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PDF-Download - Bayerische Staatsoper

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P–r–e–m–i–e–r–e<br />

Fidelio<br />

1. Akademiekonzert<br />

Der freischaffenDe<br />

Kompromiss<br />

Aus Anlass der Aufführung des legendären Violinkonzerts<br />

Offertorium von Sofia Gubaidulina beim 1. Akademiekonzert<br />

und der Neuproduktion von Ludwig van Beethovens<br />

Fidelio: Gedanken zur rolle des Komponisten zwischen<br />

Nischendasein und Öffentlichkeit.<br />

Der freischaffende Künstler verfolgt<br />

eine unökonomische Arbeit.<br />

inter essant wird es, wenn von den<br />

Produkten dieser Arbeit gelebt<br />

werden soll. ein Komponist beispielsweise<br />

produziert unnütze Gegenstände,<br />

die nicht einmal Gegenstände<br />

sind, sogenannte Werke, und<br />

lebt davon, sie zu vermarkten. er<br />

geht prinzipiell in Vorleistung, verkauft<br />

aber am besten etwas noch<br />

nicht existierendes, das eigentlich<br />

erst beschreibbar wäre, nachdem es<br />

fertig ist. er ist die gelebte Parodie auf den markt.<br />

ein Klempner wird in auftragsarmen Zeiten eher selten<br />

darangehen, bei sich zu Hause überall ein paar zusätzliche<br />

Duschbatterien anzubringen. Genau das aber tun manchmal<br />

Komponisten. Welche Ökonomie steckt dahinter?<br />

eine, die sich im entzug von ökonomischen Gesetzen erfüllt?<br />

Oder im Gegenteil die radikale Unternehmerlogik, die<br />

das ganze Leben dessen umgreift, der sich ihr stellt? Die<br />

nötige Balance zwischen dem entwurf und der konkreten<br />

Auftragslage macht den hauptberuflichen Künstler zwangsläufig<br />

zum hauptberuflichen Verleugner von risiko und<br />

Prekarität.<br />

Von moritz Gagern<br />

„es fällt mir<br />

von Tag zu Tag schwerer,<br />

auf dem niveau<br />

meines blauen porzellans<br />

zu leben.”<br />

oscar Wilde<br />

4<br />

4<br />

Früher gab es den fest angestellten<br />

Kapellmeister, dann kamen mozart<br />

und Beethoven, dann gab es den<br />

fest an ge stellten Kom positionsprofessor.<br />

Was hat sich erhalten von<br />

dem Vorbild dieser früh industriellen<br />

Aus nahme erschein ungen?<br />

Was hat sich verändert, seit ein<br />

mo zart ständig langweiligen einladungen<br />

bei reichen Gönnern folgen<br />

musste, anstatt weiter zuarbeiten,<br />

und ein Beet hoven mit Fürst Kinsky<br />

jun ior um die Auszahlung der<br />

spär lichen rente gerichtlich streiten musste, die dessen<br />

Vater ihm vertraglich zugesichert hatte?<br />

Wir haben heute ein gutes Urheberrecht und eine Handvoll<br />

institutionen, die dieser uralten Ökonomie des Unökonomischen<br />

rechnung tragen. Vermutlich wird in jeder<br />

Kultur auf die eine oder andere Art eine Arbeit gesellschaftlich<br />

unterstützt, die darin besteht, Fragen zu stellen,<br />

die nicht zu beantworten sind, und diese fehlende<br />

Antwort in irgendein Bild oder ein Geschehen zu fassen,<br />

mit dem der beängsti gend leere Punkt des Lebens überbrückbar<br />

wird. Doch an den berufsspezifischen Widersprüchen<br />

zwischen den Forderungen dieser Arbeit auf

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