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ZIT JAHRESBERICHT 2008

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<strong>ZIT</strong> <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


Impressum<br />

Herausgegeben von:<br />

<strong>ZIT</strong> Zentrum für Innovation und Technologie GmbH<br />

© 2009<br />

Ebendorferstraße 4 | 1010 Wien<br />

T +43 [1] 4000 86 165 | F +43 [1] 4000 86 587<br />

office@zit.co.at | www.zit.co.at<br />

Die Technologieagentur der Stadt Wien.<br />

Ein Unternehmen des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds.<br />

Fotos: Ludwig Rusch<br />

Konzept und Grafik: Ludwig Rusch | Andrea Hochstrasser<br />

Alle Rechte vorbehalten.


05 Vorwort Bürgermeister Dr. Michael Häupl<br />

05 Vorwort Vizebürgermeisterin Mag. a Renate Brauner<br />

06 Vorwort KommR in Brigitte Jank<br />

07 Vorwort DI Dr. Bernd Rießland<br />

08 Mission Statement<br />

10 Das <strong>ZIT</strong>-Team<br />

15 Wer braucht schon eine Wissensbilanz?<br />

18 „Wir haben uns für das ‚Selbermachen‘ entschieden.“<br />

20 Alles forscht<br />

24 8+6=51<br />

26 Vom besonderen Glanz<br />

31 Wien Wins<br />

32 Populär, forsch, sterblich. Das sind Neue Medien<br />

35 „Spiele sind ein Kulturmedium.“<br />

38 Eine neue Zielgruppe für das <strong>ZIT</strong><br />

41 Es bleibt kein Backstein auf dem anderen<br />

43 Insel der Seligen? Vielleicht Ulrich Seidl<br />

44 User Innovation Junior-Prof Dr. Reinhard Prügl<br />

48 „Ein Passwort ist genau 1 Mal sicher.<br />

Beim 2. Mal könnte es schon ein Hacker sein.“<br />

52 Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

jetzt und demnächst<br />

55 Forschung findet Stadt…<br />

56 Von Wärmepumpen und Asthma-Impfstoffen<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 3


4 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


Wien soll DIE Forschungshauptstadt<br />

Mitteleuropas werden – dieses Ziel<br />

ist in der im Jahr 2007 beschlossenen<br />

Stra tegie für Forschung, Technologie<br />

und Innovation „Wien denkt Zukunft“<br />

prominent formuliert. Im Laufe des Jahres <strong>2008</strong>, dem ersten Jahr der<br />

Umsetzung dieser Strategie, sind wir diesem Anspruch ein wichtiges<br />

Stück näher gekommen. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran<br />

trägt das <strong>ZIT</strong> Zentrum für Innovation und Technologie. Zwei zentrale<br />

und als Startprojekte definierte Maßnahmen, für die das <strong>ZIT</strong> die<br />

Ver antwortung trug, wurden bereits realisiert: Die Aktualisierung<br />

der betrieblichen Forschungs- und Innovationsförderung mit einem<br />

stärkeren Fokus auf die große Zielgruppe der innovierenden Unternehmen<br />

und den gesellschaftspolitischen Aspekt der Forschungsförderung,<br />

sowie die äußerst erfolgreiche Durchführung des Wiener Forschungsfestes<br />

als Kernprojekt des verstärkten öffentlichen Dia logs<br />

zu den Themen Forschung und Technologie.<br />

Darüber hinaus wurden auch in anderen Bereichen, für die das <strong>ZIT</strong><br />

die Verantwortung trägt, wesentliche Fortschritte erzielt. Dies gilt<br />

für die innovative Beschaffung – das heißt die verstärkte Miteinbeziehung<br />

des Innovationsgehaltes von Produkten bei Kaufentscheidungen<br />

durch die Stadtverwaltung – oder die zusätzliche Ausstat<br />

tung von Wiener Forschungsstandorten mit hochwertiger<br />

Ge r äte infrastruktur. Insgesamt hat das große Engagement und die<br />

hohe Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des <strong>ZIT</strong> die<br />

Stadt ein Stück weitergebracht im vergangenen Jahr. Dieser Erfolg<br />

möge dem <strong>ZIT</strong> auch in Zukunft beschieden sein!<br />

Dr. Michael Häupl<br />

Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien<br />

Die Wiener Wirtschaftspolitik setzt<br />

konse quent auf Investitionen in Forschung,<br />

Technologie und Innovation.<br />

Die Tur bu lenzen an den internationalen<br />

Fi nanz märkten, die auch auf die<br />

Real wirtschaft durchzuschlagen beginnen, machen natürlich auch<br />

vor den Toren Wiens nicht halt. Um diesen Problemen so gut wie<br />

möglich zu begegnen, helfen alle Anstrengungen für Qualifizierung,<br />

Forschung und Innovation in Wien. Denn im internationalen Wettbewerb<br />

können wir nicht als die Billigsten, sondern nur als die Besten<br />

erfolgreich bestehen.<br />

Das <strong>ZIT</strong> war und ist ein zentrales Instrument der Wiener Wirtschaftspolitik<br />

für wissensbasierte und innovationsorientierte Unternehmen<br />

mit ihren hier entwickelten und international angebotenen Produkten<br />

und Dienstleistungen. Gerade im vergangenen Jahr wurden erneut<br />

spannende Akzente gesetzt. Dem Anspruch, die Zahl jener Wiener<br />

Unternehmen, die regelmäßig Innovationen durchführen, noch zu<br />

erhöhen und sie dabei bestmöglich zu unterstützen, wurde mehrfach<br />

Rechnung getragen:<br />

Mit dem neuen Förderprogramm <strong>ZIT</strong>08 plus, das die Zielgruppe der<br />

<strong>ZIT</strong>-KundInnen deutlich erweitert, und dem neuen Angebot der Technologieberatung,<br />

mit dessen Hilfe Kooperationen von Wiener KMU<br />

mit wissenschaftlichen Einrichtungen gefördert werden. Weil innovative<br />

Unternehmen auch Raum brauchen, wurde die Errichtung des<br />

Media Quarter Marx gestartet – neues Leben für den alten Schlachthof<br />

St. Marx. Nicht zuletzt wurden Forschung und Technologie der<br />

Bevölkerung mit dem vom <strong>ZIT</strong> organisierten Wiener Forschungsfest<br />

näher gebracht – eine wichtige Maßnahme, deren Bedeutung nicht<br />

hoch genug bewertet werden kann, denn wie jeder andere Politikbereich<br />

braucht auch die For sch ungs- und Technologiepolitik den<br />

Rückhalt und das Verständnis jener Menschen, die sie letztendlich<br />

mit ihren Steuergeldern finanzieren.<br />

Mag. a Renate Brauner<br />

Vizebürgermeisterin und Finanz- und Wirtschaftsstadträtin<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 5


Angesichts der aktuellen schwierigen<br />

wirtschaftlichen Situation sind wirtschaftspolitische<br />

Akzente für die Wiener<br />

Unternehmen, vor allem die Kleinen und<br />

Mittleren Unternehmen, ganz besonders<br />

not wendig. Mit dem im vergangenen Jahr deutlich ausgeweiteten<br />

Angebot des <strong>ZIT</strong> haben die Stadt Wien und die Wiener Wirtschaftskammer<br />

bereits ein wirksames Instrumentarium zur Verfügung.<br />

An erster Stelle sind die Maßnahmen zu nennen, die dem Anspruch<br />

der Vergrößerung jener Ziel grup pe, die mit der Technologie- und<br />

Inno vationsförderung adressiert werden soll, Rechnung tragen:<br />

Im Rahmen der neuen Förderschiene INNOVATION, die sich nicht<br />

primär an forschende Unternehmen, dafür umso nachdrücklicher<br />

an die große Anzahl von KMU richtet, die Innovationen hinsichtlich<br />

ihrer Produkte oder Dienstleistungen planen, wurden etwa mehr als<br />

3 Millionen Euro aufgewendet, die 21 Unternehmen zugute kamen.<br />

Das ebenfalls neue Angebot der Technologieberatung – das <strong>ZIT</strong> ist<br />

hier Unternehmen bei der Suche nach Kooperationspartnern bei der<br />

Realisierung von Innovationsvorhaben behilflich – erreicht bereits<br />

im Jahr seiner Pilotphase 68 Unternehmen. Gerade die Kombination<br />

der beiden neuen Maßnahmen stellt für die Wiener KMU einen ganz<br />

besonderen Mehrwert dar.<br />

Für die Wirtschaftskammer Wien als langjährigem Kooperationspartner<br />

des <strong>ZIT</strong> ist der unmittelbare und unbürokratische Zugang zu den<br />

Unternehmen ganz besonders wichtig. Die Angebote des <strong>ZIT</strong> und<br />

auch das Engagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

garantieren dies.<br />

6 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

KommR in Brigitte Jank<br />

Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien


Beziehungstechnisch gelten Eltern-<br />

Kind-Beziehungen oft als schwierig. Im<br />

Fall von Wiener Wirtschaftsförderungsfonds<br />

und <strong>ZIT</strong> Zentrum für Innovation<br />

und Technologie sind die Verhältnisse<br />

allerdings mehr als erfreulich. Ist doch die Erfolgsbilanz der Wiener<br />

Technologieagentur ein steter Anlass zur Freude - für die stolze Muttergesellschaft<br />

wie auch den Wirtschaftsstandort. Besonders schön<br />

ist es dann natürlich, wenn diese Freude und der Erfolg von außen<br />

bestätigt werden. Jüngst geschehen im Fall des Wiener Biotech-<br />

Unternehmens AFFiRiS - spezialisiert auf dem Gebiet der Alzheimer-<br />

Forschung. Das Unternehmen, das in seiner Gründungsphase vom<br />

<strong>ZIT</strong> unterstützt wurde und im Campus Vienna Biocenter beheimatet<br />

ist, konnte sein in der Testphase befindliches Alzheimermedikament<br />

für 430 Millionen Euro - bei Erreichen bestimmter Meilensteine - an<br />

GlaxoSmithKline lizenzieren. Wichtiges Geld für das weitere Wachstum<br />

des erfolgreichen Unternehmens am Campus Vienna Biocenter.<br />

Dieser Standort wird in den nächsten Jahren mit modernster Forschungsinfrastruktur<br />

weiter ausgebaut. Auch das ist zu erheblichen<br />

Teilen ein Verdienst des <strong>ZIT</strong>. Wie überhaupt der Ausbau des gesamten<br />

Campus ohne Initiativen und Projektentwicklung von <strong>ZIT</strong> und<br />

WWFF nicht möglich gewesen wäre.<br />

Darauf dürfen wir durchaus stolz sein. Auf die Tochter sowieso.<br />

Denn - um einen dummen Spruch positiv zu wandeln - so schöne<br />

Töchter hat keine andere Mutter.<br />

DI Dr. Bernd Rießland<br />

Geschäftsführer des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF)<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 7


Mission Statement<br />

Von der Pflicht, am Ball zu bleiben…<br />

War das Jahr 2007 noch von der Planung und Konzeption einer<br />

Reihe neuer und erneuerter Angebote gekennzeichnet, so ging es<br />

im vergangenen Jahr in die Umsetzungsphase. Immer eine spannende<br />

Frage, ob das im Trockentraining Erdachte dann auch wirklich<br />

so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat. Um es vorweg zu<br />

nehmen: wir sind zufrieden mit uns – andernfalls hätte ich auch ein<br />

anderes Thema für diesen Eingangstext zu unserem Jahresbericht<br />

gewählt.<br />

Nicht ganz zufällig wurden im vergangenen Jahr in allen unseren<br />

Schwerpunktbereichen – Förderungen, Dienstleistungen, Immobilien<br />

- neue Angebote implementiert. Denn wir waren vor allem bestrebt,<br />

gemäß unserem Motto „Alles aus einer Hand“, die Synergien zwischen<br />

diesen Bereichen weiter zu verstärken. Nicht zuletzt wurde<br />

das in unserem Portfolio junge Thema Medien noch wesentlich<br />

intensiver bearbeitet, und zwar, dem obigen Grundsatz folgend, ganz<br />

besonders bereichsübergreifend.<br />

Der Reihe nach: Unser Angebot monetärer Förderungen wurde mit<br />

der seit Anfang <strong>2008</strong> gültigen Richtlinie <strong>ZIT</strong>08 plus weiter verbessert,<br />

insbesondere wurden neue Zielgruppen erschlossen. Denn mit<br />

dem Programm INNOVATION adressieren wir nicht primär unsere<br />

bisherigen HauptkundInnen, die forschenden und entwickelnden<br />

Unternehmen (unser bewährtes Angebot für diese Zielgruppe, die<br />

Calls für betriebliche Forschung und Entwicklung, wird natürlich<br />

weitergeführt - siehe Seite 56), sondern Klein- und Mittelbetriebe,<br />

die sich in Richtung vermehrter, kontinuierlicher Innovationstätigkeit<br />

entwickeln wollen. Wie groß das diesbezügliche Potenzial ist, zeigt<br />

zum einen die große Inanspruchnahme dieses Angebots, zum anderen,<br />

und das freut besonders, die hohe Zahl an neuen KundInnen,<br />

die wir damit gewinnen konnten. Im Immobilienbereich wurde die<br />

Erweiterung des Media Quarter Marx gestartet – 37.000 m² Fläche,<br />

verteilt auf zwei Gebäude, werden gerade errichtet. Damit wird<br />

ein Medienstandort geschaffen, der bereits jetzt auf allergrößtes<br />

Interesse stößt. Und im deutlich ausgebauten Dienstleistungsbereich<br />

tat sich ganz besonders viel: Mit der Implementierung des Angebots<br />

der Technologieberatung finden Wiener KMU im <strong>ZIT</strong> einen Mittler<br />

zu Forschungseinrichtungen, der rasch bei der Klärung technologischer<br />

Fragestellungen unterstützen kann. Im Rahmen von „Innovationsgesprächen“<br />

zu verschiedenen Themen wie beispielsweise<br />

Wissens- und Innovationsmanagement versuchten wir mit Hilfe<br />

8 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


…und der Freude, wenn Neues gelingt.<br />

von ExpertInnen unseren KundInnen entsprechende Informationen<br />

anzubieten – und die KundInnen auch gleich noch besser kennen<br />

zu lernen. Schließlich wollen wir mit der Initiative „Innovative Beschaffung“<br />

dazu beitragen, dass die Stadt Wien mit ihrem enormen<br />

Nachfragepotenzial - noch mehr als bisher - innovative Produkte<br />

und Dienstleistungen ankauft. Damit können innovative, oft junge<br />

Unternehmen auf eine ganz wichtige Referenzkundin verweisen, was<br />

für die Gewinnung weiterer KundInnen natürlich von großem Vorteil<br />

ist. Trotz der rechtlichen und administrativen Herausforderungen, die<br />

mit einem solchen Ansatz verbunden sind, konnten, vor allem durch<br />

die Aufgeschlossenheit und das Engagement der Stadtverwaltung,<br />

bereits wichtige Erfolge erzielt werden.<br />

War das jetzt ein Mission Statement? Nun, ich hoffe, dass unsere<br />

Mission - oder, um es etwas weniger pathetisch und metaphysisch<br />

zu sagen - unsere Aufgabe und Zielrichtung aus unserem Tun klar<br />

wird: Bestmögliche Rahmenbedingungen für Technologie und Innovation<br />

in Wien zu schaffen.<br />

Dr. Claus Hofer<br />

<strong>ZIT</strong> Geschäftsführung<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 9


Das <strong>ZIT</strong>-Team<br />

Christian Bartik<br />

Peter Halwachs<br />

Claus Hofer<br />

10 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

Thomas Berndt<br />

Sandra Hämmerle<br />

Stephanie Jansen<br />

Eva Czernohorszky<br />

Evelyn Hemmer<br />

Robert Mayer-Unterholzner<br />

Fabian Fußeis<br />

Nadja Hermann<br />

Sigrid Nitsch<br />

Daniela Perl Antoinette Rhomberg Manuela Schein Astrid Stakne<br />

Tanja Steinhauser Bernhard Steinmayer Kristina Wrohlich Dieter Zabrana<br />

Geschäftsführung<br />

Dr. Claus Hofer<br />

Assistenz<br />

Mag. a Evelyn Hemmer<br />

Nadja Hermann<br />

Kommunikation<br />

Stephanie Jansen<br />

DI in Kristina Wrohlich<br />

Wissensmanagement | Controlling<br />

Dieter Zabrana (Leitung)<br />

Robert Mayer-Unterholzner<br />

Förderungen<br />

Mag. Christian Bartik (Leitung)<br />

Sandra Hämmerle<br />

Mag. a Daniela Perl<br />

Mag. a Manuela Schein<br />

Mag. a Astrid Stakne<br />

Tanja Steinhauser<br />

Dr. Bernhard Steinmayer<br />

Dienstleistungen<br />

Mag. a Eva Czernohorszky (Leitung)<br />

Mag. Fabian Fußeis<br />

DI Peter Halwachs<br />

Mag. a Sigrid Nitsch<br />

Antoinette Rhomberg<br />

Immobilien<br />

Dipl.-Geogr. Thomas Berndt (Leitung)<br />

DI in Kristina Wrohlich


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 11


12 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 13


14 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


Wer braucht schon eine Wissensbilanz?<br />

Ein Werkstattbericht.<br />

Erstmals liegt dem Jahresbericht des <strong>ZIT</strong> ein zweiter, schmälerer<br />

Band bei: eine Wissensbilanz. Zwei Gründe waren ausschlaggebend<br />

für unseren Entschluss, eine Wissensbilanz für das <strong>ZIT</strong> zu erstellen:<br />

weil wir wollten und weil wir mussten. Eine glückliche Kombination,<br />

wie sich herausstellen sollte. Drei Schlussfolgerungen können wir<br />

jetzt aus dem Prozess der Wissensbilanzierung im <strong>ZIT</strong> ziehen – und<br />

die wollen wir Ihnen nicht vorenthalten.<br />

I CuI Bono?<br />

Wir mussten eine Wissensbilanz für das <strong>ZIT</strong> erstellen, weil wir als<br />

Schöpfer und Abwickler eines unter dem Namen WISSEN publizierten<br />

Förderungsprogramms der Stadt Wien für die erstmalige<br />

Erstellung von Wissensbilanzen in Wiener Unternehmen eine<br />

Vorbildwirkung einnehmen. Wir fühlen uns unserem Firmenwortlaut<br />

und dem Auftrag verpflichtet, den wir als Technologieagentur der<br />

Stadt Wien haben: nicht nur Innovation zu fördern, sondern sie auch<br />

selbst zu leben.<br />

Von den Wiener UnternehmerInnen können wir nur das verlangen,<br />

was wir auch selbst bereit sind zu tun. Und wir könnten die vorgelegten<br />

Förderungsprojekte kaum in der geforderten Qualität<br />

bewerten, hätten wir nicht den theoretischen Background und die<br />

praktische Erfahrung aus der Umsetzung.<br />

Wir wollten eine Wissensbilanz für das <strong>ZIT</strong> machen, weil wir davon<br />

überzeugt sind, dass sie für ein wissensbasiertes Unternehmen ein<br />

geeignetes strategisches Steuerungs- und Profilierungsinstrument<br />

ist, das es uns erlaubt, bessere Leistungen mit höherer Wertschöpfung<br />

zu erbringen - die so auch besser an KundInnen und AuftraggeberInnen<br />

vermittelt werden können. Diese aus vielen Recherchen<br />

und Gesprächen resultierende Überzeugung war ja schließlich<br />

aus schlaggebend für die Schaffung des Förderungsprogramms<br />

WISSEN.<br />

Die Finanz- und Wirtschaftskrise macht deutlich, wie wichtig es für<br />

die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens sein kann, neben seinem<br />

materiellen auch das intellektuelle Kapital darstellen und steuern zu<br />

können. Die meisten etablierten Kennzahlen- und Ratingsysteme<br />

haben sich nicht gerade bewährt – auch weil sie nicht in der Lage<br />

sind, Kernkompetenzen und Wissenspotenziale von Unternehmen<br />

richtig einzuschätzen.<br />

Was bisher nur GründerInnen und deren Financiers tun mussten,<br />

werden künftig wohl immer öfter auch Banken und Förderagenturen<br />

tun, bevor sie ihr gutes Geld in „gestandene“ Unternehmen stecken:<br />

deren Kernkompetenzen untersuchen, deren Wissen, Fähigkeiten<br />

und Beziehungen analysieren und Rückschlüsse auf die Marktfähigkeit<br />

der Leistungen und deren Wertschöpfung ziehen. Kurzum: eine<br />

Wissensbilanz machen (bzw. verlangen).<br />

I Wollen & Müssen und der HalBe WeG<br />

Gut, dass wir die Wissensbilanz unbedingt machen wollten: nur<br />

dadurch gelang es, den anfangs klar unterschätzten Aufwand an Zeit<br />

und Energie durch besonderen Einsatz der MitarbeiterInnen auszugleichen.<br />

Die ursprünglich gewählte Projektstruktur, die WissensträgerInnen<br />

aus allen Bereichen des <strong>ZIT</strong> dazu brachte, in groß angelegten<br />

Workshops wenig produktive generische Prozesse zu durchlaufen,<br />

mussten wir bald in eine flexible Clusterstruktur überleiten, wo<br />

Arbeitspakete von einzelnen oder einer kleinen Gruppe von MitarbeiterInnen<br />

erledigt und von der Projektleitung gemeinsam mit einem<br />

externen Berater ergänzt und an die richtigen Stellen des Ganzen<br />

eingefügt wurden.<br />

Gut, dass wir die Wissensbilanz machen mussten, wir wären sonst<br />

vielleicht auf halbem Weg stehen geblieben, hätten uns aus Zeitnot<br />

und wegen anderer Prioritäten (unsere KundInnen!) damit zufrieden<br />

gegeben, eh schon zu wissen, was wir wissen und bloß unser<br />

Wissensmanagementsystem weiter verbessert.<br />

Das wäre nicht schlimm und für viele Unternehmen ausreichend.<br />

Aber damit kann man die Kernkompetenzen eines Unternehmens<br />

nicht optimal steuern, damit fehlt die Möglichkeit, durch den<br />

Vergleich der letztjährigen mit der heurigen Wissensbilanz Veränderungen<br />

im intellektuellen Kapital bemerken und analysieren zu<br />

können, Ausgangspunkte für strategische Entscheidungen zu haben<br />

und schließlich auch Belege für deren Richtigkeit (oder deren<br />

Fehlschlagen).<br />

I vor der WIssensBIlanZ IsT naCH der WIssensBIlanZ<br />

Wer vor der Wissensbilanzierung organisatorisch noch nicht so<br />

aufgestellt ist, dass das für die angebotenen Leistungen erforder-<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 15


Wer braucht schon eine Wissensbilanz?<br />

liche Wissen regelmäßig und strukturiert gesammelt, aufbewahrt,<br />

ausgetauscht und zugänglich gemacht wird, muss einfach mehr Zeit<br />

vorsehen. Gibt es bereits Datenbanken, Bibliotheken, regelmäßige<br />

(und protokollierte!) Treffen der WissensträgerInnen, Dokumentenmanagement,<br />

etc., lässt sich die Wissensbilanz recht zügig erstellen.<br />

Das <strong>ZIT</strong> war durchaus gut vorbereitet, es gab bereits eine große Zahl<br />

gut integrierter Bestandteile eines Wissensmanagements im Unternehmen.<br />

Dennoch war gerade die Vielfalt unserer unterschiedlichen<br />

Wissensmanagement-Tools und deren unzureichende Abstimmung<br />

auch eine der Ursachen für Verzögerungen im Wissensbilanzierungsprozess.<br />

Beim Analysieren unserer Kernkompetenzen bemerkten wir schnell,<br />

dass unser properes, wirtschaftswissenschaftlich und politisch gut<br />

unterfüttertes Zielsystem doch noch Lücken hatte. Nicht immer<br />

ließ sich die bei der Wissensbilanzierung entscheidende Frage<br />

ohne Weiteres beantworten: „Welches Team, welche Beziehungen,<br />

welche Strukturen und Prozesse haben und brauchen wir, um eine<br />

bestimmte Leistung so erbringen zu können, dass sie die größtmögliche<br />

Wertschöpfung auslöst - bei unseren KundInnen, innovationsaktiven<br />

Wiener Unternehmen, wie auch bei unseren Auftrag geber-<br />

Innen, der Stadt Wien und zahlreichen ProjektpartnerInnen?“<br />

Wer sich nach der Wissensbilanzierung zufrieden zurücklehnt, vergibt<br />

eine große Chance: Wissensbilanzen sind nämlich auch und vor<br />

allem Steuerungsinstrumente. Sie zeigen dem Management durch<br />

Indikatoren die Veränderungen im intellektuellen Kapital, bei den<br />

damit erbrachten Leistungen und den so erzielten Wirkungen – wenn<br />

die Wissensbilanz mit den üblichen Controllingkreisläufen eines<br />

Unternehmens verbunden wird. Konkret haben wir den Prozess der<br />

jährlichen Wissensbilanzierung mit den vorhandenen Prozessen des<br />

Finanzcontrollings, der Personalentwicklung und der Strategie- und<br />

Projektplanung verquickt – in den kommenden Monaten muss dieser<br />

Controllingkreislauf dann im „real life“ seine Bewährungsprobe<br />

bestehen…<br />

I ZuvIel salZ In dIe suppe…<br />

Die Wissensbilanz nach dem „Modell Prof. Koch“ ist zwar hierzulande<br />

ein Quasi-Standard. Doch niemand - außer den österreichischen<br />

Universitäten – ist dazu verpflichtet, eine Wissensbilanz zu erstellen<br />

16 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

und es gibt in diesem Modell und auch außerhalb davon viele - auch<br />

ganz gut geeignete - Möglichkeiten, mehr oder weniger Aufwand zu<br />

treiben, um zum Ziel zu kommen.<br />

Ob und wie sehr man diesem Modell folgt, hängt also von den vorher<br />

gewissenhaft zu analysierenden Zielen und Möglichkeiten ab, für<br />

manche Unternehmen werden die hinter den Begriffen „Prozessmanagement“,<br />

„Wissensmanagement“ oder „Qualitätsmanagement“<br />

stehenden Konzepte wohl ausreichend oder gar besser geeignet<br />

sein als das Instrument der Wissensbilanz (die allerdings eine gute<br />

Ergänzung zu all diesen Modellen sein kann!).<br />

Wissensbilanz ja oder nein? Suchen Sie Rat bei einer der (noch<br />

raren) in Sachen „Wissensbilanzierung“ erfahrenen Beratungsfirmen,<br />

aber tun Sie das nicht unvorbereitet.<br />

Fragen Sie sich<br />

n Wie stark hängt der Erfolg unseres Unternehmens vom<br />

intellektuellen Kapital ab - von unserem Team, unseren KundInnen<br />

und anderen Netzwerken, von unseren Leistungsprozessen?<br />

Wie gefährdet ist unsere Wettbewerbsposition, z.B. bei<br />

Ver lust von SchlüsselmitarbeiterInnen, bei Zunahme von Kund-<br />

Innen-Beschwerden, etc.?<br />

n Wie stark ist der Wettbewerb in unserem Markt, und damit der<br />

Druck, kontinuierlich zu innovieren, sich von MitbewerberInnen<br />

auch in der Außendarstellung positiv abzuheben, KundInnen zu<br />

binden und deren Vertrauen in uns zu festigen?<br />

n Wie stark ist unser eigener Anspruch (z.B. in einer bestimmten<br />

Firmenkultur) oder der Druck unserer EigentümerInnen und<br />

Financiers, die „inneren Werte“ des Unternehmens besser zu<br />

kennen und deren Entwicklung aktiv zu steuern?<br />

Wir haben uns diese Fragen gestellt, uns gewissenhaft vorbereitet<br />

und wir haben einen erfahrenen Berater gefunden. Dennoch<br />

erlebten wir unsere Überraschungen, machten unsere Fehler und<br />

haben viel daraus gelernt – das Ergebnis dieses Prozesses der<br />

Wissensbilanzierung liegt diesem Jahresbericht bei.<br />

Dieter Zabrana


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 17


„Wir haben uns für das ,Selbermachen‘ entschieden.“<br />

Walter Schmidt, Geschäftsführer AFFiRiS, im Gespräch.<br />

Walter Schmidt ist seit Ende 2003 Mitbegründer und Geschäftsführer<br />

des gar nicht mehr so kleinen Wiener Biotechnologieunternehmens<br />

AFFiRiS. Das <strong>ZIT</strong> hat das Unternehmen von Beginn an unterstützt.<br />

Dass das Vertrauen mehr als gerechtfertigt gewesen ist, beweist<br />

der größte Biotech-Lizenzdeal eines österreichischen Unternehmens<br />

überhaupt, abgeschlossen mit dem britischen Pharma-Riesen<br />

GlaxoSmithKline.<br />

Georg Brockmeyer: AFFiRiS - wofür steht der Name eigentlich?<br />

Und warum die 2 kleinen “ii”?<br />

Walter Schmidt: Der Name AFFiRiS ist ein Kunstwort. Man kann<br />

das mit Affinität assoziieren und es sollte auch ein bisschen peppig<br />

klingen. Und das mit den kleinen “i“, das hat sich mit der Zeit<br />

entwickelt. Es erhöht auf jeden Fall die Aufmerksamkeit.<br />

Brockmeyer: Ihr Schwerpunkt ist die Impfstoffentwicklung?<br />

Schmidt: Wir entwickeln sogenannte maßgeschneiderte Impfstoffe.<br />

Unsere Impfstoffsubstanzen sind chemisch gesprochen Peptide<br />

und synthetischer Natur. Wir haben für sie die Marke AFFITOP ®<br />

geschützt. Die Plattform-Technologie, die die Impfstoff-Kandidaten<br />

liefert, heißt AFFITOM ® Technologie. Das kann man sich so vorstellen:<br />

ein AFFITOM ® ist ein großer Pool von möglichen Impfstoff-<br />

Produktkandidaten, zugeschnitten auf die jeweilige Krankheit, wie<br />

z.B. Alzheimer. In dieser Indikation ist AFFiRiS in der Forschung und<br />

Entwicklung auch am Weitesten fortgeschritten. Gleich zwei<br />

AFFI TOPE ® befinden sich in der klinischen Phase I, deren finale<br />

Ergebnisse spätestens im Herbst dieses Jahres vorliegen sollten.<br />

Die finanzielle Unterstützung des <strong>ZIT</strong> war uns für diese Studien natürlich<br />

eine sehr große Hilfe.<br />

Das Interessante an dieser Technologie ist die Vielzahl der möglichen<br />

Produktkandidaten, die sie jeweils zur Verfügung stellt. Sollte sich<br />

wider unserer Erwartungen beispielsweise in der klinischen Entwicklung<br />

herausstellen, dass ein AFFITOP ® nicht zum gewünschten Erfolg<br />

führt, dann können wir mit Hilfe unserer AFFITOM ® Technologie<br />

einfach neue Kandidaten an Impfstoffen nachliefern.<br />

Das kann unsere Konkurrenz so nicht.<br />

Brockmeyer: Sie gehen nicht von dem Krankheitserreger, sondern<br />

von dem sogenannten Antigen aus?<br />

Schmidt: Das ist richtig. Wir haben keine Infektionskrankheiten im<br />

Programm, sondern erforschen und entwickeln Impfungen gegen<br />

18 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

chronische Krankheiten. Hier ist häufig eine körpereigene Struktur<br />

das Problem und von dieser Problemstruktur gehen wir aus.<br />

Des Weiteren ist für die Auswahl unserer Projekte wichtig, dass ein<br />

dringender medizinischer Bedarf vorliegt und dass es auch etwas<br />

zu verdienen gibt. Da bin ich ganz ehrlich: wir wollen mit unserer<br />

Forschung und Entwicklung auch Geld verdienen. Damit wollen wir<br />

wachsen, unseren technologischen Ansatz weiter entwickeln, unser<br />

Team vergrößern und verstärken und so fort, letztendlich alles auf<br />

die Beine stellen, was zu einem erfolgreichen Biotechnologie Unternehmen<br />

eben dazugehört.<br />

Um aus kommerzieller Sicht noch einmal das Beispiel Alzheimer<br />

zu bemühen: mit den am Markt befindlichen Medikamenten, die<br />

lediglich die Symptome lindern, aber letztendlich keine ursächliche<br />

Wirkung zeigen, wurde allein im vergangenen Jahr weltweit ein<br />

Umsatz von rund 4,5 Milliarden Euro gemacht. Mit wirksamen Impfstoffansätzen<br />

könnte ein Markvolumen von bis zu 15 Milliarden Euro<br />

adressiert werden.<br />

Brockmeyer: Wie sind Sie auf diese Idee gekommen? Was gab den<br />

Ausschlag zur Gründung von AFFiRiS?<br />

Schmidt: Die Idee kam uns, als wir uns die Aktivitäten der irischen<br />

Pharmafirma Elan genauer anschauten. Elan hatte einen Alzheimerimpfstoff<br />

in die klinische Entwicklung gebracht und schwerwiegende<br />

Nebenwirkungen ausgelöst. Frank Mattner und mir war rasch klar,<br />

wo „der Hase im Pfeffer lag“ und wie die Technologie, später<br />

AFFITOM ® Technologie genannt, aussehen müsste, die wirksame<br />

und sichere Impfstoffe ohne schwerwiegende Nebenwirkungen<br />

liefern kann.<br />

Nachdem wir bald festgestellt hatten, dass noch niemand in diese<br />

Richtung gedacht hatte, es auch keine Patentanmeldungen gab,<br />

standen wir vor der Frage: Machen wir das selbst? Wir haben uns<br />

für das „Selbermachen“ entschieden.<br />

Brockmeyer: Wie leicht war dieses „Selbermachen“? Wie wichtig<br />

waren Förderungen?<br />

Schmidt: Förderungen waren essentiell. Wir hätten das Unternehmen<br />

sonst nicht auf die Beine stellen können. Um an private Geldgeber<br />

zu kommen, ist das Erreichen eines gewissen Entwicklungsstadiums<br />

notwendig.<br />

Als Biotechfirma hätten wir auch von keiner Bank einen Kredit<br />

bekommen, weil wir natürlich keine Sicherheiten hatten, mit denen


eine Bank irgendetwas anfangen hätte können. Deshalb waren<br />

Förderungen von <strong>ZIT</strong>, AWS und FFG notwendig für uns. Dann kamen<br />

jedoch recht rasch auch die privaten Geldgeber. Mit dem Venture<br />

Kapital haben wir es dann geschafft, unser Alzheimer-Projekt soweit<br />

voran zu treiben, dass es auch für einen großen Partner interessant<br />

wurde.<br />

Brockmeyer: Da kommen wir jetzt zum Thema ganz großes Geld:<br />

Wir sprechen von bis zu 430 Millionen Euro...<br />

Schmidt: Ja, die können wir von unserem Pharmapartner<br />

GlaxoSmithKline für alle Rechte an unserer Alzheimerimpfung<br />

bekommen, wenn die Entwicklung zum positiven Abschluss kommt.<br />

Noch mal kurz das Attraktive der AFFITOM ® Technologie: Wir haben<br />

nicht nur eine einzige potenzielle Substanz, sondern wir haben einen<br />

ganzen Pool. Bei potenziellen Problemen können wir neue Impfstoffkandidaten<br />

ins Rennen schicken.<br />

Das Lizenzabkommen ist für uns sehr wichtig - die umfangreiche<br />

Phase III der klinischen Erprobung wäre sonst nicht finanzier- und<br />

umsetzbar.<br />

Wenn dann ein Impfstoffkandidat die Entwicklung erfolgreich<br />

durchläuft und sich am Markt durchsetzt, werden insgesamt 430<br />

Millionen Euro geflossen sein. Dafür haben wir Meilensteinzahlungen<br />

vereinbart. Die erste Zahlung betrug 22,5 Millionen Euro.<br />

Wir wollen nachhaltig wachsen. Unser Ziel ist es ganz bestimmt<br />

nicht, die Firma zu verkaufen.<br />

Brockmeyer: Stichwort nachhaltiger Aufbau: Was kommt nach<br />

Alzheimer?<br />

Schmidt: Wie ja bereits angesprochen befinden sich die beiden<br />

Produktkandidaten unserer Alzheimer-Impfung „im Endspurt“ der<br />

klinischen Phase I Studie. Impfstoff-Kandidaten zur Behandlung von<br />

Atherosklerose, sowie einer zu Behandlung von Parkinson, befinden<br />

sich in der präklinischen Entwicklung. Darüber hinaus haben wir<br />

noch vier weitere Projekte im Köcher und ich gehe davon aus, dass<br />

innerhalb der nächsten 2-3 Jahre noch weitere dazukommen werden.<br />

Wir haben zusätzliche Flächen angemietet und uns auf knapp 1.700<br />

m² vergrößert. Denn Raum brauchen wir, um neue Projekte zu<br />

entwickeln, immer unter derselben Prämisse: dringender medizinischer<br />

Bedarf und attraktives Marktvolumen.<br />

„Wir haben uns für das ‚Selbermachen‘ entschieden.“<br />

Brockmeyer: Bei Ihrem Bedarf an Fläche und Entwicklung wird die<br />

Erweiterung des Campus Vienna Biocenter durch die „Vision 2020“<br />

(siehe Seite 24) relativ wichtig für sie sein?<br />

Schmidt: Ja, der Campus ist wichtig für uns, denn er beherbergt jetzt<br />

schon eine kritische Masse an akademischen Instituten mit exzellenter<br />

Grundlagenforschung dicht an dicht mit kommerziell ausgerichteten<br />

Biotechnologieunternehmen. Die Infrastruktur passt.<br />

Darüber hinaus bietet der Campus die Möglichkeit zu kontinuierlichem<br />

Wachstum. Wir wollen auch wachsen - substantiell und<br />

vernünftig. Und diese Grundlagen sind am Campus gegeben. Der<br />

Blick nach Basel zeigt, wo die Reise hin gehen könnte. Dort gibt es<br />

eine umfangreiche Life Science Szene, darunter sehr viele Biotech-<br />

Firmen, die einfach entstanden sind. Warum? Weil das Umfeld da<br />

war, die kritische Masse und die Infrastruktur, so wie jetzt hier am<br />

Campus auch. Ich sehe die besten Voraussetzungen, dass hier in<br />

Wien in den nächsten Jahren etwas Ähnliches entstehen könnte.<br />

Brockmeyer: Wie wichtig ist der Campus Standort für Ihr Unternehmen?<br />

Schmidt: Sehr wichtig. Der Campus bietet uns wie gesagt die<br />

entsprechende Infrastruktur, auf die wir zurückgreifen können und<br />

auch müssen! Konkret geht es darum, dass wir nicht nur Büros<br />

brauchen, sondern vor allem auch Labors für unsere Forschung und<br />

Entwicklung. Verglichen mit klassischen Wohn- oder Bürobauten sind<br />

Laborgebäude ein kleines Marktsegment. Dazu kommt das Risiko<br />

der Wiedervermietung im Insolvenzfall. Die Biotech-Branche muss<br />

mit diesem Risiko leben. Schließlich sind wir hochinnovativ, quasi an<br />

vorderster Front. Da kann es keine Erfolgsgarantie geben. Das<br />

Scheitern gehört zur Innovation genauso dazu wie der bahnbrechende<br />

Erfolg.<br />

Vor diesem Hintergrund bin ich sehr froh, dass die Stadt Wien,<br />

namentlich das <strong>ZIT</strong>, diesen Risikoweg mit uns und durch den<br />

Campus gegangen ist.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 19


Alles forscht<br />

Spitzenstandorte sprießen rund um den Globus. Wien im Vergleich der Giganten.<br />

I japan.<br />

Rund 60 km nordöstlich von Tokyo liegt die Tsukuba Science City,<br />

eines der weltweit beeindruckendsten Forschungsstandort-Projekte.<br />

Es umfasst ein Areal von etwa 28.400 ha (284 km² - im Vergleich<br />

Wien: 415 km²), die Bevölkerung liegt derzeit bei rund 200.000<br />

Menschen und soll bis 2030 auf 350.000 Menschen anwachsen. In<br />

Sachen Forschung und Entwicklung kann die Tsukuba Science City<br />

mit enormen Fakten aufwarten: Aktuell sind dort 46 nationale<br />

Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen beheimatet. Etwa<br />

13.000 Beschäftigte arbeiten in diesen Einrichtungen, 8.500 von<br />

ihnen sind ForscherInnen im engeren Sinne. Weitere 4.500<br />

Forscher Innen sind in privaten Unternehmen beschäftigt, die sich<br />

sowohl direkt im sogenannten „research and education district“,<br />

aber auch im weiteren Stadtbild angesiedelt haben.<br />

I china.<br />

Der Guangzhou Hi-Tech Industrial Development Zone (GHIDZ) sind<br />

mittlerweile viele ihrer Art gefolgt, doch Mitte der 1990er Jahre<br />

wurde die GHIDZ als eine der ersten industriellen Entwicklungszonen<br />

für Spitzentechnologie in China entwickelt. Sie liegt im Osten der<br />

Stadt Guangzhou – einer Stadt im Süden Chinas, deren EinwohnerInnenzahl<br />

jener Österreichs gleicht. Mit ihren fünf verschiedenen<br />

Technologie- und Wissenschaftsparks umfasst sie eine Fläche von<br />

37,34 km² und beherbergt in den einzelnen Parks und Inkubatoren<br />

insgesamt 3.700 Unternehmen. Die thematischen Schwerpunkte<br />

reichen in dem gigantischen Park von Computer- und Software-<br />

Industrie über Life Sciences bis hin zur optischen Industrie.<br />

I Singapur.<br />

Biopolis, ein 2003 eröffneter monumentaler Glas-Beton-Komplex für<br />

rund 250 Millionen Euro: neidvoll blickt Europa auf Singapur.<br />

Bio polis gilt als Schlaraffenland für den ForscherInnengeist, ca.<br />

2.000 WissenschaftlerInnen arbeiten hier auf 22 ha Fläche. „Eine<br />

großzügige Infrastruktur mit hightechverwöhnten Laborarbeitsplätzen<br />

inklusive biomedizinischer Großgeräte und jeder Menge luxuriöser<br />

Forschungsatmosphäre“, so beschreibt die „Medical Tribune“<br />

20 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

Singapurs wichtigsten Forschungsstandort für Life Sciences. Auch<br />

hier im Biopolis arbeiten private und staatliche Forschungseinrichtungen<br />

neben-, aber vor allem eng miteinander. Das Biopolis ist Teil<br />

eines Zwei-Milliarden-Dollar-Programms, um die Wirtschaft des<br />

Landes umzukrempeln.<br />

I uSa.<br />

Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) gilt als eine der<br />

weltweit führenden Universitäten im Bereich technologischer<br />

Forschung und Lehre. Das MIT ist Mitglied der Association of<br />

American Universities, einem seit 1900 bestehenden Verbund<br />

führender forschungsintensiver nordamerikanischer Universitäten.<br />

Auch das MIT beeindruckt mit Zahlen: 998 Professuren in 34<br />

Fachbereichen, rund 10.000 StudentInnen (davon ca. 60 % Postgraduates)<br />

und rund 10.000 wissenschaftliche MitarbeiterInnen. Und<br />

– wohl einsame Spitze: 63 NobelpreisträgerInnen. Und der Campus<br />

des MIT braucht gerade mal 0,679 km² an Fläche.<br />

I Wien. CaMpus vIenna BIoCenTer.<br />

Im Oktober <strong>2008</strong> gelingt dem Wiener Biotech-Unternehmen AFFiRiS<br />

(siehe Seite 18) der größte Biotech-Coup der österreichischen<br />

Geschichte: der belgische Pharmariese GlaxoSmithKline zahlt für die<br />

exklusiven Rechte an AFFiRiS Alzheimer-Impfungen bei Erreichen<br />

bestimmter Meilensteine bis zu 430 Millionen Euro – obwohl sich<br />

diese erst in Phase I befinden und obwohl AFFiRiS keinen einzigen<br />

Unternehmensanteil verkauft hat.<br />

Ja, Wien ist eben anders. Denn auch mit – im internationalen<br />

Vergleich - bescheideneren Dimensionen lassen sich Erfolgsgeschichten<br />

schreiben. Die der AFFiRiS ist <strong>2008</strong> sicherlich die<br />

spektakulärste – aber auch andere Erfolgsgeschichten schreibt der<br />

Campus Vienna Biocenter mit seinen 1.400 WissenschaftlerInnen<br />

auf 67.200 m² Labor- und Bürofläche. So wurde beispielsweise im<br />

Dezember bekannt, dass mit Magnus Nordborg einer der weltweit<br />

führenden Forscher auf dem Gebiet der molekularen Pflanzenbiologie<br />

von der Southern University in L.A. nach St. Marx zieht, als neuer<br />

Direktor des Gregor-Mendel-Instituts für Molekulare Pflanzenbiolo-


gie. Oder die Intercell AG, die <strong>2008</strong> ein brandneues Gebäude am<br />

Campus bezogen hat (siehe Seite 26): Sie wurde nicht nur vom<br />

World Economic Forum zum „Technology Pioneer 2009“ ernannt,<br />

sondern erhielt 12,5 Millionen Dollar vom US Department of Health<br />

and Human Services für die weitere Entwicklung des Impfpflasters<br />

gegen pandemische Grippe. Und mit dieser Auswahl werden nur<br />

einige sehr wenige genannt.<br />

Für Wien wird es auch in Zukunft nicht darum gehen, mit den<br />

finanziellen Mammutschritten im asiatischen Raum mitzuhalten,<br />

sondern gezielt Investitionen in Infrastruktur, Ausbildung und<br />

Projekte zu tätigen, um die jeweils exzellenten Kompetenzen weiter<br />

zu stärken. Der Campus Vienna Biocenter ist dahingehend ein<br />

Vorzeigeprojekt. Hier ist es gelungen, Unternehmen, außeruniversitäre<br />

und universitäre Forschung sowie die Ausbildung miteinander zu<br />

verknüpfen und internationale Sichtbarkeit zu erlangen.<br />

Nicht zuletzt haben die Entwicklungen am Campus Vienna Biocenter<br />

dazu beigetragen, dass der stadtplanerische Entwicklungsprozess im<br />

Gebiet St. Marx so erfolgreich verlief. Wie wichtig das Thema für<br />

Stadtentwicklung geworden ist, erkennt man auch daran, dass vier<br />

von 13 Wiener Zielgebieten für ihre zukünftige Entwicklung auf die<br />

Themen Forschung, Technologie, Innovation und Kreativität setzen<br />

und sich in ihren Leitbildern darauf festlegen.<br />

Dipl.-Geogr. Thomas Berndt<br />

„Die der AFFiRiS ist <strong>2008</strong> sicherlich die spekta-<br />

kulärste – aber auch andere Erfolgsgeschichten<br />

schreibt der Campus Vienna Biocenter mit seinen<br />

1.400 WissenschaftlerInnen auf 67.200 m²<br />

Labor- und Bürofläche.“<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 21


22 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 23


8+6=51*<br />

Die Umsetzung der Vision 2020 am Campus Vienna Biocenter.<br />

Die Erfolgsgeschichte des Campus Vienna Biocenter (CVBC) begann<br />

in den 1980er Jahren mit der Gründung des Forschungsinstituts für<br />

Molekulare Pathologie, dem Wiener Grundlagenforschungszentrum<br />

von Boehringer Ingelheim. Seit der Ansiedelung von fünf Universitätsinstituten,<br />

die jetzt die Max F. Perutz Laboratories bilden, wächst der<br />

Campus kontinuierlich. Neben der Fachhochschule FH Campus Wien<br />

profitieren auch zwei neue Institute der Österreichischen Akademie<br />

der Wissenschaften von den Vorzügen dieses Standorts: Das Institut<br />

für Molekulare Biotechnologie und das Gregor Mendel Institut für<br />

Molekulare Pflanzenbiologie zählen inzwischen zu den renommiertesten<br />

Forschungseinrichtungen Österreichs.<br />

Die Ausbildungs- und Forschungsaktivitäten dieser Institutionen<br />

verbinden sich am Campus Vienna Biocenter mit den Strategien<br />

erfolgreicher Unternehmen. Die Erfolgsgeschichte der international<br />

etablierten, börsennotierten Intercell sorgt weit über die Grenzen<br />

Europas hinaus für Aufsehen. Auch die bereits auf den weltweiten<br />

Märkten erfolgreichen Unternehmen Bender MedSystems und VBC<br />

Genomics schätzen die Synergiepotenziale am Campus. Vielversprechende<br />

Produktideen weiterer Start-ups wie der Venture Capitalfinanzierten<br />

AFFiRiS, die erst jüngst einen Lizenzdeal mit dem<br />

Phar ma unternehmen GlaxoSmithKline abschließen konnte (siehe<br />

Seite 18), lassen auch in der Zukunft interessante Entwicklungen<br />

erwarten.<br />

Am Campus Vienna Biocenter wird aber nicht nur exzellente Forschung<br />

betrieben, sondern auch dafür gesorgt, dass deren Nutzen<br />

für die Gesellschaft sichtbar wird: die öffentlich finanzierte Einrichtung<br />

dialoggentechnik stellt gemeinsam mit dem Institut für<br />

Molekulare Biotechnologie einen Ort des Dialogs zwischen Wissenschaft<br />

und Öffentlichkeit zur Verfügung: das Vienna Open Lab.<br />

Die Forschungseinrichtungen am 67.200 m² großen Campus Vienna<br />

Biocenter beschäftigen inklusive DoktorandInnen rund 900 MitarbeiterInnen.<br />

Dazu kommen etwa 880 Studierende der Universität Wien,<br />

der Medizinischen Universität Wien und der Fachhochschule. In den<br />

Unternehmen und Spezialeinrichtungen am Campus sind zusätzlich<br />

über 300 Personen tätig.<br />

In der Vision 2020 haben die vier am Campus ansässigen Forschungseinrichtungen<br />

gemeinsam mit sechs Unternehmen und fünf<br />

intermediären Institutionen gemeinsame Pläne vorgelegt, wie die<br />

24 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

infrastrukturelle Ausstattung des Campus Vienna Biocenter verbessert,<br />

und so die Weichen für eine Weiterentwicklung des Campus<br />

Vienna Biocenter zu einem international nicht mehr wegzudenkenden<br />

Standort für Spitzenforschung auf dem Gebiet der Life Sciences<br />

gestellt werden können. Ziel ist der gemeinsame Ausbau der<br />

Forschungsinfrastruktur in einer Campus-weiten Gesellschaft (CSF).<br />

Diese Gesellschaft soll eine gemeinschaftliche Nutzung von hochwertigen<br />

Forschungsgeräten durch Forschungseinrichtungen und<br />

Unternehmen ermöglichen. Die daraus resultierenden Synergieeffekte<br />

sollen zukünftig laufende Investitionen ermöglichen, um<br />

anhaltend eine Ausstattung am letzten Stand der Forschung zu<br />

garantieren. Die gemeinsamen Pläne reichen dabei von der Beschaffung<br />

millionenschwerer Forschungsgeräte über den Aufbau von<br />

Personal, das Expertise mit dem Umgang dieser Hightech Forschungsinfrastruktur<br />

aufbaut, bis hin zur Einrichtung eines Betriebskindergartens<br />

und den Ausbau des Vienna Open Labs, um sicherzustellen,<br />

dass die Forschungsaktivitäten und -ergebnisse auch einer<br />

breiten Öffentlichkeit bekannt werden.<br />

Im Auftrag von Wissenschaftsminister Dr. Johannes Hahn und<br />

Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Vizebürgermeisterin Mag. a Renate<br />

Brauner wurde die Vision 2020 durch die Life Science Clusterinitiative<br />

LISA VR unter Einbindung internationaler ExpertInnen<br />

evaluiert. Fünf internationale FachexpertInnen unter dem Vorsitz des<br />

renommierten Genforschers Prof. Dr. Martin Hrabé de Angelis 1<br />

haben dem Campus Vienna Biocenter und den gemeinsam vorgelegten<br />

Plänen ein beeindruckendes Zeugnis ausgestellt: Die JurorInnen<br />

zeigten sich äußerst beeindruckt von der Entwicklung des<br />

CVBC in den letzten Jahren. Die vorgeschlagenen Infrastrukturinvestitionen<br />

seien der kritische nächste Schritt für den Campus, um die<br />

wissenschaftlichen Arbeiten auf Weltspitzen-Niveau fortzusetzen und<br />

auszubauen. Die ausgebaute Infrastruktur könne mit dazu beitragen,<br />

talentierte WissenschafterInnen nach Wien zu holen und die Erfolgsgeschichte<br />

des CVBC fortzusetzen. Die pointierte Zusammenfassung<br />

der Jury: „The jury is very enthusiastic regarding Vision 2020 and<br />

strongly recommends funding.“<br />

Am 18. Dezember <strong>2008</strong> gaben Brauner und Hahn öffentlich<br />

bekannt, den Empfehlungen der Jury zu folgen und die geplanten<br />

Investitionen in modernste Forschungseinrichtungen und soziale<br />

Infrastruktur am Campus Vienna Biocenter in den nächsten


10 Jahren mit 51,7 Millio nen Euro zu unterstützen. Schon 2009 soll<br />

eine Gesellschaft errichtet werden, die die Großgeräte anschafft<br />

und ein Modell entwickelt, wie die neue Forschungsinfrastruktur<br />

gemeinschaftlich genutzt werden kann.<br />

Mit diesem Investment zeigen der Bund und die Stadt Wien, dass<br />

Investitionen in den Forschungsstandort Wien auch in wirtschaftlich<br />

schwierigeren Zeiten einen wichtigen Wachstums- und Beschäftigungsmotor<br />

darstellen.<br />

Mag. a Eva Czernohorszky<br />

„Am 18. Dezember <strong>2008</strong> gaben Brauner und<br />

Hahn öffentlich bekannt, den Empfehlungen der<br />

Jury zu folgen und die geplanten Investitionen in<br />

modernste Forschungseinrichtungen und soziale<br />

Infrastruktur am Campus Vienna Biocenter in den<br />

nächsten 10 Jahren mit 51,7 Millionen Euro zu<br />

unterstützen.“<br />

8+6=51<br />

*8 wissenschaftliche Einrichtungen und 6 Unternehmen haben gemeinsame eine<br />

Vision für den Campus Vienna Biocenter entworfen, die von Bund und Stadt Wien mit<br />

51,7 Millionen Euro unterstützt wird.<br />

1 Prof. Dr. Martin Hrabé de Angelis ist Direktor des Institutes für Experimentelle<br />

Genetik in München und Direktor des Europäischen Mausmutantenarchivs (EMMA),<br />

außerdem Mitgründer von INGENIUM Biopharmaceuticals AG.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 25


Vom besonderen Glanz<br />

Spezifisches Know-how für die Errichtung von Laborgebäuden.<br />

Mit dem Laborgebäude „Campus Vienna Biocenter 3“ (CVBC 3) wurde<br />

an Österreichs Life Sciences Forschungsstandort Nummer 1 ein<br />

Lehrstück einer modernen Laborimmobilie umgesetzt, das – so wie<br />

auch schon der CVBC 2 – neue Maßstäbe setzt. Forscherinnen und<br />

Forscher entsprechen heute bei Weitem nicht mehr dem Labor kittel<br />

und Schutzbrille tragenden Klischee, das viele von uns noch von<br />

unseren ChemielehrerInnen aus der Schulzeit in Erinnerung haben.<br />

Nein, geforscht wird heute unter höchst kreativen Bedingungen – es<br />

braucht Licht, es braucht Farbe, es braucht Form.<br />

Der CVBC 3 ist eine maßgeschneiderte Laborimmobilie. Die Grundrisse<br />

sowie die laborspezifische technische Ausstattung wurden im<br />

gesamten Gebäude individuell auf die Anforderungen der Nutzer und<br />

Nutzerinnen abgestimmt. Das Gebäude unterstützt so die internen<br />

Abläufe einzelner Forschungsgruppen sowie des gesamten Unternehmens.<br />

Seit Oktober <strong>2008</strong> profitiert nun die Intercell von diesen optimalen<br />

Bedingungen. Und es war kein kleines Stück Arbeit: in intensiver<br />

Abstimmung mit den Errichtern PRISMA und Hypo Tirol wurde quasi<br />

iterativ geplant, verworfen, nachjustiert, umgeplant – ein Maßanzug<br />

braucht eben seine Zeit. Im Endergebnis ist der Campus Vienna<br />

Biocenter aber um ein architektonisch anspruchsvolles und technisch<br />

ausgereiftes Laborgebäude reicher. Weitere 7.500 m² Büro-<br />

und Laborfläche werden mit Forschungskompetenz gefüllt und<br />

erhöhen damit nochmals die kritische Masse am Campus.<br />

Das Gebäude mit H-förmigem Grundriss – entworfen von Boris<br />

Podrecca – liegt im Zentrum des Campus Areals. Die Architektur ist<br />

auf ein Optimum an natürlich belichteter Fläche ausgerichtet.<br />

Während entlang der Fassade attraktive Laborzonen situiert sind,<br />

gruppieren sich die für den Laborbetrieb erforderlichen Nebenräume<br />

im Bereich der Stiegenhauskerne. Der verglaste Mittelteil des<br />

Hauses öffnet sich zum Campusinnenhof hin mit einer zweigeschossigen<br />

Lobby. Die Lobby selbst ist als multifunktionaler Bereich<br />

konzipiert, in dem Präsentationen, Ausstellungen und ähnliche<br />

Events stattfinden können.<br />

Um dies alles zu ermöglichen, muss das Gebäude spezifische<br />

statische Komponenten erfüllen. Nur so können die größeren<br />

Raumhöhen und –tiefen umgesetzt werden. Mit einer Deckentraglast<br />

26 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

von 5 kN/m² liegen die Anforderungen im Laborgebäudebau deutlich<br />

über denen des üblichen Bürostandards. Ebenso bedarf es eines<br />

labortauglichen Rastermaßes, das insbesondere die typische<br />

Mö b lier ung, wie Werkbänke und Autoklaven, einbezieht.<br />

Die Ansprüche an die Haustechnik sind enorm: leistungsstarke<br />

Kühlsysteme müssen überdurchschnittlich hohe Wärmelasten<br />

bewältigen. Gegenüber einem bürotypischen 1-fachen Luftwechsel<br />

ist ein mindestens 5-facher einzuplanen. Die Bereitstellung von<br />

Sondermedien wie Druckluft, Erdgas, CO 2 usw. muss berücksichtigt<br />

werden. Themen wie Brandschutz sowie die Ausfallsicherheit der<br />

haustechnischen Anlagen runden die anspruchsvolle Planung ab.<br />

Die Investitionen für die Errichtung belaufen sich auf 17,5 Millionen<br />

Euro. Die Errichtungsgesellschaft (PRISMA und Hypo Tirol) hat<br />

gemeinsam mit dem <strong>ZIT</strong> und dem WWFF weitere 600.000 Euro in die<br />

Hand genommen, um im Zuge der Fertigstellung des CVBC 3 auch<br />

die Gestaltung des Campus Areals vorzunehmen und damit die<br />

Aufenthaltsqualität für Studierende, Forschende und Gäste deutlich<br />

zu verbessern. Abgerundet wurden diese Maßnahmen mit der<br />

Umsetzung eines Leit- und Orientierungssystems: bisher eher<br />

zurückhaltend, kündigt nun eine gut sichtbare, fünf Meter hohe Stele<br />

in Form einer stilisierten Doppelhelix den Campus Vienna Biocenter<br />

von der Viehmarktgasse sowie vom Rennweg aus an.<br />

Denn allein an Sichtbarkeit hat es bislang noch gefehlt: mit der<br />

Doppelhelix als Symbol für Life Sciences wird endlich auch lokal<br />

sichtbar, dass am alten Schlachthof St. Marx internationale Spitzenforschung<br />

betrieben wird.<br />

Dipl.-Geogr. Thomas Berndt


„Die Errichtungsgesellschaft (PRISMA und Hypo<br />

Tirol) hat gemeinsam mit dem <strong>ZIT</strong> und dem<br />

WWFF weitere 600.000 Euro in die Hand<br />

genommen, um im Zuge der Fertigstellung des<br />

CVBC 3 auch die Gestaltung des Campus Areals<br />

vorzunehmen und damit die Aufenthaltsqualität<br />

für Studierende, Forschende und Gäste deutlich<br />

zu verbessern.“<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 27


28 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 29


30 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

„Die Stadt Wien investiert jährlich über drei<br />

Milliarden Euro für Produkte und Dienst-<br />

leistungen, die die öffentliche Hand benötigt.<br />

Das ist eine Nachfragesumme am Wiener Markt,<br />

die den Standort nachhaltig stützt und ein wich-<br />

tiges Instrument nachfrageorientierter Wirt-<br />

schaftsförderung darstellt.“


Wien Wins<br />

Win-Win Potenziale zwischen Technologieförderung und Beschaffung.<br />

Seit seinem Bestehen hat das <strong>ZIT</strong> mehr als tausend Projekte von<br />

Unternehmen gefördert, die ihre Produkte und Dienstleistungen<br />

erneuern oder neue Produktideen verwirklichen wollen. Einige – zum<br />

Glück nur wenige - dieser Projekte konnten nicht zu einem erfolgreichen<br />

Ende gebracht werden. Die wenigsten, weil die Entwickler-<br />

Innen ihre Ideen nicht technisch umsetzen können. Wer scheitert,<br />

scheitert beim Markteintritt - weil es nicht gelingt, ausreichend Nachfrage<br />

nach den neuen Produkten zu stimulieren.<br />

Die ersten ReferenzkundInnen sind für die Neugründung oder<br />

Neupositionierung eines Unternehmens von zentraler Bedeutung,<br />

weil prominente PilotanwenderInnen die beste Werbung für neue<br />

Produkte sind. Etliche Unternehmen, deren Technologien auch für<br />

die Stadt Wien als Kundin interessant sind, bemühen sich deshalb<br />

darum, diese von ihren Produkten zu überzeugen. Viele auch mit<br />

Erfolg, wie zum Beispiel das Wiener Unternehmen Emcools, dessen<br />

Kühlmatten bei HerzinfarktpatientInnen die Sterberate und langfristige<br />

Gewebeschäden minimieren. Mittlerweile sind alle Notarztwägen<br />

der Wiener Rettung und etliche Notaufnahmen der Wiener<br />

Krankenhäuser mit den Kühlmatten von Emcools ausgestattet, deren<br />

Entwicklung im Rahmen der Technologieförderung unterstützt wurde.<br />

Bei anderen Unternehmen gehen Technologieförderung und öffentliche<br />

Nachfrage nicht so nahtlos ineinander über. Das Wiener<br />

Unternehmen iku windows hat mit einer <strong>ZIT</strong>-Förderung selbstreinigende<br />

Glasfassadenelemente für Hochhäuser entwickelt. Das<br />

Unternehmen hat mittlerweile KundInnen aus Dubai, Taiwan und<br />

Saudi-Arabien. Auch mit dem Wiener Krankenanstaltenverbund gab<br />

es bei der Sanierung des Otto Wagner Spitals eine erfolgreiche<br />

Kooperation. Für das Wiener Unternehmen ist es aber noch keine<br />

Selbstverständlichkeit, dass die einzigartigen Technologien des<br />

Unternehmens bei Wiener Bauprojekten mitgedacht werden.<br />

Die Stadt Wien investiert jährlich über drei Milliarden Euro für<br />

Produkte und Dienstleistungen, die die öffentliche Hand benötigt.<br />

Das ist eine Nachfragesumme am Wiener Markt, die den Standort<br />

nachhaltig stützt und ein wichtiges Instrument nachfrageorientierter<br />

Wirtschaftsförderung darstellt. Die überwiegend dezentrale Vergabepolitik<br />

der Stadt Wien hat dabei Vor- und Nachteile für Unternehmen,<br />

die Innovationen anzubieten haben. Der Vorteil besteht darin, dass<br />

die MitarbeiterInnen in den Fachabteilungen eine sehr hohe Experti-<br />

se in ihrem Fach haben und sich über neue Technologien am<br />

Laufenden halten. Ein Nachteil kann sich aber vor allem für TechnologieanbieterInnen,<br />

deren Produkte oder Dienstleistungen für<br />

mehrere Magistratsabteilungen oder Unternehmen der Stadt Wien<br />

geeignet sind, daraus ergeben, dass es extrem aufwändig ist, überall<br />

die richtigen AnsprechpartnerInnen zu finden und zu erreichen.<br />

Genau da will das <strong>ZIT</strong> in Zukunft ansetzen, um einen nachhaltigen<br />

Markterfolg der geförderten Innovationen und Technologieentwicklungen<br />

und damit Beschäftigungs- und Umsatzwachstum am<br />

Standort Wien zu forcieren. Ziel ist ein systematischer Informationsaustausch<br />

zwischen der Wirtschafts- und Technologieförderung und<br />

der Beschaffung der Stadt Wien und ihrer Unternehmen. Die Vorteile<br />

dieser Initiative liegen auf der Hand: Die Stadt erhält durch diese Praxis<br />

maßgeschneiderte Lösungen für Produkte, Bauten und Dienstleistungen.<br />

Gleichzeitig stärkt sie ihr Image als zukunftsorientierte,<br />

inno vative und einzigartige Metropole. Die Unternehmen werden<br />

motiviert, in Forschung und Entwicklung zu investieren und in ihren<br />

Markt- und Wachstumschancen gestärkt, da sie eine anerkannte und<br />

große Referenzkundin erhalten. Und nicht zuletzt bindet eine solche<br />

Vorgehensweise die innovativen Unternehmen an den Standort.<br />

Unter der Patenschaft von Vizebürgermeisterin Renate Brauner und<br />

Stadträtin Sandra Frauenberger hat das <strong>ZIT</strong> <strong>2008</strong> gemeinsam mit<br />

ExpertInnen des Magistrats Ideen erarbeitet, wie ein systematischer<br />

Informationsaustausch über innovative Stadttechnologien organisiert<br />

werden kann. Schon im ersten Quartal 2009 werden gemeinsame<br />

Aktivitäten des <strong>ZIT</strong> und des Magistrats gestartet. Damit die Effekte<br />

von Fördermaßnahmen nachhaltiger und die Leistungen und<br />

Angebote der Stadt Wien noch besser werden.<br />

Mag. a Eva Czernohorszky<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 31


Populär, forsch, sterblich. Das sind Neue Medien<br />

Logbuch eines Jahres.<br />

„Beim Bundespresseball feiert man trotzig gegen die Krise an“,<br />

titelten deutsche Medien Ende <strong>2008</strong> und sprachen damit die gebeutelte<br />

Medienbranche an, deren Wanken nicht nur auf die Finanzkrise<br />

zurückzuführen ist. Im Gegenteil: Dass klas sische Medien mit ihren<br />

Finanzierungsmodellen zunehmend in Sackgassen geraten, ist für<br />

Zeitungen, Fernsehen und Film eine große Herausforderung, deren<br />

Kunde bereits seit einiger Zeit in der Medienbranche umgeht. Und<br />

wer gewinnt? Neue Medien. Immer mehr KMU machen mit neuen<br />

Marktsegmenten wie Online Gaming, Musikplattformen oder Mobile<br />

TV immer mehr Geld. Im Laufe des letzten Jahres haben wir uns<br />

einigen dieser neuen Marktsegmente genähert.<br />

I neujahr, Wien. MedIen? prInT, rundfunk, WerBunG.<br />

Um die Unwahrheit dieser Dreifaltigkeit gleich zu Beginn eines neuen<br />

Jahres zu beseitigen, gibt das <strong>ZIT</strong> eine Mediennutzungsstudie bei<br />

Karoline Simonitsch, Expertin für New Media, in Auftrag.<br />

Wir bemerken, dass Web 2.0 nicht das letzte Schlagwort ist, wenn<br />

es um Medien geht. Wesentlich ist, dass sich mit zunehmender<br />

Digitalisierung das NutzerInnenverhalten, und auch die ökonomischen<br />

Rahmenbedingungen, ändern - sehr anschaulich anhand<br />

der US-Präsidentschaftskampagne von Barack Obama zu beobachten.<br />

Der Kontakt potenzieller WählerInnen erfolgte per SMS vor<br />

wichtigen Bekanntgaben, per bahnbrechendem Internetauftritt, per<br />

täglicher E-Mail mit persönlicher Note, per Infomercials im Fernsehen<br />

- die Antwort oft per YouTube Videoclip.<br />

I märz, Berlin. Make love, noT WarCrafT.<br />

Schicke eine Nicht-Spielerin auf eine der größten deutschen Games-<br />

Konferenzen und warte auf das Ende des Experimentes. Die Quo<br />

Vadis in Berlin ermöglicht einen gelungenen Einstieg in die Themen<br />

des heute größten Segmentes am Unterhaltungsmarkt. Denn es<br />

ist mittlerweile zum Gemeinplatz geworden, dass Grand Theft Auto<br />

IV bei seiner Veröffentlichung <strong>2008</strong> in der ersten Verkaufswoche<br />

mit 500 Millionen Dollar mehr eingespielt hat als der erfolgreichste<br />

Hollywood Blockbuster aller Zeiten, Batman - The Dark Knight. Man<br />

glaube nur den Zahlen: Mittlerweile spielen 65% der amerikanischen<br />

Haushalte, die Hälfte der GamerInnen ist zwischen 18 und 49 Jahren<br />

32 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

alt. Auch das Vorurteil, dass nur männliche Jugendliche spielen, ist<br />

hinfällig: <strong>2008</strong> waren 40% aller SpielerInnen Frauen. Die Zahlen verraten<br />

auch etwas über die Zukunft: Während früher Computerspiele<br />

führend waren, ist das wichtigste Marktsegment heute das Online-<br />

Game auf einer Konsole des Vertrauens: 59% aller SpielerInnen<br />

spielen bereits mit einer weiteren Person gemeinsam – und diese<br />

sitzt selten neben ihnen. Die Kreativität von Games-EntwicklerInnen<br />

bei Workshoptiteln auf Konferenzen („Make Love, not Warcraft“ war<br />

der Titel eines Panels) sollte angesichts dieser neuen Vielfalt auch in<br />

den Spielen selbst Eingang finden: auf dass für Mädchen nicht nur<br />

„Auf dem Ponyhof“ bleibt.<br />

I auguSt, Wieder Berlin. neue MedIen koMMen IM<br />

reTro-GeWand.<br />

Die Medienwoche Berlin Brandenburg dieses Jahr erstmals gemeinsam<br />

mit der IFA (Internationale Funk Ausstellung) im ICC – einem<br />

Messegelände, das in den 60er Jahren in Gestalt eines wahrhaftigen<br />

UFOs in Westberlin gelandet ist – zu veranstalten, erweist sich als<br />

gute Idee. Auf diese Weise wird der Beweis erbracht, dass nicht<br />

immer Technologien Inhalte überholen – zuweilen ist es auch umgekehrt.<br />

Während in riesigen Hallen immer größere Flachbildschirme<br />

als Neuerungen gepriesen werden, hört man nebenan über wahre<br />

Innovationen: Fernsehen ist schon jetzt nicht mehr so, wie es war.<br />

Film wird folgen, Radio auch.<br />

Während deutsche Fernseh-Granden – öffentlich-rechtliche und<br />

private - wie Markus Schächter, Intendant des ZDF, oder Marcus<br />

Englert, ProSiebenSat1, predigen, dass „Fernsehprogramm allein<br />

fürs Fernsehen zu machen, gestern war“, hat Achim Berg, CEO<br />

Microsoft Deutschland, eine klare Vorstellung von der Fernsehzukunft:<br />

„Aus reinen ZuschauerInnen werden AkteurInnen, die sich<br />

ihr Programm gestalten und durch zahlreiche Angebote des Webs<br />

ergänzen können.“<br />

I SeptemBer, dieSmal Wien. MedIenMesse, TreffpunkT<br />

WoHnZIMMer.<br />

Das <strong>ZIT</strong> nimmt die Medienmesse Wien zum Anlass, einige Themen<br />

zur Diskussion zu stellen. Sieht man Zahlen über die Unterhaltungs-


anche, so wird schnell klar, dass der rasant wachsende Markt<br />

Games wohl verstärkt Arbeitskräfte braucht. Nachwuchs, der in Österreich<br />

nicht genügend Ausbildungsmöglichkeiten vorfindet. Dieses<br />

Themas hat sich eine Gruppe um Harald Riegler, CEO Sproing, und<br />

Hans Solar, Leiter des Games College Wien, angenommen. Nach<br />

dem Gespräch auf der Medienmesse Wien wurde auf der Gamecity<br />

Vienna eifrig für den Beruf „Games-EntwicklerIn“ geworben.<br />

I OktOBer, Wien. kleInsTer GeMeInsaMer nenner.<br />

Der Mobile Content Day findet nach jahrelangen erfolgreichen<br />

Veranstaltungsreihen in München und Hamburg erstmals in Wien<br />

statt. 4 Milliarden Menschen weltweit sind mobil, schon 2005<br />

überholten Handys PCs. Es liegt auf der Hand, dass es – aus Sicht<br />

der WerberInnen und MedienproduzentInnen - keine bessere<br />

Plattform für Information und Werbung gibt als die mobile, schließlich<br />

„legt niemand das Ding weg“, wie sich Maks Giordano, verantwortlich<br />

für den Bereich Mobile bei ProSiebenSat1, ausdrückt.<br />

Warum sich der Markt für mobile Internet-Anwendungen trotzdem so<br />

langsam entwickelt hat, hängt mit vielen Faktoren zusammen, allen<br />

voran den Tarifstrukturen. Noch heute wird in diesem Bereich am<br />

meisten experimentiert: Sind Mobisodes besser als lange Episodes?<br />

Muss neuer Content her, um der kurzen Aufmerksamkeitsspanne<br />

der Handy-BesitzerInnen gerecht zu werden? Vielleicht weist uns<br />

Japan die Zukunft: Die mobile Gemeinde der Social Network<br />

Platform Mixi hat die Internet-Gemeinde bereits überholt. Aber man<br />

muss nicht so weit blicken, um Trends zu erkennen: der von den<br />

Salzburger Nachrichten betriebene Blog mein.salzburg.com – der<br />

von Nutzung durch mobile UserInnen lebt - übertrifft die LeserInnenschaft<br />

der klassischen Zeitung um 100%.<br />

Zum Abschluss einige Schritte zurück: Der Wiener Medienphilosoph<br />

Frank Hartmann beschloss einen seiner Vorträge über Identität in<br />

der Cybermoderne mit der Einschätzung, dass wir trotz allem erst im<br />

Biedermeier des Medienzeitalters leben. So gesehen sind weder<br />

Massive Multiplayer Online Games noch Mobisodes besonders<br />

aufregend. Vielmehr bleibt abzuwarten, was kommt – und was das<br />

für uns bedeutet.<br />

DI in Kristina Wrohlich<br />

„Denn es ist mittlerweile zum Gemeinplatz<br />

geworden, dass Grand Theft Auto IV bei seiner<br />

Ver öffentlichung <strong>2008</strong> in der ersten Verkaufs-<br />

woche mit 500 Millionen Dollar mehr eingespielt<br />

hat als der erfolgreichste Hollywood Blockbuster<br />

aller Zeiten, Batman – The Dark Knight.“<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 33


34 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


„Spiele sind ein Kulturmedium.“<br />

Harald Riegler, Geschäftsführer Sproing, im Gespräch.<br />

Sproing ist ein gar nicht mehr so junges Wiener Studio, das erfolgreich<br />

Spiele entwickelt - Computerspiele. Das <strong>ZIT</strong> hat das Unternehmen<br />

<strong>2008</strong> im Rahmen des Calls Motion Media Vienna gefördert.<br />

Georg Brockmeyer: Herr Riegler, Sie entwickeln Computerspiele.<br />

Keine klassische Branche in Wien. Doch offensichtlich erfolgreich,<br />

warum?<br />

Harald Riegler: Dieser Eindruck täuscht, es gibt in Wien durchaus<br />

auch andere sehr erfolgreiche Spieleentwickler. In den letzten Jahren<br />

ist regelrecht ein kleiner Cluster entstanden. Ich denke, unser Erfolg<br />

im Speziellen beruht hauptsächlich auf unserer Geduld, organisch<br />

und nachhaltig zu wachsen und den Dingen die Zeit zu geben, die sie<br />

brauchen. Es ist in dieser Branche sehr leicht, zu schnell zu ambitioniert<br />

zu werden, weshalb auch viele Unternehmen scheitern. Kreative<br />

Teams brauchen eine gewisse Zeit um zusammenzuwachsen, dann<br />

kann Großartiges entstehen.<br />

Brockmeyer: Vor welchen Herausforderungen steht die Games<br />

Industrie in Österreich?<br />

Riegler: Sie steht im uneingeschränkten internationalen Wettbewerb<br />

mit vielen anderen Ländern, da kein relevanter Heimatmarkt<br />

vorhanden ist. Alle österreichischen Studios entwickeln deshalb<br />

Spiele, die weltweit vertrieben werden. Dort stehen wir dann in<br />

Konkurrenz mit Entwicklern aus aller Welt. Eine der Herausforderungen<br />

ist es, den Entwicklern aus Asien und Osteuropa die Stirn zu<br />

bieten. Die können nämlich viel günstiger produzieren als wir - das<br />

Budget einer Spieleentwicklung sind zu 90% Personalkosten.<br />

Da Spiele aber sehr stark kulturell geprägt sind, ist es für diese Länder<br />

derzeit noch schwierig, Spiele zu entwickeln, die der westlichen<br />

Kultur entsprechen. Die zweite Herausforderung ist der Konkurrenzkampf<br />

gegen Länder wie z.B. Kanada, die die Branche stark<br />

subventionieren um weltweit führend zu werden. In Folge dessen<br />

haben große Spielefirmen in Kanada dutzende high-end Studios mit<br />

tausenden Mitarbeitern pro Studio aufgebaut. Dabei liegen die Personalkosten<br />

durch die Subventionen bei weniger als der Hälfte der<br />

Kosten von Wien, und das bei qualitativ am Puls der Zeit liegenden<br />

Entwicklungsteams. Hier ist es notwendig, mit unseren Verbänden<br />

über die EU-Politik entsprechenden Druck aufzubauen, um diese<br />

extremen Wettbewerbsverzerrungen zu unterbinden. Darüber hinaus<br />

gilt es, die Ausbildungssituation im Games-Bereich zu verbessern, da<br />

wir in Österreich noch mehr Qualität wie auch Quantität brauchen.<br />

Brockmeyer: Games, mehr als Ballerspiele?<br />

Riegler: Filme, mehr als Actionmovies? Bücher, mehr als Horrorschinken?<br />

Musik, mehr als Heavy Metal? Natürlich! Es gibt Spiele für<br />

Kinder, für Erwachsene, für Frauen und für Männer, anspruchsvolle<br />

oder seichte, verspielte oder brutale, solche die man alleine spielt<br />

oder mit Millionen anderen, großartige wie auch furchtbar schlechte.<br />

Die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Spiele sind ein Kulturmedium<br />

geworden, das es in allen Farben und Formen gibt. Werfen Sie einen<br />

Blick auf die Spiele auf unserer Webseite, um einen Eindruck von der<br />

großen Vielseitigkeit allein nur unseres Studios zu bekommen.<br />

Brockmeyer: Wie kann ich denn Spieleentwicklerin oder Spieleentwickler<br />

werden?<br />

Riegler: Ähnlich wie man im Film Drehbuchautor, Regisseur,<br />

Kameramann, Komponist, Schauspieler oder Special-Effects<br />

Spezialist werden kann, muss man auch im Spielebereich zuerst eine<br />

Berufswahl treffen. Beispielsweise 3D Grafiker, 3D Animator,<br />

Concept Artist, Produzent, Programmierer, Musiker, Sound Designer,<br />

Game Designer, Level Designer, Tester, usw. Für diese gibt es die<br />

unterschiedlichsten Ausbildungen (Grafik: Diverse Kunstausbildungen;<br />

Programmierung: TU, FH; Produzent: FH, TU; Game Design:<br />

TU, FH, Gamescollege; Tester: Gamescollege). Unsere Akademikerquote<br />

liegt bei über 50 Prozent, und wir legen sehr viel Wert auf<br />

ehrgeizige, motivierte und hochqualifizierte Mitarbeiter.<br />

Brockmeyer: Sie haben vom <strong>ZIT</strong> eine Förderung erhalten. Wie<br />

wichtig ist für Ihre noch junge Branche die Wirtschaftsförderung?<br />

Riegler: Äußerst wichtig, weil wir so den Abstand zu anderen<br />

Ländern verkürzen können, die das Potenzial dieser Branche früher<br />

erkannt haben und auch schon früh unterstützt haben. Unser<br />

Forschungs- & Entwicklungsaufwand ist sehr hoch für ein KMU, aber<br />

dringend notwendig, um den neuesten Entwicklungen nicht nur<br />

hinterher, sondern immer wieder auch einen Schritt voraus zu sein.<br />

Da wir uns allein aus dem Cash-Flow finanzieren, gibt uns die<br />

<strong>ZIT</strong>-Förderung die Möglichkeit, dieses Jahr eine ambitioniertere<br />

Technologieentwicklung zu betreiben als wir das sonst gekonnt<br />

hätten.<br />

Brockmeyer: Sie entwickeln mit der Förderung eine neue Prozesstechnologie<br />

für die Spieleentwicklung. Was darf ich mir darunter<br />

vorstellen?<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 35


„Spiele sind ein Kulturmedium.“<br />

Riegler: Spieleentwicklung ist hochkomplex geworden. Es geht um<br />

Millionenbudgets und daher kommt der Effizienz des Personaleinsatzes<br />

und den Tools, um möglichst schnell kreative Ideen testen zu<br />

können, eine große Bedeutung zu. Unsere Prozesstechnologie<br />

Athena erlaubt es unserem Team, schnell, einfach und vernetzt<br />

gemeinsam am Spiel zu entwickeln - und das sogar während das<br />

Spiel läuft. Die Iterationszeiten, in denen man das Spiel verbessert,<br />

sinken dadurch, und die Qualität steigt. Am ehesten kann man sich<br />

Athena als ein Editoren- und Softwaresystem vorstellen, mit dem das<br />

Spiel in Echtzeit ‚gebaut‘ wird.<br />

Brockmeyer: Sie kommen gerade von einer Geschäftsreise aus den<br />

USA zurück. Worum ging es?<br />

Riegler: Ich komme gerade von der ‚Oskarverleihung‘ der Gamesbranche<br />

und der dazugehörenden Fachkonferenz D.I.C.E. aus Las<br />

Vegas. Eine großartige Veranstaltung! Außerdem habe ich die<br />

Gelegenheit genutzt um einige Gespräche mit unseren existierenden<br />

Publishingpartnern sowie potenziellen neuen Publishern zu führen.<br />

Da wir in Österreich kaum Kunden haben, sind wir generell viel in der<br />

Welt unterwegs, um unsere Partner zu treffen. Den USA kommt<br />

dabei als größter einheitlicher Gamesmarkt eine ganz besondere<br />

Bedeutung zu, weshalb wir mehrmals pro Jahr vor Ort sind.<br />

Brockmeyer: Eine Frage zum Schluss: Sproing - woher kommt<br />

dieser Name und was wollen Sie damit ausdrücken?<br />

Riegler: Sproing war der Name eines der ersten Spiele meines<br />

Partners Gerhard Seiler auf einem Atari ST Homecomputer, bei dem<br />

man mit einem kleinen Gummiball durch diverse Spielewelten hüpfte.<br />

Das ist mittlerweile fast unglaubliche 20 Jahre her. Grundsätzlich ist<br />

Sproing übrigens ein Comic-Sound wenn es aufspringt - was gut zu<br />

diesem Spiel passte. Wir mochten an diesem Namen seine Eingängigkeit<br />

und die positive Dynamik. Deshalb haben wir ihn für unsere<br />

Firma gewählt. Erst deutlich später kam dann der springende Frosch<br />

als Logo dazu.<br />

36 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 37


Eine neue Zielgruppe für das <strong>ZIT</strong><br />

Erste Erfahrungen mit dem neuen Förderprogramm INNOVATION.<br />

Seit Beginn <strong>2008</strong> bietet das <strong>ZIT</strong> ein neues Förderprogramm an.<br />

INNOVATION war die augenscheinlichste Neuerung im Rahmen des<br />

neuen Förderangebots <strong>ZIT</strong>08 plus, war es doch das Ziel, mit diesem<br />

Programm eine neue Zielgruppe für das <strong>ZIT</strong> zu erschließen. Angesprochen<br />

werden sollten Kleine und Mittlere Unternehmen, die<br />

Innovationsvorhaben durchführen. Die gute Inanspruchnahme und<br />

spannende geförderte Projekte zeigen, dass dies gelungen ist.<br />

Die forschenden Wiener Unternehmen waren bekannterweise seit<br />

Beginn die primäre Zielgruppe des <strong>ZIT</strong>. Wir behaupten auch selbstbewusst,<br />

dass wir diese kennen und sie uns. Und so positiv die<br />

Entwicklung des Forschungsstandortes Wien in den letzten Jahren<br />

verlaufen ist: Man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass die Anzahl<br />

dieser im engeren Sinn forschenden Unternehmen eine überschaubare<br />

ist – je nach Zählweise bewegt sie sich zwischen 300 und 500.<br />

Demgegenüber gibt es eine sehr große Anzahl an Unternehmen, die<br />

regelmäßig oder zumindest sporadisch Innovationsvorhaben<br />

realisieren. Innovationsvorhaben, die in der Regel nicht den strengen<br />

und auch engen Kriterien der Forschungsförderung entsprechen<br />

(wissenschaftliche Neuheit, absolute Marktneuheit), nichtsdestoweniger<br />

aber eine ebenso zentrale Voraussetzung für den Erhalt und<br />

die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sind. Während das<br />

Angebot für forschende Unternehmen ein sehr breites ist (freilich<br />

nicht nur durch die Stadt Wien, sondern in noch größerem Ausmaß<br />

durch den Bund, insbesondere die Forschungsförderungsgesellschaft,<br />

und auch durch die EU), sind monetäre Unterstützungsangebote<br />

für den Innovationsbereich deutlich dünner gesät. Dies waren<br />

die Motive für das Anbieten des neuen Förderprogramms. Angesichts<br />

der Größe der Zielgruppe ist es nicht möglich, jegliche neuen<br />

Projekte in einem Unternehmen zu unterstützen. Im Zentrum stehen<br />

daher Vorhaben, die in eine gesamtunternehmerische Strategie zur<br />

nachhaltigen Innovationsorientierung eingebunden sind. Damit kann<br />

der in vielen Fällen sehr wichtige „change of behaviour“ in Richtung<br />

verstärkte und vor allem kontinuierliche Innovation, und in manchen<br />

Fällen in weiterer Folge Forschung, unterstützt werden.<br />

I Bedarf BesTäTIGT.<br />

Trotz der neuen Zielgruppe, bei der der Bekanntheitsgrad des <strong>ZIT</strong><br />

natürlich deutlich geringer war als bei der „Stammkundschaft“,<br />

38 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

wurde das neue Angebot von Beginn weg intensiv angenommen.<br />

Insgesamt 52 Vorhaben wurden im Laufe des letzten Jahres zur<br />

Förderung eingereicht, 21 davon konnten unterstützt werden. 1<br />

Die Zusagequote von 40% zeigt einerseits einen durchaus harten<br />

Wettbewerb, liegt aber andererseits bei einer Größenordnung, die die<br />

realistischen Chancen von guten Projekten für eine Förderung zeigt.<br />

Sehr bewusst adressiert das Programm alle Wirtschaftsbereiche und<br />

schließt neben Produkt- auch Verfahrens- und insbesondere<br />

Dienstleistungsinnovationen mit ein. Entsprechend vielfältig sind die<br />

Inhalte der geförderten Projekte. Will man einen einzelnen Sektor<br />

herausgreifen, so ist der IKT-Bereich ganz besonders stark vertreten.<br />

Dies hat seinen Grund sicher in der großen Bedeutung des Sektors<br />

für die Wiener Wirtschaft und der – zwangsweise - hohen Innovationsorientierung<br />

vieler IKT-Unternehmen, aber wohl auch darin, dass<br />

diese Unternehmen es in höherem Maße „gewohnt“ sind, sich in der<br />

Förderlandschaft umzusehen. Zielsetzung für die Zukunft ist jedenfalls,<br />

noch stärker auch andere Branchen anzusprechen – selbstverständlich<br />

nicht auf Kosten der IKT-Unternehmen, sondern zusätzlich.<br />

Entsprechend wurde für 2009 für diese Förderung ein höheres<br />

Budget vorgesehen, als dies <strong>2008</strong> der Fall war.<br />

I BeIspIele GeförderTer vorHaBen.<br />

Iku intelligente Fenstersysteme<br />

Das Unternehmen entwickelt und vermarktet intelligente Fenster-<br />

und Fassadensysteme. Im Rahmen des geförderten Vorhabens wird<br />

ein zentrales Produkt von Iku, die selbstreinigende Glasfassade,<br />

weiter verbessert und an unterschiedliche Kundenerfordernisse<br />

angepasst. Dabei werden auch neue Märkte erschlossen, insbesondere<br />

für den arabischen Raum werden entsprechende Designs und<br />

technische Adaptionen entwickelt.<br />

News on Video<br />

Das neu gegründete Unternehmen hat eine Ausbildung für VideojournalistInnen<br />

entwickelt und bietet diese auch selbst an. Bei VideojournalistInnen<br />

liegt der gesamte Gestaltungsprozess eines Beitrags, also<br />

Dreh, Schnitt und Redaktion, in einer Hand. Durch dieses System<br />

entstehen ein größerer kreativer Spielraum und kostengünstige<br />

Produktionsbedingungen für z. B. Onlineplattformen. Mit der


Realisierung des Projekts wird erstmals eine organisierte Ausbildung<br />

für dieses neue Arbeitsfeld angeboten.<br />

Compact electric<br />

Das seit 1965 bestehende Unternehmen produziert bislang konventionelle<br />

Schaltanlagen, Relais und Störmeldeanlagen. Um auch auf<br />

neuen, zukunftsträchtigen Märkten Fuß zu fassen, wird auf Basis von<br />

RFID-Technologie ein System entwickelt, das kritische Positionsveränderungen<br />

von hilfsbedürftigen Personen automatisch feststellen<br />

und einen entsprechenden Alarm auslösen kann. Während bisher<br />

solche Systeme händisch ausgelöst werden müssen, ist der entscheidende<br />

Vorteil, das dies bei dieser Entwicklung nicht notwendig<br />

ist. Angestrebte KundInnen sind vor allem Alters- und Pflegeanstalten<br />

und Heimpflegedienste.<br />

Sense Product<br />

Das junge Unternehmen verfügt derzeit über ein Patent auf ein selbst<br />

entwickeltes, einzigartiges Gleichgewichts-Trainingsgerät: Es besteht<br />

aus einer auf einem Luftkissen schwebenden Therapieplatte, die ein<br />

3-dimensionales, dynamisches Training des Gleichgewichtssinns –<br />

vorstellbar wie ein Sturzsimulator – erlaubt. Nun soll in das Gerät ein<br />

Mess-System eingebaut werden und die entsprechende Anzeige von<br />

Mess-Daten auf einem Monitor dargestellt werden. Im Sportbereich<br />

kann damit ein verbessertes Trainings-Monitoring angeboten werden,<br />

in der medizinischen Anwendung, die ebenso möglich ist (insbesondere<br />

bei Krankheiten mit Gleichgewichtsstörungen), kann der<br />

Therapieerfolg objektiviert gemessen werden. Damit wird das<br />

Alleinstellungsmerkmal des Produkts ausgebaut.<br />

I darüBer hinauS: Call MoTIon MedIa vIenna <strong>2008</strong>.<br />

Erfolgt die Einreichung von Projekten im Rahmen des Programms<br />

INNOVATION grundsätzlich laufend, so haben wir uns aber auch hier<br />

die Möglichkeit der Durchführung von themenspezifischen Calls<br />

offengehalten. Hintergedanke dabei: Themen, die für die Stadt Wien<br />

von besonderer Bedeutung sind und/oder die eine besondere<br />

öffentliche Wahrnehmung verdienen, inhaltlich aber nicht dem<br />

Forschungsbereich, sondern eben der Zielsetzung in diesem<br />

Programm zuzuordnen sind, sollen in Form öffentlichkeitswirksamer<br />

Wettbewerbe bearbeitet werden können. Aufgrund des Medien-<br />

Eine neue Zielgruppe für das <strong>ZIT</strong><br />

schwerpunktes, der sich in spezifischen Immobilien, einem wachsenden<br />

Dienstleistungsangebot und eben auch monetären Fördermaßnahmen<br />

äußert, war die Durchführung eines „Mediencalls“ eine<br />

naheliegende Sache. Zumal wir damit den bereits 2007 begonnenen<br />

Weg fortsetzten.<br />

Spezifisches Thema war „Bewegtbild“ angesichts der Tatsache, dass<br />

gerade in diesem Bereich, auch Dank neuer technischer Möglichkeiten<br />

und vor allem crossmedia-Entwicklungen, spannende Dinge<br />

im Gang sind. So war es denn auch: von 33 eingereichten Projekten<br />

konnten 15 mit insgesamt knapp 1,2 Millionen Euro unterstützt<br />

werden. Ein Interview mit dem Sieger des Calls, der Firma Sproing<br />

Interactive Media, einem der innovativen Wiener Gamesentwickler,<br />

lesen Sie auf Seite 35.<br />

„Damit kann der in vielen Fällen sehr wichtige<br />

,change of behaviour‘ in Richtung verstärkte und<br />

vor allem kontinuierliche Innovation, und in man-<br />

chen Fällen in weiterer Folge Forschung, unter-<br />

stützt werden.“<br />

1 In dieser Zahl sind jene Projekte nicht inkludiert, die zwar <strong>2008</strong> eingereicht wurden,<br />

über die aber erst zu Beginn 2009 eine Entscheidung getroffen werden konnte.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 39


40 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


Es bleibt kein Backstein auf dem anderen<br />

Zum Wachstum des Media Quarter Marx.<br />

Bevor 51.000 Kubikmeter Erde einem Medienzentrum weichen,<br />

bedarf es einiger Meilensteine: eines privaten Partners, mit dem<br />

das Projekt gemeinsam in Angriff genommen werden kann.<br />

Eines kompetenten PlanerInnenteams, das mit Rat und Tat zur<br />

Seite steht. Einer Planung von der ersten Entwurfsfassung bis<br />

hin zur finalen Einreichplanung. Die Baugenehmigung ist auch<br />

nicht gänzlich irrelevant. Und erst dann geht es richtig los: Es<br />

folgen die Ausschreibungen. Nach Aushub und Transport besagter<br />

Erde werden 18.640 Kubikmeter an Stahlbeton benötigt, es müssen<br />

mehr als 4.000 m² Glasfassade errichtet werden. Neben dem<br />

eigentlichen Baugeschäft müssen 35.000 m² Bruttogeschossfläche<br />

schließlich vermarktet werden; und auch den MietinteressentInnen<br />

aus den diversen Segmenten - von Werbung über Multimedia bis hin<br />

zu TV- und Film-Produktion - gilt ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit.<br />

Betrachtet man das Jahr <strong>2008</strong>, so haben wir die oben genannten<br />

Hürden erfolgreich genommen und können uns nun auch einmal<br />

zurücklehnen und mit großer Erwartung beobachten, wie das Media<br />

Quarter Marx nun Meter um Meter wächst. Trotzdem gibt es auch<br />

weiterhin viel zu tun, damit das Media Quarter Marx Ende 2010 die<br />

hohen Erwartungen erfüllt.<br />

I ZukunfT BrauCHT HerkunfT.<br />

Damit aber auch in der Zwischenzeit die Dynamik aufrecht erhalten<br />

werden kann, hat das <strong>ZIT</strong> ein weiteres denkmalgeschütztes Objekt<br />

erworben und dessen Sanierung in die Wege geleitet. Mit dem<br />

sogenannten Parteiengebäude 3, einem Verwaltungsgebäude des<br />

ehemaligen Schlachthofes, werden ab etwa Mai 2009 ca. 1.200 m²<br />

vermietbarer Fläche zur Verfügung stehen. Damit reagiert die Stadt<br />

Wien auf die ungebrochen starke Nachfrage nach Flächen im Media<br />

Quarter Marx. Erste Unternehmen, die sich zwischenzeitlich sogar im<br />

benachbarten T-Center eingemietet haben, finden nun ihr Zuhause<br />

im Media Quarter Marx.<br />

Mit dem bereits 2004 denkmalgerecht sanierten Medienzentrum in<br />

der Maria Jacobi Gasse 2 besteht schon ein Gebäude mit viel<br />

Charisma und Geschichte. Darum freut es uns umso mehr, dass wir<br />

mit dem Parteiengebäude 3 ebenfalls einen der letzten Backsteinbauten<br />

des ehemaligen Viehmarktes St. Marx für das Media Quarter<br />

Marx sichern konnten. Ohne Frage bilden die beiden historischen<br />

Gebäude eine wichtige Klammer für Wiens neuen Medienstandort<br />

und betonen: Zukunft braucht Herkunft. Rund 3,2<br />

Millionen Euro wird das <strong>ZIT</strong> über die Marx Realitäten<br />

GmbH (86% <strong>ZIT</strong>) in den Standort investieren. Wie<br />

wichtig dieser Schritt ist, zeigt die Tatsache, dass die<br />

Flächen bereits im Oktober vollständig vermietet<br />

waren. Doch die 1.200 m² sind nur ein Tropfen auf den<br />

heißen Stein: Zahlreichen weiteren Anfragen von<br />

Medienunternehmen kann erst im nächsten Schritt – mit Fertigstellung<br />

des Erweiterungsprojektes – entsprochen werden.<br />

I GespräCHe aM sCHlaCHTHof.<br />

In dem sanierten Parteiengebäude 3 wird das <strong>ZIT</strong> selbst ein Zimmer<br />

beziehen. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass ab 2010 nahezu<br />

40.000 m² Fläche für Medien und Creative Industries Unternehmen<br />

zur Verfügung stehen, ist es an der Zeit, vor Ort Präsenz zu zeigen.<br />

Beratungsgespräche zu Förderthemen, Technologieberatung und<br />

Beratung zu innovativer Beschaffung können direkt an Wiens neuem<br />

Medienstandort erfolgen. Darüber hinaus ist es unser Ziel, das Media<br />

Quarter Marx verstärkt zum Ort der Diskussion zu machen: Wo<br />

bewegt sich der Medienstandort Wien hin? Was sind die großen<br />

Herausforderungen und Chancen?<br />

Dipl.-Geogr. Thomas Berndt<br />

„Mit dem sogenannten Parteiengebäude 3,<br />

einem Verwaltungsgebäude des ehemaligen<br />

Schlachthofes, werden ab etwa Mai 2009 ca.<br />

1.200 m² vermietbarer Fläche zur Verfügung<br />

stehen. Damit reagiert die Stadt Wien auf die<br />

ungebrochen starke Nachfrage nach Flächen im<br />

Media Quarter Marx.“<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 41


42 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


Insel der Seligen? Vielleicht<br />

Ein Medienstandort für heutige Ansprüche.<br />

Nähert man sich dieser Tage dem Media Quarter Marx durch den<br />

Eingang des ehemaligen Schlachthofs St.Marx, passiert man zwei<br />

restaurierte Stiere und sieht zu seiner Rechten ein altes Backsteingebäude.<br />

Zur Linken klafft ein großes Loch, wo der Medienstandort im<br />

dritten Bezirk innerhalb der nächsten zwei Jahre um 35.000 Quadratmeter<br />

erweitert wird. Dahinter ein weiteres Backsteingebäude. Es<br />

bleibt noch viel dem geistigen Auge überlassen, im Hintergrund<br />

ragen Kräne und Bagger gen Himmel, letzte Reste des Fleischmarktes<br />

werden abgerissen. Ein Detail bleibt hängen: Auf dem<br />

Balkon des restaurierten Medienzentrums stehen Container,<br />

auffälligstes Zeichen der Überbelegung des bestehenden Media<br />

Quarter Marx. Wo Nachfrage ist, muss Angebot geschaffen werden<br />

– daher die Erweiterung. Es erinnert wenig daran, dass selbst die<br />

Nachfrage einmal geschaffen werden musste. Vor einem Jahrzehnt<br />

noch hätte kaum jemand in Wien der Sinnhaftigkeit eines Media<br />

Quarters zugestimmt, <strong>2008</strong> baut man an einem Großmedienzentrum<br />

mit drei geräumigen Studios, restauriert ein weiteres ehemaliges<br />

Verwaltungsgebäude des Schlachthofes und denkt an Modelle,<br />

Kreativen und Medienschaffenden ein geeignetes Umfeld zu bieten.<br />

Das <strong>ZIT</strong> Zentrum für Innovation und Technologie hat findige Medienschaffende<br />

bei der ursprünglichen Idee des Media Quarter Marx als<br />

Ort der TV- und Filmproduktion mit Sharing-Möglichkeiten unterstützt.<br />

Jetzt ist es dabei, dieser Idee einige weitere anzufügen.<br />

Denn die alte Kunde des Schmelztiegels gilt auch für die Kreativen:<br />

Einer ist gern neben dem Anderen, Heterogenität ist gewollt. Für den<br />

Web-TV-Produzenten mit 2 MitarbeiterInnen ist es interessant, drei<br />

GrafikerInnen vier Stockwerke über sich zu haben; für den traditionellen<br />

Verlag, der sich neu aufstellen will, ist wiederum der Web-TV-<br />

Produzent wichtig. Wenn es dann noch ein Café gibt, wo sich alle<br />

treffen können, umso besser.<br />

Ulrich Seidl<br />

Filme wie „Hundstage“, „Import Export“ oder „Good News“, um nur einige zu nennen,<br />

zählen bereits jetzt zum Standard des anspruchsvollen österreichischen Films. Der<br />

unter anderem mit dem Silbernen Löwen (Venedig) ausgezeichnete Produzent und<br />

Regisseur wird ab Juni dieses Jahres auch ein Büro in St. Marx beziehen.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 43


User Innovation<br />

Anwender und Anwenderinnen als Quelle innovativer Geschäftsideen?<br />

Was haben so unterschiedliche Produkte wie das Snowboard, Viagra,<br />

Computerchips oder Geox-Schuhe gemeinsam? Nun: Der zündende<br />

Funke für diese Innovationen stammt NICHT von einem etablierten<br />

Anbieter oder einer etablierten Anbieterin, sondern überraschenderweise<br />

von einfachen AnwenderInnen. Was ist bis dato bekannt zu<br />

diesem spannenden Phänomen? Welche Konsequenzen hat dies für<br />

die unternehmerische Praxis?<br />

Die traditionelle Vorstellung: Etablierte Herstellerfirmen sind die<br />

(ausschließlichen) Innovatoren.<br />

Diese Vorstellung war und ist in der unternehmerischen Praxis weit<br />

verbreitet. Aber auch die betriebswirtschaftliche Forschung hat sich<br />

lange Zeit in diesem Paradigma bewegt – Fragestellungen fokussierten<br />

beispielsweise darauf, ob und warum denn nun kleinere oder<br />

größere Herstellerfirmen über eine höhere Innovationskraft verfügen.<br />

Die aktive Rolle im Innovationsprozess lag dabei – quasi naturgegeben<br />

- immer bei der Herstellerfirma. Alle anderen wurden als passiv<br />

angesehen. Dadurch wurde das Innovationspotenzial der KundInnen,<br />

der AnwenderInnen, der ProduktnutzerInnen sträflich unterschätzt<br />

(und beispielsweise auf die Beurteilung bereits von der Herstellerfirma<br />

entwickelter Produktkonzepte beschränkt).<br />

I die „revOlutiOn“: user verfüGen üBer eIn enorMes<br />

InnovaTIonspoTenZIal.<br />

Erst dem MIT-Professor Eric von Hippel und seinen KollegInnen<br />

gelang es seit den 1970er Jahren, die oben geschilderte, verkrustete<br />

Denkweise sukzessive aufzubrechen. Zahlreiche neue Produkte<br />

wurden nicht von Herstellerfirmen entdeckt – vor allem die User sind<br />

häufig die eigentlichen Innovatoren. In umfassenden empirischen<br />

Studien konnte gezeigt werden, dass User nicht mehr nur passiv<br />

Auskunft geben, sondern aktiv die Entwicklung neuer Produkte<br />

vorantreiben können. Diese Studien erstrecken sich auf sehr<br />

unter schiedliche Branchen und betreffen sowohl Industriegütermärkte<br />

als auch Konsumgütermärkte. Die Innovationstätigkeit von<br />

Usern ist also ein weitverbreitetes Phänomen mit bedeutenden<br />

Auswirkungen auf die unternehmerische Praxis.<br />

Ein Beispiel: Das Snowboard wurde nicht, wie man nachvollziehbar<br />

vermuten könnte, von einem etablierten Skihersteller erfunden. Nein,<br />

44 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

es waren Sportfreaks, denen reines Skifahren schlicht und einfach zu<br />

langweilig wurde und die das Bedürfnis hatten, das sommerliche<br />

Surferlebnis in den Winter zu übertragen. Sie begannen zu probieren,<br />

zu experimentieren und das Resultat waren erste Prototypen des<br />

Snowboards. Erst sehr viel später wurde der Trend von der Skiindustrie<br />

aufgegriffen. Eine Vielzahl von Sportarten entstand auf diese<br />

Weise, vom Tauchen über das Mountainbike bis zu Kitesurfen und<br />

Skateboard. Somit kann festgehalten werden:<br />

(1) User haben oftmals völlig neue Ideen.<br />

Ein weiteres Beispiel: Das Nervengift Botalinum-Toxin reduziert die<br />

Signalübermittlung zwischen Nervenenden und deren Zielzellen. Ein<br />

Hersteller setzte Botox zur Reduktion von Spasmen ein. Das<br />

tatsächliche Innovationspotenzial wurde aber erst von Usern<br />

gehoben – diese fanden heraus, dass Botox auch zur Glättung von<br />

Falten hilft. Dies wiederum führte zu einer Steigerung des Umsatzes<br />

um satte 80 Prozent. Weitere bekannte Beispiele für durch User<br />

entdeckte und nicht von der Herstellerfirma intendierte Anwendungen<br />

sind Aspirin und Viagra – eine aktuelle Studie zeigt gar, dass<br />

im Pharmabereich 60% der sogenannten „Off-label“ Anwendungen<br />

durch User entdeckt wurden. Wir halten fest: (2) User machen<br />

ungewöhnliche Entdeckungen.<br />

Und noch ein Beispiel: Open-Source-Software wie Linux oder Apache<br />

– hier liegt der Quellcode offen, somit kann jede und jeder nach<br />

Belieben modifizieren, erweitern, weitergeben und muss dann den<br />

Quellcode ebenfalls offenlegen. Tausende über das Internet vernetzte<br />

User weltweit arbeiten an der Software, diskutieren Probleme<br />

in Foren, erweitern und testen die Software immer wieder. Noch<br />

dazu ist die entwickelte Software meist kostenlos. Und das Resultat<br />

kann sich sehen lassen: Es entsteht überaus innovative, leistungsfähige<br />

Software. Ein ähnliches Phänomen ist die bekannte Online-<br />

Enzyklopädie Wikipedia. Wenn also User auch die Produktion<br />

übernehmen können, ist unter Umständen gar keine Herstellerfirma<br />

mehr nötig. Somit: (3) User nehmen die Sache oft gleich selbst in<br />

die Hand.<br />

Die Konsequenz: Neue Chancen für UnternehmerInnen durch neue<br />

Innovationstools.<br />

Zahlreiche User haben völlig neue Ideen – und sind auch bereit,<br />

diese Ideen Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Die Vorteile


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 45


46 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


durch die Einbeziehung von Usern in den Neuproduktentwicklungsprozess<br />

zeigen sich in vielen Praxisprojekten. Sie sind auch wissenschaftlich<br />

dokumentiert. Insbesondere können User einen wertvollen<br />

Beitrag in den frühen Phasen des Neuproduktentwicklungsprozesses<br />

leisten. Um die Innovationsfähigkeit von NutzerInnen systematisch in<br />

den Innovationsprozess einzubinden, bieten sich verschiedene<br />

Möglichkeiten und Tools an.<br />

(1) user haben völlig neue Ideen:<br />

die Lead User Methode<br />

Die Suche nach radikalen Innovationen kann mit der Lead User<br />

Methode sehr effizient gestaltet werden. Im Zentrum der Methode<br />

stehen nicht DurchschnittskundInnen aus dem Zielmarkt, sondern<br />

besonders fortschrittliche AnwenderInnen, sogenannte Lead User.<br />

Die Lead User Methode beschleunigt den Informationstransfer vom<br />

User Innovator zur Herstellerfirma. Im Vergleich zur Marktforschung<br />

werden mit der Lead User Methode nicht nur Bedürfnisse gesucht,<br />

sondern bereits systematisch konkrete Lösungskonzepte für diese<br />

Bedürfnisse entwickelt. Eine empirische Überprüfung der Lead User<br />

Methode hat ergeben, dass Lead User Ideen ein über achtfach<br />

höheres Umsatzpotenzial aufweisen als Ideen, die mit herkömmlichen<br />

Methoden entwickelt wurden.<br />

(2) user machen ungewöhnliche entdeckungen:<br />

die ISAA-Methode<br />

Kürzer werdende Produktlebenszyklen in Verbindung mit immer<br />

stärker steigenden Kosten für Forschung und Entwicklung sind eine<br />

zentrale Herausforderung, mit der Unternehmen heute in zunehmendem<br />

Maße konfrontiert werden. Ein Lösungsansatz dazu ist, entwickelte<br />

Technologien besser zu nutzen, indem F&E-Ausgaben optimal<br />

gehebelt werden. Mit anderen Worten: Das Ziel ist es, bestehende<br />

technologische Lösungen in unterschiedlichen Märkten einzusetzen.<br />

Damit reduziert sich die Herausforderung zunächst auf die Frage, wie<br />

denn diese zusätzlichen Geschäftsfelder gefunden werden können.<br />

Innovative User sind - wie oben gezeigt – offenbar dazu in der Lage,<br />

neue Anwendungsbereiche für bestehende (technologische) Lösungen<br />

zu entdecken. Diese Tatsache nutzt die sogenannte ISAA-<br />

Methode (steht für Intelligent Search for Additional Applications). In<br />

zahlreichen Projekten in der unternehmerischen Praxis konnte die<br />

Methode erfolgreich eingesetzt werden, um systematisch neue<br />

Geschäftsfelder zu identifizieren.<br />

User Innovation<br />

(3) user nehmen die sache selbst in die Hand:<br />

Toolkits und User-Netzwerke<br />

„User Innovationen“ entstehen dann, wenn die NutzerInnen (a)<br />

innovative, von bestehenden Marktangeboten nicht befriedigte<br />

Bedürfnisse haben und (b) die Fähigkeit zur Verwirklichung ihrer<br />

Ideen haben. Nicht immer jedoch haben innovative NutzerInnen<br />

diese Befähigung zur Innovation. In der traditionellen Marktforschung<br />

versuchen Herstellerfirmen daher, die Bedürfnisse der Anwender-<br />

Innen zur Herstellerfirma zu transferieren. Dies ist oft problematisch<br />

(„Sticky Information“). Unter Toolkits 1 und User-Netzwerken versteht<br />

man Methoden, mit denen der umgekehrte Weg beschritten wird:<br />

Statt bedürfnisbezogene Information vom Kunden oder von der<br />

Kundin zu der Herstellerfirma zu transferieren, stattet man die<br />

NutzerInnen mit lösungsbezogener Kompetenz aus. Ziel dieser<br />

Übertragung ist einerseits, die differenzierten Bedürfnisse möglichst<br />

optimal zu befriedigen, und andererseits, die durch langwierige<br />

Entwicklungs- und Marktforschungsprozesse entstehenden Kosten<br />

zu verringern.<br />

Junior-Prof. Dr. Reinhard Prügl<br />

Inhaber des Lehrstuhls für Innovation, Technologie und<br />

Entrepreneurship Zeppelin Universität Friedrichshafen<br />

1 Toolkits sind (oftmals webbasierte) „Werkzeuge“, häufig in der Form einer Software,<br />

mit deren Hilfe der User sein eigenes Produkt aus einer bestimmten Anzahl an<br />

Lösungsvorschlägen selbst erstellen kann. Durch einen „Trial-and-Error“ Prozess kann<br />

er sein Produkt so lange modifizieren, bis es genau seinen eigenen Ideen und<br />

Bedürfnissen entspricht. Der Einsatz von Toolkits eignet sich vor allem für heterogene<br />

Märkte, um differenzierte Kundenbedürfnisse zu befriedigen.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 47


„Ein Passwort ist genau 1 Mal sicher. Beim 2. Mal könnte es schon ein Hacker sein.“<br />

Ein Gespräch über Assoziationen, Sicherheit und die Technologieberatung des <strong>ZIT</strong>.<br />

Ein Nachmittag im Palais Harrach, Hauptquartier des Wiener Kompetenzzentrums<br />

Secure Business Austria (SBA). Die Mathematiker-<br />

Innen von SBA haben soeben die Endergebnisse ihrer Analyse des<br />

Sicherheitssystems SecLookOn des Wiener Unternehmens MERLINnovations<br />

präsentiert. Bei Kaffee und Kuchen spricht man nun über<br />

Abgründe von Passwortsystemen, und über den Wert des Dritten,<br />

durch den sich zwei treffen. Denn man kennt einander zwar in Wien,<br />

aber für ein konkretes Projekt zusammen zu finden ist schon eine<br />

höhere Kunst. Dafür gibt’s die Technologieberatung des <strong>ZIT</strong>.<br />

Helmut Schluderbacher (GF MERLINnovations), Peter Heinz Trykar<br />

(MERLINnovations) und Edgar Weippl (Secure Business Austria) im<br />

Gespräch.<br />

<strong>ZIT</strong>: Herr Schluderbacher, was ist der Kern Ihres Unternehmens?<br />

Was macht MERLINnovations?<br />

Helmut Schluderbacher: MERLINnovations entwickelte und<br />

vertreibt ein national und international mehrfach ausgezeichnetes<br />

Login-Verfahren namens SecLookOn. Der große Sicherheitsvorteil<br />

von SecLookOn gegenüber anderen wissensbasierten Authentifizierungstechniken<br />

ist, dass das Zugriff gewährende Geheimnis nicht<br />

abgefragt wird, wie etwa bei PIN oder Passwort. Stattdessen muss<br />

der Nutzer oder die Nutzerin beweisen, dass er/sie das Geheimnis<br />

kennt – aber ohne es preiszugeben. Das ist vergleichbar mit einem<br />

Wächter, der eine Zutritt verlangende Person nach dem Passwort<br />

fragt, ihr aber verbietet, es auszusprechen. Was wie die Quadratur<br />

des Kreises klingt, ist in der Anwendung ganz einfach: Der Nutzer<br />

verbindet individuell bestimmte Bilder mit den richtigen geometrischen<br />

Formen und Farben. Mehrmals angewandt generieren diese<br />

persönlich festgelegten Assoziationen den Passcode – aber bei<br />

jedem Login einen anderen.<br />

<strong>ZIT</strong>: Die persönliche Zuordnung von einem der knallbunten Kästchen<br />

von SecLookOn und einem Bild ergibt dann meinen Passcode?<br />

Schluderbacher: Genau, der Gedanke ist das Passwort! Jedes Mal,<br />

wenn Sie sich einloggen, füllt sich ihr Bildschirm mit vielen Bildern<br />

und Kästchen mit Formen, Ziffern und Farben. Welches Bild zu<br />

welcher Farbe oder geometrischen Form gehört, weiß aber nur die<br />

berechtigte Person, denn nur die Person erinnert sich an die<br />

ursprüngliche Assoziation. Selbst jemand, der bei der Eingabe der<br />

Ziffernfolge zusieht, kann also das zugrunde liegende System nicht<br />

erkennen.<br />

48 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

<strong>ZIT</strong>: Eine Sicherheitslösung für welche Anwendung?<br />

Das Internet?<br />

Schluderbacher: Fokussiert im Augenblick auf das Internet - ja,<br />

aber nicht nur. Im Prinzip ist unser Verfahren auf jeder graphischen<br />

Schnittstelle, also sprich an jedem graphischen Bildschirm, denkbar<br />

und einsetzbar. Überall dort, wo Sie Daten schützen wollen, können<br />

Sie SecLookOn verwenden - ganz einfach. Und vor allem ist es<br />

gleichgültig, wo Sie Sicherheitsdaten weitergeben und mit welchem<br />

Content, ob Internetbanking oder bei anderen Anwendungen.<br />

<strong>ZIT</strong>: Magna Österreich setzt SecLookOn ein…<br />

Schluderbacher: Die HeimmitarbeiterInnen, d.h. Leute, die vom<br />

Heimoffice aus arbeiten, setzen SecLookOn ein, und zwar weltweit.<br />

<strong>ZIT</strong>: Ich habe Ihre Lösung so verstanden, dass sie ihre ganze Kraft<br />

entfalten kann, wenn man das Passwort jeden Tag braucht. Online-<br />

Banking macht man vielleicht nicht jeden Tag. Gehen Sie davon aus,<br />

dass man sich den Schlüssel ohne Weiteres merkt?<br />

Heinz Trykar: Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Anwender<br />

den SecLookOn-Schlüssel besser merken als z.B. ein Passwort oder<br />

einen Zahlencode. Es gab einen Test-User, der einen Schlüssel<br />

erstellt hat. Ihm sind dann Umzugsarbeiten dazwischen gekommen.<br />

Vier Wochen später hat er gemeint, “Da war doch etwas”, er hat das<br />

System gestartet und siehe da: Der Schlüssel ist ihm sofort eingefallen.<br />

Sie können sich einen vierstelligen PIN-Code durchlesen und<br />

vier Wochen später möchten Sie ihn anwenden. Sagen Sie mir, wie<br />

hoch die Chance ist, dass Sie den PIN überhaupt noch kennen.<br />

SecLookOn entspricht jedoch einer Sicherheit eines 109stelligen<br />

PIN-Codes.<br />

<strong>ZIT</strong>: Warum Technologieberatung? Wie sind Sie darauf gekommen?<br />

Warum war das überhaupt noch notwendig, wenn man überzeugt ist<br />

von seinem Produkt? Sie haben Ihr Produkt ja auch auf andere Arten<br />

testen lassen – beispielsweise mit einem Hackerwettbewerb.<br />

Schluderbacher: Wir hatten sehr, sehr viele Personen, die sich<br />

unsere Wettbewerbs-Seite angeschaut haben, wir hatten auch sehr<br />

viele Downloads. Nicht ganz so viele haben sich dann angemeldet.<br />

Denn ein Hacker hat ja schließlich einen Ruf zu verlieren und wird<br />

sich nur dann anmelden, wenn er die Chance vermutet, es zu<br />

hacken!<br />

Zur Technologieberatung: Ich glaube, dass ein Angebot wie diese


„Ein Passwort ist genau 1 Mal sicher. Beim 2. Mal könnte es schon ein Hacker sein.“<br />

Dienstleistung - nämlich für eine technologische Fragestellung den<br />

richtigen Partner zu vermitteln - extrem wichtig ist. Auch wenn sich<br />

zwei Organisationen bereits kennen, heißt das noch lange nicht,<br />

dass man auch auf die richtige Idee kommt. Es ist wirklich wichtig,<br />

dass es dann einen Dritten wie die Technologieberaterin des <strong>ZIT</strong><br />

gibt, die sagt: “Wäre das nicht eine Idee?”. Wenn man niemanden<br />

kennt, dann ist es sowieso eine wichtige Hilfe und eine wichtige<br />

Information, aber selbst wenn man jemanden kennt, kann das<br />

ausschlaggebend für die Entscheidung sein: “Ach ja, das könnten<br />

wir ja mit diesem Partner machen!“<br />

<strong>ZIT</strong>: Damit gleich zum Forschungspartner in diesem Projekt - Secure<br />

Business Austria (SBA). Secure Business Austria ist ein in Wien<br />

ansässiges, renommiertes IT-Sicherheits-Kompetenzzentrum mit<br />

vielen akademischen und industriellen Partnerschaften. Die natürlich<br />

spannendste Frage: Herr Weippl, konnten Sie das System mittels<br />

Mathematik überlisten?<br />

Edgar Weippl (SBA): Nun, ich würde es so ausdrücken: SecLookOn<br />

ist deutlich sicherer als ein herkömmliches Passwortverfahren. Für<br />

uns war einfach die Zusammenarbeit mit MERLINnovations sehr<br />

spannend, weil die rein mathematisch-theoretische Betrachtung des<br />

Systems eine zwar eher seltene aber dafür sehr herausfordernde<br />

Analysemethode erforderte.<br />

<strong>ZIT</strong>: Muss das Produkt überarbeitet werden auf Grund dieser<br />

Ergebnisse?<br />

Weippl: Also wir sind sehr zufrieden mit der Sicherheit von Sec-<br />

LookOn. Aufgrund der rein mathematischen Analyse könnte man<br />

sagen: das System ist tausend Mal sicherer als ein Passwort.<br />

<strong>ZIT</strong>: Herr Schluderbacher, zu guter Letzt: Wie geht es jetzt weiter mit<br />

SecLookOn?<br />

Schluderbacher: Also aufgrund der Untersuchung und der Analyse<br />

werden wir noch das eine oder andere verbessern können, und das<br />

ist sehr schön, weil das Produkt dabei immer weiter wächst und<br />

besser wird. Durch solche Untersuchungen wie diese mit dem<br />

Kompetenzzentrum Secure Business Austria wird klar: Selbst wenn<br />

Sie ein Jahr beobachtet werden, kann niemand Ihr Geheimnis<br />

knacken. Und das ist schon eine phantastische Vorstellung. Wenn<br />

Sie heute fragen: “Wie oft kann ich mein Passwort eingeben?”, muss<br />

ich sagen: ”Genau ein Mal”. Sie können es nur ein einziges Mal<br />

gesichert eingeben. Bei der zweiten Anmeldung könnte es schon ein<br />

Hacker sein. Wir arbeiten darauf hinaus, dass Sie sich in Zukunft auf<br />

ganz lange Zeit ein einziges Geheimnis überlegen und dann jahrelang<br />

damit arbeiten können.<br />

Es gibt Analysen, die zeigen, wenn 1.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

ihr Passwort statt alle 30 Tage alle 60 Tage ändern würden,<br />

könnten bis zu 66.000 € eingespart werden. Also alleine dadurch,<br />

dass das Intervall von einem Passwort von 30 auf 60 Tage verlängert<br />

wird. Es geht also auch um eine enorme Kosteneffizienz.<br />

Jetzt ist nicht die Zeit für hohe Investitionen, aber für hohe Sicherheit!<br />

Gerade heute, wo überall eingespart werden muss, bringt<br />

SecLookOn die dringend benötigte Sicherheit.<br />

<strong>ZIT</strong>: Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Interview: DI in Kristina Wrohlich<br />

Technologieberatung:<br />

Die Technologieberatung ist eine kostenlose Dienstleistung<br />

der <strong>ZIT</strong> Zentrum für Innovation und Technologie GmbH und<br />

richtet sich an Wiener Unternehmen, die jetzt oder in naher<br />

Zukunft ihre Dienstleistungen, Produkte oder Prozesse<br />

verbessern, neu – oder weiterentwickeln wollen. Bei technologischen<br />

Fragestellungen eines Innovationsprojektes<br />

vermittelt das <strong>ZIT</strong> dem Unternehmen kostenlos die richtigen<br />

ExpertInnen. Diese ExpertInnen kommen aus den Wiener<br />

Kompetenzzentren, den Universitäten und außeruniversitären<br />

Forschungseinrichtungen. Neben der Vermittlung von<br />

technologischem Know-how werden ebenso Förderoptionen<br />

für das Projekt gesucht und vorgeschlagen.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 49


50 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 51


Informations- und Kommunikationstechnologien jetzt und demnächst<br />

Und was bieten wir?<br />

Thin Clients, Web 2.0, Service Oriented Architecture (SOA), Unified<br />

Communications, Green IT, Cloud Computing, Simulation, Semantic<br />

Web und noch vieles mehr. Welche Technologien werden wir in<br />

Zukunft so selbstverständlich nutzen wie heute das Internet? Welche<br />

Bereiche werden von Innovationen, die von neuen Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien (IKT) ausgehen, besonders betroffen<br />

sein? Wie wird sich unsere Gesellschaft verändern und welchen<br />

Einfluss haben Wissenschaft, Forschung und öffentliche Förderinstitutionen<br />

wie das <strong>ZIT</strong> darauf?<br />

Warum wir uns beim <strong>ZIT</strong> diese Fragen stellen, ist anhand der<br />

folgenden Fakten leicht zu erklären. Der IKT Standort Wien ist nach<br />

London und München der drittgrößte in Europa und beschäftigt mit<br />

ca. 64.000 MitarbeiterInnen in rund 5.300 Unternehmen etwa 9%<br />

aller ArbeitnehmerInnen in Wien. Ein weiteres wesentliches Merkmal<br />

in Wien ist, dass 99% der Unternehmen im IKT-Sektor klassische<br />

Klein- und Mittelunternehmen (weniger als 250 MitarbeiterInnen und<br />

max. 50 Millionen Euro Umsatz) sind. Der BIP Anteil des IKT-Sektors<br />

beträgt in Wien ca. 35%. 1<br />

Aber nicht nur aufgrund der beeindruckenden wirtschaftlichen<br />

Fakten setzt das <strong>ZIT</strong> einen großen Fokus auf diesen Sektor. Technische<br />

Innovationen im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien<br />

prägen unsere Gesellschaft. Neben neuen Anwendungen<br />

für die Arbeitswelt werden auch Bereiche wie Bildung,<br />

Soziales, Verkehr und Medizin stark beeinflusst. Der Laptop in der<br />

Schulklasse ist vielerorts bereits wesentlicher Teil des Unterrichts.<br />

Google und Wikipedia haben schon manchem/r SchülerIn und<br />

StudentIn bei der Recherche wertvolle Dienste erwiesen. Ein<br />

weiteres Beispiel gefällig? Handys gehören heute zum alltäglichen<br />

Leben. Handys ermöglichen neben der Kommunikation im Sinne von<br />

Telefongesprächen auch mobiles Arbeiten, Informationssuche, Chat,<br />

SMS und andere Dienste.<br />

Durch die neueste Generation von mobilen kleinen Handheld<br />

Devices mit genügend Rechenpower und ansprechendem Display -<br />

wie z.B. das iPhone oder der iPod von Apple - wurden bereits und<br />

werden weiterhin eine Vielzahl an neuen Diensten und Anwendungen<br />

generiert. Die Mobile Marketing Branche steht in den Startlöchern.<br />

Mobile TV/DVB-H und Mobile Internet machen jetzt erst richtig<br />

Sinn. Durch ein aktives Sponsoring des Mobile Content Days <strong>2008</strong><br />

52 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

in Wien will das <strong>ZIT</strong> von Beginn an die AkteurInnen in diesem Bereich<br />

unterstützen.<br />

Gerade Handys zeigen – in Zusammenhang mit dem Thema Embedded<br />

Systems - wie weit Software in Kombination mit Mikroprozessoren<br />

in unserer Gesellschaft verbreitet ist. Waschmaschine,<br />

Mikrowellenherd, Kühlschrank, Fernseher, DVD-Player, Digitaler TV<br />

Receiver oder allgemein alle Geräte der Unterhaltungselektronik.<br />

Alle diese Produkte des täglichen Lebens sind Embedded Systems<br />

oder enthalten mehrere Embedded Systems. Miniaturisierung,<br />

Vernetzung und neue Sensoren zum Erfassen der Umwelt werden<br />

neue, spannende Anwendungen durch Embedded Systems erzeugen.<br />

Nicht zu vergessen, welche Innovationen in der Medizintechnik<br />

zu erwarten sind. Intelligente Prothesen sowie genauere und<br />

leistungsfähigere Geräte für eine vereinfachte Diagnose durch den<br />

Arzt oder die Ärztin lassen auf eine deutlich verbesserte Lebensqualität<br />

von kranken Menschen hoffen. Mit dem Call Patients in Focus<br />

2009 fördert das <strong>ZIT</strong> interdisziplinäre Projekte zwischen Medizintechnik,<br />

Biotechnologie und IT.<br />

Ein weiterer spannender Teilbereich der IKT Branche ist der Sektor<br />

Games. Bis vor kurzem noch von vielen belächelt, sind Games heute<br />

ein enormer Wirtschaftsfaktor. Immer mehr Menschen beschäftigen<br />

sich mit Games, was sicher auch dadurch zu erklären ist, dass<br />

gerade in diesem Bereich eine Vielzahl an Innovationen auf den<br />

Markt gekommen ist. Die Nintendo Wii Spielkonsole ist ein hervorragendes<br />

Beispiel dafür. Durch diese innovative Methode mit dem<br />

Computer zu kommunizieren, ergeben sich unzählige neue Anwendungsbereiche.<br />

Des Weiteren gibt es in Wien gerade einen vielversprechenden<br />

Versuch, mobile Spielkonsolen als ergänzendes<br />

Medium im Volksschulunterricht zu verwenden. Die Stadt Wien<br />

unterstützt diese Branche ganz gezielt, was sich unter anderem<br />

durch die verschiedenen Aktivitäten des <strong>ZIT</strong> im Rahmen der Wiener<br />

Medienmesse und der Gamecity Vienna zeigt.<br />

Ganz eng verbunden mit dem Bereich Games ist ein weiteres<br />

Spezialgebiet aus dem IT Sektor, die Visualisierung bzw. Simulation.<br />

PilotInnen trainieren am Flugsimulator, ChirurgInnen planen an<br />

3D-Grafiken einen operativen Eingriff, ChemikerInnen entwerfen<br />

neue Werkstoffe, KlimaforscherInnen simulieren die Folgen des<br />

Klimawandels, ArchitektInnen präsentieren ihre Entwürfe in der<br />

simulierten Umgebung, KonstrukteurInnen testen das Crashverhal-


ten von Fahrzeugen. Oberflächenformen und Materialstrukturen<br />

werden hinsichtlich Funktionalität, Haltbarkeit, Stabilität oder<br />

Verformbarkeit geprüft. Prozesse, die in der Realität nicht sichtbar,<br />

versteckt oder zu schnell ablaufen, werden verständlich gemacht.<br />

Die traditionelle Vorgehensweise von Versuch und Irrtum wird damit<br />

durch realitätsnahe Computersimulationen und -visualisierungen<br />

ersetzt. Die Vorteile der Nutzung dieser Technologien sind Kosteneinsparungen,<br />

vor allem aber eine Beschleunigung des Entwicklungsprozesses<br />

sowie die Verbesserungen der Qualität von Produkten.<br />

Durch die aktive Förderung des Kompetenzzentrums VRVis im<br />

Rahmen der COMET-Richtlinie stellt das <strong>ZIT</strong> sicher, dass im Bereich<br />

Visualisierung weltweit anerkannte Spitzenforschung in Wien<br />

vorhanden ist. Durch die kostenlose Dienstleistung Technologieberatung<br />

des <strong>ZIT</strong> kann dieses Spitzen-Know-How den Wiener KMU zur<br />

Verfügung gestellt werden.<br />

Der vermehrte Einsatz von Computern und Elektronik für alle<br />

Lebensbereiche hat aber auch zur Folge, dass der Energieverbrauch<br />

stetig steigt. Schon jetzt erzeugt die IKT Branche weltweit gesehen<br />

ca. 2% der CO 2 -Emissionen, und damit in etwa genauso viel wie der<br />

gesamte Flugverkehr! Durch die exorbitant gestiegenen Energiepreise<br />

hat die Branche jetzt auch einen triftigen Grund, sich über<br />

dieses Thema ernsthaft Gedanken zu machen. Vor allem, wenn man<br />

bedenkt, dass die Anzahl an Computern in den nächsten Jahren<br />

deutlich steigen wird. Die Europäische Kommission hat zudem einen<br />

Beschluss im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie gefasst, dass<br />

Computer ab 2010 im Stand-by-Betrieb maximal 1 Watt pro Stunde<br />

verbrauchen dürfen. Weitere Richtlinien wie die Energieeffizienzrichtlinie<br />

oder das EU-Energy Star-Programm zwingen HerstellerInnen<br />

von IKT Produkten, sich über den Energieverbrauch ihrer Produkte<br />

nicht nur Gedanken zu machen, sondern rasch zu handeln. Um die<br />

Entwicklung und Forschung im Bereich ökonomischer und ökologischer<br />

Produkte, Dienstleistungen und Verfahren bestmöglich<br />

unterstützen zu können, plant das <strong>ZIT</strong> für Mitte 2009 einen speziellen<br />

Call im Rahmen des Förderprogramms FORSCHUNG.<br />

Diesen Artikel könnte man beliebig lange weiterführen und<br />

manchem/r LeserIn wird eine Erwähnung von Semantic Web, Web<br />

3.0, ERP oder anderem in diesem Beitrag vermissen. Das bedeutet<br />

aber auf keinen Fall, dass das <strong>ZIT</strong> wenig Wert auf diese Technologien<br />

legt. Ganz im Gegenteil. Durch unser Förderprogramm INNOVATION<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien jetzt und demnächst<br />

unterstützen wir schon heute direkt und wirkungsvoll die Entwicklung<br />

von Innovationen in allen Bereichen der IKT.<br />

Als Technologieagentur der Stadt Wien setzen wir uns das Ziel, der<br />

IKT Branche mit Förderungen, Dienstleistungen und Immobilien<br />

optimale Rahmenbedingungen zu bieten, damit Wien auch in Zukunft<br />

ein idealer Standort für die Entwicklung von innovativen IKT Lösungen<br />

bleibt.<br />

DI Peter Halwachs<br />

„Der IKT Standort Wien ist nach London und<br />

München der drittgrößte in Europa und beschäf-<br />

tigt mit ca. 64.000 MitarbeiterInnen in rund<br />

5.300 Unternehmen etwa 9% aller<br />

ArbeitnehmerInnen in Wien.“<br />

1 KMU Forschung Austria: „IKT Standort Wien im Vergleich“. Wien, 2007.<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 53


54 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


Forschung findet Stadt…<br />

und unzählige interessierte Wienerinnen und Wiener.<br />

Das Wiener Forschungsfest im Oktober <strong>2008</strong> zeigte, auf welch<br />

großes Interesse Forschung und Technologie in der Öffentlichkeit<br />

stoßen. Mehr als 20.000 Menschen besuchten die zweitägige<br />

Veranstaltung am Rathausplatz und machten sich ein Bild von den<br />

Forschungsleistungen der Wiener Unternehmen und wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen.<br />

Forschung und Technologie nicht als Geheimwissenschaft für Eliten,<br />

sondern als für alle erfahrbarer und relevanter Bestandteil des<br />

alltäglichen Lebens und einer modernen Stadt – dies zu vermitteln<br />

ist seit Langem das Ziel der Stadt Wien. Denn letztlich wird ein<br />

Forschungsstandort nur dann erfolgreich sein, wenn nicht nur an der<br />

Spitze hervorragende Forschungsleistungen erbracht werden,<br />

sondern auch die Breite zunimmt - Forschung und Innovation im<br />

alltäglichen Wirtschaftsgeschehen einen noch breiteren Raum<br />

einnehmen. Voraussetzung dafür ist, dass die breite Bevölkerung<br />

dies mitträgt. Durch Neugier und das Interesse, selbst ein Teil davon<br />

zu werden, durch Offenheit für neue Entwicklungen und nicht zuletzt<br />

durch die Bereitschaft, die wirtschaftspolitischen Anstrengungen<br />

durch Steuerleistungen mit zu finanzieren.<br />

Forschung und Technologie „zum Angreifen“ soll dazu beitragen,<br />

dies zu erreichen. Das Wiener Forschungsfest <strong>2008</strong> war der<br />

vorläufige Höhepunkt der diesbezüglichen Anstrengungen der Stadt<br />

Wien beziehungsweise des <strong>ZIT</strong>. Zentrum der Veranstaltung am<br />

Rathausplatz war das Forschungszelt, in dem mehr als 30 Wiener<br />

Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen Ergebnisse ihrer<br />

Forschungsarbeiten ausstellten. Die Palette reichte von Siemens<br />

über das ebenso erfolgreiche wie junge Biotechunternehmen<br />

AFFiRiS bis zur TU Wien und den Wiener Linien. Nicht trockenmuseal,<br />

sondern in einer Form, die Lust auf Interaktion machte.<br />

„Berühren erwünscht“ war das Motto vieler Stationen, die Forschung<br />

und ihren Nutzen im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar machten.<br />

Dabei war es nicht nur für die BesucherInnen interessant, mit<br />

Forscherinnen und Forschern ins Gespräch zu kommen, sondern für<br />

diese war es eine ebenso spannende Erfahrung, dass es sehr wohl<br />

möglich ist, komplexe Zusammenhänge auch Laien verständlich zu<br />

machen – und das Interesse und die Begeisterung dieser Laien vor<br />

Augen geführt zu bekommen.<br />

Einen besonderen Ansturm erlebten die Angebote für Kinder. Es war<br />

die klare Zielsetzung, das Kinderprogramm nicht als Add-On auch<br />

noch irgendwo unterzubringen, sondern zentral in die Ausstellungs-<br />

dramaturgie zu integrieren - waren doch gerade Familien eine<br />

wesentliche Zielgruppe. Und so experimentierten, forschten und<br />

fragten Kinder an 16 dafür vorgesehenen Stationen möglicherweise<br />

länger als es Mama oder Papa lieb war - und nahmen angesichts des<br />

großen Andrangs gemeinsam mit ihren Eltern lange Wartezeiten in<br />

Kauf.<br />

Neben den Attraktionen - ja, das ist das passende Wort und sollte<br />

vielleicht auch im Forschungszusammenhang öfter verwendet<br />

werden – im Zelt konnten sich Hartgesottene auch die Liveübertragung<br />

einer Herzoperation ansehen, Nervenkitzel anderer Art durch<br />

die Teilnahme am „Wiener Forschungsquiz“ erzeugen – und mit einer<br />

Reise ins CERN belohnt werden. Oder sich beim Musik- und<br />

Kabarettprogramm entspannen.<br />

Nicht nur die große BesucherInnenzahl dokumentiert den Erfolg der<br />

Veranstaltung. Die durchgeführte Evaluierung zeigt, dass es auch<br />

gefallen hat. 95% waren insgesamt sehr zufrieden oder zufrieden,<br />

ganz besonders gut schnitt das vom Zoom Kindermuseum und dem<br />

Kinderbüro der Universität Wien gestaltete Kinderprogramm ab.<br />

Fazit: Wien forscht und Wien interessiert sich auch für Forschung.<br />

Mag. Christian Bartik<br />

„Mehr als 20.000 Menschen besuchten die<br />

zweitägige Veranstaltung am Rathausplatz und<br />

machten sich ein Bild von den<br />

Forschungsleistungen der Wiener Unternehmen<br />

und wissenschaftlichen Einrichtungen.“<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 55


Von Wärmepumpen und Asthma-Impfstoffen<br />

Die Calls des Jahres <strong>2008</strong> im Zeichen von Umwelt und Kooperation.<br />

Ein bisschen wie im Hamsterrad kommt man sich manchmal vor, als<br />

Förderer im <strong>ZIT</strong>, weil kaum ist ein Call fertig, pocht schon der<br />

nächste ungeduldig und unmissverständlich fordernd, dass man sich<br />

seiner jetzt aber doch endlich bitte schleunigst annehmen sollte,<br />

weil es ginge schließlich um die KundInnen und überhaupt, ans<br />

Gewissen. Aber dann macht es doch immer auch Spaß, sie durchzuführen,<br />

nicht zuletzt weil man Sinnvolles tut und dabei jede Menge<br />

lernt.<br />

Forschungscall Nummer 19 und 20 (wir haben das Jubiläum irgendwie<br />

nicht bemerkt) waren die Wettbewerbe Call Vienna Environment<br />

<strong>2008</strong> und Call CoOperate enlarged - Vienna <strong>2008</strong>. Daher natürlich<br />

schon auch eine Routinesache, aber trotzdem neu und spannend.<br />

Weil jeder neue Call spannend ist, insbesondere wenn es sich um<br />

ein neues Thema handelt wie beim Call Vienna Environment <strong>2008</strong>,<br />

aber auch weil es doch einige Veränderungen gab. Diese betreffen<br />

die rechtlichen Rahmenbedingungen, aber auch die inhaltlichen<br />

Schwerpunktsetzungen. Wir nutzen die Möglichkeiten, die uns der<br />

Rechtsrahmen der EU bietet, noch besser aus (insbesondere durch<br />

die höhere Förderung von kooperativen Projekten) und können seit<br />

Beginn <strong>2008</strong> nicht nur Produkt- und Dienstleistungs-, sondern auch<br />

Verfahrensinnovationen, die nicht unmittelbar am Markt verkauft<br />

werden, unterstützen. Und <strong>2008</strong> war das erste Jahr, in dem wir uns<br />

im Forschungsbereich ausnahmslos auf technologiefeldübergreifende<br />

Themen mit besonderer, auch gesellschaftspolitischer Relevanz<br />

konzentriert haben.<br />

I SOnnenkOllektOren, paSSivhauStechnOlOgien Oder<br />

neue Wärmepumpen – spannende klIMa- und uMWelTrelevanTe<br />

enTWICklunGen IM Call vIenna<br />

envIronMenT <strong>2008</strong><br />

Klima- und Umweltschutz im urbanen Raum war das Thema dieses<br />

Calls, den wir mit großer Unterstützung der Umweltabteilung der<br />

Stadt Wien, der MA 22, durchgeführt haben und für den wir die<br />

Klimaexpertin schlechthin, Frau Prof. in Kromp-Kolb, als Vorsitzende<br />

der ExpertInnenjury gewinnen konnten. Mehr als 40 Projekte wurden<br />

eingereicht und wie angestrebt kamen diese aus den verschie-<br />

56 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

densten Technologiebereichen – von Telematik über die Gewinnung<br />

erneuerbarer Energie, einem möglichst effizienten Energieeinsatz,<br />

bis hin zur 0-Energie reicht die thematische Bandbreite der geförderten<br />

Projekte. 14 Projekte wurden mit insgesamt knapp 1,7<br />

Millionen Euro gefördert. Gewinnerin des Calls war die Firma Siblik<br />

Elektrik GmbH mit einem Projekt, das es zum Ziel hat, die Spannungsschwankungen<br />

bei der Energiegewinnung durch Photovoltaik<br />

wesentlich zu reduzieren.<br />

I nachhaltige internatiOnale kOOperatiOnen zWiSchen<br />

WirtSchaFt und WiSSenSchaFt – Call CooperaTe<br />

enlarGed - vIenna <strong>2008</strong><br />

Zum zweiten Mal nach 2005 wurde ein Call zu dieser Thematik<br />

durchgeführt. Ziel war es, Kooperationen zwischen Wirtschaft und<br />

Wissenschaft, insbesondere aber Kooperationen von Wiener Unternehmen<br />

mit PartnerInnen aus Mittel- und Osteuropa zu initiieren und<br />

zu unterstützen. Gerade im Hinblick auf letztere besteht weiterhin ein<br />

großes Ausbaupotenzial, ist doch die Zusammenarbeit von AkteurInnen<br />

dieses Raumes in der Forschung noch deutlich weniger ausgeprägt<br />

als in anderen Bereichen. Acht Projekte, von denen vier in<br />

Kooperation mit einem oder mehreren mittel- und osteuropäischen<br />

PartnerInnen durchgeführt werden, konnten mit insgesamt 1,7<br />

Millionen Euro unterstützt werden. Erfahrungsgemäß sind im Rahmen<br />

von Calls mit einer solch strukturellen Zielsetzung Life Science Unternehmen<br />

stark vertreten. Dies war auch diesmal der Fall und zeigt<br />

sich auch in der Siegerin des Calls, der Firma Vela, deren Projekt es<br />

zum Ziel hat, einen Impfstoff gegen bestimmte allergische Krankheiten<br />

(z.B. Asthma) zu entwickeln.<br />

Dass bei beiden Calls die Anzahl der sehr guten Projekte so hoch<br />

war, dass die Jury beide Male die Aufstockung des zur Verfügung<br />

stehenden Budgets empfahl, bestätigt zum einen die Themenwahl<br />

und dokumentiert zum anderen die hohe Forschungskompetenz der<br />

Wiener Unternehmen. Beide Themen werden auch in Zukunft<br />

bearbeitet werden, der Bereich Umwelt/Ressourcen bereits in der<br />

zweiten Jahreshälfte 2009.<br />

Mag. Christian Bartik


„Wir nutzen die Möglichkeiten, die uns der Rechts-<br />

rahmen der EU bietet, noch besser aus (insbesondere<br />

durch die höhere Förderung von kooperativen<br />

Projekten) und können seit Beginn <strong>2008</strong> nicht nur<br />

Produkt- und Dienst leistungs-, sondern auch<br />

Verfahrens inno va tionen, die nicht unmittelbar am<br />

Markt verkauft werden, unterstützen.“<br />

<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 57


58 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong>


<strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong> 59


Das Artwork dieses Jahresberichtes<br />

Die Leiden des jungen L. – „digitale Artefakte“<br />

Die Arbeiten dieses Jahresberichts sind digitale Artefakte. Die neue, digitale Technologie bietet<br />

uns sehr viele Möglichkeiten und bereitet große Freude. Aber oft treibt diese uns auch in eine<br />

innere Verzweiflung und größeren Wahnsinn (– in diesem Fall sind sie doch ein Segen).<br />

Diese Artefakte passieren häufig bei Datenübertragung ohne Komprimierung durch das Internet.<br />

Ein komprimiertes File erhält eine „checksum“ (Prüfsumme). Wird eine komprimierte Datei<br />

(File) geöffnet, überprüft der Computer zuerst die Datei mit der mitgelieferten Summe auf<br />

Funktionalität. Bei nicht komprimierten Dateien kann der Datenstamm durch die Über tragung<br />

beschädigt werden und ist dadurch nicht mehr lesbar.<br />

Eine normale Übertragung ist bei binärer Übertragung 8 Bit. (besteht aus nur 8 Segmenten<br />

– aus 0 und 1, darin sind sämtliche Informationen enthalten. Moderne Geräte können bis<br />

zu 128 Bit gleichzeitig verarbeiten.) Wenn auch nur ein Segment (0 oder 1) zerstört ist, kann<br />

diese Datei nicht mehr komplett dargestellt werden.<br />

60 <strong>JAHRESBERICHT</strong> <strong>2008</strong><br />

Ludwig Rusch, Fotograf

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