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Blättchen 2011_08.qxd - Verlag für Berlin-Brandenburg

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schiede zu streiten, was Menschenrechte sind. Da wird Europa gegen-über den Partnern nicht<br />

mehr triumphieren, dass endlich die Zusammenar-beit Realität werden muss; denn es wird gar<br />

nicht anders gehen: Katastrophenfor-schung wird die Friedensforschung abgelöst haben.<br />

Gerade weil so schwer vorstellbar ist, dass die Staaten ihr Feilschen um ab-strakte Prozentziffern<br />

bei Abgasen durch harte internationale Verbote erset-zen, damit eine unkontrollierbare Katastrophe<br />

doch noch rechtzeitig abge-fangen werden kann, ist zu wünschen, dass es früh genug ausreichende<br />

Katastrophen gibt, die ausreichenden Handlungszwang <strong>für</strong> die Regierungen auslösen.<br />

Es wird ein Wettlauf, ob das Notwendige rechtzeitig geschieht, damit die Klimakatastrophe als<br />

das große Problem unseres Jahrhunderts nicht nur bezeichnet, sondern als wirkliche und ernste<br />

Gefahr anerkannt wird. Diesen Wettlauf kann die Natur nicht verlieren. Die Menschheit schon.<br />

Aus: Hans J. Gießmann / Götz Neuneck, Streitkräfte zähmen, Sicherheit schaffen, Frieden gewinnen.<br />

Festschrift <strong>für</strong> Reinhard Mutz, Nomos <strong>Verlag</strong>sgesellschaft mbH & Co. KG, Baden-Baden<br />

2008. Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors und des <strong>Verlag</strong>es<br />

Eigenartige Konstellationen<br />

von Erhard Crome<br />

Die Bundesregierung wollte nicht, dass Deutschland auf die schiefe Bahn gerät. Deshalb votierte<br />

sie im UNO-Sicherheitsrat nicht <strong>für</strong> den Krieg gegen Libyen. Jeder Krieg trägt die Eskalation<br />

in sich. Man beginnt einen wunderbaren, in der Planung siegreichen Blitzkrieg, wie<br />

Deutschland unter Befehl Hitlers gegen die Sowjetunion 1941, und bleibt plötzlich vor Moskau<br />

in Morast und Schneetreiben stecken. Diese Gefahr besteht in Libyen nicht. Aber auch dort<br />

scheint der Blitzkrieg bereits verloren. Es bleibt der Ermattungskrieg.<br />

Wer ermattet zuerst? Nach vier Wochen Bombardierung ist Gaddafis Armee noch immer in<br />

der Lage, sich zu wehren. Dreißig Prozent ihrer militärischen Kapazität sind vernichtet, heißt es.<br />

Das bedeutet: Siebzig Prozent hat sie noch. Die so genannten Rebellen, die von Spezialkräften<br />

vor allem Großbritanniens formiert und unterwiesen werden, können den Bürgerkrieg mit eigenen<br />

Kräften nicht gewinnen. Gefordert wird, es soll noch mehr bombardiert werden. Und dann<br />

braucht man doch noch Bodentruppen, um die Sache <strong>für</strong> sich zu entscheiden? Das wäre die Eskalation,<br />

die Westerwelle gerade vermeiden will. Oder ermattet der Rüstungshaushalt der USA?<br />

Zwei vergebliche Kriege, in Irak und Afghanistan, werden gerade abgewickelt. Der Afghanistankrieg<br />

allein kostet die USA 100 Milliarden Dollar jährlich. Wissen die fünfzig Millionen armen<br />

USA-Bürger, denen die Republikaner aus Gründen der Budgetsanierung gerade die Krankenversicherung<br />

wegnehmen wollen, dass da am Hindukusch ihre Interessen verteidigt werden?<br />

Was sollten die USA da jetzt auch noch in Libyen? Einen weiteren Krieg in der arabischen bzw.<br />

muslimischen Welt? Oder ermattet die öffentliche Zustimmung in Frankreich, nachdem sich erweist,<br />

dass der großsprecherische Präsident zwar einen Krieg zu beginnen wusste, nicht aber, wie<br />

er beendet werden könnte.<br />

Viele Fragen, aber wenig Antworten.<br />

Die Vorreiter des Libyen-Krieges waren Frankreich und Großbritannien. Die USA folgten<br />

zunächst widerwillig, trugen die Resolution im UNO-Sicherheitsrat aber mit. So entstand die eigenartige<br />

Situation, dass diese drei Ständigen und sieben Nichtständige Mitglieder des Sicherheitsrates<br />

am Ende <strong>für</strong> die Resolution zur Kriegsermächtigung stimmten, aber Russland und<br />

China sowie Indien, Brasilien und Deutschland sich enthielten. Das war die Konstellation, in der<br />

Westerwelle von der schiefen Bahn redete.<br />

Für viele Angehörige der sogenannten politischen Klasse in Deutschland kam das überraschend.<br />

Mit der re-education und einer Reihe von Programmen zur Heranbildung eines amerikahörigen<br />

politischen Personals hatten die US-Besatzungsbehörden und nach 1949 deren Nachfolgeeinrichtungen<br />

in der alten Bundesrepublik alles getan, um die außenpolitischen<br />

Entscheidungsprozesse so zu konditionieren, dass diese stets der Vormacht folgen. Ganz in diesem<br />

Sinne hatte bald nach der deutschen Vereinigung Ronald D. Asmus von der RAND-Corpora-<br />

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