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Teil 1 - Hefersweiler

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700 Jahre Wehrkirche<br />

Finkenbach-Gersweiler<br />

1304 - 2004<br />

Chronik der Denkmalzone „Kirche und Pfarrhof“


Torsten Schlemmer<br />

Chronik der Denkmalzone<br />

„Kirche und Pfarrhof“<br />

in<br />

Finkenbach-Gersweiler<br />

3. überarbeitete Auflage<br />

Finkenbach-Gersweiler, September 2005<br />

Torsten Schlemmer<br />

Inselstr. 10<br />

67822 Waldgrehweiler<br />

Telefon und Fax: 06364-175107<br />

Email: torstenschlemmer@web.de<br />

Vervielfältigung in jeglicher Weise nur mit Genehmigung des Verfassers.


Vorwort<br />

Diese kleine Chronik entstand in 14-jähriger Recherche und heimatkundlicher Forschungsarbeit als<br />

Nachfolge der umfangreichen „Beschreibung der protestantischen Kirche in Finkenbach-Gersweiler“, für<br />

die ich 1995 vom Bezirksverband Pfalz mit dem Schülerpreis des Pfalzpreises für Heimatforschung<br />

ausgezeichnet wurde, und der 1995 im Eigenvertreib veröffentlichten kleinen „Chronik der Pfarrei<br />

Finkenbach/Pfalz“, anlässlich des 700-jährigen Jubiläum der Ersterwähnung der Finkenbacher Kirche<br />

2004. Sie wird wohl nie vollständig und ohne Fehler sein, denn eine gute Chronik endet niemals. Aber sie<br />

kann als kleiner wissenschaftlicher Beitrag und Anstoß für die weitere Forschungsarbeit auf diesem<br />

Gebiet dienen.<br />

Ich widme diesen Beitrag zur Heimatgeschichte und Volkskunde meiner lieben Tochter<br />

Laura Schlemmer<br />

und all denen, die sich mit der Nordpfalzgemeinde Finkenbach-Gersweiler verbunden fühlen.<br />

Finkenbach-Gersweiler, im Oktober 2003 / September 2005<br />

Torsten Schlemmer


Allgemeine Ortsgeschichte<br />

Das 1190 erstmals erwähnte Gersweiler und das am 25.02.1236 erstmals erwähnte Finkenbach sind fränkische<br />

Gründungen der Aufbauzeit des 6. bis 7. Jahrhunderts. Im Frühmittelalter gehörten die Orte zum Nahegau, später<br />

zum Stammesherzogtum Franken. Ihre Geschichte ist zum größten <strong>Teil</strong> gemeinschaftlich. Sehr prägend war die<br />

Zugehörigkeit zur freien Reichsherrschaft Hohenfels-Reipoltskirchen (1304-1602). Für diese waren die Dörfer<br />

von hoher Bedeutung. Neben mehreren Gerichtssitzen besaß die, ringsum von kurpfälzischem und veldenzischem<br />

Hoheitsgebiet umgebene reipoltskirchische Enklave bereits um 1300 Marktrechte. Das Finkenbach auch kirchlich<br />

schon im frühen Mittelalter eine nicht unbedeutende Rolle spielte, zeigt noch heute der wuchtige Trutzbau der<br />

1304 erstmals erwähnten ehemaligen Wehrkirche. 1409 wurde diese sogar Wallfahrtskirche für<br />

Quatembermessen. Nach dem Aussterben der Dynastie Reipoltskirchen (1602) erbte die Tochter des Grafen<br />

Johann III. von Dhaun-Falkenstein die Orte. Doch bereits 1603 fallen Finkenbach und Gersweiler wieder durch<br />

Testament an die Grafen Johann Casimir und Steino von Löwenhaupt. Nun begann eine unglückliche<br />

Entwicklung einmal wurde die Hälfte, ein anderes Mal ein Viertel der Gemeinde verkauft oder vererbt. Im Jahre<br />

1611 gehen beide Dörfer in den Besitz der Fürstin Karoline von Isenburg und der Gräfin Charlotte von<br />

Hillesheim über. In deren Eigentum bleiben sie bis zur französischen Revolution. Wegen dieser<br />

Frauenherrschaften werden die Bewohner noch heute als „Isenburger“ geuzt. Nach dem Zusammenbruch der<br />

feudalen Herrschaften mit der Eroberung durch französische Revolutionstruppen 1792 erfolgte 1797 der faktische<br />

Anschluss der Pfalz an Frankreich. 1798 wurden Finkenbach und Gersweiler ohne Rücksicht auf die Meinung der<br />

Bevölkerung zu einer Gemeinde vereinigt. Sie war Bestandteil des Kantons Rockenhausen im „Departement Du<br />

Mont Tonnerre“ (Departement Donnersberg) und ab 1800 auch des „Arrondissement Kaiserslautern.“ Am 20.<br />

April 1798 wurde Adam Goedel gemeinschaftlicher Adjunkt (Ortsbürgermeister) der Gemeinde „Finkenbach et<br />

Gersweiler.“ Der Rückzug der Franzosen hatte zunächst die gemeinsame Verwaltung der Pfalz durch Österreich<br />

und Bayern (1814-1816) und danach gemäß dem Wiener Kongress ihre Angliederung an das Königreich Bayern<br />

zur Folge. 1818 dem Landkommissariat (seit 1862 Bezirksamt) Kirchheimbolanden zugeordnet, wurde<br />

Finkenbach-Gersweiler 1900 Gemeinde des neuentstandenen Bezirksamtes Rockenhausen, welches im 1946<br />

errichteten Bundesland Rheinland-Pfalz als Landkreis aufging. Im Rahmen der Verwaltungsreform vereinigten<br />

sich 1969 die beiden Landkreise Rockenhausen und Kirchheimbolanden zum Donnersbergkreis. Nach Auflösung<br />

der Bürgermeisterei Bisterschied (gegründet 1802) kam Finkenbach-Gersweiler 1972 zur Verbandsgemeinde<br />

Alsenz-Obermoschel. So hat die kleine Nordpfalzgemeinde bis heute insgesamt zwölf Mal die Herrschaft<br />

gewechselt.


Postkarte, Luftbild von 1931, Graph. Kunst- und Verlagsanstalt A. Weber Co., Stuttgart<br />

Allgemeine Kirchengeschichte<br />

1304 - Am 28. Januar wurde der Sakralbau als „Sankt Maria“ im einem Kaufbrief erstmals urkundlich<br />

erwähnt. Nach dieser Urkunde veräußerten der Edelknecht Johann von Metz, der seit 1275 durch<br />

Kauf oder Erbschaft im Besitz des Dorfes war, und seine Gemahlin Agnes, eine Tochter Philipps<br />

III. von Hohenfels, das Allodialdorf Finkenbach mit allen Rechten, im besonderen mit dem<br />

Patronatsrecht an der Kirche, an Heinrich von Hohenfels-Reipoltskirchen, wozu Hermann von<br />

Hohenfels, der Bruder Agnes, seine Zustimmung durch Unterschrift und Siegel gab. Von nun an<br />

gehörte Finkenbach zur freien Reichsherrschaft Reipoltskirchen, dessen Grafen sich bis zum<br />

Aussterben der Dynastie 1602 Herren des Dorfes und der Kirche nennen durften.<br />

1390 – Es heißt, dass die Kirche „Sankt Viti“, sprich dem heiligen Vitus geweiht ist.<br />

1401 - Finkenbach kommt zum Landkapitel Münsterappel in der Diözese Mainz. In der Kirche war ein „Altar<br />

unserer lieben Frauen“ mit besonderen „Einkünften und einer ziemlichen Anzahl von Jahrgezeiten<br />

(Gedächtnisgottesdiensten)“ aufgestellt. Auch bestand im Mittelalter eine Bruderschaft<br />

zu Ehren „unserer lieben Frauen“ mit besonderen Gütern.<br />

1409 – Das Gotteshaus wird zur Wallfahrtskirche für Quatembermessen (zur Einleitung der vier Jahreszeiten,<br />

im Advent, zur Fastenzeit, vor Pfingsten und in der 1. Oktoberwoche).<br />

1456 - Nach der „Freyheit eines Pastoris zu Finkenbach“ vom Jahre 1456 hatte der Pastor von Finkenbach einmal<br />

in der Woche in der Kapelle zu Waldgrehweiler eine Messe zu lesen, wofür der „Herrenhof daselbst 4<br />

Binger Malter Korn“ gegeben hat. In der Kapelle zu Bisterschied hatte er in der Woche zwei Messen zu<br />

halten, wofür ihm „ 20 Malter Frucht, halb Korn halb Hafer“ zustanden. In der Kapelle zu Dörrmoschel<br />

hatte er am 1. Sonntag im Mai jeden Jahres eine Messe zu halten und genoss dafür einen <strong>Teil</strong> des<br />

Zehnten. Nach der Reformation wurde eine Predigt daraus. Als im Dreißigjährigen Krieg die Kapelle<br />

zerstört wurde, ist der Gottesdienst im Freien abgehalten worden, bis 1717 der Herr von Schorrenburg die<br />

Predigt und den damit verbundenen Markt auf den dritten Pfingsttag verlegt hatte und zur Abhaltung des<br />

Gottesdienstes sein Herrschaftshaus hergab.<br />

1469 - In einer Urkunde vom 27. Januar heißt es, dass in Finkenbach eine „in ere der hochgelobten kinnygyn<br />

Maria und in ere des lieben heyligen mertelere sant Vyts und des heyligen bischoffs und nothulffers sant


Nycolaus“ geweihte Kirche stand, die aber schon ganz baufällig war und auch sonst jeder Kirchenzierde<br />

ermangelte. Die Finkenbacher Pfarrgemeinde hatte schon angefangen zu bauen. Zur Aufbringung der<br />

Kosten für den Neubau des Kirchenschiffs und die Reparatur von Chor und Turm erteilte ihr Pfalzgraf<br />

Ludwig der Schwarze von Zweibrücken ein Sammelpatent.<br />

1540 - Finkenbach wird evangelisch-lutherische Pfarrei. Zur Pfarrei gehören Bisterschied, Gersweiler und<br />

Waldgrehweiler. Bisterschied und Waldgrehweiler wurden jedoch wieder abgetrennt da sie reformiert<br />

geworden waren und zu Ransweiler gepfarrt.<br />

1616 - Sollte Bisterschied nach Heiligenmoschel gewiesen werden.<br />

1630 - Waldgrehweiler fällt an Ransweiler.<br />

1684-1889 Simultankirche. Betreuung durch Franziskaner aus dem Kloster Meisenheim und Pfarrer der Pfarrei<br />

Bayerfeld-Steckweiler. Kirchenpatron ist der „heilige Johannis“ (Johannes der Täufer).<br />

1711 bis 1721 - Die Lutheraner von Ransweiler, Bisterschied, Schönborn und Waldgrehweiler wurden von<br />

Finkenbach aus versehen.<br />

1711 bis 1737 - Die Lutheraner von Becherbach, Gangloff, Roth, Adenbach und Ginsweiler wurden von<br />

von Finkenbach aus versehen.<br />

1721 - Die meist zweibrückischen Reformierten waren Filialisten von Ransweiler, besuchten aber „mit Predigt<br />

und Gebrauch der heiligen Sakramente“ die lutherische Kirche zu Finkenbach. Der Finkenbacher Pfarrer<br />

gehört als Pfarrer von Ransweiler zur lutherischen Klasse Meisenheim.<br />

1737 - Die Pfarrei Finkenbach kommt zum Dekanat Obermoschel. Die Schierfelder Lutheraner kommen hinzu.<br />

1802 - Die Pfarrei Finkenbach zählt zur Kons. Kirche Obermoschel.<br />

1815 - Finkenbach kommt zur lutherischen Inspektion Gaugrehweiler.<br />

1818 - Kirchenunion in der Pfalz.<br />

1821 - Finkenbach kommt zum Dekanat Rockenhausen.<br />

1824 - Waldgrehweiler kommt zurück zu Finkenbach.<br />

1833 - Die Pfarrei Finkenbach kommt wieder zum Dekanat Obermoschel.<br />

1913 - Finkenbach kommt wieder zum Dekanat Rockenhausen.<br />

1977 - Die Kirchengemeinde Schiersfeld wird aufgelöst und Finkenbach zugeschlagen. Finkenbach bildet nun<br />

eine Kirchengemeinde mit den Filialorten Sitters, Schiersfeld und Waldgrehweiler. Die Kirchengemeinde<br />

kommt zum Dekanat Obermoschel. Die Gottesdienste werden im 14-tägigen Wechsel gehalten. Einmal in<br />

Finkenbach und Waldgrehweiler und einmal in Schiersfeld und Sitters. Der Pfarrer hat seinen Amtssitz<br />

im Finkenbacher Pfarrhaus.<br />

1998 - Der Gottesdienst in Waldgrehweiler wird nun, nachdem er ursprünglich in einer eigenen Kapelle und<br />

zuletzt jahrelang in der Grundschule abgehalten wurde, in einem schönen Gottesdienstraum im neuen<br />

Bürgerhaus abgehalten.<br />

2004 - ab 11. Juli ist das Pfarramt Finkenbach auch für die 420 Gemeindeglieder von Mannweiler-Cölln und<br />

dem Schmalfelderhof zuständig. Die Kirchengemeinde Mannweiler-Cölln bleibt weiterhin eigenständig,<br />

wird jedoch von Finkenbach aus verwaltet um im Zuge der Reformen die kleine Pfarrstelle mit nunmehr<br />

1200 Gemeindegliedern als volle Stelle erhalten zu können.


Postkarte um 1925, Verlag Buss & Kupfer, Bad Kreuznach<br />

Die Kirche<br />

Ansicht von Südwesten.


Winterbild aus Nordosten.<br />

Beschreibung der Wehrkirche<br />

Wer nach Finkenbach kommt, ist vom Kirchturm am südlichen Ortseingang fasziniert. Mit Sicherheit gilt er als<br />

ältester Zeuge kirchlicher und weltlicher Vergangenheit in der kleinen Nordpfalzgemeinde. Der burgartige<br />

Wehrturm wurde vermutlich Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut. Mit seiner Errichtung setzte die systematische<br />

Verteidigung des Dorfes ein. Zusammen mit der Kirche, welche inmitten eines mit einer ovalen Ringmauer<br />

ummauerten Friedhofs stand, diente die Anlage in rauen Zeiten als letzter Zufluchts- und Verteidigungsort für die<br />

dörfliche Bevölkerung mit samt ihrem Vieh. Der Turm bildet im Fundament ein Quadrat. Auf rund 22 Metern<br />

Höhe ist er in drei Stockwerke unterteilt. Die Ursprungsfunktion im Innern ist nur noch bruchstückhaft zu<br />

erkennen. Alle Räume hatten steinerne Gewölbe, die als sicherster Schutz gegen Feuer und Steinwurf galten.<br />

Dicke Mauern von rund 1,30 Metern Stärke umschließen den Turm und Ringlöcher für Sperrhaken sichern<br />

sämtliche Türen. Der Einstieg in den ersten Stock erfolgte durch einen sogenannten Hocheingang über eine<br />

Leiter, die bei Gefahr eingezogen wurde. Das Eingangsloch wurde danach durch einen großen Stein<br />

verschlossen. In diesem, mit Schießscharten und Schießkammern ausgestatteten Wach- und Wehrturm, lagerten<br />

Waffen, Löscheimer und andere Kriegsutensilien. Des weitern befanden sich auch die wichtigsten Urkunden der<br />

Gemeinde innerhalb seiner mächtigen Mauern. Das zweite Obergeschoss war nur durch einen engen Durchgang<br />

mit einer leicht zu verteidigenden Wendeltreppe zu erreichen, der lediglich schmächtigen Menschen den Einstieg<br />

ermöglichte. Mit einem großen Keilstein konnte auch er verschlossen werden. Der Stein schützte zugleich vor<br />

dem gefürchteten Ausräuchern. Im oberen Bereich sind der Wehrgang (ursprünglich vielleicht mit Zinnenkranz)<br />

und Wasser- bzw. Pechnasen, in Form von kunstvoll in Stein gehauenen Eberköpfen (?), noch heute vorhanden.<br />

Die seltene Barockhaube in Form eines achteckigen Helmes trat erst 1757 ihren Dienst als Wetterschutz an.<br />

Bevor der Helm die Turmspitze zierte befand sich auf der Turmplattform eine Wetterfahne mit Hohenfels-<br />

Reipoltskircher Wappen und vielleicht, wie auch in Rehborn und Ebernburg, eine Steinpyramide als<br />

Rückenschutz bei Angriffen. Das sich ansammelnde Regenwasser floss durch die Wasserspeier nach außen ab.<br />

Als im 16. Jahrhundert die Wehrtätigkeit aufgrund von moderneren Waffen zurückging, wurden die Türme<br />

entkernt und dienten nur noch als Glockentürme. Bereits 1518 hören wir vom ersten Glockenguss in Finkenbach.<br />

In diesem Jahr wurde eine 811 Pfund schwere Glocke in der zweiten Etage des Turms aufgehängt. Das gotische<br />

Spitzbogenportal und die Spitzbogenklangarkaden sind nachträgliche Einbauten. Die jahrhundertealte<br />

untrennbare Einheit zwischen Wehrturm, Wehrkirche und Wehrfriedhof ist spätestens 1648 nach dem 30jährigen<br />

Krieg zerbrochen. In einem Weistum des 16. Jahrhunderts ist nur noch von einer „Rinckmauer“ um die


Kirche herum die Rede. Die Überreste dieser ehemaligen, vermutlich bis zu sechs Meter hohen Wehrmauer sind<br />

heute noch als <strong>Teil</strong> der Friedhofsmauer zu sehen.<br />

Kirchenmodell der Wehrkirche im Mittelalter von Torsten Zwei Schießscharten mit Schießkammern im ersten<br />

Schlemmer, mit Steinpyramide auf der Turmplattform, Turmobergeschoss.<br />

Wetterfahne, kleinerem Kirchenschiff und Sakristeianbau.


Wasserspeier / Pechnasen am Wehrturm.<br />

Bedeutung der Wehrkirchen in<br />

unserer Region<br />

Bis im 9. Jahrhundert herrschte im Siedlungsgebiet unserer Heimat das Waldgelände vor. Das Gebiet war nur<br />

dünn besiedelt. Der Wald zog sich bis tief in die Täler herunter und die anderen Flächen in den Talsenken waren<br />

meist versumpft. Nur dort, wo das Tal breit genug war konnte am Talrand gesiedelt werden. Auf Talterrassen war<br />

man sicher vor den alljährlichen Überschwemmungen und hatte leichten Zugang zu den Höhenwegen auf dem<br />

Rücken der Hügel. Finkenbach-Gersweiler liegt mitten zwischen zwei solcher Höhenwege, die im Volksmund oft<br />

als „Römerstraßen“ bezeichnet werden. Der erste bedeutende Höhenweg führt von Kaiserslautern über Otterberg,<br />

Heiligenmoschel, Karlshöhe, Felsberg, Dörrmoschel, Stahlberg, Neubau, Landsberg oder von Teschenmoschel<br />

über den Hollerwald (bei Finkenbach) nach Obermoschel, Feilbingert und weiter über Ebernburg in Richtung<br />

Bad Kreuznach. Auf diesem Weg reisten die Nordpfälzer Bauern noch im 18. Jahrhundert von Meisenheim nach<br />

Kaiserslautern auf die Märkte. Die andere Hochstraße hat ihren „Knotenpunkt“ bei Schönborn. Sie verbindet<br />

mehrere kleine Wege aus Richtung Donnersberg, Winnweiler und Rockenhausen miteinander und führt von<br />

Schönborn aus zum Stahlberg, verläuft weiter auf dem Höhenrücken zwischen Alsenz- und Moscheltal, an der<br />

Burg Randeck vorbei, macht dann einen Bogen zur Burg Lewenstein und mündet beim Dreiweiherhof wieder in<br />

die Kreuznacher Hochstraße.<br />

Die Finkenbacher Kirche stand auch mit diesen Höhenwegen in einem wichtigen Zusammenhang. Denn nicht nur<br />

Kaufleute, sondern auch eine erhebliche Anzahl von Plünderern und Dieben waren auf diesen Straßen unterwegs.<br />

Bei Überfällen war jedoch von den weiter entfernten Burgen keine Hilfe und Rettung zu erwarten. Aus diesem<br />

Grund wurden entlang der gesamten Verkehrswege die Kirchen zu Wehr- oder Burgkirchen umgebaut. Allein im<br />

protestantischen Dekanat Obermoschel sind neben Finkenbach sieben weitere solcher Trutzanlagen bekannt. In<br />

Oberndorf, Alsenz, Niedermoschel, Hochstätten, Ebernburg, Rehborn und Duchroth. Ihre hohen Wehrtürme<br />

hatten einen großen Nutzen als Warte an den Handelswegen. Den aufmerksamen Augen der Wachposten und<br />

Nachtwächter durfte nichts entgehen, denn das konnte tödlich für die gesamte Bevölkerung sein. Diese<br />

Wehrkirchen sind mit den Burgen nahe verwandt. Sie unterscheiden sich von jenen kaum anders als dadurch,<br />

dass sie nicht dazu eingerichtet sind, bewohnt zu werden. Schon an sich pflegen ja die Kirchen, besonders der


ländlichen Ortschaften, wenn möglich, auf einer die Umgebung beherrschenden Anhöhe erbaut zu sein und aus<br />

einem geräumigen steinernen Gebäude nebst Turm, umgeben von einer Ringmauer (auch Friedhofsmauer), zu<br />

bestehen. Es lag also nahe und war auch leicht auszuführen, sie vollends zu einer Feste umzugestalten, in welcher<br />

in Kriegszeiten die Umwohner sich um ihre Habe bergen und verteidigen konnten. Die Kirche wurde als feste<br />

Wehrkirche angelegt, da sie der Gemeinde nicht nur als Gotteshaus, sondern auch als Zufluchtsstätte dienen<br />

sollte, wenn ein feindlicher Überfall drohte. Zunächst war nur die Ringmauer mit Schießscharten und eventuell<br />

mit Zinnen und Wehrgang zu versehen, mitunter (so in Dörrenbach und Ingelheim) kam ein Torgebäude,<br />

Mauertürme und selbst ein Zwinger hinzu. Der Kirchturm findet sich durch Schießscharten und durch<br />

Vorkragung des Obergeschosses oder des Dachstuhls wehrhaft oder auch durch Abschluss mit Zinnen ganz<br />

einem Bergfried ähnlich gemacht. Der Bau der Wehrkirchen beginnt und nimmt ab zugleich mit dem der Burgen.<br />

Sie kommen hauptsächlich in mittleren und südlichen <strong>Teil</strong>en des deutschsprachigen Raumes vor.<br />

Auszug aus dem Katasterplan.


Das Hauptportal am Turm, datiert 1921.


Der Kirchenhahn<br />

Bei dem verheerenden Orkan „Wiebke“ im Jahr 1990 wurden Kugel, Hahn und Kreuz so stark in Mitleidenschaft<br />

gezogen, dass sie sogar umknickten. Bei der Aufnahme der Schäden stellte sich die Notwendigkeit einer neuen<br />

Beschieferung des Turmdaches heraus. Die Arbeiten am Turm wurden im Dezember 1992 abgeschlossen. Nur<br />

das Gerüst verblieb zum Ärgernis vieler Bürger bis im Frühjahr 1993.<br />

Im Oktober 1992 wurde ein neuer Hahn durch die Firma Karlheinz Schreiber aus Roth unter Rietburg aufgesetzt.<br />

Der alte Hahn aus dem Jahre 1873, der somit eine stolze Dienstzeit von 120 Jahren erlangt hatte und damals als<br />

Nachfolger einer blechernen Wetterfahne mit dem reipoltskircher Herrschaftswappen seinen Dienst antrat, wurde<br />

von der ortsansässigen Kunstschmiedefirma Otto Köhler repariert und auf einem Ständer im Turmuntergeschoss<br />

aufgestellt.<br />

Der alte und der neue Hahn.


Die Geschichte der Glocken<br />

Der älteste bekannte Vermerk über einen Glockenguss für die historische Wehrkirche von Finkenbach-<br />

Gersweiler stammt aus dem Jahr 1518. Im Pfarrbuch heißt es: „1518 wird eine 811 Pfund schwere Glocke auf<br />

dem Turm aufgehängt.“ Erst über 200 Jahre später hören wir von einem neuen Glockenguss.<br />

Im Pfarrbuch aus dem Jahre 1911 berichtet Pfarrer Streuber: „Den 23. Oktober 1759 ließen die hiesigen beiden<br />

Gemeinden (Finkenbach und Gersweiler waren bis 1798 getrennt) auf dem Kirchhof hinter der Kirche ihre 241<br />

jährige große Glocke umschmelzen, die 811 Pfund gewogen und zwei andere daraus gießen, die größere ungefähr<br />

500, die kleinere 300 Pfund schwer, so alle beide extra wohl geraten. Auf der größeren steht: „IN LEID IN<br />

FREUD WIE UNSERE 200 JÄHRIGE MUTTER GEGOSSEN DEN 20 OCTOBER 1759 VON I M STOCKY“.<br />

Weil nun noch etwas Metall übrig war, wurden die Gemeinsleute schlüssig, noch eine größere Glocke gießen zu<br />

lassen. Sie kauften daher in Fischbach an der Nahe neues Kupfer und in Meisenheim am Glan Zinn. Daraus<br />

ließen sie am 20. November 1759 eine weitere dritte 700 Pfund schwere Glocke gießen. Da es aber während des<br />

Schmelzens arg kalt wurde, erkaltete beim Ausgießen das Metall und der Guss missriet. Man verlegte den<br />

Gusstermin auf den 10. Dezember. Wegen der guten Witterung entschloss man sich, jedoch schon am 8.<br />

Dezember ans Werk zu gehen. Der Glockenguss geriet gut. Da die Inschrift bereits vorgefertigt war trägt diese<br />

Glocke, die noch heute als älteste historische Glocke zum Geläut der Finkenbacher Kirche gehört, die Inschrift:<br />

,,DIE GERSWEYLER UND FINKENBACHER GEMEINDE LIESS MICH GIESSEN D 10 DECEMBER 1759<br />

UND ICH DIENE EINEM WIE DEM ANDEREN ALS MEINE BEIDEN STIEFSCHWESTERN GEGOSSEN<br />

VON I M STOCKI AUS NIEDERLEYCKEN BEY TRIER.“<br />

Die Freude über das neue dreistimmige Geläut dauerte nur 61 Jahre. Beim Neujahrsgeläut im Jahre 1820<br />

zersprang die 1759 gegossene 500-Pfund-Glocke. Sie wurde umgegossen und erhielt die schlichte Inschrift:<br />

„FINKENBACH 1820“. Sieben Jahre später, während des Neujahrsgeläuts 1827 folgte der zweite Schock.<br />

Diesmal zersprang die 300-Pfund-Glocke von 1759. Auch sie wurde im gleichen Jahr noch mit einer Gewichtsminderung<br />

auf 255 ½ Pfund neu gegossen. Nach dreißig Jahren Ruhe passierte 1875 das selbe wieder. Diesmal<br />

erwischte es die erst nach dem Zerspringen 1827 neu gegossene Glocke. Philipp Dickes aus Zweibrücken goss<br />

sie für 92 Gulden abermals neu. Friedrich Schmitt holte sie mit seinem Wagen am Bahnhof Dielkirchen ab, so<br />

dass sie am 18. Juni 1875 wieder ihren Platz im Glockenstuhl fand. Diesmal hatte sie ein Gewicht von nur noch<br />

251 Pfund. Sie trug die Inschrift: „EIGENTUM DER EVANG. PROT. KIRCHE FINKENBACH. 1875<br />

UMGEGOSSEN VON PH. DICKES IN ZWEIBRÜCKEN. EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE, FRIEDE AUF<br />

ERDEN UND DEN MENSCHEN EIN WOHLGEFALLEN.“<br />

Im Zuge des Ersten Weltkrieges fand am 29. Juli 1916 zwischen 20 und 21 Uhr ein Glockenabschiedsgottesdienst<br />

statt. Beim Ausgang des Gottesdienstes in der vollbesetzten Kirche läuteten die Glocken zum letzten Male.<br />

Am nächsten Tag wurden die mittlere und kleine Glocke durch den Rockenhausener Zimmermeister Gabelmann<br />

vom Turm geholt. Gegen eine Entschädigung von 1363 Mark und 50 Pfennig wurden die Glocken dem Staat zum<br />

Kriegszwecke zur Verfügung gestellt. Das Geld wurde als „Glockenfond“ deponiert.<br />

Erst am 30. Juli 1921 fand wieder eine große Glockenweihe in Finkenbach statt. Die neue größere der beiden<br />

angeschafften Glocken wurde im Gedächtnis an die Gefallenen und der heimgekehrten Krieger gewidmet. Sie<br />

trug die Inschrift: „SEI GETREU BIS IN DEN TOD, SO WILL ICH DIR DIE KRONE DES LEBENS<br />

GEBEN.“ Auf der kleineren stand: „BET‘ UND ARBEIT‘, SO HILFT GOTT ALLE ZEIT“.<br />

Der Zweite Weltkrieg forderte 1942 wieder zwei Glocken-Opfer. Auch diesmal wurde die historische Glocke von<br />

1759 verschont. Dreizehn Jahre später wurde der Glockengießer Friedrich Wilhelm Schilling aus Heidelberg mit<br />

dem Guss zwei neuer Glocken beauftragt. Dazu gewährte die Ortsgemeinde gemäß Beschluss vom 11. September<br />

1954 einen Zuschuss von 1.000 Mark. Am 16. Oktober 1955 holte Hugo Paul aus Finkenbach-Gersweiler mit<br />

Lastwagen des Natursteinwerkes Friedrich Werrmann, Inh. Karl Hettesheimer, die neugegossenen, 501<br />

Kilogramm und 279 Kilogramm schweren, Glocken und die historische Glocke, die zwecks Neustimmung<br />

ebenfalls beim Glockengießer war, feierlich ein. Die beiden neuen Glocken tragen die Inschrift: „ZWEI<br />

GLOCKEN FORDERTE DER KRIEG ZUM OPFER 1942 + ZWEI NEUE ENTSTANDEN AUS DEN<br />

OPFERN DER LIEBE 1955 + MEISTER F W SCHILLING IN HEIDELBERG GOSS MICH + DER PROT.<br />

KIRCHENGEMEINDE FINKENBACH/PFALZ GEHÖRE ICH“. Die große Glocke trägt am unteren Rand den<br />

Zusatz: „DER HERR IST GERECHT IN ALLEN SEINEN WEGEN UND HEILIG IN ALLEN SEINEN<br />

WERKEN +“ ‚ die kleine: „DER HERR BEHÜTE ALLE DIE IHN LIEBEN + MEIN MUND SOLL DES<br />

HERRN LOB SAGEN +“.<br />

Die große Glocke dient heute als Totenglocke, die kleine als Taufglocke und die mittlere, die alte „Schwester“<br />

von 1759, als Vater-Unser-Glocke. So hat die Finkenbacher Kirche heute wieder ihr dreistimmiges Geläut mit<br />

den Tönen g‘0, b‘+3 und c“0. Bleibt zu hoffen, dass es noch viele Neujahrsläuten übersteht und keinem Krieg<br />

dienen muss.


Glockenweihe 1921<br />

Der Gemeinderat und die Glocken im Pfarrhof.<br />

Die Glocken beim Festzug1955.


Die Glocken im Glockenstuhl auf der Turmplattform<br />

Die Glocken:<br />

Die historische Glocke von 1759<br />

Glocke: Totenglocke Vater-Unser-Glocke Taufglocke<br />

Gussjahr: 1955 1759 1955<br />

Gießer: Schilling Stocki Schilling<br />

Durchmesser: 967 mm 775 mm 785 mm<br />

Gewicht: 501 kg 276 kg 279 kg<br />

Ton: g’0 b’+3 c’’0


Der Glockenstreit 1921<br />

Im Vorfeld zu Glockenweihe 1921 hatte es bezüglich der Glockeninschrift massive Uneinigkeiten<br />

zwischen Finkenbachern und Waldgrehweilerern gegeben. Das Pfarrbuch von 1911 vermerkt dazu:<br />

„März 1921: Nachdem am Karfreitag auf der Kanzel bekannt gegeben worden war, dass auf den neuen<br />

Glocken als Eigentümerin die Prot. Kultusgemeinde Finkenbach-Waldgrehweiler bezeichnet werden<br />

sollte, verlangte eine Gruppe von Finkenbachern, dass die Bezeichnung „Waldgrehweiler“ unterbleiben<br />

soll, da Waldgrehweiler nicht genug für die neuen Glocken gegeben habe. Da beanspruchte diese<br />

Gruppe eine Glocke für die politische Gemeinde Finkenbach, da eine der abgelieferten Glocken<br />

Eigentum derselben gewesen sei. Letzteres entsprach durchaus nicht den Tatsachen, was einwandfrei<br />

aus den Akten bewiesen werden kann und was auch bis dahin von niemanden behauptet worden war.<br />

Pfarrer Roth hat darum unterm heutigen eine Bürgerversammlung einberufen, um die Gemeinde<br />

aufzuklären. Die Versammlung nimmt einen recht stürmischen Verlauf, bei der sich als Sprecher der<br />

erwähnten Gruppe von Finkenbachern der Landwirt Peter Gerlach II. besonders hervortrat, indem er auf<br />

den Pfarrer förmlich losging. Nachdem letzterer die Anwesenden überzeugt hatte, dass nicht im<br />

geringsten von einem Eigentumsrecht der politischen Gemeinde Finkenbach die Rede sein könne und<br />

dass die Gemeinde Waldgrehweiler, die doch zur Kultusgemeinde gehört und zur Sammlung für beide<br />

Glocken beigetragen habe, doch nicht vom Miteigentumsrecht ausschließen könne, ersuchte die<br />

Versammlung schließlich den Ortspfarrer, in Waldgrehweiler dahin zu wirken, dass die Bezeichnung<br />

„Kultusgemeinde Finkenbach-Waldgrehweiler“ nur auf eine Glocke kommen solle, während auf der<br />

anderen Glocke die Bezeichnung Waldgrehweiler wegfallen solle.“<br />

In Waldgrehweiler entstand schließlich am 31. März 1921 wegen des Verhaltens der Finkenbacher in<br />

der Glockenfrage eine ungeheuere Erregung, die sich soweit steigerte, dass sogar verlangt wurde,<br />

Waldgrehweiler solle sich von Finkenbach wieder lostrennen. Eine Bürgerversammlung beschloss<br />

indessen, nach Beruhigung durch den Pfarrer, ihm zuliebe und um des Friedens Willen, dass die<br />

Bezeichnung „Waldgrehweiler“ überhaupt auf keine Glocke kommen soll, zumal in der Bezeichnung<br />

„Kultusgemeinde Finkenbach“ Waldgrehweiler rechtlich ja inbegriffen sei. Das Presbyterium hatte im<br />

Vorfeld die Bezeichnung „Kultusgemeinde Finkenbach-Waldgrehweiler“ vorgeschlagen, weil die<br />

Waldgrehweilerer es zum <strong>Teil</strong> als eine Zurücksetzung betrachteten, wenn sie nicht ausdrücklich<br />

mitgenannt wurden.<br />

Als Folge des „Glockenstreites“ legte Pfarrer Roth im April<br />

1921 sein Amt als Vorsitzender des Ausschusses zur<br />

Errichtung des Ehrenhains (Kriegerdenkmals) nieder und<br />

trat aus den Ausschuss aus, da er von seinen Finkenbacher<br />

Glockengegnern auch Schwierigkeiten in Denkmalfragen<br />

befürchtete und die Errichtung des Denkmals dadurch<br />

gefährdet sah.<br />

Einzug der Glocken 1921, Hauptstraße.


Kreuzrippengewölbe im Turmuntergeschoss.


Das Turmuhrwerk<br />

Im Pfarrbuch der protestantischen Pfarrei Finkenbach, gefertigt im Jahre 1911 von Pfarrer Schacke, heißt es zum<br />

Finkenbacher Turmuhrenwerk: „Im mittleren Geschoss des Turmes hat die politische Gemeinde eine Uhr aufgestellt,<br />

die aber kein nach außen sichtbares Zifferblatt hat, sie schlägt die viertel und die vollen Stunden (einmal),<br />

ihr Gang ist aber sehr unregelmäßig. Sie trägt die Inschrift: „PETER LANZER ZU BISTERSCHIED HAT MICH<br />

GEFERTIGT 1823.“ Das Schild mit der Bauinschrift ist jedoch in der Zeit um 1960 verschwunden.<br />

Zwei schwere Metallhämmer schlugen die Zeit an. Die vollen Stunden wurden durch die große Glocke (Totenglocke)<br />

und die Viertelstunden durch die kleine Glocke (Taufglocke) verkündet. Als im Zweiten Weltkrieg die<br />

große und kleine Glocke zum Einschmelzen abgegeben werden mussten, ersetzte man diese durch metallene<br />

Kartuschenhülsen. Der Klang war zwar nicht wie der der Glocken, aber „in der Not ging auch dies.“ Die drei<br />

Gewichte der Uhr hingen früher im Erdgeschoss des ehemaligen Wehrturms.<br />

Das Erdgeschoss fungierte damals noch als Lagerplatz für Kohle und Holz, welche für die Feuerung des Kanonenofens<br />

benötigt wurden, so dass die Gewichtsteine nicht störten. Doch als später (1955) das Nordportal, das<br />

als Haupteingang der Kirche diente, zugemauert wurde und der Eingang durch das Untergeschoss des Turmes<br />

führte, mussten die Gewichte entfernt werden. Gelöst wurde das Problem, indem man die Gewichte über lose und<br />

feste Rollen in den zweiten Stock des Turms verlagerte.<br />

Im Jahre 1965 wurde das Turmuhrwerk in der Turmuhrenfabrik Porth in Speyer repariert und erhielt einen hölzernen<br />

Unterbau. An diese Reparatur erinnert heute noch ein Schild mit der Inschrift: „TURMUHRENFABRIK<br />

K. F. PORTH SPEYER A. RH. REP. 1965.“ Doch wenig später wurde das Uhrwerk außer Betrieb gesetzt. Ich<br />

erhielt auf einstimmigen Beschluss des Gemeinderates 1996 die Genehmigung, das Turmuhrwerk zu restaurieren.<br />

In über 70 Stunden Arbeit richtete ich das Uhrwerk in den Monaten Februar und März mit Unterstützung von<br />

Helfern wieder so her, dass es heute neben dem alten Kirchenhahn im Erdgeschoss des Turms einen neuen Platz<br />

hat. Natursteinwerk-Inhaber Karl-Heinz Jud schnitt drei Sandsteinblöcke, die von der ehemaligen<br />

Turnhallentreppe stammten und von der Gemeinde für diesen Zweck gestiftet wurden, als Gewichtsteine für die<br />

Uhr vor. Der gelernte Steinmetz Helmut Bayer hat sie fertig bearbeitet. Des weiteren erklärte sich Ratsmitglied<br />

Ortwin Gläßge bereit, eine Glasvitrine für das Uhrwerk zu bauen. Die Vitrine sollte die historische Uhr vor Staub<br />

und Schmutz schützen. Sie wurde jedoch nie angefertigt. Die Restaurierungskosten übernahm die Gemeinde.<br />

Das frisch restaurierte Turmuhrwerk.

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