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20 Jahre Angela Merkel – Vom Mauerblümchen zur mächtigsten ...

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Ann-Christin Wehmeyer<br />

<strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Vom</strong> <strong>Mauerblümchen</strong> <strong>zur</strong> <strong>mächtigsten</strong> Frau der Welt.<br />

Westfälische Wilhelms-Universität Münster<br />

Institut für Kommunikationswissenschaft<br />

Eine Inhaltsanalyse der Medien-Frames<br />

der Zeitschrift Der Spiegel von 1990 bis <strong>20</strong>10.


Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine bereits fertiggestellte Bachelorarbeit, die die<br />

Medienberichterstattung über <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> unter dem Aspekt des Framings betrachtet.<br />

Die bestehende politik- und kommunikationswissenschaftliche Auseinandersetzung mit der derzeitigen<br />

Bundeskanzlerin <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> fokussiert insbesondere den Gender-Aspekt sowie ihre DDR-<br />

Vergangenheit als forschungsrelevante Themen (vgl. Holtz-Bacha <strong>20</strong>07, Scholz <strong>20</strong>07, Noack <strong>20</strong>07,<br />

Pfannes <strong>20</strong>04). Trotz unzähliger Studien und Publikationen fehlt bislang ein umfassender Überblick<br />

darüber, inwieweit sich die Darstellung von <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> in den Medien über die <strong>Jahre</strong>, in denen sie<br />

auf politischem Parkett aktiv ist, geändert hat. Die aktuell früheste Inhaltsanalyse, die sich mit ihr<br />

beschäftigt, setzt 1999 ein (vgl. Koch <strong>20</strong>07: 156f). Um dem Forschungsdesiderat nachzukommen<br />

wurde eine Inhaltsanalyse der Berichterstattung der Wochenzeitschrift Der Spiegel im Zeitraum von<br />

1990 bis <strong>20</strong>10 vorgenommen. Als forschungsleitende Perspektive wurde das Konzept des Framings<br />

gewählt. In Anbetracht der bereits bestehenden Publikationen erscheint es vielversprechend, die<br />

Darstellung ihrer Karriere auf die Thematisierung bezüglich ihrer Rolle als Frau und ihrer ostdeutschen<br />

Vergangenheit zu untersuchen.<br />

Grundlegend beeinflusst hat die Framing-Forschung das Konzept von Robert Entman. Er legt eine<br />

operationale Definition vor, die nicht nur einen Überblick über die theoretische Konzeption von Frames<br />

gibt, sondern auch eine Anleitung darstellt, diese zu generieren:<br />

„To frame is to select some aspects of a perceived reality and make them more salient in a communicating<br />

context, in such a way as to promote a particular problem definition, causal interpretation, moral<br />

evaluation, and/or treatment recommendation for the item described.” (1993: 52)<br />

Diese Forschungsarbeit beschäftigt sich mit der Identifikation von Frames aus Medienbeiträgen, die<br />

inhaltsanalytisch extrahiert werden. Frames werden hier „implizit als Eigenschaften eines Textes<br />

behandelt“ (Matthes <strong>20</strong>07: 129). Es handelt sich um spezifische Muster, die aus einer Problemdefinition,<br />

einer Verantwortungszuschreibung, moralischen Bewertungen und Handlungsanweisungen<br />

bestehen, die sich in journalistischen Texten konstituieren (vgl. Matthes <strong>20</strong>09: 1<strong>20</strong>). In der vorliegenden<br />

Studie wurden inhaltsbezogene, themenspezifische Frames erhoben. Dabei ist die methodische<br />

Vorgehensweise an das Konzept von Jörg Matthes und Matthias Kohring angelegt (vgl.<br />

Matthes/Kohring <strong>20</strong>04): Das manuell-dimensionsreduzierende Verfahren geht auf die Idee <strong>zur</strong>ück,<br />

dass ein Frame ein bestimmtes, unverwechselbares Muster eines Textes aufweist, das durch die Erhebung<br />

von Frame-Elementen identifiziert werden kann. Ausgangspunkt ist somit, die einzelnen<br />

Elemente eines Frames zu erfassen und nicht den kompletten Frame. Die Elemente bestimmen<br />

Matthes und Kohring nach der oben genannten Frame-Definition von Entman. Gleichwohl muss ein<br />

Frame nicht alle vier Aspekte enthalten.<br />

Die Medien-Frames wurden induktiv, das heißt erst nach der Ansicht des empirischen Materials, generiert.<br />

Die Identifikation erfolgte anhand des statistischen Verfahrens der hierarchischen Clusteranalyse.<br />

Dabei wurden die Ausprägungen der als Variablen begriffenen Frame-Elemente geclustert,<br />

„sofern diese Elemente sich hinsichtlich mehrerer, möglichst vieler relevanter Merkmale ähnlich sind<br />

und sich gleichermaßen von Elementen anderer Typen hinsichtlich dieser Merkmale unterscheiden.“<br />

(Scholl <strong>20</strong>02: 10) „Sofern ein solches Muster über mehrere Texte hinweg identifiziert werden kann,<br />

soll von einem Frame die Rede sein“ (Matthes/Kohring <strong>20</strong>04: 62).<br />

Als Untersuchungszeitraum wurden <strong>20</strong> <strong>Jahre</strong> ausgewählt, vom 1. Januar 1990 bis zum 31. Dezember<br />

<strong>20</strong>10. Zu Beginn des Analysezeitraumes hatte <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> beschlossen, sich politisch zu beteiligen.<br />

1


Nach Empfehlungen Rösslers (<strong>20</strong>05: 53) als stichprobenrelevant definiert waren Texte, die den Namen<br />

„<strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong>“ in der Überschrift und/oder im Lead enthalten. Mit Hilfe des online Archivs des<br />

Spiegel wurden 413 Artikel gezählt, von denen 180 <strong>zur</strong> eigentlich Analyse herangezogen worden sind.<br />

Von den untersuchten Beiträgen weisen 138 einen Frame auf, die restlichen 42 Artikel enthalten<br />

keinen Frame. Insgesamt ist für die Anzahl der Medienbeiträge über <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> ein Anstieg zu<br />

verzeichnen. Auffallend ist, dass die Artikelanzahl ab dem Jahr <strong>20</strong>00 schlagartig zunimmt. Mittels der<br />

hierarchischen Clusteranalyse wurden drei Frames aus den Medien-beiträgen generiert:<br />

1. „Koryphäe der Emanzipation“<br />

2. „Die Fremde bringt nur Schaden“<br />

3. „Gender-Karrieren-Zwiespalt“<br />

Der erste identifizierte Frame, „Koryphäe der Emanzipation“, stellt <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> hauptsächlich als<br />

Ostdeutsche dar und fokussiert das Thema Emanzipation. Hier gibt es eine hohe Nutzenbewertung.<br />

Insbesondere werden ihrem Geschlecht sowie ihrer politischen Karriere Verantwortung für die<br />

Emanzipation zugeschrieben.<br />

Als „Die Fremde bringt nur Schaden“ wird das zweite erhaltene Textmuster betitelt. Die Darstellung<br />

von <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> beschränkt sich hier zum großen Teil auf die Variable „Fremde“. Neben diesem<br />

Aspekt dominieren politische Themen. Die Daten implizieren eine hohe Schadenbewertung. Als Akteure<br />

für den Schaden, der sich individuell, politisch und wirtschaftlich auswirkt, werden <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong><br />

als Frau, als Ostdeutsche, als Fremde sowie ihre politische Karriere genannt. Interessant ist, dass<br />

eine Schadenverantwortung in Besonderem auch männlichen Politikern anderer Parteien, zumeist<br />

Politikern der CSU, zugeschrieben wird.<br />

Der „Gender-Karrieren-Zwiespalts“-Frame fällt <strong>–</strong> wie der Name vermuten lässt <strong>–</strong> nicht eindeutig aus.<br />

Als Hauptthemen fallen in dieses Muster überwiegend politische Themen sowie die politische Karriere<br />

von <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong>. Es gibt weder eine Nutzen- noch eine Schadenbewertung. Die moralische Bewertung<br />

fällt ambivalent aus: Sowohl als Frau als auch als Politikerin wird <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> positiv und<br />

gleichzeitig negativ dargestellt, wobei die negative Darstellung in geringem Maße überwiegt. Zu gleichen<br />

Teilen findet in diesem Frame eine Handlungsaufforderung <strong>zur</strong> Weiterführung sowie <strong>zur</strong> Änderung<br />

ihrer politischen Laufbahn statt. Ebenfalls aufgefordert wird <strong>Merkel</strong>, sich als Person zu ändern.<br />

Datengeleitet kann festgestellt werden, dass die Berichterstattung einen Fokus auf die Darstellung<br />

von <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> als Frau und als Ostdeutsche legt und <strong>Merkel</strong> besonders als „Fremde“ betitelt und<br />

negativ dargestellt wird. Eine Zunahme dieses Frames ist ab dem Jahr <strong>20</strong>00 zu erkennen, in dem<br />

<strong>Merkel</strong> mehr politische Macht erhält. Zu bemerken ist ebenso die negative Darstellung anderer Politiker,<br />

die einen neuen Aspekt in der Forschungsliteratur zu <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> liefert. Stellt der Spiegel<br />

<strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> negativ dar, fällt die Berichterstattung über Politiker, insbesondere der eigenen Fraktion<br />

(CDU/CSU), negativ aus.<br />

Gleichwohl ist aus den generierten Daten kein konsistentes Bild zu identifizieren. Die Forschungsarbeit<br />

stimmt mit der gegenwärtigen wissenschaftlichen Literatur dahingehend überein, denn auch<br />

andere Studien konstatieren der Politikerin ein divergierendes Bild einer Fremden (vgl. Erfurt/Haase/Roßhart<br />

<strong>20</strong>07: 29).<br />

2


Literatur<br />

Entman, Robert (1993): Framing: Toward clarification of a fractured paradigm. In: Journal of Communication.<br />

Jahrgang 43, Heft 4. S. 51-58.<br />

Erfurt, Philine/Haase, Anja/Roßhart, Julia (<strong>20</strong>07): Mediale Geschlechterkonstruktionen im Bundeswahlkampf<br />

<strong>20</strong>05. In: Scholz, Sylka (Hrsg.): „Kann die das?“ <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong>s Kampf um die<br />

Macht. Geschlechterbilder und Geschlechterpolitiken im Bundestagswahlkampf <strong>20</strong>05. Berlin.<br />

S. 25-36.<br />

Holtz-Bacha, Christina (<strong>20</strong>07): Zur Einführung: Politikerinnen in den Medien. In: Holtz-Bacha, Christina/König-Reiling,<br />

Nina (Hrsg.): Warum nicht gleich? Wie die Medien mit Frauen in der Politik<br />

umgehen. Wiesbaden. S. 7-16.<br />

Holtz-Bacha, Christina (<strong>20</strong>07b): Mit den Waffen einer Frau? Politikerinnen im Wahlkampf. In: Holtz-<br />

Bacha, Christina/König-Reiling, Nina (Hrsg.): Warum nicht gleich? Wie die Medien mit Frauen<br />

in der Politik umgehen. Wiesbaden. S. 79-104.<br />

Koch, Thomas (<strong>20</strong>07): Immer nur die Frisur? <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong> in den Medien. In: Holtz-Bacha, Christina/König-Reiling,<br />

Nina (Hrsg.): Warum nicht gleich? Wie die Medien mit Frauen in der Politik<br />

umgehen. Wiesbaden. S. 49-70.<br />

Matthes, Jörg/Kohring, Matthias (<strong>20</strong>04): Die empirische Erfassung von Medien-Frames. In: Medien<br />

und Kommunikationswissenschaft. Jahrgang 52, Heft 1. S. 143-154.<br />

Matthes, Jörg (<strong>20</strong>07): Framing-Effekte. Zum Einfluss der Politikberichterstattung auf die Einstellungen<br />

der Rezipienten. München.<br />

Matthes, Jörg (<strong>20</strong>09): Identität und Vielfalt des Framing-Ansatzes. In: Schulz, Peter/Hartung, Uwe/Keller,<br />

Simone (Hrsg.): Identität und Vielfalt der Kommunikationswissenschaft. Konstanz.<br />

S. 117-131.<br />

Noack, Sandra (<strong>20</strong>07): „...damit am Ende so ein Ost-Dornröschen kommt.“ <strong>Merkel</strong> und der mediale<br />

Diskurs um ihre Herkunft. In: Scholz, Sylka (Hrsg.): „Kann die das?“ <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong>s Kampf um<br />

die Macht. Geschlechterbilder und Geschlechterpolitiken im Bundestagswahlkampf <strong>20</strong>05.<br />

Berlin. S. 37-44.<br />

Pfannes, Petra (<strong>20</strong>04): „Powerfrau“, „Quotenfrau“, „Ausnahmefrau“…? Die Darstellung von Politikerinnen<br />

in der deutschen Tagespresse. Marburg.<br />

Rössler, Patrick (<strong>20</strong>05): Inhaltsanalyse. Konstanz.<br />

Scholz, Sylka (<strong>20</strong>07): Geschlechterbilder und Geschlechterpolitiken im Bundestagswahlkampf <strong>20</strong>05.<br />

Eine Einführung. In: Scholz, Sylka (Hrsg.): „Kann die das?“ <strong>Angela</strong> <strong>Merkel</strong>s Kampf um die<br />

Macht. Geschlechterbilder und Geschlechterpolitiken im Bundestagswahlkampf <strong>20</strong>05. Berlin.<br />

S. 7-24.<br />

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