Kirchliche Nachrichten Kirchliche Nachrichten - Evangelisch in Sydney

Sowjetunion zusammenfand. Man sprach
von weit über 100.000 Mitgliedern in
diesem Gebiet. Doch dann kam die große
Enttäuschung: Die Bundesrepublik
Deutschland öffnete ihre Türen sehr weit
für alle Menschen aus dieser Region, die
nach ihrer deutschen Herkunft nach
Westen umsiedeln wollten. Dadurch
verloren viele Gemeinden den größten
Teil und vor allem die jüngeren Teil ihrer
Mitglieder. Im Jahr 2005 sprach man
ernüchtert nur noch von einer
Mitgliederzahl von etwa 20.000. Die
Kirchenleitung hatte größte Mühen, der
Entwicklung der vielen Gemeinden in
dem riesigen Bereich nachzukommen,
insbesondere mit Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern im pastoralen und
diakonischen Dienst. Darum konnte auch
die Gemeinde von Tomsk bis zu diesem
Jahre nicht die Hilfe eines hauptamtlichen
Mitarbeiters bekommen.
Ein eigenartiger Umstand aus der
politischen Welt half nun der Entwicklung
dieser Gemeinde nach. Tomsk wird die
‚deutscheste Stadt Sibiriens’ genannt.
Schon lange vor der Zeit der Deportierten
lebte eine vergleichsweise große Zahl
von Deutschen in dieser bedeutendsten
sibirischen Universitätsstadt.
In ihrem Zentrum lag die Ev.luth.
Marienkirche mit einem
großen Nebengebäude als
Pfarrhaus und für die
deutsche kirchliche Schule.
Unter sowjetischer Einwirkung
wurde dieses Zentrum
enteignet und nach dem
Abriss der Kirche zu einem
Vergnügungszentrum mit
Riesenrad umgebaut. Daran
erinnerte sich der jetzige
Gouverneure der Region, ein
Deutschstämmiger mit einer Mutter aus
der evangelischen Tradition, als im
Vorjahr Präsident Putin die deutsche
Kanzlerin zum Staatsbesuch nach Tomsk
einlud. In größter Eile ließ der
Gouverneur auf Staatskosten in einem
kleinen Birkenwäldchen im Zentrum der
Stadt eine schöne Kirche nach der
Holzblock-Bauweise mit ca. 200 Sitzen
für die lutherische Gemeinde aus der
deutschen Tradition erbauen.
Nun beginnt ein weiterer Neuanfang für
die Gemeinde in Tomsk, die nun im
Herbst zum ersten Mal seit 1941 wieder
einen Pastor haben wird, den das
Hermannsburger Missionswerk entsendet
und dessen Vater einmal in Tomsk
geboren wurde. So war mein Dienst mit
den festlichen Gottesdiensten zur
Osterzeit und allerlei Hausbesuchen jetzt
gemeint als Vorlauf und zur Öffnung der
Gemeinde auf die hoffnungsvolle neue
Periode hin, bei der dann auch die
deutliche Öffnung zur russischen
Sprache, zur jungen Generation und zu
einer vielfältigen Hinwendung auf die dem
Glauben entfremdeten Menschen im Blick
ist. –
Ernst-August Lüdemann
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