Badfest in Nossen vom 11. bis 13. Juli - Nossner Rundschau
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Von Siebenlehns Schuhmacherhandwerk und se<strong>in</strong>er Vergangenheit<br />
28<br />
1. Teil<br />
Am 10. Oktober 1926 wurde<br />
<strong>in</strong> Siebenlehn der Marktbrunnen<br />
e<strong>in</strong>geweiht, besser bekannt<br />
als der Schusterjunge. Der <strong>Nossen</strong>er<br />
Anzeiger <strong>vom</strong> 15. Oktober<br />
1926 nahm dieses Ereignis<br />
zum Anlass e<strong>in</strong> wenig <strong>in</strong> der<br />
Geschichte der Siebenlehner<br />
Schumacher zu kramen:<br />
„Bis zurück zum Jahre 1537 ist<br />
aus dem noch heute sorglichst<br />
aufbewahrten vergilbten Innungsannalen<br />
e<strong>in</strong>e feste<br />
Geme<strong>in</strong>schaft Siebenlehner<br />
Schuhmacherhandwerksmeister<br />
nachweisbar.<br />
Sicher aber wird die Sesshaftigkeit<br />
der Schuhmacherzunft <strong>in</strong><br />
der Chronik der Stadt noch<br />
weiter zurück anzutreffen se<strong>in</strong>,<br />
<strong>in</strong> der es wie wohl ke<strong>in</strong> anderes<br />
Gewerbe vorher so lange e<strong>in</strong>e<br />
große Rolle gespielt hat. Und<br />
welch fester Zusammenhalt<br />
und strenger Zunftgeist früher<br />
<strong>in</strong> diesem Handwerk, so zwischen<br />
Meistern, Gesellen und<br />
Lehrl<strong>in</strong>gen geherrscht hat, darüber<br />
berichten, die Versammlungsprotokolle<br />
und Innungssatzungen<br />
aus dem 16. und 17.<br />
Jahrhundert, die, wie es damals<br />
üblich, sehr mit Late<strong>in</strong><br />
gemischt waren. So wünschen<br />
die Schuhmachermeister von<br />
damals, im Jahre 1780 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Schreiben an den damaligen<br />
Landesfürsten Friedrich August<br />
Änderungen vornehmen zu<br />
dürfen bezüglich ihres Dekretes<br />
der bestehenden Mandate aus<br />
den Jahren 1765, 1748, 1731<br />
<strong>bis</strong> zurück <strong>in</strong>s 16. Jahrhundert.<br />
Ihren Wunsch brachten die<br />
Handwerksmeister urkundlich<br />
wie folgt zum Ausdruck:<br />
„Entbiethen allen und jeden<br />
Unsern Praelaten, Grafen, Herren,<br />
denen von der Ritterschaft,<br />
Grenz- und Amtshauptleuten,<br />
Amtleuten, Schöffen und Verwaltern,<br />
Bürgermeistern und<br />
Räten <strong>in</strong> Städten, Richtern und<br />
Schultheißen auf dem Lande,<br />
wie auch unsern Unterthanen,<br />
unsern Gruß, Gnade und<br />
geneigten Willen, und fügen<br />
denenselben hiermit zu wießen:<br />
Wasmassen aus denen, zu<br />
Folge derer Generalien <strong>vom</strong><br />
28sten Septembris 1748 und<br />
27sten Novembris 1765, von<br />
denen Vasallen, Beamten und<br />
<strong>Nossner</strong> <strong>Rundschau</strong> I <strong>Juli</strong> 2008<br />
Selbstständige Siebenlehner Schuhmacher im Jahr 1953 von rechts: Kurt Zeugfang,<br />
Karl Voigt, Kurt Wetzig, Kurt Appelt, Johann Frei, l<strong>in</strong>ks: Kurt Böhm,<br />
Alfred Barthel, Kurt Haubold, Kurt Weber, vorn: Walter Haubold, Gerhard<br />
Appelt sowie Stellmacher und Karosseriebau He<strong>in</strong>z Oehme<br />
Stadt-Räthen an uns e<strong>in</strong>gesendeten<br />
Privilegiis und Articuls<br />
Briefen derer Handwerkszünfte<br />
und Innungen, so mancherlei<br />
bey ernannten Zünften und<br />
Innungen annoch obwaltende<br />
Misbräuche, Mangel und<br />
Gebrechen wahrzunehmen<br />
gewesen, daß wir zu deren<br />
Abstellung und Erreichung<br />
unserer auf Beförderung des<br />
Nahrungs-Standes gerichteten<br />
landesväterlichen Absicht, für<br />
nöthig erachten, bey sämmtlichen<br />
Innungen derer Künstler,<br />
Profeßionisten und Handwerker,<br />
e<strong>in</strong>e, so weit es thunlich,<br />
duchgängig gleiche, auf die<br />
bereits vorhandene Landes-<br />
Gesetze und sonstige gute Ordnung<br />
sich gründende Verfassung<br />
e<strong>in</strong>zuführen, zu welchem<br />
Ende Wir die allgeme<strong>in</strong>en<br />
Rechte und Obliegenheiten<br />
derer Lehrherren oder Meister,<br />
auch Diener oder Gesellen, und<br />
Lehrl<strong>in</strong>ge, <strong>in</strong> nachstehende<br />
Articul zusammen fassen lassen.“<br />
Nun folgten e<strong>in</strong>e Menge die<br />
Meister, Gesellen und Lehrl<strong>in</strong>ge<br />
angehende Kapitel.<br />
In der Beantwortung und<br />
Gewährung ihres Gesuchs lautet<br />
die Anschrift wie folgt: Wir,<br />
Friedrich August, VON<br />
GOTTES GNADEN, Herzog<br />
zu Sachsen, Jülich, Cleve, Berg,<br />
Engern und Westphalen, des<br />
Heil. Römischen Reiches Erz-<br />
Marschall und Chur-Fürst,<br />
Landgraf <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen, Markgraf<br />
zu Meißen, auch Ober und<br />
Nieder-Lausitz, Burggraf zu<br />
Magdeburg, Gefürsteter Graf<br />
zu Henneberg, Graf zu der<br />
Mark, Ravensberg, Barby und<br />
Hanau, Herr zu Ravenste<strong>in</strong>.<br />
Unter den nachgesuchten<br />
genehmigten Kapiteln seien<br />
kurz folgende erwähnt: Die<br />
Lehrl<strong>in</strong>ge betreffend wurde <strong>in</strong><br />
den Mandaten festgelegt, daß<br />
der Ortsgeistliche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Zeugnis darzutun hatte, ob der<br />
<strong>in</strong> die Lehre Aufzunehmende<br />
fleißig zur Schule gehalten,<br />
lesen und schreiben gelernt und<br />
das zwölfte Jahr se<strong>in</strong>es Alters<br />
erreicht habe. Je nach Beschaffenheit<br />
der Profession und<br />
Befähigung des Lehrl<strong>in</strong>gs<br />
konnte dieser <strong>in</strong> noch jüngeren<br />
Jahren die Lehre antreten.<br />
Dagegen hielt man die <strong>vom</strong><br />
Lande kommenden Lehrl<strong>in</strong>ge<br />
wohl nicht für so befähigt. Der<br />
dem Bauernstande Angehörende<br />
konnte erst dann <strong>in</strong> die<br />
Lehre treten, nachdem er von<br />
se<strong>in</strong>em vierzehnten Jahre an<br />
vier Jahre <strong>in</strong> hiesigen Landen<br />
bei der Landwirtschaft und<br />
zwei Jahre bei se<strong>in</strong>er Gerichtsobrigkeit<br />
gedient hatte, was er<br />
durch e<strong>in</strong> obrigkeitliches Attest<br />
nachweisen mußte, also erst mit<br />
zwanzig Jahren <strong>in</strong> die Lehre<br />
treten konnte. Auf gewissenhafte<br />
Ausbildung wurde großer<br />
Wert gelegt.<br />
Die Gesellen wurden auch als<br />
Diener bezeichnet und mußte<br />
e<strong>in</strong>en jeden zuwandernden<br />
Zunftgesellen für e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Zeit Herberge<br />
gewährt werden. So wurde von<br />
den Meistern die Abstellung<br />
verschiedener Handwerksmißbräuche<br />
der Gesellen gefordert,<br />
so u. a. die Abschaffung<br />
der sogen. „blauen Montage“,<br />
das Herumschweifen <strong>in</strong> anderen<br />
Werkstätten und Stören bei<br />
der Arbeit. Nach Feierabend<br />
sollte auch ke<strong>in</strong> Geselle <strong>bis</strong> über<br />
10 Uhr abends aus des Meisters<br />
Hause bleiben oder etwa gar<br />
der Nacht über sich anderswo<br />
aufhalten. Geldstrafen bei<br />
Nichtbeachtung wurden verhängt.<br />
Wem gar gelüstete, e<strong>in</strong>en Aufstand<br />
zu machen, seien <strong>in</strong> harte<br />
Leibesstrafe zu nehmen, desgleichen<br />
die, so sich hatten verleiten<br />
lassen. Damit niemand<br />
darüber <strong>in</strong> Unwissenheit sei,<br />
mußten die Namen derer,<br />
gegen die so verfahren, und<br />
diese Artikel <strong>in</strong> den Quartalsversammlungen<br />
verlesen werden.<br />
Wer Meister werden wollte,<br />
mußte den Beweis erbr<strong>in</strong>gen,<br />
daß er genügend Jahre <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
Profession gearbeitet hatte.<br />
M<strong>in</strong>destens zwei Jahre mußte<br />
er außerhalb se<strong>in</strong>es Geburtsortes<br />
gearbeitet haben oder<br />
gewandert se<strong>in</strong>. Der gewordene<br />
Meister wurde angewiesen, nur<br />
bestes Material und gute Zutaten<br />
zu verwenden und die<br />
Gesellen verwarnt, nichts zu<br />
entwenden oder gutes mit<br />
schlechtem zu vertauschen.<br />
Gegen Pfusch und Störer, die<br />
so das Handwerk schädigen,<br />
soll mit aller Schärfe vorgegangen,<br />
ihm Waren umd Handwerkszeug<br />
weggenommen und<br />
ihm der Prozess gemacht werden.<br />
Ke<strong>in</strong>er sollte dem anderen<br />
Arbeitskräfte abspenstig<br />
machen oder Unfrieden durch<br />
welcherlei Maßnahmen stiften.<br />
Hohe Geld- und andere Strafen<br />
standen jedem bevor, der diese<br />
Vorschriften mißachtete. Jedes<br />
Quartal wurde Lade gehalten,<br />
d. h. die Meister hielten ihre<br />
Versammlungen vor offener<br />
Bundeslade, dem Heiligtum der<br />
Innung, ab. Wer zu spät kam,<br />
mußte zwei Großen, wer nicht<br />
erschien vier Groschen Strafe <strong>in</strong><br />
die Ladekasse zahlen.<br />
Der Lehrl<strong>in</strong>g oder dessen<br />
Angehörige hatten bei dessen<br />
Aufd<strong>in</strong>gung <strong>in</strong>s Handwerk