SCHMECKEN - TuS Lichterfelde Berlin
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im einklang<br />
im einklang 017<br />
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zurück zu<br />
den Wurzeln<br />
Sie heißen „Abendfrieden“, „Immergrün“, „Waldeslust“ oder „Zur Erholung“.<br />
Schrebergärten waren bis vor ein paar Jahren der Inbegriff für Spießigkeit.<br />
Doch immer mehr junge Großstädter entdecken ihre Liebe zum Kleingarten<br />
S<br />
eit Lucas‘ Geburt waren wir immer hin und her gerissen:<br />
Sollen wir in der Stadt wohnen bleiben oder<br />
doch raus aufs Land ziehen?“ Claudia Schulisch und ihr Mann,<br />
beide bei der BKK·VBU versichert, leben in <strong>Berlin</strong>. Ihre schöne<br />
Altbauwohnung ist nicht zu teuer und groß genug für eine Fa-<br />
milie. Und trotzdem hatte Claudia Schulisch das Gefühl, dass<br />
sie Lucas etwas Wichtiges vorenthalten: „Ich selbst bin in<br />
einem Haus mit Garten groß geworden und fand, es fehlt et-<br />
was, wenn Lucas ohne eigene Wiese, Blumen und Obstbäume<br />
aufwächst. Mit dem Schrebergarten haben wir beides: die Vor-<br />
teile der Stadt und ein bisschen Landleben. Wenn mir aller-<br />
dings jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, dass wir mal begeis-<br />
terte Schrebergärtner werden, hätte ich ihn ausgelacht.“ So wie<br />
den Schulischs geht es immer mehr jungen Familien: Gerade<br />
in wirtschaftlich unsicheren Zeiten verzichten sie auf ein Eigen-<br />
heim im Grünen und pachten lieber einen Garten. In den Lau-<br />
benkolonien vollzieht sich ein Generationswechsel. 45 Pro-<br />
zent der Neuverpachtungen gehen an junge Familien, das<br />
Durchschnittsalter der Kleingärtner sinkt kontinuierlich.<br />
Anders als bei ihren Nachbarn, einem Rentnerehepaar, stehen<br />
die Gartenarbeit und der Anbau von Gemüse bei den Schu-<br />
lischs nicht im Vordergrund: „Wir haben den Garten, um uns<br />
im Grünen zu entspannen. Wir bekommen viel Besuch von<br />
Freunden. Die Kinder spielen, wir reden, grillen und lassen es<br />
uns gutgehen“, schwärmt Claudia Schulisch. Ganz ohne Gar-<br />
tenarbeit geht es allerdings nicht, in den städtischen Schreber-<br />
gartenanlagen gibt es strenge Regeln. So muss ein bestimmter<br />
Anteil der Fläche für Obst und Gemüse genutzt werden, die<br />
Höhe der Lauben und Hecken ist exakt vorgeschrieben. Und<br />
regelmäßiges Rasenmähen ist Pflicht – allerdings nicht in der<br />
Mittagszeit von 12 bis 15 Uhr oder am Sonntag. Wer da laut<br />
mit dem Mäher herumknattert, bekommt Ärger mit den Nach-<br />
barn. „Manche Regeln sind ja sinnvoll. So finden wir es super,<br />
unser Gemüse anzubauen. Da wissen wir ganz genau, was<br />
drin und vor allem, was dran ist. Und Lucas hat einen Riesen-<br />
spaß, wenn er seine eigenen Tomaten ernten kann“, so Claudia<br />
Schulisch. „Er lernt spielerisch, dass Möhren in der Erde und<br />
Pfirsiche auf Bäumen wachsen.“<br />
Ursprünglich wurden Schrebergärten für Kinder erfunden:<br />
Daniel Schreber, ein Arzt aus Leipzig, forderte Mitte des 19.<br />
Jahrhunderts „Specialgärten“ für Kinder, die in den Mietskaser-<br />
nen der Städte keinen Platz für „gesunde Triebabfuhr“ hätten.<br />
1864, drei Jahre nach Schrebers Tod, gründete sein Schwieger-<br />
sohn, der Schuldirektor Ernst Innocenz Hauschild, den ersten<br />
„Schreberverein“ in Leipzig. Da aber die Kinder schnell das<br />
Interesse an den Beeten verloren, kümmerten sich die Eltern<br />
um die Gärten. Im Laufe der Zeit wurden die Anlagen zu „Ar-<br />
mengärten“, die die bedürftige Stadtbevölkerung mit Obst, Ge-<br />
müse und Kartoffeln versorgten. Vor allem in der Nachkriegs-<br />
zeit linderten die Kleingärten den Hunger in den Großstädten.<br />
pro Fit 1 2009 1 2009 pro Fit<br />
Fotos: BDG (2), fotolia (1), privat (1)<br />
Heute ist der Anbau von Tomaten, Salat, Radieschen und Co<br />
eher ein gesundes Hobby. Nicht nur der Verzehr von garantiert<br />
frischem Bio-Obst und -Gemüse ist gut für das Wohlbefinden,<br />
sondern auch die Gartenarbeit. Die regelmäßige Bewegung an<br />
der frischen Luft fördert Fitness und Widerstandsfähigkeit. Die<br />
Beschäftigung mit Pflanzen hilft Stress abzubauen und macht<br />
sogar glücklich. Durch die leichte körperliche Arbeit in der freien<br />
Natur werden körpereigene Glückshormone ausgeschüttet<br />
– völlig abgesehen davon, dass es einfach ein schönes Gefühl<br />
ist, wenn die Bemühungen mit Schaufel und Spaten von Erfolg<br />
gekrönt sind. Wer dann noch nette Nachbarn hat, für den kann<br />
der Kleingarten eine wahre Wellness-Oase sein.<br />
Überhaupt ist die Bedeutung des sozialen Netzes in der Laubenkolonie<br />
nicht zu unterschätzen. Gerade ältere Menschen<br />
profitieren von den Kontakten zu Nachbarn und Gleichgesinnten.<br />
Einer Studie des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde<br />
e.V. (BDG) zufolge spielen Schrebergärten auch eine<br />
positive Rolle bei der Integration von Ausländern. In den Kleingartenanlagen<br />
kommen Menschen aus rund 80 Nationen zusammen,<br />
7,5 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Fast<br />
jeder zehnte Befragte hält die nichtdeutschen Gartenfreunde<br />
sogar für die besseren Gärtner, da sie oft mehr Erfahrung beim<br />
Anbau von Obst und Gemüse hätten und ihre Gärten besser in<br />
Ordnung hielten. Es verwundert also nicht, dass der BDG Städte<br />
und Gemeinden auffordert, mehr Flächen für Kleingärten<br />
zur Verfügung zu stellen. Davon würden nicht nur angehende<br />
Schrebergärtner, sondern alle Stadtbewohner profitieren: Kleingärten<br />
stehen allen zum Spaziergang offen, ihre Pflege kostet<br />
die öffentliche Hand keinen Pfennig. Als kleine grüne Lungen<br />
Der Weg zum Schrebergarten<br />
Wer sich für einen Kleingarten interessiert, bewirbt sich beim<br />
zuständigen Bezirksverband oder direkt bei einem Kleingartenverein<br />
in seiner Nähe. Eine weitere Möglichkeit sind Anzeigen<br />
in Tageszeitungen oder im Internet. Hier finden sich auch<br />
Gärten, die von privaten Besitzern angeboten werden. In den<br />
meisten Städten ist der Pachtzins in Kleingartenvereinen einheitlich,<br />
in <strong>Berlin</strong> liegt er zurzeit bei 0,36 Euro pro Quadratmeter,<br />
eine durchschnittliche Parzelle hat 250 Quadratmeter. Inklusive<br />
Mitgliedsbeiträgen und Umlagen kostet so eine Parzelle<br />
circa 200 bis 250 Euro pro Jahr.<br />
Weitere Infos im Internet unter www.kleingartenbund.de<br />
oder www.kleingartenvereine.de<br />
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„grüne Wellness-Oasen“<br />
Wo können Sie am besten unter freiem Himmel entspannen?<br />
Ist es Ihr Garten, Ihr Balkon oder ein ruhiges Plätzchen<br />
im Stadtpark? Jeder hat da seinen eigenen Ort zum Relaxen<br />
in der freien Natur. Schicken Sie uns doch per Post an<br />
BKK·VBU, Lindenstraße 67, 10969 <strong>Berlin</strong> oder per eMail an<br />
presse@bkk-vbu.de ein Foto von Ihrer grünen Wellness-Oase<br />
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gibt es die Digitalkamera Flexline 140 von Rollei im Wert von<br />
150 Euro, das große GU-Praxishandbuch Garten und drei<br />
kleine Gartenratgeber. Einsendeschluss ist der 15. Mai 2009.<br />
Viel Glück!<br />
sorgen sie für ein besseres Stadtklima. Hauptstadt der Schreber-<br />
Fans ist übrigens <strong>Berlin</strong> mit mehr als 70.000 Kleingärten, ge-<br />
folgt von Hamburg mit 36.000 Parzellen.<br />
Was nach viel klingt, reicht aber nicht aus, um den wach-<br />
senden Bedarf zu decken. Die Wartelisten bei den Kleingar-<br />
tenanlagen sind lang. Angehende Schrebergärtner sollten bei<br />
der Suche nach der passenden Parzelle Geduld mitbringen.<br />
In <strong>Berlin</strong> scheint die Lage etwas besser: „Wir hatten Glück<br />
und haben sofort einen Garten bekommen“, erzählt Claudia<br />
Schulisch. „Im ersten Jahr haben wir alles komplett umge-<br />
staltet: die Hütte, die Beete, einfach alles. Aber die viele Ar-<br />
beit hat sich gelohnt, denn jetzt sieht alles so aus, wie wir es<br />
uns vorgestellt haben.“ Katrin Lange