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Wie kann man sich die Arbeitsbedingungen vorstellen?<br />

K.R. Als Bestatter ist man an 365 Tagen im Jahr während 24<br />

Stun<strong>den</strong> auf Pikett. Wenn das Telefon um 3.30 Uhr in der Früh<br />

wegen eines Sterbefalles klingelt, fahre ich dorthin und mache die<br />

Erstversorgung wie zum Beispiel <strong>den</strong> Kiefer fixieren, wenn die<br />

Hinterbliebenen wünschen, <strong>den</strong> Verstorbenen bei sich zu behalten.<br />

Oder an einem schönen Nachmittag stecke ich im Lederkombi,<br />

steige auf das Motorrad und kehre nach zwei Kilometern<br />

wieder um, wenn ich gerufen werde. So ist das Bestattungsleben,<br />

der Tod hält sich nicht an Öffnungszeiten.<br />

«Der Tod hält sich nicht<br />

an Öffnungszeiten»<br />

Kurt Reese<br />

S.R. Also ich schätze die unbürokratischen Arbeitszeiten.<br />

Mein Vater und ich teilen uns die Arbeit so, dass<br />

er an sieben Tagen arbeitet und ich an <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong>. Aber<br />

Hut ab, dass er dies alles während 15 Jahren ganz alleine<br />

gemacht hat, das war ja ein wahnsinniger Kraftakt und dies pausenlos.<br />

K.R. Ganz alleine war ich ja nicht. Meine Frau Ruth hat jahrelang<br />

die Büroarbeiten übernommen und mir so <strong>den</strong> Rücken freigehalten.<br />

Überall wo Not am Manne war, hat sie all die Jahre tatkräftig<br />

mitgeholfen.<br />

Gewöhnt man sich daran, Leichen abzuholen, sie herzurichten<br />

und ins Krematorium etc. zu bringen?<br />

K.R. Wer täglich mit dem Tod konfrontiert wird, lernt mit der<br />

Zeit damit umzugehen. Es ist weniger das Hantieren mit<br />

einem Verstorbenen, als vielmehr das Trauergespräch<br />

mit <strong>den</strong> Hinterbliebenen, das wirklich herausfordert.<br />

Bei unnatürlichen Todesfällen gibt<br />

es schon unschöne Momente,<br />

wenn Leichenteile geborgen<br />

wer<strong>den</strong> müssen<br />

oder ähnliches,<br />

aber die Geschichten<br />

hinter<br />

<strong>den</strong> teils tragischen<br />

Fällen sind<br />

es, die zehren. Wie<br />

ist es bei dir Sarah,<br />

schläfst du gut in der<br />

Nacht?<br />

«Ich bin sozusagen<br />

mit dem<br />

Tod aufgewachsen»<br />

Sarah Reese<br />

S.R. Für mich ist all dies ja nicht neu. Seit 15 Jahren bin ich mir<br />

das Bild von Särgen und Urnen im elterlichen Haus gewohnt. Ich<br />

bin sozusagen mit dem Tod aufgewachsen.<br />

My Zytig, 6. Juni 2012 15<br />

Ist Ihr Beruf nicht oft das Gesprächsthema im Freundeskreis?<br />

S.R. Doch leider. Dabei möchte ich die Arbeit und die Freizeit<br />

strikte trennen. So versuche ich in einer Runde mit jungen Leuten<br />

auf meinen Beruf angesprochen meist auszuweichen.<br />

Warum dies?<br />

S.R. Weil sonst immer die ganze Aufmerksamkeit bei mir ist, das<br />

ist mir unangenehm. Andere Leute haben auch spannende Berufe,<br />

bei mir könnte man aber immer meinen, meine Arbeit sei etwas<br />

ganz Ausgefallenes. Ich möchte im Privaten nicht auch noch «Mügerle».<br />

(Vermerk Redaktion: In Anlehnung an das Totemügerli)<br />

Welche Voraussetzung muss ein Bestatter mitbringen?<br />

K.R. Vor allem eine disziplinierte und genaue Arbeitsweise und<br />

Einfühlsamkeit. Fehler dürfen in diesem Metier nicht passieren.<br />

Eine falsche Inschrift auf einem Grabstein, ein falscher Name auf<br />

einer Todesanzeige oder ähnliches wären verheerend. Wenn man<br />

zu einer Trauerfamilie geht, haben zudem die eigenen Probleme<br />

keinen Platz. Da gilt die uneingeschränkte Aufmerksamkeit <strong>den</strong><br />

Hinterbliebenen. Und man muss gewillt sein, zu jeder Zeit zu arbeiten.<br />

Zudem gehört Diskretion zu einer Tugend, die ein Bestatter<br />

mit sich bringen sollte.<br />

Können <strong>Sie</strong> uns trotzdem eine Anekdote aus Ihrer langjährigen<br />

Berufserfahrung erzählen?<br />

K.R. Einer meiner ersten Fälle war ein kauziger über 90-jähriger<br />

Mann. Er rief mich damals an und informierte mich über seinen<br />

genauen Todeszeitpunkt, da er mit Exit aus dem Leben trat und<br />

welchen präzisen zeitlichen Ablauf er sich für seine Abdankung<br />

wünschte. Auch in seinem letzten Moment auf der Welt wollte der<br />

Zeit seines Lebens patriarchisch lebende Mann die Zügel nicht aus<br />

<strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> geben.

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