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Projektdokumentation - BTQ Kassel

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Projekt 1:<br />

Veranstaltungsreihe Interkulturelle Kompetenz und<br />

Interkulturelle Öffnung im Hochtaunuskreis<br />

Projekt 2:<br />

Interkulturelle Arbeit mit Dementen – Labor zur<br />

Weiterentwicklung von Praxisansätzen


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung ....................................................................................................................... 5<br />

Projekt 1: Veranstaltungsreihe „Interkulturelle Kompetenz und Interkulturelle Öffnung<br />

im Hochtaunuskreis ....................................................................................................... 7<br />

Einladung zur Veranstaltungsreihe .................................................................................................. 8<br />

Vorankündigungen zur Veranstaltungsreihe ................................................................................. 10<br />

Pressemitteilung zur Veranstaltungsreihe ..................................................................................... 14<br />

Presseankündigungen „Bildung und Aufstieg – trotz Kopftuch?“ ................................................. 16<br />

Eröffnungsveranstaltung „Bildung und Aufstieg – trotz Kopftuch?“ ........................................... 19<br />

Presseankündigungen “Kein Bock auf Integration” ....................................................................... 25<br />

Vortrag und Diskussion „Kein Bock auf Integration?“ ................................................................... 29<br />

Bildung interkulturell: Mache ich es richtig? Eine Handreichung für Menschen die Gruppen<br />

leiten............................................................................................................................................... 35<br />

Projekt 2 Neue Wege in der Pflege............................................................................... 59<br />

Einladung zur Veranstaltung .......................................................................................................... 60<br />

Fachtagung Menschen mit Demenz .............................................................................................. 62<br />

Vortrag und Labor „Ernährung von Menschen mit Demenz“ ...................................................... 63<br />

Vortrag und Labor „Bewegung erlegen – Bewegung erfahren“ .................................................. 73<br />

Vortrag und Labor „Körperpflege, Waschen, Kleiden“ ................................................................. 79<br />

Fotos der Veranstaltung ................................................................................................................. 83<br />

Nachklang der Impulsvorträge ....................................................................................................... 90<br />

3


Einleitung<br />

Dank der vom Hessischen Kultusministerium zur Verfügung gestellten Sondermittel im Förderbe-<br />

reich 2 „Entwicklung von Kooperationen / Aufbau von Supportstrukturen mit HESSENCAMPUS“<br />

konnte das Bildungswerk der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) im Lande Hessen e.V.<br />

auch in 2011 zwei Projekte erfolgreich mit insgesamt ca. 220 Teilnehmer/innen durchführen:<br />

� Veranstaltungsreihe „Internationale Kompetenz und Interkulturelle Öffnung“ im Hochtau-<br />

nuskreis in Kooperation mit der vhs Hochtaunus, der vhs Bad Homburg und dem Sportkreis<br />

Hochtaunus<br />

� „Interkulturelle Arbeit mit Dementen – Labor zur Weiterentwicklung von Praxisansätzen“ in<br />

<strong>Kassel</strong> mit dem Mitgliedsunternehmen Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) <strong>Kassel</strong> und<br />

dem Kulturzentrum Schlachthof als Kooperationspartner.<br />

Der Umgang mit unterschiedlichen Kulturen und Religionen stellt die Gesellschaft vor große Her-<br />

ausforderung. Bildung nimmt bei der Bewältigung der daraus entstehenden Aufgaben eine zentrale<br />

Funktion ein. Beiden Projekten ging es darum, einen interkulturellen Bildungsansatz zu praktizie-<br />

ren, der darauf beruht, gegenseitiges Verständnis zu wecken, voneinander zu lernen, Gemeinsam-<br />

keiten zu entdecken und Neues zu entwickeln. Zentrales inhaltliches Ziel der Projekte war, Fortbil-<br />

dungskonzeptionen und -methoden für Lehrkräfte zu entwickeln, die einen solchen Bildungsansatz<br />

zur Grundlage haben und direkt in die Arbeit der jeweiligen Kooperationspartner/innen einfließen<br />

können.<br />

Bei der Durchführung der Projekte konnte die nunmehr seit einigen Jahren bestehende sehr kon-<br />

struktive Zusammenarbeit mit den Kooperationspartner/innen fortgesetzt werden und hat so den<br />

Weg für die Realisierung einer nachhaltigen Vertiefung durch Akteure vor Ort bereitet. Aufgrund<br />

der guten Kooperationserfahrungen und zur besseren Nutzung vorhandener Ressourcen haben sich<br />

die Kooperationspartner/innen verständigt, künftig noch stärker zusammenzuarbeiten. Darüber<br />

hinaus wurden im Rahmen der Projektdurchführung neue Kontakte geknüpft, durch die ein weite-<br />

rer Ausbau des Netzwerkes im HESSENCAMPUS HOCHTAUNUS und HESSENCAMPUS <strong>Kassel</strong> unter-<br />

stützt wird.<br />

In dieser Dokumentation haben wir die Ergebnisse der Veranstaltungen, die Pressemitteilungen<br />

und -reaktionen sowie einige Fotos zusammengefasst.<br />

<strong>Kassel</strong>/Frankfurt, im April 2012<br />

5


Projekt 1:<br />

Veranstaltungsreihe „Interkulturelle Kompetenz und<br />

Interkulturelle Öffnung im Hochtaunuskreis<br />

23.09.2011 bis 20.10.2011<br />

in Bad Homburg und Oberursel<br />

mit den Veranstaltungen<br />

Eröffnungsveranstaltung „Bildung und Aufstieg – trotz Kopftuch?<br />

23.09.2011 in Bad Homburg<br />

Kein Bock auf Integration?<br />

Was wir über die Integration muslimischer Jugendlicher wirklich<br />

wissen<br />

06.10.2011 in Oberursel<br />

7


Einladung zur Veranstaltungsreihe<br />

8


Vorankündigungen zur Veranstaltungsreihe<br />

� Die Initiative<br />

� Aktuelles<br />

� Gemeinsames Wort der Kirchen<br />

� Veranstaltungen<br />

� Good-Practice<br />

� Themen<br />

� Bausteine für Gottesdienste<br />

� Materialien<br />

� Service<br />

Newsletter Interkulturelle Woche<br />

Abonnieren Sie den kostenlosen Newsletter "Interkulturelle Woche" (3-4 Mal/Jahr)! Tragen<br />

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Newsletterarchiv<br />

Bundesweite Veranstaltung Sept. 2011<br />

Informationen zur bundesweiten Veranstaltung im September 2011 sowie zu lokalen Eröffnungen<br />

finden Sie untermehr<br />

Tag des Flüchtlings<br />

Der Tag des Flüchtlings findet jeweils am Freitag im Rahmen der IKW statt.mehr<br />

Motto und Termine<br />

"Zusammenhalten - Zukunft gewinnen": das Motto der Interkulturellen Woche 2011mehr<br />

Downloads zur Programmerstellung und für Ihre Homepage<br />

Auf den folgenden Seiten haben wir für Ihre Öffentlichkeitsarbeit das Logo und das "Puzzle" der<br />

Interkulturellen Woche sowie ein dynamisches Webbanner zum Herunterladen für den Print- bzw.<br />

Internetbereich zur Verfügung gestellt. Sie sind Webmaster einer Webseite oder betreiben einen<br />

Blog? Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie das Banner auf Ihrer Homepage einbauen. Damit<br />

können Sie Ihr Engagement in der Interkulturellen Woche auffällig und dynamisch sichtbar machen<br />

sowie auf die bundesweite Initiative verweisen.<br />

Sehr gerne können Sie auch mit einem Link von Ihrer Homepage aus auf die unsrige Website<br />

verweisen. Wenn Sie uns dann noch Ihr Programm (und Ihren Link) zu Ihrer lokalen Interkulturellen<br />

Woche mailen (info@interkulturellewoche.de), dann stärken wir uns gegenseitig in der<br />

Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Die diesjährigen sieben Postkartenmotive stehen für Sie ebenfalls als Druckvorlagen zum Download<br />

bereit.<br />

Wir freuen uns, wenn Sie unsere Vorlagen für die Erstellung Ihrer Programme und Flyer verwenden.<br />

Die früheren Materialien sowie Publikationen können Sie im Archivbereich einsehen und<br />

herunterladen.<br />

http://www.ekd.de/interkulturellewoche/599.html<br />

10


Pressemitteilung zur Veranstaltungsreihe<br />

Lake Akgün eröffnet mit „Aufstand der Kopftuchmädchen“ die 2. Interkulturelle<br />

Woche Hochtaunus in Bad Homburg<br />

ver.di Bildungswerk Hessen kooperiert auch 2011 mit HESSENCAMPUS Hochtaunus<br />

„Aufstand der Kopftuchmädchen“ heißt das aktuelle Buch der Autorin Lale AkgünA und es ist ein<br />

deutliches Plädoyer für einen aufgeklärten Islam und die gleichberechtigte Teilhabe junger muslimischer<br />

Frauen am gesellschaftlichen Leben und dem Aufstieg durch Bildung. Die diesjährige Eröffnungsveranstaltung<br />

der 2. Interkulturellen Woche Hochtaunus (IKW) findet am 23. September in<br />

den Räumen der vhs Bad Homburg statt, die erneut Kooperationspartner des ver.di Bildungswerks<br />

Hessen ist. „Wir sind gespannt auf Lale Akgün, die es mit ihren Büchern versteht, den Alltag von<br />

Menschen mit Migrationshintergrund amüsant und anschaulich zu schildern und freuen uns, dass<br />

Lale Akgün in Bad Homburg die IKW eröffnet“ sagte Simone Farys-Paulus, Leiterin der vhs Bad<br />

Homburg bei der Vorstellung des Programms.<br />

Kriminologe Professor Dr. Christian Pfeiffer in Oberursel<br />

Integration findet in unserer Gesellschaft häufig statt. Für sehr viele Einheimische und Zugewanderte<br />

ist das zusammen leben, zusammen arbeiten und zusammen Sport treiben Alltag. Dennoch<br />

existiert auch eine andere Seite - die der Jugendlichen der zweiten und dritten Generation, überwiegend<br />

männlich, die wenig deutsche Freunde haben, sich aggressiver gebärden und häufiger<br />

diskriminiert werden – dies oft gepaart mit einer schlechteren Schulbildung. Woran liegt es, dass<br />

manche Zugewanderte und Einheimische scheinbar „wenig Bock auf Integration“ haben, insbesondere<br />

dann, wenn es zu Reibungen und Konflikten kommt?<br />

Carsten Koehnen, Sprecher des Hessencampus Hochtaunus und Leiter der vhs Hochtaunus, freut<br />

sich auf Vortrag und Diskussion mit dem renommierten Kriminologen, Professor Dr. Christian Pfeiffer.<br />

Er wird am 6. Oktober in der Grundschule Mitte in Oberursel auf Basis der Ergebnisse seiner<br />

Arbeiten ein wissenschaftlich fundiertes Bild über die Lage muslimischer Jugendlicher zeichnen und<br />

erfolgversprechende Strategien präsentieren.<br />

"Sport interkulturell: Mache ich es richtig?"<br />

14


Sport integriert – und die diesjährige Weltmeisterschaft im Frauenfußball war ein gutes Beispiel,<br />

dass Frauen unterschiedlicher Herkunft gemeinsam erfolgreich sein können. Doch wenn die<br />

Scheinwerfer aus sind und der prestigeträchtige Wettbewerb vom Alltag abgelöst wird, taucht häufig<br />

die Frage auf, wie die praktische Arbeit mit heterogenen Gruppen gestaltet werden kann. Davon<br />

können die ehrenamtlich Engagierten ein Lied singen, wie die Kooperationspartner Norbert Möller<br />

und Renzo Sechi vom Sportkreis Hochtaunus e.V. und Klaus Beckerling vom Sportring Bad Homburg<br />

bestätigen. „Wir kooperieren gerne, weil wir wissen, dass der Sport qualifizierte Aktive braucht, die<br />

mit heterogenen Gruppen gut arbeiten können.“<br />

Im Programm „Integration durch Sport (IdS)“ der Sportjugend Hessen bündeln sich reichhaltige<br />

Erfahrungen in Theorie und Praxis. An diesem Tagesseminar geht es um Erfahrungen, Erwartungen,<br />

Erlebnisse in heterogenen Gruppen und die Erweiterung der Handlungskompetenz. Tipps und<br />

Tricks aus dem Bereich Sport und Bewegung runden die Fortbildung ab, die von Volker Rehm (IdS)<br />

durchgeführt wird. Das Tagesseminar am 29. Oktober richtet sich an alle Menschen, die Gruppen<br />

leiten.<br />

Zum Hintergrund der IKW Hochtaunus<br />

Die Interkulturellen Wochen werden seit vielen Jahren im Herbst jeden Jahres bundesweit durchgeführt.<br />

Um den Wiedererkennungswert zu steigern, soll das Motto aus dem Jahre 2010 auch die<br />

nächsten Jahre gelten: Also heißt es auch in diesem Jahr „Zusammenhalten – Zukunft gewinnen".<br />

Der Hochtaunuskreis gehört zu den wenigen Flächenkreisen in der Bundesrepublik, in denen aktiv<br />

eine solche Veranstaltungsreihe stattfindet, in 2011 bereits zum zweiten Mal. Doris Batke, Projektleiterin<br />

des ver.di Bildungswerks Hessen, orientiert sich am Konzept, Fragen der Integration und<br />

der Interkulturellen Kompetenz im Zusammenhang mit sozialen Fragen zu diskutieren, und nicht<br />

durch ethnische Zuschreibungen und Ressentiments zu reagieren.<br />

Die Veranstaltungen der „2. Interkulturellen Woche 2011“ im Hochtaunuskreis finden im Rahmen<br />

des Projekts „Interkulturelle Kompetenz“ statt, das aus Mitteln des HESSENCAMPUS finanziert wird<br />

und vom Bildungswerk der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) Hessen durchgeführt<br />

wird. Kooperationspartner des ver.di Bildungswerks im HESSENCAMPUS Hochtaunus sind die vhs<br />

Hochtaunus und die vhs Bad Homburg. Weitere Partner sind der Sportkreis Hochtaunus e.V., der<br />

Sportring Bad Homburg e.V. und das Projekt „Integration durch Sport“ der hessischen Sportjugend.<br />

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie auf der Homepage des ver.di Bildungswerks<br />

Hessen: www.verdi-bw-hessen.de und auf den Seiten der Kooperationspartner: www.vhsbadhomburg.de;<br />

www.vhs-hochtaunus.de und www.sportkreis-hochtaunus.de.<br />

Allgemeine Informationen zur IKW gibt es unter www.interkulturellewoche.de<br />

15


Presseankündigungen „Bildung und Aufstieg – trotz Kopftuch?“<br />

Frankfurter Neue Presse<br />

Bildung und Aufstieg trotz Kopftuch<br />

Bad Homburg. Mit einer Lesung der türkischstämmigen Autorin Lale Akgün beginnt am<br />

kommenden Freitag die 2. Interkulturelle Woche, die von den Volkshochschulen Bad Homburg<br />

und Hochtaunus sowie dem ver.di-Bildungswerk Hessen organisiert wird. Von 19 Uhr<br />

an spricht sie in der Elisabethenstraße 4-8 über Perspektiven türkischer Frauen in Deutschland.<br />

"Bildung und Aufstieg – trotz Kopftuch?", fragt Akgün und versteht dies zugleich als<br />

einen Appell für einen "aufgeklärten Islam", der die westlichen Werte der Aufklärung anerkennt.<br />

An diesem Abend wird sie unter anderem aus ihrem vielbeachteten Buch "Aufstand<br />

der Kopftuchmädchen" lesen. Lale Akgün kam als 9-Jährige nach Deutschland. Sie studierte<br />

Medizin und Psychologie und war maßgeblich am Aufbau des Landeszentrums für Zuwanderung<br />

in Nordrhein-Westfalen beteiligt. Von 2002 bis 2009 war sie SPD-<br />

Bundestagsabgeordnete. Um eine Anmeldung unter Telefon (0 61 72) 2 30 06 wird gebeten.<br />

Die Teilnahme ist kostenlos.red<br />

Artikel vom . 06.10.2011<br />

http://www.fnp.de/fnp/region/lokales/vordertaunus/bildung-und-aufstieg-trotz-kopftuch_rmn01.c.9224093.de.html<br />

16


Eröffnungsveranstaltung<br />

„Bildung und Aufstieg – trotz Kopftuch?“<br />

Lesung und Diskussion mit Lale Akgün<br />

am 23.09.2011<br />

in der vhs Bad Homburg<br />

Moderartion: Walter Lochmann, Projekt HESSENCAMPUS<br />

19


Politisches Buch: Aufstand der Kopftuchmädchen<br />

Es ist ein bisschen ruhiger geworden in der Integrationsdebatte. Gelöst ist die Frage<br />

aber noch lange nicht, wie Zuwanderung gelingen kann, was alle Seiten dazu beitragen<br />

müssen, was sie erwarten dürfen. Ein Aufreger in der Diskussion 2010 war der<br />

Begriff "Kopftuchmädchen" - von Thilo Sarrazin als Synonym benutzt für Integrationsunwilligkeit.<br />

Einen anderen Blick darauf hat die SPD-Politikerin Lale Akgün. In ihrem Buch "Aufstand<br />

der Kopftuchmädchen" beschreibt sie, was sie in der islamischen Gemeinde<br />

dazu beobachtet hat. Und zieht ihre Schlüsse daraus für die Integrationsdebatte und<br />

das Selbstverständnis junger Musliminnen.<br />

Vorgestellt von Kathrin Erdmann<br />

Das Buch „Aufstand der Kopftuchmädchen“<br />

ist im Piper Verlag erschienen<br />

Schon wieder ein Buch über den Islam, das Kopftuch<br />

und Muslime. Das mag mancher beim Anblick von<br />

"Aufstand der Kopftuchmädchen" denken. Das Cover<br />

zeigt eine Frau ohne und eine Frau mit Kopftuch. Letztere<br />

werde sich noch von ihrem Stück Stoff befreien, ist<br />

Autorin Lale Akgün sicher: "Sie sind ja die Unterdrückten,<br />

aber sie werden aufstehen und sich das nicht länger<br />

gefallen lassen, dass Männer über sie bestimmen."<br />

Die Musliminnen sind aus Sicht der SPD-Politikerin<br />

schon längst auf diesem Weg dorthin.<br />

"Sie lernen in den Schulen mehr als nur Mathematik und Deutsch, sie lernen auch, dass<br />

die Welt da draußen keine unsittliche Hölle ist (...) und riechen den süßen Duft des Erfolges."<br />

(Buch-Zitat)<br />

Kopfbedeckung keine religiöse Pflicht<br />

Außerdem, so belegt die Autorin anhand von Koranstellen, sei die Kopfbedeckung keine<br />

religiöse Pflicht. Dass gerade konservative Muslime daran jedoch festhalten, liegt aus Sicht<br />

der 57-Jährigen an einer rückwärtsgewandten Interpretation: "Der Islam muss reformiert<br />

werden, denn der Islam kann so, wie er im Moment auftritt, weder für die Integration von<br />

Nutzen sein, noch kann der Islam, so wie er jetzt in dem Moment ist, in Europa oder überhaupt<br />

auftritt, sich mit der aufgeklärten Welt in Verbindung setzen."<br />

Dazu gehört zuallererst, die Frauen als gleichberechtigt anzuerkennen und auch so zu behandeln,<br />

sagt die SPD-Politikerin. Gerade muslimische Männer würden mit zweierlei Maß<br />

messen. Diese Doppelmoral gehört aus Sicht von Akgün abgeschafft: "Die gucken sich<br />

gerne Frauen an, die im kleinen dünnen Kleidchen durch die Stadt laufen, aber das darf<br />

nicht ihre eigene Frau sein, das darf nicht ihre Schwester sein, nicht ihre Mutter sein. Diese<br />

Moral müssen wir aufknacken."<br />

20


Akgün schreibt von "falscher Toleranz"<br />

Für kontraproduktiv hält sie dabei Tagungen wie die Islamkonferenz, an der zahlreiche<br />

konservative Muslime teilnehmen. Man mache sie und ihre Haltung so gesellschaftsfähig,<br />

schreibt Akgün. Sie hält das für eine falsche Toleranz.<br />

"Die Verbände, die sich zum Sprecher der Muslime erklären, versuchen ihre Community zu<br />

isolieren und Parallelgesellschaften zu schaffen. Würde heute Nacht die Integrationsfee<br />

Deutschland küssen und ab morgen wären alle Integrationsprobleme des Landes gelöst,<br />

würden die Moscheevereine doch den Zulauf der Leute verlieren, die heute zum größten<br />

Teil ihre Klientel darstellen." (Buch-Zitat)<br />

Die deutsche Mehrheitsgesellschaft sollte sich aus Akgüns Sicht davon verabschieden,<br />

eine Religion integrieren zu wollen. Integrieren könne man nur Individuen.<br />

Forderung nach einer anderen Lesart<br />

Sehr klar in der Sprache und gut verständlich schildert Lale Akgün auf knapp 300 Seiten,<br />

wo die Religion vor allem von Männern zum Vorwand für den Erhalt ihrer Macht benutzt<br />

wird. Sie schildert dabei Absurdes, wie zum Beispiel, dass in Saudi-Arabien Frauen zwar<br />

als Pilotin arbeiten, aber nicht Auto fahren dürfen. Forderungen und Thesen belegt Akgün<br />

mit Aussagen muslimischer Geistlicher. Das macht sie glaubwürdig.<br />

Ja, das Buch ist schon wieder eines über den Islam, Kopftuch und Muslime. Aber im Unterschied<br />

zu vielen anderen Autoren verteufelt die Autorin die Religion nicht, sie fordert nur<br />

eine andere Lesart. Das ist nachvollziehbar, angenehm und insgesamt ein gelungener Beitrag<br />

zur Integrationsdebatte.<br />

Aufstand der Kopftuchmädchen<br />

Lale Akgün<br />

http://www.ndr.de/kultur/literatur/buchtipps/kopftuchmaedchen101.html<br />

Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse:<br />

Politisches Buch: Aufstand der Kopftuchmädchen | NDR.de - Kultur - Literatur - Buc... Page<br />

2 of 2<br />

http://www.ndr.de/kultur/literatur/buchtipps/kopftuchmaedchen101.html 07.03.2011<br />

Das Buch "Aufstand der Kopftuchmädchen" ist im<br />

Piper Verlag erschienen.<br />

Politisches Buch: Aufstand der Kopftuchmädchen | NDR.de - Kultur - Literatur - Buc... Page<br />

1 of 2<br />

http://www.ndr.de/kultur/literatur/buchtipps/kopftuchmaedchen101.html 07.03.2011<br />

Typ: Buch Bestellnummer: 978-3492053815<br />

Verlag: Piper Verlag Preis: 16,95 €<br />

21


Taunus-Zeitung<br />

Starkes Plädoyer für einen modernen Islam<br />

Lale Akgün pflegt eine klare Sprache, sie redet nicht um den heißen Brei herum. Das<br />

bringt ihr Freunde, aber auch Gegnerschaft. Auch bei der Lesung aus ihrem Buch<br />

"Aufstand der Kopftuchmädchen" nahm die ehemalige Bundestagsabgeordnete kein<br />

Blatt vor den Mund.<br />

Lale Akgün<br />

Bad Homburg. Sie tritt für einen modernen Islam ein, der sich nicht daran orientiert, "was<br />

um 700 nach Christus in der arabischen Wüste sinnvoll war, sondern sich den aktuellen Bedingungen<br />

stellen muss".<br />

Besonderen Wert legte sie auf eine durchaus kämpferische Auseinandersetzung mit dem<br />

Islam, plädierte gegen die Vereinnahmung des Islams durch die islamischen Verbände und<br />

die "Ewiggestrigen" und für einen Islam, der ganz im Sinne des Korans vernünftig ist – der<br />

Koran als Quelle der Erkenntnis und der ewig währenden Offenbarung für den Menschen.<br />

Lale Akgün, die von einer Dienstreise aus Ghana nach Bad Homburg kam, gestaltete einen<br />

temperamentvollen Abend. Sie gab spannende Einblicke in die Vielfalt muslimischen Lebens,<br />

bekräftigte die Unverhandelbarkeit von Menschen- und natürlich auch Frauenrechten<br />

und einen umfassenden Anspruch auf Bildung. Einige Passagen von ihrer "Tante Semra",<br />

die einen "alltagstauglichen Islam" lebt und die Gebote des Korans recht freizügig interpretiert,<br />

rundeten die Lesung ab.<br />

Die Veranstaltung war der Auftakt der zweiten Interkulturellen Woche Hochtaunus (IKW),<br />

die von Dr. Matthias Setzer, Fachbereichsleiter Kultur und Bildung der Stadt Bad Homburg,<br />

und Dr. Simone Farys-Paulus, Leiterin der VHS Bad Homburg, eröffnet wurde. Was die<br />

Veranstalter bedauerten: Trotz Einladung hatten keine Muslime teilgenommen.red<br />

Artikel vom . 12.10.2011<br />

22


Dr. Lale Akün Dr. Matthias Setzer<br />

23


Presseankündigungen “Kein Bock auf Integration”<br />

Usinger Anzeiger<br />

Warum „kein Bock auf Integration“?<br />

05.10.2011 - HOCHTAUNUS<br />

Der bekannteste Kriminologe Deutschlands, Prof. Dr. Christian Pfeiffer, spricht morgen in<br />

Oberursel<br />

(red). „Kein Bock auf Integration? Was wir über die Integration muslimischer Jugendlicher wirklich<br />

wissen und wie man sie verbessern kann.“ Das thematisiert der bekannteste Kriminologe Deutschlands,<br />

Prof. Dr. Christian Pfeiffer. Der spannende und informative Diskussionsabend ist eingebettet<br />

in die 2. Interkulturelle Woche im Hochtaunuskreis und ist, wie alle Veranstaltungen dieser vom<br />

ver.di Bildungswerk Hessen finanzierten Vortragsreihe, kostenlos.<br />

Der Gesprächsabend findet am 6. Oktober von 19.30 Uhr bis<br />

21 Uhr in der Grundschule Mitte in Oberursel statt. Die Moderation<br />

des Abends hat Walter Lochmann vom Projekt Hessencampus.<br />

„Integration findet in unserer Gesellschaft häufig statt. Für<br />

sehr viele Einheimische und Zugewanderte ist das zusammen<br />

Leben, zusammen Arbeiten und zusammen Sporttreiben Alltag.<br />

Dennoch existiert auch eine andere Seite - die der Jugendlichen<br />

der zweiten und dritten Generation, überwiegend<br />

männlich, die wenig deutsche Freunde haben, sich aggressiver<br />

gebärden und häufiger diskriminiert werden - dies oft gepaart<br />

mit einer schlechteren Schulbildung“, erläutert Carsten Koehnen<br />

den Hintergrund.<br />

25<br />

Prof. Dr. Christian Pfeiffer<br />

Wie Doris Batke vom ver.di Bildungswerk freut sich auch der Leiter der vhs Hochtaunus und Kooperationspartner<br />

auf eine aufschlussreiche Diskussion. Die Veranstaltung will klären, woran es liegt,<br />

dass manche Zugewanderte und Einheimische scheinbar „wenig Bock auf Integration“ haben, insbesondere<br />

dann, wenn es zu Reibungen und Konflikten kommt.<br />

Professor Dr. Pfeiffer wird auf Basis der Ergebnisse seiner Arbeiten ein wissenschaftlich fundiertes<br />

Bild über die Lage muslimischer Jugendlicher zeichnen und erfolgversprechende Strategien präsentieren.<br />

Wer wäre hierzu besser geeignet als der Inhaber eines Lehrstuhls für Kriminologie, Jugendstrafrecht<br />

und Strafvollzug an der Universität Hannover und Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts<br />

Niedersachsen. Mit seinen pointierten Äußerungen scheut er keine fachpolitische<br />

Auseinandersetzung.


Veranstaltung am 06.10.2012<br />

in der Grundschule Mitte, Oberursel<br />

Vortrag und Diskussion<br />

„Kein Bock auf Integration?“<br />

Was wir über die Integration muslimischer<br />

Jugendlicher wirklich wissen<br />

Professor Dr. Christian Pfeiffer<br />

Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN)<br />

Moderation: Walter Lochmann, KAIROSAGENTUR<br />

29


Prof. Dr. Christian Pfeiffer<br />

31


Platzreservierungen sind erwünscht. Hierzu steht die vhs Hochtaunus in ihrer Geschäftsstelle in der<br />

Füllerstraße 1, 61440 Oberursel, unter 06171/5848-0 sowie www.vhs-hochtaunus.de zur Verfügung.<br />

Taunuszeitung 10.10.2011<br />

Integration beginnt im Sandkasten<br />

Von Klaus Späne<br />

Pfeiffer<br />

Was haben Geburtstagseinladungen von Kindern und das Spielen im Sandkasten mit Integration<br />

zu tun? Eine ganze Menge, hat Professor Dr. Christian Pfeiffer festgestellt. "Wenn<br />

der kleine Mehmet mit Max und Moritz im Sandkasten spielt, dann hat er zehn Jahre später<br />

50 Prozent mehr deutsche Freunde, als wenn er im Kindergarten primär mit Mustafa<br />

und Igor zu tun gehabt hätte."<br />

Integration fange früh im Kindergarten an und gehöre zu den entscheidenden Faktoren<br />

dafür, in welchem Maß es jungen Migranten gelinge, in unsere Gesellschaft hineinzuwachsen,<br />

erläutert der Experte. Und noch eine entscheidende Weichenstellung nennt er, die zu<br />

einer gelungenen oder misslungenen Eingliederung beitrage: Verbindliche Schulempfehlungen<br />

am Ende der Grundschule führten oft dazu, dass Migrantenkinder auf der Hauptschule<br />

landeten und damit oft auf einem Weg, der ins gesellschaftliche Abseits führe.<br />

All diese Thesen untermauert Pfeiffer (siehe Info-Box) mit Zahlen, die das Kriminologische<br />

Forschungsinstitut Niedersachsen, dessen Leiter Pfeiffer ist, vor allem bei einer Untersuchung<br />

in den Jahren 2007/2008 ermittelt hat. Seinerzeit fühlten die Forscher Schülern der<br />

neunten Klassen in 61 Städten und Landkreisen (45 000 Jugendliche) auf den Zahn. Eine<br />

der dabei gewonnenen Schlüssel-Erkenntnisse: In Sachen Bildungsintegration der türkischstämmigen<br />

Jugendlichen gibt es riesige Unterschiede zwischen westdeutschen Städten und<br />

Landkreisen. In Norddeutschland etwa, wo sich die Eltern nicht an die Schulempfehlungen<br />

halten müssen, machen mehr als 54 Prozent der jungen Türken Abi oder schaffen den<br />

Realschulabschluss. In Bayern und Baden-Württemberg hingegen, wo Eltern sich an die<br />

Empfehlung halten müssen, liegt die Quote nur bei 26 Prozent. Ein "Integrationshindernis"<br />

nennt Pfeiffer diese Praxis. Dies führe dazu, dass viele junge Türken später eine "Null-Bock-<br />

Einstellung" hätten.<br />

"Kein Bock auf Integration?" lautet auch der Titel des Diskussionsabends mit Pfeiffer, den<br />

33


die Volkshochschule Hochtaunus für die 2. Interkulturelle Woche organisiert hatte. Nach<br />

dem Auftakt der Veranstaltungsreihe unter der Regie des verd.di-Bildungswerks Hessen<br />

Ende September mit der Autorin Lale Akgün in Bad Homburg sollte dieses Mal Deutschlands<br />

bekanntester Kriminologe ein Licht auf die Integration muslimischer Jugendlicher<br />

werfen und zugleich zeigen, wie diese verbessert werden kann.<br />

Offensichtlich treffen die Interkulturelle-Woche-Macher einen Nerv, denn rund 50 Besucher<br />

sorgen dafür, dass der Saal in der Grundschule Mitte gut gefüllt ist. Sie erleben einen<br />

Referenten, der sich nicht auf die polarisierenden Aussagen und eigenwilligen Zahleninterpretationen<br />

eines Thilo Sarrazins einlässt, sondern ein wissenschaftlich fundiertes Bild der<br />

Integrationswirklichkeit bietet. Zugleich legt er auch den Finger in die Wunde der zahlreichen<br />

gesellschaftlichen sowie politischen Versäumnisse.<br />

Im Mittelpunkt von Pfeiffers Vortrag stehen vor allem die männlichen muslimischen Jugendlichen<br />

der zweiten und dritten Generation. Wenig deutsche Freunde, aggressives<br />

Machotum, schlechte Schulbildung, wenig Integration: Dieser unheilvolle Mix hat laut dem<br />

Kriminologen komplexe Ursachen. Ein wichtiger Grund sei die Zurückweisung durch die<br />

deutsche Gesellschaft. "Welche Nachbarn hätten Sie am liebsten?", fragten die Forscher<br />

beispielsweise verschiedene Volksgruppen. Das Ergebnis: Deutsche hätten am liebsten<br />

deutsche Nachbarn, gefolgt von Schweden und an letzter Stelle Türken. Diese wiederum<br />

hätten zwar auch am liebsten Türken neben sich, aber bereits an zweiter Stelle Deutsche.<br />

Und türkischstämmigen Jugendlichen wären sogar deutsche Nachbarn am liebsten.<br />

Das spreche dagegen, dass sich junge Muslime von sich aus gegen Integration wehrten,<br />

schlussfolgert Pfeiffer. Vielmehr könne eine ausbleibende Eingliederung zu einem Rückzug<br />

in die eigene Familie und zu einer Art Flucht in die Religiosität führen.<br />

Außerdem führt Pfeiffer noch weitere Hemmnisse auf wie den Grad der Religiosität innerhalb<br />

der muslimischen Familien. Letztlich aber "gestalten wir als Gastland die Rahmenbedingungen".<br />

Und dabei gelte: Je besser die seien, desto besser gelinge die Einbindung der<br />

Migranten.<br />

Soziale Vernetzung<br />

"Integration ist komplex und schwierig", bilanziert Pfeiffer, der aber auch Lösungswege<br />

aufzeigt. A und O sei die frühe soziale Vernetzung von Deutschen und Migranten, zum Beispiel<br />

in Ganztagsschulen mit umfangreichem Nachmittagsprogramm als Alternative zu<br />

Freizeitzentren.<br />

Ein wichtiger Punkt seien auch Mentorenprogramme mit dem Fokus auf schulische Bildung<br />

wie Hausaufgabenbetreuung. Gerade die lokale Ebene sei entscheidend für die Integration,<br />

meint der Professor und führt das Beispiel Hannover an. Dort habe die Arbeit einer Bürgerstiftung<br />

dazu geführt, dass mittlerweile fast 70 Prozent der elfjährigen türkischstämmigen<br />

Kinder auf eine Realschule oder ein Gymnasium gingen.<br />

34


Bildung interkulturell:<br />

Mache ich es richtig?<br />

Eine Handreichung<br />

für Menschen die Gruppen leiten<br />

35


Vorwort<br />

Die Kooperation im HESSENCAMPUS HOCHTAUNUS mit der vhs Hochtaunus, der vhs Bad Homburg,<br />

dem Sportkreis Hochtaunus e.V. und dem ver.di Bildungswerk Hessen hat das Ziel, Integrationsprozesse<br />

zu gestalten. Zielgruppe sind Kursleitungen der vhs, Übungsleiter/innen, Trainer/innen,<br />

Jugendleiter/innen und Vereinsverantwortliche von Sportvereinen und Teamer/innen des Bildungswerks.<br />

Nach intensiven Diskussionen wurde beschlossen, den Zielgruppen handlungsleitende<br />

Unterstützung in Form einer Handreichung zur Verfügung zu stellen. Da „Integration keine Einbahnstraße<br />

ist“ ist werden hier vielfältige zivilgesellschaftliche Akteure und Akteurinnen vernetzt.<br />

Die vorliegende Handreichung wurde von Volker Rehm vom Projekt „Integration durch Sport“ der<br />

Sportjugend Hessen gemeinsam mit dem Projektkoordinator Walter Lochmann entwickelt.<br />

Integrationsprozesse finden, zuweilen unbewusst, in allen gesellschaftlichen Bereichen statt: im<br />

Kindergarten, in der Schule, im Arbeitsalltag, in der Freizeit - und im Sport. Nahezu überall kann<br />

jeder/jede Engagierte dazu beitragen, die Idee eines gelingenden Miteinanders weiter zu entwickeln.<br />

Diese Arbeit wirkt über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg und hilft, nicht nur im Sport, positive<br />

Anstöße zu geben. Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, mit Menschen aus anderen Kulturkreisen<br />

erfolgreich zu kommunizieren. Dazu müssen Personen in der Lage sein, Emotionen zu<br />

begreifen, bei anderen Menschen zu deuten und ein Gespür für Gestik, Mimik und Verhalten bei<br />

anderen zu entwickeln. Durch Erweiterung der eigenen Interkulturellen Kompetenz können Vorurteile<br />

gegenüber fremden Kulturen und anderen Lebenswelten abgebaut werden. Dies führt zu einer<br />

Stärkung der eigenen Identität und stellt im Berufsleben eine wichtige Schlüsselkompetenz da.<br />

Ziel der vorliegenden Handreichung ist es, in der pädagogischen Praxis vielfach erprobte und bewährte<br />

Methoden und Übungen zu präsentieren. Diese können in die alltägliche Arbeit mit heterogenen<br />

Gruppen einfach zu integrieren werden und vermitteln interkulturelle Kompetenzen. Dabei<br />

steht die Fähigkeit zur Entwicklung einer eigenen interkulturellen Kompetenz immer in Wechselwirkung<br />

zu weiteren Kompetenzen wie beispielsweise Einfühlungsvermögen und Empathie, Selbstreflexion<br />

und Selbstbewusstsein, Offenheit und Toleranz, sowie Teamfähigkeit. Der Ansatz der Fortbildung<br />

ist dabei prozess- und teilnehmerorientiert. Ausgehend von Vorkenntnissen und Zusammensetzung<br />

der Teilnehmergruppe wird das Fortbildungskonzept permanent an die Bedürfnisse der Teilnehmenden<br />

angepasst.<br />

Regine Franz Doris Batke<br />

Geschäftsführerin Projektleiterin<br />

36


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Vorwort S. 1<br />

2. Vorschlag zum Block „Begrüßung, Einführung und Ablauf“ S. 3<br />

3. Übungen<br />

3.1. Übung zur Begrüßung S. 3<br />

3.2. Übung zu „Besuch“ S. 6<br />

3.3. Übung „Partner dirigieren“ S. 7<br />

3.4. Fußbaskettball – Perspektivenwechsel erfahren und<br />

reflektieren S. 9<br />

3.5. Spinnennetz und Elektrozaun<br />

Wie gehen wir mit „Behinderungen“ um? S. 10<br />

3.6. Chair Walk – (Wie) Blicke ich auf Andere S. 11<br />

3.7. Blind führen – Macht, Ohnmacht, Vertrauen S. 12<br />

3.8. Hase, Jäger und die magischen Büsche S. 13<br />

- Rollenwechsel: Jagen und gejagt werden<br />

3.9. Übung „Kreatives Schreiben S. 13<br />

3.10. Übung „Problematische Vorkommnisse“ S. 14<br />

3.11. Mit Witzen arbeiten S. 15<br />

4. Interkulturelle Trainings-Materialien S. 19<br />

37


2. Vorschlag zum Block „Begrüßung, Einführung und Ablauf“<br />

� Vorstellung der Trainerin und des Trainers inkl. ihrer Erfahrungen<br />

im Bereich der interkulturellen Arbeit<br />

� Vorstellungsrunde der Teilnehmende inkl. ihrer beruflichen Hintergründe<br />

� Klärung der Ansprache<br />

� Hinweise auf den Verlauf des Workshops inkl. Pausenzeiten (visualisieren) und das Ziel, das<br />

mit diesem Workshop verfolgt wird<br />

� Die Teilnehmende sollten an dieser Stelle auf die Effektivität der persönlichen Erfahrungen<br />

und damit auf die Wichtigkeit der Teilnehme an den praktischen Übungen hingewiesen<br />

werden.<br />

� Ebenso sollten die TrainerInnen an dieser Stelle die Teilnehmende auf Ihre Selbstvorsorge<br />

im Zusammenhang mit den Übungen eindringlich hinweisen. Das heißt, die Teilnehmenden<br />

müssen darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie zu jeder Zeit, wenn Sie das Gefühl<br />

haben, eine Übung betrifft/belastet sie zu sehr, Stopp sagen und die weitere Intensität des<br />

Übungsverlaufs selbst bestimmen können.<br />

3.1. Übung zur Begrüßung<br />

Thema: Kulturstandards, Kulturunterschiede, Sitten, Gebräuche, Verhalten<br />

Ziel: Zur Diskussion anregen über unterschiedliche Verhaltensweisen in<br />

verschiedenen Kulturen<br />

Teilnehmende: Je mehr, desto interessanter<br />

Material: Anweisungskarten<br />

Dauer der Übung: Ca. 30 Minuten<br />

Vorbereitung / Durchführung<br />

Ausgangssituation: Soeben in einem fremden Land auf dem Flugplatz eingetroffen, versucht jede/r<br />

seine/n GastgeberIn zu finden. Da es sich um eine multikulturelle Gesellschaft handelt, sind die<br />

Begrüßungssitten recht unterschiedlich (siehe nachfolgende Karten). Jetzt gilt es, sich zu finden. Die<br />

Gruppe wird je nach Größe in GastgeberIn und Gäste aufgeteilt, wobei auf eine/n GastgeberIn auch<br />

mehrere Gäste treffen können. Jede/r erhält ein Anweisungskärtchen und den Auftrag, sich entsprechend<br />

erkennen zu geben. Worte sollen dazu nicht verwendet werden!<br />

38


Diskussionshilfen / Auswertung<br />

� Welche Begrüßungsformen waren angenehm / unangenehm? Warum?<br />

� Welche Gefühle kamen bei ungewohnten Formen der Begrüßung auf?<br />

� Wie hätten Sie gerne spontan reagiert?<br />

� Gab es Zeremonien, die anders (z. B. als Feindseligkeit oder als Annäherungsversuch) verstanden<br />

wurden?<br />

� Welche Strategie haben Sie sich zurechtgelegt, um sich möglichst unbeschadet durchzufinden?<br />

� Was tun bei unterschiedlichen Bräuchen?<br />

� Welche Regel soll gelten?<br />

� Wer hat sich in welchem Maße wem anzupassen?<br />

Hinweis:<br />

Wenn sich die Teilnehmenden einer Gruppe noch nicht gut oder überhaupt nicht kennen, sollten<br />

die Begrüßungsformeln, die Körperkontakt beinhalten, aussortiert werden.<br />

Angelehnt an:<br />

Ein Modell für Einflussfaktoren<br />

in der interkulturellen Begegnung,<br />

nach Grosch / Groß / Leenen,<br />

Forschungsschwerpunkt “Inter-<br />

kulturelle Kompetenz“, Fachhoch-<br />

schule Köln, 2000<br />

http://www.sw.fh-koeln.de/ikk/htdocs/veroeffentlichungen/veroeffentlichungen.html<br />

39


Du gehörst zu den<br />

Kupfer-Eskimos<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

Faustschlag gegen Kopf und Schulter<br />

Du gehörst zu den<br />

Dani auf Neuguinea<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

minutenlanges Umarmen und Tränen<br />

der Rührung und Erschütterung<br />

Du gehörst zu den<br />

Assyrern<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

Kleider hergeben<br />

Du gehörst zu den<br />

Indern<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

Handflächen aufeinander legen, vor den<br />

Körper halten und sich leicht verbeugen<br />

Du gehörst zu den<br />

Mongolen<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

sich gegenseitig die Wangen beriechen<br />

und sich mit den Nasen berühren und<br />

reiben<br />

Du gehörst zu den<br />

Holländern<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

umarmen und sich insgesamt dreimal auf<br />

die Wangen küssen<br />

Du gehörst zu den<br />

Eipo auf Neuguinea<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

Schweigen<br />

Du gehörst zu den<br />

Loango<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

Händeklatschen<br />

Du gehörst zu den<br />

Deutschen<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

Händeschütteln<br />

Du gehörst zu den<br />

Lateinamerikanern<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

den Kopf auf die rechte Schulter des<br />

Partners legen, drei Schläge auf den<br />

Rücken geben, dann Kopf auf die<br />

linke Schulter des Partners, drei<br />

Schläge auf den Rücken<br />

Du gehörst zu den<br />

Türken<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

der/die Jüngere küsst dem Älteren die<br />

Hand und führt sie dann zur eigenen<br />

Stirn, der/die Ältere bedankt sich verbal<br />

Du gehörst zu den<br />

Neuseeländern<br />

Sie begrüßen sich durch<br />

greifen der Hand des anderen mit beiden<br />

Händen und deren kräftiges Schütteln<br />

40


3.2. Übung „Zu Besuch“<br />

Thema: Sitten und Gebräuche<br />

Ziel: Kennen lernen von Schwierigkeiten im Umgang mit nonverbaler Kommunikation<br />

Teilnehmende: Beliebig<br />

Material: Kopien der Verhaltensanweisungen und Erwartungen für die jeweiligen<br />

Gruppen, zwei getrennte Räume<br />

Dauer der Übung: 30 bis 45 Minuten<br />

Vorbereitung / Durchführung<br />

Die Teilnehmenden werden in zwei Gruppen aufgeteilt, denen jeweils andere Anweisungen ausgehändigt<br />

werden. Es gibt eine „gastgebende Kultur“, die eine Liste von Verhaltensweisen ausgehändigt<br />

bekommt, die von den in Deutschland üblichen abweichen. Zusätzlich erhält diese Gruppe<br />

auch noch Handlungserwartungen an die „BesucherInnen“ ihrer „Kultur“. Die andere Gruppe bildet<br />

die „Gastkultur“, die lediglich eine Liste von Verhaltens-erwartungen an die Gastgeber erhält.<br />

Die Erwartungen, die jede Kultur hat, sollen in der Übung nonverbal vermittelt werden, das heißt,<br />

während der Übung darf nicht gesprochen werden. Zur Vorbereitung sollten zwei verschiedene<br />

Räume für die „Kulturen“ zur Verfügung stehen, in denen sich die Gruppen jeweils zehn Minuten<br />

auf die Übung vorbereiten und ihre Verhaltensweisen und Erwartungen üben können. Dann treffen<br />

Gäste und Gastgeber paarweise zusammen.<br />

Diskussionshilfen / Auswertung<br />

� Wie erlebte man die Beschränkungen in der Kommunikation?<br />

� Wie wurde das Gegenüber erlebt, wie fühlten sich die verschiedenen Seiten?<br />

� Welche Mitteilungen wurden richtig, welche falsch verstanden?<br />

41


Material „gastgebende Kultur“<br />

Verhaltensanweisungen für gastgebende Kultur<br />

Signalisieren Sie „Ja“ durch seitliches Hin- und Herwackeln<br />

des Kopfes, das Kinn sollte dabei auf einer Ebene bleiben.<br />

Signalisieren Sie „Nein“ durch ein langsames Vorstrecken des<br />

Kinns und einem gleichzeitigen Verziehen der Mundwinkel.<br />

Deuten Sie nicht mit der Hand, sondern dadurch, dass Sie<br />

mit dem Kopf in eine Richtung weisen.<br />

Erwartungen an die BesucherInnen der Gastkultur.<br />

Dieses sollen sie den Vertretern der anderen Gruppe<br />

nonverbal vermitteln:<br />

Sie sollen im Schneidersitz Platz nehmen.<br />

Sie sollen sich die Schuhe ausziehen.<br />

Sie sollen zur Begrüßung die rechte Hand auf das Herz legen.<br />

Material für „Gastkultur“<br />

Erwartungen an die gastgebende Kultur. Dieses sollen sie den Vertretern der anderen Gruppe nonverbal<br />

vermitteln:<br />

Die Gastgeber sollen ihre Telefonnummer herausgeben.<br />

Sie sollen Ihnen einen persönlichen Gegenstand ausleihen (z. B. Kugelschreiber oder Arbeitsmappe).<br />

Sie sollen Ihnen einen Stuhl anbieten.<br />

Sie sollen mindestens 2 Meter Abstand von Ihnen halten.<br />

42


3.3. Übung „Partner dirigieren“<br />

Thema: Nonverbale Kommunikation, speziell Mimik und Distanzverhalten<br />

Ziel: Täglich begegnen wir vielen Menschen, teils ohne näher in Kontakt treten zu<br />

wollen, teils auch ohne zu wissen, wie wir Kontakt herstellen können. Nicht<br />

selten läuft ein Kontaktversuch schief. Noch ehe ein Wort gewechselt wird,<br />

sehen wir uns in die Augen, ins Gesicht, um die Absicht des anderen einschätzen<br />

zu können. Die Übung lenkt die Aufmerksamkeit auf diese stumme Art der<br />

Verständigung.<br />

Teilnehmende: Maximum 20<br />

Dauer der Übung: Ca. 20 Minuten<br />

Vorbereitung / Durchführung<br />

Die MitspielerInnen teilen sich in zwei Gruppen A und B und suchen sich aus der jeweils anderen<br />

Gruppe eine/n PartnerIn. Sie stellen sich möglichst weit voneinander entfernt auf. Es muss allerdings<br />

mimischer Kontakt (Blickkontakt) möglich sein. A und B sollen sich mittels Mimik aneinander<br />

annähern. Sie signalisieren einander wechselweise, wie schnell der/die andere PartnerIn gehen<br />

soll, wann eine Pause gemacht werden soll etc. Es wird nicht gesprochen.<br />

Kommt also z. B. A zu direkt oder zu schnell auf B zu, muss B durch seinen Gesichtsausdruck zeigen,<br />

dass ihm dies unangenehm ist.<br />

Wenn die richtige Distanz bzw. Nähe gefunden ist, bleiben A und B stehen und „messen“ ihre Entfernung:<br />

Können sie sich riechen, die Hand geben, gerade noch berühren etc.?<br />

Diskussionshilfen / Auswertung<br />

� Welche Signale wurden richtig gedeutet, welche falsch?<br />

� Welche Signale wurden gar nicht beachtet?<br />

� Welche Gefühle kamen auf?<br />

� In welcher Situation sind welche mimischen Signale erlaubt, angemessen bzw. nicht erlaubt?<br />

� Was drückt die letztlich gewählte Distanz über die Beziehung zwischen den Partnern aus?<br />

Frei nach: Losche, Helga: Inter-<br />

kulturelle Kommunikation.<br />

Sammlung praktischer Spiele und<br />

Übungen. Augsburg 2000<br />

43


3.4. Fußbasketball – Perspektivenwechsel erfahren und reflektieren<br />

Dauer: 20 Minuten<br />

Gruppengröße: ab 8 Personen<br />

Material: Fußball, 2 Basketballkörbe, 2 Längskästen<br />

Ziele: Kooperation, Perspektivwechsel, Verwirrung bewältigen<br />

Ablauf:<br />

Die Gruppe wird in zwei gleich große Teams geteilt. Die beiden Kästen werden ca. 1,5 m hinter den<br />

Basketballkörben aufgestellt.<br />

Auf einem Basketballfeld wird immer in einer Hälfte Fußball in der anderen Hälfte Basketball gespielt.<br />

Sobald der Ball die Mittellinie überquert, wechselt die Spielweise von Fuß- zu Basketball und<br />

umgekehrt. Immer, wenn ein Team einen Korb bzw. wein Tor erzielt, wechseln die Teams die Seite.<br />

Dann ist Anstoß von der Mittellinie, sodass das Team, das vorher in ihrer eigenen Verteidigungshälfte<br />

Basketball gespielt hat, nun in der Angriffshälfte Basketball spielt und umgekehrt.<br />

Auswertung mit der Gruppe:<br />

Wie ist es euch gegangen? Was war schwierig? Wie habt ihr die schnellen Wechsel erlebt? Wie<br />

wurde mit der entstehenden Verwirrung umgegangen? Habt ihr als Team kooperiert oder hat jeder<br />

eher für sich gespielt? Gab es eine gemeinsame Strategie? Wie habt ihr euch abgestimmt?<br />

Reflexion (kultursensibel) für die Leitung:<br />

Im Spiel werden gewohnte und selbstverständliche Verhaltens- und Bewegungsmuster durch den<br />

Wechsel der Ballsportart und der Seite durchbrochen, was mitunter zur Verwirrung führen und den<br />

Spielfluss unterbrechen bzw. chaotischer machen kann. Die dabei entstehenden Gefühle tauchen<br />

ebenso in interkulturellen Begegnungen auf und zwar immer da, wo mein gegenüber für mich etwas<br />

Ungewohntes bzw. nicht selbstverständliches tut oder ich gezwungen bin, meine gewohnte<br />

Verhaltensweise zu verändern. Diese divergierenden Gefühle auszuhalten und in solchen Situationen<br />

die Perspektive wechseln zu können, sind wichtige interkulturelle Kompetenzen. Dabei können<br />

gemeinsame Strategien in der eigenen Mannschaft verhelfen, Sicherheit und Orientierung zu bekommen.<br />

Quelle: Trainingserfahrung im Rahmen des Projekts „Integration durch Sport“/Sportjugend Hessen,<br />

Volker Rehm<br />

44


3.5. Spinnennetz und Elektrozaun<br />

Wie gehen wir mit „Behinderungen“ um?<br />

Dauer: Ca. 30 Minuten<br />

Gruppengröße: Ab ca. 15 Personen<br />

Material: Lange Schnüre, Kordel oder Seile<br />

Ziele: Kooperation<br />

Ablauf:<br />

Eine Schnur wird in 1,40 m Höhe gespannt (ein sog. Elektrozaun). Die Gruppe steht auf einer Seite<br />

der Schnur und hat die Aufgabe, dass alle Mitglieder der Gruppe den Zaun überqueren müssen,<br />

ohne diesen mit ihrem Körper zu berühren. Dies geht auch mit der Hilfe der anderen. Wenn jemand<br />

den Zaun berührt, muss die ganze Gruppe neu starten.<br />

Variation:<br />

Spinnennetz: Hier wird zwischen zwei Pfosten (oder Bäumen) mit Schnüren ein großes Netz geknüpft<br />

(Höhe bis 2 Meter). Die Zwischenräume (so viele, wie teilnehmende Personen da sind) sind<br />

so groß, dass eine Person sich hindurchzwängen kann, ohne das Netz zu berühren. Die Aufgabe der<br />

Gruppe, die sich auf einer Seite des Spinnennetzes befindet ist, dass alle Mitglieder das Netzt<br />

durchqueren müssen, ohne es zu berühren (dann muss die ganze Gruppe neu starten). Ein bereits<br />

durchquertes Stück darf nicht mehr von einer anderen Person durchquert werden.<br />

Auswertung mit der Gruppe:<br />

Welche Strategien habt ihr angewendet? Welche Vorschläge hat es gegeben? Welche sind verwirklicht<br />

worden? Welche sind überhört oder verworfen worden? Wie kam es zu Entscheidungen? Wie<br />

wurde miteinander gesprochen? Wie waren die Rollen in der Gruppe verteilt? Welche Fähigkeiten<br />

sind nötig, um eine solche Aufgabe zu lösen? Wie können die unterschiedlichen Ideen und Fähigkeiten<br />

der Gruppenmitglieder miteinander verbunden werden?<br />

Reflexion (kultursensibel) für die Leitung:<br />

Welche unterschiedlichen Fähigkeiten sind bei Einzelnen in der Gruppe vorhanden? Welche unterschiedlichen<br />

Fähigkeiten/Voraussetzungen lassen sich auf die Herkunft der Gruppenmitglieder zurückführen?<br />

Wie geht die Gruppe mit „Behinderungen“ um (z.B. mangelnde Fähigkeiten in der dominanten<br />

Sprache), die einzelne Mitglieder haben? Wie mit unterschiedlichem Umgang mit körperlicher<br />

Berührung? Wird des respektiert? Haben alle Gruppenmitglieder irgendeine Sache, die sie<br />

nicht können und bei der sie Hilfe brauchen?<br />

Quelle: Trainingserfahrung im Rahmen des Projekts „Integration durch Sport“/Sportjugend Hessen,<br />

Volker Rehm<br />

45


3.6. Chair Walk – (Wie) Blicke ich auf Andere?<br />

Dauer: 15 – 30 Minuten<br />

Gruppengröße: beliebig<br />

Material: Stühle (1 pro Person)<br />

Ziele: Kooperation, Bewegung, Interaktion Irritationen schaffen, Fremdheitsgefühl<br />

erzeugen<br />

Ablauf:<br />

Im ersten Schritt bekommen die Teilnehmenden die Aufgabe, sich einen Stuhl zu nehmen und einen<br />

Platz in einem vorgegebenen Bereich innerhalb oder außerhalb eines Gebäudes aufzusuchen.<br />

Dort sollen sie warten, bis sie weitere Anweisungen bekommen. Dann geht die Spielleitung herum<br />

und stellt die Aufgabe, dass die Einzelnen zurück in den Gruppenraum kommen müssen und dort<br />

einen Stuhlkreis bilden. Es gelten allerdings folgende zwei Regeln: Keiner darf den Boden mit dem<br />

Körper berühren. Es dürfen keine zusätzlichen Stühle oder andere Hilfsmittel benutzt werden.<br />

Auswertung mit der Gruppe:<br />

Welche Strategien habt ihr angewendet? Welche Vorschläge hat es gegeben? Welche sind verwirklicht<br />

worden? Welche sind überhört oder verworfen worden? Wie kam es zu Entscheidungen? Wie<br />

wurde miteinander gesprochen?<br />

Reflexion (kultursensibel) für die Leitung:<br />

Gerade in Anfangssituationen, in denen Menschen sich kaum oder noch nicht kennen, kann diese<br />

Übung ungewohnt oder befremdlich sein, Neugierde oder Ablehnung hervorrufen. Möglicherweise<br />

wird jede/r zunächst nur für sich versuchen, aus dieser Situation zu kommen, indem sie/er schnell<br />

versucht, in die Mitte zu kommen, ohne den Blick auf die anderen zu haben. Andere hingegen sind<br />

auf fremde Hilfe angewiesen.<br />

Quelle: Trainingserfahrung im Rahmen des Projekts „Integration durch Sport“/Sportjugend Hessen,<br />

Volker Rehm<br />

46


3.7. Blind führen – Macht, Ohnmacht, Vertrauen<br />

Dauer: 5 Minuten<br />

Gruppengröße: beliebig<br />

Material: Augenbinden (halb so viele, wie Teilnehmenden-Anzahl)<br />

Ziele: Vertrauen schaffen, Sensibilität stärken, Empathie fördern<br />

Ablauf:<br />

Es bilden sich Pare (Person A und B). Zunächst verbindet sich A die Augen, Partner B führt A dann<br />

mit Körperkontakt durch die Halle/das Gelände. Wichtig ist, sich zunächst auf einfache Strecken zu<br />

beziehen (noch keine Treppen z.B.). Je nach Vertrauen können dann auch schwierigere Strecken<br />

gegangen werden. Ab und zu kann B auch stehen bleiben und A etwas ertasten lassen (z.B. Pflanzen,<br />

Geräte...). Nach 20 Minuten wechseln die Rollen. Nun führt B Partner A.<br />

Nach 40 Minuten reflektieren die Paare erst untereinander kurz, wie sie die Übung erlebt haben.<br />

Variation:<br />

Die Übung durchführen, ohne zu sprechen.<br />

Die Paare können sich jeweils ein Bein zusammenbinden.<br />

Auswertung mit der Gruppe:<br />

Wie habe ich mich gefühlt, als Geführter und als Führender?<br />

Hat sich Vertrauen entwickelt?<br />

Wie war die Kommunikation?<br />

Reflexion (kultursensibel) für die Leitung:<br />

Vertrauen hat auch mit Macht und Ohnmacht zu tun. Hier ist darauf zu achten, wie sorgsam die<br />

Teilenehmenden mit ihren Rollen umgehen. Die Leitung darf nicht zulassen, dass Teilnehmenden,<br />

die geführt werden, mutwillig “reingelegt“ werden.<br />

Interessant ist es, nach der Übung darüber zu sprechen, wie Macht und Ohnmacht (bzw. ausgeliefert<br />

sein) sich im Alltag der Teilnehmenden auswirken und welche (kulturell geprägte) Strategien es<br />

hierzu gibt.<br />

Quelle: Trainingserfahrung im Rahmen des Projekts „Integration durch Sport“/Sportjugend Hessen,<br />

Volker Rehm<br />

47


3.8. Hase, Jäger und die magischen Büsche<br />

- Rollenwechsel: Jagen und gejagt werden<br />

Dauer: 15 Minuten<br />

Gruppengröße: Ab 12 Personen<br />

Material: großer Raum oder freie Fläche<br />

Ziele: Warming Up (Energie gewinnen, Konzentration fördern), schnelle Rollenwechsel<br />

vollziehen.<br />

Ablauf:<br />

Über ein eingegrenztes Spielfeld (Größe je nach Gruppenstärke) verteilt, stehen die Teilnehmenden<br />

zu zweit Arm in Arm eingehakt und stellen magische Büsche dar.<br />

Eine Person ist Jäger/in, die eine Person - den Hasen – fangen soll. Sobald dies per Körperberührung<br />

geschehen ist, wechseln die beiden die Rollen, so dass der Hase zum/r Jäger/in wird und<br />

der/die Jäger/in zum Hasen.<br />

Als Hase kann (und sollte) man sich aber auch in Sicherheit bringen, indem man sich auf einer Seite<br />

der herumstehenden Büsche einhakt. Die Person auf der anderen Seite kommt, da es ein magischer<br />

Busch ist, mit einem lauten Schrei als Jäger heraus. Die bedeutet für den/die vorherige/n<br />

Jäger/in, blitzschnell zum Hasen zu werden und davonzulaufen.<br />

Die Auswertungsfragen orientieren sich an der Übung 3.7. (Blind führen)<br />

Quelle: Trainingserfahrung im Rahmen des Projekts „Integration durch Sport“/Sportjugend Hessen,<br />

Volker Rehm<br />

48


3.9. Übung „Kreatives Schreiben“<br />

Thema: Sprache<br />

Ziel: Ein Gefühl für andere Sprachen entwickeln, auch ohne exakte Beherrschung der<br />

jeweils anderen Sprache, gemeinsam einen Text erarbeiten.<br />

Teilnehmende: Kleingruppen 4 bis 5 Personen mit unterschiedlicher Muttersprache<br />

Material: Große Papierbögen, Filzstifte<br />

Dauer der Übung: Ca. 45 bis 60 Minuten<br />

Vorbereitung/Durchführung:<br />

Die Gruppenmitglieder setzen sich um einen großen Bogen Papier. Einer schreibt in die Mitte ein<br />

Wort und kreist es ein. Wem dazu ein weiteres Wort einfällt, schreibt es in seiner Muttersprache<br />

daneben, kreist es ein und zieht eine Verbindungslinie. Alle weiteren assoziierten Worte werden<br />

ebenfalls mit Verbindungslinien an die schon entstandenen angehängt, bis sich ein Netz entwickelt<br />

hat (Prinzip mind-map). Circa zehn Wörter genügen. Die Gruppe produziert jetzt gemeinsam<br />

einen Text (Gedicht, Märchen oder Ähnliches), in dem diese zehn Wörter vorkommen.<br />

Der Text kann auch mit Bildern untermalt werden.<br />

Welche Sprache und welche Grammatik als Basis dienen und wie die Sprachen gemischt werden,<br />

ist unwichtig.<br />

Kampeertrailers<br />

Volan<br />

Urlaub Urlaub<br />

49<br />

Zonsondergang<br />

Cuma


3.10. Übung „Problematische Vorkommnisse“<br />

Thema: Bewertung<br />

Ziel: Den Teilnehmenden wird die Relativität der eigenen Wahrnehmung und Interpretationsweise<br />

verdeutlicht, indem ihnen die Vielfalt unterschiedlicher Interpretationsmöglichkeiten<br />

bewusst gemacht wird.<br />

Teilnehmende: Kleingruppen mit je 6 bis 8 Personen<br />

Material: Blanko-Kärtchen<br />

Dauer der Übung: Ca. 30 Minuten bis eineinhalb Stunden<br />

Vorbereitung/Durchführung:<br />

Die Seminarleitung erzählt eine kurze Geschichte, die ein mit kulturellen Unterschieden zusammenhängendes<br />

Problem enthält vorher genau überlegen bzw. aus den Erzählungen der Teilnehmenden<br />

konstruieren). Bewährt haben sich reißerische Artikel aus der Tagespresse, die öfter mit<br />

stereotypen Zuweisungen arbeiten. Die Teilnehmenden sollen auf die Karten den ersten und den<br />

zweiten Satz aufschreiben, mit dem sie auf die Geschichte oder auf das Problem in der Geschichte<br />

spontan reagieren würden. Die Teilnehmenden lesen ihre Antworten vor.<br />

Da die Antworten in der Regel sehr verschieden sind, entspinnt sich eine Diskussion. Die Teilnehmenden<br />

sind meistens sehr erstaunt, dass es überhaupt eine andere Antwort gibt als ihre eigene.<br />

Ein konkretes Beispiel ist:<br />

3.11. Mit Witzen arbeiten<br />

Witze im Seminar dienen nicht nur der Belustigung, sondern eignen sich als Seminargegenstand.<br />

Denn Witze – genaugenommen, über was und wen gelacht wird – geben Auskunft über Stimmungen<br />

und Befindlichkeiten in der Gesellschaft.<br />

Witze sind Ventile, um Dampf abzulassen und Formen der Alltagsbewältigung.<br />

Witze können Waffen sein, die Machtungleichgewichte reproduzieren und aufrechterhalten. Aber<br />

auch für den Machtlosen sind sie oft die letzte Waffe, um zurückzuschlagen oder eine Form der<br />

Selbstironie. Solche Gegen-Witze nennt man Aberwitze. Carlo Schmid schreibt: „Der jüdische Witz<br />

ist heiter hingenommene Trauer über die Gegensätze dieser Welt. Er zeigt immer wieder auf, dass<br />

– eben in dieser Welt voller Logik – die Gleichungen, die ohne Rest aufgehen, nicht stimmen können.“<br />

50


Achtung beim Aberwitz<br />

Die meisten Aberwitze sind Witze darüber, dass es in der Welt nichts zu lachen gibt. Beispiele dafür<br />

finden sich am Ende dieses Textes. Eine Analyse muss sie in ihrem (historischen) Kontext betrachten.<br />

Oft dienen die Hauptfiguren des Witzes, die sich mit dem Witz gegen übermächtige Verhältnisse<br />

zur Wehr setzen, als emotionale Identifikationsfigur der Teilnehmenden. Um Empathie zu ermöglichen<br />

ist das positiv, führt aber schnell dazu, die Kluft zwischen verschiedenen Lebensbedingungen<br />

unreflektiert zu überbrücken. So wird eine Gemeinsamkeit vorgegaukelt, die es in Geschichte<br />

und Gegenwart nicht gibt und die die schmerzvollen Erfahrungen derjenigen, die diese<br />

Witze erzählen, ausblendet.<br />

Warum lachen alle immer mit? –<br />

Gruppenbildung und Lachen<br />

Im gemeinsamen Lachen über Witze drücken Gruppen ihre Gruppenzusammengehörigkeit aus.<br />

Gemeinsames Lachen bestärkt die Konformität einer Gruppe. Wer nicht mitlacht, ist ein/e Spielverderber/in,<br />

ein Störenfried oder ein/e Außenseiter/in, der am Gruppenkonsens nicht teilhaben<br />

kann oder teilzuhaben verdient. Wer nicht mitlacht zeigt, dass er außen steht. Er/Sie muss gute<br />

Argumente haben, damit auch anderen das Lachen vergeht.<br />

Arbeiten mit Witzen im Seminar<br />

� Formen des Aberwitzes, d.h. widerständige Witze von marginalisierten Gruppen können als<br />

Impuls verlesen werden.<br />

� Teamende geben einige Witze in die Seminargruppe. In Kleingruppen werden diese anhand<br />

des unten dargestellten Fragenschemas genauer analysiert.<br />

Tipps für Teamende<br />

� Wir raten davon ab, unmittelbar in der Seminargruppe Witze zu einem bestimmten Thema<br />

(Gruppe, Ereignis) zu sammeln. Sonst steht plötzlich so viel Analysematerial im Raum, dass<br />

eine Analyse gegenüber dem Lacheffekt zu kurz kommt.<br />

� Grundsätzlich sollte man mit Witzen (Ausnahme: Aberwitze) nur arbeiten, wenn genügend<br />

Zeit für eine intensive Auswertung vorhanden ist. Sonst wirkt die Methode kontraproduktiv.<br />

� Die genutzten Witze sollten Teamende am besten passend zum Seminarthema zusammentragen.<br />

Interpretationsfragen zum Arbeiten mit Witzen<br />

� Was ist die Aussage des Witzes?<br />

� Über wen (welche Gruppen) wird gesprochen? Wer sind die handelnden Personen im<br />

Witz? Wie werden sie beschrieben? Gibt es zwischen ihnen ein Machtverhältnis?<br />

� Wird eine Abwertung vorgenommen? Gegen wen oder was richtet sich die Pointe des Witzes?<br />

Werden Stereotype verwendet bzw. abgerufen?<br />

51


� Wer kann über den Witz lachen, wer nicht (Adressat)? Gibt es eine Identifikationsfigur für<br />

die Zuhörer? Lachen wir mit oder über jemanden?<br />

� Wer erzählt den Witz bzw. wird ihn weitererzählen?<br />

� Was wissen wir oder können wir vermuten über die Situation, in der der Witz entstanden<br />

ist?<br />

� Welches Vorwissen wird erwartet, um den Witz verstehen zu können?<br />

� Wird der Witz vermutlich vor den Ohren der Betroffenen erzählt? Wenn ja / nein, warum?<br />

� Welche Funktion hat der Witz vermutlich?<br />

� Welche Gefühle löst der Witz aus?<br />

� Was erfahren wir im Witz über die Welt (z. B. über Rassismus oder Antisemitismus)?<br />

� Warum sagt man: „Aberwitze sind Witze über eine Welt in der es nichts zum Lachen gibt“?<br />

Beispiele für Aberwitze:<br />

Witze zum Thema Antisemitismus<br />

Brief einer Berliner Arbeiterfamilie an ihre Verwandten im Ausland: „Uns geht es gut. Hitler führt<br />

uns einer besseren Zukunft entgegen. Fritz, der das Gegenteil behauptet hat, wird morgen beerdigt.“<br />

Das Auto des Führers fährt den Hund eines Fleischers tot. Adolf schickt den Chauffeur in den Fleischerladen,<br />

um sich zu entschuldigen und Schadenersatz anzubieten. Der Chauffeur sagt: „Heil Hitler!<br />

Der Hund ist tot.“ Da ruft der Fleischer: „Endlich! Hier, nehmen Sie die großen Würste mit!“<br />

Ein Mann betritt einen Buchladen und sagt zur Verkäuferin: „Ich suche das Buch ‘Der Mann – das<br />

starke Geschlecht’“. Sagt die Verkäuferin: „Science-Fiction steht in der Abteilung nebenan.“<br />

Warum sind Blondinenwitze so schlicht?<br />

Damit auch Männer sie verstehen.<br />

Warum haben Männer so ein reines Gewissen?<br />

Sie haben es nie benutzt.<br />

Das Telefon klingelt.<br />

Müller: „Müller.“<br />

Meier: „Oh, Entschuldigung, da habe ich falsch gewählt.“<br />

Müller: „Macht doch nichts. Das haben wir schließlich alle.“<br />

Arbeiten mit Witzen<br />

Witze zum Thema Rassismus<br />

Eine Handelsdelegation der DDR fliegt nach Afrika. Unterwegs kommt es zu einer Notlandung. Aus<br />

dem Busch erscheinen plötzlich wilde Neger und nehmen die Delegation gefangen. Man bringt sie<br />

52


ins Dorf. Dort sieht der Stammeshäuptling die Gefangenen an und fällt das Urteil: „ Alle werden<br />

heute zum Abendbrot gegessen, nur diesen einen da lassen wir frei.“<br />

„Wieso?“ fragen die Neger.<br />

Darauf der Häuptling: „ Das ist mein Kollege von der volkswirtschaftlichen Fakultät der Humboldt-<br />

Universität in Ost-Berlin.“<br />

Ein Mann geht im Görlitzer Park in Berlin spazieren. Plötzlich erblickt er ein Mädchen, das von einem<br />

Kampfhund angegriffen wird. Er läuft hin und beginnt einen wilden Kampf mit dem Hund. Endlich<br />

kann er den Hund töten, das Mädchen befreien und so ihr Leben retten.<br />

Ein Polizist hat die Situation beobachtet. Er geht zu dem Mann hin, klopft ihm auf die Schultern und<br />

sagt: „ Sie sind ein Held! Morgen wird in der Zeitung stehen: Mutiger Berliner rettet Mädchen das<br />

Leben!“<br />

Der Mann schüttelt den Kopf und antwortet: „Ich bin kein Berliner!“<br />

„Oh“, erwidert der Polizist „dann steht morgen in der Zeitung: Mutiger Deutscher rettet Mädchen<br />

das Leben!“. Wieder schüttelt der Mann den Kopf: „Ich bin kein Deutscher!“<br />

Verblüfft schaut der Polizist den Mann an und fragt: „Was sind Sie dann?“<br />

„Ich bin Pakistani.“<br />

Am nächsten Tag steht folgende Schlagzeile in der Zeitung: „Islamischer Extremist tötet deutschen<br />

Hund. Verbindungen zu Terrornetzwerk vermutet.“<br />

Quelle für 3.10 und 3.11: Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit · DGB-Bildungswerk Thüringen<br />

e.V. www.baustein.dgb-bwt.de<br />

53


4. Interkulturelle Trainings-Materialien<br />

Culture Assimilator-Test<br />

http://www.andreas.de/ca/<br />

Der Culture Assimilator-Test ist ein interkulturelles Trainingsprogramm, das in den 70er Jahren in<br />

den USA entwickelt wurde. Die wichtigsten Ziele dieser Programme sind es, die kulturellen Unterschiede<br />

produktiv nutzbar zu machen, d.h. Synergien zu fördern, einen Kulturschock zu vermeiden<br />

und somit die Mitarbeit für das Unternehmen möglichst effizient zu gestalten. Im Rahmen eines<br />

Tutoriums im Sommersemester 1997 führten Studenten der „Französischen Kulturwissenschaft<br />

und interkulturellen Kommunikation“ an der Universität des Saarlandes den General Culture<br />

Assimilator durch. Die Seite bietet einen Auszug aus dem Trainingsprogramm zum Selbsttest! Alle<br />

verwendeten Beispiele sind aus dem Amerikanischen übersetzt und den Beispielen in „Intercultural<br />

Interactions“ von R. Brisin und K. Cushner nachempfunden.<br />

e-learning-tool „Anti-Diskriminierungstraining“<br />

http://www.zara.or.at/materialien/gleiche-chancen/elearning/index.htm<br />

Im Rahmen des Equal-Projektes “Gleiche Chancen im Betrieb“ haben wir mit unterschiedlichsten<br />

Unternehmen gearbeitet und neue Trainings entwickelt oder bereits bewährte Trainingsmethoden<br />

integriert. Hier machen wir das erste Mal den Versuch, Teile unseres Trainings quais als<br />

„Schnuppermöglichlichkeit“ in Form eines e-learning-tools anzubieten. Da unsere Trainings normalerweise<br />

sehr erlebnisorientiert sind und von der Interaktion mit der Gruppe geprägt sind, war es<br />

nicht einfach, unsere Methoden zu adaptieren. Wir glauben aber, dass es uns mit Hilfe eines ausgezeichneten<br />

Programmierers und einer sehr engagierten Grafikerin gelungen ist, deutlich zu machen,<br />

worum es geht. Die folgenden Übungen sollen keine vorgefertigten Antworten bieten. Sie<br />

stellen Beispiele dar und sollen Reflexionen und vielleicht auch Diskussionen anregen.<br />

Interkulturelle Begegnungen (Training Manual)<br />

http://www.omega-graz.at/publikationen/intercultural-encounters.pdf<br />

Das hier vorliegende Trainingsmaterial wurde im Rahmen des Projekts „Kulturen arbeiten. Aufbau<br />

eines gesunden Arbeitsplatzes durch Training interkultureller Kommunikation“ für Arbeitnehmer-<br />

Innenvertretung und Empowerment entwickelt. Es ist gedacht als Anregung und Material für<br />

Workshops zur interkulturellen Begegnung, die nicht immer ganz problemlos sind. Ziel ist das Bewusstmachen<br />

von kulturbedingten Unterschieden und Gleichheiten, der Aufbau eines Hintergrundwissens,<br />

das Probleme verstehbar macht und somit einen besseren Umgang mit der Materie<br />

ermöglicht. Derartige Workshops können etwa mit Schulgruppen durchgeführt werden, aber auch<br />

mit anderen Menschen, am besten Gruppen, die mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen<br />

konfrontiert werden – sei es nun im Arbeitskontext, in der Freizeit oder im alltäglichen Leben. Also<br />

versteht es sich eigentlich als Arbeitsgrundlage für alle, die Interesse haben, sich mit dem Thema<br />

Inter- und Multikulturalität näher auseinander zu setzen (PDF-Datei: 1309 KB)<br />

54


Interkulturelle Kompetenz Online<br />

http://www.ikkompetenz.thueringen.de<br />

Trotz- oder gerade wegen der rasch voranschreitenden Globalisierung werden kulturelle Eigenarten<br />

künftig noch mehr betont und gepflegt werden. Im Gegenzug zur internationalen Vernetzung<br />

wird man immer bewusster das Eigene, das Lokale, als Möglichkeit der Selbstvergewisserung, als<br />

Ruhe gewährenden Anker verstehen. Von daher wird es immer wichtiger werden, die Besonderheiten<br />

der eigenen und anderer Kulturen zu kennen und im Bewusstsein dieser Verschiedenheit nach<br />

dem Gemeinsamen zu suchen: Ein tieferes Verständnis kultureller Zusammenhänge und interkulturelle<br />

Handlungskompetenz sind wesentliche Voraussetzungen hierfür. Die Homepage möchte mit<br />

Informationen, Materialien und Übungen zum interkulturellen Handeln dazu beitragen, an der<br />

Erarbeitung dieser Voraussetzungen mitzuwirken. Online verfügbar ist der Selbsttest – Fit für die<br />

Fremde? Sowie Simulationsübungen für SchülerInnen, andere Länder – andere Spielregeln u.v.m.<br />

Interkulturelles Kompetenz- und Konflikttraining für den Beruf (IKK)<br />

http://www.f-bb.de/projekte/weiterbildung/weiterbildung-detail/proinfo/ikk-interkulturelles -<br />

kompetenz-und-konflikttraining-fuer-den-beruf.html<br />

Das Grundlagenseminar der Beruflichen Fortbildungszentren<br />

der Bayerischen Wirtschaft (bfz, gemeinnützige GmbH), setzt an der täglichen Praxis der Beratungs-<br />

und Integrationstätigkeit von MitarbeiterInnen des bfz, Arbeits-, Sozial- und Jugendämtern sowie<br />

bei Ausländerinitiativen an. Ziel ist die Erweiterung der interkulturellen Kompetenz, die nicht nur<br />

aus Fachwissen, sondern auch aus spezifischen sozialen Fertigkeiten und Haltungen besteht. Ziele<br />

sind: Vermeidung von Missverständnissen, Entwicklung von Konfliktbewältigungsstrategien und die<br />

Gewinnung von Sicherheit im Umgang mit Menschen kulturelle unterschiedlicher Herkunft. Das<br />

Grundlagenseminar ist ein Baustein im Projekt „Interkulturelle Kompetenz- und Konflikttraining für<br />

den Beruf (IKK)-Miteinander lernen – Miteinander arbeiten – Brücken bauen auf dem Weg zur multikulturellen<br />

Gesellschaft“, das durch den ESF gefördert ist.<br />

Weiterbildungsmodul: „Interkulturelles Sensibilisierungstraining“<br />

www.equal-in-owl.de<br />

Eine wahre Fundgrube ist dieses im Internet zugängliche Weiterbildungsmodul, das im Rahmen der<br />

transnationalen Partnerschaft COMITO erarbeitet wurde. COMITO ist ein Zusammenschluss der<br />

EQUAL Partnerschaften VIVES (Flandern, Belgien), Runway (Kreis Sigmaringen, Deutschland) und<br />

IN OWL (Ostwestfalen-Lippe, Deutschland). VIVES, Runway und IN OWL sind Entwicklungspartnerschaften<br />

der EU-weiten Gemeinschaftsinitiative EQUAL.<br />

Herausgeber Geschäftsstelle EQUAL IN OWL, Bertelsmann Stiftung, Wilhelmstr. 6, 33602 Bielefeld<br />

im Jahr 2004.<br />

55


Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit - DGB Bildungswerk Thüringen e.V.<br />

http://baustein.dgb-bwt.de<br />

Der Baustein lädt mit 450 Seiten zum Stöbern und Suchen in Aktivitäten, Arbeitspapieren und Hintergrundmaterialien<br />

ein. Das gesamte Material und etwa 100 weitere Seiten findet ihr auf der beiliegenden<br />

CD. Zu 10 ausgewählten Themen gibt es über die phasengerechten Angebote hinaus,<br />

vertiefende Materialien für Seminare und Veranstaltungen. Die Palette reicht von „Rassismus und<br />

Sprache“, „Nationalismus“, „Migration und Flucht“, „Globalisierung und Arbeit“, bis hin zu Themen<br />

wie „Antisemitismus“, „Rechte Bilderwelten“, „Diskriminierung“, „Kolonialismus“ und „Feindbildern“.<br />

Wir erforschen die Ursachen für Rassismus und Antisemitismus. Wir fragen nach den materiellen<br />

Ursachen der Ungleichheit und danach, wie die Gesellschaft aussieht, die sie ermöglicht.<br />

Alltägliche Beispiele wie die globale Turnschuhproduktion, Vielfalt in der Seminargruppe und spielerische<br />

Darstellungen gesellschaftlicher Möglichkeiten und Beschränkungen zeigen, was wir meinen.<br />

Besonderen Wert legt der Baustein auf die Handlungsorientierung. Die Welt soll schließlich<br />

nicht nur anders gedacht, sondern auch anders gemacht werden. Der Baustein unterstützt das<br />

Erkennen von Diskriminierung, stärkt für die interkulturelle Gleichstellungspolitik im Alltag und will<br />

einen Beitrag dazu leisten, dass Menschen ohne Angst verschieden sein können.<br />

Wir bieten euch an, das Konzept zu erläutern, Seminare mit vorzubereiten oder mit euch durchzuführen.<br />

Bei Interesse wenden Sie sich bitte an das DBG-Bildungswerk unter baustein@dgb-bwt.de,<br />

um Kontakt zu den AutorInnen herzustellen.<br />

DGB Interkulturelles Kompetenzzentrum- Curriculare Bausteine<br />

http://www.proqua.de/data/06_dgb_kompetenzschulung.pdf<br />

Mit interkultureller Kompetenz sind alle formellen und informellen Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />

sowie das Wissen gemeint, die uns die erforderliche Sicherheit gibt, in einem von Diversität und<br />

Interkulturalität gekennzeichneten beruflichen und/oder privaten Umfeld zurechtzukommen und<br />

es aktiv und konstruktiv mit zu gestalten. Interkulturell relevante Handlungskompetenzen umfassen<br />

somit auch die Fähigkeit zur positiven und fairen Nutzung von Vielfalt und Unterschiedlichkeit.<br />

Folglich ist interkulturelle Kompetenz eine Querschnittkompetenz, die alle persönlichen und fachlichen<br />

Kompetenzbereiche erfasst.<br />

Die Module und Bausteine beziehen sich jeweils auf ein relevantes Kompetenzfeld:<br />

1. Grundlagen interkultureller Kompetenzschulung<br />

2. Kompetenzfeld I Interkulturelle Kommunikation<br />

3. Kompetenzfeld II Interkulturelles Konfliktmanagement<br />

4. Kompetenzfeld III Interkulturelle Öffnung/<br />

(Cultural Mainstreaming; Diversitiy Management)<br />

5. Kompetenzfeld IV Kultur- und Länderkunde<br />

56


Integrationsprojekte hessischer Sportvereine<br />

Mehr als 20 Beispiele gelungener Integrationsprojekte hessischer Sportvereine hat der Landessportbund<br />

Hessen e.V. in einer Broschüre veröffentlicht. Die Broschüre kann im PDF-Format im<br />

Internet unter www.landessportbund-hessen.de (hier im Bereich Breitensport und Sportentwicklung<br />

anklicken, dann Klick auf Menüpunkt „Integration“) abgerufen werden. In vielen Sportvereinen<br />

in Hessen geschieht Integration in hohem Maße aus sozialer Kompetenz und sozialer Verantwortung<br />

der Mitglieder, Vorstände und Übungsleitungen. Die Broschüre solle Einblicke in unterschiedliche<br />

Ansätze geben und soll zur Teilhabe am wichtigen Prozess der Integration ermutigen.<br />

Umfangreiches Material findet sich auch auf der Homepage des Projekts „Integration durch Sport“:<br />

www.sportjugend-hessen.de/Materialien-und-Hintergrundinformationen.176.0.html<br />

Weitere Informationen gibt es bei der Regionalkoordination Südhessen des<br />

Programms „Integration durch Sport“: Volker Rehm<br />

Sportjugend Hessen im Landessportbund Hessen e.V.<br />

Alt-Oberliederbach 10<br />

65835 Liederbach<br />

Tel.-Nr. 069 37 00 44 12<br />

VRehm@sportjugend-hessen.de<br />

www.sportjugend-hessen.de<br />

Deutscher Volkshochschulverband (DVV) - „Praxishandbuch ElternKompass“<br />

Lebensweltbezogene Elternbildung und lokale Bündnisbildung<br />

Das „Praxishandbuch ElternKompass“ des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV) richtet sich<br />

an professionelle Akteurinnen und Akteure aus einheimischen und migrantischen Weiterbildungsverbänden,<br />

Wohlfahrtsverbänden, an VertreterInnen vorschulischer und schulischer Bildung sowie<br />

von Unternehmen. Die Angebote Xpert Culture Communikation Skills, herkunftsgruppenübergreifende<br />

und sektorenübergreifende Qualifizierung in interkultureller Kompetenz gehören zum vhs-<br />

Bereich.<br />

Das Handbuch verfügt über einen umfänglichen mehrsprachigen Materialienteil. Es liegt als digitale<br />

und als Print-Version vor und wird kostenlos, gegen Zusendung eines frankierten und adressierten<br />

Rückumschlages (DIN A 5, 1,45 €), zur Verfügung gestellt. Bei Bedarf werden halbtägige Workshops<br />

für interessierte MultiplikatorInnen angeboten.<br />

Kontakt: Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.<br />

Obere Wilhelmstr. 32, 53225 Bonn, Tel. 0228/97569-0,<br />

E-Mail: info@dvv-vhs.de<br />

www.dvv-vhs.de/themenfelder/integration0/einfuehrung.html<br />

57


Projekt 2<br />

Neue Wege in der Pflege<br />

mit der Veranstaltung<br />

Interkulturelle Arbeit mit Menschen mit Demenz –<br />

Labor zur Weiterentwicklung der Praxisansätze<br />

17. November 2011<br />

in den Räumen des Kulturzentrums Schlachthof, <strong>Kassel</strong><br />

Begrüßung und Einführung:<br />

Andrea Schmidt-Jungblut, DAA <strong>Kassel</strong><br />

Ayşe Güle̋, Kulturzentrum Schlachthof e. V., <strong>Kassel</strong><br />

Grußworte:<br />

Katharina Seewald, Mitglied des geschäftsführenden Vorstands des Hessen-<br />

Campus <strong>Kassel</strong><br />

Referierende:<br />

Sigrid Ludwig-Morell, Diätassistentin, Gesundheit Nordhessen Holding AG<br />

Service Gesellschaft<br />

Elke Keller, Gesundheitstrainerin<br />

Gamze Quahl, Arbeiterwohlfahrt <strong>Kassel</strong><br />

Simone Ahlbrecht, Pflegeberaterin, Diakoniestation Mitte, <strong>Kassel</strong><br />

59


Einladung zur Veranstaltung<br />

60


Fachtagung Menschen mit Demenz<br />

Konzept der Labore<br />

Die Tagung in 2011 stand unter dem Schwerpunkt „Pflege von Menschen mit Demenz“.<br />

Unter diesem thematischen Schwerpunkt wurde die Pflegearbeit in seinen Handlungssträngen<br />

Ernährung und Demenz, Bewegung und Mobilisation, Erinnerung, Körperpflege,<br />

Beratung von Angehörigen beleuchtet, um das Wissen von Pflegekräften und pflegewissenschaftlichen<br />

Erkenntnissen zu verknüpfen. Dabei wurden vor allem die kulturspezifischen<br />

Anforderungen an die interkulturelle Pflegepraxis erarbeitet.<br />

Konzeptionell wurde die Fachtagung mit so genannten Laboren umgesetzt. Nach kurzen<br />

Inputs im Plenum gaben die Labore die Möglichkeit, dass die Pflegefachkräfte neue Methoden,<br />

Verfahren und Arbeitsweisen erproben, experimentieren, erfinden und sich anzueignen<br />

konnten.<br />

In den einzelnen Laboren zu den Themen Ernährung und Demenz, Bewegung und Mobilisation,<br />

Erinnerung, Körperpflege, Beratung von Angehörigen sollte das Wissen aller einfließen<br />

und gemeinsam sollten diesbezüglich konkrete interkulturelle Haltungen und Handlungen<br />

erarbeitet werden.<br />

Die in der Pflegearbeit /Pflegewissenschaften anerkannten dreizehn „Aktivitäten und existentielle<br />

Erfahrungen des Lebens“ (Monika Krohwinkel 1993) sollten die Grundlage für die<br />

konzeptionelle Gestaltung der Fortbildung bilden. Die Aktivitäten und existentiellen Erfahrungen<br />

des Lebens umfassen die Aspekte Kommunikation, Bewegung, vitale Funktionen,<br />

Körperpflege, Essen und Trinken, Ausscheiden, Kleiden, Ruhen und Schlafen, Sich-<br />

Beschäftigen, sich als Mann/Frau fühlen, für eine sichere Umgebung sorgen sowie soziale<br />

Bereiche des Lebens sichern und mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen.<br />

Auf Grundlage dieser Bereiche wurden für die Fachtagung fünf „Lernlabore“ zu<br />

� Ernährung und Demenz,<br />

� Bewegung und Mobilisation,<br />

� Erinnerung<br />

� Körperpflege<br />

� Beratung von Angehörigen<br />

als Experimentierfelder eingerichtet.<br />

62


Vortrag und Labor<br />

„Ernährung von Menschen mit Demenz“<br />

Leitung: Sigrid Ludwig-Morell, Diätassistentin Gesundheit Nordhessen<br />

Holding AG Service Gesellschaft<br />

63


Neue Wege in der Pflege: Interkulturelle Arbeit mit Menschen mit Demenz –<br />

Labor zur Weiterentwicklung der Praxis<br />

Labor: Wahrnehmung von Gerüchen, Tasten, Schmecken<br />

Im ersten Teil des Labors wurden von der Referentin zu den Schwerpunktthemen<br />

� Rahmenbedingungen<br />

� Essen und Essbiographie<br />

� Trinken<br />

Fragen an die Teilnehmenden formuliert und diskutiert.<br />

Rahmenbedingungen<br />

Dabei ließen sich Spannungsverhältnisse definieren, die u.a. abhängig waren von der Frage der<br />

Trägerschaft (kirchlich versus rein wirtschaftlich). Tendenziell halten die wirtschaftlich orientierten<br />

Einrichtungen, bei denen deutlich die Preiskalkulation stets eine wesentliche und hervortretende<br />

Rolle spielt, weniger „zusätzliches „ Essen bereit, d.h. Speisen, die auch außerhalb der normalen<br />

Essenszeiten gereicht oder sogar zubereitet werden können. Insoweit tritt eine interkulturelle Ausrichtung<br />

der gereichten Speisen per se an dieser Stelle in den Hintergrund, soweit es zusätzliche<br />

Speisen und damit verbundene Gewohnheiten betrifft.<br />

Eine Einrichtung hat einen Essenskatalog mit bunten Bildern erstellt, die es den BewohnerInnen<br />

unabhängig von Sprachkenntnissen ermöglicht, eine Essensauswahl zu treffen.<br />

Als wichtiges Kriterium wurde auch die Schnittstelle Küche – Station identifiziert, da spezielle Wünsche,<br />

soweit möglich, in einer verbindlichen Form mit der Küche Kommuniziert und rückgekoppelt<br />

werden können.<br />

Essen und Essbiographie<br />

Unabhängig von der Trägerschaft wird bei Einzug eines Bewohners/einer Bewohnerin eine Essbiographie<br />

erstellt, was sich nicht selten als Herausforderung herausstellt, vor allem dann, wenn die<br />

BewohnerInnen sich nicht mehr in der erforderlichen Form artikulieren können und , was häufiger<br />

vorkommt als vermutet, die Angehörigen überhaupt keine Kenntnisse vom Essverhalten ihrer Angehörigen<br />

haben. Dann können bevorzugte Speisen nur durch „try and error“ ermittelt werden,<br />

wobei deutsche BewohnerInnen die alte heimische Küche bevorzugen. In der interkulturellen Arbeit<br />

mit Menschen mit Demenz bedarf es daher zusätzlicher Kenntnisse über die „alte heimische<br />

Küche“. Unter allem deshalb ist es wichtig, dass Essen, soweit möglich, noch erkennbar bleibt. In<br />

einigen Einrichtungen wir Essen grundsätzlich nur püriert gereicht, vor allem dann, wenn die BewohnerInnen<br />

gefüttert werden und das den Vorgang der Essensaufnahme beschleunigt. Eine solche<br />

Handhabung ist nicht im Interesse eines respektvollen Umgangs mit Menschen mit Demenz<br />

und kann auch dem Anspruch nicht genügen, ein Lieblingsessen gereicht zu bekommen.<br />

64


Soweit Schluckhilfen wie Joghurt verwendet werden oder eine Zubereitung erforderlich ist, die<br />

geeignet ist, Schluckbeschwerden zu verhindern, wurden keine weiteren Unterschiede in der interkulturellen<br />

Arbeit benannt.<br />

Trinken<br />

Auch soweit es um das Trinken in der interkulturellen Pflege von Menschen mit Demenz geht,<br />

konnten keine wesentlichen Unterschiede ausgemacht werden. Die Kontrolle der Einhaltung der<br />

getrunkenen Flüssigkeitsmenge ist Pflicht, bei Minderaufnahme ist eine Meldung zu erstellen und<br />

ggf. der Arzt hinzuzuziehen. Kleine Tricks, die Kalorienerhöhung von Getränken zu erhöhen, um<br />

Gewichtsverlust vorzubeugen, unterscheiden sich nicht durch die Nationalität der BewohnerInnen.<br />

Als wichtig wurde eingestuft, auch mal ein Bier oder einen Eierlikör (!) zu reichen, soweit keine<br />

medizinischen Bedenken bestehen. Hier würde man bei Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen<br />

auf landestypische Getränke abheben, soweit dies gewünscht ist und nicht immer der Fall<br />

ist.<br />

Letztlich ist ausschlaggebend darauf zu achten, was die Bedürfnisse der BewohnerInnen ist. Diese<br />

Feststellung zog sich stets wie ein roter Faden durch die gesamte Diskussion. Es geht weniger um<br />

die Frage, welchen kulturellen Hintergrund BewohnerInnen haben, sondern mit welcher Biographien<br />

und damit gewachsenen Bedürfnissen Menschen in die Obhut von Pflegeeinrichtungen<br />

kommen. Daher kann nicht die Nationalität oder der kulturelle Hintergrund maßgeblich für pflegerische<br />

Entscheidungen sein, sondern immer das Individuum.<br />

Im zweiten Teil des Labors wurden die Teilnehmenden aufgefordert, Gegenstände zu ertasten, zu<br />

riechen und zu schmecken. Ansatz dieses Laborteil war es, praktisch herauszufinden, inwieweit die<br />

gleichen Gegenstände unterschiedliche Emotionen hervorrufen können. Dazu waren insgesamt 15<br />

Gegenstände des täglichen Lebens vorbereitet worden. Ziel war es, sinnlich erfahrbar zu machen,<br />

dass diese Gegenstände nicht bei jedem/jeder Teilnehmenden die gleichen Gefühle auslösen müssen.<br />

Auf die Arbeit mit Menschen mit MigrantInnenhintergrund und Demenz übertragen, sollte<br />

dies ein Experiment sein, mit welchen Stoffen Reaktionen bei den KundInnen – positiv, negativ<br />

oder neutral hervorgerufen werden können. Grundsätzlich lässt sich dieses Experiment in die tägliche<br />

Arbeit integrieren, um somit insbesondere bei Menschen mit nicht hinreichend bekannter Biografie,<br />

Emotionen auszulösen und damit den Zugang zu den KundInnen zu ermöglichen.<br />

Die Gegenstände, die ertastet werden sollten, waren in neutralen Beuteln untergebracht, die Teilnehmenden<br />

konnten also in keinem Fall sehen, was sich dort drin befand. Getastet werden konnte<br />

ohne zeitliche Begrenzung, wenngleich die Teilnehmenden sehr zügig zu ihrem Ergebnis kamen und<br />

die entsprechenden Emotionen auch zügig niederschrieben. Dabei spielte keine Rolle, ob die sich in<br />

dem beutel befindliche Perücke als Perücke oder als Staubwedel ertastet wurde. Entsprechend<br />

waren die unterschiedlichen Reaktionen – Hund kraulen positiv oder Staubwedel/saubermachen/negativ.<br />

Im zweiten Teil wurden Gegenstände zum Riechen gereicht, wiederum verbunden mit der Aufforderung,<br />

die spontanen Reaktionen auf den Geruch nieder zu schreiben.<br />

65


Im dritten Teil, in dem es um das Schmecken ging, war eine deutliche Zurückhaltung zu spüren.<br />

Während keine/r der Teilnehmenden im Bereich des Ertastens Vorbehalte oder Ängste gezeigt<br />

hatte, in die Beutel zu greifen, wurde von der Möglichkeit des Schmeckens, wenngleich die Speisen<br />

hygienisch einwandfrei gereicht wurden, nur in einem sehr geringen Maße Gebrauch gemacht.<br />

Insgesamt wurden nur solche Gegenstände angeboten, die sich eher im alltäglichen Leben finden,<br />

von sensorisch, optisch, olfaktorisch und gustatorisch fragwürdigen Dingen hatten wir mit Absicht<br />

Abstand genommen. Von den Teilnehmenden positiv aufgegriffen wurde die Tatsache, dass bei<br />

Menschen mit Demenz einerseits und mit Migrationshintergrund andererseits dies eine probate<br />

Möglichkeit darstellt, sich den KundInnen auf eine einfache Art und Weise zu nähern.<br />

Um was handelt es sich? - Fühlen<br />

(die richtigen Begriffe sind unterstrichen)<br />

1 Perücke<br />

Staubwischteil<br />

Haarteil<br />

Haare<br />

2 Sand<br />

Vogelsand<br />

Salz<br />

Kies<br />

3 Schneckenhäuser<br />

Muscheln<br />

4 Gewaschener Flusssand<br />

Linsen<br />

Körner<br />

Reis/Linsen<br />

Gefühl ist für mich<br />

postiv/negativ/neutral besetzt/erinnert<br />

mich an<br />

Neutral, Positiv – Hund kraulen, Haarfrisur, Negativ<br />

– putzen<br />

Negativ, Bekannt, neutral, erinnert mich an Fasching<br />

rau, neutral<br />

Urlaub, positiv<br />

Positiv, erinnert an Strand<br />

Neutral, essen<br />

Sandig, staubig, negativ<br />

Griechische Inseln, Spazieren gehen, Gartenarbeit<br />

positiv, Urlaub, Strand, positiv, Meer, Strand<br />

grob, lautes Geräusch<br />

Reitplatz, Dinkelkissen, positiv, Linsensuppe mit<br />

Würstchen<br />

neutral<br />

5 Kastanien Herbst, neutral, Kastanienmännchen<br />

positiv, Laub und Herbst<br />

positiv Kindheit<br />

angenehm<br />

66


6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Gegenstand - Riechen<br />

Zimt<br />

Kaffee<br />

Knoblauch<br />

Kleber<br />

Basilikum<br />

Erinnert mich an<br />

Milchreis, Reisbrei, Weihnachten, Lebkuchen,<br />

Kuchen backen, Zimtsterne, Gebäck, Grießbrei<br />

Sonntagmorgen, Eduscho-Paket, Kaffeemühle,<br />

Morgens: aufstehen, nachmittags: Kaffee und<br />

Kuchen, Kaffeeklatsch, Gemütlichkeit, Entspannung,<br />

früh morgens zum munterwerden, Lebensqualität,<br />

Entspannung, Genuss, Entspannung<br />

Land WG, Kochen, Tsatsiki, Dracula, unangenehmer<br />

Geruch, mediterranes kochen, Distanz, aber<br />

Frische, „man riecht“, geruchsintensiv; Tsatsiki<br />

esse ich sehr gerne<br />

Jugendwohngruppe, Bastelarbeiten, Kindheit,<br />

Basteln, , Schnüffelstoff, klebt, Bastelarbeiten als<br />

Kind,<br />

Urlaub, Salat, Tomate und Basilikum, Tomaten,<br />

Sonne, lecker Essen, Tomaten und Mozzarella,<br />

mmh, frisch, Frische, Italien, Salat, Tomaten<br />

67


11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

Gegenstand - Schmecken<br />

Brausepulver<br />

Nutella<br />

Wackelpudding<br />

Erdnüsse<br />

Rosinen<br />

68<br />

Erinnert mich an<br />

Kindheit, früher, Wodka-Brause, „Bizzeln“ auf<br />

der Zunge, Schülerbäcker<br />

Heißhunger, schmelzender Genuss, nachhaltig,<br />

meine Tochter, Frühstück, DFB, Schokolade,<br />

Milka<br />

Nachtisch Oma, künstlich, Kindheit, meine<br />

Tochter, Nachtisch Kindheit, Götterspeise,<br />

Sonntagsnachtisch, Frühling im Wald, Kindergeburtstag<br />

Abendsnack, Snacken, schmeckt gut zu Bier,<br />

Party, salzig, Kindergeburtstag, Open-Air-Kino<br />

Müsli, Weihnachten, Stolle, backen, Apfelkuchen,<br />

negativ: schmeckt nicht, Müsli, Rosinenbrot,<br />

Rosinen backen


Labor: Wahrnehmung von Gerüchen, Taste, Schmecken<br />

69


Buntes Essen<br />

71


Gruppen / Laborergebnisse<br />

72


Vortrag und Labor<br />

„Bewegung erlegen – Bewegung erfahren“<br />

Leitung: Elke Keller, Gesundheitstrainerin<br />

73


Neue Wege in der Pflege: Interkulturelle Arbeit mit Menschen mit Demenz –<br />

Labor zur Weiterentwicklung der Praxis<br />

Labor: Sich ausdrücken mit Musik und Tanz<br />

Die „klassische Bewegungsstunde“ nutzen:<br />

Rituale einführen, die immer wiederkehrend Halt und Struktur bieten<br />

Die Bewegungsstunde unter ein Thema stellen – z. B. Herbst:<br />

- Hin und her bewegen: wehen, Äpfel pflücken, spazieren gehen<br />

- Durch das Laub rascheln<br />

- Treppen steigen<br />

Ziele der Bewegung:<br />

- Spaßfaktor<br />

- Beweglichkeit für mehr Eigenständigkeit<br />

- Freies Sitzen trainieren<br />

- Schulterbeweglichkeit – für das Anziehen<br />

- Erfolgserlebnisse schaffen – „Fühlt sich, auf das Abstellgleis geschoben und spürt dies<br />

auch!“ dies durchbrechen und Bestätigung geben<br />

Musik als Begleitung<br />

(wird im Bereich Demenz kontrovers diskutiert wegen der Ablenkung)<br />

- Auswahl ist wichtig; z. B. bekannte Volkslieder<br />

- Keine Dauerberieselung mit dem Radio, eher Impulse durch Lieder setzen<br />

- Überlegung, was die Generation gehört hat<br />

- Hier auch interkulturelle Aspekte bei der Musikauswahl<br />

- Idee: Musik-CD mit türkischen Volksliedern<br />

- GEMA beachten<br />

- Rhythmus: gleichbleibend unter 120 Beats / Minute<br />

- Tipps für geeignete Interpreten: Captain Cook; Bert Kämpfert<br />

Begrüßung<br />

- Aufwärmen und reinkommen<br />

- Die Stunde mit einem Lied beginnen und auch beenden (wiederkehrend)<br />

- Non-verbal kommunizieren: anschauen, winken<br />

- Gespür für die Gruppe bekommen<br />

74


Hauptteil<br />

- Thematisches Ballspielen<br />

o Ideen für Bälle: Luftballon, Wasserbälle, Gummibälle,<br />

o Werfen und fangen; bekannt aus Kindheit<br />

o Gummi-Frisbees für Bewegungen<br />

o Werfen und singen -> „Ball-Chor“ (zum Takt der Musik zum Nachbarn werfen; singen<br />

)<br />

- Mit den Händen arbeiten<br />

o Mit Geschirrtüchern Übungen durchführen (Schulterwerfen, Fahrradfahren, eine 8<br />

durch die Beine, um die Hüfte kreisen)<br />

o Kommunikation mit den Tüchern – Nachbarn ergreifen<br />

ihre Tücher<br />

o Feinstrumpfhose als Strick nutzen<br />

o Sich mit den Tüchern / Strumpfhosen im Kreis anfassen<br />

– schunkeln und bewegen<br />

o Terabänder – Übungen zur Musik<br />

o Reivo-Bänder (Gummiring) – erhältlich u. a. bei<br />

Sport Thieme<br />

- Gewichte einsetzen<br />

o Wasserflaschen (1/2 Liter)<br />

o Hanteln<br />

- Auf einem Tisch arbeiten<br />

o Mit Strohhalm Wattebällchen hin und her pusten<br />

- Übungen direkt für die Hände<br />

o Klavier spielen<br />

o Finder berühren<br />

o Handgelenk<br />

o Liegende 8 in die Luft schreiben<br />

o Hände über dem Kopf – der Baum<br />

o winken<br />

- alte Spiele aus der Kindheit (international einzusetzen)<br />

o Seilspringen<br />

o Hickelkästchen<br />

o Mit Tüchern einen Schleiertanz<br />

aufführen<br />

o Internationale Requisiten<br />

einbringen in die Übungen<br />

Abschied<br />

- Zum Abschied ein Lied auswählen als<br />

Signal, es hört gleich auf<br />

Grundregeln für die Gruppenleitung<br />

- Struktur und Rituale geben<br />

- Plan machen / Vorbereiten<br />

- Offenes Konzept – flexibel gestalten können<br />

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- Nicht zu hohe Ansprüche an sich und die Gruppe<br />

- Jeder darf -> keiner muss; dabei sein ist alles (Atmosphäre)<br />

- Schwerhörige entsprechend neben die Gruppenleitung platzieren<br />

- Alle im Blick haben<br />

- Gruppengröße (6-10 ideal für Partnerarbeit, persönliche Anrede)<br />

- Laut und deutlich sprechen<br />

- Nur eine Mitteilung pro Satz<br />

- Keine W-Fragen (Warum, Wer …)<br />

- Verbindliche Richtungsangaben: „Fenster, Boden, …“<br />

- Unterstützende Gestik<br />

- Gefühl von Sicherheit vermitteln<br />

Internationale Aspekte:<br />

- Bewegung kennt keine Grenzen<br />

- Nähe und Distanz der einzelnen Kulturen beachten<br />

Übung im Labor: Bewegung laufen und greifen<br />

Reaktionen und Feedback:<br />

76<br />

- Freude gespürt<br />

- Es ist warm geworden<br />

- Miteinander kommuniziert<br />

- Winken und schauen<br />

- Alles gleich verstanden


Gruppen- / Labor-Ergebnisse<br />

77


Bewegung<br />

78


Vortrag und Labor<br />

„Körperpflege, Waschen, Kleiden“<br />

Leitung: Gamze Quahl, Arbeiterwohlfahrt <strong>Kassel</strong><br />

79


Neue Wege in der Pflege: Interkulturelle Arbeit mit Menschen mit Demenz –<br />

Labor zur Weiterentwicklung der Praxis<br />

Labor: Körperpflege, Waschen, Kleiden<br />

Zum Einstieg des Labors bekommen alle Teilnehmerinnen eine duftende Flüssigkeit/Duftwasser<br />

in die Hände geträufelt. Sie duftet sehr frisch nach Zitronen. Die Teilnehmerinnen<br />

erfahren, dass es sich hier um ein spezielles Duftwasser handelt, das in türkischen<br />

Familien gereicht wird wenn ein Gast zu Besuch kommt, damit der sich erfrischen<br />

kann. Das gebietet die Höflichkeit. Auf einem Tisch sind der Inhalt eines Kulturbeutels, als<br />

auch einige Utensilien für die Körperpflege, aufgebaut. Man sieht ein Stück Seife, Duftsäckchen,<br />

einen sog. Luffaschwamm, einen Kamm und eine Bürste, einen Rasierer mit Rasierschaum<br />

und große Badelaken sowie eine kuscheligen Bademantel aber auch Utensilien<br />

für die Zahnpflege.<br />

Die Teilnehmer dürfen die Produkte in die Hand nehmen und stellen fest, dass die Seife<br />

sehr stark nach Rose duftet. Aber auch die Duftsäckchen entfalten einen besonders starken<br />

Duft nach Jasmin. Wir erfahren von Gamze Quahl, die Türkin ist, dass Körperpflege und<br />

Waschen in ihrem Kulturkreis Ritualcharakter hat. Den Kulturbeutet hat sie mit Produkten<br />

gefüllt, die insbesondere von älteren Menschen aus diesem Kulturkreis gerne genutzt werden<br />

und damit auch eine Erinnerung an die Kindheit hervorrufen können.<br />

Wir gelangen schnell zu dem Diskussionspunkt der sich mit den unterschiedlichen Arten<br />

der Körperpflege in unterschiedlichen Kulturkreisen beschäftigt und nennen es „Das Gefühl<br />

von Sauberkeit“. Was bedeutet das? Wann wird z.B. in der türkischen Kultur das Gefühl<br />

von Sauberkeit hinterlassen?<br />

Hier sind die Punkte, die während des Labors herausgearbeitet wurden:<br />

� Waschen mit sehr viel Schaum.<br />

� Waschen nur mit fließendem Wasser, denn stehendes Wasser ist „totes“ Wasser.<br />

� Das Waschen erfolgt mit einem Schwamm (vorzüglich Luffa), der die Durchblutung<br />

fördern soll aber auch durch Druck beim Waschen das Gefühl von Sauberkeit erzeugt.<br />

Ein Waschlappen könnte das nicht liefern.<br />

� Nach dem Waschen soll die Seife einen schönen Duft hinterlassen.<br />

� Intimpflege erfolgt immer feucht und nach jedem Toilettengang.<br />

� Enthaarung bei Frauen (Achsel, Intimbereich, Beine).<br />

Nach dem Waschen ist dann eine Zeit der Ruhe. Es wird ein großes Badetuch um sich geschlungen<br />

und/oder in einen Bademantel gekuschelt. Erst danach ist das Ritual abgeschlossen.<br />

80


Es wurde auch diskutiert, dass sich Zeiten ändern und aus unterschiedlichen Gründen sich<br />

auch Vorlieben oder Rituale ändern und neue Vorlieben oder Rituale entstehen.<br />

Was können wir aber daraus, im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen aus anderen<br />

Kulturkreisen, lernen?<br />

� Wünsche der Betreffenden erfragen.<br />

� Verständnisvolles Verhalten im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturkreisen.<br />

� Akzeptanz für das Andere!<br />

Gruppen-/Laborergebnisse<br />

81


Gruppen / Laborergebnisse „Sich selber Gutes tun durch Atmung und Entspannung“<br />

82


Fotos der Veranstaltung<br />

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Andrea Schmidt-Jungblut (DAA), Regine Franz (<strong>BTQ</strong> <strong>Kassel</strong>)<br />

Ayşe Güle̋ (Kulturzentrum Schlachthof e. V.)<br />

87


Sigrid Ludwig-Morell (Gesundheit Nordhessen Holding AG)<br />

Elke Keller<br />

88


Gamze Quahl (Arbeiterwohlfahrt <strong>Kassel</strong>)<br />

Simone Ahlbrecht (Diakoniestation Mitte, <strong>Kassel</strong>)<br />

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Nachklang der Impulsvorträge<br />

Von Ayşe Güleç<br />

� Trink- und Essbiographie<br />

� Schluckbeschwerden, Schluckstörungen<br />

� Reizen mit Buntheit<br />

� Farben<br />

� Farben essen, Blumen schmecken und<br />

trinken<br />

� Bewegung speichern und erinnern<br />

� Musik erinnern, Körpergedächtnis<br />

� Auf Stühlen tanzen<br />

� Ohren massieren<br />

� Verloren sein in Zwischenwelten<br />

� Über-Setzen<br />

� Umbruch, Durchbruch<br />

� Unterbrechung, Ver-rücken<br />

� Entrücken von Realität<br />

� Näher rücken zur Realität<br />

� Näher rücken zur Realität<br />

� Körper bewegen, Körper erfassen<br />

� Anderen Körpern begegnen<br />

� Diagnose, Lesen und Schreiben<br />

� Verhältnis der Medizin zur Demenz<br />

� Kulturfaire, kultursensibel<br />

� Fest von Demenz<br />

� Symbole sortieren<br />

� Entrücken, Angehörige oder der Betroffenen<br />

� (Innen-)Welt entsteht, Wirrwarr-<br />

Verbergen hintern<br />

90<br />

� Altgewohnheiten<br />

� Achtung, Weisheit und Sensibilität<br />

� Kindheitserinnerungen<br />

� Seife riechen<br />

� Zeit füllen und erinnern<br />

� Zustand alles geht vorbei<br />

� Wie ist erinnern möglich<br />

� Wunde, Schmerzen<br />

� Was leben wir? Was fehlt uns?<br />

� Doppelt Frau, doppelt Mann<br />

� Anwesende, abwesende Familie<br />

� Stomabeutel<br />

� Scham und Peinlichkeit<br />

� Behutsamkeit<br />

� Anleiten und Vertrauen auf Angehörige<br />

� Intime – nichtintime Zonen<br />

� Wundmanagement<br />

� Blicke – Einblicke – Entblößen<br />

� MigrantInnen mit Demenz werden nicht<br />

erkannt<br />

� Rat-Schläge, lieber Äpfel geben<br />

� Einpowern, verstärken<br />

� Falsche und richtige Seehilfen<br />

� Mit Lupe suchen, Raum vergrößern<br />

� Im falschen Setting ist jeder dement

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