LNN 2012 - Landsknechte Bretten
LNN 2012 - Landsknechte Bretten
LNN 2012 - Landsknechte Bretten
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
508. Jahrgang<br />
HÖRT HÖRT<br />
Ausgabe Nr. 6<br />
!SKANDAL!<br />
DER SOLD REICHT NICHT!<br />
wIE zahlrEIchE anDErE, so müssEn auch wEI-<br />
bEl k. unD rottmEIstEr h. sIch Etwas nE-<br />
bEnhEr vErDIEnEn,<br />
um nIcht abzusaufEn!<br />
Brettheim. Nur unter schwierigen<br />
Auflagen stimmte man einem<br />
offenen Gespräch mit der <strong>LNN</strong><br />
zu. Unter anderem dürfen wir die<br />
wahre Identität der beiden Männer<br />
nicht preisgeben.<br />
Der eine ist Weibel im Fähnlein<br />
des HvG, der andere führt eine<br />
Rotte in dessen Haufen. Beide<br />
verdienen nicht schlecht, beide<br />
heben sich deutlich vom durschnittlichen<br />
Monatssold von 2<br />
Gulden ab. Sollte man meinen.<br />
Doch die bittere Wahrheit straft<br />
uns Lügen.<br />
Geheime Kräuterplantage<br />
versteckt im Trosswagen<br />
Wir treffen zwei Männer in ihren<br />
besten Jahren, die auf uns desillusioniert<br />
und müde wirken. “Anfangs<br />
waren wir stolz auf unsere<br />
Posten. Konnten leben wie die<br />
Großen und der Familie was bieten,”<br />
erzählt K. “Doch dann kamen<br />
die Sparkurse der Feldherren<br />
ins Spiel und alles hat sich zum<br />
Schlechten gewandt,” ergänzt<br />
H. Bonuszahlungen bleiben aus<br />
und die versprochenen Solderhöhungen<br />
lassen bis heute auf sich<br />
warten. Nebenverdienst heißt da<br />
die einzige Lösung. Das solcher<br />
Erwerb strafbar ist, wird von den<br />
meisten billigend in Kauf genommen.<br />
So verdingen sich H. und K.<br />
auf diversen Jahrmärkten als Laiendarsteller<br />
in Komödiantengruppen.<br />
“Wir erzählen Geschichten<br />
aus dem wahren Leben. Wir idealisieren<br />
sie für das Publikum und<br />
man lacht über uns. Es schmerzt<br />
uns in der Seele, denn in Wahrheit<br />
lacht man uns aus!” K. hat Tränen<br />
in den Augen, als er diese Worte<br />
spricht. Sein Kamerad tröstet<br />
ihn. “Aber wenigstens stimmt die<br />
Bezahlung. In Zeiten des Krieges<br />
sind die Leute froh über etwas<br />
Kurzweil”.<br />
Doch was ist während eines Feldzuges?<br />
Das fragen wir die beiden.<br />
In Mitten von Kriegswirren sind<br />
weder Proben noch Auftritte<br />
möglich. H. nestelt etwas nervös<br />
an seinem Kittel herum, dann<br />
ringt er sich zu einer Antwort<br />
durch: “Wenn das herauskommt,<br />
kann man uns durchs Rad flechten<br />
lassen! Aber gut. Wir bauen<br />
heimlich Gemüse an. Manchmal<br />
auch Küchenkräuter. Die<br />
H. und K. als Schwätzer<br />
auf der Bühne...<br />
Seite 4<br />
verkaufen wir an die Trossweiber.<br />
Das ist recht ertragreich.”<br />
So haben die beiden sich in der<br />
näheren Vergangenheit ein umfangreiches<br />
Fachwissen angeeignet<br />
und nutzen jede sich bietende<br />
Gelegenheit.<br />
“Letzten August waren wir geschäftlich<br />
in Caliano. Wir haben<br />
dort das Castel Beseno belagert.<br />
An dessen Mauer ließ sich hervorragend<br />
Basilikum ziehen,”<br />
schwelgt K. in Erinnerungen.<br />
Doch der Schwindel flog auf,<br />
man musste lügen, um nicht in die<br />
Fänge der Landsknechtsjustiz zu<br />
... und als Gärtner an<br />
der Kräutermauer<br />
Weibel K. und Rottmeister H.<br />
bei einer Ihrer Haupttätigkeiten:<br />
Stellen des Gewalthaufens<br />
geraten. Nicht selten ist die Gasse<br />
die Endstation für so manchen<br />
Delinquenten.<br />
“Wir behaupteten, dass alles zum<br />
Eigenbedarf gedeihe. Vor den Augen<br />
des Profos mussten wir die<br />
komplette Ernte in den Eintopf<br />
schneiden. Der war dann ungenießbar<br />
und der ganze Ertrag dahin.<br />
Letzten Winter mussten wir<br />
hungern und jeder von uns hat 2,1<br />
kg abgenommen!.”<br />
Die Zukunft der beiden ist ungewiss.<br />
Und dennoch wollen<br />
beide nichts mehr anderes in<br />
ihrem Leben tun.