Ausgabe 1304 als PDF zum Download - Kulturportal West Ost
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KORRESPONDENZ<br />
<strong>1304</strong><br />
KULTURPOLITISCHE<br />
BERICHTE<br />
MEINUNGEN<br />
DOKUMENTE<br />
25. Januar 2011<br />
Herausgeber: Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR, Kaiserstraße 113, 53113 Bonn, Telefon (02 28) 2 89 3312,-3, Fax (0228) 2 89 3314,<br />
E-mail: georgaescht@arcor.de · Chefredakteur: Georg Aescht · Textnachdruck in Zeitungen und Zeitschriften honorarfrei bei Quellenangabe (KK),<br />
2 Belegexemplare erbeten · Artikelübernahme in Bücher und Broschüren bedarf der jeweiligen Vereinbarung mit dem Autor · Bildabgabe leihweise<br />
auf Anforderung · Für unverlangte Einsendungen wird nicht gehaftet · Verlag: <strong>West</strong>kreuz-Verlag KKGmbH <strong>1304</strong> Berlin/Bonn vom 25. Januar · Herstellung: 2011 <strong>West</strong>kreuz-Druckerei 1<br />
Ahrens KG Berlin/Bonn, Töpchiner Weg 198/200, 12309 Berlin, Telefon (0 30) 745 20 47, Fax (0 30) 745 30 66, Internet: www.westkreuz.de
INHALT<br />
Klaus Weigelt<br />
„Visionäres Kernanliegen“<br />
Die europäische Relevanz der ostdeutschen Kultur 3<br />
Marius Koity<br />
<strong>Ost</strong>-<strong>Ost</strong>-Grenze<br />
Das deutsch-tschechische Geschichtsbuch 6<br />
Heinrich Lange<br />
Der gebrochene Widerstand der Standbilder<br />
Das Schicksal der Königsberger Statuen von Kant und Friedrich I. 7<br />
Dorothee Herbert<br />
Guter Rat, nicht teuer<br />
Angebot für Betreuer schlesischer Heimatstuben 10<br />
Dieter Göllner<br />
Erinnerung und Erbauung<br />
Ausstellungen im Haus Schlesien 11<br />
Jörg Bernhard Bilke<br />
Bildungsweg <strong>als</strong> Heimweg<br />
Ein mährischer Historiker wird mährischer Ehrenbürger 13<br />
Politik <strong>als</strong> Zwang <strong>zum</strong> fatalen Abenteuer<br />
Grenzübertritte zur Zeit des Kalten Krieges am „Heiligenhof“ 14<br />
Bücher und Medien<br />
Alfred Eisfeld: Deutsche aus Rußland (Ingmar Brantsch) 17<br />
<strong>Ost</strong>deutsche Gedenktage 19<br />
Literatur und Kunst<br />
Hans-Gerd Warmann<br />
Monumentum Pomeranorum<br />
Pommersche Bibliothek in Stettin wiedereröffnet 21<br />
Franz Heinz<br />
Nicht übersehen, was da ist<br />
Künstlerwerkstatt im Gerhart-Hauptmann-Haus 23<br />
Ingeborg Szöllösi<br />
Literatur, von Menschen über Menschen gemacht<br />
Ausstellung über Herta Müller und nicht nur über sie 25<br />
Idis B. Hartmann<br />
Begriffe, greifbar<br />
Auszeichnung für Siegbert Amler 26<br />
„Grundsteine im Gepäck“<br />
Kulturpreis Schlesien für Matthias Kneip und Stanislaw Wysocki 28<br />
Der Scherben ist alles andere <strong>als</strong> eine Scherbe<br />
Proskauer Keramik in Ratingen 28<br />
Das Baltikum leuchtet – wem?<br />
Stadtschreiber-Stipendium in Tallinn 30<br />
Leichtes Holz, zarte Farben<br />
Marie-Luise Salden in Münster 31<br />
KK-Notizbuch 31<br />
Er sagte, es male durch ihn: Oswald Malura, Moderne Komposition Bild: siehe Seite 11<br />
2 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011
„Visionäres Kernanliegen“<br />
Die europäische Relevanz der ostdeutschen Kultur<br />
Meinungs- und Bewußtseinsbildung im öffentlichen<br />
Raum sind komplexe, oft nur<br />
schwer durchschaubare, vielfach von divergierenden<br />
Interessen bestimmte Phänomene.<br />
So hatten Flucht und Vertreibung ebenso<br />
wie Geschichte und Kultur in den Vertreibungsgebieten<br />
mehr <strong>als</strong> andere Themenbereiche<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg jahrzehntelang<br />
unter öffentlichen Stimmungsschwankungen<br />
zu leiden.<br />
Gab es in den 50er und 60er Jahren noch<br />
eine parteiübergreifende Solidarität mit dem<br />
Schicksal der Heimatvertriebenen und<br />
Flüchtlinge und auch ein erkennbares Bewußtsein<br />
für die Bedeutung der deutschen<br />
Kultur im <strong>Ost</strong>en Europas, so schwand diese<br />
Solidarität in der Ende der 60er Jahre aufkeimenden<br />
Konfrontation um den richtigen<br />
Weg der Verständigung mit den östlichen<br />
Nachbarn. Ergänzt wurde diese Auseinandersetzung<br />
in den 80er Jahren um den<br />
„Historikerstreit“, in dem man zentrale<br />
Grundfragen des deutschen Geschichtsverständnisses<br />
zu klären versuchte.<br />
Den Heimatvertriebenen und Flüchtlingen<br />
fiel in beiden Debatten die nicht gerechtfertigte<br />
Rolle eines Störfaktors zu. In den 70er<br />
Jahren wurden sie von uninformierten oder<br />
auch unwilligen Medien und Politikern <strong>als</strong><br />
Hindernis auf dem Weg zu Verständigung<br />
und Frieden gebrandmarkt. Zu Unrecht, wie<br />
sich herausstellen sollte. Aber erst 1997 erkennt<br />
der Deutsche Bundestag „nahezu einstimmig“<br />
an, „dass viele Heimatvertriebene<br />
zu ‚Botschaftern der Aussöhnung und Verständigung<br />
geworden sind‘, und bekräftigt,<br />
er werde ‚Heimatvertriebene und deren Verbände,<br />
die diesem Geist verpflichtet sind,<br />
bei diesen Bemühungen weiterhin unterstützen‘“.<br />
Daraus wurde die längst überfällige Konsequenz<br />
gezogen, daß „die deutschen Heimatvertriebenen<br />
in das Werk der europäischen<br />
Aussöhnung und Verständigung einzubeziehen“<br />
seien. So nachzulesen im Bericht der<br />
Bundesregierung über die Maßnahmen zur<br />
Förderung der Kulturarbeit gemäß § 96<br />
BVFG in den Jahren 2007 und 2008 vom<br />
23. Dezember 2009.<br />
Mit ihrer Geschichte taten sich die Deutschen<br />
nicht weniger schwer. Auch hier störten<br />
die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge<br />
mit ihrem Schicksal und gefährdeten – nach<br />
der seit den 70er Jahren herrschenden öffentlichen<br />
Meinung – die einhellige Ablehnung<br />
und Verurteilung nation<strong>als</strong>ozialistischer<br />
Verbrechen, insbesondere des Holocaust.<br />
Es bedurfte erst mehr <strong>als</strong> zweier<br />
Das Einfache, das schwer zu machen ist: aufeinander zugehen und dabei die Spannung<br />
des Brückenbogens aushalten, wie Siegbert Amler es zeigt Bild: siehe Seite 26<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
3
Jahrzehnte, bis Ende der 90er Jahre Karl<br />
Schlögel den Mut fand, die Frage zu stellen:<br />
„Wie spricht man über ein Großverbrechen<br />
im Schatten eines anderen, noch größeren<br />
Großverbrechens?“ Er plädierte für eine<br />
neue Sicht auf die „kulturelle Katastrophe“<br />
der Vertreibung Deutscher und meinte, es<br />
müsse möglich sein, über beides – Vertreibung<br />
und Holocaust – zu sprechen, „ohne<br />
dass der Revisionismus-Vorwurf ertöne und<br />
ohne die Dimension des anderen Verbrechens<br />
verharmlosen zu wollen“.<br />
Otto Schily ergänzte auf dem Tag der Heimat<br />
1999 diese Position mit der Einsicht,<br />
daß die politische Linke zeitweise über die<br />
Vertreibungsverbrechen und das Leid der<br />
Vertriebenen hinweggesehen habe, und<br />
stellte fest: „Inzwischen wissen wir, dass wir<br />
nur dann, wenn wir den Mut zu einer klaren<br />
Sprache aufbringen und der Wahrheit ins<br />
Gesicht sehen, die Grundlage für ein gutes<br />
und friedliches Zusammenleben finden können.“<br />
Diese Zitate stammen aus dem bemerkenswerten<br />
Antrag der CDU/CSU- und der<br />
FDP-Fraktion des Deutschen Bundestages,<br />
„60 Jahre Charta der deutschen Heimatvertriebenen<br />
– Aussöhnung vollenden“, der in<br />
erster Lesung am 15. Dezember 2010 im<br />
Bundestag beraten wurde und wahrscheinlich<br />
im ersten Quartal des Jahres 2011 verabschiedet<br />
werden wird.<br />
In diesem Antrag wird erstm<strong>als</strong> die grundlegende<br />
Aufgabe formuliert, „die Aussöhnung<br />
der Deutschen mit sich selbst beim Kapitel<br />
Vertreibung zu unterstützen, die Versöhnung<br />
mit den östlichen Nachbarn voranzubringen<br />
und sich im Geiste der Charta weiter für<br />
ein geeintes Europa einzusetzen“. Diese<br />
integrative Sicht, die bei der überfälligen<br />
„Aussöhnung der Deutschen mit sich selbst“<br />
ansetzt und die europäische Dimension einbezieht,<br />
steckt den Horizont des Aufgabenfeldes<br />
endlich sachgerecht und angemessen<br />
ab.<br />
Der Präsident des Deutschen Bundestages,<br />
Norbert Lammert, hat den immer wieder<br />
konfliktiven Doppelaspekt dieser Aufgabe<br />
4 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
anläßlich seiner Rede <strong>zum</strong> 60. Jahrestag der<br />
Charta der Heimatvertriebenen am 5. August<br />
2010 so formuliert: „Die historischen Kausalitäten,<br />
der Zusammenhang zwischen Ursache<br />
und Wirkung liegen bei den großen<br />
Vertreibungen, die es in der europäischen<br />
Geschichte vor allem des 20. Jahrhunderts<br />
gegeben hat, regelmäßig klar zu Tage. Eine<br />
hinreichende Erklärung für das persönliche<br />
Vertreibungsschicksal ergibt sich daraus<br />
fast nie.“ Dennoch, so ist zu folgern, können<br />
beide Aspekte nicht voneinander getrennt<br />
werden.<br />
Die skizzierte Entwicklung hat zu einem Gesprächsklima<br />
geführt, das – cum grano salis<br />
– für die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge<br />
sachlicher und konstruktiver geworden<br />
ist. Auch wenn das nur von wenigen ausgesprochen<br />
wird, ist darin möglicherweise<br />
auch eine versteckte Anerkennung für das<br />
definitive Opfer zu erkennen, das zu bringen<br />
gerade sie vor 20 Jahren im Rahmen<br />
der deutschen Wiedervereinigung gezwungen<br />
wurden. Aber erst 15 Jahre nach der<br />
Einheit wurde 2005 das Thema Vertreibung<br />
in einen Koalitionsvertrag aufgenommen,<br />
2008 die „Stiftung Flucht, Vertreibung,<br />
Versöhnung“ errichtet und 2010 vom Deutschen<br />
Bundestag der Stiftungsrat berufen,<br />
der nunmehr seine Arbeit aufgenommen<br />
hat.<br />
Analoges ist für das Thema „Deutsche Kultur<br />
im östlichen Europa“ festzustellen. Der<br />
schon erwähnte Bericht der Bundesregierung<br />
vom Dezember 2009 ist in seinem<br />
Grundsatzkapitel „Kulturerbe erschließen,<br />
um Zukunft zu gestalten“ bereits vom Geist<br />
der kurz zuvor ins Amt gelangten Regierung<br />
geprägt. Nach dem massiven Rückschlag<br />
im Jahre 2000 wird nun, auch in Erweiterung<br />
der noch vor 30 Jahren vorherrschenden<br />
Zielsetzung einer „Einheit der deutschen<br />
Kultur“, das „visionäre Kernanliegen“ des<br />
§96 BVFG erkannt und der „Brückenschlag<br />
zwischen nationaler kultureller Identität und<br />
europäischem Bewusstsein“ <strong>zum</strong> Grundanliegen<br />
erklärt. Dem „vielschichtigen Kulturerbe“<br />
der Deutschen im östlichen Europa
Das Geleitwort zu dieser undatierten<br />
Broschüre der Bundesregierung schrieb<br />
Innenminister Wolfgang Schäuble, heute<br />
zuständig fürs Sparen ...<br />
wird nunmehr eine „Schlüsselrolle“ zuerkannt.<br />
Dieses Kernanliegen zeigt sich nach dem<br />
Bericht in der Einmaligkeit des Erbes der<br />
Deutschen und in seinem verbindenden<br />
Charakter <strong>als</strong> Chance für Europa. Das Kulturerbe<br />
präge das „Selbstbewusstsein der<br />
Deutschen bis heute“ und stehe zugleich „in<br />
engem Bezug zur Kultur- und Gesellschaftsgeschichte<br />
unserer Nachbarn und zur allgemeinen<br />
europäischen Entwicklung“. Deswegen<br />
sei es entscheidend, den „Erinnerungstransfer“<br />
in die nächste Generation<br />
in den kommenden Jahren zu gewährleisten<br />
und nach dem Beitritt der zehn europäischen<br />
Nachbarstaaten zur EU diese<br />
Chance zu nutzen, an Gemeinsamem anzuknüpfen.<br />
Der Gesetzesauftrag des §96<br />
BVFG erhalte dadurch eine neue „Aktualität<br />
und Tragweite“. Hierauf hatte auch schon<br />
Eberhard Günter Schulz hingewiesen (KK<br />
1281/2009).<br />
Aus dem Kernanliegen ergeben sich nach<br />
dem Bericht vier Hauptaufgaben: die Aufar-<br />
beitung von Flucht und Vertreibung, die Erhaltung<br />
von Forschungskompetenz, die<br />
Integration der 4,5 Millionen Aussiedler<br />
und die Zukunftsorientierung des Kulturauftrages<br />
gemäß §96 BVFG: „Die Pflege,<br />
Dokumentation, Erforschung und Vermittlung<br />
der deutschen Kultur und Geschichte<br />
im östlichen Europa ist eine Aufgabe, der<br />
Deutschland <strong>als</strong> Kulturnation auf Dauer verpflichtet<br />
ist. Diese Verpflichtung besteht<br />
auch gegenüber den östlichen Nachbarstaaten.“<br />
Zusammenfassend sei die „Erschließung<br />
der Kultur und Geschichte der Deutschen <strong>als</strong><br />
Teil des gemeinsamen kulturellen Erbes …<br />
ein wirkungsvoller Ansatz sowohl für nationale<br />
Identitätsbildung wie für europäische<br />
Integration“. Daß diesen Zielen natürlich auch<br />
die verständigungspolitische Arbeit der Vertriebenen<br />
dient, wurde bereits erwähnt, wird<br />
aber erst im vorletzten Kapitel des Berichtes<br />
angesprochen, nachdem zuvor die<br />
Einzelaspekte der ostdeutschen Kulturarbeit<br />
in Museen, Instituten, Forschungseinrichtungen<br />
und Bibliotheken dargelegt worden<br />
sind.<br />
Im daran anschließenden Ausblick wird festgestellt:<br />
„Diese positive Bilanz der Förderung,<br />
die der Bund im Zusammenwirken mit<br />
den Ländern entfaltet, muss weiterentwikkelt<br />
und ausgeweitet werden.“ Dem kann<br />
man nur zustimmen, vor allem in finanzieller<br />
Hinsicht. Wenn man in Rechnung stellt, daß<br />
vor 30 Jahren, <strong>als</strong>o am Ende der sozialliberalen<br />
Koalition, Bund und Länder 25 Mio. DM<br />
für die Arbeit nach §96 BVFG zur Verfügung<br />
stellten, dann sind die je 14 Mio. Euro, die<br />
der Bund 2007 und 2008 für diese Aufgaben<br />
bereitstellte, keine substantielle Verbesserung<br />
für ein „visionäres Kernanliegen“<br />
Deutschlands. Es gilt <strong>als</strong>o weiter daran zu<br />
arbeiten, daß die Deutsche Kultur im östlichen<br />
Europa „zu einem Baustein eines kulturell<br />
selbstbewussten Deutschlands und<br />
eines gemeinsamen Europas wird“. So formuliert<br />
es der Schlußsatz des Berichtes.<br />
Klaus Weigelt (KK)<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
5
<strong>Ost</strong>-<strong>Ost</strong>-Grenze<br />
Was die „Bruderstaaten“ DDR und CSSR unter Brüderlichkeit verstanden,<br />
ist Thema des deutsch-tschechischen Geschichtsbuches<br />
Jaroslav Zapletal, Erdkundelehrer im nordwestböhmischen<br />
Falkenau an der Eger<br />
(Sokolov), war in den 1970er Jahren mal<br />
kurz, ganz kurz in der DDR. Er lief von<br />
Graslitz (Kraslice) in Richtung Klingenthal<br />
über die grüne Grenze, nur um sich so ein<br />
Schild mit „Halt! Staatsgrenze! Passieren<br />
verboten!“ der Deutschen zu schnappen, und<br />
schaffte es heil wieder zurück. Dabei hatte<br />
die CSSR ihre Grenze <strong>zum</strong> Arbeiter-und-<br />
Bauern-Staat strenger bewacht <strong>als</strong> jene zu<br />
Polen. Eine Mutprobe sei das gewesen, erzählt<br />
er, und es scheint, daß er nicht der einzige<br />
junge Tscheche war, der sich dieser<br />
dam<strong>als</strong> stellte.<br />
Solche Geschichten waren am 18. November<br />
2010 auf der Tagung „Die <strong>Ost</strong>-<strong>Ost</strong>-Grenze<br />
– Der Kalte Krieg zwischen den Bruderstaaten<br />
DDR und Tschechoslowakei 1960–<br />
1990“ im ostthüringischen Pößneck zu hören.<br />
Der Einladung mehrerer Träger unter<br />
Federführung der Stiftung Ettersberg zur<br />
vergleichenden Erforschung europäischer<br />
Diktaturen und ihrer Überwindung aus Weimar<br />
waren nicht zuletzt Schüler und Lehrer<br />
beiderseits der heutigen deutsch-tschechischen<br />
Grenze gefolgt. Denn Ziel von<br />
Stiftungs-Projektleiterin Dr. Eugenie von<br />
Trützschler ist ein deutsch-tschechisches<br />
Geschichtsbuch <strong>zum</strong> regulären Einsatz <strong>zum</strong>indest<br />
im sächsischen und thüringischen<br />
Unterricht. Vorbilder sind das bereits existierende<br />
deutsch-französische und das bald<br />
abgeschlossene deutsch-polnische Geschichtsbuch.<br />
In das deutsch-tschechische Schulbuch<br />
werden vielleicht Forschungsergebnisse<br />
von Dr.-Ing. Pavel Vanek (Institut für das Studium<br />
totalitärer Regime Brünn) einfließen,<br />
der an die dreizehn DDR-Bürger erinnerte,<br />
die bei Fluchtversuchen an der tschecho-<br />
6 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
slowakischen <strong>West</strong>grenze ums Leben kamen.<br />
Letztes Opfer war am 16. Mai 1989 ein<br />
elfjähriger Junge, dessen Familie mit einem<br />
Pkw der Marke Wolga den Schlagbaum bei<br />
Kuschwarda (Strázny) <strong>zum</strong> niederbayerischen<br />
Philippsreut zu durchbrechen versuchte.<br />
Vielleicht werden deutschen Neunt- bis<br />
Zwölftklässlern künftig auch Erkenntnisse<br />
von Dr. Tomás Vilimek (Akademie der Wissenschaften<br />
Prag) vorgetragen, der zu berichten<br />
wußte, daß das DDR-Ministerium für<br />
Staatssicherheit möglicherweise schon seit<br />
den 1960ern ständig acht hauptamtliche<br />
Mitarbeiter in Prag, Preßburg und Karlsbad<br />
stationiert hatte. Die behielten ihre Landsleute<br />
vom Touristen über den Studenten bis<br />
Denkmal der Richtungs- und Ratlosigkeit:<br />
„Petit monument“, fotografiert von Petr<br />
Velkoborsky Bild: Künstlergilde
<strong>zum</strong> Schriftsteller im Auge, studierten aber<br />
auch mal, wie tschechoslowakische Ordnungshüter<br />
mit Demonstranten so umgingen.<br />
Allein 1982 soll der CSSR-Geheimdienst<br />
StB rund 800 Briefe von DDR-Bürgern<br />
an Verwandte und Bekannte im <strong>West</strong>en<br />
abgefangen und der Stasi übergeben haben.<br />
<strong>Ost</strong>-Berlin habe den tschechoslowakischen<br />
Tschekisten für die treuen Dienste etwa mit<br />
kostenlosen Deutsch-Kursen am Müggelsee<br />
gedankt.<br />
Das geplante Lehrbuch würde Schülern<br />
„neue Perspektiven“ eröffnen und „eine Bereicherung“<br />
sein, fand Geschichtslehrerin<br />
Annegret Greiling vom Orlatal-Gymnasium<br />
im ostthüringischen Neustadt an der Orla.<br />
Dieses will mit neun weiteren Ober- und Mittelschulen<br />
das neue Lehrmaterial auf deutscher<br />
Seite erproben. In der Tschechischen<br />
Republik machen sieben Schulen bei dem<br />
Projekt mit. „Binationale Geschichtsbücher<br />
sind ein Signum weit vorangeschrittener<br />
Verständigung“, sagte Dr. Robert Maier vom<br />
Georg-Eckert-Institut für internationale<br />
Schulbuchforschung in Braunschweig, das<br />
das deutsch-tschechische Schulbuch auf<br />
deutscher Seite wissenschaftlich betreut.<br />
Der Prager Frühling, das Thema Bruderstaaten,<br />
die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
in Europa (KSZE) aus den<br />
Zeiten des <strong>Ost</strong>-<strong>West</strong>-Konfliktes kämen in den<br />
deutschen Schulbüchern kaum bis gar<br />
nicht vor, begründet die Politologin von<br />
Trützschler die Notwendigkeit des deutschtschechischen<br />
Geschichtsbuches. Dessen<br />
Stoff werde aber auch anderen Fächern dienen<br />
können, <strong>zum</strong>al beispielsweise der Umgang<br />
der DDR und der CSSR mit kritischer<br />
Kunst betrachtet werde. Von Trützschler<br />
hofft, das deutsch-tschechische Projekt viel<br />
schneller <strong>als</strong> die vergleichbaren Schulbücher<br />
erfolgreich abschließen zu können, vielleicht<br />
schon <strong>zum</strong> Schuljahr 2010/2011.<br />
Marius Koity (KK)<br />
Der gebrochene Widerstand der Standbilder<br />
Die Königsberger Statuen von Kant und Friedrich I. wurden <strong>zum</strong> Stoff von<br />
Legenden und wahrscheinlich <strong>zum</strong> Rohstoff für Sowjetdenkmäler<br />
Die Publizistin Marion Gräfin Dönhoff versicherte<br />
immer wieder, daß die von Christian<br />
Daniel Rauch geschaffene und 1857 bei<br />
Hermann Gladenbeck in Berlin-Friedrichshagen<br />
gegossene Bronzestatue Immanuel<br />
Kants in Königsberg auf dem Paradeplatz<br />
vor der Neuen Universität nach dem britischen<br />
Luftangriff am 30. August 1944 von<br />
ihr „auf Wunsch des Königsberger Kulturbetreuers<br />
im Herbst 1944 ohne den Sockel<br />
in Friedrichstein in Empfang genommen und<br />
im Park an sicherer Stelle aufgestellt“ wurde.<br />
Oberst Awenir Owsjanow, langjähriger<br />
Fahnder nach im Zweiten Weltkrieg verschollenen<br />
Kunst- und Kulturschätzen wie<br />
dem Bernsteinzimmer, besitzt einen Brief,<br />
den die Gräfin um 1988 dem deutschsprachigen<br />
Dichter und Schriftsteller Rudolf<br />
Jacquemien (gestorben 1992) in Kaliningrad<br />
geschrieben hat. Auf einer Skizze hat sie den<br />
Standort der Kant-Statue im Park zwischen<br />
den beiden Gräben längs der linken Parkallee<br />
eingezeichnet mit dem Vermerk: „in<br />
diesen beiden Gräben muß man suchen“.<br />
Bei den Ende der 80er Jahre unternommenen<br />
Ausgrabungen wurde jedoch die Statue<br />
des Philosophen nicht gefunden. Folgerichtig,<br />
wenn auch sprachlich nicht ganz richtig,<br />
heißt es in der Dokumentation „Königsberg<br />
– Kaliningrad. Das 20. Jahrhundert im<br />
Bild der Photographie“ (2000) eines russi-<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
7
schen Autorenteams: „Das Kant-Denkmal<br />
wurde von Gräfin Dönhoff noch vor dem<br />
Sturm Königsbergs auf ihrem Gutshof ... vergraben.<br />
Das Denkmal bleibt bis heute verschollen<br />
trotz der mehrmaligen Suche es zu<br />
finden.“<br />
Im Archiv des Museums Stadt Königsberg<br />
in Duisburg befindet sich allerdings ein handschriftlicher<br />
„Bericht über die baulichen Zerstörungen<br />
in Königsberg bis zur Kapitulation<br />
am 9. 4. 1945 und die baulichen Maßnahmen<br />
in den ersten 3 Jahren der Russenzeit“<br />
vom Anfang der 50er Jahre, den der ehemalige<br />
Leiter des Schloß- und Universitäts-Bauamtes,<br />
Oberbaurat Hans Gerlach<br />
(1885–1980), 1970 für das damalige „Haus<br />
Königsberg“ nochm<strong>als</strong> abgeschrieben hat.<br />
Darin stehen die bedeutsamen Worte: „Die<br />
Denkmäler Friedrichs I. und Kants waren<br />
nach vorübergehender Aufstellung im Park<br />
von Schloß Friedrichstein auf Anordnung<br />
von Koch im Fort Quednau in Sicherheit gebracht<br />
worden. Was dort weiter aus ihnen<br />
geworden ist, entzieht sich meiner Kenntnis.“<br />
Ein Porträt ihres Vaters aus dem Jahre 1942<br />
stellte mir seine Tochter Barbara Sätteli zur<br />
Verfügung.<br />
Von nur vorübergehender Aufstellung der<br />
Kant-Statue in Friedrichstein ist nicht die<br />
Rede bei der 1909 im Schloß geborenen und<br />
aufgewachsenen Herausgeberin der Wochenzeitung<br />
„Die Zeit“, auf deren Initiative<br />
1992 eine von dem Berliner Bildhauer Harald<br />
Haacke im Jahr zuvor geschaffene<br />
Nachbildung des Rauchschen Werks gestiftet<br />
wurde, die vor der nunmehrigen Staatlichen<br />
Kant-Universität in Kaliningrad steht.<br />
Bestätigt und ergänzt wird Gerlachs Bericht<br />
von der Auslagerung der Kant-Statue ins<br />
Fort Quednau (Fort III) am Nordrand der<br />
Stadt durch einen Brief von Josef Wilczek,<br />
dem Präparator und Magazinverwalter des<br />
Landesamtes für Vorgeschichte in Königsberg,<br />
an Gerhard Knieß, den Kreisdenkmalpfleger<br />
von Neidenburg, aus dem Jahre<br />
1967. Eine Kopie des Briefs wird im Archiv<br />
des Museums für Ermland und Masuren in<br />
8 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
Oberbaurat Hans Gerlach Bilder: der Autor<br />
Allenstein (Muzeum Warmii i Mazur, Olsztyn)<br />
aufbewahrt, wie Miroslaw Hoffmann, Leiter<br />
der archäologischen Abteilung, mitteilte.<br />
Hier schreibt Wilczek in Zusammenhang mit<br />
der Auslagerung eines Teils der vorgeschichtlichen<br />
Studien- und Schausammlung<br />
des Prussia-Museums bzw. des Landesamtes<br />
für Vorgeschichte im Januar 1945: „Im<br />
Fort Quednau ... waren bereits verschiedene<br />
Bronzedenkmäler, wie Emanuel Kant und<br />
anderes eingelagert ... und der Militär-Kommandantur<br />
unterstellt worden.“<br />
Möglicherweise hat die Gräfin, die seit Oktober<br />
1944 nicht mehr in Friedrichstein, sondern<br />
in Quittainen, Kreis Preußisch Holland,<br />
<strong>als</strong> Verwalterin der Familienstiftung lebte –<br />
hierher hatte sie bereits im August 1944 ihren<br />
Fuchswallach Alarich, mit dem sie im<br />
Januar 1945 die Flucht in den <strong>West</strong>en antrat,<br />
bringen lassen –, vom Abtransport der<br />
Statue aus dem Schloßpark nichts mehr<br />
mitbekommen. Der letzte Besitzer von<br />
Friedrichstein, Heinrich Graf Dönhoff, war<br />
1942 mit dem Flugzeug bei Kowno, dem<br />
heutigen litauischen Kaunas, abgestürzt,<br />
und seine Frau Dorothea geb. Gräfin von
Hatzfeldt (gestorben 1945) war mit den Kindern<br />
in ihre rheinische Heimat zurückgekehrt.<br />
Um das bis 1943 verpachtete Gut und<br />
Schloß kümmerte sich der in Skandau, Kreis<br />
Gerdauen, wohnende Bruder Dietrich Graf<br />
Dönhoff (gestorben 1991), der <strong>als</strong> Betriebsleiter<br />
von der Wehrmacht „uk“, das heißt unabkömmlich,<br />
gestellt wurde und am 25. Januar<br />
1945 beim Herannahen der ersten sowjetischen<br />
Panzer zu Pferd floh.<br />
Obgleich Marion Gräfin Dönhoff die Unterbringung<br />
auch der von Andreas Schlüter<br />
1697/98 in Berlin geschaffenen und von dem<br />
Hof- und Artillerie-Gießer Johann Jacobi<br />
gegossenen sowie 1802 am Schloßplatz in<br />
Königsberg aufgestellten Statue des ersten<br />
preußischen Königs in Friedrichstein nirgendwo<br />
erwähnt, gibt es keinen Grund, an<br />
der durch Gerlach und Wilczek bezeugten<br />
Auslagerung der beiden und weiterer Statuen<br />
auf Befehl des Gauleiters Erich Koch<br />
(gestorben 1986) Ende 1944 zu zweifeln.<br />
Vielleicht hat die Gräfin aber – wenn es denn<br />
nicht Unwissenheit war – mit dem Schweigen<br />
bis zu ihrem Tode 2002 den Mythos von<br />
Redivivus: Nachguß in Königsberg,<br />
auf Initiative von Marion Gräfin Dönhoff<br />
der nach dem Inferno von 1944 im Park ihres<br />
geliebten Schlosses Friedrichstein Asyl<br />
findenden Statue des Philosophen nicht zerstören<br />
wollen. Hat sie doch auch, wie man<br />
erst seit wenigen Jahren weiß, die wundersame<br />
Rettung eines großen Teils des Schloßinventars,<br />
der Kunstschätze und des Familienarchivs<br />
1943/44 in den <strong>West</strong>en geheimgehalten<br />
und in ihren Büchern und Artikeln<br />
alles mit dem Schloß in den Flammen<br />
von Ende Januar 1945 aufgehen lassen.<br />
Auch in dem Flyer des Deutschen Kulturforums<br />
östliches Europa hieß es zur 2009 in<br />
Kooperation mit der Stiftung Preußische<br />
Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />
gezeigten Ausstellung „Schloß Friedrichstein<br />
in <strong>Ost</strong>preußen und die Grafen von<br />
Dönhoff“ im Schloß Caputh bei Potsdam<br />
zwar unrichtig, daß die Ruine erst „in den<br />
1980er Jahren abgetragen“ wurde – dies<br />
geschah bereits 1957, wie mir Owsjanow<br />
mitteilte, der <strong>als</strong> junger Pionier bei der Sprengung<br />
des Schlosses mitgewirkt hatte –, aber<br />
zutreffend: „Ein großer Teil der Ausstattung<br />
– Möbel, Tapisserien, Kunstwerke – konnte<br />
jedoch gerettet werden.“<br />
Die Statuen des Königs und des Philosophen<br />
dürften sich unter den 1968 in dem<br />
Bericht des Rotarmisten I. Altschakow über<br />
Funde im Fort 1945/46 erwähnten „Denkmälern<br />
aus gelbem Metall, die uns nicht gefielen“,<br />
befunden haben. Zwei Nachgüsse<br />
der Schlüter-Statue wurden 1972 in Berlin-<br />
Köpenick angefertigt und aufgestellt im<br />
Bode-Museum in <strong>Ost</strong>berlin bzw. 1979 vor<br />
dem Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg<br />
in <strong>West</strong>berlin, das der selbstgekrönte<br />
Friedrich I. (1701 in Königsberg)<br />
einst <strong>als</strong> Lustschloß Lietzenburg für seine<br />
zweite Gemahlin Sophie Charlotte errichten<br />
und nach ihrem frühen Tod 1705 in Charlottenburg<br />
umbenennen ließ. Die beiden ganz<br />
und gar hervorragenden Kunstwerke teilten<br />
sicherlich das Schicksal der Einschmelzung<br />
fast aller Bronzedenkmäler der Stadt und<br />
der Provinz für Krieger-, Kalinin-, Stalin- und<br />
Lenin-Denkmäler.<br />
Heinrich Lange (KK)<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
9
Guter Rat, nicht teuer<br />
Eine Projektmitarbeiterin des Hauses Schlesien lädt Betreuer schlesischer<br />
Heimatstuben und Sammlungen <strong>zum</strong> kollegialen Austausch<br />
Zur ersten Tagung im Rahmen des Projekts<br />
„Beratung schlesischer Heimatsammlugen“<br />
konnten 40 interessierte Teilnehmer im<br />
Haus Schlesien begrüßt werden. Die Tagung<br />
war Teil eines bundesgeförderten Pilotprojektes<br />
zur konkreten Betreuung und Beratung<br />
schlesischer Heimatsammlungen.<br />
Ziel des Projektes ist, die Sammlungen mit<br />
ihrer Fülle an schlesischen Kulturgütern an<br />
ihren Entstehungsorten zu erhalten und die<br />
ehrenamtlichen Verantwortlichen bei der<br />
Lösung drängender Probleme von Nachfolge<br />
und Raumsicherung zu unterstützen.<br />
Als unmittelbar Betroffene waren die Betreiber<br />
der noch etwa 70 schlesischen Heimatsammlungen<br />
eingeladen worden. Sie reisten<br />
aus ganz Deutschland nach Königswinter,<br />
um sich Zukunfstperspektiven für ihre<br />
Sammlungen aufzeigen zu lassen. Als Referenten<br />
konnten Vertreter namhafter Organisationen<br />
und Institutionen, die sich mit schlesischem<br />
Kulturgut und seiner Erhaltung befassen,<br />
gewonnen werden. Dazu zählen das<br />
Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der<br />
Deutschen im östlichen Europa (BKGE) in<br />
Oldenburg, die Martin-Opitz-Bibliothek in<br />
Herne sowie das Gerhart-Hauptmann-Haus<br />
in Düsseldorf.<br />
Der erste Tag der Veranstaltung war in<br />
Themenblöcke gegliedert: Zunächst wurden<br />
verschiedene Institutionen vorgestellt, die<br />
sich in unterschiedlicher Weise der Erhaltung<br />
und Förderung des schlesischen Kulturerbes<br />
widmen. Anschließend wurde erläutert,<br />
welche Möglichkeiten das Beratungsangebot<br />
den Betreibern schlesischer Heimatsammlungen<br />
bietet und welche Formen<br />
der Zusammenarbeit mit Kommunen und<br />
anderen Bildungsträgern möglich und nötig<br />
sind, um diese Einrichtungen für die Zukunft<br />
zu bewahren.<br />
Im nächsten Teil der Veranstaltung, die in ei-<br />
10 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
ner sehr diskussionsfreudigen Atmosphäre<br />
stattfand, beschäftigten sich die Teilnehmer<br />
mit der aktuellen Situation der kleinen<br />
schlesischen Sammlungen im Bundesgebiet.<br />
Am Beispiel von Haus Schlesien und<br />
seinem „Breslauer Kabinett“ wurden verschiedene<br />
Aspekte des Umgangs mit<br />
Sammlungsgütern und Kooperationsmöglichkeiten<br />
von Museen und Heimatsammlungen<br />
aufgezeigt. In einem weiteren<br />
Abschnitt standen die praktischen Aspekte<br />
des sachgerechten Umgangs und der Präsentation<br />
verschiedener Arten von Exponaten<br />
sowie organisatorische und juristische<br />
Maßnahmen zur Bewahrung der Sammlungen<br />
im Mittelpunkt.<br />
Der zweite Tag der Veranstaltung hatte die<br />
Bestandserhaltung und -pflege <strong>zum</strong> Thema.<br />
An vielen praktischen Beispielen und mit<br />
zahlreichen Bildern wurde der pflegliche und<br />
sachgerechte Umgang mit Archivalien aus<br />
den verschiedensten Bereichen wie Textilien,<br />
Grafik, Papier (Bücher und Dokumente)<br />
und Fotografien aufgezeigt.<br />
Heimatlich, heimelig, wie der junge Oswald<br />
Malura „Die elterliche Stube“ dargestellt hat,<br />
darf man sich eine moderne Heimatstube<br />
nicht vorstellen Bild: siehe nächste Seite
Im letzten Abschnitt der Tagung standen die<br />
Heimatstuben <strong>als</strong> Teil der Stadtgeschichte<br />
der jeweiligen westdeutschen Kommunen im<br />
Fokus.<br />
Zunächst erhielten die Teilnehmer Einblick<br />
in die Grundlagen und Möglichkeiten einer<br />
effektiven Pressearbeit und die Bedeutung<br />
eines guten Kontakts zu verschiedenen Medien<br />
wie Zeitung und Internet. Anschließend<br />
wurden sie darüber informiert, welche Elemente<br />
moderner Öffentlichkeitsarbeit für<br />
Heimatsammlungen anwendbar sind, um ein<br />
größeres Publikum zu erreichen. Schließlich<br />
hatten die engagierten ehrenamtlichen Leiter<br />
der schlesischen Heimatsammlungen<br />
Bunzlau (Siegburg) und Hindenburg (Essen)<br />
Gelegenheit, ihren Mitstreitern von ihren Erfahrungen<br />
aus der Zusammenarbeit mit ih-<br />
ren Kommunen bzw. städtischen Museen zu<br />
berichten.<br />
Insgesamt fand auf der Tagung in freundschaftlicher<br />
Atmosphäre ein sehr lebhafter<br />
Gedanken- und Erfahrungsaustausch statt.<br />
Die Teilnehmer zeigten sich hocherfreut, daß<br />
nun eine Anlaufstelle für die Heimatstubenbetreiber<br />
mit ihren Sorgen und Nöten existiere.<br />
Projektmitarbeiterin Dorothee Herbert<br />
steht schlesischen Heimatstubenbetreibern<br />
bzw. verantwortlichen Leitern<br />
unter 02244/886-234 für Anfragen und<br />
Beratungen zur Verfügung. Für die zweite<br />
Tagung zu schlesischen Heimatsammlungen,<br />
die am 1. und 2. März 2011 im Haus<br />
Schlesien stattfindet, konnten bereits Anmeldungen<br />
entgegengenommen werden.<br />
Dorothee Herbert (KK)<br />
Erinnerung und Erbauung<br />
Haus Schlesien widmet sich mit seinen Ausstellungen <strong>zum</strong> Jahreswechsel<br />
disparaten und doch kongruenten Bedürfnissen seiner Besucher<br />
Die einen waren gezwungen, aus Haus und<br />
Hof zu fliehen, die anderen wurden dorthin<br />
zwangsumgesiedelt. So erlebte das<br />
Bartschtal zwischen Militsch und Trachenberg<br />
im Schicks<strong>als</strong>jahr 1945 zwei unterschiedliche<br />
Dramen, das der Deutschen<br />
und das der Polen, die jedoch eines gemeinsam<br />
hatten: Die Menschen mußten ihre Heimat<br />
gegen ihren Willen für immer verlassen.<br />
Die im Eichendorffsaal von Haus Schlesien<br />
gezeigte Ausstellung „Exodus des<br />
Bartscht<strong>als</strong>“ (bis <strong>zum</strong> 13. Februar) dokumentiert<br />
anhand von Bildern und Schilderungen<br />
Betroffener die dramatischen Tage der<br />
Flucht und Vertreibung. Berücksichtigt werden<br />
auch die Zeit der Suche nach einem neuen<br />
Zuhause sowie schließlich die ersten Jahre<br />
in der neuen Heimat. In Königswinter-<br />
Heisterbacherrott sind auch einige Aufnahmen<br />
aus dem Bildband „Abschied aus<br />
Lübchen“ des Fotografen Hanns Tschira zu<br />
sehen, der den dortigen Treck begleitet und<br />
einmalige Dokumente geschaffen hat.<br />
Die zweisprachige Ausstellung ist ein Gemeinschaftsprojekt<br />
der fünf polnischen Gemeinden<br />
des Bartscht<strong>als</strong> – Militsch/Milicz,<br />
Schicksal <strong>als</strong> Schneewüste: Alfred Gottwald,<br />
Exodus Bilder: Haus Schlesien<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
11
Trachenberg/Zmigrod, Prausnitz/Prusice,<br />
Kraschnitz/Krosnice und Freyhan/Cieszkow<br />
– und der Heimatkreisgemeinschaft<br />
Militsch-Trachenberg. Ehemalige deutsche<br />
Bewohner erzählen von Flucht und Vertreibung<br />
aus ihrer Heimat ab Januar 1945. Die<br />
heutigen polnischen Bewohner wiederum<br />
schildern ihre Erinnerungen an die Flucht und<br />
die Zwangsumsiedlung aus ihrer Heimat in<br />
<strong>Ost</strong>polen.<br />
Die Ausstellung wurde erstm<strong>als</strong> im Jahre<br />
2009 in Militsch/Milicz gezeigt. Es folgten<br />
weitere Stationen in Polen und Deutschland.<br />
Die Besucherresonanz war durchweg positiv.<br />
Das Projekt hat sich die Aufgabe gestellt,<br />
das Schicksal der Menschen, die bis 1945<br />
im ehemaligen Kreis Militsch-Trachenberg<br />
gewohnt haben, und jener, die seitdem dort<br />
wohnen, gemeinsam zu zeigen. Es geht hier<br />
nicht um politische Aussagen oder Wertungen.<br />
Die Einzelschicksale beleuchten die tragischen<br />
Vorgänge des Jahres 1945/1946,<br />
unter denen hauptsächlich Frauen, Kinder<br />
und ältere Menschen zu leiden hatten.<br />
Die Dokumentation im Haus Schlesien wird<br />
durch ein umfangreiches Begleitprogramm<br />
12 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
mit Lesungen und Führungen aufgewertet.<br />
Der ebenfalls zweisprachige Begleitband<br />
zur Ausstellung, der mit finanzieller Unterstützung<br />
der Stiftung für deutsch-polnische<br />
Zusammenarbeit herausgegeben wurde,<br />
umfaßt beeindruckende Berichte deutscher<br />
und polnischer Flüchtlinge sowie eine Vielzahl<br />
von Dokumenten und Archivfotografien.<br />
Dergestalt bemüht sich das Haus Schlesien<br />
um Verständigung bis ins Private hinein,<br />
ohne dabei die großen Zusammenhänge aus<br />
dem Auge zu verlieren – und auch nicht, bei<br />
allem Bemühen um historisch-politische<br />
Wahrheit, den ästhetischen Reichtum, den<br />
alte und neuere schlesische Kunstgeschichte<br />
stets bereithält. So wurde den Besuchern<br />
während des Jahreswechsels eine interessante<br />
Werkschau mit Arbeiten von Oswald<br />
Malura (1906–2003) geboten. Unter den<br />
Leihgaben des Oswald-Malura-Museums<br />
von Oberdießen befanden sich repräsentative<br />
Gemälde aus verschiedenen Schaffensperioden<br />
des gebürtigen Oberschlesiers.<br />
Das eines Schlesiers durchaus würdige Credo<br />
des Malers lautete: „Ich male nicht. Es<br />
malt durch mich. Ein Kunstwerk kann nur aus<br />
Nichts Stilles in<br />
diesem „Stilleben“<br />
von Oswald Malura:<br />
Das Leben ging/<br />
geht weg und<br />
weiter in der<br />
Hoffnung, daß es<br />
noch einmal an<br />
diesen Ort zurückkehrt
der Gnade entstehen. Viele Zeitgenossen<br />
glauben, man könne Kunst ‚machen‘. Aber<br />
Kunst wird nie produziert, sondern erschaffen<br />
– ganz gleich, ob es sich um gegenständliche<br />
oder abstrakte Malerei handelt. Über<br />
die Welt der Erscheinung gelangt der Künstler<br />
mit seinem intuitiven Wissen in die geheimnisvolle<br />
Tiefe des Unsichtbaren – in den<br />
Bereich des Geistigen, das die sichtbare Welt<br />
im Innersten zusammenhält.“<br />
Ein Rundgang durch diese reichhaltige Ausstellung<br />
ist wie ein Schnelldurchlauf durch<br />
die Malereigeschichte des 20. Jahrhunderts.<br />
Maluras Werke weisen nämlich – bedingt<br />
durch seine zahlreichen Kontakte in der<br />
Kunst- und Intellektuellenszene sowie die<br />
wechselnden Kunstströmungen – stets<br />
neue Facetten auf. Er orientierte sich immer<br />
wieder neu und ließ auch seine Reiseeindrükke<br />
aus Indien, Ceylon und Südamerika in die<br />
Bilder einfließen. So war auch seine mitunter<br />
opulente Farbwahl nicht zuletzt durch die<br />
Aufenthalte in den exotischen Ländern geprägt.<br />
Sein M<strong>als</strong>til unterlag im Laufe der Jahre einem<br />
ständigen Wandel. Der anfänglich altmeisterliche<br />
Stil mit einer Hinwendung <strong>zum</strong><br />
Impressionismus trat zugunsten der ab-<br />
strakten Formgebung mit flächigen Kompositionen<br />
und variierendem Farbklang zurück.<br />
Der strenge akademische Anspruch wich<br />
immer mehr dem freieren Bildaufbau.<br />
Aus dem vielseitigen Werk Maluras war im<br />
Haus Schlesien neben mehreren Selbstbildnissen<br />
aus verschiedenen Schaffensperioden<br />
und abstrakten Bildern auch das frühe<br />
Ölgemälde „Die elterliche Stube“ aus dem<br />
Jahre 1921 ausgestellt.<br />
Mittelpunkt seines Schaffens war das bekannte<br />
Münchner Künstlerviertel Schwabing,<br />
wo er eine Galerie eröffnete. Neben<br />
seinen Tätigkeiten <strong>als</strong> Künstler und Galerist<br />
betrieb Malura auch eine Mal- und Zeichenschule<br />
und erbaute Ende der 1950er Jahre<br />
in Oberdießen bei Landsberg am Lech ein<br />
Atelierhaus. Hier wurde übrigens noch zu<br />
Lebzeiten des Künstlers ein Museum eingerichtet,<br />
das heute von der Oswald-Malura-<br />
Kunststiftung betrieben wird. Andrew Malura,<br />
der engagierte Sohn des Künstlers, der<br />
heute der Oswald-Malura-Kunststiftung vorsteht,<br />
setzt sich dafür ein, daß sich das Museum<br />
– entsprechend dem Wunsch seines<br />
Vaters – auch der Förderung junger Künstler,<br />
Literaten und Musiker widmet.<br />
Dieter Göllner (KK)<br />
Bildungsweg <strong>als</strong> Heimweg<br />
Ein mährischer Historiker wird mährischer Ehrenbürger<br />
Auspitz in Südmähren, erstm<strong>als</strong> 1303 urkundlich<br />
erwähnt und 1572 von Kaiser Maximilian<br />
II. zur Stadt erhoben, kann auf eine<br />
von Deutschen geprägte Geschichte von<br />
mindestens 650 Jahren zurückblicken. Zu<br />
den berühmten Bürgern der Stadt zählt Wenzel<br />
Freiherr von Ebner-Eschenbach (1743–<br />
1820), der Schwiegervater der Schriftstellerin<br />
Marie von Ebner-Eschenbach (1830–<br />
1916) und die 1929 geborene, heute in Wien<br />
lebende Schriftstellerin Ilse Tielsch, Verfasserin<br />
einer Romantrilogie 1980/88 über die<br />
Vertreibung der Deutschen aus Mähren.<br />
Nun ist einem deutschen Historiker und Erforscher<br />
böhmisch-mährischer Geschichte<br />
die Ehrenbürgerwürde der Stadt Auspitz<br />
verliehen worden: Prof. Dr. Franz Machilek,<br />
Emeritus der Universität Bamberg und 1934<br />
in Auspitz geboren. Er hat 1953 in Augsburg<br />
das Abitur abgelegt, dort Philosophie,<br />
Theologie, Germanistik, Geschichte studiert<br />
und dieses Studium in Dillingen/Donau und<br />
München fortgesetzt. Die Promotion erfolgte<br />
1963 in München, seine Dissertation erschien<br />
1967 unter dem Titel „Ludolf von<br />
Sagan und seine Stellung in der Auseinan-<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
13
dersetzung um Konziliarismus und Hussitismus“.<br />
Von 1964 bis 1966 besuchte er<br />
die Archivschule in München, war dann Mitarbeiter<br />
verschiedener Archive, habilitierte<br />
sich in Bamberg und lehrte dort seit 1989<br />
Mittelalterliche Geschichte. Er ist Mitglied<br />
des Collegium Carolinum, der Historischen<br />
Kommission für die böhmischen Länder und<br />
der Historischen Kommission für Schlesien.<br />
Von seinen zahlreichen Aufsätzen seien<br />
genannt: „Die Schlesier an der Universität<br />
Prag“ (1974), „Adalbert von Prag“ (1977),<br />
„Böhmische Brüder“ (1980) und „Deutsche<br />
Hussiten“ (1997).<br />
14 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
Das Motiv des Stadtrats seiner Geburtsstadt,<br />
ihm die Ehrenbürgerwürde zu verleihen,<br />
liegt einmal in seinen Forschungen zur<br />
Geschichte der böhmischen Länder, vor allem<br />
aber in seiner Mitarbeit an dem 775 Seiten<br />
starken Band zur Stadtgeschichte von<br />
Auspitz. Der Ratsbeschluß zu dieser Ehrung<br />
erging einstimmig. Jetzt kann man nur hoffen,<br />
daß tschechische Amtsträger auch anderswo<br />
auf ihre ehemaligen Landsleute, die<br />
1945/46 ausgesiedelten Sudetendeutschen,<br />
zugehen und die zur Versöhnung ausgestreckte<br />
Hand ergreifen.<br />
Jörg Bernhard Bilke (KK)<br />
Politik <strong>als</strong> Zwang <strong>zum</strong> fatalen Abenteuer<br />
Der „Heiligenhof“ bietet Menschen ein Forum, die seinerzeit mehr oder<br />
minder erfolgreich versucht haben, den Eisernen Vorhang zu lüpfen<br />
Die Bildungs- und Begegnungsstätte „Der<br />
Heiligenhof“ veranstaltet vom 18. bis <strong>zum</strong><br />
20. Februar erneut eine Wochenendtagung<br />
„Fluchtgeschichten – Illegale Grenzübertritte<br />
aus Rumänien, der DDR und anderen <strong>Ost</strong>blockstaaten“.<br />
Hierbei sind insbesondere<br />
Personen eingeladen, die eine Flucht über<br />
den Eisernen Vorhang gewagt haben, denen<br />
diese Flucht geglückt ist oder die dabei<br />
scheiterten. Vielen dieser Menschen ist es<br />
bis heute nicht möglich, über diese Flucht<br />
zu sprechen, auch nicht mit vertrauten Personen.<br />
Andere haben bei Zeitzeugenbefragungen<br />
oder in Publikationen darüber<br />
berichtet. Der nach 1989 herangewachsenen<br />
Generation ist dieses Kapitel der Zeitgeschichte,<br />
bei dem Tausende von Menschen<br />
umkamen, unbekannt, so daß es notwendig<br />
ist, ihnen diese persönlich erlebte<br />
Geschichte zu erzählen, sie zu dokumentieren<br />
und für die Nachwelt zu erhalten.<br />
Viele Menschen auf der östlichen Seite des<br />
Eisernen Vorhangs, denen die Freizügigkeit<br />
– die Auswanderung oder auch nur eine<br />
Besuchs- und Urlaubsreise in den <strong>West</strong>en –<br />
über Jahrzehnte verwehrt wurde, versuchten<br />
illegal die mit Stacheldraht und Selbstschußanlagen<br />
bewehrten, von Soldaten bewachten<br />
oder von natürlichen Hindernissen<br />
(Berge, Meer, Flüsse, Sümpfe) markierten<br />
Grenzen unter Einsatz ihres Lebens zu überwinden.<br />
Insbesondere unter Jugendlichen<br />
und Heranwachsenden, aber auch bei gestandenen<br />
Familienvätern und -müttern reifte<br />
der Gedanke, dem Elend des Sozialismus<br />
zu entfliehen, die Heimat zu verlassen<br />
und ein Leben in Freiheit zu suchen.<br />
Die Versuche, die Hindernisse zu meistern,<br />
sind vielfältig: Tunnels, selbstgebaute Ballons,<br />
Boote, umgebaute Kleinflugzeuge, Verstecke<br />
in LKW oder Zügen, Schiffen, andere<br />
Tricks etc. In Siebenbürgen und dem Banat<br />
hatte nahezu jeder Bekannte, Freunde und<br />
Familienangehörige, die illegale Grenzübertritte<br />
gewagt hatten. Manche Grenzgänger<br />
wurden von Minen zerfetzt, erschossen, ertranken<br />
oder kamen auf andere Weise ums<br />
Leben. Viele wurden gefaßt und mußten Haft-
Wenn man sich aus dem „Schwarzen Quadrat“<br />
etwas wegdenkt, kann man sich vieles<br />
hinzudenken: Gabriele Hornig, Malewitsch<br />
trifft Chagall Bild: siehe Seite 23<br />
strafen absitzen. Manche wurden vom <strong>West</strong>en<br />
freigekauft und durften emigrieren.<br />
Auf der Tagung geht es darum, von vielen<br />
persönlichen Schicksalen – Geflüchteten,<br />
Erschossenen, Ertrunkenen, Verurteilten,<br />
Geächteten usw. – zu erfahren, um den Opfern<br />
wenigstens im Gedenken Gerechtigkeit<br />
widerfahren, sie nicht dem Vergessen und<br />
Verdrängen anheimfallen zu lassen.<br />
Zu dieser für jedermann offenen Tagung,<br />
konnten <strong>als</strong> Referenten gewonnen werden:<br />
Dr. Stefan Appelius, Potsdam: Fluchtversuche<br />
von DDR-Bürgern über Rumänien; Dr.<br />
Georg Herbstritt, Bundesbeauftragte für die<br />
Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes<br />
der DDR, Berlin: Fluchtversuche<br />
von DDR-Bürgern über Rumänien anhand<br />
von Stasi-Unterlagen; Markus Meinke,<br />
Regensburg: Zweimal Eiserner Vorhang –<br />
Komparative Aspekte der Grenzsicherung<br />
zwischen der innerdeutschen und der tschechoslowakischen<br />
Grenze.<br />
Der Journalist Johann Steiner, Troisdorf,<br />
Herausgeber einer zweibändigen Anthologie<br />
von Fluchtgeschichten von Rumäniendeutschen,<br />
„Die Gräber schweigen – Berichte<br />
von der blutigsten Grenze Europas“, moderiert<br />
eine Podiumsdiskussion mit ehemaligen<br />
illegalen Grenzgängern. Daran können<br />
Betroffene aus dem Publikum teilnehmen.<br />
Dietfried Zink liest – begleitet am Klavier von<br />
Peter Szaunig, beide Bamberg – aus seinem<br />
Roman „Für einen Fingerhut Freiheit –<br />
Liebe in den Zeiten der Securitate“. Außerdem<br />
wird der Spielfilm „Mit dem Wind nach<br />
<strong>West</strong>en“ über eine der spektakulärsten Fluchten<br />
aus der DDR – zwei Familien mit einem<br />
selbstgebauten Heißluftballon 1979 – gezeigt.<br />
Die Einführung und die Erläuterungen<br />
zu dem Film nimmt Günter Wetzel vor, dessen<br />
Geschichte verfilmt worden ist.<br />
Die Teilnahme an der Tagung kostet 60 Euro<br />
(für Studenten und Teilnehmer aus <strong>Ost</strong>mitteleuropa<br />
20 Euro), ggf. plus 10 Euro<br />
Einzelzimmerzuschlag und 3,30 Euro Kurtaxe<br />
und beinhaltet Unterkunft und Verpflegung<br />
für die gesamte Dauer sowie Programmkosten.<br />
Für Rückfragen steht der Studienleiter des<br />
„Heiligenhofs“ gerne zur Verfügung, Telefon:<br />
0971/714714. Anmeldungen und Anfragen<br />
unter dem Stichwort „Fluchtgeschichten“ an:<br />
„Der Heiligenhof“, Alte Euerdorfer Straße 1,<br />
97688 Bad Kissingen, Fax 0971/714747<br />
oder info@heiligenhof.de. (KK)<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
15
Die älteste soziale und kulturbildende Kommunikationsform<br />
der Menschheit ist das<br />
Erzählen. Es entspricht dem menschlichen<br />
Bedürfnis, Erfahrungen zu teilen und an künftige<br />
Generationen weiterzugeben, es befördert<br />
das Erinnern, regt die Phantasie an,<br />
macht den Menschen kreativ und drückt sein<br />
Streben nach Lebenssinn aus. Die Erzähltradition<br />
erstreckt sich über die ganze Welt<br />
– sie ist im wahrsten Sinne des Wortes global,<br />
aber gleichermaßen Trägerin von Merkmalen<br />
und Besonderheiten der einzelnen<br />
Kulturen und bringt deren Werte in Form von<br />
Mythen, Legenden, Fabeln, Märchen, Erzählungen<br />
<strong>zum</strong> Ausdruck.<br />
Seit ungefähr 20 Jahren erlebt das mündliche<br />
Erzählen in der westlichen Welt einen<br />
neuen Aufschwung. Überall werden Erzählfestiv<strong>als</strong>,<br />
-symposien und -kongresse veranstaltet.<br />
In <strong>Ost</strong>- und Südosteuropa jedoch<br />
sieht es anders aus: Es gibt dort zwar eine<br />
reiche Erzähltradition, aber kein Plattform,<br />
die ihr speziell gewidmet ist. Damit diese<br />
Tradition nicht vollends verlorengeht, soll sie<br />
mit diesem Erzählprojekt der Deutschen<br />
Gesellschaft e. V. unterstützt werden<br />
Zwei Berufserzählern von der Erzählakademie<br />
München, Dr. Norbert Kober und Hel-<br />
Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding<br />
wurde in einem gemeinsamen Brief der Außenminister<br />
Litauens, Lettlands, Ungarns,<br />
Rumäniens, Bulgariens und der Tschechischen<br />
Republik aufgefordert, sich für ein<br />
Verbot der „Billigung, Leugnung und Verharmlosung<br />
der Verbrechen“ totalitärer Diktaturen<br />
einzusetzen.<br />
Für den Umgang mit den Verbrechen der<br />
kommunistischen Diktaturen in Europa sollen<br />
die gleichen Maßstäbe gelten wie für den<br />
16 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
Erzählen<br />
Leugnen<br />
ga Gruschka, veranstalten in Ungarn, Polen<br />
und Rumänien Erzählabende, Workshops<br />
sowie ein abschließendes Erzählfestival.<br />
Auch in Schulen, Kindertagesstätten,<br />
Sozialeinrichtungen für Jugendliche,<br />
Waisenhäusern, Bibliotheken sowie sonstigen<br />
Einrichtungen präsentieren die Berufserzähler<br />
ihre Kunst und bringen einer breiten<br />
Öffentlichkeit die Unmittelbarkeit des<br />
Erzählens nahe.<br />
Schirmherr des Projekts ist der Schriftsteller<br />
Adolf Muschg.<br />
Erste Station vom 27. September bis <strong>zum</strong><br />
3. Oktober 2010 war das Nikolaus-Lenau-<br />
Haus in Fünfkirchen/Pécs (Ungarn), der europäischen<br />
Kulturhauptstadt 2010, die zweite<br />
wird vom 28. Februar bis <strong>zum</strong> 6. März<br />
2011 der Verband der deutschen Sozial-kulturellen<br />
Gesellschaft in Polen, Oppeln/Opole,<br />
sein, Ansprechpartnerin ist hier Monika<br />
Wittek, sodann ist <strong>als</strong> dritte Station vom 12.<br />
bis <strong>zum</strong> 18. April 2011 die Universität Babes-<br />
Bolyai, Stiftungsprofessur für deutsche Literatur<br />
in Südosteuropa, Cluj/Klausenburg,<br />
Rumänien, vorgesehen, Ansprechpartner ist<br />
Prof. Dr. András Balogh. Informationen unter:<br />
www.deutsche-gesellschaft-ev.de.<br />
(KK)<br />
Umgang mit den Verbrechen der Nation<strong>als</strong>ozialisten,<br />
wollen die Minister erreichen.<br />
Der Initiator ist der litauische Außenminister<br />
Audronius Azubalis.<br />
Wie die F.A.Z. berichtete, „ist in den osteuropäischen<br />
Ländern der Eindruck weit verbreitet,<br />
daß im <strong>West</strong>en Europas zwar das Wissen<br />
über die NS-Verbrechen Allgemeinwissen<br />
sei, nicht aber das über die Untaten der<br />
kommunistischenRegimes“. (KK)
Hier steht, was man ahnt, aber<br />
wissen sollte<br />
Alfred Eisfeld: Etappen eines langen Weges.<br />
Beitrag zur Geschichte und Gegenwart der<br />
Deutschen aus Russland. Hg. Bund der Vertriebenen<br />
e.V., Bonn 2010, 88 S., 5 Euro<br />
Man kann Alfred Eisfeld gar nicht dankbar<br />
genug sein, daß er es sich ein übriges Mal<br />
zur Pflicht gemacht hat, sachkundig und<br />
dabei doch durchwegs gemeinverständlich<br />
und anschaulich über die Rußlanddeutschen<br />
von ihrer Einwanderung bis zu ihrer Spätaussiedlung<br />
in die Bundesrepublik Deutschland<br />
nach dem Zusammenbruch des <strong>Ost</strong>blocks<br />
zu berichten.<br />
Nach den letzten Schätzungen leben etwa<br />
2,8 Millionen Rußlanddeutsche in der Bundesrepublik.<br />
Einige von ihnen kamen schon<br />
während des Zweiten Weltkrieges nach<br />
Deutschland und blieben da, sofern die Sowjetunion<br />
am Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
nicht ihrer habhaft wurde und sie gewaltsam<br />
zurückholte. Einige andere Tausend kamen<br />
auch schon zu Sowjetzeiten im Zuge der<br />
äußerst schwierigen Familienzusammenführung<br />
in die Bundesrepublik, die allermeisten<br />
jedoch nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.<br />
Alfred Eisfeld macht sich die<br />
Mühe, von 1991 bis 2008 die genaue Anzahl<br />
der Spätaussiedler anzuführen.<br />
Überhaupt muß man diesem knappen übersichtlichen<br />
Buch immer wieder bescheinigen,<br />
daß es einen außerordentlichen Reichtum<br />
an erhellenden Details nach dem letzten<br />
Stand der Forschung bietet. Damit erfüllt der<br />
Autor gewissenhaft sein Vorhaben, Vorurteile<br />
über das Leben der Rußlanddeutschen<br />
in Geschichte und Gegenwart systematisch<br />
abzubauen.<br />
Bücher und Medien<br />
Beginnend mit einem geschichtlichen Rückblick<br />
weist Eisfeld darauf hin, dass es schon<br />
ab dem Jahre 959 deutsch-russische Beziehungen<br />
gewissermaßen auf höchstem<br />
Niveau gegeben hat. Im Kapitel „Anfänge der<br />
deutschen Besiedlung in Russland“ geht er<br />
dann vor allem auf die sogenannte „Deutsche<br />
Vorstadt“ von Moskau ein. Mit Peter I.,<br />
dem Großen (1672–1725), und dessen<br />
Gründung der neuen Hauptstadt St. Petersburg<br />
1703 kamen viele Ausländer – Kaufleute<br />
und Handwerker vor allem –, darunter<br />
auch Deutsche. Eine deutsche Oberschicht<br />
erhielt Rußland durch die Eroberung Estlands<br />
und Livlands sowie der Stadt Riga im<br />
Friedensvertrag von Oliva 1710. Viele deutsche<br />
Adlige traten in den Dienst der Zaren<br />
und bekleideten mehr <strong>als</strong> zwei Jahrhunderte<br />
wichtige Ämter in Verwaltung und Armee<br />
in allen Landesteilen des Riesenreiches.<br />
Der Kreis jener, die man heute in Deutschland<br />
gemeinhin <strong>als</strong> Rußlanddeutsche bezeichnet,<br />
besteht allerdings aus der Nachkommenschaft<br />
jener Deutschen, die aufgrund<br />
gezielter Einwanderungspolitik in der<br />
Herrschaftszeit der Zarin Katharina der Großen<br />
(1762–1796), einer geborenen deutschen<br />
Fürstin von Anhalt Zerbst, nach Rußland<br />
kamen. Nach den Schrecknissen des<br />
Siebenjährigen Krieges fanden sich ca. 30<br />
000 Einwanderer, die zwischen 1764 und<br />
1767 an der Wolga angesiedelt wurden. Ihrem<br />
Schicksal geht Alfred Eisfeld mit Daten<br />
und Fakten nach, indem er vor allem zeigt,<br />
wie es um die Einhaltung – bzw. Nichteinhaltung<br />
– der hoheitlichen Versprechen<br />
stand, welche unerwarteten Schwierigkeiten<br />
es mit den neuen Boden- und Klimaverhältnissen<br />
(Dürren) gab und welche Plagen<br />
die Nomadenüberfälle darstellten.<br />
Eine zweite Besiedlung mit Deutschstämmigen<br />
erfolgte im von den Türken eroberten<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
17
nördlichen Schwarzmeergebiet, das auch<br />
Neurußland genannt wurde. Hierher brachte<br />
man auch ursprünglich holländische Mennoniten.<br />
Im Kapitel „Rechtsgrundlage der<br />
Kolonien“ behandelt Eisfeld die 1798–1800<br />
erfolgte Inspektion in Neurußland und deren<br />
Ergebnisse, die Abschaffung der Verstöße.<br />
1800 wurden die Saratower Kolonien<br />
an der Wolga und 1801 die neurussischen<br />
Kolonien am nördlichen Schwarzen Meer reorganisiert.<br />
Auch auf die Rolle der Kirche<br />
geht Eisfeld ein, verwaltete diese doch das<br />
Schulwesen, allerdings recht bescheiden.<br />
Das Kapitel „Die Zäsur von 1861–1874“ zeigt,<br />
wie hart die zaristische Verwaltung empfunden<br />
wurde trotz einiger Verbesserungen.<br />
1861 gab es die Bauernbefreiung und 1871<br />
die Aufhebung des Kolonistenstandes. Die<br />
Kolonisten wurden zu Ansiedlern und ihr Land<br />
zu ihrem Privateigentum. Dafür aber wurde<br />
1874 die allgemeine Wehrpflicht eingeführt<br />
und für die Mennoniten die allgemeine Dienstpflicht,<br />
so daß die Kolonisten einen Grundpfeiler<br />
ihrer Freiheit, die Befreiung vom Militärdienst,<br />
verloren. Es kam zu Aussiedlungen<br />
nach Übersee, da sich vor allen Dingen<br />
die Mennoniten bedrängt fühlten.<br />
Das Kapitel „Einwanderung <strong>als</strong> politischer<br />
Faktor“ belegt, daß dadurch nicht nur das<br />
Land erschlossen wurde, sondern auch die<br />
Wirtschaft sich in den deutschen Siedlungsgebieten<br />
entwickelte. Nach der ersten Volkszählung<br />
in Rußland 1897 gab es unter den<br />
1790489 Rußlanddeutschen 76,62 Prozent<br />
Landbevölkerung und 23,38 Prozent Stadtbevölkerung.<br />
Trotz aller Einschränkungen<br />
kann Alfred Eisfeld die Geschichte der Rußlanddeutschen<br />
bis <strong>zum</strong> Ersten Weltkrieg im<br />
großen und ganzen <strong>als</strong> recht beachtlichen<br />
Erfolg dokumentieren. Mit dem Weltkrieg<br />
begann jedoch eine Verkettung von historischen<br />
Katastrophen, die schließlich nach<br />
dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu<br />
ihrem Massenexodus in das wiedervereinte<br />
Deutschland führte.<br />
Schon 1914/15 gab es Deportationen von<br />
Rußlanddeutschen, schließlich waren es<br />
18 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
über 500 000. Durch den Sturz des Zaren,<br />
die Machtergreifung der Bolschewiki 1917<br />
und den Frieden von Brest-Litowsk 1918<br />
hören die Diskriminierungen auf. Deutschland<br />
sieht sogar Schutzmaßnahmen für die<br />
Rußlanddeutschen vor. Nach dem Bürgerkrieg<br />
wird 1924 die Autonome Sowjetrepublik<br />
der Wolgadeutschen mit der Hauptstadt<br />
Pokrowsk (später Engels) gegründet und<br />
Deutsch <strong>als</strong> Amts- und Unterrichtssprache<br />
eingeführt. Deutsche Rayons werden auch<br />
im Altaigebiet, in der Ukraine am Schwarzen<br />
Meer, auf der Krim und im Kaukasus<br />
gebildet.<br />
Allerdings werden dann die deutschen<br />
Rayons in der Urkaine, am Schwarzen Meer<br />
und auf der Krim schon im März 1939 aufgelöst,<br />
und am 28. August 1941, nach dem<br />
Überfall Hitlers auf die Sowjetunion am 22.<br />
Juni 1941, wird die Deportation der Wolgadeutschen<br />
nach Sibirien und Zentralasien<br />
dekretiert und das ehem<strong>als</strong> „autonome“<br />
Gebiet aufgeteilt. Damit gingen die Rußlanddeutschen<br />
aller ihrer Einrichtungen verlustig,<br />
die sie mühsam unter vielen Opfern – wie<br />
Eisfeld im Kapitel „Im Fokus des Kommunismus“<br />
beschreibt – aufgebaut hatten.<br />
Ihrem erschütternden Schicksal in der<br />
Deportation und in der Zwangsarbeit geht<br />
der Autor nach im Kapitel „Die Russlanddeutschen<br />
nach Ausbruch des 2. Weltkrieges“<br />
und ergänzt es dankenswerterweise<br />
mit dem bisher kaum behandelten Thema<br />
„Siedlungspolitische Vorhaben des Dritten<br />
Reiches“. Hier setzt sich Alfred Eisfeld<br />
auseinander mit den Umsiedlungen von 44<br />
600 Wolhyniendeutschen aus dem <strong>West</strong>teil<br />
der Ukraine in den Warthegau, zu denen<br />
dann noch Rußlanddeutsche aus dem<br />
Schwarzmeergebiet und Transnistrien kamen,<br />
die von der Wehrmacht besetzt worden<br />
waren. Von den nach Deutschland Gekommenen<br />
„repatriierte“ Stalin nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg ca. 300000 zwangsweise<br />
in seine Sowjetunion.<br />
Am 1. April 1949 befanden sich unter Aufsicht<br />
der Geheimpolizei, des NKWD, insge-
samt 2307410 Deportierte, Repatriierte<br />
und Umgesiedelte, davon ungefähr die Hälfte<br />
Deutsche. Der Rest gehörte anderen<br />
12 „bestraften“ Völkern an, darunter die<br />
Tschetschenen, die sich bis heute gerade<br />
wegen dieser tragischen Erfahrungen so<br />
hartnäckig für ihre Unabhängigkeit einsetzen<br />
– selbst mit Waffengewalt. Erst nach<br />
Stalins Tod am 5. März 1953 sollte am 13.<br />
Dezember 1955 die Aufhebung des Regimes<br />
der Sondersiedlungen beschlossen werden<br />
und erst am 29. August 1964 die Teilrehabilitierung<br />
der Rußlanddeutschen dekretiert<br />
werden. Es wurde ihnen aber nicht<br />
gestattet, an ihre alten Wohnorte zurückzukehren<br />
und ihre Sprache und Kultur gleichberechtigt<br />
mit den anderen 153 Völkerschaften<br />
der Sowjetunion zu pflegen.<br />
Außerdem wurden sie noch bis weit in die<br />
1990er Jahre hinein überwacht trotz<br />
Gorbatschows Glasnost und Perestroika<br />
1985–1990, die für die Rußlanddeutschen<br />
– wie dann alle übrigen Versprechungen von<br />
Gorbatschow und Jelzin auch – nicht griff.<br />
Im Kapitel „Gorbatschows Glasnost (Transparenz)<br />
leitet Änderungen ein“ untersucht<br />
Alfred Eisfeld mit ausgesprochener Sympathie<br />
für Gorbatschow, warum letztlich dann<br />
doch alle Versuche einer Wiederherstellung<br />
der Wolgarepublik scheiterten, obwohl am<br />
14. November 1989 der Oberste Sowjet der<br />
UdSSR eine Deklaration verabschiedete, die<br />
die Deportation <strong>als</strong> gesetzeswidrig und verbrecherisch<br />
qualifizierte und am 28. November<br />
1989 die Nationalitätenkammer im Prinzip<br />
der Wiederherstellung der Wolgarepublik<br />
zustimmte. Schließlich vereitelte<br />
Boris Jelzin auch persönlich dieses Vorhaben<br />
seines Vorgängers. Er stellte im Januar<br />
1992 das verseuchte Raketentestgelände<br />
Kapustin Jar <strong>als</strong> Gebiet für die Wiedererrichtung<br />
einer gewissermaßen neuen Wolgadeutschen<br />
Republik zur Verfügung, eine zynische<br />
Verhöhnung auch der letzten noch<br />
Gutgläubigen.<br />
Im letzten Kapitel dieses so aufschlußreichen<br />
Buches zieht Alfred Eisfeld die Bilanz der<br />
rußlanddeutschen Einwanderung ins wiedervereinte<br />
Deutschland. Trotz aller Schwierigkeiten<br />
und <strong>zum</strong> Teil noch bestehenden,<br />
aber durchaus zu lösenden Probleme hat die<br />
von Alfred Eisfeld <strong>zum</strong> Schluß zitierte Untersuchung<br />
„Ungenutzte Potenziale zur Lage<br />
der Integration in Deutschland“ des Berlin-<br />
Instituts für Bevölkerung und Entwicklung<br />
unlängst festgestellt, daß die Rußlanddeutschen<br />
sich überwiegend gut integrieren und<br />
besonders die hierzulande Geborenen keine<br />
Integrationsprobleme haben.<br />
Ingmar Brantsch (KK)<br />
Drum denke, wem Gedenken<br />
gegeben<br />
<strong>Ost</strong>deutsche Gedenktage 2009 – Persönlichkeiten<br />
und historische Ereignisse / <strong>Ost</strong>deutsche<br />
Gedenktage 2010 – Persönlichkeiten<br />
und historische Ereignisse. Beide: Kulturstiftung<br />
der deutschen Vertrieben, Bonn 2010.<br />
384 S. und 344 S., broschiert, 10,80 Euro<br />
Die Bände bieten Lebensbilder von Persönlichkeiten<br />
des gesamten historischen deutschen<br />
<strong>Ost</strong>ens – Persönlichkeiten aus sieben<br />
Jahrhunderten, die mit ihrem Wirken in<br />
den Bereichen Politik, Wissenschaft, Wirtschaft,<br />
Kunst, Kirche etc. wesentliche Beiträge<br />
zur Geschichte und Kultur Europas<br />
geleistet haben oder noch leisten.<br />
Die 64 biographischen Abrisse des Bandes<br />
2009 betreffen u. a. Herrscher und Politiker<br />
wie Herzog Erich I. von Pommern-Stolp und<br />
Paul von Hindenburg, Dichter und Schriftsteller<br />
wie Paul Fleming und Franz Fühmann,<br />
Unternehmer wie Bethel Henry Strousberg<br />
und Leopold Glatschke, bildende Künstler<br />
wie Bernt Notke und Raphael Schall, Theologen<br />
wie Johannes Calvin und Immanuel<br />
Jakobovits etc. Der Bogen der behandelten<br />
historischen Ereignisse spannt sich vom<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
19
Beginn des deutschen Jagdwesens in<br />
Siebenbürgen im Jahre 1209 bis hin zur<br />
Einrichtung des Hauses Brandenburg in<br />
Fürstenwalde im Jahre 1999.<br />
Band 2010 enthält 54 Kurzbiographien. Unter<br />
den Gewürdigten finden sich <strong>als</strong> Herrscherin<br />
bzw. Politiker Königin Luise von<br />
Preußen und Wilhelm Pieck, <strong>als</strong> Musiker<br />
Gustav Mahler und Johann Sigismund<br />
Kusser, <strong>als</strong> Schauspieler Ernst Deutsch und<br />
Wolfgang Völz, <strong>als</strong> Denker der Philosoph<br />
Arthur Schopenhauer und der Theologe Johann<br />
Anton Theiner, die Dichterin Charlotte<br />
Dörter-Rehmet und der Schriftsteller Hans-<br />
Alois Lambing, <strong>als</strong> bildende Künstler Philipp<br />
Otto Runge und Sigmar Polke. Erinnert<br />
wird unter den historischen Ereignissen an<br />
die Schlacht von Tannenberg 1410 und an<br />
die Wiederherstellung des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />
im Jahre 1990.<br />
Die neuen Bände sind zu beziehen im Buchhandel,<br />
direkt bei der Kulturstiftung der deutschen<br />
Vertriebenen, Bonn, oder auch im<br />
Online-Shop unter www.kulturstiftung-derdeutschen-vertriebenen.de.<br />
(KK)<br />
Nacherzählend nahegebracht<br />
Sigismund Freiherr von Zedlitz: Die Pilgerreise<br />
des Heinrich von Zedlitz nach Jerusalem<br />
1493. Bergstadtverlag W. G. Korn, Freiburg<br />
2010. 77 S., 12,90 Euro<br />
Mit großem Eifer und vorbildlicher Akkuratesse<br />
erforscht Sigismund Freiherr von<br />
Zedlitz die Geschichte seines über 700 Jahre<br />
in Schlesien beheimateten Geschlechtes.<br />
Dafür liefert er jetzt wieder einen Beleg, indem<br />
er den Bericht über die Pilgerreise seines<br />
Ahnen nach Jerusalem veröffentlicht,<br />
der erstm<strong>als</strong> 1894 in der „Zeitschrift des<br />
Deutschen Palästina-Vereins“ erschienen<br />
und daher kaum noch greifbar ist.<br />
20 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
Da der heutige Leser das Original nicht mehr<br />
vollständig verstehen würde, hat der Herausgeber<br />
den Text „nacherzählt“, wie es auf<br />
dem Titelblatt heißt. Die Reiseerlebnisse sind<br />
so spannend, gleichzeitig ist die „Nacherzählung“<br />
so gut geraten, daß man das kleine<br />
Buch in einem Zug durchlesen möchte. Dadurch,<br />
daß der Herausgeber geschickt unmittelbar<br />
verständliche Originalzitate eingestreut<br />
hat, wird nicht nur die Authentizität<br />
gewahrt, sondern der Leser auch ein wenig<br />
in die Zeit um 1500 hineinversetzt. Zeichnungen<br />
und Farbfotos veranschaulichen die<br />
Stationen der einst so beschwerlichen wie<br />
gefährlichen Pilgerreise.<br />
Helmut Neubach (KK)<br />
Im schlesischen Bücherbergwerk<br />
Detlef Haberland: Kommentierte Bibliographie<br />
<strong>zum</strong> Buch- und Bibliothekswesen in<br />
Schlesien bis 1800. Schriften des Bundesinstituts<br />
für Kultur und Geschichte der Deutschen<br />
im östlichen Europa, Band 39.<br />
Oldenbourg Verlag, München 2010. 498 S.,<br />
44,80 Euro<br />
In diesem Band sind die gelehrte und die<br />
wissenschaftliche Literatur zu den verschiedenen<br />
Gebieten des Buch- und Bibliothekswesens<br />
in Schlesien verzeichnet. Aufgeführt<br />
und kommentiert sind selbständige und unselbständige<br />
Arbeiten für alle schlesischen<br />
Orte, die von der Forschung erfaßt wurden.<br />
Der Berichtszeitraum reicht von 1601 bis<br />
2009; gesammelt ist die Literatur zu dem<br />
Zeitraum von 1475 bis etwa 1800. Von der<br />
Papierherstellung über Wasserzeichen,<br />
Buchdruck, Buchbindung und Buchhandel<br />
bis hin zu den Büchersammlungen privater<br />
Gelehrter und öffentlicher Bibliotheken sind<br />
Titel vor allem in deutscher, lateinischer, polnischer<br />
und tschechischer Sprache aufgenommen.<br />
(KK)
Literatur und Kunst<br />
Monumentum Pomeranorum<br />
In Stettin wurde die Pommersche Bibliothek, die ehemalige<br />
Stadtbücherei, an der Grünen Schanze wiedereröffnet<br />
Die festliche Neueröffnung der ältesten Bibliothek<br />
Stettins, der ehemaligen Stadtbücherei<br />
der pommerschen Provinzhauptstadt,<br />
an der Grünen Schanze, der heutigen<br />
Dworcowa 8, wurde zu einem bedeutenden<br />
kulturellen Ereignis. Das Besondere an diesem<br />
feierlichen Tag, an dem zahlreiche geladene<br />
Gäste aus Politik, Kunst und Kultur<br />
ins Haus kamen, war die Übergabe eines<br />
Museums der Literatur in den modern<br />
umgestalteten Räumlichkeiten der Bibliothek.<br />
Für den Benutzer der Bücherei muß es ein<br />
Genuß sein, in den Lesesälen oder mit den<br />
nach neuzeitlichen Gesichtspunkten eingerichteten<br />
Katalogen zu arbeiten. Das altehr-<br />
Die ehemalige<br />
Schule ist jetzt eine<br />
Schule auch des<br />
Wissens um Pommerns<br />
deutsche<br />
Vergangenheit: das<br />
renovierte Bibliotheksgebäude<br />
Bild: der Autor<br />
würdige Gebäude, ursprünglich eine Schule,<br />
wurde im Jahre 1905 zur Stadtbibliothek<br />
umgewandelt. Die Außenfront des Hauses<br />
ist sorgfältig und repräsentativ restauriert<br />
worden. Der Eingang von der Grünen<br />
Schanze aus ist nunmehr wieder <strong>zum</strong> Betreten<br />
der Pommerschen Bibliothek geöffnet<br />
worden. Der Besucher kann sich den<br />
Umweg über eine Art Hinterhof und über das<br />
Gelände, wo die am 9. November 1938 von<br />
den Nation<strong>als</strong>ozialisten in Brand gesteckte<br />
und dann abgerissene Synagoge stand, ersparen.<br />
Direktor der Stettiner Stadtbücherei war von<br />
1907 bis 1945 Dr. Erwin Ackerknecht. Nachdem<br />
die deutsche Stadtverwaltung ihr Amt<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
21
aufgeben mußte und Stettin am 5. Juli 1945<br />
unter polnische Verwaltung gestellt wurde,<br />
nahm am 12. Juli 1945 die polnische Stadtbibliothek<br />
ihren Betrieb auf. Heute ist die<br />
Pommersche Bibliothek in Stettin die<br />
Kulturinstitution der Selbstverwaltung der<br />
Woiwodschaft <strong>West</strong>pommern, eine regionale<br />
und die größte öffentlich zugängliche wissenschaftliche<br />
Bibliothek in dem Teil Pommerns<br />
östlich der Oder-Neiße-Grenze. Die<br />
Bibliothek hat einen großen Teil des alten<br />
deutschen Bücherbestandes bewahrt.<br />
Das war unmittelbar nach dem Ende des<br />
Zweiten Weltkrieges nicht so einfach. Das<br />
Haus hatte die schweren Bombenangriffe<br />
und die Zeit nach der Besetzung durch die<br />
Rote Armee am 26. April 1949 relativ gut<br />
überstanden. Die Verluste an Büchern waren<br />
zu ertragen. Am härtesten betroffen waren<br />
die ausgelagerten Bestände. Anfangs<br />
bestanden die polnischen Behörden darauf,<br />
die deutschen Bücher zu vernichten. Es waren<br />
polnische Wissenschaftler, die sich dagegen<br />
verwahrt haben, Kulturgut zu vernichten.<br />
Ein Teil der geretteten deutschen Bücher<br />
wurden nach Innerpolen verbracht. Die<br />
Stettiner Leiter der Bibliothek haben zäh um<br />
eine Rückkehr der „vertriebenen“ deutschen<br />
Literatur gekämpft. Bis heute ist dieses heikle<br />
Problem noch nicht völlig gelöst.<br />
Als Woiwodschaftsbibliothek – die Sammlungen<br />
umfassen ungefähr 30 000 wertvolle<br />
alte Drucke und über eine Million Bände –<br />
führt die Einrichtung die inhaltliche Aufsicht<br />
über das Netzwerk von über 180 öffentlichen<br />
Verwaltungsbibliotheken in der Woiwodschaft<br />
<strong>West</strong>pommern. Hier werden zahlreiche<br />
kulturelle und wissenschaftliche Veranstaltungen,<br />
Ausstellungen, Buchvorstellungen,<br />
Vorträge und Konferenzen organisiert.<br />
Überdies veröffentlicht die Bücherei<br />
eigene Bücher, z.B. in der Reihe „Monumenta<br />
Pomeranorum“, und stellt Werke der Stettiner<br />
und regionalen Schöpfer, Schriftsteller<br />
und Künstler aus. Wie zu deutscher Zeit unter<br />
der Obhut von Dr. Ackerknecht und seinen<br />
Mitarbeitern deutsche Bibliothekare,<br />
22 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
werden in dem Haus an der Grünen Schanze<br />
jetzt polnische aus- und fortgebildet.<br />
Es war ein feierlicher Augenblick, <strong>als</strong> der alte<br />
Eingang zur Bibliothek in der Dworcowa 8<br />
geöffnet wurde, Direktor Lucjan Babolewski<br />
gemeinsam mit dem Marschall der Woiwodschaft<br />
<strong>West</strong>pommern das Band <strong>zum</strong><br />
Treppenaufgang in die neugestalteten Räume<br />
durchschnitt und damit den Weg zu den<br />
Lesesälen freimachte. Direktor Babolewski<br />
hieß die Gäste herzlich willkommen und fand<br />
auch freundliche Worte für die deutschen<br />
Gäste, die der Einladung zur Neueröffnung<br />
des ältesten Bibliotheksgebäudes ihrer Heimatstadt<br />
gefolgt waren. In seiner kurzen einführenden<br />
Begrüßung erwähnte er das<br />
„Haus Stettin“ in Lübeck, in dem das Andenken<br />
an das kulturelle Schaffen in Stettin auch<br />
bewahrt werde. Er freue sich, Mitarbeiter<br />
jenes Hauses aus der Stadt an der Trave<br />
begrüßen zu können. Die Eröffnung erfolgte<br />
durch den Marschall der Woiwodschaft<br />
<strong>West</strong>pommern. Ein katholischer Priester<br />
segnete das Haus und überbrachte die<br />
Glückwünsche der Kirche.<br />
Bei dem anschließenden Rundgang hatten die<br />
Besucher die Möglichkeit, das moderne Bibliotheksgebäude<br />
und auch die Ausstellungen<br />
„Stettiner Druckereien vom 16. bis <strong>zum</strong> 18.<br />
Jahrhundert“, „Stettiner Komponisten um die<br />
Jahrhundertwende“, „Geschichte des Buches<br />
und Schrifttums“ sowie „Schriftsteller von<br />
<strong>West</strong>pommern“ zu besichtigen. In Vitrinen<br />
wurden die Schätze der Bücherei vorgestellt<br />
und fanden großes Interesse, das galt besonders<br />
für die alten Fotos, die die Entwicklung<br />
der Bücherei bis in die Jetztzeit verdeutlichen.<br />
Seit über 100 Jahren dient die Pommersche<br />
Bibliothek den Einwohnern Stettins und der<br />
Region <strong>als</strong> eine der wichtigsten kulturellen<br />
Einrichtungen der Stadt. Sie entwickelt und<br />
verändert sich, um den ständig wachsenden<br />
Anforderungen der gegenwärtigen Welt gerecht<br />
zu werden, ohne dabei die Vergangenheit<br />
zu vergessen. Das ist die Schlußfolgerung<br />
dieser literarischen Feierstunde.<br />
Hans-Gerd Warmann (KK)
Nicht übersehen, was da ist<br />
Darum bemüht sich die Künstlerwerkstatt im Düsseldorfer<br />
Gerhart-Hauptmann-Haus mit unübersehbarem Erfolg<br />
Es war wieder ein schöner Abend für alle,<br />
zu dem die Künstlerwerkstatt im Gerhart-<br />
Hauptmann-Haus Düsseldorf eingeladen<br />
hatte. Die Bildwerke der zur Eröffnung anwesenden<br />
Künstlerinnen Karin Flörsheim,<br />
Chemnitz/Düsseldorf, und Gabriele Hornig,<br />
Schlesien/Köln, verwandelten den Ausstellungssaal<br />
in der Bismarckstraße in eine<br />
Sinfonie leuchtender Farben und bewegter<br />
Strukturen mit herausgestellter Symbolik.<br />
Die großen bemalten Wandbehänge (hangings)<br />
von Karin Flörsheim, mit Steinen und<br />
Fundstücken zusätzlich expressiv gestaltet,<br />
wurden von einer Reihe Tafelbilder flankiert,<br />
Denkt jemand an Mynheer Peeperkorn?<br />
Zu verdenken ist es ihm nicht: Gabriele<br />
Hornig, Gerhart Hauptmann II<br />
Bilder (auch Seite 15) aus der Ausstellung<br />
die mit hebräischen Schriftzeichen auf die<br />
Kabbala hinweisen und die Gottsuche der<br />
Künstlerin sichtbar machen, die immer auch<br />
Weltsuche ist.<br />
Diesseitiger, bewußt gegenwartsbezogen<br />
präsentieren sich die Gemälde von Gabriele<br />
Hornig. Dabei gelingt ihr, scheinbar spielerisch,<br />
die malerische Umsetzung der Bildidee.<br />
Und diese ist von ungewöhnlich aktueller<br />
Sensibilität. Sind es im Bild „Die Wüste<br />
lebt“ (im Gedenken an Bernhard Grzimek)<br />
angedeutete Felsenbilder früher Kulturen, die<br />
sinnstiftend eingearbeitet wurden, so weisen<br />
Farben und figürliche Darstellung im Otto<br />
Mueller zugedachten Bild „Zigeuner“ deutlich<br />
auf den deutschen Expressionismus hin.<br />
Michael Jackson findet ebenso seine bildhafte<br />
Entsprechung wie Franz Kafka. Nicht<br />
zu übersehen sind die häufigen schlesischen<br />
Motive in der Bilderwelt Gabriele Hornigs.<br />
Die jeweils in Collagetechnik eingebauten<br />
Papierfaltungen – ein Markenzeichen der<br />
Kölner Künstlerin – wirken „wie Zitate, sind<br />
Mitteilungen aus Geschichte und aus Geschehen“<br />
(so der Bonner Professor Dr.<br />
Frank Günter Zehnder) und korrespondieren<br />
eigenwillig mit dem meist abstrakten<br />
Hintergrund.<br />
Begrüßt und auf den Abend eingestimmt<br />
wurden Künstler und Besucher von Dr.<br />
Winfrid Halder, dem Direktor des Gerhart-<br />
Hauptmann-Hauses. Klaus Peter Diller, Leiter<br />
des Rheinischen Bach-Collegiums, an<br />
der Violine und Dieter Dörrenbächer am<br />
Akkordeon spielten Stücke von Wolfgang<br />
Amadeus Mozart, Bohuslav Martinu, Astor<br />
Piazolla und José Bragato. Es moderierte<br />
Franz Heinz. Den literarischen Akzent des<br />
Abends setzte Michael Zeller, Breslau/Wuppertal,<br />
mit dem Auszug „Der Bildhauer“ aus<br />
einem noch unveröffentlichten Manuskript.<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
23
Die Länge der Wellen ist unterschiedlich,<br />
die Wellenlänge hingegen ist stets ein und<br />
dieselbe: Karin Flörsheim, Stein-Zeit-Schrift<br />
Der bekannte Wuppertaler Autor referierte<br />
zudem über den thematischen Schwerpunkt<br />
Polen in seinen jüngeren Veröffentlichungen<br />
und informierte aus der Arbeit der von ihm<br />
betreuten Lerngruppen im Revier, in denen<br />
Schüler <strong>zum</strong> Schreiben motiviert und angeleitet<br />
werden.<br />
Die Herbstveranstaltung der Künstlerwerkstatt<br />
im Gerhart-Hauptmann-Haus ist<br />
im Zusammenhang mit einer inzwischen<br />
zehnjährigen Kontinuität zu sehen, die zur<br />
Verfestigung von Tätigkeitskriterien und<br />
Organisationsformen geführt hat. Für den<br />
inneren und äußeren Dialog hat sich die Beilage<br />
„Kontrapunkt“ im „<strong>West</strong>-<strong>Ost</strong>-Journal“<br />
der Stiftung Gerhart-Hauptmann-Haus <strong>als</strong><br />
wirksam erwiesen. Im Oktober 2010 ist die<br />
18. <strong>Ausgabe</strong> der Beilage erschienen. Sie<br />
berichtet aktuell aus der kreativen Arbeit<br />
24 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
vorwiegend ost- und südostdeutscher<br />
Künstler und Autoren, veröffentlicht Leseproben,<br />
informiert über das kulturelle Zeitgeschehen<br />
und bringt zugleich kulturgeschichtliche<br />
Beiträge zu den alten östlichen<br />
Siedlungsgebieten. In einer Phase der Umorientierung<br />
wurde vorübergehend die Herausgabe<br />
der beliebten „Albumblätter“ eingestellt,<br />
die, sorgfältig gestaltet, den gedanklichen<br />
Dialog mit den Künstlern und<br />
Dichtern der Werkstatt vertiefen. In den vier<br />
bisher erschienenen „Albumblättern“ stellt<br />
Oskar Gottlieb Blarr den Musiker Gerhard<br />
Schwarz mit der Komposition „An die Freude“<br />
zu einem Text von Theodor Storm vor,<br />
Marie-Luise Saldens Holzschnitt „Reminiszenzen“<br />
ist der Text „Zwischen Abend und<br />
Tag“ von Franz Heinz beigegeben, Gepa<br />
Klingmüller berichtet über die Entstehung<br />
ihrer Arbeit „Kreuz – Quadrat“, und Franz<br />
Kumher zeigt zwei Visualisierungsversuche<br />
zu Paul Celans Gedicht „Sprachgitter“.<br />
Es wird beabsichtigt, die Reihe der Albumblätter<br />
im kommenden Jahr fortzusetzen,<br />
wobei, wie bisher, auf das kreative Zusammenwirken<br />
von Malern, Dichtern und Musikern<br />
zu achten sein wird. Im „Kontrapunkt“<br />
wie auch in der großen Herbstveranstaltung<br />
soll der Literatur mehr Raum gewährt werden.<br />
Gedacht ist an Werkstattgespräche,<br />
Buchpräsentationen und an öffentliche Lesungen.<br />
Nach wie vor gilt für die Arbeit der<br />
Künstlerwerkstatt im Gerhart-Hauptmann-<br />
Haus der bereits 2001 geäußerte Grundsatz:<br />
„Wir erfinden nicht, was schon da ist – wir<br />
übersehen es nur nicht.“ Voraussetzung dafür<br />
bleibt der erforderliche Freiraum und die<br />
institutionelle Anbindung, wie sie seit Jahren<br />
mit der Stiftung Gerhart-Hauptmann-<br />
Haus in Düsseldorf gegeben ist und von<br />
dessen Direktor Dr. Winfrid Halder kooperativ<br />
aufrechterhalten wird. (KK)
Literatur, von Menschen über Menschen gemacht<br />
Herta Müller erfährt leidvoll, wie ihr großer Roman<br />
plattester Aktenevidenz gegenübergestellt wird<br />
Eine Ausstellung über Leben und Werk einer<br />
lebenden Schriftstellerin – kein leichtes<br />
Unterfangen. Als Dr. Reinhard Wittmann, Leiter<br />
des Literaturhauses München, Ernest<br />
Wichner fragt, ob er, langjähriger Freund und<br />
Begleiter Herta Müllers sowie Leiter des<br />
Literaturhauses Berlin, eine Ausstellung über<br />
die Nobelpreisträgerin kuratieren würde,<br />
braucht dieser etwas Bedenkzeit. Zu Recht.<br />
Erinnert sich doch jeder an Literaturhaus-<br />
Ausstellungen, sehr gelungene zwar, aber<br />
über verstorbene Persönlichkeiten. Ausstellungen<br />
über Paul Celan beispielsweise, jenen<br />
Poeten, von dem man auch sagen kann:<br />
Er stand neben sich und wäre sich am liebsten<br />
nicht begegnet – um einen Müllerschen<br />
Titel zu paraphrasieren.<br />
Ernest Wichner entscheidet sich für die Ausstellung,<br />
kuratiert sie und beschreibt sein<br />
Anliegen kurz und knapp so: Die Ausstellung<br />
will die Stationen auf dem Lebensweg<br />
Herta Müllers „von einem Kind, das Kühe<br />
„Ich ist eine andere“,<br />
titelte die<br />
„Kulturpolitische<br />
Korrespondenz“ zu<br />
Herta Müllers<br />
Roman „Atemschaukel“.<br />
Daß<br />
auch dessen<br />
Hauptgestalt ein<br />
anderer ist <strong>als</strong><br />
Oskar Pastior und<br />
selbst Oskar<br />
Pastior vielen ein<br />
anderer werden<br />
würde <strong>als</strong> noch vor<br />
einem Jahr, das<br />
alles bleibt Herta<br />
Müller noch zu<br />
erzählen<br />
Bild: Hanser<br />
hütet im Tal“ bis zu jener Frau, die in Stockholm<br />
den Nobelpreis für Literatur entgegenimmt,<br />
beleuchten.<br />
Die Umstände der Premiere in Berlin waren<br />
kurios bis bedeutungeschwer. Kulturstaatssekretär<br />
Dr. André Schmitz hieß die<br />
Gäste im Garten des Literaturhauses mit einem<br />
heiteren Lächeln willkommen und widmete<br />
sich den angenehmen Erinnerungen,<br />
wann, wo und unter welchen Umständen er<br />
Herta Müller das erste Mal erlebt habe – man<br />
merkte sofort, er gehört zur Fan-Gemeinde<br />
–, und war sogar so charmant hinzuzufügen,<br />
selbst wenn Herta Müller ihm das Telefonbuch<br />
vorläse, würde er ihr zuhören, da<br />
er das Timbre ihrer Stimme so sehr möge.<br />
Das Publikum nahm dem bemühten Staatssekretär<br />
die wohlmeinenden Sätze dankend<br />
ab – man freute sich, daß es eine geschafft<br />
hat, trotz fremdländischen Akzents nicht<br />
mehr <strong>als</strong> „Ausländerin“ betrachtet zu werden<br />
–, doch die schweren grauen Wolken<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
25
über Berlin verhießen nichts Gutes. Herta<br />
Müller faßte sich genauso kurz wie Ernest<br />
Wichner – sie verwies auf ihr Interview, deren<br />
Erscheinen für den nächsten Tag in der<br />
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ geplant<br />
war.<br />
Am 16. September 2010, pünktlich <strong>zum</strong> Ausstellungsbeginn,<br />
war auf der ersten Seite der<br />
„Süddeutschen Zeitung“ zu lesen, daß Oskar<br />
Pastior <strong>als</strong> „IM Otto Stein“ für den Geheimdienst<br />
Securitate gearbeitet haben soll<br />
– vom Juni 1961 bis <strong>zum</strong> April 1968 –, eine<br />
Entdeckung von Stefan Sienerth, Germanist<br />
und Direktor des Instituts für deutsche Kultur<br />
und Geschichte Südosteuropas an der<br />
Münchner Ludwig-Maximilians-Universität.<br />
Ob diese Nachricht zur rechten Zeit gekommen<br />
ist, wer mag das entscheiden? Aber<br />
daß die Wolken über Berlin ein Gewitter ankündigen,<br />
das empfinden wohl einige <strong>als</strong><br />
Erleichterung und verziehen sich aus dem<br />
Garten des Literaturhauses in die Ausstellungsräume,<br />
in denen – nebst Originalmanuskripten,<br />
unveröffentlichten Texten,<br />
Fotografien, Filmausschnitten, Zeitungsartikeln,<br />
Auszügen aus Müllers Securitate-<br />
Akten, Original-Collagen – auch in einem<br />
Schaukasten, unter Glas, eine mit „Versuchte<br />
Rekonstruktion“ überschriebene Notiz<br />
von Freund Oskar Pastior zu finden ist, ein<br />
Begriffe, greifbar<br />
Der Grafiker und Bildhauer Siegbert Amler aus Hirschberg in Schlesien<br />
erhält das Verdienstkreuz am Bande<br />
Der Bildhauer und Grafiker Siegbert Amler<br />
wurde mit dem Verdienstkreuz am Bande<br />
des Verdienstordens der Bundesrepublik<br />
Deutschland ausgezeichnet.<br />
Siegbert Amler, 1929 in Hirschberg/Schlesien<br />
geboren, konnte nach der Vertreibung,<br />
19jährig, eine Lehre <strong>als</strong> Holzbildhauer in<br />
Wolfenbüttel beginnen und nahm Zeichenunterricht<br />
bei Professor Ehlers in Detmold.<br />
26 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
Blatt aus dem Jahre 1992, dem Nachlaß<br />
Pastiors entnommen: „In meinen Securitate-<br />
Akten könnte Aufschluss zu finden sein: –<br />
wann (1964? 65? 66?) ich in Bukarest aus<br />
dem Rundfunkgebäude nach den Bürostunden<br />
<strong>zum</strong> ersten Verhör verschleppt wurde<br />
(im Auto, unter dem Vorwand, eine ‚Künstler-Agentur‘<br />
wolle mir was unterbreiten); echtes<br />
Kidnapping; – ob ich ein Protokoll oder<br />
eine Erklärung ‚Staatsfeindliches aus meinem<br />
Tätigkeitsbereich zu melden‘, unterschrieben<br />
habe; – wann und wie oft man mich<br />
nachher zu Verhör und Berichterstattung zitiert<br />
hat; – wer und was dabei zur Sprache<br />
kam; – dass ich nie Geld oder andere Zuwendungen<br />
erhalten habe ...“<br />
Vielleicht erinnert manch ein Besucher der<br />
Ausstellung (bis <strong>zum</strong> 31. März im Literaturhaus<br />
Stuttgart) Herta Müllers Worte: Sie betonte<br />
in ihrer kurzen Ansprache, sie habe<br />
zuerst Wut empfunden, <strong>als</strong> sie von der IM-<br />
Tätigkeit Oskar Pastiors erfahren habe, aber<br />
diese Wut habe sich sehr schnell in Trauer<br />
und Anteilnahme verwandelt. Die Frau, die<br />
so oft neben sich selbst steht, steht hier nicht<br />
neben sich, sondern neben ihrem Freund –<br />
jeder konnte es vernehmen, sie hat es deutlich<br />
genug gesagt: Sie habe ihn lieb. Es ist<br />
ihr zu wünschen, daß sie dabei bleiben kann.<br />
Ingeborg Szöllösi (KK)<br />
Ab 1954 studierte er an der Werkkunstschule<br />
in Flensburg und legte das Staatsexamen<br />
ab. Bis 1961 war er Meisterschüler von Fritz<br />
Thomas-Gottesberg. Noch <strong>als</strong> Meisterschüler<br />
machte sich Siegbert Amler selbständig<br />
und siedelte sich in Glücksburg an,<br />
wo er noch heute lebt. Ein Besuch in seinem<br />
Atelier und dem Skulpturenpark ist ein Erlebnis.
Himmel, Hallig –<br />
Holz. Doch nicht<br />
nach dem Stabreim<br />
trachtet Siegbert<br />
Amler, sondern nach<br />
dem Reim der<br />
künstlerischen Form<br />
auf die Wirklichkeit<br />
der Gegenstände<br />
und Gedanken<br />
Bilder (auch Seite 3):<br />
Archiv<br />
Die philosophisch-religöse Ernsthaftigkeit,<br />
aus der Siegbert Amler seine Werke gestaltet,<br />
brachte ihm bald Aufträge für den sakralen<br />
und profanen öffentlichen Raum. Mitte<br />
der 1960er Jahre gelang ihm mit der Gestaltung<br />
des Denkm<strong>als</strong> für die Toten der Vertreibung<br />
in der internationalen Kriegsgräberstätte<br />
am Karberg in Schleswig und mit den<br />
Glasfenstern der <strong>Ost</strong>deutschen Patenkapelle<br />
in Fahrdorf bei Schleswig der entscheidende<br />
Durchbruch.<br />
Seine Arbeiten für den öffentlichen Raum,<br />
Brunnen, Einzelfiguren oder Figurengruppen<br />
sind einfallsreich und sensibel der Umgebung<br />
angepaßt und bestechen durch die<br />
schöne Gestaltung, haben aber immer einen<br />
symbolischen Hintergrund. Amler thematisiert<br />
Begriffe wie beschirmt, behütet, Verkettung,<br />
Frieden, Flucht, Miteinander. Begriffe<br />
werden zu Skulpturen, zu Formen und zu<br />
haptischer Realität. Siegbert Amler verläßt<br />
das Gegenständliche nie. Er bewegt sich auf<br />
dem schmalen Grat zwischen Realität und<br />
Abstraktion. Dies wird besonders an seinen<br />
zahlreichen Tierplastiken deutlich. Er bezeichnet<br />
dies <strong>als</strong> „plastische Reaktion auf<br />
das Zeitgeschehen“.<br />
Siegbert Amler hat nie Skrupel bei der Wahl<br />
seiner Materialien. Das Material muß sich<br />
seiner künstlerischen Absicht beugen und<br />
regt ihn zu neuen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
an. Er arbeitet mit Naturstein, Holz, Bronze,<br />
Mooreiche, Kunststoff, Stahl, Glas, Beton.<br />
Dabei ist er nicht nur ein hervorragender<br />
Bildhauer, sondern auch ein begabter Grafiker.<br />
Seine minimalistischen Landschaften,<br />
Porträts und Tiere, die er auf seinen vielen<br />
Reisen schuf, legen Zeugnis davon ab.<br />
Siegbert Amler produziert nicht nur Kunst,<br />
sondern vermittelt auch Kunst. Er war <strong>als</strong><br />
Kunsterzieher tätig und gab mehr <strong>als</strong> hundert<br />
Kurse an der Volkshochschule in Flensburg<br />
und Dänemark. Seit 1988 leitet er Malreisen<br />
ins süd- und osteuropäische Ausland.<br />
Siegbert Amlers Arbeiten waren in mehr <strong>als</strong><br />
60 Einzelausstellungen und zahlreichen<br />
Gemeinschaftsausstellungen rund um die<br />
Welt zu sehen. Museen, Kommunen, Institutionen<br />
des In- und Auslands kauften seine<br />
Arbeiten. Eine besondere Auszeichnung war<br />
der Ankauf von drei Plastiken des Künstlers<br />
durch das Design-Center in Tokio.<br />
Die Stadt Hirschberg verlieh Siegbert Amler<br />
1998 die Ehrenmedaille, das Land Niedersachsen<br />
2006 den Kulturpreis Schlesien<br />
des Landes Niedersachsen und die Bundesrepublik<br />
Deutschland 2010 den Verdienstorden<br />
am Bande. Das Museum <strong>Ost</strong>deutsche<br />
Heimatstube Bad Zwischenahn würdigt<br />
Siegbert Amler im Rahmen der Serie „Kunstobjekt<br />
des Monats“ im Januar 2011 mit einer<br />
kleinen Ausstellung.<br />
Idis B. Hartmann (KK)<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
27
„Grundsteine im Gepäck“<br />
Der Schriftsteller Matthias Kneip und der Bildhauer Stanislaw Wysocki<br />
erhalöten den Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen 2011<br />
Der Regensburger Schriftsteller und Mitarbeiter<br />
am Deutschen Polen-Institut in Darmstadt,<br />
Dr. Matthias Kneip, erhält den Kulturpreis<br />
Schlesien des Landes Niedersachsen<br />
2011. Uwe Schünemann, Niedersachsens<br />
Minister für Inneres und Sport, hat die Preisträger<br />
bekanntgegeben, der Schriftsteller<br />
Matthias Kneip und der Bildhauer Stanislaw<br />
Wysocki wurden von einer unabhängigen<br />
Jury aus Deutschland und Polen gewählt.<br />
Der 1977 ins Leben gerufene Kulturpreis<br />
Schlesien dient der Würdigung von Künstlern,<br />
die entweder selbst aus Schlesien<br />
stammen oder deren Werk Bezüge zu Schlesien<br />
aufweist. Zu den bisherigen Preisträgern<br />
zählen u. a. Dieter Hildebrandt, Sigmar<br />
Polke, Janosch und Kurt Masur.<br />
Matthias Kneip gehört zu jener Generation<br />
von Deutschen, deren Familien eine Prägung<br />
im ostdeutschen Kulturraum erhalten haben,<br />
den sie im Laufe der Vertreibung oder Spätaussiedlung<br />
verlassen mußten. Der 1969<br />
in Regensburg geborene Matthias Kneip<br />
wuchs zwischen deutschen, polnischen und<br />
schlesischen Kultureinflüssen auf. Kneip<br />
studierte Germanistik, <strong>Ost</strong>slawistik und Politologie<br />
an der Universität Regensburg.<br />
28 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
1995/96 arbeitete er <strong>als</strong> Lektor für deutsche<br />
Sprache und Literatur an der Universität<br />
Oppeln. 1999 erfolgte die Promotion an der<br />
Universität Regensburg <strong>zum</strong> Thema „Die<br />
politische Rolle der deutschen Sprache in<br />
Oberschlesien 1921–1999“. Seit März 2000<br />
ist er <strong>als</strong> wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Deutschen Polen-Institut in Darmstadt sowie<br />
<strong>als</strong> freier Schriftsteller tätig.<br />
Kneip hat eine Vielzahl von Büchern mit Gedichten,<br />
Aphorismen und Erzählungen veröffentlicht,<br />
sowohl in deutscher <strong>als</strong> auch in<br />
polnischer Sprache, u.a. „Polenreise“ und<br />
„Grundsteine im Gepäck“ im Verlag House<br />
of the Poets. Seine Lesungen und Vorträge<br />
an polnischen und deutschen Schulen sind<br />
ein wichtiger Beitrag zur Verständigung<br />
zwischen Deutschen und Polen. Schon heute<br />
darf man Matthias Kneip wohl zu den bekanntesten<br />
Mittlern seiner Generation im<br />
deutsch-polnischen Kulturaustausch zählen,<br />
wobei er sich mit seiner Arbeit vor allem an<br />
die junge deutsche und polnische Generation<br />
wendet.<br />
Minister Schünemann wird die Preisträger<br />
am 3. September 2011 in Goslar auszeichnen.<br />
(KK)<br />
Der Scherben ist alles andere <strong>als</strong> eine Scherbe<br />
Proskauer Glanzstücke des ersteren im Oberschlesischen<br />
Landesmuseum Ratingen<br />
„Glanzstücke schlesischer Keramik“ ist der<br />
Titel der neuen Sonderausstellung im Oberschlesischen<br />
Landesmuseum von Ratingen-<br />
Hösel, die den Besuchern einen umfassenden<br />
Überblick über die Besonderheiten der<br />
schlesischen Fayencen bietet. Wie Muse-<br />
umsdirektor Dr. Stephan Kaiser erklärt, hat<br />
es eine solche Präsentation schlesischer<br />
Fayencen in Deutschland nach 1945 noch<br />
nicht gegeben: „Wir sind sehr stolz darauf,<br />
erstm<strong>als</strong> Schaustücke aus Polen, Tschechien<br />
und Deutschland in dieser Form zusammen
BlütenweißdasTischtuch,<br />
blütenreich<br />
die Keramik<br />
Bild aus der<br />
Ausstellung<br />
präsentieren zu können. Ermöglicht wurde<br />
uns dies dank Unterstützung durch private<br />
Sammler wie Dr. Jürgen Baur aus Köln und<br />
Bolko Peltner aus Höhr-Grenzhausen sowie<br />
durch Leihgaben aus öffentlichen Institutionen<br />
wie dem Museum für Schlesische Landeskunde<br />
in Königswinter, dem Schlesischen<br />
Museum, Troppau/ Opava, und dem<br />
Oberschlesischen Museum in Beuthen/<br />
Bytom.“<br />
Sammlern ist es bekannt, daß oberschlesische<br />
Fayencen aus Proskau und Glinitz<br />
geschätzt und heute zu hohen Preisen gehandelt<br />
werden. Diesen bedeutenden keramischen<br />
Erzeugnissen aus der zweiten Hälfte<br />
des 18. Jahrhunderts widmen das Oberschlesische<br />
Landesmuseum und das Haus<br />
Schlesien die Sonderausstellung mit mehreren<br />
Stationen. Die Schau ist bis <strong>zum</strong> 6.<br />
Februar 2011 in Ratingen zu besichtigen und<br />
wird dann in abgewandelter Form vom 20.<br />
Februar bis <strong>zum</strong> 1. Mai 2011 im Museum für<br />
schlesische Landeskunde im Haus Schlesien<br />
von Königswinter und vom 15. Mai bis<br />
September 2011 im Schlesischen Museum<br />
Troppau/Opava gezeigt.<br />
Die Ausstellung zeigt neben Proskauer<br />
Fayencen auch Erzeugnisse aus der Manufaktur<br />
in Glinitz (heute Glinica in der Woi-<br />
wodschaft Schlesien) und der von Carl von<br />
Dietrichstein gegründeten Manufaktur in<br />
Mährisch-Weißkirchen (heute Hranice na<br />
Morave in Tschechien).<br />
So wollen die Veranstalter die Fayencen in<br />
einem größeren geographischen und auch<br />
politischen Zusammenhang darstellen. Zusätzlich<br />
zu den eigentlichen Keramikstücken<br />
werden auch Informationen zur Geschichte<br />
und Technik der Fayence vermittelt. Die<br />
Fayenceherstellung mit dem Schwerpunkt<br />
Proskau ist für die Kunst, Kultur und Wirtschaft<br />
des 18. Jahrhunderts typisch und<br />
daher besonders aussagekräftig.<br />
Es ist belegt, daß Preußens König Friedrich<br />
II., genannt der Große, den Grafen Leopold<br />
von Proskau im Jahre 1763 veranlaßte, eine<br />
Fayencefabrik zu gründen. Aufgrund der<br />
günstigen geographischen Gegebenheiten<br />
des oberschlesischen Proskau (heute<br />
Prószków in der Woiwodschaft Oppeln) eignete<br />
sich dieses Dorf mit mehreren Tonlagern,<br />
großen Wäldern und dem Wasser der<br />
Proska besonders für einen keramischen<br />
Betrieb. Die ersten Arbeiter in Proskau wurden<br />
aus der Fayence-Manufaktur im<br />
mährischen Holitsch sowie von der Straßburger<br />
Manufaktur Paul und Josef Hannongs<br />
angeworben. Einen Höhepunkt erlebte die<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
29
Proskauer Manufaktur, <strong>als</strong> sie 1770 in den<br />
Besitz der Familie von Dietrichstein gelangte.<br />
In dieser Zeit entstand der größte Teil der<br />
figürlichen Objekte, die auch in der Ausstellung<br />
vertreten sind.<br />
Pastetendosen, Terrinen und Kannen in Form<br />
von Obst, Gemüse und Tieren dienten <strong>als</strong><br />
dekorative Elemente einer festlich gedeckten<br />
Tafel. Die mit bunten Muffelfarben bemalten<br />
Geschirre wurden auch mit plastischen<br />
floralen Elementen etwa <strong>als</strong> Henkel oder<br />
Knauf dekoriert. Aber auch mythologische<br />
und religiöse Motive sowie Genreszenen<br />
schmückten die Fayencen.<br />
Das Baltikum leuchtet – wem?<br />
Stadtschreiber-Stipendium des Deutschen Kulturforums<br />
östliches Europa in Reval/Tallinn<br />
Das Deutsche Kulturforum östliches Europa<br />
schreibt in Zusammenarbeit mit der estnischen<br />
Hauptstadt Reval/Tallinn und dem<br />
Estnischen Schriftstellerverband die Stelle<br />
eines Stadtschreibers/einer Stadtschreiberin<br />
in der Europäischen Kulturhauptstadt<br />
aus. Es ist nach Danzig/Gdansk 2009 (Sabrina<br />
Janesch) und Fünfkirchen/Pécs 2010<br />
(Maike Wetzel) die dritte Station dieses Stipendiums.<br />
Deutschsprachige Autorinnen und Autoren,<br />
die bereits schriftstellerische oder journalistische<br />
Veröffentlichungen vorzuweisen haben,<br />
sind eingeladen, sich um den Posten<br />
des Stadtschreibers/der Stadtschreiberin<br />
in Tallinn, dem früheren Reval, für 2011 zu<br />
bewerben. Insbesondere werden solche<br />
Autorinnen und Autoren angesprochen, die<br />
sich auf die Wechselseitigkeiten von Literatur<br />
und historischem Kulturerbe der Stadt<br />
und der Region einlassen wollen. Bewerbungsschluß<br />
ist der 20. Januar 2011.<br />
Über die Vergabe der Stadtschreiberstelle,<br />
verbunden mit einem monatlichen Stipendium<br />
von 1300 Euro für fünf Monate (Mai bis<br />
30 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
Die Arten von Ton, die in Proskau verwendet<br />
wurden, ergaben einen grauweißen, weißgelben<br />
oder orangegelben Scherben.<br />
Nach dem Tod von König Friedrich II. wurde<br />
in Proskau vor allem Steingut mit neoklassischen<br />
Dekormotiven hergestellt. Die<br />
Fayence war nicht mehr zeitgemäß, und<br />
die Konkurrenz des Porzellans wuchs<br />
übermächtig. Ein Brand in der Proskauer<br />
Schlämmhalle 1853 wurde <strong>zum</strong> Anlaß genommen,<br />
die Produktion einzustellen. Im<br />
niederschlesischen Waldenburg entstanden<br />
danach mehrere Porzellanfabriken.<br />
D. G. (KK)<br />
September 2011), einer kostenlosen Wohnmöglichkeit<br />
in Tallinn und Reisemitteln, entscheidet<br />
eine qualifizierte Jury. Ausführliche<br />
Informationen unter www.kulturforum.info/<br />
stadtschreiber.<br />
Das Stadtschreiber-Stipendium des Deutschen<br />
Kulturforums östliches Europa soll<br />
das gemeinsame kulturelle Erbe der Deutschen<br />
und ihrer Nachbarn in jenen Regionen<br />
Mittel- und <strong>Ost</strong>europas, in denen Deutsche<br />
gelebt haben bzw. heute noch leben, in<br />
der breiten Öffentlichkeit bekannt machen<br />
sowie außergewöhnliches Engagement für<br />
gegenseitiges Verständnis und interkulturellen<br />
Dialog fördern. Als Wanderstipendium<br />
konzipiert, wird es an herausragenden<br />
Orten des östlichen Europa angesiedelt.<br />
2009 wurde es in Kooperation mit<br />
der Stadt Danzig, 2010 in Zusammenarbeit<br />
mit der Stadt Fünfkirchen/Pécs vergeben.<br />
Ansprechpartner: Deutsches Kulturforum<br />
östliches Europa, Thomas Schulz, Am Neuen<br />
Markt 1, D-14467 Potsdam, Telefon + 49<br />
(0) 331 20098-18. (KK)
Leichtes Holz, zarte Farben<br />
Marie-Luise Salden zeigt Farbholzschnitte und Papierschöpfungen im<br />
<strong>West</strong>preußischen Landesmuseum Münster-Wolbeck<br />
Marie-Luise Salden zeigte im <strong>West</strong>preußischen<br />
Landesmuseum zu Münster-<br />
Wolbeck Farbholzschnitte und Papierschöpfungen.<br />
Die 1939 in Elbing/<strong>West</strong>preußen<br />
(heute Elblag in Polen) geborene<br />
Künstlerin Marie-Luise Salden gilt <strong>als</strong> eine<br />
international ausgewiesene Spezialistin der<br />
Holzschnittkunst. Sie lebt und arbeitet in<br />
Troisdorf bei Köln. Beachtenswert ist auch<br />
ihr jahrelanges Engagement für den Ausbau<br />
des deutsch-polnischen Kulturaustauschs.<br />
Die jüngste Ausstellung unter dem Motto<br />
„Bewegte Stille“ im historischen Drostenhof<br />
von Münster-Wolbeck präsentiert den Besuchern<br />
Farbholzschnitte aus verschiedenen<br />
Schaffensabschnitten sowie großdimensionierte<br />
Rollbilder im Format traditioneller<br />
japanischer Schiebetüren, die Salden im<br />
Jahre 2009 geschaffen hat. Über Stipendien,<br />
Lehraufträge und Arbeitsprojekte hat die<br />
Eine Bilanz der Künstlerfreundschaft<br />
zwischen Sigmar Polke und Klaus<br />
Staeck soll die Ausstellung von Werken<br />
des ersteren in der Berliner Akademie<br />
der Künste am Potsdamer Platz bis <strong>zum</strong><br />
13. März sein, für die letzterer, Präsident<br />
der Akademie und Künstlerkollege, seine<br />
pivaten Archive geöffnet hat.<br />
Das Schlesische Museum zu Görlitz<br />
zeigt bis <strong>zum</strong> 27. Februar „Heilige auf<br />
Glas“, Hinterglasbilder aus der Grafschaft<br />
Glatz in Schlesien – eine Privatsammlung<br />
im Besitz von Heidi und Fritz Helle.<br />
Die Sonderausstellung „Reiseziel.<br />
Schlesien“, die 16 attraktive Stationen<br />
KK-Notizbuch<br />
Künstlerin verschiedene Kulturstätten in Japan,<br />
Australien und in ihrer alten Heimat besucht,<br />
wo sie mitunter <strong>als</strong> Museumspädagogin<br />
und Kunstdozentin tätig ist. In Japan<br />
erlernte sie übrigens das traditionelle Handwerk<br />
des Papierschöpfens und -gestaltens.<br />
In einer eigenwillig interpretierten Tradition<br />
des Expressionismus hat Marie-Luise Salden<br />
ihre „Handschrift“ durch stete Arbeit und<br />
den geistigen Austausch mit außereuropäischen<br />
Kulturen zu einer sensiblen Kunst<br />
weiterentwickelt. Mit graziösen, durch perfekte<br />
Technik gewonnenen Linien und zarten<br />
Farben erreicht sie eine faszinierende<br />
Transparenz ihrer Sujets. Sie macht das<br />
Material Holz „leicht“ und spiegelt gleichzeitig<br />
dessen spirituelles Wesen aus dem Zusammenwirken<br />
der Naturelemente.<br />
(KK)<br />
präsentiert und über die Geschichte des<br />
Tourismus in Schlesien informiert, wurde<br />
bis <strong>zum</strong> 1. Mai verlängert.<br />
Die Wanderausstellung „Erzwungene<br />
Wege. Flucht und Vertreibung im Europa<br />
des 20. Jahrhunderts“ des Bundes der<br />
Vertriebenen in Zusammenarbeit mit der<br />
Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen<br />
macht bis <strong>zum</strong> 13. März Station im<br />
Donauschwäbischen Zentralmuseum<br />
Ulm.<br />
Vom 18. Februar bis <strong>zum</strong> 27. März zeigt<br />
das Museum in Kooperation mit der<br />
Stiftung Erinnerung Ulm 40 Fotografien<br />
von Gustav Frank mit Motiven aus<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
31
Ulm, von der Schwäbischen Alb und aus<br />
Chicago.<br />
Das <strong>Ost</strong>preußische Landesmuseum<br />
Lüneburg präsentiert unter dem Titel<br />
„Verheerungen. Verklärungen“ bis <strong>zum</strong><br />
3. April den ostpreußischen Künstler<br />
Klaus Seelenmeyer (1918–2010), der<br />
in Lüneburg gewirkt hat.<br />
Das Düsseldorfer Gerhart-Haupt-<br />
Wenn Ihnen die Thematik der Kulturpolitischen Korrespondenz am Herzen liegt, so geben<br />
Sie sie bitte auch an Bekannte und Freunde weiter. Die Stiftung Deutsche Kultur im östlichen<br />
Europa – OKR ist dankbar für jede Hilfe bei der Erfüllung ihrer selbstgestellten Aufgabe, ostdeutsches<br />
kulturelles Erbe bewußt und europäischen kulturellen Austausch lebendig zu erhalten.<br />
Bestellschein<br />
Ihr Interesse kann Interesse wecken!<br />
Ich möchte Ihre monatlich<br />
erscheinende<br />
Meine Versandanschrift lautet:<br />
KULTURPOLITISCHE<br />
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regelmäßig zugeschickt erhalten. Die<br />
Jahresgebühr von 35 Euro begleiche ich<br />
nach Erhalt der Rechnung. Das Abonne-<br />
PLZ/Ort<br />
ment ist <strong>zum</strong> Jahresende kündbar. Unterschrift<br />
Stiftung Deutsche Kultur im östlichen<br />
Europa – OKR<br />
Kaiserstraße 113<br />
53113 Bonn<br />
32 KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
<strong>West</strong>kreuz-Druckerei Ahrens KG, Postfach 490280, 12282 Berlin<br />
PVSt, DPAG, Entgelt bezahlt, 58106<br />
mann-Haus präsentiert in Zusammenarbeit<br />
mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft<br />
Düsseldorf und der Gesellschaft<br />
Spiesratze eine Ausstellung des<br />
Eduard Held Museums und der Firma PVO<br />
(Tschechien): „Böhmischer Fasching<br />
trifft auf Rheinischen Karneval“.<br />
Dieses Heft wurde gedruckt mit Unterstützung<br />
des Beauftragten der Bundesregierung<br />
für Kultur und Medien. (KK)<br />
www.ostdeutscher-kulturrat.de<br />
Telefon 02 28 / 2 89 33 12<br />
Telefax 02 28 / 2 89 33 14<br />
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