Cranberry als Phyto-Prophylaktikum bei bakteriellen ... - La Vie
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FORSCHUNG<br />
CRANBERRY<br />
bauen (»dentaler Biofilm«). Bakterien der<br />
Streptococcus-mutans-Gruppe überwiegen.<br />
Seit 1998 ist durch eine Untersuchung<br />
der Universität Tel Aviv bekannt, dass<br />
hochmolekulare Inhaltstoffe aus <strong>Cranberry</strong>saft<br />
die Co-Aggregation der Bakterien im<br />
dentalen Biofilm verhindern und sogar<br />
rückgängig machen können und zwar besonders<br />
deutlich dann, wenn mindestens<br />
eine Spezies der Bakterienpaare zu den<br />
gramnegativen Anaerobiern gehörte, die<br />
maßgeblich an parodontalen Erkrankungen<br />
beteiligt sind (27). In einer weiteren<br />
Untersuchung der Gruppe (28, 29)<br />
wurden die Wirkungen der hochmolekularen<br />
<strong>Cranberry</strong>-Inhaltsstoffe auf den Stoffwechsel<br />
im dentalen Biofilms charakterisiert.<br />
Nach diesen positiven <strong>La</strong>borergebnissen<br />
wurde eine kleine Probandenstudie mit einer<br />
cranberryhaltigen Mundspülung angeschlossen<br />
(30): Jeweils 30 Probanden benutzten,<br />
randomisiert zugewiesen, für 6<br />
Wochen entweder täglich die <strong>Cranberry</strong>oder<br />
eine Plazebomundspülung. Am Studienende<br />
war die Zahl der Streptococcusmutans-Bakterien<br />
und die Gesamtmenge<br />
der Bakterien im Speichel <strong>bei</strong> der <strong>Cranberry</strong>gruppe<br />
signifikant gesunken.<br />
Andere zahnmedizinisch orientierte<br />
Untersuchungsgruppen beschäftigten sich<br />
mit den antiinflammatorischen Wirkungen<br />
der <strong>Cranberry</strong> und ihrer möglichen Anwendbarkeit<br />
<strong>bei</strong> parodontalen Erkrankungen.<br />
In der Untersuchung von Bodet (31)<br />
wurde eine <strong>Vie</strong>lzahl von parodontal-pathogenen<br />
Bakterienspezies auf die LPS-induzierte<br />
Zytokinproduktion untersucht.<br />
Die Zytokine stimulieren Makrophagen,<br />
die das parodontale Gewebe zerstören. Das<br />
<strong>Cranberry</strong>konzentrat konnte die Bildung<br />
proinflammatorischer Zytokine und Chemokine<br />
wirksam unterdrücken, ebenso<br />
wie die lokale Ausschüttung proteolytischer<br />
Enzyme (32).<br />
Bei Untersuchungen der unterschiedlichen<br />
Wirkstofffraktionen der <strong>Cranberry</strong> (PAC,<br />
Anthocyane und Flavonole) hinsichtlich ihres<br />
Einflusses auf die pathogenetischen<br />
Schlüsselwirkungen von Streptococcus mutans<br />
waren es eindeutig die PAC, darunter<br />
überwiegend Typ-A-Oligomere des Epicatechins,<br />
die <strong>bei</strong> topischer Applikation die<br />
Biofilmbildung und Azidogenität der Bakterien<br />
reduzierten (33, 34).<br />
<strong>Cranberry</strong>-PAC sind <strong>als</strong>o ebenso wie im<br />
Harntrakt auch in der Mundhöhle die entscheidenden<br />
Wirksubstanzen, indem sie<br />
die bakterielle Integration in den schädlichen<br />
Biofilm verhindern und die parodontalen<br />
Entzündungen eindämmen.<br />
➤ Helicobacter-pylori-Infektionen<br />
Seit der Entdeckung der infektiösen Entstehung<br />
der meisten Magen/Darmulcera sowie<br />
Magenschleimhautentzündungen<br />
durch das Bakterium Helicobacter pylori<br />
(Hp) zählen diese Befunde zu den weltweit<br />
häufigsten Infektionserkrankungen. Mit<br />
80% ist die Prävalenz in Entwicklungsländer<br />
besonders hoch, während sie in Industrieländern<br />
zwischen 20–50% liegt. Mit der<br />
<strong>bakteriellen</strong> Ätiologie wandelte sich das<br />
therapeutische Paradigma, und seither ist<br />
eine antibiotische (Mehrfach-)Therapie<br />
fester Bestandteil der Behandlungsschemata<br />
zur Eradikation des Bakteriums. Inzwischen<br />
stellt die zunehmende Antibiotikaresistenz<br />
von Hp ein großes Problem dar. Daher<br />
ist das Interesse an alternativen antiinfektiven<br />
Strategien deutlich gewachsen.<br />
Bakterielle Adhäsion über Fimbrien an die<br />
Schleimhautzellen des Magens und des<br />
Dünndarms ist auch <strong>bei</strong> Hp-Infektionen<br />
168 Nowack R: <strong>Cranberry</strong> <strong>als</strong> <strong>Phyto</strong>-<strong>Prophylaktikum</strong> <strong>bei</strong> <strong>bakteriellen</strong> Infektionen Zeitschrift für <strong>Phyto</strong>therapie 2006; 27: 163–171.<br />
der entscheidende Schrittmacher (Abb. 5).<br />
Die Vermutung liegt nahe, dass die <strong>bei</strong><br />
Harnwegsinfekten bereits belegte Adhäsionshemmung<br />
durch <strong>Cranberry</strong>-Inhaltsstoffe<br />
auch Hp-Infektionen vermeiden helfen<br />
könnte. Tatsächlich konnte in vitro gezeigt<br />
werden, dass höhermolekulare Inhaltstoffe<br />
aus Cranberries die Adhäsion<br />
von Hp an Magenschleim und an Magenschleimhautzellen<br />
hemmen (35, 36).<br />
➤ Antibiotikawirkung wird verstärkt<br />
Nachdem eine Resistenz von Hp gegen Clarithromycin<br />
ein zunehmendes Problem<br />
darstellt, wurden verschiedene Beerenextrakte,<br />
darunter <strong>Cranberry</strong>, bezüglich ihrer<br />
hemmenden Wirkung auf das Wachstum<br />
von Hp im Medium untersucht (37). Alle<br />
Beerenextrakte erhöhten die Empfindlichkeit<br />
für Clarithromycin signifikant. Die bereits<br />
in den Voruntersuchungen bestätigte<br />
Adhäsionsbehinderung von Hp an Magenschleimhaut<br />
wurde auch für Hp-Isolate mit<br />
Antibiotikaresistenz nachgewiesen, d.h.<br />
das antiadhäsive Prinzip bleibt durchgängig<br />
erhalten, auch dann, wenn Antibiotika<br />
wie das untersuchte Metronidazol bereits<br />
wirkungslos geworden sind (38). Eine Ergänzung<br />
der herkömmlichen antibiotischen<br />
Mehrfachtherapie um <strong>Cranberry</strong>produkte<br />
und eventuell weitere <strong>Phyto</strong>therapeutika<br />
könnte den Erfolg der Hp-Eradikation<br />
erhöhen.<br />
Abb. 5: Helicobacter pylori mit deutlich erkennbaren Fimbrien auf Magenschleimhautzellen