<br />

Den Autorinnen ist es gelungen, ein<br />

hoch informatives und trotzdem sehr<br />

unterhaltsames Sachbuch für Kinder<br />

zu gestalten, das hilft, Vorgänge in<br />

unserer nächsten Umgebung zu verstehen.<br />

Und da nicht nur Berliner<br />

Kinder keine Ahnung vom Wein<br />

machen, vom Leben auf dem Land<br />

und von den Jahreszeiten haben, sollte<br />

das Buch künftig in keiner rheinland-pfälzischenGroßstadtgrundschule<br />

fehlen. Ein Klassensatz sollte<br />

zur Pflichtausstattung jeder SchülerInnenbücherei<br />

gehören.<br />

U.K<br />

Antje Fries /Maike Müller und Illustrationen<br />

von Carolin Klein: Kalle<br />

im Wingert. Von Ausbrechern, einem<br />

Lesekönig und verschwundenen Rebläusen,<br />

Leinpfad-Verlag, Leinpfad 5,<br />

55218 Ingelheim 2002, 11,50 Euro<br />

gung des Erlernten in einen Kontext).<br />

Der Inhalt ist in folgende Rubriken<br />

unterteilt: „Internet dans votre<br />

métier“, „L’audiovisuel en classe“<br />

und „Langue & Civilisation Française“.<br />

ARTE Scope erscheint 14-tägig und<br />

hat somit immer einen aktuellen<br />

Bezug.<br />

pm<br />

nen sie aufmunternd mit Hartmut<br />

von Hentig: „Die Schritte können<br />

klein sein, wenn das Konzept nur<br />

groß ist“. (tje)<br />

C.G. Buhren/H.G.Rolff: Personalentwicklung<br />

in Schulen. Beltz: Weinheim<br />

2002.<br />

Hinweis zur Beitragsquittung für das Jahr 2002<br />

Die Beitragsquittung für das Jahr 2002 erhalten alle Mitglieder mit der<br />

Februarausgabe 2003 der <strong>GEW</strong>-Bundeszeitung Erziehung und Wissenschaft.<br />

Sie befindet sich dort auf der zusammengeklebten Rückseite (Datenschutz).<br />

Ihre <strong>GEW</strong>-Mitgliederverwaltung<br />

21


Tipps + Termine<br />

Ein Buch verändert die Schule<br />

Zu Beginn des Schuljahres 2002/<br />

2003 schenkte die Stiftung CIVIL-<br />

COURAGE jeder der 16.200 allgemeinbildenden<br />

und berufsbildenden<br />

Schulen das neue ARENA-Taschenbuch<br />

„Zivilcourage JETZT“!<br />

Damit das neue Buch sein Ziel erreichen<br />

möge, wird es von einer Beilage<br />

begleitet, in der unter dem<br />

Stichwort „Liebe und Struktur“ die<br />

beiden Pole angesprochen werden,<br />

zwischen denen sich Erziehung heute<br />

abspielen muss:<br />

• Jeder Mensch braucht die Sicherheit,<br />

geliebt zu werden und braucht<br />

• ebenso dringend Riten, Grenzen,<br />

Selbst- und Sozialverantwortung.<br />

Um dies praktisch umzusetzen, haben<br />

sich die drei Herausgeber des<br />

Buches - Anne und Reiner Engelmann<br />

und Otto Herz - etwas Besonderes<br />

einfallen lassen:<br />

Sie geben den Lehrerinnen und Lehrern<br />

nicht nur ein druckwarmes<br />

Lese-Exemplar in die Hand, sondern<br />

dazu gleich drei konkrete Kopiervorlagen<br />

zu den drei wohl wichtigsten<br />

Beiträgen aus dem Buch, damit Sie<br />

als Lehrerinnen und Lehrer gleich<br />

starten können.<br />

Und: sie stellen ihnen eine kleine<br />

Handbibliothek verwandter Bücher<br />

aus verschiedenen Verlagen zusammen,<br />

die in jeweils einem Exemplar<br />

in jeder Klassenbücherei stehen sollten.<br />

Das Buch ist nicht – wie sonst üblich<br />

– eine Sammlung gut gemeinter<br />

Beiträge, sondern etwas ganz Erstaunliches:<br />

Teil eines Konzepts, die<br />

Schule für die Diskussion über Meinungsfreiheit,<br />

Menschenrechte, Demokratie<br />

und Gerechtigkeit zu gewinnen.<br />

- „Erfurt“ und PISA sind<br />

Pole, zwischen denen Veränderung<br />

stattfinden muss.<br />

Dabei kann dieses Buch ganz konkret<br />

helfen:<br />

• In dem Beitrag von Hartmut Hein<br />

wird die Geschichte der Zivilcourage<br />

von der Steinzeit bis zur Gegenwart<br />

geschildert – mit fiktiven, aber<br />

durchaus möglichen Ereignissen und<br />

ganz konkreten historischen Figuren<br />

wir der erstaunlichen Kämpferin<br />

Olympe de Gouges in der Französischen<br />

Revolution. Schon der Ansatz<br />

reizt dazu, daraus ein Klassenprojekt<br />

zu machen. Die Erde bewirbt sich<br />

Plädoyer für eine neue Familienkultur<br />

Susanne Mayer ist Redakteurin der<br />

ZEIT und mehrfach ausgezeichnete<br />

Journalistin (u.a. EMMA-Journalistinnenpreis).<br />

Mit ihrem gerade<br />

erschienenen Buch „Deutschland<br />

armes Kinderland“ hält sie ein engagiertes<br />

Plädoyer für einen radikalen<br />

Umbruch in der Gesellschaft,<br />

um den gesellschaftlichen Kollaps zu<br />

verhindern. Sie verlangt eine ganz<br />

neue Familienkultur: massive Privilegien<br />

für Familien, volle Bürger-<br />

rechte für Kinder, den radikalen<br />

Umbau des Sozialsystems oder bezahlte<br />

Elternzeit.<br />

In Deutschland leben über 50 Prozent<br />

der Menschen in Single-Haushalten<br />

und müssen ihr Einkommen<br />

nicht teilen, wer aber ein oder gar<br />

mehrere Kinder groß zieht, gelangt<br />

ganz schnell an finanzielle Grenzen.<br />

Zwar predige die Politik über die<br />

Bereicherung durch Kinder, in der<br />

Realität lasse sich dies in Deutsch-<br />

Rechtsschutz:<br />

Bei Morddrohung fristlose Kündigung<br />

Wer Vorgesetzten im Streit mit Mord<br />

droht, darf fristlos entlassen werden.<br />

Dem Arbeitgeber ist die Weiterbeschäftigung<br />

solcher Mitarbeiter bis<br />

zum Ablauf der Kündigungsfrist<br />

nicht zuzumuten.<br />

Landesarbeitsgericht <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong>, Urteil vom 27. März 2002 -<br />

10 Sa 1111/01<br />

um einen Sitz im Rat der UPO (Vereinte<br />

Planeten) und muss nun ihre<br />

Eignung nachweisen.<br />

• Bewegend der Beitrag des Journalisten-Ehepaares<br />

Schröder über das<br />

Holocaust-Mahnmal der Kinder der<br />

Middle-School in der 1.600-Seelen-<br />

Gemeinde Whitwell in Tennessee:<br />

Dort steht auf dem grünen Rasen ein<br />

Original-Reichsbahn-Waggon (mit<br />

dem früher Juden wie Vieh in die<br />

Vernichtungslager transportiert wurden),<br />

gefüllt mit 11 Millionen Büroklammern,<br />

die die Kinder der<br />

Schule in der ganzen Welt für dieses<br />

Mahnmal gesammelt haben.<br />

In zahlreichen weiteren Bausteinen<br />

wird für Zivilcourage geworben - bis<br />

hin zu dem Bericht über die Auszeichnung<br />

der Schülerinnen und<br />

Schüler der Gesamtschule Essen-<br />

Holsterhausen für erwiesene Zivilcourage<br />

in deren Alltag: zum Nachund<br />

Bessermachen.<br />

pm<br />

„Zivilcourage JETZT!“, Rainer und<br />

Anne Engelmann / Otto Herz<br />

(Hrsg), Arena-Taschenbuch, Band<br />

2081, ISBN 3-401-02081-1, Würzburg<br />

2002, Originalausgabe, 144 S,<br />

6,50 Euro<br />

land aber nicht erleben. Vor allem<br />

junge, gebildete Frauen entschieden<br />

sich daher immer seltener für das<br />

„Risiko Kind“.<br />

Susanne Mayer kritisiert die finanzielle<br />

Benachteiligung der Familie:<br />

Ausbildungskosten sind nicht steuerlich<br />

absetzbar, Arbeitszimmer<br />

schon. Die Subventionen für zwei<br />

monatliche Theaterkarten sind höher<br />

als das Kindergeld. Doch Mayers<br />

Buch klagt nicht nur an, es zeigt<br />

auch Auswege auf, das nennt sich<br />

hier „Brutstätten schaffen, Kraftwerke<br />

gründen, Netze spinnen“. Und<br />

ganz zum Schluss hat die Autorin<br />

auch noch „Zehn dumme Sprüche<br />

zum Thema Familie und was man<br />

entgegnet“ zu bieten: Blödsinn wie<br />

„Kinder sind Privatsache“ oder<br />

„Glück ist Lohn genug“ wird schön<br />

frech pariert und gleichzeitig sachlich<br />

widerlegt. (tje)<br />

Susanne Mayer: Deutschland armes<br />

Kinderland. Eichborn: Frankfurt<br />

2002. 17,90 Euro.<br />

22 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


Kreis Neuwied<br />

Ein Stück Heimat<br />

Der <strong>GEW</strong>-Kreis Neuwied traf sich zu einer Mitgliederversammlung aus<br />

besonderem Anlass: Langjährige Mitglieder sollten geehrt werden. Nach<br />

einer kurzen Begrüßung durch die Kreisvorsitzende Waltraud Heckmann,<br />

gab der Bezirksvorsitzende Achim Wagner einen kurzen Überblick über<br />

die bildungspolitischen Entwicklungen im Land, insbesondere über die<br />

neue Ausbildungsverordnung für Lehrerinnen und Lehrer. Danach wurden<br />

Mitglieder für langjährige aktive Mitarbeit in der Gewerkschaft geehrt:<br />

Über 50 Jahre in der <strong>GEW</strong> sind die Kollegen Johannes Drewig und<br />

Karl-Heinz Frankhäuser, beide waren auch schon Kreisvorsitzende, Kollege<br />

Frankhäuser arbeitet noch immer im Arbeitskreis für Jugendschriften<br />

der <strong>GEW</strong> mit. Übrigens sucht er eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger<br />

für diese Arbeit. 50 Jahre Mitglied ist Kollege Rolf Meissner, er<br />

arbeitete lange Jahre als Schriftführer im Kreisverband. Für 45 Jahre Mitgliedschaft<br />

wurde Kollege Alfred Kurz geehrt. Die Ehrung nahm Achim<br />

Wagner vor. Er überreichte Ehrenurkunden und jedem das <strong>GEW</strong>-Erinnerungsbuch<br />

„…wie es damals war“.<br />

Beim gemütlichen Teil der Veranstaltung erzählten alle KollegInnen aus<br />

ihrer Junglehrerzeit. Zwei Kollegen traten ihren Dienst kurz nach dem<br />

Krieg an. Weil der Dienstort in der französischen Besatzungszone lag,<br />

mussten sie ihre schon bestandene 1. Lehrerprüfung noch einmal bei den<br />

Franzosen in Andernach wiederholen. Alle meinten, die <strong>GEW</strong> sei ein<br />

Stück Heimat für sie, selbst wenn sie sich schon einmal über sie geärgert<br />

hätten. Kollege Kurz erinnerte an sie stürmischen siebziger Jahre im Kreisverband<br />

Neuwied. Annette Seim<br />

Kreis Zweibrücken<br />

„Heißer Herbst“ in Zweibrücken<br />

Mit mehreren Veranstaltungen bot der Kreisverband Zweibrücken seinen<br />

Mitgliedern einen „heißen Herbst“. Den Auftakt dazu bildete eine<br />

Schulung von Personalräten aus dem Kreis im „Auerbacher Hof“ in Zweibrücken.<br />

Weiterhin fand in der Zweibrücker Canada-Schule eine umfassende<br />

Information zum Thema „Altersvorsorge und Riester-Rente“ statt.<br />

Peter Blase-Geiger vom Regionalbüro Süd in Kaiserslautern referierte und<br />

diskutierte in der Niederauerbacher Hilgardschule über Kindertagesstätten.<br />

Kollege Klaus Bundrück informierte die zahlreich erschienenen PersonalvertreterInnen<br />

aus dem Kreis über deren Mitbestimmung bei der Erstellung<br />

der Gliederungspläne. Aufgrund von Rückfragen äußerte er sich<br />

dabei auch zur Praxis der schulscharfen Stellenausschreibung. Hinsichtlich<br />

des Gliederungsplans betonte Bundrück, dass dessen Erörterung<br />

Gremienrecht sei, mithin der gesamte örtliche Personalrat und nicht nur<br />

dessen Vorsitzende/r in die Erörterung eingebunden werden müsse. Ferner<br />

müsse der ÖPR durch die Schulleitungen in Sachen Gliederungsplan<br />

umfassend, kontinuierlich und rechtzeitig informiert werden, damit<br />

das Gremium noch Einfluss auf die Gestaltung nehmen könne. Claus<br />

Schehl, beim Bildungsministerium für die Entwicklung elektronischer<br />

Schulstatistik zuständig, referierte über die elektronische Bearbeitung der<br />

Schul-Statistiken. Am Nachmittag informierte Kollegin Hildegard Knauf<br />

über das Procedere bei den Vierteljahresgesprächen zwischen Schulleitung<br />

und örtlichem PR.<br />

<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002<br />

Kreis Worms-Alzey-Frankenthal<br />

Gefragte Altersteilzeit<br />

Kreis + Region<br />

„Die Riester-Rente ist kompliziert, muss das aber auch sein, da im entsprechenden<br />

Gesetz die unterschiedlichsten Berufswege und Familiensituationen<br />

aufgefangen werden müssen“, verteidigte Kollege Peter Haun<br />

das Konzept zur Altersvorsorge des ehemaligen Arbeitsministers. Kollege<br />

Klaus Bundrück wartete mit einigen Neuerungen zum Beamtenversorgungsrecht<br />

auf. Für den Versicherer Debeka erläuterte Michael Brunck<br />

das Angebot „Das Renten-Plus“, das bei hoher Rentabilität DGB-Mitgliedern<br />

kostengünstig eine Möglichkeit zusätzlicher Altersvorsorge bieten<br />

soll.<br />

„Das Kindertagesstätten-Gesetz vorwärts und rückwärts“, wie Peter Blase-Geiger<br />

es beschreibt, war Gegenstand einer ganztägigen Fortbildungsveranstaltung<br />

des Gewerkschaftssekretärs in der Zweibrücker Hilgardschule.<br />

Ein Grundlagenseminar für ErzieherInnen, das gut angenommen<br />

wurde. Anhand praxisbezogener Beispiele wurden für die Arbeit in Kitas<br />

wesentliche Passagen des Gesetzes, etwa die Zusammenarbeit mit dem<br />

Elternausschuss, erläutert. Besonders lobte Peter Blase-Geiger die angenehme<br />

Atmosphäre der Veranstaltung, nicht zuletzt das Verdienst von<br />

Schulleitung und Hausmeister der Hilgardschule, die ihre Gäste bestens<br />

versorgten. ar<br />

Ein Dauerbrenner in den Gesprächen in vielen Lehrerzimmern ist das<br />

Thema „Altersteilzeit“.<br />

Annähernd einhundertfünfzig Kolleginnen und Kollegen in Alzey,<br />

Frankenthal und Worms wollten mehr darüber wissen und nahmen an<br />

den jeweiligen Informationsveranstaltungen des Kreisverbands Worms-<br />

Alzey-Frankenthal zu dieser Thematik teil. Kreisvorsitzender Jörg Pfeiffer<br />

gab interessierten KollegInnen während dieser Veranstaltung vielfältige<br />

Informationen und Hilfen zur Sache. Dabei setzte er stets gekonnt<br />

trockene Zahlen und Gesetzestexte mittels moderner Technik in leicht<br />

verständliche Computer-Animationen um. Die sehr zufriedenen TeilnehmerInnen<br />

konnten auch selbst eine Berechnung ihrer individuellen Eckdaten<br />

durchführen und weiteres Informationsmaterial mit nach Hause<br />

nehmen.<br />

aw<br />

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23


<strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Beilage zur E&W<br />

Weihnachtsgeist<br />

Weihnachtsmärchen 2002<br />

Es war einmal ein König, Kurt II., der<br />

regierte sein Reich mit sicherer Hand.<br />

Was er befahl, das wurde umgesetzt,<br />

und so machte er vor seinen Kollegen<br />

am Königs-Stammtisch stets einen guten<br />

Eindruck.<br />

Wie er allein mit der Ausbildung neuer<br />

Untertanen umging, bewundernswert!<br />

Fast hundert Prozent Unterrichtsabdeckung,<br />

das sollte ihm erstmal ein<br />

Kollege nachmachen. Aber dafür hatte<br />

er sich ja auch eine Unterrichtsministerin<br />

verdingt, die Tag und Nacht arbeitete,<br />

um ihr Soll zu erfüllen. Was<br />

König Kurt nicht wusste, war, dass die<br />

Ärmste nahezu täglich beim obersten<br />

Kämmerer vorsprach, um ihren Etat erhöht<br />

zu bekommen, denn die Lehrer<br />

des Landes waren nicht gewillt, nur für<br />

die Ehre ihr Wissen weiterzugeben. Der<br />

Kämmerer ließ sie jedoch zappeln, denn<br />

er wusste, sie würde ihm jederzeit zu<br />

Gefallen sein: Jung an Jahren, könnte<br />

sie es sich niemals leisten, in Ungnade<br />

zu fallen, sonst bliebe ihr nur noch<br />

der Ausweg, ins Reich der Müßiggänger<br />

zu ziehen, regiert<br />

von König Florian.<br />

Nach ihrem letzten<br />

Kniefall gab der<br />

Kämmerer ein<br />

kleines bisschen<br />

nach: Er wusste ja, König Kurt<br />

war stolz darauf, dass die<br />

jungen Untertanen nun<br />

vielerorts den ganzen<br />

Tag über in<br />

den Genuss<br />

der staatlichenBildung<br />

kamen,<br />

da durfte er sich nicht lumpen<br />

lassen. Also bewilligte<br />

er der Unterrichtsministerin<br />

einen<br />

Sack<br />

reinen<br />

Goldes,<br />

und sie machte sich<br />

mit ihren Vasallen sogleich daran,<br />

es auszugeben: Nahezu zweihun-<br />

<strong>GEW</strong> <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Neubrunnenstraße 8 · 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-28988-0 • FAX 06131-28988- 80<br />

E-mail: <strong>GEW</strong>@<strong>GEW</strong>-RLP.de<br />

dert Untertanen konnte sie gewinnen,<br />

die bereit waren, die Jugend des Landes<br />

eigennützig zu fördern:<br />

Früher einmal studierten Töchter und<br />

Söhne aus mindestens mittelgutem<br />

Hause ewig und drei Tage, weil ihnen<br />

auch gar nichts anderes eingefallen<br />

wäre, als irgendwann das Lehramt zu<br />

erreichen. Nun aber meldete sich eine<br />

Schulsekretärin freiwillig und unterrichtete<br />

mit allen Pflichten einer Lehrerin<br />

und natürlich dem Recht, dafür<br />

nur halb so viel gezahlt zu bekommen,<br />

das Fach Biologie, denn qualifiziert<br />

war sie durch ihr Gärtlein zu Hause.<br />

Lehrerin hatte sie schon immer gern gespielt,<br />

und so wurde ein Traum wahr<br />

und der Goldsack der Unterrichtsministerin<br />

musste gleichzeitig nicht allzu<br />

weit geöffnet werden.<br />

Ebenso verhielt es sich mit einem Fußballer,<br />

der seinen Vertrag nicht verlängert<br />

bekommen hatte. Er bewarb sich<br />

als Sportlehrer und wurde mit einem<br />

3/4-Vertretungsvertrag angestellt. Drei<br />

Mütter leisteten Großes, denn als die<br />

Klassenlehrerin ihrer Kinder das Handtuch<br />

warf und einen Ruf als Kammerzofe<br />

an den Hof annahm, führten sie<br />

die Klasse ehrenamtlich weiter, was ihren<br />

Oberschulmeister lediglich vor die<br />

Frage stellte, wie er drei Mütter in eine<br />

Spalte im Gliederungsplan quetschen<br />

sollte, denn dort wurden sie tatsächlich<br />

vermerkt. Auch ein junger Germanist,<br />

dem wegen seiner Lese-Rechtschreibschwäche<br />

schon zweimal die Zulassung<br />

zum Schuldienst auf offiziellem Wege<br />

versagt worden war, stieg nun als Helfer<br />

in der Not mit Jahresvertrag zum<br />

halben Preis ein und freute sich, sein<br />

Bafög endlich aufbessern zu können.<br />

Auch eine Ballettmeisterin aus dem<br />

Ausland hatte gehört, man suche kompetente<br />

Menschen, und so wurde sie<br />

sofort eingestellt. Sie sprach zwar noch<br />

kein Wort der Landessprache und unterrichtete<br />

auch weder Breakdance noch<br />

Aerobic, doch waren die Jugendlichen<br />

wenigstens betreut. Ja, so glücklich<br />

konnte man sich schätzen, seine Kinder<br />

im Reiche König Kurts in der Schule<br />

zu wissen, denn zu Hause hingen sie<br />

dann schon mal nicht mehr herum.<br />

Doch wie immer, wo Licht ist, wird<br />

auch bald ein Schatten fallen:<br />

Aus einer dunklen Höhle nahe des Berges<br />

Kalmit meldete sich eines Tages der<br />

Drache zu Wort, dem die Unterrichtsministerin<br />

immer vorwarf, er vertilge<br />

Jungfrauen, was aber gar nicht stimmte:<br />

Er sollte bloß in Verruf gebracht werden.<br />

In Wahrheit war der Drache<br />

Wächter über die Qualität der Bildung<br />

im Lande König Kurts. Da der Drache<br />

Verwandtschaft in Italien besaß, hatte<br />

er einmal eine Postkarte aus Pisa bekommen<br />

und gesehen, wie schief sie dort<br />

ihren Turm gebaut hatten, nur weil sie<br />

nie gescheit rechnen gelernt hatten. Das<br />

befürchtete er auch für das eigene Land<br />

in naher Zukunft. Und es gefiel ihm<br />

auch nicht, dass die Unterrichtsministerin<br />

sich im fernen Finnland in Fotos<br />

stellte, die sie zwischen lauter glücklichen<br />

und schlauen Kinderchen zeigte.<br />

Im eigenen Lande hätte es diese Bilder<br />

niemals gegeben. Also spuckte der<br />

Drache Feuer: Er sengte dem vorbeireitenden<br />

König Kurt den Hosenboden<br />

an und verlangte, alle Schulmeister, die<br />

gern mit vollem Einsatz für ihren<br />

Herrn arbeiten wollten, dies auch tun<br />

zu lassen, um wenigstens einige der notwendigen<br />

Vertretungsverträge mit Fach-<br />

Schulmeistern besetzt zu wissen. Außerdem<br />

kokelte er ein wenig an der Prüfungs-<br />

und Studienordnung der Uni<br />

Landau herum, so dass der irrsinnigerweise<br />

frisch eingeführte Numerus Clausus<br />

auf das Lehramtsstudium abbrannte.<br />

Nun konnten dann doch wieder ein<br />

paar Menschen versuchen, qualifizierte<br />

Schulmeister zu werden und der Bildung<br />

zu dienen.<br />

Fortan war die Unterrichtsversorgung<br />

wirklich hundertprozentig, kein Schulmeister<br />

musste sich mehr nebenher verdingen,<br />

um überleben zu können, und<br />

die Sekretärinnen tippten wieder Briefe<br />

und die Ex-Fußballer legten wieder<br />

die Waden hoch und die Mütter hatten<br />

endlich Zeit für Reisen ins sonnige<br />

Pisa. Und wer’s nicht glaubt, der soll<br />

sich nur genau umsehen im Reiche<br />

König Kurts.<br />

Antje Fries<br />

24 <strong>GEW</strong>-Zeitung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 12 /2002


12/ 02<br />

Sonderbeilage der<br />

-Zeitung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

zur politischen Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

„Demokratie braucht politische Bildung"<br />

Zur Lage der politischen Bildung in Schule, Hochschule, Jugend- und<br />

Erwachsenenbildung<br />

<strong>GEW</strong> und Deutsche Vereinigung<br />

für politische Bildung (DVPB) wollen<br />

mit dieser Beilage gemeinsam<br />

und in gedrängter Form einen<br />

Überblick über die politische Bildungslandschaft<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> geben. Dabei wird die Lage<br />

der politischen Bildung in Hochschule,<br />

Schule, Lehrerausbildung<br />

und Erwachsenenbildung untersucht.<br />

Bestandsaufnahme, Kritik<br />

und Reformforderungen sind Bestandteil der Einzelbeiträge,<br />

die die Situation des Faches Sozialkunde aber auch<br />

der politischen Bildung insgesamt an den verschiedenen<br />

Politische Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Historische Entwicklung – aktuelle Problemlagen<br />

In der Gründungsphase des Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> kam der Politischen<br />

Bildung im weitesten Sinne eine erzieherische Bedeutung<br />

zu. Es finden sich, in Kontinuität seit Annahme der Verfassung<br />

am 18. Mai 1947 bis heute, in Artikel 33 und Art. 39 der<br />

Landesverfassung (LV) Hinweise auf die Aufgaben der Politischen<br />

Bildung.<br />

So heißt es in Art. 33 LV zum Schulwesen: „Die Schule hat die<br />

Jugend ... in freier, demokratischer Gesinnung und im Geiste der<br />

Völkerversöhnung zu erziehen.“ und in Abs. 3 von Art. 39 LV<br />

zum Hochschulwesen: „Jeder Student ist verpflichtet, neben seinem<br />

Fachstudium allgemein bildende, insbesondere Staatsbürger<br />

kundliche Vorlesungen zu hören.“ 1<br />

Schulische und außerschulische Politische<br />

Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Der Staatsbürger kundlichen Bildung und der Erziehung in demokratischer<br />

Gesinnung wird Wert von Verfassungsrang eingeräumt.<br />

Einen derartigen Stellenwert erfährt die Politische Bildung<br />

nur noch in den Verfassungen der Länder Baden-Württemberg<br />

(Artikel 12), Nordrhein-Westfalen (Art. 11), Saarland (Art. 30)<br />

und Sachsen (Art. 101) sowie - indirekt - Hessen (Art. 56).<br />

Dieser herausragenden Bedeutung der Politischen Bildung wird<br />

MT_Berkessel_12/02 1<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Schularten und -stufen zum Gegenstand haben. Ein Gespräch<br />

mit der neuen Bildungsministerin Doris Ahnen bietet<br />

Gelegenheit, die Situation der politischen Bildung auf<br />

den Prüfstand zu stellen und Handlungs- und Veränderungsmöglichkeiten<br />

auszuloten. Abgerundet werden die<br />

Beiträge durch einen Überblick über die Einrichtungen<br />

der politischen Bildungsarbeit im Land. In einem zweiten<br />

Teil sollen praktische Beispiele einer Adressaten- und<br />

handlungsorientierten politischen Bildung für Jugendliche<br />

und Erwachsene vorgestellt werden, die Mut machen,<br />

neue Lernformen auszuprobieren. Aus Platzgründen werden<br />

diese Beiträge in lockerer Folge in späteren Ausgaben<br />

der <strong>GEW</strong>-Zeitung veröffentlicht werden.<br />

Hans Berkessel<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> letztlich dadurch Rechnung getragen, dass heute<br />

alle Universitäten des Landes über Institute, Fachgebiete oder Professuren<br />

für Politikwissenschaft verfügen, obwohl es bis heute keinen<br />

einzigen Lehrstuhl für Didaktik der Politik- bzw. Sozialwissenschaften<br />

gibt. Wegen der relativ späten Einrichtung des (neuen)<br />

Faches Politikwissenschaft an den rheinland-pfälzischen Universitäten<br />

fehlte es den Schulen zunächst an ausgebildeten Politiklehrenden;<br />

anfangs übernahmen vor allem die Kollegen der Geschichte<br />

den Sozialkundeunterricht. Die Bildungsoffensive der 70er<br />

Jahre unter der CDU-geführten Regierung Helmut Kohl’s (Minister<br />

für Unterricht und Kultus war Bernhard Vogel) mündete u.<br />

a. in die Gründung dreier Institute für Lehrerfortbildung (dem<br />

Staatlichen Institut für Lehrerfort- und Weiterbildung (SIL); heute:<br />

Institut für schulische Fortbildung und schulpsychologische<br />

Beratung des Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (IFB), dem Institut für Lehrerfort-<br />

und -weiterbildung Mainz (ILF) und dem Erziehungswissenschaftlichen<br />

Fort- und Weiterbildungsinstitut der Evangelischen<br />

Kirchen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (EFWI). Das Pädagogische Zentrum<br />

in Bad Kreuznach (PZ) nimmt seit 1985 die Aufgabe der konzeptionellen<br />

Weiterentwicklung des Schulwesens wahr.<br />

Andererseits kamen auch die Hochschullehrenden der Aufgabe<br />

nach, Pflöcke in die rheinland-pfälzische politische Bildungslandschaft<br />

einzuschlagen. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle<br />

aus universitärer Sicht das Engagement von Professoren wie Hans<br />

Buchheim, Werner Weidenfeld und Oscar Gabriel u. a., die im<br />

Rahmen der von Bernhard Sutor organisierten SIL-Weiterbildungs-<br />

I


Politische Bildung<br />

lehrgänge „Sozialkunde“ in den 70er Jahren Politikwissenschaft<br />

und Politische Bildung zusammengebracht und wichtige Impulse<br />

für die Einrichtung sowohl fachwissenschaftlich wie auch fachdidaktisch<br />

fundierter Politischer Bildung in den Schulen des Landes<br />

gegeben haben. So heißt es in den Lehrplänen der gymnasialen<br />

Oberstufe seit 1983 entsprechend: „Sozialkunde ist Politikunterricht.<br />

Die Perspektive, unter der in diesem Fach gesellschaftliche<br />

Phänomene, Bereiche und Prozesse betrachtet werden, ist die politische.“<br />

2 Unter „politisch“ wird dabei „alles soziale Handeln<br />

[verstanden], das auf gesamtgesellschaftlich verbindliche Regelungen<br />

zielt, sie intendiert oder beeinflussen soll.“ 3 Das Sutor’sche<br />

didaktische Konzept, auf der Grundlage des Grundgesetzes (schulische)<br />

politische Bildungsarbeit zu orientieren, war dabei prägend.<br />

Für die Entwicklung der schulischen Politischen Bildung waren<br />

ebenso die fachdidaktischen Kommissionen von besonderer Bedeutung.<br />

Deren Leiter waren stets auch Mitglieder der DVPB mit<br />

besonderen Funktionen. Viele andere Arbeitskreise und Vereine,<br />

Gremien und Institutionen trugen und tragen zu einer vielfältigen<br />

politischen Bildungslandschaft in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bei. In der<br />

Schnittstelle von schulischer und außerschulischer Bildung stehen<br />

u. a. der rheinland-pfälzische Landtag und die Friedtjof-Nansen-<br />

Akademie in Ingelheim. Die Bildungsveranstaltungen des Landtages<br />

4 in Mainz sind Landtagspräsident Christoph Grimm ein besonderes<br />

Anliegen. Die Friedtjof-Nansen-Akademie für Politische<br />

Bildung im Weiterbildungszentrum Ingelheim hat sich die Schwerpunkte<br />

der Deutsch-Deutschen Vereinigung, des europäischen<br />

Integrationsprozesses, der Entwicklungszusammenarbeit und der<br />

internationalen Friedens- und Sicherheitsordnung gesetzt. Für schulische<br />

wie außerschulische Politische Bildung zeichnet besonders<br />

die Landeszentrale für Politische Bildung in Mainz (1957-1974:<br />

Institut für staatsbürgerkundliche Bildung in RLP) verantwortlich,<br />

die den politischen Bildungsauftrag einer klassischen Landeszentrale<br />

mit Seminaren, Ausstellungen und Publikationen erfüllt.<br />

Mit der 1996 von Ministerpräsident Kurt Beck ins Leben gerufenen<br />

Atlantischen Akademie in Kaiserslautern will das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

die mit seinem „Nachbar Amerika“ bestehende Zusammenarbeit<br />

insbesondere mit der in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> beheimateten<br />

amerikanischen Gemeinde sowie mit Partnern jenseits des Atlantiks<br />

(z.B. dem Partnerland South Carolina) intensivieren und institutionalisieren.<br />

Das Heinrich-Pesch-Haus in Ludwigshafen besteht<br />

seit 1974 und widmet sich als Bildungshaus insbesondere<br />

der sozialen Jugend- und Erwachsenenbildung.<br />

Die <strong>Pfalz</strong>akademie in Lambrecht bietet als Einrichtung des Bezirksverbandes<br />

<strong>Pfalz</strong> in Partnerschaft mit vielen Trägern der politischen<br />

Bildungslandschaft exzellente Tagungsbedingungen. Das<br />

Europahaus Marienberg, gegründet 1951 als erstes europäisches<br />

Bildungs- und Begegnungszentrum und Stammhaus von über 100<br />

Europahäusern in 23 Ländern, fördert die internationale Zusammenarbeit<br />

und europäische Integration durch außerschulische Projekte<br />

der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung.<br />

Die Katholische Erwachsenenbildung und die Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft<br />

für Erwachsenenbildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

e. V: (KEB und ELAG) sowie die Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit<br />

und Leben, als gemeinsame Landesorganisation des Deutschen<br />

Gewerkschaftsbundes und des Volkshochschulverbandes, runden<br />

den außerschulischen Strang ab. Bei dieser Vielfalt des Angebotes<br />

versucht der Landesverband die Interessen der in der Politischen<br />

Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> Tätigen zu vertreten.<br />

II<br />

MT_Berkessel_12/02 2<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Genese des Landesverbandes<br />

Da es bis Anfang der 70er Jahre keine Politiklehrerausbildung in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> gab, blieb die Mitgliederzahl gering. Mit der Übernahme<br />

des Vorsitzes durch Bernhard Sutor 1969 zählte der Verband<br />

18 Mitglieder, deren Zahl bis zur Weitergabe an Josef Schreiber<br />

im Jahre 1978 auf 38 verdoppelt wurde. Unter dessen Vorsitz<br />

wuchs der Verband auf 136 Mitglieder bis zum Jahre 1995 an.<br />

Traditionsgemäß wurde einmal im Jahr eine hochkarätige Fortbildungsveranstaltung<br />

- oftmals in Kooperation mit dem Landtag<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - durchgeführt. Jürgen Henze übernahm von 1995<br />

- 1999 den Vorsitz und führte den Verband erfolgreich in sich<br />

ankündigende wechselvolle Zeiten. So schieden in dieser Zeit Mitglieder<br />

der ersten Stunden aus, neue konnten hinzugewonnen<br />

werden. Im Spätherbst 1998 wurde in Kooperation mit dem Institut<br />

für Politikwissenschaft der Universität Koblenz-Landau und<br />

dem SIL/IFB in Speyer die jährlich einmal stattfindenden „Tage<br />

der Politischen Bildung“ aus der Taufe gehoben.<br />

Heute hat der Landesverband 160 Mitglieder. Der Landesvorstand<br />

hat sich für die nächste Zeit insbesondere die Gewinnung engagierter<br />

KollegInnen der Haupt-, Real- und Berufsbildenden Schule<br />

ebenso wie der außerschulischen Politischen BildnerInnen als<br />

Aufgabe gestellt.<br />

Aktuelle Problemlagen<br />

Trotz der erfreulichen Entwicklung des Landesverbandes mangelt<br />

es nicht an Herausforderungen:<br />

• Die Lage des Politikunterrichts an rheinland-pfälzischen Schulen<br />

(insbesondere der BBS) ist - vielleicht mit Ausnahme der Leistungskurse<br />

an Gymnasien - verbesserungswürdig. Es bestehen erhebliche<br />

Zweifel, ob alle Schulen in ausreichender Zahl mit Lehrenden<br />

mit voller Fakultas ausgestattet sind. Oftmals müssen die<br />

KollegInnen der angrenzenden Fächer Geschichte und Erdkunde<br />

ersatzweise einspringen, und leisten hier gute Arbeit. Dennoch ist<br />

diese Praxis an manchen Schulen zur Dauereinrichtung geworden,<br />

ausgebildete Sozialkundelehrer werden im Umkehrschluss von<br />

den Schulen kaum angefordert. Die Qualitätssicherung der politischen<br />

Bildung ist daher - nicht nur in der Schule - ein herausragendes<br />

Problemfeld. Im Widerspruch dazu weisen die politisch<br />

Verantwortlichen auf Berufsrisiken hin, indem die Einstellungschancen<br />

nach dem Lehramtsstudium Sozialkunde als „eher ungünstig“<br />

(BBS) oder „sehr und äußerst ungünstig“ (Realschule),<br />

wenn nicht sogar als ein „erhebliches Berufsrisiko“ (Gymnasien)<br />

dargestellt werden.<br />

• Der zweite Problemkreis betrifft die Finanzierung der Politischen<br />

Bildung. Hier zeigt sich für den schulischen Bereich gerade bei<br />

jüngsten Gesprächen mit dem IFB, wie eng der Finanzrahmen des<br />

Faches gesteckt ist. Politische Bildung soll zugleich - unausgesprochen<br />

- als „Feuerwehr“ fungieren, um soziale Flächenbrände und<br />

Problemlagen unterhalb der juristischen Sanktionsschwelle bekämpfen<br />

zu helfen. Schulische wie außerschulische politische Bildung<br />

eignet sich hierfür sicherlich - nur dann sollte man die Mannschaft<br />

der tätigen Männer und Frauen mit der für die zusätzlichen<br />

Aufgaben notwendigen personellen und sächlichen Mindestausstattung<br />

versehen.<br />

• Aus Sicht des Landesvorstandes sollte Politik und nachgeordnete<br />

Administration sogar einen Schritt weiter gehen und „Politische<br />

Bildung als eine wesentliche Entwicklungskomponente der Bürgergesellschaft“<br />

begreifen. Um in den sozialen, politischen und<br />

wirtschaftlichen Bereichen in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> eine zukunftsfähi-


ge und nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten, sind in unserem<br />

rohstoffarmen Land angesichts seiner geografischen und geopolitischen<br />

europäischen Lage nicht nur gut ausgebildete sondern<br />

vor allem mündige und sozial, politisch und wirtschaftlich engagierte<br />

<strong>Rheinland</strong>-Pfälzerinnen und <strong>Rheinland</strong>-Pfälzer der entscheidende<br />

Standortfaktor. Deshalb hat sich der Landesverband für die<br />

Aufnahme des „Staatsziels Politische Bildung“ in die Landesverfassung<br />

gegenüber allen Fraktionen im Landtag ausgesprochen.<br />

Anmerkungen<br />

1 Vgl.: Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (Hrsg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik<br />

Deutschland - Verfassung für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Koblenz 1949, S. 54f. und Landeszentrale<br />

für Politische Bildung (Hrsg.): Grundgesetz für die Bundesrepublik<br />

Deutschland - Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und<br />

Grundfreiheiten - Verfassung für <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - Gemeindeordnung, Mainz<br />

1997 37 ., S. 125f.<br />

2 vgl. z.B.: Kultusministerium <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (Hrsg.): Lehrplan Gemeinschafts-<br />

Gedanken zur Situation des Sozialkundeunterrichts<br />

an Hauptschulen<br />

Im Sozialkundeunterricht sollen die Schülerinnen und Schüler zu politisch<br />

mündigen Bürgerinnen und Bürgern erzogen werden. Sie sollen<br />

also Bereitschaft entwickeln, politische Aufgaben zu übernehmen, Interesse<br />

und Engagement zeigen, Entscheidungskompetenz und Konfliktfähigkeit<br />

lernen, eigenverantwortlich handeln und sich Urteile bilden<br />

können.<br />

In der Beliebtheitsskala von Schülerinnen und Schülern liegt das<br />

Fach Sozialkunde oft ganz am Schluss, obwohl es von seinem Stellenwert<br />

und Anspruch her im Hinblick auf die Erziehung zum<br />

politisch mündigen Bürger und seiner Mitgestaltung in der demokratischen<br />

Gesellschaft sehr hoch anzusiedeln ist.<br />

Nach der Stundentafel wird Sozialkunde in der Hauptschule als<br />

einstündiges Fach vom 7. bis zum 9. Schuljahr unterrichtet. Zurecht<br />

muss die Frage gestellt werden, ob man mit diesem geringen<br />

Stundenansatz den Themenbereichen des Lehrplans und dem aktuellen<br />

politischen Geschehen in der Welt gerecht werden und die<br />

dazu speziellen Methoden der politischen Bildung wie u. a. Debatten<br />

und Diskussionen, Analyse von Fallbeispielen, Meinungsbefragungen<br />

und Expertengespräche entsprechend einüben kann.<br />

Dabei hängt der gültige Lehrplan immer noch den verstaubten<br />

Ansichten KURT GERHARD FISCHERS und BERNHARD SUTORS an. Danach<br />

soll ein Schüler wissen, was es gibt und wie es funktioniert.<br />

Ist das Interesse bei den Themen Familie, Jugendliche in sozialen<br />

Gruppen und Rechtsprechung noch sehr groß, weil die Schülerinnen<br />

und Schüler hier „mitreden“ können, eigene Erfahrungen und<br />

„Vorwissen“ haben oder selbst „betroffen“ sind, so nimmt es mit<br />

dem Thema Gemeinde rapide ab. Noch schwieriger ist die Behandlung<br />

der politischen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland<br />

und der Europäischen Einigung. Hier ist das methodische<br />

Können des Lehrers gefragt: Mit Fallbeispielen oder Planspielen<br />

kann die Umsetzung der „trockenen“ Institutionenkunde noch am<br />

ehesten gelingen.<br />

Dr. Thomas Simon - Landesvorsitzender der<br />

Deutschen Vereinigung für Politische Bildung<br />

(DVPB) e.V. , Landesverband <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Am Birnbaum 16, 54296 Trier<br />

Tel./Fax: 0651-9916849<br />

Thomas.Simon@dvpb.de www.dvpb.de<br />

MT_Berkessel_12/02 3<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Politische Bildung<br />

kunde in der Oberstufe des Gymnasiums, Mainz 1983, S. 5f.. Ebenso könnten<br />

hier die Lehrpläne für die Sekundarstufe I aller Schularten und der Lehrplan<br />

Gesellschaftslehre an Integrierten Gesamtschulen angeführt werden. Im Rahmen<br />

des Punktes ‚Aktuelle Problemlagen‘ (s.u.) wird auf diese konzeptionellen<br />

Überlegungen unter dem Gedanken „Politische Bildung als eine Entwicklungskomponente<br />

der Bürgergesellschaft“ einzugehen sein.<br />

3 vgl. ebd., S. 5<br />

4 vgl: Berkessel, Hans: Einblicke in die Parlamentsarbeit. Informations- und Bildungsveranstaltungen<br />

für Schüler, Auszubildende und Lehrer im Landtag <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />

in: dvpb aktuell 3/99, S. 37f.<br />

Der Lehrplan bietet aber auch Freiräume, die von Schülern und Lehrern<br />

mit eigenen Themen gefüllt werden können. Hier hin gehören<br />

aktuelle politische Fragen, deren Behandlung aber leider häufig an<br />

dem geringen Vorwissen der Schülerinnen und Schüler und der begrenzten<br />

Zeit scheitert. Immer wenn persönliche Schicksale (biografische<br />

Elemente) bearbeitet werden, wie HEIDRUN HOPPE 1 fordert, erfahrungsorientierte<br />

Unterrichtsmethoden angewandt werden, wie es<br />

HEINZ KLIPPERT 2 wünscht, und Betroffenheit erzeugt werden kann,<br />

z.B. beim Thema Friedenssicherung/Nah-Ost-Konflikt, Gesetzgebung<br />

in der Gentechnologie oder Bekämpfung des Terrorismus, steigt das<br />

Interesse der Schülerinnen und Schüler. Dann ist Aufmerksamkeit<br />

da, die Bereitschaft „zu lernen“ und sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen<br />

wächst. Wir brauchen Inhalte, die wirklich für die Schülerinnen<br />

und Schüler von Bedeutung sind, sie im Innersten „treffen“<br />

und für die politische Bildung relevant sind (Vgl. W. KLAFKIS Schlüsselprobleme,<br />

so u.a. Generationenkonflikt, Gleichberechtigung, Tierund<br />

Umweltschutz). 3<br />

Auch die Schulbücher 4 „sprechen“ häufig weder die Sprache der<br />

Schülerinnen und Schüler noch sind sie angemessen gestaltet. Texte<br />

sind oft gefüllt mit Informationen, die das Verständnis für die eigentliche<br />

Sache erschweren und enorm viele Vorkenntnisse und<br />

Detailwissen voraussetzen. Quellen wie Zeitungsmeldungen und<br />

Reden von Politikern sind sprachlich kaum zu bewältigen. Ein<br />

positiver Ansatz in den Büchern sind die Methodenseiten. Hier<br />

werden ausgewählte Inhalte mit spezifischen Methoden erarbeitet.<br />

Allerdings überfordern auch sie häufig die Schülerinnen und<br />

Schüler der Hauptschule oder die Zeit für eine sinnvolle Bearbeitung<br />

fehlt.<br />

Die größten Chancen für einen erfolgreichen und zufriedenstellenden<br />

Sozialkundeunterricht in der Hauptschule, der die eingangs<br />

formulierte Zielsetzung rechtfertigt, sehen wir in den folgenden<br />

Punkten:<br />

• Das Fach Sozialkunde muss aufgewertet werden und mehr Wochenstunden<br />

erhalten.<br />

• Die Fächer Sozialkunde, Geschichte und Erdkunde müssen an<br />

der Hauptschule zu Gesellschaftslehre zusammengefasst werden.<br />

Es sollte nur eine Note erteilt werden.<br />

III


Politische Bildung<br />

• Es muss Fächer übergreifend und Projekt orientiert gearbeitet<br />

werden.<br />

• Möglichst viele Themen sollten so aufbereitet sein, dass eine persönliche<br />

Betroffenheit bei den Schülerinnen und Schülern hervorgerufen<br />

wird. Damit sie selbstständig arbeiten und Freiräume verantwortlich<br />

nutzen lernen, sollten interessante Methoden wie<br />

Wochenplanarbeit und Stationenlernen stärker berücksichtigt werden.<br />

• Durch Gespräche mit Experten und durch Besuche von öffentlichen<br />

Einrichtungen (außerschuliche Lernorte) wird das Interesse<br />

der Schülerinnen und Schüler für die politische Bildung größer.<br />

IV<br />

Eckard Hanke, Fachleiter,<br />

Adolf-Reichwein-Studienseminar Westerburg<br />

Erwin Henn, Konrektor Hauptschule Altenkirchen<br />

Zur Stellung des Fachbereichs<br />

Sozialkunde an der Realschule in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Einige Anmerkungen zum Lehrplan Sozialkunde und zur<br />

Unterrichtspraxis an Realschulen<br />

Wie man der beigefügten Themenübersicht des Lehrplans entnehmen<br />

kann, wird in dieses Ein-Stunden-Fach eine Fülle von Themen<br />

hineingepackt. Um bei der geringen verfügbaren Unterrichtsstundenzahl<br />

Synergieeffekte nutzen zu können, empfiehlt es sich<br />

z. B. beim Berufswahlunterricht, Fächer übergreifend mit dem Fach<br />

Deutsch eng zusammenzuarbeiten (z. B. Rollenspiele zum Vorstellungsgespräch,<br />

Anfertigen schriftlicher Bewerbungen usw.).<br />

Viele Realschulen haben sich darauf verständigt, das Fach Sozialkunde<br />

aus Stundenplan technischen Gründen epochal zu unterrichten.<br />

Dies kann z. B. bedeuten, dass Sozialkunde in der 8. Klasse<br />

einstündig und in Klasse 9 zweistündig unterrichtet wird, aber<br />

in Klasse 10 überhaupt kein Sozialkundeunterricht erteilt wird.<br />

Der Nachteil solcher Modelle liegt auf der Hand: Gerade in Klasse<br />

10, wenn aufgrund des Alters der Schülerinnen und Schüler das<br />

Interesse an Politik eher zunimmt, kann keine politische Bildung<br />

mehr stattfinden.<br />

Neben der Einstündigkeit des Fachs und dem fachfremden Unterricht<br />

wird die politische Bildungsarbeit auch dadurch beeinträchtigt,<br />

dass das Interesse an Politik insgesamt immer mehr zurückgeht<br />

und eine hohe Frustration bezüglich Parteien und Politikern<br />

festzustellen ist. Bestimmte politische Themen wie z. B. „rechte<br />

Gewalt“, die im täglichen Umfeld erlebbar werden (können), stoßen<br />

dagegen auf größeres Interesse. Ein Anliegen gerade unserer<br />

Schulart muss es sein, die politische Grundbildung zu verstärken.<br />

Alle Beteiligten am Bildungsprozess müssen der „Politik-“ bzw.<br />

„Politikerverdrossenheit“ gemeinsam entgegen arbeiten. Die Wahlen<br />

zu den Kommunalparlamenten, die Landtags- und die Europawahl<br />

haben dies an der Wahlbeteiligung gemessen wieder ganz<br />

deutlich werden lassen. Kinder und Jugendliche aus allen Schichten<br />

unserer Gesellschaft müssen für das politische Geschehen mo-<br />

Anmerkungen<br />

MT_Berkessel_12/02 4<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

1HEIDRUN HOPPE, Subjektorientierte politische Bildung. Begründung einer biographiezentrierten<br />

Didaktik der Gesellschaftswissenschaften, Opladen 1996. Vgl.<br />

Einmischen. Subjektorientierung als didaktisches Prinzip, hrsg. von der Landeszentrale<br />

für politische Bildung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Mainz 2001.<br />

2HEINZ KLIPPERT, Durch Erfahrung lernen, in: Erfahrungsorientierte Methoden<br />

der politischen Bildung, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung,<br />

Bonn 1988 S. 75-93.<br />

3WOLFGANG KLAFKI Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Weinheim<br />

1993. Vgl. auch Bildungskommission NRW, Zukunft der Bildung - Schule der<br />

Zukunft, Neuwied 1995, S. 112ff.<br />

4 Vgl. ECKARD HANKE, ERWIN HENN, FRIEDHELM ZÖLLNER., Demokratie leben,<br />

Sozialkunde <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>/Saarland, Neubearbeitung, Hannover: Schroedel<br />

2000. ROLF ARNOLD U. A., Sozialkunde 1, <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, Unterrichtswerk<br />

für das 7.-10. Schuljahr (insgesamt 3 Bände), Neubearbeitung, Hannover: Schroedel:<br />

2001.<br />

WOLFGANG MATTES U. A., Politik erleben, Sozialkunde, Paderborn: Schöningh<br />

2001. HERBERT BAUMANN U. A., Der einzelne und die Gesellschaft, Lern- und<br />

Arbeitsbuch für Sozialkunde, Sekundarstufe 1, Neubearbeitung, Köln, München:<br />

Stam 1994.<br />

Lehrplananteil der Realschule - Themenübersicht<br />

Klasse 8<br />

1. Thema:<br />

Jugendliche in sozialen Gruppen - oder - 8 Stunden<br />

2. Thema:<br />

Erziehung und soziales Lernen in der Familie<br />

3. Thema:<br />

Politische Beteiligung in der Gemeinde, in der<br />

Region und im Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 10 Stunden<br />

4. Thema: Umgang mit Massenmedien 7 Stunden<br />

Klasse 9<br />

5. Thema:<br />

Recht und Rechtsprechung 7 Stunden<br />

6. Thema:<br />

Berufswahlunterricht 9 Stunden<br />

7. Thema: Wirtschaft und Umwelt 9 Stunden<br />

Klasse 10<br />

8. Thema:<br />

Die politische Ordnung der Bundesrepublik<br />

Deutschland 13 Stunden<br />

9. Thema:<br />

Der Prozess der europäischen Einigung 5 Stunden<br />

10. Thema:<br />

Friedenssicherung als Aufgabe internationaler<br />

Politik 7 Stunden<br />

Das frühere Lehrplan-Thema "Politische Willensbildung durch<br />

die Parteien" wurde herausgenommen.<br />

tiviert und zum Verständnis auch komplexerer politischer Strukturen<br />

befähigt werden. Versäumnisse, die hier gemacht werden,<br />

können die Berufsbildenden Schulen später nicht mehr kompensieren.<br />

Wichtig ist es, im Fach Sozialkunde viel Hintergrundwissen nicht<br />

abstrakt theoretisch, sondern an konkreten Beispielen aktuellen<br />

Geschehens aufzuzeigen. Dazu kann die verstärkte Einbeziehung


der Medien (Zeitung, Fernsehen, Internet) ebenso beitragen wie<br />

Exkursionen zu Institutionen wie Gerichten, Rathäusern, Landtag,<br />

Bundestag und Bundesrat sowie die Einladung von Experten<br />

oder Abgeordneten der unterschiedlichen Ebenen zu Anhörungen<br />

oder Fachgesprächen. Auch mit der Vorbereitung und Durchführung<br />

von Projekttagen oder -wochen (z. B. im Zusammenhang<br />

mit Themen von Wettbewerben aus dem Bereich der politischen<br />

Zur Situation des Sozialkunde-<br />

Unterrichts an Gymnasien in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Vorbemerkungen<br />

„Sozialkunde“ in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> bedeutet Unterricht über folgende,<br />

das menschliche Zusammenleben betreffende Sachbereiche:<br />

Sozialstrukturen, soziale Prozesse; politische Strukturen und<br />

Prozesse in Gemeinde, Land, Bund, EU und weltweit; Rechtswesen,<br />

Gerichte; Massenmedien; Wirtschaft, Ökologie; Zeitgeschichte.<br />

Alles dies soll unter dem Primat der Politik behandelt werden.<br />

Der Gemeinschaftskunde-Lehrplan für die Sekundarstufe II von<br />

1998 formuliert lapidar: „Sozialkunde ist Politikunterricht.“ (Didaktische<br />

Konzeption S. 8). Das bedeutet, dass einerseits die sich<br />

in diesen Gebieten menschlichen Handelns ergebenden politischen<br />

Probleme, z.B. Schulpolitik, Rechtspolitik, Medienpolitik, Sozialpolitik,<br />

Wirtschafts- und Umweltpolitik im Mittelpunkt stehen<br />

sollen; das impliziert aber auch, dass ein sachliches Grundwissen<br />

aus diesen Bereichen erarbeitet werden muss, das zumindest ausreichend<br />

für eine politischen Beurteilung ist. Studieren kann man<br />

das „Fach“ in dieser Breite natürlich nicht, denn welcher Kandidat<br />

des Lehramtes könnte neben einem anderen Schulfach (!) auch<br />

noch gleichzeitig Politik, Soziologie, Jura, Publizistik, Volks- und<br />

Betriebswirtschaft, Ökologie und Geschichte bewältigen? Sozialkundelehrer<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, auch wenn sie universitär dazu<br />

ausgebildet worden sind, müssen daher in vielen Bereichen dilettieren,<br />

in denen sie ihren Schülern, was das Sachwissen angeht,<br />

vielleicht nur um ein Weniges voraus sind. Sie müssen „Generalisten“<br />

sein, wie das manche Politiker für sich ja auch reklamieren.<br />

Sozialkunde in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist also das am wenigsten professionalisierte<br />

Fach mit den am weitesten gespannten Inhalten und<br />

zugleich das Fach mit der geringsten Gesamtstundenzahl aller Fächer.<br />

Sekundarstufe I (= Klasse 9 und 10)<br />

Lehrplanthemen und vorgeschlagene Stundenzahl<br />

Klasse 9:<br />

1. Thema: Jugendliche in sozialen Gruppen 7 Stunden<br />

2. Thema: Erziehung und soziales Lernen<br />

in der Familie 5 Stunden<br />

3. Thema: Politische Beteiligung in der Gemeinde,<br />

in der Region und im Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> 10 Stunden<br />

4. Thema: Recht und Rechtsprechung 9 Stunden<br />

5. Thema: Umgang mit Massenmedien 7 Stunden<br />

8. Thema: Wirtschaft und Umwelt 12 Stunden<br />

50 Unterrichtsstunden<br />

Politische Bildung<br />

Bildung) kann Interesse an Politik geweckt werden. Die Bedeutung<br />

und das Spezifische unseres Faches muss bei allen politischen<br />

Gremien und Entscheidungsträgern immer wieder deutlich herausgestellt<br />

werden: Es darf trotz mancher Bestrebungen seine Eigenständigkeit<br />

nicht verlieren.<br />

Doris John, Realschulkonrektorin,<br />

Realschule/Kooperative Gesamtschule Altenkirchen<br />

Klasse 10:<br />

7. Thema: Die politische Ordnung der<br />

Bundesrepublik Deutschland 14 Stunden<br />

8. Thema: Der Prozess der europäischen Einigung 4 Stunden<br />

9. Thema: Friedenssicherung als Aufgabe<br />

internationaler Politik 7 Stunden<br />

25 Unterrichtsstunden<br />

MT_Berkessel_12/02 5<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Quantitative Bewertung<br />

Der zweistündige Unterricht in Klasse 9 ist seit der Aufstockung<br />

der Stundenzahl im Zuge der letzten Neuordnung der Stundentafel<br />

der Sekundarstufe I endlich einigermaßen zufriedenstellend,<br />

auch wenn die Vielfalt der Lehrplanthemen (s.o.) Stoff für soliden<br />

Unterricht von mehreren Schuljahren ergäbe. So bleibt es meist<br />

beim oberflächlichen Anreißen, und manches Thema fällt gelegentlich<br />

dabei ganz aus.<br />

Die Unterrichtspraxis der Klasse 10 allerdings leidet sehr stark unter<br />

drei Beeinträchtigungen:<br />

• Einstündigkeit;<br />

• häufiger Ausfall gerade in Klasse 10 wegen allerlei außerunterrichtlicher<br />

Aktivitäten (Betriebspraktikum, Sprachaustauschfahrten,<br />

Abschlussfahrten, Reflexionstagen u.ä.)<br />

• stets hinterherhinkender Geschichtsunterricht (Geschichte nach<br />

1945), dessen Lehrplan gemäße Vorarbeit gerade für die Sozialkunde<br />

dieser Jahrgangsstufe besonders notwendig wäre; vielfach<br />

endet der Geschichtsunterricht in den 10. Klassen um 1950 herum!<br />

Alle drei Faktoren in Kombination führen oft, ja oft dazu, dass<br />

ganze Themen der Jahrgangsstufe 10 gar nicht unterrichtet werden<br />

(können)! Von daher muss die Ausweitung auf zwei Wochenstunden<br />

auch in Klasse 10 gefordert werden. Die zu geringe Unterrichtsstundenzahl<br />

von Sozialkunde - bekanntlich die geringste<br />

aller Fächer überhaupt - etwa dadurch ausgleichen zu wollen, dass<br />

man zusätzlich möglichst viele Unterrichtsgänge u.ä. organisiert,<br />

lässt sich zwar methodisch gut begründen, treibt aber den Teufel<br />

mit dem Beelzebub aus, denn das Mehr an Unterrichtszeit wird<br />

anderem Unterricht „geraubt“. Dies kann keine Lösung für den<br />

Mangel an Unterrichtszeit sein.<br />

Didaktische Bewertung<br />

Alle Themen für 9 und 10 sind wichtige Themen, die auch ich zu<br />

einer sozialkundlichen Grundbildung der Sekundarstufe I zählen<br />

würde. Für die Schüler sind die Themen zumeist motivierend („interessant“),<br />

am wenigsten bisweilen der Rechtsunterricht, was sich<br />

aber mit einem Gerichtsbesuch deutlich bessern lässt. Die Qualität<br />

des Wirtschaftsunterrichts lässt sich durch Betriebsbesichtigung(en)<br />

und häufiges Einbeziehung der Wirtschaftsseiten einer<br />

regionalen Tageszeitung verbessern. Er wird von vielen Klassen<br />

V


Politische Bildung<br />

dieser Altersstufe, vor allem von Mädchen, als eher nicht so interessant<br />

empfunden, obwohl er sicherlich aus der Sicht eines Erwachsenen<br />

zu den wichtigsten Themen zählt. Wie im wirklichen<br />

Leben drängt die Ökonomie auch hier leicht die Ökologie in den<br />

Hintergrund. Ein Lehrer, der auch dieses letzte Thema der Klasse<br />

10 noch ausreichend bearbeiten will, muss sich sehr in seiner Unterrichtsplanung<br />

disziplinieren. In den letzten Jahren ist das Interesse<br />

von Jugendlichen an Europa-Politik deutlich zurückgegangen,<br />

andererseits aber das Verständnis für internationale politische Prozesse<br />

von Krieg und Friedenssicherung deutlich angestiegen. Methodisch<br />

steht die geringe Stundenzahl einer Ausweitung von Projektunterricht<br />

u.ä. stark im Wege. Mit einer Wochenstunde kann<br />

man keine großen methodischen Kunststücke vollführen (lassen).<br />

Defizite des Lehrplans:<br />

In der Soziologie sollten demografische Erkenntnisse (Bevölkerungsentwicklung,<br />

Geburtenrückgang mit seinen zukünftigen Folgen<br />

u.ä.) einen größeren Stellenwert erhalten. Auffällig und für<br />

mich persönlich zunehmend problematisch ist die Tatsache, dass<br />

unser gesamter Sozialkundeunterricht - auch in der Sek. II - einseitig<br />

auf den Beruf hin ausgerichtet ist, aber nirgendwo den Willen<br />

zum Kinderkriegen und Großziehen bewusst zu fördern versucht.<br />

Können wir uns diese kulturelle Kurzsichtigkeit, die zurzeit<br />

wohl typisch für alle hoch entwickelten Industriegesellschaften ist,<br />

auf die Dauer wirklich leisten?<br />

Sekundarstufe II (MSS)<br />

Sozialkunde in der MSS kann entweder als Schwerpunktfach eines<br />

Leistungskurses mit vier Wochenstunden gewählt werden oder<br />

ist mit zwei Wochenstunden verpflichtender Teil eines Grundkurses<br />

oder Zusatzfach („Beifach“, als verpflichtender Teil eines Leistungskurses<br />

mit den anderen Schwerpunkten Geschichte oder Erdkunde)<br />

- letzteres allerdings nur zeitweise.<br />

Alle drei Fächer - Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde - sollen<br />

unter dem Dachbegriff „Gemeinschaftskunde“ kooperieren und<br />

sich ergänzen. Damit ist auch sichergestellt, dass alle Schüler -<br />

gleich, welche Fächerwahl sie treffen - in allen drei Fächern irgendwie<br />

unterrichtet werden. Sie erhalten auch nur eine gemeinsame<br />

Zeugnisnote unter dem Begriff „Gemeinschaftskunde“. Das<br />

Dach „Gemeinschaftskunde“ darf daher nicht mit Fächern gleichen<br />

Namens in anderen Bundesländern verwechselt werden, die<br />

eher mit der rheinland-pfälzischen „Sozialkunde“ gleichzusetzen<br />

sind. Nur als Leistungsfach hat Sozialkunde einen durchgehenden<br />

Kurs von 11 bis 13, und zwar als vierstündiges „Schwerpunktfach“,<br />

das gewählt werden kann. Im Verbund des Grundfaches „Gemeinschaftskunde“<br />

hat Sozialkunde von 11 bis 12/1 eigene zweistündige<br />

Anteile, die aber häufig auch von Geschichtslehrern unterrichtet<br />

werden. Ab 12/1 ersetzt die Erdkunde die Sozialkunde.<br />

Der Gegenstand des fortgesetzten Geschichtsunterrichts befasst sich<br />

aber mit einem durchaus politischen Thema, nämlich der Geschichte<br />

der Demokratie in Deutschland Ost und West. In der Jahrgangsstufe<br />

13 werden neben den zwei Stunden der Erdkunde zwei<br />

Stunden „Geschichte/Sozialkunde“ erteilt. Die Themen sind die<br />

gleichen wie im Leistungsfach Sozialkunde, sie werden aber in aller<br />

Regel von Geschichtslehrern unterrichtet.<br />

Quantitative Bewertung<br />

a) Leistungsfach: Die Unterrichtszeit von 11 bis 13 reicht aus,<br />

auch wenn sie im Interesse des Zusatzfaches um eine Stunde ge-<br />

VI<br />

genüber anderen Leistungsfächern reduziert ist: vier statt der sonstigen<br />

fünf Wochenstunden. Man merkt das als unterrichtender<br />

Lehrer vor allem im Vergleich zur 9. und 10. Klasse, wenn man<br />

endlich einmal ähnliche Themen in angemessener Ruhe und Tiefe<br />

bearbeiten kann.<br />

b) Grundfach: Auch hier ist die Stundenzahl gegenüber den meisten<br />

anderen Grundkursen, denen drei Stunden zur Verfügung stehen,<br />

auf zwei gekürzt. Dies wäre aber wohl noch ausreichend, wenn<br />

nicht durch das Verbundsystem der „Gemeinschaftskunde“ die<br />

Sozialkunde als eigenständiges Fach nur auf 11/1 bis 12/1 beschränkt<br />

wäre und die restliche Zeit der Geschichte und der Erdkunde<br />

vorbehalten wäre. Das bedeutet übrigens auch, dass in aller<br />

Regel in den mündlichen Abiturprüfungen keine genuin sozialkundlichen<br />

Themen vorkommen, sondern nur historische bzw.<br />

erdkundliche, was natürlich auch an den prüfenden Fachlehrern<br />

liegt: es sind in aller Regel Geschichts- und Erdkundelehrer.<br />

c) Zusatzfächer: Zum gewählten Schwerpunktfach Geschichte wird<br />

Sozialkunde als zweistündiges „Zusatzfach“ (auch „Beifach“ genannt)<br />

in 11/1 bis 12/1 unterrichtet - mit denselben Themen wie<br />

im Grundfach (Bewertung siehe Grundfach!). Zum Schwerpunktfach<br />

Erdkunde ist aber nur „Geschichte“ bzw. „Geschichte /Sozialkunde“<br />

als Zusatzfach vorgesehen, also ein eigenständiger Sozialkundeunterricht<br />

durch Sozialkundelehrer gar nicht. Der Lehrplan<br />

versucht diese Lücke mit folgender „Anmerkung“ (S. 146) zu<br />

füllen:<br />

„In Jahrgangstufe 12 muss im Zusatzfach Geschichte mit Teilthema<br />

4 (Die politische Ordnung der Bundesrepublik Deutschland)<br />

ein Thema des Faches Sozialkunde aufgegriffen werden (siehe dort<br />

TT 3 des Grundfaches), da Sozialkunde in diesem Schwerpunkt<br />

in der Oberstufe kein Zusatzfach ist. Deshalb müssen die Teilthemen<br />

bei der Behandlung entsprechend gekürzt werden. Die Kürzung<br />

der Themen sollte so erfolgen, dass keines der Themen unbearbeitet<br />

bleibt.“<br />

Das bedeutet zusammenfassend, dass die Sozialkunde, wenn sie<br />

nicht Leistungsfach ist, in der Studienstufe nur eine sehr beschränkte<br />

Rolle spielt, innerhalb des Leistungsfaches Erdkunde praktisch<br />

gar keine.<br />

Didaktische Bewertung (des Leistungskurslehrplanes)<br />

Ich beschränke mich hier auf den Lehrplan des Leistungskurses,<br />

weil der vom Grundfach bzw. vom Zusatzfach Geschichte zu fragmentarisch<br />

ist und keiner eigenen, sondern nur der Logik des Fächerkompromisses<br />

folgt.<br />

11/1 - Soziales<br />

11/2 - Wirtschaft und Umwelt<br />

12/1 - Innenpolitik BRD und DDR<br />

13 - Außen- und Sicherheitspolitik Ost-West, Europa, global<br />

MT_Berkessel_12/02 6<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Es fällt auf, dass an keiner Stelle explizit juristische oder Medien-<br />

Themen (wie in Klasse 9) vorgesehen sind. Das muss auch nicht<br />

unbedingt so sein, Wissenslücken in diesen Bereichen kann man<br />

durchaus implizit falls nötig füllen.<br />

Durch die Vorverlegung des Abiturs kann nun auch das Halbjahr<br />

11/2 mit Wirtschaft und Umwelt in die schriftlichen Aufgaben<br />

einbezogen werden. Die bisherigen (wenigen) Erfahrungen zeigen<br />

allerdings, dass dies sehr wenig von Lehrerseite (Aufgabenvorschläge)<br />

und noch seltener von Schülerseite (Auswahl der Aufgaben)<br />

genutzt wird. Das ist auch verständlich, weil Schüler die wirtschaft-


lichen Themen ohnehin als schwierig einschätzen, und wenn sie<br />

auch noch am längsten zurückliegen, dann vergrößert dies noch<br />

die Schwierigkeitsempfindung. Wenn man also die Bedeutung von<br />

Wirtschaft auch im Abitur verstärken möchte, dann müsste man<br />

die Prüfungsordnung für Sozialkunde ändern. Mein Vorschlag: Die<br />

Lehrer legen dem Ministerium wie bisher drei Aufgaben vor,<br />

darunter eine aus 11/2. Die Schüler müssen diese und eine weitere<br />

Die Ausbildung zum Sozialkundelehrer<br />

im Studienseminar für das Lehramt<br />

an Gymnasien<br />

Der Politikwissenschaftler im Studienseminar<br />

Nach Ablegung der wissenschaftlichen Prüfung für das Lehramt<br />

an Gymnasien im Fach Politikwissenschaft werden die Referendare<br />

des Faches Sozialkunde in 2 Jahren auf ihren Beruf als Sozialkundelehrer<br />

vorbereitet. Die praktische Ausbildung an den Seminarschulen<br />

wird angeleitet und begleitet von einem der sechs Studienseminare<br />

des Landes. Die Uni-Absolventen sollen ihre Fachkenntnisse<br />

inhaltlich vervollständigen, didaktisch reflektieren lernen<br />

und ein breites fachbezogenes Methodenrepertoire entwickeln.<br />

Die didaktische Orientierung nimmt in der Ausbildung zum Sozialkundelehrer<br />

einen besonderen Rang ein:<br />

a) das Fach hat statt einer Mutterwissenschaft ein breites Feld von<br />

Bezugswissenschaften, deren Selbstverständnis und deren facheigenen<br />

Methoden teilweise weit auseinander liegen und hohe Anforderungen<br />

an die Differenzierungs- und die Integrationsfähigkeit,<br />

d.h. an die Professionalität des Lehrers stellen.<br />

b) Politikunterricht und Politiklehrern haftet ein latenter Indoktrinierungsverdacht<br />

an. Sie unterliegen besonders hohem Legitimationsdruck.<br />

c) Die Verankerung des Faches im Fächerkanon der Schule bleibt<br />

gefährdet. Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung war und ist umstritten.<br />

d) Sozialkundeunterricht stellt höchste Anforderungen an Aktualität<br />

und Reaktionsschnelligkeit des Lehrers. So richteten sich in<br />

vielen Schulen nach dem 11. September 2001 Hilfe suchende Blicke<br />

von Kollegen und Schulleitern aber auch von Schülern auf<br />

Religions- und Sozialkundelehrer.<br />

Das Fach Sozialkunde<br />

Die Relevanz von Politikunterricht wird grundsätzlich kaum noch<br />

bezweifelt „Demokratie braucht politische Bildung. Die Grundlagen<br />

hierzu müssen im Schulunterricht gelegt werden...“ ( Münchner<br />

Manifest vom 26. Mai 1997) Als Grundlage des heutigen Politikunterrichts<br />

gilt nach der Überwindung der ideologischen Grabenkämpfe<br />

der 60er und 70er Jahre seit 1976 der „Beutelsbacher<br />

Konsens“. Folgende zwei Grundsätze sind für die unterrichtliche<br />

Tätigkeit bestimmend:<br />

Überwältigungsverbot: Es ist nicht erlaubt, den Schüler - mit welchen<br />

Mitteln auch immer - im Sinne erwünschter Meinungen zu<br />

überrumpeln und damit an der Gewinnung eines selbstständigen<br />

Urteils zu hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen<br />

Politischer Bildung und Indoktrination. Indoktrination aber<br />

ist unvereinbar mit der Rolle des Lehrers in einer demokratischen<br />

MT_Berkessel_12/02 7<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Politische Bildung<br />

nach Wahl bearbeiten, also zwei (die dann natürlich kürzer sein<br />

müssten).<br />

Fazit: Die Situation von Sozialkunde an rheinland-pfälzischen<br />

Gymnasien: gut bis mangelhaft!<br />

Hartmut Geißler, StD am Sebastian-<br />

Münster-Gymnasium, Ingelheim<br />

Gesellschaft und der - rundum akzeptierten - Zielvorstellung von<br />

der Mündigkeit des Schülers.<br />

Kontroversität: Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss<br />

auch im Unterricht kontrovers erscheinen. Diese Forderung ist mit<br />

der vorgenannten aufs Engste verknüpft, denn wenn unterschiedliche<br />

Standpunkte unter den Tisch fallen, Optionen unterschlagen werden,<br />

Alternativen unerörtert bleiben, ist der Weg zur Indoktrination beschritten.<br />

Beide Grundsätze ergeben sich zwingend aus dem Wertehorizont<br />

des Grundgesetzes und den Funktionsbedingungen einer<br />

pluralen Demokratie. Damit erhält der Politikunterricht die Aufgabe,<br />

zur Werteerziehung in der Schule beizutragen.<br />

Erwartungen an den Sozialkundelehrer<br />

Der Sozialkundelehrer versteht sich - mehr noch als in anderen<br />

Fächern - als Moderator, nicht als bloßer Instruktor. Er stößt Denkprozesse<br />

an, regt Werturteile an und kommt zu Ergebnissen, die<br />

überprüfbar, aber auch revidierbar sind. Die Beherrschung von<br />

Methoden ist nicht nur zum Hinterfragen fachlicher Aussagen von<br />

Bedeutung sondern bildet im Zusammenhang mit dem Erwerb<br />

von politischer Handlungskompetenz (staatsbürgerlicher Kompetenz)<br />

ein Fundamentum des Sozialkundeunterrichts.<br />

Die Problemanalyse gehört zu den Standards des<br />

„problemorientierten Unterrichts“:<br />

Neben den herkömmlichen Formen der Analysetechnik, problembezogen<br />

oder zielorientiert, erfährt die Medienanalyse zunehmend<br />

in Verbindung mit produktionsorientierter Medienarbeit immer<br />

mehr an Wichtigkeit. Medienkompetenz wird zur fachunabhängigen<br />

Schlüsselqualifikation. Neben den bekannten unterrichtlichen<br />

Organisationsformen wie Rollenspiel, Projekt, Diskussion, Streitgespräch,<br />

Podiumsgespräch werden in der letzten Zeit weitere Formen<br />

angeboten, wie Expertensysteme und die Fish-bowl-Diskussion.<br />

Die Fallstudie ist eine klassische Großform der politischen<br />

Bildung. Auch Simulation und Zukunftswerkstatt gehören zu den<br />

verbreiteten Großformen im Sozialkundeunterricht. Neueren Datums<br />

sind die Produktlinienanalyse (TH. RETZMANN 2000) und<br />

die Szenario-Technik (P. WEINBRENNER 1999)<br />

Unter dem gemeinsamen fachübergreifenden Ziel der „Politischen<br />

Bildung“ wird die Kooperation der Sozialkunde mit anderen Fächern<br />

als selbstverständlich vorausgesetzt. So sind die drei gesellschaftswissenschaftlichen<br />

Fächer in der S II unter dem Dach der<br />

Gemeinschaftskunde zusammengefasst. An den Integrierten Gesamtschulen<br />

und z. T. an Regionalen Schulen sind Sozialkunde,<br />

Geschichte und Erdkunde sogar im Fach Gesellschaftslehre integriert.<br />

Insbesondere von der Sozialkunde als Leitfach müssen Grenzüberschreitungen<br />

zwischen den Fächern angestoßen und Kooperationen<br />

organisiert werden.<br />

Über die rein (fach)unterrichtlichen Aufgaben werden besonders<br />

Sozialkundelehrer mit weiter gehenden Erwartungen der Schulge-<br />

VII


Politische Bildung<br />

meinschaft konfrontiert. Das Spektrum reicht von der Wahrnehmung<br />

des Amtes eines Verbindungslehrers über die Initiierung und<br />

Betreuung von Streitschlichterprojekten bis zur Mitarbeit am Schulprofil.<br />

Es werden an sie auch Erwartungen gerichtet, eigenständige<br />

Beiträge zur Werteerziehung in der Schule zu leisten. Viele Ansätze<br />

zur Öffnung von Schule (derzeit verstärkt im Rahmen lokaler<br />

AGENDA 21 Prozesse) fordern den Sozialkundelehrer unmittelbar<br />

heraus. Es wird außerdem eine Vertrautheit im Umgang mit<br />

Schul- und Verwaltungsrecht unterstellt sowie eine besondere Kompetenz<br />

bei der Regelung innerschulischer Konflikte.<br />

Dieses komplexe Berufsbild hat für die Ausbildung im Studienseminar<br />

Konsequenzen:<br />

• Methodenkompetenz muss systematisch und praktisch vermittelt<br />

werden.<br />

• Um wissenschaftspropädeutisch wirken zu können, müssen Fachprofile<br />

der Bezugswissenschaften geklärt werden.<br />

• Fächer übergreifendes Arbeiten muss in Fächer übergreifenden<br />

Ausbildungsvorhaben erprobt und als machbar und bereichernd<br />

erfahren werden.<br />

• Politische Bildung fordert eine Fach unabhängige pädagogische<br />

Gestaltungskompetenz.<br />

Ausblick<br />

Fachleiter der Studienseminare beteiligen sich seit jeher intensiv<br />

an der (noch sehr geringen) fachdidaktischen Ausbildung in der<br />

ersten Ausbildungsphase und an der Lehrerfortbildung in allen<br />

Instituten. Wissenschaftsminister Zöllner hat im März 2002 einen<br />

Vorschlag für eine Reform der Lehrerbildung vorgelegt: „Professionalität<br />

und Praxisnähe sollen ausgebaut werden, die Ausbildung<br />

soll dichter an den Arbeitsmarkt rücken und die Ausbildungszeiten<br />

sollen verkürzt werden, aber es sollen keine Abstriche an die<br />

Zur Situation des Fachs Sozialkunde<br />

im Unterricht und in der Lehrerausbildung<br />

an berufsbildenden Schulen<br />

Der Sozialkundeunterricht in verschiedenen Schulformen der BBS<br />

Sozialkundelehrerinnen und -lehrer sind in der Regel in verschiedenen<br />

Schulformen der BBS eingesetzt und müssen sich permanent<br />

unterschiedlichen fachdidaktischen, -methodischen und pädagogischen<br />

Herausforderungen stellen. Im Umgang mit größtenteils<br />

schwierigen, teils bildungsunwilligen Schülern im Berufsvorbereitungsjahr<br />

(BVJ) oder im Berufsgrundbildungsjahr (BGJ)<br />

müssen sie entsprechende Lernarrangements finden, um der Schülerklientel<br />

Hilfen anzubieten in elementaren Lebensfragen, sie<br />

müssen aber auch versuchen, die Schülerinnen und Schüler für<br />

wichtige politische Fragen zu sensibilisieren und Grundeinsichten<br />

über das Politische zu vermitteln. Für die Kolleginnen und Kollegen<br />

bedeutet das Flexibilität und Einfühlungsvermögen, aber auch<br />

Einsatzbereitschaft, die manchmal bis an die Grenzen der körperlichen<br />

und psychischen Belastbarkeit gehen kann. Der flankierende<br />

Einsatz von Sozialarbeitern in diesen Schulformen hat sich bewährt<br />

und sollte unbedingt weitergeführt werden, damit die Lehrkräfte<br />

sich verstärkt mit Fragen der politischen Bildung und der<br />

Vermittlung politischen Fachwissens auseinandersetzen können und<br />

nicht ausschließlich sozialpädagogische Aufgaben übernehmen<br />

müssen, für die sie letztendlich nur teilweise ausgebildet wurden.<br />

VIII<br />

MT_Berkessel_12/02 8<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Fachwissenschaft gemacht werden. „Bei der geplanten Reform der<br />

Lehrerausbildung werden die Studienseminare nochmals eine stärkere<br />

Verantwortung für eine qualifizierte Ausbildung des Lehrernachwuchses<br />

erhalten.“<br />

Dabei unterstützen alle Studienseminare eine deutliche Verstärkung<br />

der fachdidaktischen und unterrichtspraktischen Anteile in<br />

der ersten Phase der Lehrerausbildung. Die seit einigen Jahren von<br />

den Studienseminaren als Veranstaltung der Universitäten durchgeführten<br />

Fachpraktika können als erfolgreicher Probelauf für die<br />

angestrebte Verzahnung von Theorie und Praxis gelten. Ihre Übertragung<br />

auf alle Studenten überstiege die Personalressourcen der<br />

Studienseminare um ein Mehrfaches und die Kapazität der Schulen<br />

ebenso.<br />

Sorge bereiten, die Verdrängung einer soliden grundständigen fachwissenschaftlichen<br />

Ausbildung vom ersten Semester an durch die<br />

Zusammenführung der Studenten aller Schularten und die drastische<br />

Erhöhung pädagogischer Anteile im BA-Studium und damit<br />

einhergehend der Verlust an Durchlässigkeit zu anderen universitären<br />

Abschlüssen. Stärker wissenschaftsorientierte Studienanfänger<br />

(und dies gilt für einen großen Teil der jetzigen Gymnasiallehrer)<br />

könnten für Lehramtsstudiengänge verloren gehen.<br />

... ein letzter Blick<br />

Seit einigen Jahren steigen die Einstellungschancen für Sozialkundelehrer<br />

beträchtlich. 2002 erhielten nahezu alle Absolventen der<br />

Studienseminare eine Beschäftigung. In den nächsten Jahren wird<br />

die Lage ähnlich gut bleiben!<br />

Ulrike Westerburg, Fachleiterin für Sozialkunde,<br />

Studienseminar Koblenz<br />

Rainer Kohlhaas, Fachleiter für Sozialkunde,<br />

Studienseminar Bad Kreuznach<br />

Die Umsetzung von Lernarrangements in weiterführenden Schulformen<br />

der BBS (z.B. in der Fachoberschule oder in einem Leistungskurs<br />

Sozialkunde am beruflichen Gymnasium - Technisches<br />

Gymnasium) mit den Bildungsabschlüssen Fachhochschulreife oder<br />

Allgemeine Hochschulreife erfordert umfassende fachwissenschaftliche,<br />

-didaktische und methodische Kenntnisse- und Fähigkeiten.<br />

Aus diesen Rahmenbedingungen ergibt sich zwangsläufig, dass<br />

Sozialkundelehrerinnen und -lehrer an der BBS sich ständig mit<br />

Fragen der didaktischen Reduktion, der Binnendifferenzierung und<br />

Fach übergreifenden Unterrichtsprojekten auseinandersetzen und<br />

dabei Lernarrangements entwickeln, die elementare didaktische<br />

Prinzipien politischer Bildung, wie Problem- und Handlungsorientierung,<br />

Schülerorientierung (u. a. Bezüge zur Lebens- und Arbeitswelt)<br />

und Wertebewusstsein umsetzen.<br />

Für die meisten dieser Schulformen liegen neuere Lehrpläne vor,<br />

die sich (soweit das Fach Sozialkunde als Schulfach vorgesehen ist)<br />

modernen didaktischen Prinzipien politischer Bildung (wie z.B.<br />

Problemorientierung, Handlungsorientierung, Schülerorientierung,<br />

Projektidee etc.) verpflichtet fühlen. Viele Kolleginnen und<br />

Kollegen engagieren sich zusätzlich in Schulentwicklungsprojekten,<br />

Schulleitbildkommissionen und Teamprojekten, womit sie<br />

letztendlich auch „politische Bildungsarbeit“ verrichten, indem sie<br />

ihren qualitativen Beitrag leisten zur Entwicklung einer demokratischen,<br />

Werte bewussten Schulkultur.<br />

Der Sozialkundeunterricht an der Schulform „Berufsschule“<br />

Der zahlenmäßig größte Teil der Schülerinnen und Schüler der


BBS besucht die Schulform „Berufschule“ im Rahmen des sog.<br />

Dualen Systems. Dabei wird die Ausbildung von den dualen Partnern<br />

Betrieb und Schule organisiert, meist so, dass die Schülerinnen<br />

und Schüler an 1 - 2 Tagen in der Woche die Berufsschule<br />

besuchen. Aus dem Schulgesetz und den gültigen Lehrplänen lassen<br />

sich hehre Ziele für den Sozialkundeunterricht ableiten: „Die<br />

Demokratie braucht mündige Bürger, die fähig und bereit sind, Zukunftsaufgaben<br />

zu übernehmen und elementare Herausforderungen<br />

in der Gesellschaft zu meistern.“ Entgegen diesen Zielvorgaben und<br />

den Lippenbekenntnissen vieler Politiker über den Stellenwert<br />

politischer Bildung gerade auch im Rahmen einer fundierten Berufsausbildung<br />

wurde mit der Berufsschulverordnung vom 13.<br />

August 1997 der Unterricht radikal gekürzt. Die ursprünglich getrennten<br />

Fächer Sozialkunde und Wirtschaftslehre wurden zusammengefasst,<br />

wobei der Unterrichtsumfang insgesamt etwa um die<br />

Hälfte von 240 auf 120 Stunden reduziert wurde.<br />

Der mit dieser radikalen Verkürzung des Unterrichts verbundene<br />

Kahlschlag in der politischen Bildung an der Berufsschule wird<br />

auch nicht durch die Einführung eines Wahlpflichtfaches „Politik“<br />

behoben, das gemäß Berufsschulverordnung angeboten werden<br />

muss, wenn mindestens 15 Schülerinnen und Schüler, die organisatorisch<br />

in einer Lerngruppe zusammengefasst werden können,<br />

sich dafür melden. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass<br />

diese Möglichkeit von den meisten Schulen erst gar nicht angeboten<br />

wird und somit reinen Alibicharakter besitzt. Dies stimmt auch<br />

insofern traurig, als inzwischen genügend gut ausgebildete Fachlehrerinnen<br />

und -lehrer zur Verfügung stehen, um einen qualifizierten<br />

Unterricht zu erteilen. Auch der entsprechende Lehrplanentwurf<br />

zum Wahlpflichtfach Politik als Curriculum im Prozess<br />

kann mit seinen inhaltlichen Schwerpunktsetzungen und den dargelegten<br />

Handlungsimpulsen in seiner Konzeption überzeugen. Es<br />

bleibt zu hoffen, dass er zumindest in den Fachkonferenzen rezipiert<br />

wird und auch wertvolle Anregungen geben kann für Projekte,<br />

die im Rahmen des neuen Unterrichtsfaches Sozialkunde/Wirtschaftslehre<br />

umgesetzt werden können.<br />

Ein elementarer Kritikpunkt in der Ausbildung ist die bisherige<br />

Form der Kammerprüfung (Gesellenprüfung), die sich überhaupt<br />

nicht an den im Lehrplan orientierten Zielvorgaben orientiert und<br />

die jegliche schulische Vorleistungen der Schülerinnen und Schüler<br />

ignoriert. Die Kenntnisprüfung im Fach Wirtschafts- und Sozialkunde<br />

ist größtenteils immer noch als reine Ankreuzübung<br />

konzipiert und zeigt sich als Mischung zwischen teils banal anmutenden<br />

Aufgaben und Abfragen arbeitsrechtlichen Spezialwissens.<br />

Beispielfragen aus der programmierten Aufgabendatenbank<br />

Welcher Betrieb ist ein Handwerksbetrieb?<br />

a) Baumarkt b) Buchhandlung c) die Bäckerei<br />

d) das Einzelhandelsgeschäft<br />

Wie hoch ist der Zuschlag für das zusätzliche Urlaubsgeld?<br />

a) 35 % des Urlaubsentgelts b) 15 % des Urlaubsentgelts<br />

c) 25 % des Urlaubsentgelts d) 10 % des Urlaubsentgelts<br />

Fragen, die das Denk- und Urteilsvermögen der Schülerinnen und<br />

Schüler herausfordern und kreative Lösungsvarianten zulassen, sind<br />

nicht vorgesehen. Der Anteil der Fragen aus dem Bereich Wirtschaftslehre<br />

beträgt teilweise bis zu 70 %. Als verantwortlicher Pädagoge,<br />

der die Klasse gewissenhaft auf die Prüfung vorbereitet, ist<br />

man folglich gezwungen, die letzten Wochen vor der Gesellenprüfung<br />

mit den Schülerinnen und Schüler wertvolle Unterrichtszeit auf<br />

MT_Berkessel_12/02 9<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Politische Bildung<br />

das stupide Ausfüllen von sog. Prüfungsvorbereitungsheften (vergleichbar<br />

der Führerscheinprüfung) zu verwenden. Mit politischer und ökonomischer<br />

Bildung und der Vermittlung eines kritischen Denk- und<br />

Urteilsvermögens haben diese Modalitäten nicht das Geringste zu tun.<br />

Folgende Forderungen sind daher überfällig:<br />

1. Die schulischen Vorleistungen der Schülerinnen und Schüler<br />

sollten mit einem Anteil von 40 % als Vornote in die Gesellenprüfung<br />

einfließen.<br />

2. Die Fragestellungen sollten sich stärker an den Zielvorstellungen<br />

des bestehenden Lehrplans orientieren und federführend von<br />

den Lehrkräften konzipiert werden.<br />

Zur Situation des Faches Sozialkunde in der Ausbildung<br />

(Lehramt für berufsbildende Schulen)<br />

Die Universität Kaiserslautern ist für Lehramtsstudierende mit Erstfach<br />

Elektrotechnik, Maschinenbau oder Bautechnik ein beliebter<br />

Studienort, als Zweitfach wird dabei oft das Studienfach Sozialkunde<br />

gewählt. In Anbetracht der Tatsache, dass in Zukunft in<br />

vielen Fachgebieten in der Ausbildung Lernfeld orientierte, Fach<br />

übergreifende Lehrplankonzepte verstärkt umgesetzt werden, erscheint<br />

diese Studienkombination (technisches Fach + allgemein<br />

bildendes Fach) sehr sinnvoll. Als Konsequenz aus der Zusammenlegung<br />

der Fächer Sozialkunde und Wirtschaftslehre in der Schulform<br />

Berufsschule wurde der Studiengang Wirtschaftslehre eingestellt,<br />

wobei grundlegende wirtschaftswissenschaftliche Studieninhalte<br />

Eingang fanden in die neue Studienordnung für das Fach<br />

Sozialkunde. Diese Regelung erscheint als sinnvolle Verzahnung<br />

politischer und ökonomischer Bildung.<br />

Im Hinblick auf Professionalisierung und Qualitätssicherung künftiger<br />

Lehrerausbildung ist es bereits zu einer stärkeren Verzahnung der<br />

ersten und zweiten Phase der Lehrerausbildung in Kaiserslautern gekommen.<br />

Im Rahmen der Erstausbildung an der Universität werden<br />

einzelne fachdidaktische Übungen und Seminare von Fachleitern aus<br />

den Studienseminaren mitgestaltet. Auf Anregung des Landesprüfungsamtes<br />

wird seit 1999 an der Universität Kaiserslautern auch ein Fachpraktikum<br />

in Sozialkunde/Wirtschaftslehre angeboten, das vom Studienseminar<br />

betreut und von den Studierenden sehr positiv bewertet<br />

wird. Ziel dieses Pilotprojektes ist die stärkere Verzahnung der wissenschaftlich<br />

orientierten Hochschulausbildung in der ersten Phase mit<br />

der stärker berufspraktisch orientierten zweiten Phase der Lehrerausbildung.<br />

Die Heranführung an die Unterrichtspraxis und das Kennenlernen<br />

zentraler Elemente des Unterrichtens und Erziehens im Berufsfeld<br />

Schule soll den Studierenden Chancen eröffnen, ihre an der<br />

Universität erworbenen fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen und<br />

erziehungswissenschaftlichen Kenntnisse frühzeitig im eigenen Unterricht<br />

einer fachpraktischen Überprüfung zu unterziehen. Die Auswertungen<br />

und Beratungsgespräche sollen ihnen auch Hilfestellungen<br />

leisten bei ihrer weiteren Studien- und Berufsmotivation.<br />

Diese ersten Kooperationsmodelle zeigen, dass die Universität Kaiserslautern<br />

geeignet erscheint als möglicher Standort eines Lehrerbildungszentrums<br />

im Konzept der neuen Lehrerausbildung. Es bleibt zu<br />

hoffen, dass der frei werdende Lehrstuhl „Politisches System der Bundesrepublik<br />

Deutschland / Innenpolitik“ wieder besetzt wird, damit<br />

in der künftigen Sozialkundelehrerausbildung für allgemein- und berufsbildende<br />

Schulen in Kaiserslautern auch qualifizierte Angebote<br />

gemacht werden können.<br />

StD Alfred Lui, Fachleiter für Sozialkunde und Wirtschaftslehre,<br />

Staatliches Studienseminar für BBS Speyer/<br />

Außenstelle Kaiserslautern<br />

IX


Politische Bildung<br />

„Wir brauchen eine Verstärkung der ökonomischen Bildung, aber wir brauchen<br />

kein eigenes Fach Ökonomie“<br />

Interview mit der Ministerin für Bildung, Frauen und Jugend, Doris Ahnen<br />

Aus Anlass der in dieser Sonderbeilage<br />

zur <strong>GEW</strong>-Zeitung<br />

dargestellten Bestandsaufnahme<br />

zur Lage der politischen Bildung<br />

in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>, führten<br />

Dr. Thomas Simon, Vorsitzender<br />

des rheinland-pfälzischen<br />

Landesverbandes der<br />

Deutschen Vereinigung für politische<br />

Bildung (DVPB), und<br />

Hans Berkessel (<strong>GEW</strong> und<br />

DVPB-LV-RLP) ein etwa eineinhalbstündiges<br />

Gespräch zum<br />

Thema, das hier in einer gekürzten<br />

Fassung abgedruckt<br />

wird. Dabei wurden die Situation<br />

des Sozialkundeunterrichts an allgemeinbildenden und berufsbildenden<br />

Schulen, die Frage nach der Bedeutung einer ökonomischen<br />

Grundbildung, die Situation der Sozialkundelehrer-<br />

Ausbildung, Schlussfolgerungen, die sich aus der PISA-Studie<br />

für die politische Bildung ergeben und schließlich Maßnahmen<br />

zur Stärkung der Partizipation von Jugendlichen diskutiert.<br />

Dr. Simon: Der erste Themenkomplex, den wir ansprechen möchten,<br />

betrifft die Situation des Sozial- und Gemeinschaftskundeunterrichts<br />

an allgemeinbildenden und insbesondere an berufsbildenden Schulen.<br />

Wie beurteilen Sie diese Situation? Welche Anregungen können Sie den<br />

Lehrer/innen im Lande mitgeben, die das Fach an der Berufsbildenden<br />

Schule unterrichten.<br />

Ahnen: Der Sozialkundeunterricht an unseren Schulen ist aus<br />

meiner Sicht ein wichtiges Fach, wobei wir, wenn wir über politische<br />

Bildung reden, nicht nur den Sozialkundeunterricht in den<br />

Blick nehmen dürfen. Der Sozialkundeunterricht vermittelt wichtige<br />

Inhalte und wichtige Grundlagen, aber in Teilbereichen findet<br />

politische Bildung zwangsläufig auch in Fächern wie Erdkunde<br />

und Geschichte statt. Dies muss ineinander greifen. Im Übrigen<br />

bin ich der Meinung, dass über die Fächer hinaus, politische<br />

Bildung und dabei insbesondere die aktive Beteiligung von Jugendlichen<br />

eben auch insgesamt eine Aufgabe der Schulgemeinschaft<br />

ist und sich nicht nur auf ein einzelnes Fach beschränken<br />

kann. Die Situation in den berufsbildenden Schulen ist sicher noch<br />

einmal eine spezifische - wobei man hier auch unterscheiden muss<br />

zwischen Teilzeit und Vollzeit berufsbildenden Schulen - weil die<br />

politische Bildung hier natürlich stärker auf berufsbezogene Inhalte<br />

konzentriert ist. Trotzdem finde ich es wichtig, dass auch<br />

allgemein bildende Inhalte in den berufsbildenden Schulen vermittelt<br />

werden, und auf dieser Linie haben wir uns in der Vergangenheit<br />

immer engagiert und werden dies auch in Zukunft tun.<br />

Dr. Simon: Könnten Sie sich vorstellen, den Prüfungsbereich Sozialkunde<br />

aus der alleinigen Verantwortung der IHK herauszunehmen<br />

und den berufsbildenden Schulen und den Kollegien ein Stück Mitverantwortung<br />

zu übertragen?<br />

X<br />

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22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Ahnen: Da ja der Unterricht an den berufsbildenden Schulen nicht<br />

auf den Sozialkundeunterricht beschränkt ist, ist dies eine generelle<br />

Frage: Wie verhält es sich mit der Prüfung? Und wieweit sind<br />

schulische Leistungen in diese Prüfung einbezogen? Ich sehe im<br />

Moment keine Chance, hier jetzt isoliert für die Sozialkunde zu<br />

Veränderungen zu kommen. Und bezüglich der generellen Frage<br />

sind wir immer wieder im Gespräch.<br />

Berkessel: Aus einer Erhebung unter Mitgliedern unseres Verbandes<br />

geht hervor, dass neben der verständlichen Klage über die Einstündigkeit<br />

des Faches, viele Kolleginnen und Kollegen monieren, dass der<br />

Sozialkundeunterricht an vielen Schulen offenbar als fachfremder Unterricht<br />

erteilt wird. Andererseits sind die Empfehlungen, die vom Ministerium<br />

in Richtung Lehrerausbildung gegeben werden, so gehalten,<br />

dass nun nicht gerade zugeraten wird, Sozialkunde zu studieren, obwohl<br />

doch offenkundig in der Praxis des schulischen Alltags ein Mangel<br />

an Sozialkundelehrerinnen und -lehrern besteht. Wie passt das zusammen?<br />

Ahnen: Ich möchte zunächst noch einmal auf die Frage nach dem<br />

Stundenansatz und die Problematik der einstündigen Fächer eingehen.<br />

Ich sehe sehr wohl auch die didaktischen Schwierigkeiten<br />

der einstündigen Fächer. Deswegen halte ich es für sehr wichtig,<br />

dass eine Fächer übergreifende Abstimmung stattfindet, damit so<br />

etwas wie politische Bildung eben auch über die Sozialkunde hinaus,<br />

verknüpft mit Erdkunde und Geschichte vermittelt werden<br />

kann. Ich bin aber andererseits sehr vorsichtig, die Wertigkeit eines<br />

inhaltlichen Bereiches am Stundenansatz zu messen. Ich möchte<br />

dies gerne an einem Beispiel aus dem Sommer des vergangenen<br />

Jahres verdeutlichen. Wir hatten rechtsextremistische Vorfälle und<br />

viele sagten, jetzt muss der Anteil der Sozialkunde gesteigert werden.<br />

Zur gleichen Zeit forderten die Wirtschaftsverbände ein eigenes<br />

Fach Wirtschaft; der VDI ein Fach Technik. Dann war das<br />

europäische Jahr der Sprachen, und alle Welt sagte, die modernen<br />

Fremdsprachen brauchen einen höheren Stundenansatz, und<br />

schließlich gab es aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Situation<br />

auch genügend Stimmen, die nach einer Ausweitung der Fächer<br />

Religion und Ethik verlangten. Jeder hat seine Interessen richtig<br />

vertreten, und jede dieser Forderungen war für sich genommen<br />

auch nachvollziehbar. Die Politik hat aber nun die Aufgabe diese<br />

divergierenden Interessen und Forderungen zusammenzubringen.<br />

Und selbst bei einer denkbaren Erweiterung der Stundentafel hätte<br />

ich diese unterschiedlichen Anliegen nie unterbringen können.<br />

Insofern kann sich auch ein Fach wie Sozialkunde nicht der Diskussion<br />

um die Frage entziehen: Was wollen wir unseren Schülerinnen<br />

und Schülern vermitteln und mit auf ihren weiteren Lebensweg<br />

geben? Und dann müssen die Lehrerinnen und Lehrer,<br />

muss die Schule sagen: Wie können wir das erreichen? Ich habe<br />

aber den Eindruck, bei uns läuft die Debatte immer umgekehrt:<br />

Zuerst reden wir mal über den Stundenansatz, dann überlegen wir,<br />

wie das alles auch noch zueinander passt. So werden wir - davon<br />

bin ich fest überzeugt - nicht weiterkommen.<br />

Dr. Simon: Zwei ergänzende Fragen: Kennen Sie ungefähr den Bedarf<br />

an Sozialkundelehrerinnen und -lehrern in den nächsten fünf bis zehn


Jahren? Und welches Maß an fachfremdem Unterricht halten Sie für<br />

erträglich?<br />

Ahnen: Also zur ersten Frage, den fächerspezifischen Bedarf kann<br />

ich Ihnen im Moment nicht sagen. Das ist auch ausgesprochen<br />

schwierig. Wir versuchen im Moment eine stärker fächerbedarfsorientierte<br />

Prognose zu erstellen, aber auch die hat erhebliche<br />

Ungenauigkeiten. Insofern ist das im Moment für mich nicht mit<br />

einer Zahl quantifizierbar. Das gilt aber insgesamt für Lehrerbedarfsprognosen.<br />

Es gibt dabei eine ganze Reihe von Unbekannten,<br />

z.B. die Frage der Ruhestandsversetzung, der Inanspruchnahme<br />

der Altersteilzeit und vieles anderes. Zu Ihrer Frage nach dem fachfremden<br />

Unterricht kann ich nur sagen, da gibt es eigentlich kein<br />

erträgliches Maß, das ist vielmehr immer eine Frage der Alternative.<br />

Wenn ich z.B. an einer kleinen Schule nur einen Sozialkundelehrer<br />

habe, der aber den Unterricht z.B. in den 9. Klassen nicht<br />

abdecken kann, dann sage ich, wenn es jemanden gibt, der Geschichte<br />

studiert hat und eine Lehrerfort- und -weiterbildung in<br />

Sozialkunde gemacht hat, dann ist es besser, dass der in der 9a und<br />

in der 9b Sozialkundeunterricht anbietet, als wenn keiner stattfände.<br />

Ich möchte ergänzend darauf hinweisen, dass es inzwischen die<br />

ersten schulscharfen Ausschreibungen im Fach Sozialkunde gibt,<br />

d. h. wir haben hier noch ein zusätzliches Bedarfssteuerinstrument<br />

eingebaut, um solchen Unterrichtsausfall auch zu verhindern.<br />

Berkessel: Lassen Sie uns an dieser Stelle noch einmal zur Frage nach<br />

den Anforderungen an das Fach Sozialkunde zurückkommen. Ich nenne<br />

als Stichwort die „ökonomische Bildung“. Welche Position vertreten Sie<br />

denn innerhalb der öffentlichen Diskussion, deren eine Richtung ein<br />

eigenes Fach „Ökonomie“ oder „Wirtschaftskunde“ zu Lasten etwa der<br />

Sozialkunde verlangt, während andere gute Ansätze sehen, wirtschaftskundliche<br />

Inhalte in das Fach Sozialkunde zu integrieren?<br />

Ahnen: Wir brauchen eine Verstärkung der ökonomischen Bildung,<br />

aber wir brauchen aus meiner Sicht kein eigenes Fach Ökonomie,<br />

wobei wir in Teilbereichen ja bereits etwas Ähnliches haben, wenn<br />

ich etwa an den Wahlpflichtbereich an Realschulen oder an das<br />

Fach Arbeitslehre an Haupt- und Gesamtschulen denke. Ein eigenes<br />

zusätzliches Fach halte ich nicht für praktikabel, eine Verstärkung<br />

der Anteile der ökonomischen Bildung allerdings ja. Ich kann<br />

mir weder vorstellen, dass man Sozialkunde unterrichtet, ohne auch<br />

Kenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge zu vermitteln, noch<br />

dass man Erdkunde oder Geschichte lehren kann, ohne dabei auch<br />

wirtschaftlichen globalen aktuellen oder historischen Fragestellungen<br />

nachzugehen. Ich kann mir im Gegenteil sehr wohl vorstellen,<br />

dass man auch in einem Fach wie Mathematik stärker auf ökonomische<br />

Zusammenhänge eingehen kann. Das gilt auch für den<br />

Deutschunterricht und viele andere Fächer.<br />

Da ich aber den Ansatz, bei jedem inhaltlichen Bedürfnis immer<br />

noch ein zusätzliches Fach draufzusatteln, für nicht praktikabel<br />

und letztlich auch nicht für wirkungsvoll halte, weil es sich ja dabei<br />

wieder um ein einstündiges Fach handelte und damit um eine<br />

Unterrichtssituation, die Sie ja zu recht beklagen, bin ich sehr dezidiert<br />

der Meinung, dass wir diesen Bereich Fächer übergreifend<br />

integrieren müssen. Deswegen haben wir ja Richtlinien zur ökono-mischen<br />

Bildung erarbeitet, die in die Schulen gegeben wurden.<br />

Berkessel: Können Sie uns einmal sagen, wie man sich das in der Praxis<br />

vorzustellen hat? Nach unserem Eindruck haben sowohl die Erstaus-<br />

MT_Berkessel_12/02 11<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

Politische Bildung<br />

bildung als auch die Lehrerfortbildung bisher im Bereich ökonomische<br />

Bildung enorme Defizite. Was kann aus Ihrer Sicht hier geschehen, um<br />

Lehrerinnen und Lehrern Mut zu machen, sich an dieses Thema mehr<br />

als bisher heranzutrauen.<br />

Ahnen: Die Frage nach der praktischen Umsetzung stellt sich natürlich<br />

bei jedem Projekt, das wir auf den Weg bringen, weil sich<br />

die praktische Umsetzung letztlich in 1.700 Schulen im Land<br />

vollziehen muss. Daher werden diese Empfehlungen an die Schule<br />

als Ganzes herantragen. Und wir bitten die Schulleitungen, alle,<br />

die davon betroffen sind, in den Schulen zusammen zu rufen und<br />

dann auch ein entsprechendes Konzept für die jeweilige Schule zu<br />

entwickeln. Das ist ein Bestandteil von Qualitätsentwicklung von<br />

Schule, so wie wir das ja insgesamt auf den Weg bringen. Sie wissen,<br />

mit dem Schuljahr 2002/2003 sollen die Schulen sich ein<br />

Qualitätsprogramm geben, in dem sie auch Ziele festschreiben und<br />

formulieren: Auf welchem Wege und mit welchen Methoden wollen<br />

wir diese Ziele erreichen? Dazu gehört für mich auch der Bereich<br />

ökonomische Bildung. Die Einführung dieses Bereichs muss<br />

natürlich durch entsprechende Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung<br />

begleitet werden. Da gibt es auch bereits Ansatzpunkte,<br />

wobei man nicht nur mit Hilfe von Präsenzveranstaltungen<br />

sondern auch durch Fernweiterbildungsangebote Zusatzqualifikationen<br />

erwerben kann, wie beispielsweise in dem Projekt „Ökonomische<br />

Bildung online“ deutlich wird, das wir gemeinsam mit der<br />

Bertelsmann-Stiftung durchführen.<br />

Zudem ist schon heute zum Beispiel in der neuen Landesverordnung<br />

für Gymnasien festgelegt, dass Studierende des Faches Sozialkunde<br />

im Grundstudium eine Übung in Volkswirtschaft oder<br />

Wirtschaftspolitik belegen müssen.<br />

Dr. Simon: Das kann ich bestätigen: Der Stundenansatz ökonomischer<br />

Inhalte in den Studienordnungen hat sich relevant erhöht. Andererseits<br />

hängt aber die Wahlentscheidung der Studierenden zentral vom<br />

realen Studienangebot und der Betreuung ab. Es gibt in diesem Zusammenhang<br />

die Empfehlung der Deutschen Vereinigung für politische<br />

Wissenschaften, die von den klassischen fünf Teilgebieten ausgeht, die<br />

am besten jeweils durch eine Professur vertreten würden. Im Minimum<br />

sollten aber mindestens zwei Teilgebiete durch eine Professur vertreten<br />

sein.. Gibt es von Ihrer Seite Wünsche bzw. Mindestforderungen<br />

bezüglich der personellen Mindeststandards für die Erstausbildung der<br />

künftigen Sozialkundelehrerinnen und - lehrer?<br />

Ahnen: Zunächst gibt es da den Wunsch, dass eine qualifizierte<br />

Erstausbildung der Sozialkundelehrerinnen und -lehrer weiterhin<br />

an den Universitäten erfolgt. Aber, dazu habe ich viel zu lange<br />

Wissenschaftspolitik gemacht, als dass ich mich auf eine Debatte<br />

einlassen würde, die da heißt: Die Qualität misst sich daran, ob es<br />

für fünf oder 27 Teilgebiete fünf Professoren oder 27 Professoren<br />

habe. Ich kann Ihnen aufgrund ganz persönlicher Erfahrungen<br />

sagen: Wenn Sie einen hervorragenden Professor haben, dann gehen<br />

die Studierenden ganz jenseits von irgendwelchen Teilgebieten<br />

in dessen Veranstaltungen und bekommen dort sehr viel mit.<br />

Berkessel: Aber dennoch - unabhängig davon, ob die Teilgebiete nun<br />

durch eine Professur oder andere Vertreter der akademischen Lehre abgedeckt<br />

werden - spielt ja die Breite des Lehrangebotes, d. h., welche<br />

Teilgebiete überhaupt angeboten werden, eine entscheidende Rolle für<br />

die Qualität der Ausbildung. Wenn das Lehrangebot so aussieht, dass<br />

bestimmte Teilbereiche überhaupt nicht oder nur in Rudimenten vorhanden<br />

sind, also etwa nur durch Übungen oder fakultative Veranstal-<br />

XI


Politische Bildung<br />

tungen repräsentiert sind, dann sind damit doch unabdingbar Defizite<br />

hinsichtlich der Qualität verbunden. Wenn man also z.B. das Studienangebot<br />

an den Universitäten Mainz und Kaiserslautern vergleicht,<br />

dann liegen da schon Welten dazwischen. Und es kann doch nicht angehen,<br />

dass künftige Lehrerinnen und Lehrer mit völlig unterschiedlichem<br />

Fundament in die Schulen kommen.<br />

Ahnen: Die Qualität eines Studiengangs lässt sich nicht allein an<br />

der Anzahl der dort beschäftigten Professorinnen und Professoren<br />

messen. Ich lege Wert darauf, dass es eine vernünftige Ausbildung<br />

gibt. Dazu gehört sicher auch eine vernünftige Personalausstattung.<br />

Ich möchte meine generelle Position noch einmal an einem<br />

Beispiel verdeutlichen: Wenn ich zum Beispiel an einer Hochschule<br />

einen tollen Ökonomen in einem benachbarten Fachbereich zur<br />

Politikwissenschaft habe, dann ist dies auch eine andere Situation,<br />

als wenn ich nur einen oder zwei Professoren in der Politikwissenschaft<br />

habe, die nur ganz eng ihr Fachgebiet abdecken. Da muss<br />

man sich die Situation vor Ort anschauen. Eine Definition, die<br />

sich darauf beschränkt zu sagen, für jedes Teilgebiete der Politikwissenschaft<br />

muss es auch jeweils einen Professor geben, der dieses<br />

abdecken, ist aus meiner Sicht nicht zielführend. Entscheidend<br />

ist, dass das, was in den Studienordnungen gefordert wird, auch<br />

vorgehalten und qualitativ hochstehend angeboten wird. Das ist<br />

für mich die Messlatte.<br />

Berkessel: Wenn Sie die Ergebnisse der PISA-Studie und auch des Ländervergleichs<br />

nehmen, gibt es da für Sie Zusammenhänge mit der politischen<br />

Bildung. Ich nenne einmal zwei Stichworte: Aus der Studie<br />

ergibt sich, dass die Förderung der schwächeren Schüler, insbesondere<br />

auch ausländischer Schülerinnen und Schüler, also von Kindern und<br />

Jugendlichen aus Migrationsfamilien, bei weitem nicht ausreicht bzw.<br />

zu unbefriedigenden Ergebnissen führt. Der zweite Aspekt, der unseren<br />

Bereich vielleicht tangiert, ist die Frage nach der Chancengleichheit.<br />

Dies war ja in den siebziger Jahren ein zentrales Thema, gerade<br />

auch sozialdemokratischer Bildungspolitik. Und nun stellen wir fest,<br />

dass auch da, wo man sich dieses Ziel besonders auf die Fahnen geschrieben<br />

hat, es in der Realität, doch nicht so bewerkstelligt worden<br />

ist.<br />

Ahnen: Also, wenn Sie damit ausdrücken wollten, dass die Sozialdemokraten<br />

und die sozialdemokratisch regierten Länder damit<br />

besondere Schwierigkeiten haben, dann muss ich Ihnen mit Nachdruck<br />

widersprechen. Es gibt insgesamt für die Bundesrepublik,<br />

explizit schon bei PISA-International und jetzt bei PISA-E bestätigt<br />

für alle Bundesländer, zwei Erkenntnisse, die neben dem<br />

schlechten Leistungsstand der Schülerinnen und Schüler aus meiner<br />

Sicht sehr betrüblich sind. Das eine ist, dass es nach wie vor<br />

einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und<br />

sozialer Herkunft gibt. Der Bildungserfolg wird auch bei PISA<br />

anhand zweier unabhängiger und nicht miteinander korrelierender<br />

Indikatoren festgestellt. Der eine ist formal die Bildungsbeteiligung,<br />

d.h. wieviel Kinder - nach dem klassischen Schichtenmodell<br />

- aus einem Arbeiterhaushalt besuchen ein Gymnasium bzw.<br />

wieviel schwieriger ist es für ein Arbeiterkind ein Gymnasium zu<br />

besuchen. Das wird dann noch einmal korreliert mit den tatsächlichen<br />

kognitiven Fähigkeiten dieser Kinder. Und hier ist es nun<br />

so, dass Bayern dabei sehr schlecht abschneidet, und Bayern ist ja<br />

nun nicht gerade sozialdemokratisch regiert. Aber auch <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> hat hier ein Problem so wie auch alle anderen Bundesländer.<br />

Der zweite Punkt ist, dass dann untersucht wird, wie der Leistungsstand<br />

der Schülerinnen und Schüler unter dem Aspekt der sozia-<br />

XII<br />

MT_Berkessel_12/02 12<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

len Herkunft aussieht. Und da ist es dann so, dass wir in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>,<br />

wenn auch nicht zufrieden stellend, - es schneidet in<br />

diesem Zusammenhang niemand zufriedenstellend ab - aber auch<br />

nicht auffällig schlecht abschneiden. Wir lösen dieses Problem sogar<br />

etwas besser als andere Bundesländer. Insofern ist dieses Problem<br />

aus meiner Sicht sehr differenziert zu betrachten. Der zweite<br />

Befund bezieht sich auf die Kinder mit Migrationshintergrund,<br />

die nach wie vor erhebliche Benachteiligungen und Schwierigkeiten<br />

haben. Wahrscheinlich überlagern sich auch die beiden Befunde<br />

und ihre Ursachen, diese sind nicht völlig unabhängig voneinander.<br />

Und auch hier gilt: Alle Länder haben Handlungsbedarf,<br />

manche etwas mehr und manche etwas weniger. Bei uns in<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> ist es so, dass wir hier im mittleren Bereich liegen.<br />

Es gibt Bundesländer, in denen die Diskrepanz zwischen deutschen<br />

Kindern und Kindern mit Migrationshintergrund sehr viel<br />

größer ist. In beiden Fällen ergibt sich hieraus die klare Aufforderung<br />

zum Handeln, damit kann man nicht zufrieden sein, da muss<br />

man etwas tun im Bereich der Migrationskinder. Inzwischen haben<br />

wir eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht,<br />

die vor allem auf eine frühere Förderung der Deutschkenntnisse<br />

hinaus laufen, schon im Kindertagesstättenbereich, die aber auch<br />

in andere Bereiche hinein reichen. So wollen wir Realschulen und<br />

Gymnasien in Ballungszentren auswählen, die für „Seiteneinsteiger“,<br />

die zu einem späteren Zeitpunkt nach Deutschland gekommen<br />

sind, zwar noch sprachliche Probleme haben, aber ansonsten<br />

erfolgreich an einem Realschul- oder Gymnasialbildungsgang teilnehmen<br />

können, besondere Förderangebote machen. Der Aspekt<br />

der sozialen Herkunft ist mindestens genauso problematisch. Ich<br />

sage Ihnen, bisher hat mir niemand eine bessere Antwort gegeben,<br />

als die der Ganztagsschule. Die Analysen zeigen, dass diese Kinder<br />

dadurch benachteiligt sind, dass sie ein wenig bildungsnahes<br />

und wenig bildungsanregendes heimisches Umfeld haben, im Gegensatz<br />

zu den Schülerinnen und Schülern, die Bildungsangebote<br />

im Elternhaus oder durch vom Elternhaus organisierte Angebote<br />

erfahren. Wenn man hier ein Stück mehr Chancengleichheit herstellen<br />

will, kann dies mit Hilfe der Ganztagsschule funktionieren.<br />

Das ist zumindest einer der zentralen Ansatzpunkte. Ich war beispielsweise<br />

in einer Schule in einem sozialen Brennpunkt, die zum<br />

laufenden Schuljahr Ganztagsschule geworden ist und deshalb über<br />

enorm hohe Anmeldezahlen verfügt. Ich habe erfahren, was die<br />

Kinder brauchen und was sie, wenn sie keine Ganztagsangebot<br />

haben, am Nachmittag erleben. Insofern bin ich fest davon überzeugt,<br />

dass Ganztagsschule hier eine mögliche Antwort ist. Nun<br />

zum Zusammenhang mit der politischen Bildung: Da politische<br />

Bildung im weitesten Sinne unser Zusammenleben in dieser Gesellschaft<br />

behandelt, betrifft das alles auch die politische Bildung.<br />

Und wenn ich jetzt an Kinder mit Migrationshintergrund denke<br />

oder auch an solche, die soziale Benachteiligung erfahren, dann<br />

hat die Schule insgesamt - sicherlich auch über die politische Bildung<br />

- natürlich auch den Auftrag, solche Dinge bewusst zu machen,<br />

dafür zu sensibilisieren und den Umgang damit einzuüben.<br />

Das wären für mich die mittelbaren Konsequenzen aus PISA. Zur<br />

politischen Bildung direkt macht die PISA-Studie selbst keine<br />

Aussagen.<br />

Berkessel: Sie haben ja eben selbst an einem konkreten Beispiel deutlich<br />

gemacht, dass gerade Schulen, die sich in so genannten „sozialen<br />

Brennpunkten“ befinden, gerne zu dem Instrumentarium der Ganztagsschule<br />

greifen. Gibt es von Seiten des Ministeriums Überlegungen


oder bereits Konzepte, wie man mit Problemen wie Gewalt in der Schule<br />

oder Diskriminierung von Ausländern auch im Rahmen der Ganztagsangebote<br />

und vielleicht in Kooperation mit anderen Trägern stärker<br />

und nachhaltiger einwirken kann?<br />

Ahnen: Ich möchte in zwei Teilen antworten. Zunächst mal zu<br />

den Maßnahmen jenseits von Ganztagsschule: Wenn ich über politische<br />

Bildung spreche, dann rede ich im Kern von Erziehung<br />

zur Demokratie und von Beteiligungsmöglichkeiten von Schülerinnen<br />

und Schülern. Deswegen verstehe ich politische Bildung<br />

auch als Angebot, das über den Sozialkundeunterricht hinaus geht,<br />

zum Beispiel auch in alledem, was wir im Bereich der Schülerinnen-<br />

und Schülervertretung haben; in all dem, was wir an Jugendprojekten<br />

auf den Weg bringen, bis hin zu der Verankerung von<br />

Beteiligungsmöglichkeiten von Jugendlichen in der Kommunalverfassung.<br />

Da ist es ja auch eine ganz gute Situation, dass wir das<br />

beides in der Regierung innerhalb eines Ressorts haben, sowohl<br />

den Kinder- und Jugendbereich, als auch den Schulbereich. Und<br />

wenn es eine wirklich dominante Debatte im Moment in diesem<br />

Bereich gibt, so ist es die, dass wir die Institutionengrenzen ein<br />

Stück weit aufweichen und die Bildungsprozesse von Kindern und<br />

Jugendlichen übergreifend verstehen. Die Ganztagsschule hat für<br />

mich gerade in diesem Bereich die riesige Chance - einfach durch<br />

einen erweiterten Zeitrahmen - ein Stück weit ganzheitlicher und<br />

beispielsweise ohne zeitlich Stückelung Projekt orientiert zu arbeiten<br />

und - das hoffe ich natürlich auch - eine Reihe von konkreten<br />

Beteiligungsmöglichkeiten stärker noch ins Schulleben einbringen<br />

zu können.<br />

Berkessel: Lassen Sie uns noch etwas konkreter auf die Jugendpolitik<br />

eingehen. Welche Möglichkeiten sehen Sie persönlich, um dem, was ja<br />

in allen Jugendstudien immer wieder bestätigt wird, nämlich dass Jugendliche<br />

eine zunehmende Distanz zu den traditionellen Formen und<br />

Institutionen der Politik, also etwa Parteien und deren Vertretern, entwickeln<br />

- was ja nicht heißt, dass die Mehrzahl der Jugendlichen unpolitisch<br />

ist - ein Stück weit entgegen zu wirken?<br />

Die Landeszentrale für politische Bildung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Bildung verändert Denken und Verhalten der Menschen, vermittelt Orientierung<br />

und ist damit eine Investition in die Zukunft. Politische Bildung zu<br />

leisten und zu fördern, das ist die Aufgabe der „Landeszentrale politische Bildung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>“ (LpB). Das Team der Landeszentrale erfüllt diese<br />

Aufgabe mit Veranstaltungen und Publikationen, mit alltäglicher Kleinarbeit<br />

und mit großen „Events“.<br />

Die LpB unterstützt die Bildungsarbeit vor allem durch Förderung und Zusammenarbeit<br />

mit anderen Bildungseinrichtungen in Form von Projekten<br />

und Seminaren, aber auch mit Materialien. Sie berät und führt eigene Veranstaltungen<br />

und Fachtagungen zu Themen politischer Bildung durch und gibt<br />

eigene Publikationen heraus. Ihre Schriftenausgabe und die Bibliothek stehen<br />

allen Bürgerinnen und Bürgern in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> zur Verfügung.<br />

Bei all dem gilt: Besonders wichtig ist der LpB die Entwicklung, Umsetzung<br />

und Evaluierung von Modernisierungselementen in der politischen Bildung,<br />

die Besetzung und Aufbereitung neuer Themen für die politische Bildung,<br />

Politische Bildung<br />

Ahnen: Wir haben zum Beispiel das übergreifende Programm Kinderfreundliches<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Dort finden die unterschiedlichsten<br />

Aktivitäten aus den verschiedenen Ressorts meines Hauses<br />

Eingang. Ich nenne zwei Beispiele aus dem schulischen Bereich.<br />

So haben wir schon für die Grundschule diese wunderbare Broschüre<br />

„Kinder mischen mit“, die an vielen praktischen Beispielen<br />

zeigt, was man auch schon in der Grundschule tun kann. Das zweite<br />

Beispiel ist Kinder gestalten Gemeinschaft, für die dritte bis sechste<br />

Klasse und schließlich die Aktion Menschenrechte - Menschenpflichten.<br />

Das sind für mich wichtige Dinge und konkrete Beispiele um<br />

deutlich zu machen, was man in der Schule tun kann. Wir haben<br />

ein Netzwerk Partizipation, mit dem wir die Jugendvertreterinnen<br />

und Jugendvertreter zusammen bringen wollen. Wir haben darüber<br />

hinaus konkrete Projekte, in denen wir uns an die Kommunen<br />

wenden und aufzeigen, wie Kinder schon bei der Gestaltung<br />

Ihres Ortes beteiligt werden können. Spielleitplanung ist jetzt das<br />

Neueste dieser Projekte, das wir mit einigen Kommunen zusammen<br />

umsetzen. Wir haben inzwischen 53 Beraterinnen und Berater<br />

für Partizipation, die genau solche Projekte vor Ort mit auf<br />

den Weg bringen. Also, es gibt eine ganze Reihe von unterschiedlichen<br />

Maßnahmen, die versuchen diese unterschiedlichen Bereiche<br />

miteinander zu verzahnen. Aktuell beteiligen wir uns an einem<br />

Modellversuch der Bund-Länder-Kommission Demokratie<br />

lernen und leben, mit der Zielrichtung, vermehrt Beteiligungsmöglichkeiten<br />

von Schülerinnen und Schülern in und außerhalb von<br />

Schulen zu erproben.<br />

Dr. Simon: Herzlichen Dank, Frau Ministerin, für dieses Gespräch.<br />

Das MBFJ hält unter dem Titel Gewalt- und Extremismus-Prävention<br />

in der Schule in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> eine Zusammenstellung<br />

der bisherigen Programme und Aktivitäten vorrätig, die bei Herrn<br />

Gernot Stiwitz (Tel: 06131/16-4593;<br />

e-mail: Gernot.Stiwitz@mbfj.rlp.de) angefordert werden kann.<br />

Politische Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> - die Institutionen<br />

und ihre Aktivitäten<br />

auch unpopulärer. Thematisch ist die inhaltliche und methodisch-didaktische<br />

Weiterentwicklung der politischen Bildung im Hinblick auf neue Aufgaben<br />

und sich verändernde Rahmenbedingungen ein Schwerpunkt der Arbeit<br />

der LpB.<br />

Die parteipolitisch neutrale Tätigkeit der LpB wird von einem Kuratorium<br />

überwacht. Beraten wird die LpB durch den Landesarbeitsausschuss. Ein ständiger<br />

Gedankenaustausch findet mit der Bundeszentrale und den anderen 16<br />

Landeszentralen für politische Bildung statt.<br />

Landeszentrale für politische Bildung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Direktor: Hans-Georg Meyer<br />

Am Kronberger Hof 6, 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-16 29 70; Telefax: 16 29 80<br />

Internet: www.politische-bildung-rlp.de<br />

MT_Berkessel_12/02 13<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

XIII


Politische Bildung<br />

Fridtjof-Nansen-Akademie für politische<br />

Bildung im Weiterbildungszentrum<br />

Ingelheim<br />

Ziele und inhaltliche Schwerpunkte: Im Mittelpunkt unserer Arbeit stehen<br />

die großen gesellschaftlichen Umbrüche mit ihren Herausforderungen an die<br />

nationale und internationale Politik. Diese gewaltigen Aufgaben können nur<br />

bewältigt werden, wenn möglichst viele Menschen in die gesellschaftlichen<br />

Entscheidungs- und Verstehensprozesse eingebunden werden. Dazu wollen<br />

wir einen Beitrag leisten. Unsere Veranstaltungen zielen deshalb auf eine<br />

umfassende Information über ausgewählte Entwicklungen in Politik, Wirtschaft<br />

und Gesellschaft. Unser Leitziel ist auf den Aufbau von gerechten, sozialen<br />

und demokratischen Strukturen gerichtet. Der Grundsatz der parteipolitischen<br />

und weltanschaulichen Unabhängigkeit bleibt davon unberührt.<br />

Zu unseren Analyse-Schwerpunkten zählen insbesondere:<br />

• das Aufarbeiten von drängenden gesellschaftlichen Fragen in der Bundesrepublik;<br />

• das Vorantreiben des europäischen Integrationsprozesses und der Transformationsprozesse<br />

in den Ländern des ehemaligen Ostblocks;<br />

• Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und der Einbindung der „Dritten<br />

Welt“ in die internationale Staatengemeinschaft;<br />

Politische Bildung im Europa-Haus<br />

Marienberg<br />

Die politische Bildung des Europa-Hauses soll die Vielzahl der Motive der<br />

europäischen Einigung verdeutlichen. Diese reichen von der Friedenssicherung<br />

über wirtschaftliche Zielsetzungen im Zusammenhang mit dem europäischen<br />

Binnenmarkt und die Notwendigkeit gemeinsamen europäischen<br />

Handelns angesichts zunehmender Globalisierungszwänge bis hin zur Völkerfreundschaft<br />

und zur Pflege gut nachbarlicher Beziehungen im zusammen<br />

wachsenden Europa. Besondere Bedeutung im Gesamtprogramm haben dabei<br />

unserer Angebote für Jugendliche.<br />

Schülerseminare im Schuljahr 2002/2003<br />

• Keine Chance der Gewalt!<br />

Bei diesen „Anti-Gewalt-Seminaren“ geht es um das frühzeitige Erkennen<br />

von Konfliktsituationen in Schule, Familie, Freizeit, die Analyse von Ursachen<br />

und Hintergründen von Gewalt. Wir trainieren Streitschlichtung und<br />

entwickeln Lösungsstrategien.<br />

• Globaler Terror und neue Herausforderungen<br />

Seit dem 11.September 2001 gibt es eine neue Dimension des Schreckens,<br />

die jeden von uns treffen kann. Daher geht die weltweite Bekämpfung des<br />

Extremismus uns alle an und ist darüber hinaus gemeinsame Aufgabe der<br />

zivilisierten Staatengemeinschaft.<br />

• Das Ende der Spaßgesellschaft: null Bock - no future, oder was sonst?<br />

Was bleibt im Zeitalter der Globalisierung übrig von den eigenen Wünschen<br />

und Hoffnungen? Was bedeutet Erfolg für mich, wie möchte ich leben, wofür<br />

mich einsetzen? Dies sind auch Fragen an soziale Marktwirtschaft und<br />

Das Institut für schulische Fortbildung<br />

und schulpsychologische Beratung des<br />

Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> (IFB) - Beiträge<br />

des IFB zur politischen Bildung<br />

Das IFB besteht aus den zwei Fachbereichen „Schulische Fort- und Weiterbildung“<br />

und „Schulpsychologischer Dienst“; es gliedert sich in drei Regionale<br />

Fortbildungs- und Beratungszentren (Speyer, Boppard, Saarburg) und<br />

gegenwärtig 32 schulpsychologische Beratungsstellen, die über das Land verteilt<br />

sind. Leitung und Zentrale Verwaltung haben ihren Sitz in Speyer.<br />

Neben kontinuierlichen Fortbildungs- und Beratungsangeboten in den Schularten,<br />

Fächern und Lernbereichen bietet das IFB seine Leistungen vor allem<br />

XIV<br />

• Probleme der internationalen Friedensordnungs- und Sicherheitspolitik.<br />

Zielgruppen: Unsere Veranstaltungen sind offen für alle an gesellschaftspolitischen<br />

Fragen Interessierte. Besonders angesprochen sind Multiplikatoren,<br />

die im schulischen und außerschulischen Bereich für die politische Bildung<br />

verantwortlich sind. Daneben wenden wir uns besonders an Jugendliche, die<br />

sich im Rahmen der außerschulischen Bildung für politische Themen interessieren.<br />

Die im Programm ausgeworfenen Zielgruppen bieten Ihnen einen<br />

Hinweis auf die schwerpunktmäßig zu erwartende Zusammensetzung der<br />

Teilnehmer und die didaktische Ausrichtung der Angebote.<br />

Didaktisch-methodische Umsetzung: Die Seminare sind als offene Foren angelegt,<br />

in denen ein breites Spektrum von kontroversen Standpunkten und<br />

Theorieansätzen zu den ausgewählten Themen vorgestellt und diskutiert wird.<br />

Den unterschiedlichen Zielgruppen wird mit dem Einsatz von teilnehmeradäquaten<br />

Methoden Rechnung getragen.<br />

Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung<br />

Direktor: Dr. Peter Becker<br />

Wilhelm-Leuschner-Straße 61, 55218 Ingelheim<br />

Telefon: 06132-79 00 316 ;Telefax: 06132-79 00 322<br />

e-mail: fna@wbz-ingelheim.de, Internet: www.wbz-ingelheim.de<br />

Sozialstaat: Haben wir überhaupt Chancen auf dem Arbeitsmarkt? Wie könnte<br />

mein Weg in die Arbeitswelt aussehen?<br />

• Unsere Zukunft in der Europäischen Union<br />

Europa prägt unseren Alltag von morgens bis abends. Aktuelle Fortschritte<br />

und Probleme der europäischen Integration werden dargestellt und diskutiert<br />

aus der Sicht junger Menschen: z.B. die Erweiterung der Union, Erfahrungen<br />

mit dem Euro, die Notwendigkeit einer Charta der Grundrechte.<br />

• Wie sicher ist der Frieden in Europa?<br />

Was sind die Aufgaben Deutschlands und der Europäischen Union auf unserem<br />

Kontinent? Wie reagieren wir auf die jüngsten Krisen und Kriege auf<br />

dem Balkan, in Afrika, in Südostasien, ...<br />

Gästehaus und Pädagogisches Zentrum „Villa Europa“ sind modern eingerichtet<br />

und verfügen über alle erforderlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />

und angenehme Seminararbeit. Die Seminare richten sich vor allem<br />

an Jugendliche ab 16 Jahren. Auf Wunsch ist die Seminardurchführung<br />

gemeinsam mit gleichaltrigen Jugendlichen aus Mitteleuropa möglich. Die<br />

Lerninhalte werden jeweils durch Teilnehmer orientierte Methoden vermittelt<br />

und gemeinsam mit den Jugendlichen erarbeitet.<br />

Europa-Haus Marienberg<br />

Öffentliche Stiftung bürgerlichen Rechts<br />

Leiter: Burkhardt Siebert<br />

Postfach 12 04 · D - 56464 Bad Marienberg<br />

Telefon: (0 26 61) 6 40 - 0 · Telefax: (0 26 61) 640 - 100<br />

e-Mail: ehm@europa-haus-marienberg.de<br />

Internet: www.europa-haus-marienberg.de<br />

MT_Berkessel_12/02 14<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

auch in den großen bildungspolitischen Schwerpunktbereichen wie z.B.<br />

„PISA“ und „Ganztagsschule“ an.<br />

Im Bereich der politischen Bildung hält das IFB Leistungen in folgenden<br />

Themen- und Handlungsfeldern vor:<br />

• Im Rahmen ihrer Qualitätsprogramme, die alle Schulen des Landes verbindlich<br />

zum Schuljahresende 2002/2003 vorlegen, klären die Schulen mittelfristig<br />

ihren Fortbildungsbedarf. Qualitätsprogramme und mittelfristige<br />

schulinterne Fortbildungsplanung gelten selbstverständlich auch für den Bereich<br />

der politischen Bildung.<br />

• Neben den schulischen Nachfragen wird es auch weiterhin in den Bezugsfächern<br />

der politischen Bildung qualifizierte Angebote für die Kolleginnen und<br />

Kollegen in den Schulen des Landes geben. Didaktische, fachwissenschaftliche<br />

und aktuelle internationale bzw. nationale Entwicklungen sind im Bereich<br />

einschlägiger Angebote ausschlaggebend für die Fortbildungsarbeit des<br />

IFB. Besonders werden wir darum bemüht sein, Konsequenzen aus der großen<br />

internationalen Studie „Civic Education Across Countries: Twenty-four


National Case Studies from the IEA Civic Education Project“ zu ziehen. Für<br />

den Bereich politischer Bildung und Erziehung hat diese Studie fast vergleichbare<br />

Auswirkungen wie die Studien TIMSS und PISA für das Schulwesen<br />

insgesamt.<br />

• Besondere Brennpunkte und Probleme wie z. B. interkulturelle Bildung,<br />

Gewalt, Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus werden<br />

auch weiterhin Schwerpunkte für einschlägige Fortbildungsangebote und<br />

Fortbildungsnachfragen im und an das IFB sein.<br />

Besonders möchten wir Sie auf Publikationen des IFB hinweisen; neben den<br />

Reihen Schulisches Qualitätsmanagement und Ganztagsschule in <strong>Rheinland</strong>-<br />

<strong>Pfalz</strong> erscheint eine dritte Reihe Erziehung, deren bisher vorgelegte Bände<br />

von besonderer Bedeutung auch für die politische Bildung sind: „Jetzt reicht’s:<br />

Schüler brauchen Erziehung! - Was die neuen Kinder nicht mehr können -<br />

Das Institut für Lehrerfort- und<br />

-weiterbildung (ILF), Mainz<br />

Das Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung (ILF) in privater Trägerschaft<br />

sieht einen seiner Schwerpunkte in der Fortbildungsarbeit im Breich Geschichté/Politische<br />

Bildung. Damit möchte das ILF den Bedürfnissen der Lehrerinnen<br />

und Lehrer begegnen, Informationen zu erhalten, Geschichte und Gesellschaft<br />

besser zu verstehen und im Unterricht darstellen zu können. Dem<br />

ILF ist es wichtig, adäquate Methodenkenntnisse zu vermitteln.<br />

An den Angeboten der letzten Jahre lässt sich folgende Konzeption erkennen:<br />

• Einen Schwerpunkt stellt die Zeitgeschichte mit den Themen „ Erster Weltkrieg“,<br />

„Nationalsozialismus“ und „Rechtsradikalismus in Vergangenheit und<br />

Gegenwart“. Die große Geschichte wird herunter gebrochen in dem weiteren<br />

Schwerpunkt „Geschichte vor Ort“, der die Lokal- und Regionalgeschichte<br />

untersucht. Das Institut öffnet aber auch den Blick auf die europäische und<br />

die außereuropäische Geschichte (z.B. Indien, Afrika).<br />

• Der Bereich Politische Bildung/Gesellschaftslehre beschäftigt sich mit den<br />

Entstehen und den Auswirkungen gesellschaftlicher Gewalt. Das Angebot<br />

des ILF umfasst darüber hinaus die Schlichtung von Konflikten im schulischen<br />

Bereich (Konfliktmanagement, Schulmediation).<br />

Politische Bildung im Pädagogischen<br />

Zentrum des Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Das Pädagogische Zentrum (PZ) Bad Kreuznach und seine Außenstellen leisten<br />

zurzeit insbesondere in den folgenden Arbeitsschwerpunkten einen Beitrag<br />

zur politischen Bildung:<br />

Gesellschaftswissenschaften<br />

Dieser Schwerpunkt umfasst die Erarbeitung eines Lehrplans Gesellschaftslehre<br />

(gemeinsam mit einer Lehrplankommission), Aktivitäten zu seiner Präsentation<br />

und Evaluation und seiner Umsetzung durch Erstellung von bisher<br />

3 Handreichungen für den Unterricht an den Schulen. Darüber hinaus führt<br />

das PZ in Verbindung mit dem IFB ein mehrjähriges Fortbildungskonzept<br />

für Lehrerinnen und Lehrer des Fachs Gesellschaftslehre an Integrierten Gesamtschulen<br />

und Regionalen Schulen durch. Weiterhin werden Themenfelder<br />

in den Fächern Sozialkunde und Geschichte sowie im Wahlpflichtfach<br />

Sozialpädagogik an Realschulen bearbeitet. Dabei werden Handreichungen<br />

(je vier in Sozialkunde SII und in Sozialpädagogik) sowie zahlreiche PZ-Informationen<br />

in Sozialkunde und Geschichte herausgegeben (zuletzt zu Nationalsozialismus,<br />

Menschenrechte und Recht im Unterricht) sowie Veranstaltungen<br />

zu ihrer Bekanntmachung durchgeführt.<br />

Region und Unterricht<br />

Im Rahmen dieses Arbeitsschwerpunkts des PZ entstanden zahlreiche Veröffentlichungen<br />

zu vielen relevanten Fragestellungen. Die letzten Arbeiten (2002)<br />

bezogen sich auf historische, geografische und soziale Aspekte der Thematik<br />

„Rhein“ (4 Hefte) sowie der Landwirtschaft im Kreis Altenkirchen.<br />

Rechtsextremismus und Gewalt<br />

Diese Thematik wurde in zahlreichen Veranstaltungen des PZ sowie in Veröffentlichungen,<br />

die meist mit der Landeszentrale für politische Bildung gemeinsam<br />

herausgegeben wurden: Nein zur Gewalt und Gewaltprävention im<br />

Team (PIT) behandelt.<br />

Umwelterziehung<br />

Seit mehr als 10 Jahren gibt es diesen Arbeitsschwerpunkt des PZ. Er führte<br />

zu Erstellung eines Lehrplankonzepts und zu zahlreichen Veröffentlichun-<br />

und was in der Schule zu tun ist“ und „Gegen Mobbing und Gewalt! - Ein<br />

Arbeitsbuch für Lehrer, Schüler und Lehrergruppen“. Bitte wenden Sie sich<br />

ggf. an die Veröffentlichungsstelle des IFB in Speyer.<br />

Institut für schulische Fortbildung und<br />

schulpsychologische Beratung (IFB)<br />

Direktor: Botho Priebe<br />

Butenschönstr. 2, 67326 Speyer<br />

Telefon: 06232/659-0; Telefax: 06232/659-110<br />

e-mail: zentrale@ifb.bildung-rp.de<br />

Politische Bildung<br />

• Zunehmende Aufmerksamkeit schenkt das ILF den Neuen Medien in Gesellschaft<br />

und Unterricht. Dabei sollen technische Fertigkeiten und kritisches<br />

Bewußtsein vermittelt werden. Neben der Weiterführung dieser Schwerpunkte<br />

wird das ILF in Zukunft ein besonderes Augenmerk auf das Fächer verbindende<br />

Arbeiten legen. Durch die Verknüpfung von Fachinhalten, moderner<br />

Didaktik und Methodik leistet das ILF einen wichtigen Beitrag im Rahmen<br />

der Lehreraus- und -weiterbildung.<br />

Zu vielen der aufgeführten Themen sind Publikationen mit Arbeitsmaterialien<br />

erschienen, die im Fortbildungskatalog des Landes <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> aufgeführt<br />

sind.<br />

Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung<br />

Direktor: Dr. Wolfgang Hissnauer<br />

Fachbereichsleiter Geschichte und Politische Bildung:<br />

Dr. Ralph Erbar, Kötherhofstr. 4, 55116 Mainz,<br />

Telefon: 06131-28 45 10; Telefax: 06131-28 45 25<br />

e-mail: erbar@ilf.bildung-rp.de, Internet: www.ilf.bildung-rp.de<br />

gen, z.T. als PZ-Informationen, z.T. in Fachzeitschriften. Zusätzlich halfen<br />

die PZ-Referenten häufig bei der Umsetzung des Konzeptes der Umwelterziehung<br />

in den schulischen Alltag.<br />

Entwicklungszusammenarbeit / „Bildung für Nachhaltigkeit-Agenda 21“<br />

In dem Modellversuch der Bund-Länder-Kommission (BLK) kooperiert das<br />

PZ mit dem Landeskoordinator Bildung für Nachhaltigkeit und organisiert<br />

regionale und überregionale Veranstaltungen. Die Partnerschaft des Landes<br />

mit Ruanda wird durch Veröffentlichungen (zuletzt eine CD-ROM) und organisatorische<br />

Hilfen für Schulen (Go for Ruanda) unterstützt.<br />

Demokratie lernen und leben<br />

Die Koordination dieses BLK-Modellversuch, an dem sich das Land <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

beteiligen wird, ist im PZ angesiedelt und startet im Frühjahr 2003<br />

mit zunächst 16 ausgewählten Schulen verschiedener Schularten.<br />

Werteerziehung/Streitschlichtung/SV-Arbeit<br />

Diese Themen werden seit über zehn Jahren als schulartübergreifende Querschnittsaufgaben<br />

bearbeitet. Sie haben zu einer Reihe von grundlegenden<br />

Veröffentlichungen geführt und wurden durch Entsendung von Referenten<br />

zu Studientagen und Lehrerfortbildungen vorangebracht.<br />

Ökonomische Bildung<br />

Seit Gründung des Regionalen Pädagogischen Zentrums, der Vorläuferorganisation<br />

des heutigen PZ, wird der Arbeitsschwerpunkt Arbeitslehre durch<br />

Veröffentlichungen, schulnahe Beratungen und Fortbildungen gefördert.<br />

Derzeit läuft in diesem Rahmen der Modellversuch BORIS, der die Kooperation<br />

zwischen Schulen und Firmen systematisch weiterentwickelt. In Zusammenarbeit<br />

mit dem PZ entwickelt das Ministerium für Bildung, Frauen und<br />

Jugend (MBFJ) derzeit Richtlinien zur ökonomischen Bildung an allgemein<br />

bildenden Schulen, die im September 2002 in die Anhörung gegangen sind<br />

Pädagogisches Zentrum <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Direktor: Dr. Otwilm Ottweiler<br />

Europaplatz 7-9, 55543 Bad Kreuznach<br />

Telefon: 0671/840 88 20; Telefax: 840 88 10<br />

e-mail: pzkh@t-online.de, Internet: www.bildung-rp.de/PZ<br />

MT_Berkessel_12/02 15<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz<br />

XV


Politische Bildung<br />

Katholische Erwachsenenbildung<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e. V. (KEB)<br />

Die Katholische Erwachsenenbildung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e. V. (KEB) ist der größte<br />

anerkannte Weiterbildungsträger in freier Trägerschaft in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong>. Schwerpunkte<br />

ihres Engagements sind dabei die Sachgebiete Philosophie/Theologie,<br />

Pädagogik, Gleichstellung sowie persönlichkeits- und allgemein bildende Angebote.<br />

Pro Jahr führt die KEB dabei ca. 7 - 8.000 Maßnahmen mit fast 70.000<br />

Unterrichtsstunden durch, bei denen über 160.000 Menschen erreicht werden.<br />

Kennzeichnend für Katholische Erwachsenenbildung ist dabei die Durchführung<br />

von Weiterbildungsveranstaltungen, bei denen Menschen über gesellschaftliche<br />

Entwicklungen, über persönliche Erfahrungen und über Veränderungen in<br />

ihrer Lebenswirklichkeit reden und neue Handlungsperspektiven kennen lernen<br />

können. Den zentralen Orientierungsrahmen bietet dabei ihr selbst definierter<br />

emanzipatorischer Grundsatz:<br />

„Katholische Erwachsenenbildung bringt auf dem Hintergrund das christlichen<br />

Menschenbildes Orientierungsangebote mit dem Ziel verbesserter individueller<br />

und gesellschaftlicher Handlungsfähigkeiten in den vierten Bildungsbereich ein<br />

als ein Beitrag zur Stärkung der Wertebasis, der Entfaltung der Persönlichkeit,<br />

die Qualifikation im beruflichen Bereich und die Verantwortung des einzelnen<br />

für das Gemeinwohl in einer spannungsvollen Einheit hält“ (KEB 1992).<br />

Politische Bildung in der Evangelischen<br />

Erwachsenenbildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Gesellschaftspolitische Themen haben in der Evangelischen Erwachsenenbildung<br />

einen festen Platz. Im 1994 verabschiedeten Selbstverständnis heißt es<br />

dazu unter dem Titel Gesellschaftliche Verantwortung: „Krisenhafte Entwicklungen<br />

fordern dem Einzelnen ethische Urteilsbildung und politische Verantwortung<br />

ab. Die Gestaltung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Verhältnisse<br />

nach den Grundsätzen von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der<br />

Umwelt ist eine protestantische Aufgabe.Wichtig ist die Erinnerungsarbeit an<br />

geschichtlichen Entwicklungsereignissen. Die gesellschaftlichen Veränderungen in<br />

Arbeitswelt, Kommunikation und Medien erfordern ständige Aufmerksamkeit<br />

und Dialogbereitschaft.“<br />

Auf dieser Grundlage führen die Weiterbildungsveranstalter im Evangelischen<br />

Spektrum ein breites Programm von Angeboten durch. Im Jahr 2001 kamen<br />

zu den ca. 1.400 Veranstaltungen über 31.000 Teilnehmende. Die Themen<br />

decken das gesamte Spektrum eines umfassenden Verständnisses von Gesell-<br />

Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit und<br />

Leben e.V.<br />

Als staatlich anerkannter Träger der Weiterbildung, deren Gesellschafter der<br />

DGB-Landesbezirk und der Verband der Volkshochschulen <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

sind, stellen wir seit 1973 eine feste Größe in der Bildungslandschaft von<br />

<strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> dar. Mit ca. 30 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

gestalten wir rund 15.000 Unterrichtsstunden und 800 Veranstaltungen<br />

pro Jahr, mit einem Jahresumsatz von 2,7 Mio. Euro. Mit unseren<br />

Zweigstellen Westpfalz, Mittelrhein, Vorder-/Südpfalz, Rheinhessen-Nahe und<br />

Trier sowie der Geschäftsstelle in Mainz sind wir für unsere Kundinnen und<br />

Kunden überall in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> erreichbar.<br />

Die Schwerpunkte unseres Angebots sind:<br />

Moderation - Training - Beratung - Begleitung<br />

Komplexe Zusammenhänge und konfliktreiche Arbeitsbeziehungen erschweren<br />

die Bearbeitung von Aufgaben und Problemen oft mehr als nötig. Wir<br />

bieten problem- und Ziel orientierte Lösungen an.<br />

Themen- und Zielgruppen bezogene Angebote<br />

An der Schnittstelle zwischen beruflicher und gesellschaftspolitischer Weiterbildung<br />

machen wir beispielsweise Angebote für bestimmte Zielgruppen: Jugendliche,<br />

Betriebs- und Personalräte aber auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer<br />

aus spezifischen Berufsgruppen finden bei uns auf sie zugeschnittene<br />

Seminare.<br />

Wir verstehen Weiterbildung nicht einfach als Wissensvermittlung, sondern<br />

vielmehr als einen Prozess, in dem sich Lehrende und Lernende gemeinsam<br />

bewegen. Wir haben das ganze System im Blick und beziehen Wissen, Erfahrungen<br />

und Einschätzung aller Beteiligten mit ein. Die Verknüpfung von<br />

systematischer Weiterbildung mit der Beteiligung der Betroffenen an Verän-<br />

XVI<br />

Das Themenspektrum ist dabei weit gefächert: Traditionell ist zum einen das<br />

Thema entwicklungs- bzw. weltpolitischer Fragestellungen nicht aus unserer Angebotspalette<br />

wegzudenken, gleiches gilt für das Thema Frauenpolitik, das in den<br />

letzten Jahren zunehmend durch die Gender-Thematik ergänzt wurde. Veranstaltungen<br />

zur Lebenssituation von MigrantInnen und sinnvollen Integrationskonzepten<br />

spielen ebenso eine zentrale Rolle. Zahlreiche Angebote der politischen<br />

Bildung befassen sich auch mit den Facetten des Themenkomplexes Lokale Agenda,<br />

beschäftigen sich z. B. mit Nachhaltigkeit, anderem Einkaufs- und VerbraucherInnenverhalten<br />

oder Umweltfragen. Natürlich ist für Katholische Erwachsenenbildung<br />

auch die Wertefrage besonders bedeutsam, die Gegenstand zahlreicher<br />

Weiterbildungsangebote ist.<br />

Katholische Erwachsenenbildung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e.V.<br />

Geschäftsführerin: Elisabeth Vanderheiden<br />

Welschnonnengasse 2-4<br />

55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-23 16 05; Telefax: 06131-23 67 92<br />

e-mail: vanderheiden.elisabeth@t-online.de<br />

internet: www.keb.rheinland-pfalz.de<br />

schaftspolitik ab. Besondere Schwerpunkte liegen neben aktuellen Fragen der<br />

Politik in Deutschland beim interreligiösen Dialog, bei der Geschlechtergerechtigkeit<br />

und den Problemen in den Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas.<br />

Exemplarisch können hier die vielen Bildungsangebote der Evangelischen<br />

Frauenarbeit im Zusammenhang mit dem Weltgebetstag der Frauen angeführt<br />

werden, die am Beispiel jeweils eines Landes über die gesellschaftliche,<br />

wirtschaftliche, religiöse, kulturelle und politische Situation insbesondere der<br />

Frauen informieren.<br />

Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft<br />

Erwachsenenbildung <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong> e.V.<br />

Geschäftsführer: Rainer Christ<br />

Kaiserstraße 19, 55116 Mainz<br />

Telefon: 06131-67 77 10; Telefax: 67 83 83<br />

e-mail: elag@mainz-online.de, internet: www.elag.de<br />

derungsprozessen machen die zwei wesentlichen Seiten erfolgreicher Weiterbildung<br />

aus.<br />

Grundsätze unserer Aufgaben<br />

In unserer Arbeit fühlen wir uns verpflichtet, zu einem ausgewogenen und<br />

gemeinsam bestimmten Geschlechterverhältnis beizutragen. Die Gestaltung<br />

einer modernen Arbeits- und Lebenswelt schließt nach unserem Verständnis<br />

einen ständigen interkulturellen Dialog mit ein. Dabei stehen insbesondere<br />

der Austausch und die Auseinandersetzung mit unseren europäischen Kooperationspartnern<br />

im Vordergrund.<br />

ARBEIT&LEBEN e.V.<br />

Geschäftsführerin: Gabriele Schneidewind<br />

Walpodenstraße 10, 55116 Mainz<br />

Telefon:06131-1 40 86-0;Telefax: 06131-1 40 86-40<br />

e-mail: info@arbeit-und-leben.de<br />

Internet: www.arbeit-und-leben.de<br />

Impressum:<br />

Sonderbeilage zur <strong>GEW</strong>-Zeitung 12/2002<br />

über Politische Bildung in <strong>Rheinland</strong>-<strong>Pfalz</strong><br />

Verantwortlich für Inhalt, Textbearbeitung (i.S.d.P):<br />

Hans Berkessel, Joh.-Hinrich-Wichern-Str. 3, 55218 Ingelheim<br />

Tel: 06132 / 849 70 · Fax 0 6132 / 8 79 27 · E-Mail: HansBerkessel@aol.com<br />

Gesamtherstellung:<br />

Verlag Pfälzische Post GmbH, 67433 Neustadt, Tel. 06321-80377<br />

MT_Berkessel_12/02 16<br />

22.11.2002, 10:03 Uhr<br />

Schwarz

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