Urban Farming - IRAP - HSR
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Kurzfassung, August 2009<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
Die Potenziale des Nutzpflanzenanbaus in Schweizer Städten<br />
Unter Berücksichtigung von<br />
raumplanerischen - sozio-<br />
kulturellen - ökonomischen<br />
- ökologischen & ästhetischen<br />
Aspekten
INhAlt<br />
1 Einführung und Hintergrund 4<br />
1.1 Einleitung 4<br />
1.2 Ausgangslage 6<br />
1.3 Projektidee 10<br />
1.4 Projektziele 12<br />
2 Forschungsschwerpunkte 14<br />
2.1 Siedlungsplanung 14<br />
2.2 Ökonomische Aspekte 16<br />
2.3 Soziokulturelle Aspekte 17<br />
2.4 Ökologische Aspekte 19<br />
3 Forschungsresultate 20<br />
Abbildungsverzeichnis 22<br />
Literaturverzeichnis 23
4<br />
1 EINFührUNG UND<br />
hINtErGrUND<br />
1.1 Einleitung<br />
In heutigen Agrargesellschaften (der<br />
sogenannten dritten Welt) stellt der produktionsorientierte<br />
Pflanzenanbau in dicht besiedelten<br />
Stadtlandschaften eine dringende Notwendigkeit<br />
zur Unterhaltsicherung dar. Das `Community<br />
Gardening` Nordamerikanischer Grossstädte hat<br />
dagegen den hintergrund, dass:<br />
Brachflächen verschönert und vor pflanzlicher<br />
und sozialer Verwahrlosung bewahrt werden;<br />
Nachbarschaften gestärkt und Solidarität geschaffen<br />
wird;<br />
Nebenerwerbstätigkeit ermöglicht wird;<br />
Nahrungsangebot ergänzt wird.<br />
In der Schweiz des 21. Jahrhundert haben sich<br />
themen um Gesundheit und einer bewussten<br />
lebensgestaltung zu einer Art 'life-Style' entwickelt.<br />
Der Konsument der Wohlstandsgesellschaft<br />
hat heute eine grosse Auswahl an globalisierten<br />
Fertig- und halbfertigprodukten sowie saisonunabhängig<br />
hochwertige lebensmittel, die ihm täglich<br />
in unmittelbarer Nähe angeboten und von einem<br />
ansprechenden Marketing schmackhaft gemacht<br />
werden.<br />
Das Bedürfnis und die Suche nach Unabhängigkeit<br />
und individueller Selbsterfüllung in jeder<br />
lebensphase ist in den letzten Jahrzehnten in den<br />
Industrieländern stark gewachsen.
Welche Art Kontakt und Nähe sowie welchen Grad<br />
an Verbindlichkeit wünscht sich der heutige urbane<br />
Mensch?<br />
Mit der Förderung von gemeinschaftlichem leben<br />
und der Stärkung der Nachbarschaften kann<br />
soziales Kapital geschaffen und damit zu einer<br />
nachhaltigeren Gesellschaft beigetragen werden.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass in nächster Zeit der<br />
sozialen Nachhaltigkeit mehr Aufmerksamkeit<br />
zugeteilt wird - denn der Weg zu einer ökologischen<br />
Wende könnte über sie führen. Planen für<br />
Menschen in urbanen räumen heisst derzeit: möglichst<br />
wenig Einschränkungen und Vorgaben, dafür<br />
vielfältige Möglichkeiten.<br />
Bei der weiteren Suche nach zukünftigen<br />
Wohn- und Siedlungsformen für Menschen aller<br />
lebensalter und Berufe, die den Bedürfnissen<br />
nach 'individueller' Unabhängigkeit, weiterer<br />
rationalisierung der haushaltsführung, der<br />
Integration in der Gemeinschaft gerecht werden,<br />
stellt sich die Frage, welche rolle dabei Aussen-<br />
und Freiräume spielen könnten.<br />
In ausserhalb der Stadt liegenden Freiräumen<br />
stehen Erholung, Naturschutz und landwirtschaft<br />
häufig in Konkurrenz zueinander. Die Freiräume<br />
innerhalb der Stadt (Siedlungsfreiflächen) besitzen<br />
demgegenüber das Potential ökonomische, ökologische<br />
und soziale Funktionen gleichzeitig zu<br />
erfüllen. Wie kann man dieses Potential nutzen?<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
Was umsetzen? Vor allem, welchen Mehrwert<br />
erzeugt dieses Zusammenspiel einerseits für die<br />
Siedlung, andererseits für den Menschen und zusätzlich<br />
noch für die Natur?<br />
Das Projekt wird jeweils von vier Gesichtspunkten<br />
als themenbereiche betrachtet:<br />
Siedlungsentwicklung,<br />
Ökonomie<br />
Soziokultur<br />
Siedlungsökologie<br />
Ökologie<br />
Ökonomie<br />
<strong>Urban</strong><br />
<strong>Farming</strong><br />
Soziokultur<br />
Siedlung<br />
Ökologie Soziokultur<br />
Ökologie Soziokultur<br />
5
6<br />
1.2 Ausgangslage<br />
1.2.1 Siedlungsentwicklung<br />
Wachsende Städte<br />
Entgegen derzeitigen Schrumpfungsprozessen in<br />
vielen europäischen ländern erleben die grössten<br />
Schweizer Städte seit gewisser Zeit wieder einen<br />
Bevölkerungszuwachs.<br />
Die Qualität und Attraktivität der Städte zu erhalten<br />
und weiter zu entwickeln ist mit einigen<br />
Kosten verbunden. häufig werden Grünflächen und<br />
Freiräume durch Einsparungsmassnahmen in ihrer<br />
Ausstattung und Qualität reduziert.<br />
Lebensqualität<br />
Doch Städte mit einem vielfältigen Angebot an<br />
innerstädtischen Freiräumen weisen eine hohe<br />
lebensqualität auf, was für das Standortmarketing<br />
heutzutage ein erheblicher Mehr-Faktor ist.<br />
Neben dem Angebot an Grün mit attraktiven<br />
Erholungsmöglichkeiten sind für die lebensqualität<br />
auch ein abwechslungsreiches Kultur- und<br />
Freizeitangebot und Angebote zur Pflege sozialer<br />
Kontakte wichtig.
1.2.2 lokale Wirtschaft<br />
<strong>Urban</strong>e Bewirtschaftung<br />
Die klassische landwirtschaft ist sehr produktionsorientiert<br />
und zielt darauf ab, möglichst viele<br />
uniforme Pflanzen in grossen Mengen bereitzustellen.<br />
<strong>Urban</strong>e landwirtschaft als Alternative wird<br />
in den meisten Industrieländern nicht in Betracht<br />
gezogen. Mögliche soziale und ökologische Vorteile<br />
werden hierbei ignoriert.<br />
Dynamische Gesellschaft<br />
Nahrungsmittelknappheit<br />
Gelegentlich sorgen wirtschaftliche und/oder<br />
politische Umstände dafür, dass die landwirtschaftliche<br />
Produktion im ländlichen raum<br />
für die Ernährungssicherung der Bevölkerung,<br />
wie z.B. in Cuba, nicht (mehr) ausreicht. Die<br />
urbanen Freiflächen bekommen eine neue<br />
Bedeutung als Existenzgrundlage für die<br />
Nahrungsmittelversorgung.<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
Ressourcenknappheit<br />
Mit mit den natürlichen ressourcen (Wasser,<br />
Boden) sollte sparsam und effizient umgegangen<br />
werden, denn diese schrumpfen. Bei unsorgsamer<br />
Planung verschwinden Freiflächen sehr rasch, für<br />
immer.<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
Die wirtschaftliche lage einer Gesellschaft<br />
beeinflusst ihren lebensstil. In der aktuellen<br />
Wirtschaftskrise ist ein teil der Bevölkerung aus finanziellen<br />
Gründen gezwungen auf hochwertigere<br />
Nahrung zu verzichten. Die Menschen greifen auf<br />
Billigprodukte zurück. In den USA boomt in dieser<br />
Krisezeit das '<strong>Urban</strong> Gardening' und 'City <strong>Farming</strong>'.<br />
Städter pflanzen tomaten, halten hühner in ihre<br />
hinterhöfe und verkaufen ihre Produkte auch<br />
Online.<br />
7
8<br />
1.2.3 Soziokultur<br />
Soziales Netzwerk<br />
Das Bedürfnis und die Suche nach Unabhängigkeit<br />
und individueller Selbsterfüllung in jeder<br />
lebensphase hat in den letzten Jahrzehnten in<br />
den Industrieländern stark zugenommen. Der<br />
individuelle und anonyme Alltag braucht jedoch<br />
kompensiert zu werden. Das soziales Netzwerk im<br />
Wohn- und Arbeitsumfeld gewinnt an Bedeutung.<br />
Mit der Förderung von gemeinschaftlichen leben<br />
und der Stärkung der Nachbarschaften kann soziales<br />
Kapital geschaffen werden.<br />
Wohlbefinden<br />
Das leben der Menschen verläuftimmer hektischer<br />
- die Natur aber arbeitet im eigenen langsamen<br />
tempo wie eh und je. Das Erfahren dieses natürlichen<br />
rhythmus im alltäglichen Kontext tut den<br />
Menschen gut. Stadtgrün hautnah zu erleben<br />
schafft physisches und psychisches Wohlbefinden.<br />
Bewegung und Gesundheit<br />
Die Naherholung wird oftmals in der freien<br />
landschaft gesucht. Im urbanen raum müssen<br />
mehr Möglichkeiten für die Bewegung vor der<br />
haustür unterschiedlichster Altersgruppen geschaffen<br />
werden.<br />
1.2.4 Siedlungsökologie<br />
Stadt als Lebensraum<br />
In der Stadt müssen Menschen, tiere und Pflanzen<br />
sich den engen raum teilen. Die Natur ist dem<br />
Mensch in der Stadt näher. Sie nehmen die Natur<br />
auf ihren Arbeits- oder Schulweg wahr.<br />
Für tiere und Pflanzen bietet das städtische<br />
Milieu erstaunlicherweise oftmals bessere<br />
lebensraumbedingungen als eine monotone<br />
Agrarlandschaft. Es gibt vielfältige lebensräume<br />
mit hohen Artenreichtum, welche in der übrigen<br />
landschaft nur noch selten anzutreffen sind.<br />
Stadtklima<br />
In der regel ist das Stadtklima wärmer und<br />
trockener als das Klima im Umland. Bäume<br />
und Grünanlagen wirken im Sommer durch<br />
transpiration und Schattenwurf ausgleichend,<br />
bewachsene Fassaden isolieren und dämpfen<br />
die temperaturunterschiede, begrünte Dächer<br />
gleichen temperaturschwankungen aus, halten<br />
regenwasser zurück und entlasten damit das<br />
Kanalisationssystem.
Bodenversieglung<br />
In den Städten sind grosse teile des Bodens<br />
versiegelt; das Wasser versickert nicht, sondern<br />
wird in die Abwasserkanäle oder direkt in die<br />
Kanalisation geleitet. Bei Wolkenbrüchen wird der<br />
Strassenschmutz und reifenabtrieb mittransportiert<br />
und dies belastet das Abwasser.<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
9
10<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
steht für<br />
Produktion<br />
von Nutzpflanzen im urbanen<br />
Kontext auf nicht oder untergenutzten Flächen<br />
Gemeinschaftlichen Anbau, Ernte und<br />
Weiterverarbeitung<br />
Eigenen Konsum oder Verkauf vor Ort<br />
Ökologische Bewirtschaftungsweise und wenig<br />
transport .<br />
Somit dient <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> einem wirtschaftlichen,<br />
sozialen und ökologischen Zweck und trägt bei zur<br />
Aufwertung von Siedlungen.<br />
Forschungsteam (2009)<br />
1.3 Projektidee<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> ist....<br />
... Produktiv<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> möchte mit Nutzpflanzen monofunktionale<br />
und monotone Grünflächen, sowie<br />
ungenutzten restflächen im öffentlichen und<br />
privaten raum, einer neuen Bestimmung als<br />
'Produktionsflächen' zuführen. Es sollen bewusst<br />
Nutzpflanzen in das städtische Grün integriert<br />
werden.<br />
... Wirtschaftlich<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> ist durch die rationelle<br />
Bewirtschaftungsweise weniger kostenintensiv als<br />
die klassische Pflege der Freiräume!<br />
... Attraktiv - Ästhetisch<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> ist ein Zusammenspiel von vertrauten<br />
ländlichen und urbanen Elementen. Die<br />
Ästhetik und Gestaltung dieser Flächen wird massgeblich<br />
durch die 'funktionale' Bewirtschaftung<br />
beeinflusst. Die attraktiven Flächen erhöhen die<br />
Qualität der lebensräume, ihre gemeinschaftliche<br />
Bewirtschaftung erzeugt ein Verantwortungsgefühl<br />
bei den Anwohnenden für die Qualitätserhaltung<br />
des eigenen lebensraumes.
... Wohlbefinden<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> sieht sich einer Vielfalt von gesellschaftlichen<br />
Wünschen und Nutzungsansprüchen<br />
gegenübergestellt. <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> unterstützt das<br />
Angebot der Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten<br />
in den Städten, trägt zur Gesundheitsförderung bei<br />
und dient dem sozialkulturellen Ausgleich.<br />
... Flexibel<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> muss dynamisch und flexibel<br />
sein, offen für eine prozessorientierte Planung.<br />
Ihre Nutzung soll die Umsetzung wandelnder<br />
Ansprüche und Bedürfnisse und mögliche<br />
Umnutzungen nicht verhindern.<br />
... Umweltbildend<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> hilft den Stadtbewohnern den<br />
Bezug zur Natur nicht zu verlieren; das Wachsen<br />
der Pflanzen und deren Dynamik kann täglich<br />
beobachtet werden. Das Angebot an lokalen<br />
frischen Produkten findet in unmittelbarer Nähe<br />
einen Absatzmarkt und trägt somit einen teil zur<br />
Ernährungssicherung der Bevölkerung bei.<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
Das Projekt <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> sucht Antworten auf<br />
folgende Fragen:<br />
Wie lassen sich mit <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> wirtschaftliche<br />
Aspekte mit ökologischen, gestalterischen<br />
und sozialen Anliegen stärker verbinden?<br />
Wie lässt sich mit <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> bei der Pflege<br />
der Freiräume Kosten sparen?<br />
Welche Prozesse im <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> unterstützen<br />
eine nachhaltige Entwicklung und welche<br />
Instrumente werden dafür benötigt?<br />
Wie können Funktionen und Gestaltung<br />
des Aussenraumes mit dem Innenraum<br />
(Ergeschossnutzung) besser in Beziehung treten<br />
und ergänzen?<br />
11<br />
Wie lässt sich das visuelle Erleben und Erfahren<br />
durch die Diversität der Pflanzen (Schulung<br />
Sinneswahrnehmung), Gestaltung und Ästhetik<br />
verstärken und anregen?<br />
Wie kann das Angebot für bewegungsfreundliche<br />
Aussenräume mit <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> neue<br />
Möglichkeiten für körperliche Betätigungen in<br />
der Freizeit gesteigert werden?
12<br />
Ziele <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
Sensibilisierung der Stadtbewohner für die<br />
Pflanze als Nahrungsmittel<br />
Entwicklung von Fine-Food Produkten<br />
(Stadt-Selektion)<br />
Fördern der lokalen Produkteversorgung<br />
Stärkung der Nachbarschaftsbeziehung im<br />
Quartier<br />
Anbieten einer Alternative für einen eigenen<br />
Garten<br />
Förderung der Zusammenarbeit mit dem lokalen<br />
und regionalen Gewerbe<br />
Angebot an kostengünstige Pflege und<br />
Gestaltung von Aussenräumen bei<br />
maximaler Qualität und differenzierten<br />
Nutzungsüberlagerungen<br />
1.4 Projektziele<br />
Das vorliegende Projekt '<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong>' hat das<br />
Ziel landwirtschaftliche Produktionsflächen im urbanen<br />
Kontext zu schaffen, die neben der Steigerung<br />
der Aussenraumqualität auch eine naturnahe und<br />
abwechslungsreiche teil- oder Zusatzversorgung<br />
mit frischen Produkten ermöglicht. Eine<br />
Aufwertung der Flächen im unmittelbarem Wohn-<br />
und Arbeitsumfeld wird unter Berücksichtigung<br />
sozialkultureller, wirtschaftlicher, ökologischer und<br />
ästhetischer Aspekte gleichermassen angestrebt.<br />
Die Betreuung und Unterhalt der Flächen in der<br />
Stadt werden von Fachpersonen übernommen,<br />
damit für die Bewohner keine Verpflichtungen<br />
entstehen. Die Ernte, die Produkterstellung<br />
und die Produktvermarktung eröffnen neue<br />
Einnahmequellen für die Stadt - es gibt dem<br />
Stadtgrün eine neue Berechtigung. Gerade die<br />
Mehrfachnutzungen der 'Produktionsflächen'<br />
macht diese so attraktiv. Brachen und ungenutzte<br />
Flächen könnten auch temporär genutzt werden!
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
13
14<br />
These 1<br />
Die reaktivierung und die Neuinterpretation<br />
der zum teil monofunktional genutzten<br />
Freiräume trägt für ein qualitatives Wohn-<br />
und Arbeitsumfeld sowie zur Aufwertung der<br />
Siedlungsstruktur bei.<br />
These 2<br />
Durch eine angemessene Nutzungszuführung<br />
und Gestaltung der rest- oder randflächen<br />
in Siedlungen soll das Angebot für Erholung,<br />
Spiel, Gesundheit und Ernährung erhöhen.<br />
2 FOrSChUNGS-<br />
SChWErPUNKtE<br />
2.1 Siedlungsplanung<br />
Ästhetik<br />
Ein wichtiger Aspekt für die Umsetzungsfähigkeit<br />
und Akzeptanz des Konzepts ist der ästhetische<br />
Wert des Freiraumes. <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> soll so gestaltet<br />
werden, dass das Image des Quartiers<br />
verbessert und eine eigene ausstrahlende Identität<br />
gebildet wird.<br />
Verdichtung<br />
Durch das vielfältige Nutzen von monofunktionalen<br />
oder ungenutzen Flächen im urbanen Kontext und<br />
das Benutzen der vertikalen Dimension (Fassaden),<br />
wird eine Art innere Verdichtung verfolgt.<br />
Nutzungsangebot<br />
Die besondere Bewirtschaftungsweise der<br />
Aussenräume kreiert neue, ergänzende<br />
Nutzungsmöglichkeiten für die Bewohner der<br />
Siedlung und des Quartiers. Die übergänge zwischen<br />
Innen - und Aussenräume werden fliessend,<br />
sodass sich die räumlichen Funktionen flexibel /saisonal<br />
verlagern können (Sommerküche etc.).<br />
Qualität des Wohn- und Arbeitsumfelds<br />
Durch das Uminterpretieren von Siedlungsfreiflächen<br />
werden auch brachliegende Potentiale<br />
genutzt. Die Siedlungen werden stärker und<br />
gezielt durchgrünt; durch die neu geschaffenen<br />
Grünflächen entstehen. treffpunkte und<br />
Spielbereiche, attraktive Aufenthaltsorte, die im<br />
Alltag an Bedeutung gewinnen.
Ansprüche an Flächen<br />
Es wird ein übergeordnetes und vernetztes<br />
Pflanzkonzept für alle Flächen entwickelt, damit<br />
das Wachstum sichergestellt wird und die Ernte ertragreich<br />
ausfällt.<br />
Folgende Flächen kommen in Betracht für <strong>Urban</strong><br />
<strong>Farming</strong>:<br />
Brachen<br />
Baulücken<br />
restflächen<br />
Wohn- und Arbeitsumfeld<br />
Fassaden und Dächer<br />
Innenhöfe<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
Grösse<br />
15<br />
Einzelfläche sollten mindestens 20 m² betragen; anzustreben<br />
wären eine Gesamtflächen von 1000 m² .<br />
Klima<br />
räume in der Stadt sind generell wärmer als in der<br />
benachbarten landschaft. Es ist zu prüfen, welche<br />
Pflanzen sich für dieses Klima besonders eignen.<br />
Sie könnten ein zusätzliches Angebot im lokalen<br />
Nahrungsangebot schaffen. Der Boden bildet die<br />
Grundlage jeden Anbaus.
16<br />
These 3<br />
Die rationelle Bewirtschaftung von<br />
Siedlungsfreiräumen bringt mehrfachen Erlös<br />
für die lokale Wirtschaft: Einen direkteren<br />
Ertrag durch Produktverkauf zusätzlich einen<br />
Ertrag durch geringere Pflegekosten.<br />
2.2 Ökonomische Aspekte<br />
Pflege und Management<br />
Unterhalten und betreut werden diese<br />
Produktionsflächen von Fachleuten - einen sogenannten<br />
'Gartenmeister'. Er kümmert sich<br />
sowohl um den Anbau, die Pflege als auch um<br />
die Ernte, den Vertrieb/Verkauf und die lieferung.<br />
Der Gartenmeister (Gartenbaubetrieb u.a.)<br />
pachtet entweder diese Flächen oder wird vom<br />
Eigentümer angestellt. Er verpflichtet sich nach<br />
ökologischen und sozialen Kriterien die Flächen zu<br />
bewirtschaften.<br />
Von der Pflanze zum Produkt:<br />
Marketingstrategie<br />
Welche Nutzpflanzen angepflanzt und welche<br />
Produkte daraus entwickelt werden, ist neben<br />
den lokalen Standortbedingungen von den<br />
Verbraucherwünschen abhängig. Vertrieben<br />
werden diese Produkte an Privatpersonen,<br />
lebensmittelketten, Quartierläden sowie private<br />
oder öffentliche Gastronomiebetriebe.
2.3 Soziokulturelle Aspekte<br />
Soziales Netzwerk<br />
Zwischenmenschlich bzw. nachbarschaftliche<br />
Bindungen werden in Städten schwächer. Durch<br />
den gemeinsamen Garten werden neue und<br />
'ungezwungene' kulturelle treffpunkte für eine<br />
individuelle Begegnung und Austausch in der<br />
Nachbarschaft und im Quartier geschaffen; ein<br />
ausgewogenes Mass an rückzugsmöglichkeit mit<br />
gleichzeitiger Möglichkeit des unverbindlichen<br />
Engagements in der Gruppe.<br />
Integration und Durchmischung verschiedener<br />
Kulturen und Generationen wird gefördert.<br />
Neben die Förderung der Völkerverständigung,<br />
soll <strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong> ebenfalls zur Erhaltung und<br />
Nutzung der Kulturpflanzenvielfalt einstehen.<br />
Identifikation<br />
Dadurch, dass die 'Pflanze als Nahrungsquelle'<br />
wieder stärker und auffälliger ins Bewusstsein der<br />
Bewohner rückt, identifizieren sich die Bewohner<br />
auf neue Weise mit ihrem täglichen lebensumfeld.<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
These 4<br />
landwirtschaftliche Nutzung von<br />
Siedlungsfreiflächen bedeutet einen gesellschaftlichen<br />
Mehrwert, indem die<br />
soziale Interaktion stimuliert und ein<br />
Verantwortungsgefühl angeregt wird.<br />
17<br />
These 5<br />
Die Gartenarbeit fördert sowohl der physische<br />
als der psychische Gesundheit.<br />
These 6<br />
Der Anblick von Natur und der Aufenthalt im<br />
Grünen fördert die Erholung, die Genesung<br />
und das Wohlbefinden.
18<br />
Lebensqualität<br />
Das Erleben der Natur (Jahreszeitwechsel,<br />
lebenszyklus von Pflanzen,…) sorgt für eine<br />
stärkeres Gefühl von Verbundenheit mit der<br />
Natur und ihrem Standort. Bei den Nutzern entsteht<br />
ein individuelles und gemeinschaftliches<br />
Verantwortungsbewusstsein für die lebensqualität<br />
am Wohn- und Arbeitsort. Denn der Wunsch nach<br />
einem leben, in dem sich elementare Bedürfnisse<br />
wie Ernährung, Wohnen, Arbeit, Ausbildung und<br />
Erholung, aber auch soziale, kulturelle und gesellschaftliche<br />
Bedürfnisse befriedigen lassen,<br />
bedeutet lebensqualität. (häberli, et al., 2002)<br />
Naturerfahrung trägt vor allem bei<br />
Stadtbewohnern zur Stressreduktion bei (vgl.<br />
Ulrich 1979) und der Blick ins Grüne durch das<br />
Fenster wirk sich positiv aus auf die Gesundheit des<br />
Menschen (Ulrich 1984).<br />
Nutzergruppen<br />
Nach Beckmann et al. (2006) sind folgende<br />
Nutzergruppen (lebensstilgruppe) und ihre<br />
Charakteristika und durchschnittliche lebenslage<br />
zu definieren:<br />
Erlebnisorientierte<br />
Ausserhäuslich Gesellige<br />
Distanzierte<br />
Kulturinteressierte<br />
traditionelle<br />
Obwohl die verschieden Zielgruppen verschieden<br />
Ansprüche haben an ihren lebensraum, gibt<br />
es doch einen gemeinsamen Nenner, nämlich<br />
die Identifikation. Menschen möchten sich gern<br />
mit ihrer alltäglichen Umgebung identifizieren,<br />
deshalb sollte sie ihre lokale Eigenart bewahren<br />
und genügend Aneignungsmöglichkeiten und<br />
Freiheitsmöglichkeiten bieten.<br />
(Buchecker et al., 2008)
2.4 Ökologische Aspekte<br />
Subtiler Einsatz fossiler Energie<br />
Die Flächen werden standortgerecht, umweltschonend<br />
nach den Biorichtlinien bewirtschaftet.<br />
Mit einer ganzheitlich ökologisch ausgerichteten<br />
Konzeption sollen im Sinne globalen Denkens und<br />
lokalen handelns Vorhaben angegangen werden,<br />
die dem hohen Anspruch gerecht werden.<br />
Sparsamer Umgang mit Wasser<br />
Mit intelligenten, weitgehend geschlossenen<br />
Wasserkreislaufsystemen wird die<br />
Pflanzenproduktion ökologisch sinnvoll genutzt.<br />
Dadurch wird wertvolles trinkwasser eingespart<br />
und es entstehen keine Umweltschadstoffe.<br />
Sparsamer Umgang und Schutz des Bodens<br />
Da der Boden innerhalb den Städten knapp ist,<br />
kann mit einer vertikalen Begrünung mehr Platz<br />
und raum ausgenutzt werden. Fassaden können<br />
direkt begrünt oder begrünte Wände auch freistehend<br />
eingesetzt werden. Die Fassadenbegrünung<br />
findet dabei verschiedenste Anwendungsgebiete:<br />
ästhetische Aufwertung, lärmschutz, Sichtschutz<br />
und Abtrennung von Gartenteilen.<br />
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
19<br />
These 7<br />
Durch die umweltschonende Bewirtschaftung<br />
entstehen Versickerungsflächen, die für einen<br />
ökologischen Ausgleich in der Siedlung und<br />
den Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt sorgen.<br />
These 8<br />
Pflanzen verbessern das Stadtklima.<br />
These 9<br />
Die Erhaltung der Gesundheit geschieht durch<br />
gesunde Ernährung, d.h.. durch Erzeugung<br />
vielseitiger naturbelassener lebensmittel mit<br />
den art- und bodenspezifischen Nährstoffen,<br />
Mineralien, Vitaminen und Enzymen.<br />
These 10<br />
Die Erhaltung und reproduktion der<br />
Bodenfruchtbarkeit ist die wichtigste<br />
Voraussetzung für die Pflanzenproduktion.
20<br />
3 FOrSChUNGSrESUltAtE<br />
Anhand von Fallbeispielen, Workshops und Experteninterviews werden folgende resultate erwartet:<br />
Marketing- und Managementkonzept<br />
Neuer Freiflächentyp für Produktion und Aufenthalt<br />
Palette neuer lifestyleprodukte<br />
Neues Berufsbild 'Gartenmeister'<br />
Umweltbildungsmodul für verschiedene Nutzer<br />
Ein Nutzpflanzenkatalog<br />
Nachhaltiges Pflegekonzept - leitfaden
<strong>Urban</strong> <strong>Farming</strong><br />
21
22<br />
ABBIlDUNGSVErZEIChNIS<br />
Alle Grafiken oder Impressionen stammen von den Verfasserinnen.<br />
Aufnahmen aus dem temporären Garten 'Rosengarten' in Zürich an der Haltestelle Kalkbreite
lItErAtUrVErZEIChNIS<br />
Berliner Gartenamtsleiterkonferenz. 2006. Neue Felder für die Stadt - <strong>Urban</strong>e Landwirtschaft als Instrument<br />
der Stadtentwicklung? Dokumentation zum Workshop. Berlin : Senatsverwaltung für Stadtentwicklung,<br />
2006.<br />
Bierie, H. 2003. Landwirtschaft im urbanen Raum hat Zukunft. Forum raumentwicklung. 2, 2003, S. 38-40.<br />
Brückner, H. 2005. Transformation in einen unbekannten Zustand. [Buchverf.] IBA Büro. Die anderen Städte.<br />
IBA Stadtumbau 2010. Band 1: Experiment. Berlin : Jovis Verlag GmbH, 2005.<br />
Buchecker, M., Frick, J. und Tobias, S. (Hrsg.). 2008. Gesellschaftliche Ansprüche an den Lebens- und<br />
Erholungsraum. Birmensdorf : Eidg. Forschungsanstalt WSl., 2008.<br />
Deelstra, T., Boyd, D. und van den Biggelaar, M. 2001. Multifunctional land use: an opportunity for promoting<br />
urban agriculture in Europe. <strong>Urban</strong> Agriculture Magazine. 4, 2001.<br />
Emmer, K., Hoff, R. und Mohrmann, R. 1996. Landschaftsplanung in der Stadt. Stuttgart : Eugen Ulmer,<br />
1996.<br />
Häberli, R., et al. 2002. Vision Lebensqualität. Eth Zürich : vdf hochschulverlag AG, 2002.<br />
Hochschule Wädenswil. 2007. Schwamendingen - Gartenstadt - Stadt der Gärten?. Skizzen zu<br />
Möglichkeitsbildern. Wädenswil : Abteilung Umwelt und natürlichen ressourcen, 2007.<br />
Hugentobler, S. 2008. Grüner Glamour ohne Jute und heilandsandalen. Tages Anzeiger. 15. Oktober 2008.<br />
Kienast, D. 2002. Die poetiek des Gartens. Basel: Birkhäuser Verlag, 2002.<br />
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Kohte, M. 2007. landschaftsarchitektur in der Agglomeration des Zürcher Glattals? disP 168. 1, 2007, S.<br />
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23
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Hochschule für Technik Rapperswil<br />
Institut für Raumentwicklung <strong>IRAP</strong><br />
Oberseestrasse 10<br />
Ch-8640 rapperswil<br />
Prof. rosmarie Müller<br />
rosmarie.mueller@hsr.ch<br />
laura Chavanne<br />
laura.chavanne@hsr.ch<br />
Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften<br />
Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen<br />
Grüental<br />
Ch-8820 Wädenswil<br />
Doris tausenpfund<br />
doris.tausendpfund@zhaw.ch<br />
rapperswil, August 2009