06.02.2013 Aufrufe

Zur Person - Lange Nacht der Kirchen

Zur Person - Lange Nacht der Kirchen

Zur Person - Lange Nacht der Kirchen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Schottengasse<br />

Journal <strong>der</strong> Katholischen Medien Akademie (KMA)<br />

AUSGABE 1/2010<br />

Preis: 2,90 Euro<br />

Foto: © Eva Lugbauer


Inhaltsverzeichnis<br />

Was wo drin steht und wer dran war<br />

Impressum<br />

2<br />

„Spen<strong>der</strong>herzen“ o<strong>der</strong> „Mein letztes Hemd“,<br />

starke Sprüche auf T-Shirts verän<strong>der</strong>n die Welt. Wirklich? Wenn<br />

nicht, dann sind sie zumindestens ein gutes Statement für<br />

Gerechtigkeit. Die Modexpertinnen Konstanze und Sandra haben<br />

die modischen Shirts schon einmal getestet.<br />

Unser Ergebnis auf Seite 3<br />

Ein Bischof, <strong>der</strong> über Beziehung, Sex und Trennung<br />

spricht:<br />

Bischof Helmut Krätzl im Interview mit Konstanze Tichy. Worte<br />

eines <strong>Kirchen</strong>mannes, <strong>der</strong> die Lebenswirklichkeit kennt.<br />

Das Interview lesen Sie auf den Seiten 4 und 5<br />

Die Ärzte und Culcha Candela,<br />

gepaart mit Fotos zum Nachdenken. Die etwas an<strong>der</strong>e Art einer<br />

Diashow, gesehen und erlebt von Jürgen Winkelbauer in <strong>der</strong><br />

Oststeiermark.<br />

Den Lokalaugenschein lesen Sie auf <strong>der</strong> Seite 5<br />

Queen-Musik auf <strong>der</strong> Orgel?<br />

Hört sich interessant an, dachte sich Eva Lugbauer und machte<br />

sich auf in die Wiener Servitenkirche. Dort hörte Sie dann doch<br />

mehr „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ und weniger Freddie<br />

Mercury.<br />

Eine Kritik auf Seite 6<br />

Eva Lugbauer hatte ihre Mühe,<br />

einen aus <strong>der</strong> Kirche Ausgetretenen zu finden, den sie auf die<br />

„<strong>Lange</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ schleppen konnte. Mit Messwein und<br />

ihrem Mostviertler Charme gewann sie dafür den „Austreter-<br />

Peter“.<br />

Ein Erfahrungsbericht auf Seite 7<br />

Bernadette Bayrhammer rauchte<br />

gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer eine<br />

„Gwuzelte“ und futterte frühmorgens auf den Altarstufen.<br />

Eine Kochshow <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Art auf den Seiten 8 und 9<br />

„Die hat sich wohl in <strong>der</strong> Kirche geirrt!“<br />

Wie Äußerlichkeiten zu Ausgrenzung führen, haben Sabine<br />

Wodni und Georg Gatnar am eigenen Leib erfahren – in<br />

einer <strong>Nacht</strong>, die für offene Türen und Toleranz steht.<br />

Ein Selbstversuch in Burka und Bikini auf den<br />

Seiten 10 und 11<br />

Herausgeber: Gerhard Tschugguel, Gerhard Weis<br />

Medieninhaber: Verein <strong>der</strong> Freunde <strong>der</strong> Katholischen Medien Akademie.<br />

Offenlegung gemäß §25 MG: Der Verein <strong>der</strong> „Freunde <strong>der</strong> Katholischen Medien Akademie“, welcher nicht<br />

auf Gewinn ausgerichtet ist, bezweckt die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Aus- und Weiterbildung christlicher Journalist/inn/en<br />

und an<strong>der</strong>er im Medienbereich tätiger <strong>Person</strong>en. Unser Selbstverständnis ist die publizistische Tätigkeit auf<br />

Basis christlicher Verantwortung.<br />

Projektbetreuung: Mag. Gabriele Neuwirth<br />

Redaktion: Bernadette Bayrhammer, Georg Gatnar, Mag. Martin Gsellmann, Felix Krainhöfner, Sandra<br />

Knopp, Eva Lugbauer, Daniel Po<strong>der</strong>tschnig, Katrin Sattler, Konstanze Tichy, Mag. Gerlinde Wallner, Jürgen<br />

Winkelbauer, Sabine Wodni<br />

Anschrift: Verein <strong>der</strong> Freunde <strong>der</strong> Katholischen Medien Akademie (KMA), Schottengasse 3, 1010 Wien.<br />

Tel.: 0676/93 83 379<br />

Erscheinungsweise: mindestens vier Mal jährlich<br />

Satz/Layout: Tanja Pichler, Wien; Lektorat: Mag. Elisabeth Grabner<br />

Preis: 2,90 €, im Abo 10,00 €; Redaktionsschluss: 30.05.2010<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

„Es war mehr als anstrengend!“<br />

„Zum Schluss hin hab ich selbst schon gar nicht mehr<br />

gekonnt.“ Katrin Sattler ging an ihre Grenzen, als sie<br />

mit <strong>der</strong> Diözesansportgemeinschaft in <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ von Kirchturm zu Kirchturm lief.<br />

Der Direktbericht aus Graz auf den Seiten 12 und 13<br />

Was die Katholische Medien Akademie beruflich<br />

bringt, sagt Martin Gsellmann auf Seite 14<br />

Chilifish ist eine österreichische Delikatesse,<br />

gewürzt mit exotischen Instrumenten wie Didgeridoo und<br />

Nasenflöte. Die Chefköche Friedrich, Manuel und Christian rocken<br />

die „<strong>Lange</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“. Auf einem ungewöhnlichen Konzert<br />

fand sich Sandra Knopp wie<strong>der</strong>.<br />

Ihre Geschichte steht auf Seite 15<br />

Die Simpsons waren auch auf <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“<br />

Wo? Daniel Po<strong>der</strong>tschnig war dort und erzählt uns, warum man<br />

statt Reverend Lovejoy auf die Kanzel steigen soll.<br />

Der Grund dafür steht auf Seite 16<br />

„Ich will eine Tasche im `<strong>Lange</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Kirchen</strong>`-Design!“<br />

„Mir gefällt die blaue Tasche besser. Ich will sie haben!“ Bei den<br />

trendigen Taschen werden auch Sandra Knopp und Konstanze Tichy<br />

schwach.<br />

Ein Bericht unserer Mo<strong>der</strong>edaktion auf Seite 17<br />

„Wird mich <strong>der</strong> Schäfer ins Wadl beißen,<br />

wird Hamster Jacky von Katze Mimi gefressen und<br />

kommen Plüschtiere eigentlich in den Himmel?“ Von<br />

einer Tiersegnung in Floridsdorf<br />

berichtet Gerlinde Wallner auf den Seiten 18 und 19<br />

Wieso es sich in Sodom und Gomorrha<br />

schlecht lebt und wie laut Stummfilme sein können,<br />

darüber schreibt Gerlinde Wallner auf Seite 19<br />

Wie man über <strong>Nacht</strong><br />

Volontär in exotischen Län<strong>der</strong>n werden kann, zeigen Bernadette<br />

Bayrhammer und Daniel Po<strong>der</strong>tschnig<br />

auf den Seiten 20 und 21<br />

Was Luftballons, Bier und Wiener Schmäh<br />

mit Bratfisch zu tun haben, berichtet Felix Krainhöfner in einer<br />

Reportage vom Kaisermühlner Gemeindebau Goethehof auf Seite 22<br />

Neue Titel für alte Schinken und alte Steine<br />

Bewusste Fehl-Interpretation wertvoller <strong>Kirchen</strong>kunst, gesehen in<br />

<strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“!<br />

Eine geniale Fotostrecke <strong>der</strong> Schottengassen-Redaktion<br />

auf den letzten beiden Seiten


17-Euro-starke Sprüche<br />

Coole Slogans, cooler Look. Bei <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>” waren die T-Shirts <strong>der</strong><br />

„Young Caritas“ <strong>der</strong> soziale Verkaufshit.<br />

Diese echten Trendsetter kannst du auch<br />

übers Internet bestellen.<br />

Konstanze Tichy und<br />

Sandra Knopp<br />

Die T-Shirts <strong>der</strong> „Young Caritas“ sind<br />

echte Hingucker, nicht nur wegen ihrer<br />

markanten Aufschriften, son<strong>der</strong>n auch<br />

wegen <strong>der</strong> tollen Schnitte und ihrer<br />

leuchtenden Farben.<br />

Die Shirts, die allesamt aus fair bezahlten<br />

Produktionen stammen, sind im<br />

Internet über die Homepage <strong>der</strong> Young<br />

Caritas bestellbar. Zwei Euro des Kaufpreises<br />

gehen an österreichische Jugendliche<br />

in Not. Couragierte Trendsetter<br />

sollten sich die T-Shirts auf keinen Fall<br />

entgehen lassen, die Slogans sind aussagekräftig<br />

und verdienen es, nach<br />

außen getragen zu werden.<br />

Es gilt das Motto: „Keine Ausreden<br />

mehr“! Mit nur einem Klick geht es<br />

zum T-Shirt deiner Wahl!<br />

Young Caritas<br />

Preis T-Shirts: 17 Euro<br />

http://www.youngcaritas.at/<br />

KMA-Studentin Sandra Knopp: „Notfalls<br />

geb ich mein letztes T-Shirt her!“<br />

Fotos: Sandra Knopp<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

KMA-Studentin<br />

Konstanze Tichy:<br />

„Dieses T-Shirt<br />

verpflichtet zur<br />

Wahrheit!“<br />

Mode und mehr<br />

3<br />

Foto: Young Caritas<br />

Tu Gutes, schau gut aus.


Die Liebe und <strong>der</strong> Bischof<br />

Ein Bischof, für den das Gewissen zählt<br />

Bischof Helmut Krätzl im „<strong>Lange</strong><br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“-Interview mit<br />

Konstanze Tichy über Beziehung,<br />

Sex und Trennung.<br />

4<br />

Konstanze Tichy<br />

Tichy: Sie haben erst vor wenigen<br />

Tagen öffentlich gesagt: „Seien Sie lästig<br />

bei den Bischöfen!“ Finden Sie es<br />

lästig genug, immer die gleichen Fragen<br />

über die Zukunft <strong>der</strong> Kirche zu<br />

stellen?<br />

Krätzl: Es kommt auf die Art <strong>der</strong> Fragen<br />

an. Die Laien sind mitverantwortlich<br />

für das, was in <strong>der</strong> Kirche geschieht,<br />

daher haben sie das Recht und manchmal<br />

auch die Pflicht, ihre Erfahrungen<br />

miteinzubringen.<br />

Hier bei <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“<br />

in <strong>der</strong> Deutschordenskirche ging<br />

es um den Umgang <strong>der</strong> Kirche mit wie<strong>der</strong>verheirateten<br />

Geschiedenen. Sie<br />

haben sich dazu schon oft geäußert.<br />

Weshalb liegt Ihnen das so am Herzen?<br />

Krätzl: Das kommt aus <strong>der</strong> Erfahrung,<br />

dass es so viele betrifft und weil ich sehr<br />

oft darauf angeredet werde. Die Menschen<br />

verdienen es, dass man sie versteht<br />

und dass man ihnen auch einen<br />

neuen Weg eröffnet.<br />

Was sagen Sie zum Usus vieler Priester,<br />

in einem Gespräch mit Betroffenen<br />

einen individuellen Weg zu<br />

gestalten und wie<strong>der</strong>verheiratete<br />

Geschiedene, was dem <strong>Kirchen</strong>recht<br />

wi<strong>der</strong>spricht, zur Kommunion zuzulassen?<br />

Krätzl: Für einzelne Fälle ist das sicher<br />

gut. Ich kann die Leute nicht damit vertrösten,<br />

dass irgendwann eine Gene-<br />

ralregelung kommt, wenn sie jetzt<br />

betroffen sind. Deshalb ist eine individuelle<br />

Lösung verantwortbar.<br />

Nur eine Übergangslösung, bis etwas<br />

Besseres gefunden wird?<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Krätzl: Nein. Es kann ja auch eine solche<br />

individuelle Lösung eine allgemeine<br />

werden. Die allgemeine Lösung wird<br />

nicht sein, dass die Kirche alle Leute<br />

zwei-, dreimal heiraten lässt, aber die<br />

Verantwortung in den Gewissensbereich<br />

des Einzelnen zu legen ist<br />

verantwortbar. Und die Unterstützung<br />

dafür soll von den Priestern<br />

aus dem diözesanen Bereich<br />

kommen.<br />

Was halten Sie von <strong>der</strong> von<br />

Papst Johannes Paul II. betonten<br />

Lehrmeinung <strong>der</strong> Kirche,<br />

wie<strong>der</strong>verheiratete Geschiedene<br />

mögen in ihrer neuen Verbindung<br />

enthaltsam leben, um zur<br />

Kommunion gehen zu dürfen?<br />

Krätzl: Das ist lebensfremd.<br />

Beson<strong>der</strong>s wegen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die<br />

aus dieser Verbindung hervorgehen.<br />

Das zeigt wohl die Hilflosigkeit<br />

<strong>der</strong> Kirche im Umgang mit diesem<br />

Thema!<br />

Fotos: Konstanze Tichy


Krätzl: Ja, das ist eine kirchenrechtliche<br />

Logik, die am Leben vorbeigeht.<br />

Die Lösung könnte eine sein, wie sie<br />

in <strong>der</strong> orthodoxen Kirche besteht. Dort<br />

glaubt man an die Unauflöslichkeit <strong>der</strong><br />

Ehe, lässt aber unter bestimmten<br />

Umständen eine zweite o<strong>der</strong> dritte Ehe<br />

zu. Das Gewissen ist entscheidend, aber<br />

das gehört gebildet. <strong>Zur</strong> Gewissensbildung<br />

ist auch die Kirche ist berufen, die<br />

letzte Entscheidung liegt aber bei einem<br />

selbst.<br />

Herr Bischof, Sie haben in einem Interview<br />

mit <strong>der</strong> „Wiener Zeitung“ gesagt,<br />

bei <strong>der</strong> jungen Generation sei Angst<br />

vorhanden, sich lebenslänglich zu binden.<br />

Wo sehen Sie die Gründe für diesen<br />

Trend?<br />

Krätzl: Das ist einfach eine neue<br />

Lebenshaltung. Zwischen verschiedenen<br />

Formen des Zusammenlebens<br />

wird kein Unterschied gesehen. Viele<br />

junge Menschen wollen gar nicht<br />

mehr heiraten, son<strong>der</strong>n in einer Verbindung<br />

leben, die nach Freiheit ausschaut.<br />

Aber eigentlich ist es ja sehr<br />

anstrengend, immer zu überlegen zu<br />

müssen, ob man noch zusammen<br />

bleibt o<strong>der</strong> nicht. Das Wort Lebensabschnittspartner<br />

ist ein furchtbares,<br />

es schließt ein, dass man nur eine<br />

gewisse gemeinsame Zeit hat.<br />

In Ihrer Zeit als Pfarrer in Laa an <strong>der</strong><br />

Thaya, als Religionslehrer und vor<br />

allem als Schulbischof haben Sie immer<br />

ein offenes Ohr für die Jugend gehabt.<br />

Fehlt das vielen Priestern?<br />

Krätzl: Das kann eigentlich nicht sein,<br />

als Priester hat man ja in seiner Gemeinde<br />

viel mit Jugend zu tun.<br />

Meinen Sie, dass die Anfänge <strong>der</strong><br />

zunehmenden Bedeutungslosigkeit <strong>der</strong><br />

Kirche im Leben vieler Jugendlicher in<br />

<strong>der</strong> 68er-Revolte liegt?<br />

Krätzl: Mit Sicherheit. Damals wurden<br />

alle Autoritäten in Frage gestellt,<br />

aber die Kirche hat den entscheidenden<br />

Fehler gemacht, alle Bestrebungen nur<br />

abzulehnen und dadurch die Lebenswirklichkeit<br />

geleugnet.<br />

Wie würden Sie einem Jugendlichen<br />

denn Sexualität erklären?<br />

Krätzl: Das Wichtigste ist die Aufklärung,<br />

sie findet oft nicht richtig statt.<br />

Weiters ist es für Jugendliche wichtig,<br />

einen verantwortungsvollen Umgang<br />

mit <strong>der</strong> eigenen Sexualität zu lernen.<br />

Sexualität ist eine Kraft, die sich auf ein<br />

Du hin richten soll.<br />

Sehen Sie in <strong>der</strong> Emanzipation <strong>der</strong> jungen<br />

Frauengeneration eine Bedrohung<br />

für das Konzept „Familie“?<br />

Krätzl: Nein, auf keinen Fall. Im<br />

Gegenteil, dadurch muss die Partnerschaftlichkeit<br />

gestärkt werden, das ist<br />

eine große Chance für die beiden Partner.<br />

Beherrscht die Kirche die Sprache <strong>der</strong><br />

Jugend, auch wenn sie diese nicht<br />

immer spricht?<br />

Krätzl: Das kann man nicht verallgemeinern.<br />

Ich denke schon, dass ich sie<br />

spreche, ich habe immer auf die Briefe<br />

meiner Firmlinge hin meine Firmpredigt<br />

gestaltet. Natürlich passe ich meine<br />

Art nicht an, das wäre ja blöd, aber<br />

ich verstehe was „cool“ bedeutet, nur<br />

die Zeichen bei SMS, diese Smileys und<br />

so, die verstehe ich nicht.<br />

Das Interview wurde im Rahmen <strong>der</strong><br />

„<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ geführt,<br />

Weihbischof Helmut Krätzl hatte in <strong>der</strong><br />

Deutschordenskirche in Wien 1 an einer<br />

Diskussion zum Thema „Die Sehnsucht<br />

nach dem Du hört niemals auf“ teilgenommen.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Konstanze Tichy, Jahrgang<br />

1986, studiert<br />

Rechtswissenschaften<br />

an <strong>der</strong> Universität Wien.<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Sidos Gebet in <strong>der</strong><br />

Südoststeiermark<br />

Bil<strong>der</strong> von <strong>der</strong> schönen, neuen Welt<br />

schocken in <strong>der</strong> Mystik <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong>“.<br />

Jürgen Winkelbauer<br />

Es ist Freitag Abend, kurz nach zehn.<br />

Aus <strong>der</strong> Kirche <strong>der</strong> Gemeinde St. Stefan<br />

im Rosental erklingt aus den Boxen<br />

Culcha Candelas „Schöne neue Welt“.<br />

„Church Mania“ beginnt, eingeladen<br />

dazu hat die Katholische Jugend. Zu den<br />

Klängen <strong>der</strong> deutschen Band werden<br />

Fotos unserer „schönen neuen Welt“<br />

projiziert: ölverschmierte Vögel, Frauen<br />

mit Silikonbusen und aufgespritzten<br />

Lippen und verdorrte Fel<strong>der</strong>.<br />

Neugierig, wohl von <strong>der</strong> lauten Musik<br />

angezogen, öffnet und schließt sich das<br />

Tor zur Kirche immer wie<strong>der</strong>. Einige verlassen<br />

sofort wie<strong>der</strong> das Gotteshaus, statt<br />

Mystik gibt es Schock.<br />

Die Band „Ärzte“ for<strong>der</strong>n in ihrem<br />

Lied „Lasse Redn“ auf, nicht hinzuhören<br />

– doch an diesem Abend ist es<br />

äußerst erwünscht, <strong>der</strong> Veranstaltung<br />

Gehör zu schenken. Deutlich wurde vermittelt:<br />

Zuviel wurde schon durch den<br />

Menschen zerstört. Immer wie<strong>der</strong> ist die<br />

Zustimmung <strong>der</strong> südsteirischen Besucher<br />

<strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“<br />

durch deutliches Nicken erkennbar. In<br />

<strong>der</strong> bedrückten Stimmung bringt Musik<br />

Hoffnung durch den Titel „Gebet“ des<br />

Rappers Sido: „Ich will nur danke sagen,<br />

dafür, dass du mir zeigst, ich brauche<br />

keine Angst zu haben, dafür, dass du mir<br />

das Leben zeigst.“<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Jürgen Winkelbauer,<br />

Jahrgang 1982, studiert<br />

Anglistik/ Amerikanistik<br />

mit Ergänzungsfach Medienwissenschaft<br />

an <strong>der</strong> Karl Franzens Universität<br />

in Graz.<br />

Diashow im Rosental<br />

5


Pop und Flop<br />

6<br />

Bohemian auf <strong>der</strong> Orgel<br />

Die Band „Queen“ auf <strong>der</strong> Orgel zu<br />

interpretieren klingt verrückt und hört<br />

sich verrückt an. Die Schnapsidee ist gut.<br />

Die Orgelperformance in <strong>der</strong> Wiener<br />

Servitenkirche hätte mehr davon<br />

vertragen.<br />

Fotos: Eva Lugbauer<br />

Eva Lugbauer<br />

„Keiner weiß, wo er anfängt, keiner<br />

weiß, wo er aufhört, aber alle machen<br />

mit.“ Werden die 40 Minuten „Schnapsidee-Rhapsodie“<br />

so chaotisch, wie sie<br />

<strong>der</strong> Organist Robert Vetter anfangs<br />

beschreibt, kann das ja amüsant werden.<br />

Hier möchte er „Musik, die eigentlich<br />

nicht für die Orgel geschrieben ist,<br />

Der Queen-Organist Robert Vetter im<br />

Gespräch mit Eva Lugbauer<br />

„Rockmusik funktioniert<br />

auch ohne Stromgitarre<br />

und Schlagzeug“<br />

Die Veranstaltung ist mit „Schnapsidee-Rhapsodie“<br />

übertitelt. Ist es eine<br />

Schnapsidee, „Queen“ auf <strong>der</strong> Orgel zu<br />

spielen?<br />

Vetter: Nein, aber Rhapsodien entstehen<br />

immer ungeplant. Da werden<br />

Kraut und Rüben vermischt, nichts passt<br />

zusammen, ganz im Gegenteil zu einer<br />

Toccata o<strong>der</strong> einer Fuge. Und die Komponisten<br />

waren selten nüchtern, wenn<br />

sie eine Rhapsodie gemacht haben.<br />

auf dieser zum Besten geben“ – zumindest<br />

steht es so im Programm <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“.<br />

(Un)geplante Komposition<br />

Er wolle alle, die wenigstens ein Kin<strong>der</strong>lied<br />

am Klavier spielen können, dazu<br />

einladen, sich zu ihm an die Orgel zu<br />

setzen, verkündet Vetter zu Beginn <strong>der</strong><br />

Veranstaltung: „Je<strong>der</strong> kann spielen, was<br />

er will!“ Am Ende solle eine Rhapsodie<br />

herauskommen, diese Art Musik werde<br />

immer ungeplant komponiert.<br />

Einer traut sich als Erster. Er setzt sich<br />

zu Vetter auf die Orgelbank, gemeinsam<br />

bemühen sie ihre Finger über die<br />

Tasten. Doch nach <strong>der</strong> „Alle Vöglein<br />

sind schon da“-Rhapsodie und <strong>der</strong><br />

„Fuchs du hast die Gans gestohlen“-<br />

Wie kamen Sie auf die Idee, „Queen“<br />

auf <strong>der</strong> Orgel zu interpretieren?<br />

Vetter: Weil sich das keiner erwartet.<br />

Rockmusik wird selten auf <strong>der</strong> Orgel<br />

gespielt, weil alle meinen, die Orgel ist<br />

nicht dafür gemacht und <strong>der</strong> Raum <strong>der</strong><br />

Heiligkeit verbietet es. Dabei funktioniert<br />

Rockmusik auch ohne Stromgitarre<br />

und Schlagzeug.<br />

Die Orgel gilt unter jungen Leuten<br />

als altmodisches Instrument. Kann<br />

„Queen“ eine Möglichkeit<br />

sein, sie zum Orgelspielen<br />

zu motivieren?<br />

Vetter: Die Orgel ist deshalb<br />

altmodisch, weil sie<br />

so gespielt wird. Wenn ich<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Rhapsodie ist die Luft bald draußen. Die<br />

Orgel pfeift trotzdem weiter.<br />

Vetter geht dazu über, die berühmtesten<br />

Stücke in G-Moll und G-Dur vorzutragen,<br />

etwa Mozarts „Kleine <strong>Nacht</strong>musik“<br />

o<strong>der</strong> Bachs „Jesus bleibet meine<br />

Freude“ – Stücke, die so gar nichts einer<br />

Rhapsodie an sich haben. Vetter gesteht:<br />

„Bach hat seine Musik durchgeplant.“<br />

Er sei ein großer Konstrukteur gewesen.<br />

Pomp, Pracht und Bombastik<br />

Nachdem das Publikum gute 30<br />

Minuten auf die Folter gespannt wurde,<br />

lässt <strong>der</strong> Organist endlich seine Hände<br />

zum Höhepunkt <strong>der</strong> Performance<br />

über die Orgel gleiten: Queens „Bohemian<br />

Rhapsody“. Pomp, Pracht und<br />

Bombastik kommt einem bei „Queen“<br />

in den Sinn. Das könnte gut zu einer<br />

Orgel passen – und das tut es auch.<br />

Doch kaum beginnen Besucher in<br />

„Queens“ Orgelklängen zu schwelgen,<br />

hört die Orgel auch schon wie<strong>der</strong> auf<br />

zu pfeifen. Aus.<br />

jemanden zum Orgelspielen motivieren<br />

will, dann durch Tun, indem ich<br />

meinen Ideen freien Lauf lasse<br />

und einfach spiele.<br />

Im Trachtenanzug<br />

spielt Robert Vetter<br />

„Queen“ auf <strong>der</strong><br />

Königin <strong>der</strong><br />

Instrumente


Helfer <strong>der</strong> Pfarre<br />

Breitenfeld kleben<br />

bunte Zettelchen an<br />

die Außenmauer <strong>der</strong><br />

Pfarrkirche in <strong>der</strong> Wiener<br />

Josefstadt. Peter<br />

Latschbacher sitzt auf<br />

einer Parkbank und beobachtet<br />

sie. „Ich bin<br />

gespannt, welche Weisheiten<br />

mich da erwarten“, sagt<br />

er, bevor er die Zettelchen<br />

genauer in Augenschein<br />

nimmt. „Ich komme zu Dir<br />

und lege alles vor Dich hin“,<br />

steht auf einem gelben geschrieben.<br />

Es ist ein Gebet. „Meinen<br />

Willen und meine Seele soll ich<br />

Gott hingeben? Wer vertritt denn<br />

Gott auf Erden?“, fragt Latschbacher<br />

sich laut. Und antwortet: „Der<br />

Papst.“ Und dem ist <strong>der</strong> 25-Jährige<br />

nicht wohl gesinnt, wie überhaupt<br />

<strong>der</strong> gesamten katholischen Kirche.<br />

Schlechtes Gewissen<br />

Früher war Latschbacher im Kin<strong>der</strong>kirchenchor<br />

und bei <strong>der</strong> Jungschar.<br />

„Aber da ist es mir nie um Gott gegangen,<br />

mehr um die Gemeinschaft“,<br />

erzählt er. Mit 14 Jahren etwa habe sein<br />

Interesse an <strong>der</strong> Kirche angefangen zu<br />

schwinden. „Vor zwei Jahren hatte ich<br />

schon ein schlechtes Gewissen, weil ich<br />

noch immer bei <strong>der</strong> Kirche war“,<br />

bekennt er. Er trat aus. Warum er sich<br />

heuer trotz Austritts die „<strong>Lange</strong> <strong>Nacht</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ ansieht? „Ich konfrontier´<br />

mich noch immer gern mit <strong>der</strong> Kirche.“<br />

Nettes in Ruhe<br />

Nach <strong>der</strong> Konfrontation mit den<br />

Gebeten steigt Latschbacher die Stiege<br />

in das finstere Gewölbe <strong>der</strong> Breitenfel<strong>der</strong><br />

Kirche hinab. Bei Kerzenschein<br />

soll man hier zur Ruhe kommen, wie<strong>der</strong><br />

gibt es einen Zettel voller Gedanken.<br />

„Reich wird man erst durch<br />

Dinge, die man nicht begehrt“, lautet<br />

einer von Latschbachers Lieblingsgedanken<br />

hier. Er ist von<br />

Mahatma Ghandi – keinem<br />

Christen, wie er feststellt. „Das<br />

sind alles nette Lebensratschläge,<br />

aber dazu brauche ich<br />

keine Religion“, urteilt er,<br />

während er in den Schein <strong>der</strong><br />

Kerzen schaut. Ruhig ist es<br />

hier.<br />

Zynisches Motto<br />

Ganz an<strong>der</strong>s das Motto<br />

<strong>der</strong> heurigen „Lan-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

gen <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“: „We<strong>der</strong> bei<br />

Tag, noch bei <strong>Nacht</strong> dürfen sie schweigen.“<br />

Latschbacher versteht das als<br />

Anspielung auf die Missbrauchsskandale<br />

und findet es zynisch: „Jahrelang<br />

vertuscht die Kirche etwas, und wenn<br />

es heraußen ist, soll auf einmal nicht<br />

mehr geschwiegen werden.“ Das versteht<br />

er nicht. Die gegenwärtige Austrittswelle<br />

freut ihn, „weil ich alle Religionen,<br />

die freies Denken einschränken<br />

und einen Wahrheitsanspruch stellen,<br />

schlecht finde. In einer Welt, in <strong>der</strong><br />

es so viele Religionen gibt, teilen sie die<br />

Menschen unnötig auf.“<br />

Scheinheiligkeit <strong>der</strong> Kirche<br />

Zum Abschluss macht Latschbacher<br />

noch einen Abstecher in die Sakristei<br />

<strong>der</strong> Canisiuskirche im neunten Bezirk,<br />

zur Messweinverkostung. Er schwenkt<br />

das Glas, begutachtet die Schlieren und<br />

schlürft die edlen Tropfen. Der Blaue Portugieser<br />

ist sein Favorit. Leicht schmecke<br />

<strong>der</strong>, meint Latschbacher. Doch ein Blick<br />

auf das Etikett verrät 13,5 Prozent Alkoholgehalt<br />

– also doch nicht so leicht.<br />

„Da sieht man wie<strong>der</strong> die Scheinheiligkeit<br />

<strong>der</strong> Kirche“, sagt er mit einem<br />

Lächeln.<br />

Sein Achtel genießt er trotzdem.<br />

„Eigentlich bin ich enttäuscht“, resümiert<br />

er später. „Ich dachte, vielleicht<br />

kommt irgendetwas, wo ich mir denke:<br />

Ach ja, deswegen war ich bei <strong>der</strong> Kirche.“<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Eva Lugbauer, Jahrgang<br />

1985, studiert Germanistik<br />

an <strong>der</strong> Universität<br />

Wien und arbeitet als Freie Mitarbeiterin<br />

bei den „Nie<strong>der</strong>österreichischen<br />

Nachrichten (NÖN)“.<br />

Ausgetreten und angetreten<br />

Zettelchen für einen Ex-Katholiken<br />

Gott ist für ihn eine Erfindung –<br />

und die Kirche kein Ort zum<br />

Verweilen: Peter Latschbacher<br />

trat vor zwei Jahren aus <strong>der</strong><br />

katholischen Kirche aus. Trotzdem<br />

war <strong>der</strong> „Austreter-Peter“,<br />

wie er sich nennt, mit <strong>der</strong><br />

„Schottengasse“ in <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ unterwegs.<br />

Eva Lugbauer<br />

Foto: Eva Lugbauer<br />

Peter Latschbacher (25)<br />

studiert Internationale<br />

Entwicklung in Wien.<br />

Seit zwei Jahren ist er<br />

aus <strong>der</strong> katholischen<br />

Kirche ausgetreten,<br />

weil er mit <strong>der</strong>en<br />

Inhalten nichts<br />

anfangen kann.<br />

7


Kochen mit Ex-Häftlingen<br />

8<br />

Ex-Häftling meets Jamie Oliver:<br />

„Die Häfn Cooker“<br />

Wo eine Kirche zur Küche wurde,<br />

Besucher sich in Küchenhilfen<br />

verwandelten und mit Erdäpfeln ihre<br />

Vorurteile wegschälten.<br />

Bernadette Bayrhammer<br />

Man nehme ein wenig Jamie Oliver,<br />

eine Handvoll Haftentlassener und füge<br />

eine Prise messerscharfen Schmähs hinzu,<br />

platziere dies mitsamt einer mobilen<br />

Küche auf den Altarstufen <strong>der</strong> evangelischen<br />

Gustav-Adolf-Kirche in<br />

Wien-Gumpendorf – et voilà, fertig ist<br />

„Die Häfn Cooker“: die multimediale<br />

Kochshow für alle, die Hunger haben<br />

und alle, die satt machen wollen.<br />

„Norbert, hier stinkts!“, ruft Pfarrer<br />

Michael Bicklhaupt in markantem ostdeutschen<br />

Dialekt in Richtung Bühne.<br />

Norbert Karvanek röstet dort gehackte<br />

Zwiebeln, kiloweise. Einst selbst wegen<br />

eines schweren Gewaltverbrechens im<br />

Gefängnis, leitet <strong>der</strong> 44-Jährige mit dem<br />

Pferdeschwanz seit vier Jahren „s'<br />

Häferl“. Während sich in <strong>der</strong> Kirche<br />

Zwiebelduft ausbreitet, rattert er einige<br />

Fakten herunter: Vor mehr als zwanzig<br />

Jahren von einer Gefangenenseelsorgerin<br />

als Selbsthilfegruppe für Haftentlassene<br />

und Freigänger gegründet, gibt<br />

das „Häferl“ heute jeden Mittwoch,<br />

Samstag und Sonntag kostenlos Essen<br />

aus. Gekocht wird von Ex-Häftlingen<br />

und „Normalen“ gemeinsam, Essen<br />

kommen kann je<strong>der</strong>.<br />

Aus dem „Häfn“ ins „Häferl“<br />

Heute steht Eintopf am Programm,<br />

Küchenchef Karvanek nennt ihn „Seelenwärmer“<br />

(Rezept siehe rechts unten).<br />

Für den „Einkauf“ von 30 Kilo Kartoffeln,<br />

Linsen und Bauchfleisch müssen<br />

die rund 40 Zuschauer zusammenlegen,<br />

Kostenpunkt: an die hun<strong>der</strong>t Euro.<br />

„Hochwürden“, schreit Karvanek,<br />

Bicklhaupts blitzblaue Augen blitzen<br />

und er verdonnert drei Zuschauer zum<br />

Kartoffelschälen. Auch eine junge Frau<br />

im Rollstuhl schnippelt vor sich hin.<br />

Vera ist seit einem Praktikum Teil des<br />

„Häferl“-Teams. Im „Häfn“ war sie auch<br />

schon. Beschaffungskriminalität“, sagt<br />

sie trocken.<br />

Während Karvanek seine Zwiebeln à<br />

la Jamie Oliver in einen riesigen Topf<br />

schupft, schlägt ein graulockiger Typ<br />

ein Buch auf: Franz Blaha von <strong>der</strong><br />

Obdachlosen-Zeitung „Augustin“. Er<br />

liest Passagen aus den Erzählungen von<br />

„Häferl“-Grün<strong>der</strong>in Gerlinde Horn. Wie<br />

„<strong>der</strong> Bertl“ beim Versuch, ins „Häferl“<br />

einzubrechen, im Klofenster stecken<br />

blieb. Wie sie selbst beinahe wegen<br />

Beihilfe zur Flucht angeklagt wurde,<br />

weil sie einen Freigänger bei<br />

sich zuhause baden ließ. O<strong>der</strong><br />

wie sich die Vorurteile einer<br />

Praktikantin aus Rostock<br />

in Luft auflösten,<br />

nachdem<br />

sie einen<br />

Nach-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Genial beim Kochen<br />

und Schmähführen:<br />

Küchenchef<br />

Karvanek.<br />

mittag lang mit zwei „Häferl“-Besuchern<br />

plau<strong>der</strong>te – und erst im Nachhinein<br />

erfuhr, dass beide wegen Mordes im<br />

Gefängnis gesessen hatten.<br />

„Deswegen bist du keine<br />

Bestie“<br />

„Barrieren abbauen“, auch darum<br />

geht es im „Häferl“. Deshalb gibt es das<br />

Projekt „Soziales Kochen“: Leute spenden<br />

Lebensmittel, kommen dann auch<br />

selbst, um mitzukochen. „Da kann es<br />

sein, dass ein junger Bursch sitzen bleibt<br />

und Schach spielt – mit einem Mör<strong>der</strong>.“<br />

Das, was jemand verbrochen hat, steht<br />

im „Häferl“ nicht an erster Stelle. „Ich<br />

sage zu niemandem: Zeig mir dein Vor-


strafenregister“, erzählt Karvanek. „Nur,<br />

weil du einmal im Gefängnis warst, bist<br />

du keine Bestie.“<br />

Im Topf, <strong>der</strong> mitten im Altarraum<br />

steht, brodelt es, in <strong>der</strong> Kirche duftet<br />

es nach Eintopf. Karvanek und ein zweiter<br />

Mann mit <strong>der</strong> gleichen schwarz-weiß<br />

gestreiften Kappe, <strong>der</strong> Kochmütze <strong>der</strong><br />

„Häfn Cooker“, schneiden bereits fertig<br />

gekochtes Fleisch. „Wie jede gute<br />

Kochshow kochen wir vor“, merkt „Le<br />

Chef“ an: „Fünfzig Liter Seelenwärmer<br />

kochen sich nicht in 30 Minuten.“ Und<br />

zwecks Barriereabbau soll noch gemeinsam<br />

gegessen werden. Der Inhalt des<br />

Riesentopfes kommt erst am nächsten<br />

Tag auf den Tisch – im „Häferl“.<br />

S' Häferl<br />

Die Einrichtung <strong>der</strong> Stadtdiakonie<br />

Wien besteht seit 1988. Räumlichkeiten<br />

stellt die evangelische Kirche<br />

zur Verfügung, vom Justizministerium<br />

gibt es eine Subvention. Lebensmittel<br />

kommen großteils von <strong>der</strong><br />

„Wiener Tafel“. Durchschnittlich 74<br />

Portionen Essen werden jeden Mittwoch,<br />

Samstag und Sonntag ausgegeben.<br />

Außerdem gibt es eine Malgruppe,<br />

Podiumsdiskussionen und<br />

ein Mal im Jahr das sogenannte Sackgassenfest.<br />

Kontakt: Hornbostelgasse 6, 1060<br />

Wien, www.haeferl.net.<br />

Gerlinde Horns Buch „Wo die Wüste<br />

aufhört, beginnt <strong>der</strong> Himmel“ ist lei<strong>der</strong><br />

vergriffen.<br />

Nach <strong>der</strong> Show für jeden einen<br />

„Seelenwärmer“.<br />

„Mein schwerstes<br />

Erlebnis? Eine Palette<br />

Milkaschokolade!“<br />

Norbert Karvanek, Michael Bicklhaupt<br />

und Franz Blaha sind die Masterminds<br />

<strong>der</strong> „Häfn Cooker“. Bernadette<br />

Bayrhammer traf sie zum<br />

Gespräch.<br />

Wie seid Ihr auf die Idee gekommen,<br />

eine Kochshow zu machen?<br />

Karvanek: Pfarrer Michael Bicklhaupt<br />

ist mir vor <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ permanent auf den<br />

Wecker gegangen. Irgendwann wollte<br />

ich ihn nur noch loswerden, hab in die<br />

Küche geschaut und gesagt: „Weißt du<br />

was? Wir machen eine Kochshow!“<br />

Wie war <strong>der</strong> Entstehungsprozess?<br />

Bicklhaupt: Viel Wein, viel Schnaps<br />

(lacht).<br />

Karvanek: Tatsächlich habe ich in<br />

Herrn Hochwürden Bicklhaupt einen<br />

kongenialen Partner gefunden.<br />

Bicklhaupt: Ich auch, in Seiner Herrlichkeit,<br />

dem Einrichtungsleiter Norbert<br />

Karvanek (Lachen).<br />

Wenn ihr euch entscheiden müsst,<br />

welcher Fernsehkoch kommt euch am<br />

nächsten? Andi und Alex, Jamie Oliver<br />

o<strong>der</strong> Alfred Biolek?<br />

Karvanek: Die erste Nennung empfinde<br />

ich jetzt als Beleidigung. Aber<br />

Eintopf „Seelenwärmer“<br />

Zutaten: Suppengrün, Zwiebeln, Linsen,<br />

Kartoffeln, Bauchfleisch im Ganzen.<br />

Zum Würzen: Holun<strong>der</strong>beeren,<br />

Lorbeer, Estragon, Senf, Salz, Pfeffer.<br />

Zwiebeln hacken und anbraten.<br />

Bauchfleisch mit Wasser, Suppengrün,<br />

Zwiebeln und den Gewürzen kochen.<br />

Fleisch herausnehmen, Suppe pürieren<br />

und mit Wasser auffüllen. Darin die Linsen<br />

und Kartoffeln weich kochen. Zum<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Jamie Oliver ist tatsächlich vor meinem<br />

geistigen Auge gestanden.<br />

Blaha: Patrick Müller, von Silent<br />

Cooking. Obwohl das „silent“ nicht<br />

dazupasst. Dafür das Outfit.<br />

Die größte Erfolgsgeschichte des<br />

„Häferls“?<br />

Karvanek: Ein je<strong>der</strong>. Für mich war<br />

das „Häferl“ die Rettung.<br />

Warum funktioniert das „Häferl“ seit<br />

20 Jahren so gut?<br />

Karvanek: Ich glaube, weil hier serviert<br />

wird. Für unsere Gäste hat das mit<br />

Würde zu tun, sie erfahren hier etwas,<br />

was sie sonst nicht erfahren.<br />

Ihr schwerstes Erlebnis?<br />

Karvanek: Eine Palette Milkaschokolade,<br />

die wir von <strong>der</strong> „Wiener Tafel“<br />

bekommen haben. Es hat mich zwei<br />

Stunden gekostet, bis ich die Palette<br />

von <strong>der</strong> Straße hier reingebracht habe<br />

(lacht).<br />

Schluss mit Pfeffer, Salz, Senf abschmecken<br />

und das in Stücke geschnittene<br />

Fleisch beigeben.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Bernadette Bayrhammer,<br />

Jahrgang 1984, studiert<br />

Internationale Entwicklung<br />

an <strong>der</strong> Universität Wien und<br />

arbeitet als freie Redakteurin für „Die-<br />

Presse.com.“<br />

Kochen mit Ex-Häftlingen<br />

Alle Fotos: Bernadette Bayrhammer<br />

9<br />

Michael<br />

Bicklhaupt,<br />

Norbert Karvanek<br />

und Franz Blaha<br />

mit Blick gen<br />

Himmel: Direkt<br />

über dem „Häferl“<br />

steht die Gustav-<br />

Adolf-Kirche


Verschleiert und halbnackt<br />

Nackte und verschleierte Tatsachen<br />

Nicht die <strong>Kirchen</strong>, nur ihre Besucher<br />

geben sich in dieser <strong>Nacht</strong> verschlossen:<br />

Wenn gelebte Individualität selbst im<br />

Wiener Stephansdom an ihre<br />

Grenzen stößt.<br />

Georg Gatnar und Sabine Wodni<br />

berichten von einer Fact Finding-Mission<br />

mit Burka und Fast-Bikini in <strong>der</strong><br />

„<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“.<br />

10<br />

G'schaut wird am Stephansplatz –<br />

rechts ein junger Mann, überrrascht,<br />

links ein älteres Ehepaar mit verachten<strong>der</strong><br />

Miene. Könnten Blicke töten,<br />

wären wir jetzt tot. Was ist los in <strong>der</strong><br />

City?<br />

Hotpants, Highheels und knappes<br />

Trägerleiberl sind angesagt. Leichte<br />

Bekleidung mutet bei <strong>der</strong> aufkommenden<br />

Gewitterstimmung seltsam genug<br />

an. Wenn dazu noch Anstalten gemacht<br />

werden, mit einem <strong>der</strong>art freizügigen<br />

Outfit in die Kirche zu gehen, verschärfen<br />

sich die ohnehin beißenden<br />

Blicke. Aufmerksamkeit pur.<br />

„Niemand wird bei <strong>der</strong> <strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong> ausgegrenzt“, hat <strong>der</strong> Wiener<br />

Bischofsvikar Karl Rühringer bei <strong>der</strong><br />

Pressekonferenz versprochen. Von Seiten<br />

<strong>der</strong> Kirche sollten die Türen und<br />

Portale also für ausnahmslos für jeden<br />

und jede geöffnet sein. Ungewiss blieb,<br />

ob treue <strong>Kirchen</strong>gänger und alle Besucher<br />

<strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong>“ genauso tolerant<br />

sind. Das herauszufinden war unsere<br />

Fact Finding-Mission: Der weibliche<br />

Part, zunächst knapp bekleidet, dann<br />

in <strong>der</strong> Burka, <strong>der</strong> männliche Part als<br />

journalistischer Beobachter und Fotograf.<br />

Im Strudel <strong>der</strong> Aufmerksamkeit<br />

In einer <strong>Nacht</strong> wie dieser sind alle<br />

Menschen willkommen – zumindest<br />

offiziell. Im dichten Gedränge zwängen<br />

wir uns durch das Riesentor des Stephansdoms,<br />

begleitet von Schweißgeruch<br />

und dem Gestank nach zu<br />

großzügig aufgetragenem Deodorant.<br />

Der Andrang ist bereits am frühen<br />

Abend sehr stark. Wir ignorieren dezent<br />

das rote Schild nach dem Eingang, das<br />

neben Essensverbot auch auf unangemessene<br />

Bekleidung innerhalb des<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Wenn die<br />

Blöße unzähliger<br />

Statuen<br />

in <strong>Kirchen</strong><br />

Fleisch wird,<br />

ist es ein<br />

Skandal.<br />

Spießrutenlauf.<br />

Doms hinweist. Ein Aufseher bemerkt<br />

die Fast-Bikini-Aufmachung, lässt uns<br />

aber ungehin<strong>der</strong>t passieren.<br />

Einheimische, treue <strong>Kirchen</strong>geher,<br />

Touristen und Hobbyfotografen treffen<br />

in dem eher musealen als kirchlichen<br />

Ambiente aufeinan<strong>der</strong>. Mit unserem<br />

Erscheinen ist Ablenkung auf allen Seiten<br />

garantiert. Welterfahrene Touristen<br />

wenden ihre Blicke von den mittelalterlichen<br />

Kunstwerken in unsere Richtung:<br />

„Strange clothes, these Austrians<br />

in churches have“, flüstert eine augenrollende<br />

Britin ihrem Mann zu. Seltsame<br />

Bekleidung in den österreichischen<br />

<strong>Kirchen</strong> – <strong>der</strong> Tourist nickt zustimmend<br />

und schüttelt verächtlich den Kopf. Es<br />

ist unmöglich, die Missbilligung zu<br />

Foto: Philipp Huber<br />

Foto: Georg Gatnar


ignorieren, sie spiegelt sich von allen<br />

Seiten wi<strong>der</strong>.<br />

Wenig Haut unerwünscht<br />

Wir pilgern durch den Dom und fühlen<br />

uns wie Rockstars o<strong>der</strong> verachtete<br />

VIPs. Die Empörung darüber, dass ein<br />

Erscheinen dieser Art in einem Gotteshaus<br />

unangemessen ist, zeigt sich größer<br />

als das Interesse am Dom selbst.<br />

Nicht nur Entrüstung, auch Aufmerksamkeit<br />

an<strong>der</strong>er Art wird uns zuteil:<br />

„Überleg dir zweimal, ob du sie fotografierst!“,<br />

mahnt eine ältere Dame<br />

ihren Mann, <strong>der</strong> seine Blicke nicht von<br />

den nackten Beinen lassen kann und<br />

seine Kamera in Richtung <strong>der</strong>selben<br />

lenkt. Offensichtlich hat er Gefallen an<br />

dieser Erscheinung gefunden. Niemand<br />

spricht uns an, aber Gesichter, die sich<br />

uns zuwenden, sagen, wir sind unerwünscht.<br />

Der Verdacht liegt nahe, dass die Blicke<br />

abschätziger werden, je mehr nackte<br />

Haut in einer Kirche gezeigt wird. Ob<br />

sich diese Vermutung bestätigt, testen<br />

wir mit einem Gegenexperiment: komplette<br />

Verhüllung. Kein Zentimeter Haut<br />

zu sehen.<br />

Es ist Zeit für die Burka<br />

Der Weg zum Stephansplatz ist holprig.<br />

Unter <strong>der</strong> Burka ist ein Erkennen des<br />

Bodens nicht möglich, das Blickfeld<br />

beschränkt sich auf eine vergitterte Welt<br />

geradeaus. Seitenblicke aus dem Augenwinkel<br />

bleiben verwehrt. Ohne Begleitung<br />

würde jede Orientierung fehlen,<br />

sogar eine vertraute Umgebung<br />

erscheint plötzlich fremd.<br />

Als wir beim Stephansdom ankommen,<br />

werden wir angestarrt. Von Missbilligung<br />

und Kopfschütteln kann diesmal<br />

keine Rede sein. Die Beobachter<br />

geben sich distanziert, überrascht und<br />

angewi<strong>der</strong>t. Langsam nähern wir uns<br />

dem Eingang, ein Fuß muss vorsichtig<br />

vor den an<strong>der</strong>en gesetzt werden, um<br />

unbeholfenes Stolpern zu vermeiden.<br />

Ein Konzertticketverkäufer im Mozartkostüm<br />

überlegt, kurzerhand als Türsteher<br />

zu fungieren: „Sollten wir sie<br />

nicht aufhalten?“ Sein Kollege zuckt mit<br />

den Schultern: „Das geht uns nichts an.“<br />

Der Zutritt erfolgt ungehin<strong>der</strong>t, aber keineswegs<br />

unbemerkt.<br />

Keine Spur von Nächstenliebe. Die<br />

Intoleranz vieler Österreicher ist unüberhörbar:<br />

„Des <strong>der</strong>f ja net woahr sein!“<br />

„Was will denn die hier?“<br />

„Das ist ja das Allerletzte!“<br />

Wir wan<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong> Burka durch die<br />

Kathedrale. Ein 5-jähriger Bub geht an<br />

uns vorbei. Er mustert den bestickten<br />

hellgrauen Stoff eingehend und zupft<br />

seine Mutter, die zu viel roten Lippenstift<br />

aufgetragen hat, am Ärmel: „Schau,<br />

Mami, ein Gespenst!“<br />

Tatsächlich scheint eine Frau in Burka<br />

auf die meisten Anwesenden eine<br />

gespenstische Wirkung zu haben. Sechs<br />

mo<strong>der</strong>n gekleidete Frauen in den Fünfzigern<br />

weichen empört zurück, viele Blicke<br />

übersteigen Verachtung – sie sind<br />

hasserfüllt.<br />

Auch wenn die Ausgrenzung nicht<br />

direkt stattfindet und unter <strong>der</strong> Burka<br />

großteils nicht einmal bemerkt wird, ist<br />

sie nicht abzustreiten. Nicht nur <strong>der</strong><br />

Geruch von Weihrauch liegt in <strong>der</strong> Luft,<br />

auch Rassismus und Inakzeptanz sind<br />

so präsent, dass sie uns durch Mark und<br />

Bein gehen. Ist es die an<strong>der</strong>e Religion -<br />

o<strong>der</strong> sind es die momentan allgegenwärtigen<br />

Diskussionen über muslimische<br />

Län<strong>der</strong> und heiße Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

über Moscheen und<br />

Kopftücher? Oft wird die Burka mit Terroristen<br />

gleichgesetzt. Medien und<br />

populistische Mundpropaganda von<br />

manchen Politikern, speziell in <strong>der</strong> FPÖ,<br />

schüren dieses Bild. Woran es auch liegen<br />

mag, die Ablehnung <strong>der</strong> meisten<br />

Anwesenden ist an Deutlichkeit nicht<br />

zu überbieten. Eine Frau im Bikini stünde<br />

neben <strong>der</strong> Burka im Stephansdom<br />

vergleichsweise wie eine Heilige da.<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Offenheit existiert – auch<br />

Musliminnen in Burka stoßen bei <strong>der</strong><br />

„<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ jedoch<br />

nicht generell auf heftige <strong>Zur</strong>ückweisung,<br />

wie wir nach ein paar Minuten<br />

feststellen. Ohne eine Spur von Sarkasmus<br />

in <strong>der</strong> Stimme sagt eine junge Frau<br />

zu ihrem Begleiter: „Schön, dass sich<br />

auch an<strong>der</strong>e Religionen für uns interessieren.“<br />

Offenheit gegenüber den<br />

christlichen Religionen von Seiten <strong>der</strong><br />

Muslime scheint nicht in allen Köpfen<br />

prinzipiell ausgeschlossen zu sein. Nicht<br />

für alle ist die Burka in einer katholischen<br />

Kathedrale anstößig und störend.<br />

Der Hoffnungsschimmer, den diese einzige<br />

positive Bemerkung kurz in Sichtweite<br />

bringt, verschwindet schnell. „Die hat sich<br />

wohl in <strong>der</strong> Kirche geirrt“, lautet das Gegenstück<br />

zur Toleranz. In den meisten Grimassen<br />

spiegelt sich die Dunkelheit des<br />

Dominneren wie<strong>der</strong>. Manche davon wirken<br />

bedrohlich. Ein älterer Mann dreht<br />

sich zu seiner Frau und lässt seine Ansicht<br />

klar und deutlich vernehmen: „Zu Hitlers<br />

Zeiten hätt's des net geben.“<br />

Nach einer Viertelstunde verlassen wir<br />

den Dom mit einem beklemmenden<br />

Gefühl. Die kurze Zeit war genug, um<br />

einen klaren Eindruck <strong>der</strong> Einstellung<br />

vieler Österreicher zu bekommen.<br />

Gegenüber zu knapper Kleidung zeigen<br />

sie ihren Unmut. Die Burka bringt noch<br />

viel Unangenehmeres zum Vorschein:<br />

Fremdenfeindlichkeit. Auch bei <strong>der</strong><br />

„<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong>“ gibt es davor kein Entkommen.<br />

Die Portale mögen für alle<br />

offen stehen. Gegen Engstirnigkeit<br />

kommt die Kirche nur schwer auf.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Sabine Wodni, Jahrgang<br />

1988, studiert Germanistik<br />

und Anglistik<br />

(Lehramt) an <strong>der</strong> Universität Wien.<br />

Georg Gatnar, Jahrgang<br />

1985, arbeitet in <strong>der</strong><br />

Wortredaktion bei „Radio<br />

Stephansdom“.<br />

Verschleiert und halbnackt<br />

11


Kirchturmlauf in Graz<br />

Der zur Gänze<br />

erblindete Franz<br />

läuft mit seinem<br />

Blindenführer<br />

Gerald zur<br />

Mariahilferkirche,<br />

gefolgt von den<br />

Ordensschwestern.<br />

12<br />

Orden-tlich sportlich<br />

in die <strong>Kirchen</strong>nacht<br />

Unter Applaus und Jubel rannten<br />

Ordensmänner und Ordensfrauen bei<br />

<strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ in<br />

Graz von Kirchturm zu Kirchturm.<br />

Katrin Sattler<br />

„Ob es wohl anstrengend ist, so weit<br />

zu laufen?“, fragt Schwester Maria neugierig,<br />

und sieht dabei ihre Mitschwester<br />

Anna von den Dienerinnen Christi<br />

an. Schwester Anna zuckt mit den Schultern,<br />

lächelt unsicher und blickt zu Bru<strong>der</strong><br />

Florian Parth hinüber. Er gehört zur<br />

Ordensgemeinschaft <strong>der</strong> Lazaristen,<br />

denen <strong>der</strong> Kontakt mit den Menschen<br />

sehr wichtig ist. Plau<strong>der</strong>nd steht er bei<br />

den an<strong>der</strong>en Läufern, die sich vor <strong>der</strong><br />

Grazer Herz-Jesu-Kirche zum Kirchturmlauf<br />

versammelt haben. Bru<strong>der</strong> Florian<br />

zieht Aufmerksamkeit auf sich, seine<br />

Laufschuhe stechen unter dem<br />

schwarzen Talar auffällig bunt hervor.<br />

Unter dem Kommando von Bernd<br />

Kin<strong>der</strong>mann, dem Diözesansportreferenten<br />

und Organisator des Events, wird<br />

losgelaufen. Als erstes geht es auf den<br />

Turm <strong>der</strong> Herz-Jesu-Kirche, den dritt-<br />

höchsten Kirchturm Österreichs. Dort<br />

versucht Florian Parth mit strahlendem<br />

Gesichtsausdruck, die große Glocke zu<br />

bewegen. „Sie sind aber sehr ehrgeizig!“,<br />

ertönt eine Männerstimme aus einer <strong>der</strong><br />

dunklen Ecken des Kirchturms. „Immer<br />

schon gewesen“, antwortet <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong><br />

lachend und versucht die schwere Glocke<br />

noch ein weiteres Mal anzustoßen.<br />

Orden-tliches Schuhwerk<br />

„Es ist so heiß!“, keucht Schwester<br />

Maria, als es im Marathontempo durch<br />

den Grazer Stadtpark in Richtung Dom<br />

weitergeht. Die beiden nebeneinan<strong>der</strong><br />

herlaufenden Schwestern sehen sich an<br />

und lachen. „Und die richtigen Schuhe<br />

haben wir auch nicht an“, stellt<br />

Schwester Anna fest, und vergleicht ihre<br />

schwarzen Ordensschuhe mit den Laufschuhen<br />

<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en.<br />

Tief durchatmen: Es wird anstrengend,<br />

den Turm des Mausoleums beim<br />

Dom bei diesem schwülen Wetter zu<br />

besteigen. Die Ordensschwestern lassen<br />

sich davon nicht beirren und lauschen,<br />

oben angekommen, gespannt<br />

dem Dommesner. Dieser verrät, dass die<br />

Domglocken per Handy geläutet wer-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Bru<strong>der</strong> Florian und Schwester Maria<br />

beim Kirchturmlauf<br />

den können. „Aber die Nummer sage<br />

ich nicht!“, fügt er grinsend hinzu und<br />

erntet allgemeines Gelächter.<br />

Orden-tliche Begeisterung<br />

Im Laufschritt soll nun die Mariahilferkirche<br />

erreicht werden. Bru<strong>der</strong> Florian<br />

ist nicht mehr mit von <strong>der</strong> Partie.<br />

„Ich muss jetzt noch eine Messe feiern!“,<br />

erklärt er und verabschiedet sich. Am<br />

Franziskanerplatz ernten die laufenden<br />

Ordensschwestern mächtigen Applaus<br />

und Jubel von allen Seiten. Motivierende<br />

<strong>Zur</strong>ufe und staunende Blicke lassen<br />

die beiden erröten: „Bin ich rot?“,<br />

fragt Schwester Maria schnaufend und<br />

greift sich ins Gesicht. „Nicht so wie<br />

ich!“, ruft Schwester Anna lachend und<br />

schnappt nach Luft.<br />

Bei <strong>der</strong> Mariahilferkirche angekommen,<br />

wartet bereits Bru<strong>der</strong> Adrian vom<br />

Minoritenorden mit einem strahlenden<br />

Lächeln. Er spricht den beiden laufenden<br />

Ordenschwestern seine Bewun<strong>der</strong>ung<br />

aus: „Respekt, meine Damen!“<br />

Während er begeistert über die Kirche<br />

und das Kloster erzählt, führt er die Läufergruppe<br />

über knarrende Holztreppen<br />

auf den Glockenturm, wo auch gleich<br />

die Zeit drängt: „Wir müssen uns beeilen,<br />

noch vier Minuten, dann beginnt<br />

Fotos: Katrin Sattler


die Glocke zu läuten!“ Obwohl die verschiedenen<br />

Melodien, die hier geläutet<br />

werden, außergewöhnlich sind, flüchten<br />

alle wie<strong>der</strong> nach unten, um klingende<br />

Ohren zu vermeiden. Schwester<br />

Anna seufzt erledigt: „Also, ich kann<br />

nicht mehr, jetzt ist dann Schluss!“.<br />

Schwester Maria stimmt ihr erschöpft<br />

zu. „Wir geben auf!“, ruft sie belustigt.<br />

Mit diesen Worten verabschieden sich<br />

die beiden Dienerinnen Christi, <strong>der</strong> Lauf<br />

wird ohne sie fortgesetzt.<br />

Orden-tliche Kilometeranzahl<br />

Mit dem Entlanglaufen des Murradwegs<br />

folgt <strong>der</strong> längste Abschnitt <strong>der</strong> insgesamt<br />

rund 15 Kilometer langen Strecke.<br />

In gemütlichem Tempo laufen alle<br />

gut gelaunt nebeneinan<strong>der</strong> her, hin und<br />

wie<strong>der</strong> drehen sich verwun<strong>der</strong>te Spaziergänger<br />

nach <strong>der</strong> Läufergruppe um.<br />

Regina (50) folgt <strong>der</strong> Gruppe per Fahrrad:<br />

„Ich will mir ja noch an<strong>der</strong>e <strong>Kirchen</strong>veranstaltungen<br />

ansehen!“ Die<br />

Fahrrad-Nachhut bildet sie gemeinsam<br />

mit ihrem Mann Wilfried (60), <strong>der</strong> von<br />

den zahlreichen Veranstaltungen <strong>der</strong><br />

Diözesansportgemeinschaft (DSG)<br />

schwärmt: „Die DSG organisiert auch<br />

tolle mehrtägige Radausflüge, wir waren<br />

schon sehr oft mit dabei!“ Obwohl die<br />

Strecke neben <strong>der</strong> Mur mit dem vielen<br />

Grün drum herum sehr erfrischend<br />

wirkt, werden die Beine langsam schwer<br />

und das Laufen wird immer beschwerlicher.<br />

Der eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Witz lenkt<br />

von <strong>der</strong> sportlichen Anstrengung etwas<br />

ab. Nach einiger Zeit erscheinen die<br />

Kreuze des Kalvarienbergs. Begeisterte<br />

und erleichterte „Gleich sind wir da!“-<br />

Rufe ertönen von allen Seiten.<br />

Orden-tlich durstig<br />

Endlich in <strong>der</strong> Kalvarienbergkirche<br />

angekommen, lassen sich alle Läufer und<br />

Läuferinnen erschöpft auf die <strong>Kirchen</strong>bänke<br />

fallen. Angenehm kühl ist es dort<br />

in <strong>der</strong> in den Berg gebauten Kirche. Das<br />

Weihwasser und das Wasser für die Tauf-<br />

Ehrgeiziger Bru<strong>der</strong> Florian<br />

stelle, das hier sogar äußerst real aus dem<br />

Berg sprudelt, verlocken. Für solche<br />

Gedanken ist keine Zeit, <strong>der</strong> Kalvarienberg<br />

selbst will noch erklommen werden.<br />

Dem zur Gänze erblindeten Franz<br />

(64), <strong>der</strong> mit seinem Blindenführer<br />

Gerald (50) ebenfalls mitläuft, bereitet<br />

dies immer noch keine wirkliche Anstrengung.<br />

„Wenn man will, kann man vieles<br />

machen!“, sagt er frischfröhlich: „Wir<br />

sind zusammen schon sechs Marathons<br />

gelaufen.“ Die weitreichende Aussicht<br />

von <strong>der</strong> Spitze des Kalvarienbergs wird<br />

durch das mittlerweile abendlich gewordene<br />

Zwielicht noch um einiges veredelt.<br />

Einen Moment genießen alle schweigend<br />

den Anblick. Beim Verlassen des Bergs<br />

ruft <strong>der</strong> soeben vorbeikommende Pfarrer<br />

Molnár begeistert: „Es freut mich sehr,<br />

dass ihr nicht an meiner Kalvarienkirche<br />

vorbei gelaufen seid!“, und wünscht noch<br />

einen guten Lauf.<br />

Orden-tlich ausgepowert<br />

Der letzte Teil <strong>der</strong> Strecke wird schnell<br />

und erbarmungslos bezwungen, das Ziel<br />

des Kirchturmlaufs, die Pfarre Andritz,<br />

ist nach kurzer Zeit erreicht. Dort angekommen<br />

zittern beim Hochlaufen <strong>der</strong><br />

114 Stufen, die auf den letzten Glockenturm<br />

führen, schon richtig die Knie.<br />

Die fröhliche Stimmung unter den Läufern<br />

lässt sich nicht trüben: „Für die schönen<br />

Beine haben wir heute genug<br />

getan!“, ist eine Frauenstimme zu ver-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Lazaristen Die Lazaristen (Ordenskürzel<br />

CM) werden oft auch Vinzentiner<br />

genannt und sind eine katholische<br />

Ordensgemeinschaft. Ihr Leitspruch<br />

lautet: „Den Armen das Evangelium verkünden.“<br />

Aufgaben <strong>der</strong> Lazaristen sind<br />

Seelsorge in Pfarren, Krankenhäusern,<br />

Altenheimen und für Menschen mit<br />

Behin<strong>der</strong>ung. Weitere Schwerpunkte:<br />

Schul- und Weiterbildung.<br />

Florian Parth ist Pfarrer in <strong>der</strong> Marienpfarre<br />

Schmerzhafte Mutter in Graz.<br />

Dienerinnen Christi Die Gemeinschaft<br />

<strong>der</strong> Dienerinnen Christi wurde um<br />

1890 in Sarajevo gegründet. Seit 1974<br />

hat die Schwesterngemeinschaft in<br />

Graz eine Nie<strong>der</strong>lassung. Als zentrale<br />

Aufgabe sehen sie es, Gott und den<br />

Menschen in Liebe zu dienen.<br />

Schwester Maria Darojkovic und<br />

Schwester Anna Jozic (Novizin) sind<br />

in <strong>der</strong> Altenpflege tätig.<br />

Diözesansportgemeinschaft (DSG) Die<br />

DSG ist eine Vorfeldorganisation <strong>der</strong><br />

katholischen Kirche. Ein vielfältiges<br />

Sportangebot wird für alle Altersklassen<br />

geboten, zentrales Element ist die<br />

Gemeinschaft. Dabei sollen Sport und<br />

christliche Werte vereint werden.<br />

http://www.graz-seckau.at/DSG/<br />

nehmen, vom oberen Teil <strong>der</strong> Treppe<br />

folgt lautes Lachen. <strong>Zur</strong>ück auf <strong>der</strong> Wiese<br />

vor <strong>der</strong> Kirche lobt <strong>der</strong> Leiter des Laufs<br />

die sportlichen Teilnehmer: „Brav<br />

ward’s!“. Unter Applaus werden abschließend<br />

extra noch die <strong>Kirchen</strong>glocken<br />

geläutet, ebenfalls auf die mo<strong>der</strong>ne Art<br />

per Funk. Eine orden-tlich sportliche und<br />

vor allem außerorden-tliche Kirchturmbesichtigung<br />

geht zu Ende.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Katrin Sattler, Jahrgang<br />

1989, studiert Soziologie<br />

an <strong>der</strong> Karl-Franzens<br />

Universität Graz.<br />

Kirchturmlauf in Graz<br />

13


Karriere mit <strong>der</strong> KMA<br />

Jetzt anmelden! office@kma.at www.kma.at<br />

Journalismus pur für Je<strong>der</strong> Mann/Frau<br />

Du schreibst gerne und hast Spaß an <strong>der</strong> Kommunikation mit an<strong>der</strong>en Menschen?<br />

Du machst dir so Deine Gedanken und bist immer interessiert an Neuem? Du liest<br />

auch sehr gerne und kannst unter Druck gut arbeiten? Dann solltest Du dir einmal<br />

überlegen, ob Du nicht Journalistin o<strong>der</strong> Journalist werden möchtest.<br />

Hier siehst Du, was Dir die Katholische Medien Akademie (KMA) anbietet:<br />

14<br />

2 Tage Journalismus pur: „Schnuppertage“<br />

Schreiben, schreiben, schreiben<br />

was das Zeug hält. Meldungen,<br />

Nachrichten und Berichte verfassen<br />

lernst Du gleich zu Beginn. Dazu<br />

gibt es Anleitungen zum richtigen<br />

Recherchieren und Interviewen.<br />

Mit einer kleinen Arbeit geht’s in<br />

den zweiten Kurstag. Dort wird<br />

weiter an Deinen Fähigkeiten<br />

intensiv gefeilt.<br />

Unkostenbeitrag: Euro 30,–<br />

Bereit für mehr? Schreibe Deine<br />

erste eigene Reportage und zeige<br />

den Referentinnen und Referenten<br />

im Vorfeld, was Du kannst. Ein<br />

wenig Erfahrung in <strong>der</strong> Mitarbeit<br />

bei Medien, egal ob bei einem<br />

Schülerblatt o<strong>der</strong> Onlineforum,<br />

wäre günstig. Auch ohne diese<br />

Erfahrungen kannst Du jedoch den<br />

Kurs mit genügend Ehrgeiz und<br />

Lernwillen bestehen. Ziel dieser<br />

intensiven Tage ist es, Dir das<br />

Handwerkszeug soweit beizubringen,<br />

dass Du danach als Freier Mitarbeiter<br />

bei einem Medium arbeiten<br />

kannst.<br />

Modul 1:<br />

Einführung in: Journalistische Grundformen,<br />

Klassische Recherche, Interview/Interviewtechnik,<br />

PR in <strong>der</strong> Praxis.<br />

Termine (Wien):<br />

2. Okt., 6. Nov., 27. Nov. 2010 &<br />

26. Feb. 2011<br />

Jeweils an einem Samstag von 9 bis<br />

17 Uhr<br />

Wien 2010:<br />

Sa., 19. Juni & Sa., 25. Sep. 2010<br />

Sa., 27. Nov. 2010 & Sa., 19. Feb.<br />

2011<br />

Graz 2010:<br />

Sa., 16. Okt. & Sa., 13. Nov. 2010<br />

Referenten: Journalistinnen und Journalisten<br />

von Wochenzeitungen, ORF<br />

Mehrere „1x1-Schnuppertage“ wurden<br />

heuer bereits durchgeführt.<br />

8 Tage Journalismus pur: „Grundkurs Print“<br />

Termine (Graz):<br />

In Planung, voraussichtlich im Frühjahr<br />

2011<br />

Unkostenbeitrag: Euro 120,–<br />

Modul 2 (Jahr 2011):<br />

Reportage und Lokaljournalismus,<br />

Online-Journalismus, Internet-Recherche,<br />

Kommentar<br />

Unkostenbeitrag: Euro 144,–<br />

Termine:<br />

Ab 1. Okt. 2010 unter www.kma.at.<br />

Referenten: Journalistinnen und Journalisten<br />

von Wochenzeitungen, ORF<br />

Grundkurse zu buchen:<br />

Auch Institutionen und kirchliche Vereinigungen<br />

können diese Kursform für<br />

eine geschlossene Gruppe buchen:<br />

office@kma.at<br />

Mehrere Grundkurs-Module wurden<br />

heuer bereits in Wien und Salzburg<br />

durchgeführt.<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Gerhard Weis, ORF-Generalintendant i.R.,<br />

Journalistischer Leiter KMA<br />

„Bei gutem Journalismus<br />

geht es um Nächstenliebe,<br />

Wahrhaftigkeit und darum,<br />

für an<strong>der</strong>e einzutreten.<br />

Journalisten sollen<br />

schweigenden Min<strong>der</strong>heiten<br />

eine Stimme geben und dem<br />

Zeitgeist wi<strong>der</strong>stehen.“


Chilifish? Das sind zwei ‚schräge’<br />

Musiker aus dem Burgenland und<br />

ein Kärntner Beatboxer mit einem<br />

einzigartigen Stilmix und exotischen<br />

Instrumenten: Vom Didgeridoo<br />

bis hin zu Nasenflöte, Maultrommel<br />

und irischer Flöte. In <strong>der</strong><br />

„<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“<br />

rockten sie die St. Josefskirche in<br />

Wien-Mariahilf und zeigten dabei<br />

Körpereinsatz.<br />

Foto: Sandra Knopp<br />

Chilifish macht Halb-Striptease<br />

Von Sandra Knopp<br />

Bereits vor dem Auftritt von „Chilifish“<br />

ist die Kirche mit dem klingenden<br />

Namen „St. Josef ob <strong>der</strong> Laimgrube“ bis<br />

auf den letzten Platz gefüllt. Ein Raunen<br />

geht durch die Kirche, als es plötzlich<br />

stockfinster wird. Nur ein kleiner Scheinwerfer<br />

beleuchtet die Bühne, ein<br />

schwarz gekleideter Mann tritt auf und<br />

trommelt rhythmisch. Ihm folgen ein<br />

groß gewachsener Musiker mit einem<br />

weiß schimmernden Didgeridoo und<br />

ein junger Mann mit Lockenpracht und<br />

Mikrofon. Zum Trommelgeräusch von<br />

Friedrich Schnalzer gesellt sich <strong>der</strong> Klang<br />

des Didgeridoos. Seine Melodie hat nichts<br />

mit <strong>der</strong> Musik <strong>der</strong> Aborigines, <strong>der</strong> australischen<br />

Ureinwohner, zu tun, obwohl<br />

das Instrument von dort stammt. Manuel<br />

Komosny hält das Didgeridoo in <strong>der</strong><br />

Hand. „Chilifish“ tritt auch mit einem<br />

lebendigen Instrument auf: Christian ist<br />

eine menschliche Beatbox.<br />

Kunigunde und strippen<br />

Das Licht bleibt schwach. Manuel<br />

Komosny und Friedrich Schnalzer tragen<br />

schwarze Le<strong>der</strong>hosen und Hut. Christian<br />

Recklies tanzt aus <strong>der</strong> Reihe, seine<br />

Hose ist grau und er verzichtet auf eine<br />

Kopfbedeckung. Der wandlungsfähigste<br />

„Chilifish“ ist Friedrich Schnalzer. Für<br />

jedes Lied wechselt er das Instrument<br />

und spielt E-Bass, exotische Flöten und<br />

eine Trommel, darunter auch eine Maultrommel.<br />

Leadsinger ist er auch. Bei keinem<br />

<strong>der</strong> Stücke fehlt das Didgeridoo, das<br />

jedem Lied einen unverwechselbaren<br />

Rhtymus verleiht.<br />

Australia<br />

meets Austria:<br />

Manuel<br />

Komosny<br />

mit dem<br />

Didgeridoo,<br />

rechts<br />

Friedrich<br />

Schnalzer<br />

von „Chilifish“.<br />

So schräg wie das Instrumentarium<br />

sind auch die Songs. Der Instrumentalsong<br />

„Kunigunde“ klingt irisch und mittelalterlich.<br />

„Mei Thema“ wird im österreichischem<br />

Dialekt gesungen und es<br />

werden Weisheiten verkündet wie: „Ein<br />

Leben voller Stress und Hetzerei, darauf<br />

pfeif, ich, weil das ist schnell vorbei.“<br />

Auf englische Nummern folgen deut-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

sche, auf schnelle Nummern Instrumentalsongs.<br />

Die Hitze setzt <strong>der</strong> Band<br />

zu, und Schnalzer verkündet eine Sensation:<br />

„Jetzt gibt’s einen Halb-Striptease“.<br />

Ein Schelm, wer Böses denkt:<br />

„Weil wir in <strong>der</strong> Kirche san“, verzichten<br />

die „Chilifish“ nur auf ihr Jackett. Die<br />

Zuseher klatschen mit, ältere Senioren<br />

wie jüngere <strong>Kirchen</strong>besucher schunkeln<br />

im Rhythmus des Didgeridoos. Nach<br />

einer dreiviertel Stunde verabschieden<br />

sich die drei Musiker – vorerst. Unter<br />

lautem Applaus spielen sie eine Zugabe,<br />

darunter eine gemeinsame Beatbox-<br />

Nummer.<br />

Scharfe Typen und scharfe<br />

Speisen<br />

Nach dem Auftritt sind die Musiker<br />

erschöpft, aber begeistert von <strong>der</strong> Atmosphäre<br />

in <strong>der</strong> St. Josefskirche. „Die Stimmung<br />

war genial“, schwärmt Sänger<br />

Schnalzer. „Didscherittore“ Komosny<br />

stimmt zu: „Ich konnte es mir nicht vorstellen,<br />

in einer Kirche zu spielen, aber<br />

es war voll leiwand!“ Im persönlichen<br />

Gespräch verraten die drei noch das<br />

Geheimnis ihres Bandnamens: „Bedeutung<br />

hat er keine. Wir wollten einen<br />

Namen, den man sich gleich merkt“,<br />

erzählt Schnalzer. Sein Kollege ergänzt:<br />

„Chilifish passt zu uns, wir sind scharfe<br />

Typen und essen gerne scharf.“ Für<br />

2010 hat sich die Band viel vorgenommen.<br />

In zwei Monaten erscheint ihr<br />

zweites Album. Noch heuer wollen sie<br />

bei Stefan Raab auftreten.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Sandra Knopp, geb.<br />

1985, studiert Geschichte<br />

an <strong>der</strong> Universität<br />

Wien und ist Redakteurin bei „Freak-<br />

Radio (Ö1-Campus)“.<br />

Jazz und Chili<br />

15


Marge, Homer und Daniel<br />

Foto: Po<strong>der</strong>tschnig<br />

„Warum in die Kirche gehen –<br />

ist Gott nicht überall?“ fragt Homer,<br />

Familienoberhaupt <strong>der</strong> Simpsons,<br />

provokant seine Frau Marge. Obwohl sie<br />

ihm keine eindeutige Antwort darauf geben<br />

kann, erwarten in <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Kirchen</strong>“ viele Gotteshäuser neugierige<br />

Besucher – so auch die evangelische<br />

Erlöserkirche in Wien-Favoriten.<br />

16<br />

Daniel Po<strong>der</strong>tschnig<br />

Der Altartisch ist an die Rückwand<br />

geschoben, an seiner Stelle steht eine<br />

Leinwand, davor ein Beamer. Nur die<br />

Kanzel lässt noch erahnen, dass es sich<br />

hier um eine Kirche handelt. Die evangelische<br />

Gemeinde des Helvetischen<br />

Bekenntnisses feiert hier, im Erdgeschoss<br />

eines Wohnhauses, ihren Gottesdienst.<br />

„Unser Gottesdienstraum ist für alles<br />

verwendbar, er ist nicht sakral“, erklärt<br />

<strong>der</strong> Pfarrer, Johannes Wittich. Heute<br />

Abend wird <strong>der</strong> Raum dazu verwendet,<br />

sich mit einer <strong>der</strong> weltweit erfolgreichsten<br />

Trickfilmserien näher auseinan<strong>der</strong>zusetzen.<br />

Springfield-Reformation<br />

Nicht zum ersten Mal spielt die gelbe<br />

Familie aus Springfield die Hauptrolle<br />

im Gotteshaus. Es gab schon einmal<br />

einen Gottesdienst, bei dem einzelne<br />

Ausschnitte gezeigt wurden und Jugendliche<br />

anschließend dazu gepredigt<br />

haben. Dass den Simpsons in <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ ein eigener Programmpunkt<br />

gewidmet wird, ist eher<br />

zufällig entstanden, gesteht <strong>der</strong> Pfarrer<br />

in seiner Begrüßung: „Es gibt immerhin<br />

sechs Doktorarbeiten zu den religiösen<br />

Motiven in den Simpsons, ein Buch trägt<br />

den Titel `Das Evangelium nach den<br />

Simpsons´. Ein Autor sieht in <strong>der</strong> Serie<br />

sogar Potenzial für das Auslösen einer<br />

neuen Reformation – <strong>der</strong> Springfield-<br />

Reformation sozusagen.“<br />

„Mainstream-Protestantismus“<br />

In den über 460 Folgen, die in den<br />

letzten 20 Jahren ausgestrahlt wurden,<br />

wird <strong>der</strong> amerikanischen Gesellschaft<br />

und somit auch ihrer Religion, dem<br />

amerikanischen Protestantismus, <strong>der</strong><br />

Spiegel vorgehalten. Und mit diesem<br />

„Mainstream-Protestantismus“ wird oft<br />

streng ins Gericht gegangen. Er wird als<br />

gehaltlose Konfession ohne Substanz<br />

dargestellt, dem eine Reformation nicht<br />

schaden würde.<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Bart Simpson mit Flügeln<br />

in einer nachempfundenen<br />

Grafik.<br />

Albtraum eines Pfarrers<br />

Für die „<strong>Lange</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Kirchen</strong>“ wählte die Gemeinde<br />

eine Episode mit einem – wie<br />

Wittich sagt – „Albtraum eines<br />

jeden Pfarrers“: Die <strong>Kirchen</strong>besucher<br />

schlafen während <strong>der</strong><br />

Predigt ein. Doch aus <strong>der</strong>en<br />

Träumen entwickelt sich ein<br />

produktiver Schnelldurchlauf durch die<br />

Bibel. Von <strong>der</strong> Vertreibung aus dem Garten<br />

Eden bis zur Apokalypse –die Umsetzung<br />

hält sich überraschend nahe an<br />

die Textvorlage. „Ich verwende diese<br />

Folge gern im Religionsunterricht, um<br />

die Kin<strong>der</strong> die Fehler suchen zu lassen“,<br />

ergänzt Wittich.<br />

Evangelische Seitenhiebe<br />

In <strong>der</strong> zweiten Folge an diesem Abend<br />

wird vergleichende Religionskunde in<br />

<strong>der</strong> Kurzversion geboten: Der Supermarktleiter<br />

Apu Nahasapeemapetilon<br />

vertritt exemplarisch den Hinduismus,<br />

und Krusty, <strong>der</strong> Clown, ist <strong>der</strong> Sohn<br />

eines Rabbi. Im Zentrum <strong>der</strong> ganzen<br />

Folge steht das spirituelle Leben <strong>der</strong><br />

Simpsons, aus dem Homer ausbrechen<br />

will. Welcher Konfession die Simpsons<br />

genau angehören, ist nicht so leicht zu<br />

erkennen. „Der Geistliche in Springfield,<br />

Reverend Lovejoy, teilt so manchen<br />

Seitenhieb gegen die Katholiken<br />

aus“ , sagt Pfarrer Wittich und schließt<br />

daraus schmunzelnd: „Deswegen kann<br />

man wohl annehmen, dass er Protestant<br />

ist.“<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Daniel Po<strong>der</strong>tschnig,<br />

Jahrgang 1986, studiert<br />

Katholische Theologie<br />

und Slawistik an <strong>der</strong> Universität Wien.


Mitten im 16. Wiener Gemeindebezirk<br />

versteckt sich ein wahres<br />

Shopping-Paradies: Zwischen<br />

ratternden Nähmaschinen<br />

wan<strong>der</strong>n trendige Taschen über<br />

den Verkaufstisch. Alles Unikate.<br />

Ihr Material? Simple Werbeplanen.<br />

Fotos: Sandra Knopp<br />

Warum coole Leute<br />

Werbeplanen tragen<br />

Sandra Knopp und<br />

Konstanze Tichy<br />

Ottakringerstraße 149 zur Mittagszeit.<br />

Graue Häuser und plötzlich eine<br />

Auslage voller bunter Taschen. Le<strong>der</strong>taschen?<br />

Nein, das Muster erinnert an<br />

die „<strong>Lange</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“. Ein<br />

Zufall? „Keineswegs“, erklärt uns eine<br />

<strong>der</strong> Mitarbeiterinnen vom Caritas-Projekt<br />

„hke – Handwerk Kunst und Entwicklung“:<br />

„Die Taschen sind aus Werbeplanen,<br />

die uns gespendet werden“.<br />

Eine ist im Audi-Design, eine an<strong>der</strong>e in<br />

dem <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong>“. Dort hatte<br />

hke einen eigenen Stand im ersten<br />

Bezirk („Am Hof“).<br />

Sechzehn Frauen und Männer zwischen<br />

18 und 36 stellen diese trendigen<br />

Unikate in Handarbeit her. Die Frauen<br />

sind langzeitarbeitslos und beziehen<br />

Sozialhilfe. Der Lohn wird ihnen nicht<br />

von <strong>der</strong> Sozialhilfe abgezogen – eine<br />

Erleichterung. Doch nicht nur<br />

Taschen-Addicts kommen hier auf<br />

ihre Kosten – zum Sortiment gehören<br />

MP3-Hüllen, Fe<strong>der</strong>pennale,<br />

Notebooktaschen und Buchumschläge.<br />

Die Produkte sind<br />

perfekt für jeden Studenten und<br />

jede Studentin, sie sind strapazfähig<br />

und das Material ist<br />

wetterfest. Auch preislich bleibt<br />

es studentisch: Ein kleine<br />

Tasche gibt’s ab 29,90 Euro. Bis<br />

zum nächsten Jahr wird das<br />

Projekt jedenfalls weitergeführt,<br />

wie die weitere Zukunft<br />

aussieht, hängt von <strong>der</strong> Finanzierung<br />

ab. Es heißt also<br />

zuschlagen und durch Gutes<br />

tun richtig gut aussehen.<br />

Wer die Wahl hat, hat die<br />

Qual. Welche Tasche soll<br />

Konstanze nehmen? Die<br />

coole kleine Tasche, die<br />

mittlere o<strong>der</strong> doch die<br />

große? Alles im „<strong>Lange</strong><br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“-<br />

Design… So schwer!<br />

Leseratten, aufgepasst.<br />

Mit den modischen<br />

Buchumschlägen von<br />

hke kann euch jetzt<br />

keiner mehr in die Seiten<br />

blicken. Ungestörtes<br />

Lesevergnügen in <strong>der</strong><br />

U-Bahn garantiert.<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

hke-Shop<br />

Mode und mehr<br />

Ottakringerstraße 149<br />

1160 Wien<br />

Tel: 01/585 60 54<br />

http://www.caritas-wien.at/<br />

hilfe-einrichtungen/menschenin-not/arbeitslos/hikie-handwerk-i-kunst-i-entwicklung/<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mo, Di, Do: 9.00-15.30 Uhr<br />

Mi: 12:30-15:30 Uhr<br />

Fr: 9.00-12.00 Uhr<br />

Jeden 1. Donnerstag im Monat:<br />

9:00-19:00 Uhr<br />

17


Hund & Katz<br />

„Bei uns kann man Nilpferde und<br />

Plüschtiere segnen lassen“, sagt Heinz<br />

Hödl und lächelt. Er ist stellvertreten<strong>der</strong><br />

PGR-Vorsitzen<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Pfarre „Cyrill<br />

und Method“. Mitten in Floridsdorf, wo<br />

sich ein Siedlungshaus an das an<strong>der</strong>e<br />

reiht, dürfen Hund und Katz erstmals<br />

in die Kirche schnuppern.<br />

18<br />

Wenn Plüschtiere in den<br />

Himmel kommen Ursula<br />

Gerlinde Wallner<br />

Noch ist kein Nilpferd zu sehen. Dafür<br />

warten sieben Hunde, zwei Katzen und<br />

ein kleiner Hamster samt Frauchen und<br />

Herrchen darauf, vom tierliebenden Diakon<br />

Freddy gesegnet zu werden. „Köstlichen<br />

Gesprächsstoff“ hat die Tiersegnung<br />

bereits während <strong>der</strong> Vorbereitung geliefert,<br />

erzählt Pfarrer Georg Flamm: „Was,<br />

wenn die Riesenschlange mit viel Appetit<br />

auf das Meerschweinchen schielt?“<br />

Ein Himmelreich für Tiere?<br />

Hamster im Ikeasack<br />

Meerschweinchen gibt<br />

es keines, dafür einen kleinen<br />

Hamster. Er ist vor<br />

hungrigen Hunde- und<br />

Katzenaugen gut geschützt:<br />

„Jacky“ sitzt seelenruhig in<br />

seinem Laufrad, dreht ab<br />

und zu Runden, während<br />

ihn sein Herrchen, <strong>der</strong> 9jährige<br />

Alexan<strong>der</strong>, in eine<br />

große, blaue Ikea-Tragtasche<br />

gepackt hat und so<br />

den neugierigen Kin<strong>der</strong>n<br />

präsentiert. „Im Tierheim<br />

ist es ihm schlecht gegangen“,<br />

erzählt Alexan<strong>der</strong>,<br />

und gibt dem Hamster eine<br />

Erdnuss durchs Käfiggitter.<br />

„Jetzt, wo ich mich um ihn<br />

kümmere, geht es ihm besser.<br />

Das spürt Jacky.“<br />

Die Verantwortung, die<br />

Kin<strong>der</strong> im Umgang mit<br />

Christen glauben, dass Tiere keine unsterbliche Seele haben und daher<br />

nicht in den Himmel kommen.<br />

Im Islam kommen bei Paradiesschil<strong>der</strong>ungen keine Tiere vor.<br />

Das Judentum kennt zwar eine Auferstehungshoffnung und spricht<br />

sogar Tieren eine Seele zu, über „Tiere im Himmel“ herrscht jedoch<br />

Uneinigkeit.<br />

Im Hinduismus und im Buddhismus besitzen alle Lebewesen eine Seele<br />

– zwischen <strong>der</strong> Seele <strong>der</strong> Menschen, <strong>der</strong> Tiere, ja, selbst <strong>der</strong> Pflanzen,<br />

wird kein Unterschied gemacht. Jedoch gibt es in <strong>der</strong> Vorstellung dieser<br />

Religionen keinen Himmel, wie etwa im christlichen Verständnis,<br />

son<strong>der</strong>n einen Glauben an „Reinkarnation“, also Wie<strong>der</strong>geburt. Die<br />

Seele existiert in einem ewigen Kreislauf: Wer ein gutes Leben führt,<br />

hat ein gutes Karma und das bewirkt, dass die Seele in ein besseres Leben<br />

wie<strong>der</strong>geboren wird – und das kann durchaus ein Hundeleben sein.<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

mit<br />

ihrer glücklichen<br />

Katze Felix<br />

Geliebte Mimi, geborgen im Korb.<br />

Fotos: Gerlinde Wallner


Tieren lernen, war ein Grund für die<br />

Pfarre „Cyrill und Method“, in <strong>der</strong><br />

„<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ zu einer<br />

Tiersegnung einzuladen. Nebeneffekt:<br />

Menschen zu erreichen, die wenig mit<br />

Kirche zu tun haben. „Dem Tier Segen<br />

wünschen, Gutes wünschen, ist etwas,<br />

das vielen Menschen wichtig ist“,<br />

erklärt Pfarrer Georg Flamm die Grundidee.<br />

Hundebellen statt<br />

Glockenläuten<br />

Elisabeth T. ist mit ihrem Rauhhaardackel<br />

gekommen und lässt sich im<br />

Anschluss im Inneren <strong>der</strong> Kirche auch<br />

gleich selber segnen. Der Hund darf mit.<br />

Ein Segen für Tier und Mensch. Ob die<br />

Tiere nun dem Himmel ein Stück näher<br />

sind?<br />

Pfarrer Flamm zitiert dazu einen<br />

befreundeten Pfarrer, dessen Aussage<br />

ihm „sehr gefällt“: „Im Himmel werden<br />

wir alles wie<strong>der</strong>finden, was wir auf Erden<br />

geliebt haben.“ Gute Chancen also auch<br />

für die Plüschtiere, einmal in den Himmel<br />

zu kommen.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Mag. Gerlinde Wallner,<br />

Jahrgang 1982, studierte<br />

Soziologie sowie Theater-,<br />

Film- und Medienwissenschaft an<br />

<strong>der</strong> Universität Wien und arbeitet im<br />

Kabarett Simpl sowie für die Zeitschrift<br />

„<strong>der</strong> bagger.“<br />

Über Frauen, die gezügelt werden<br />

Was geschieht, wenn Frauen allzu<br />

selbstbewusst und lebenshungrig<br />

sind, zeigt <strong>der</strong> österreichische Stummfilm<br />

„Sodom und Gomorrha“ aus<br />

dem Jahre 1922. Ein Stummfilmabend<br />

mit beson<strong>der</strong>em Ambiente –<br />

<strong>Kirchen</strong>bank statt Kinosessel, dazu<br />

Live-Musikbegleitung auf <strong>der</strong> größten<br />

spielbaren <strong>Kirchen</strong>orgel Wiens:<br />

Die Kirche Breitenfeld im Wiener 8.<br />

Bezirk wird einen Abend lang zum<br />

Kinosaal.<br />

Gerlinde Wallner<br />

„Dafür muss ich mein Glück und alle<br />

Hoffnung meiner Jugend aufgeben?“ –<br />

Die schöne junge Mary soll, um den verschwen<strong>der</strong>ischen<br />

Lebensstil <strong>der</strong> Mutter<br />

aufrecht erhalten zu können, einen reichen<br />

Börsenspekulanten, Mr. Harber,<br />

ehelichen. Kein Wun<strong>der</strong>, dass Mary sich<br />

dagegen sträubt, denn Herr Harber<br />

könnte, rein alterstechnisch gesehen,<br />

leicht Marys Großvater sein und eigentlich<br />

hat sie ja schon einen Freund: Harry,<br />

den Bildhauer.<br />

Doch Mary lässt sich überreden und<br />

es kommt zu einem pompösen Verlobungsfest<br />

auf Harbers Anwesen. Auch<br />

<strong>der</strong> Ex, Harry, ist dort und stellt Mary<br />

ein allerletztes Mal zur Rede: „Mit verbunden<br />

Augen stürzt du in dein Ver<strong>der</strong>ben!“,<br />

warnt er. „Es ist klüger, man<br />

lebt, ohne zu denken“, kontert Mary<br />

und lächelt arrogant. Als Harry mit<br />

Selbstmord droht, zündet sie sich seelenruhig<br />

eine Zigarette an: „Ah, eine<br />

Komödie! Ihr Männer seid doch alle<br />

gleich! Das Spiel kann beginnen.“ Kaum<br />

ausgesprochen, schiesst sich Harry vor<br />

ihren Augen in die Brust – und das Spiel<br />

beginnt:<br />

Mary geht nun vollends in ihrer Rolle<br />

als Femme fatale auf, verführt den<br />

jungen Sohn ihres Bald-Ehemanns, Eduard,<br />

und dessen Aufpasser gleich dazu<br />

– einen Pfarrer. Erst durch einen Alb-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

traum, in dem sie im Gefängnis landet,<br />

zum Tode verurteilt, und <strong>der</strong> Priester ihr<br />

in einer Parabel von Sodom erzählt,<br />

kann sie Läuterung finden. Reumütig<br />

kehrt sie schlussendlich (nachdem sie<br />

für alles und für jeden als Sündenbock<br />

herhalten muss) zum armen Bildhauer,<br />

mittlerweile ein Pflegefall im Rollstuhl,<br />

zurück, und wird so von <strong>der</strong> Femme<br />

fatale zu einer liebenden, gottesfürchtigen<br />

Frau.<br />

Die Parabel um Sodom im Film geht<br />

auf biblische Texte zurück (im Buch<br />

Genesis): in den zwei Städten Sodom<br />

und Gomorrha stehen Dekadenz und<br />

Sünde an <strong>der</strong> Tagesordnung.<br />

Gerade die Szenen rund um die<br />

Geschichte Sodom und Gomorrha<br />

werden im Film mit einem immensen<br />

Aufwand dargestellt – bis heute gilt<br />

<strong>der</strong> Monumentalstummfilm als die<br />

größte und teuerste Filmproduktion<br />

<strong>der</strong> österreichischen Filmgeschichte.<br />

Gigantische Filmkulissen wurden am<br />

Wiener Laaer Berg aufgestellt und für<br />

die Zerstörungsszene abschließend in<br />

die Luft gesprengt – wobei <strong>der</strong> Regisseur<br />

Michael Kertész (besser bekannt<br />

unter Michael Curtiz, z.B. Casablanca)<br />

auch vor Verletzten nicht zurückschreckte.<br />

„Bis zur Lächerlichkeit überspannter<br />

Ausstattungswahnsinn“ –<br />

beschrieb etwa Béla Balázs, ein<br />

bekannter Filmkritiker, <strong>der</strong> auch selbst<br />

als Statist mitwirkte, damals, vor fast<br />

neunzig Jahren, das gigantische Filmprojekt.<br />

Aus heutiger Sicht ist eine Filmrezeption<br />

aus <strong>der</strong> Gen<strong>der</strong>perspektive lohnend:<br />

In dem Maße, in dem die Frau<br />

gezähmt wird, lässt sich die männliche<br />

Identität wie<strong>der</strong>herstellen. Siegfried Steinert<br />

von <strong>der</strong> Jugendmedienkommission<br />

bringt in einem Vortrag zum Filmabend<br />

das Frauenbild in „Sodom und<br />

Gomorrha“ auf den Punkt: „Diese Frau<br />

muss gezügelt werden – und daran<br />

macht sich dieser Film.“<br />

Stummfilm reloaded<br />

19


Wanted!<br />

„Und du glaubst, du rettest die Welt?“<br />

„Raus aus Österreich, raus in die Welt!“<br />

So lautet die Devise vieler Jugendlicher, die<br />

Erfahrungen im Ausland sammeln und ein<br />

Volontariat machen wollen. Die Pfarre Maria<br />

Lourdes in Meidling stellte ihre „<strong>Lange</strong><br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ unter dieses Motto. Sie<br />

nahm ihre Besucher mit auf Entdeckungsreise<br />

nach Indien, Mexiko und Ghana.<br />

20<br />

Daniel Po<strong>der</strong>tschnig und<br />

Bernadette Bayrhammer<br />

„Um die Welt zu retten o<strong>der</strong> zum großen<br />

Helden zu werden, bin ich nicht<br />

nach Mexiko gegangen. Meinen kleinen<br />

Beitrag, <strong>der</strong> etwas verän<strong>der</strong>t hat,<br />

habe ich geleistet!“ Maximilian Wielän<strong>der</strong><br />

versucht, seinen Auslandseinsatz<br />

sachlich zu sehen. Verbergen kann<br />

er seine Begeisterung jedoch nicht. Vor<br />

acht Monaten ist er zurückgekommen,<br />

und jetzt studiert er Mathematik und<br />

Philosophie. Heute Abend koordiniert<br />

Maximilian die Eventnacht über Volontariate,<br />

über <strong>der</strong> bereits <strong>der</strong> Duft internationaler<br />

Speisen schwebt. Dass er mit<br />

seiner Arbeit nichts am System, das die<br />

Armut in Län<strong>der</strong>n wie Mexiko verursacht,<br />

än<strong>der</strong>n und „nur“ etwas gegen<br />

die Symptome machen konnte, lässt<br />

ihn nicht resignieren: „Mein Einsatz<br />

dort war sicher nicht sinnlos. Unsere<br />

Arbeit bringt schon was.“<br />

„Bist du ein Trottel?“<br />

„Als ich in Mexiko angekommen<br />

bin, habe ich mich etwas abseits<br />

gefühlt. Mein Spanisch war noch zu<br />

schlecht“, erinnert sich <strong>der</strong> 21-Jährige,<br />

dessen Handy dauernd klingelt.<br />

Foto: Max Wielän<strong>der</strong><br />

Von allen Seiten kommen Jugendliche<br />

und brauchen seine Hilfe. Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendarbeit habe ihn immer interessiert,<br />

aber die Idee, anstelle von Bundesheer<br />

und Zivildienst in Österreich<br />

ins Ausland auf Zivilersatzdienst zu<br />

gehen, kam eher zufällig: „Ein ehemaliger<br />

Volontär von Jugend eine<br />

Welt , einer Organisation <strong>der</strong> Salesianer<br />

Don Boscos, hielt einen Vortrag<br />

über Mexiko. Das war einfach super<br />

motivierend und ich hab´ mich spontan<br />

angemeldet.“ Die Reaktionen auf<br />

seine Entscheidung fielen in seiner<br />

Familie und bei seinen Freunden sehr<br />

unterschiedlich aus: „Da gab´s die ganze<br />

Bandbreite: Von `Mah cool´ bis `Bist<br />

du ein Trottel? Du glaubst, du rettest<br />

die Welt?´ war alles dabei.“<br />

Geschossen wird nur mit dem<br />

Fußball<br />

Vormittags arbeitete Max in <strong>der</strong><br />

Schule, nachmittags am Fußballplatz.<br />

Auch hier, im grünen Hinterhof <strong>der</strong><br />

Kirche, ist immer wie<strong>der</strong> das Jubeln<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Foto: Bernadette Bayrhammer<br />

Max in Mexiko: Lachen und kicken, statt<br />

raufen und dealen.<br />

von Kin<strong>der</strong> zu hören, die gegeneinan<strong>der</strong><br />

beim Torschusswettbewerb<br />

antreten. „In meiner mexikanischen<br />

Schule stammten viele Kin<strong>der</strong> aus<br />

schwierigen Verhältnissen. Die Eltern<br />

und Geschwister waren drogensüchtig<br />

o<strong>der</strong> kriminell“, erzählt Max: „Da<br />

war ich dann ihr Vorbild – eine riesige<br />

Verantwortung.“ Es gab immer wie<strong>der</strong><br />

Momente, die ihm gezeigt haben,<br />

dass das frühe Aufstehen und die ganzen<br />

Anstrengungen Sinn machen,<br />

„Mein Einsatz in Mexiko war sicher nicht sinnlos!“


etwa wenn Kin<strong>der</strong> kicken statt raufen:<br />

„Seit 20 Jahren läuft unser Projekt<br />

in Tijuana. Früher gab´s dort viele<br />

Bandenkämpfe, jetzt werden die<br />

Konflikte am Fußballplatz ausgetragen.“<br />

Opfer eines Drogenkrieges<br />

„Gleich in meiner ersten Woche in<br />

Mexiko fand ein Begräbnis eines<br />

Jugendlichen statt. Ich kann mich<br />

noch gut daran erinnern. Ein Opfer des<br />

Drogenkrieges“, berichtet <strong>der</strong> junge<br />

Wiener. „Die Leiche lag aufgebahrt im<br />

offenen Sarg.“ Nachdenklich blickt<br />

Max auf und fährt fort: „Mir wurde<br />

bewusst, dass eines <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, mit<br />

denen ich täglich zu tun habe, als<br />

nächstes im Sarg liegen könnte. Das<br />

wollte ich verhin<strong>der</strong>n.“ Wie sehr sich<br />

sein Weltbild durch das eine Jahr in<br />

einem armen Land geän<strong>der</strong>t hat,<br />

beschreibt er anhand einer Begebenheit:<br />

„Als ich, zurück in Wien, mit <strong>der</strong><br />

U-Bahn gefahren bin, und die ganzen<br />

zwi<strong>der</strong>en G´sichter von Leuten, denen<br />

es gut geht, gesehen hab´, und an die<br />

fröhlichen Kin<strong>der</strong>gesichter dort<br />

gedacht hab´, hab´ ich mich gefragt:<br />

Hat da wer was nicht mitgekriegt?“<br />

Gekreuzigt<br />

In Österreich müssen zukünftige<br />

Volontäre mehrere Vorbereitungstreffen<br />

absolvieren, um für die Tätigkeiten,<br />

die auf sie zukommen, gewappnet<br />

zu sein. Worauf Max niemand vorbereitet<br />

hat, erzählt er mit etwas Stolz,<br />

bevor er aufspringt und den nächsten<br />

Vortrag ankündigt: „Am Karfreitag wird<br />

dort ein großer, stundenlanger Kreuzweg<br />

veranstaltet. Der, <strong>der</strong> Jesus verkörpert,<br />

wird mit Kübeln voller Kunstblut<br />

überschüttet. Ich bin auch ans<br />

Kreuz genagelt worden, als Verbrecher.<br />

Aber als <strong>der</strong> gute Verbrecher, <strong>der</strong> ins<br />

Himmelreich kommt.“<br />

Georg, <strong>der</strong> seinen Erfolg sah<br />

„Mein schönstes Erlebnis war, als<br />

ich zwei Jahre nach meinem Zivilersatzdienst<br />

wie<strong>der</strong> nach Ghana gekommen<br />

bin und gesehen habe, dass wirklich<br />

<strong>der</strong> Großteil meiner ehemaligen<br />

Schüler einen Job hat und sie sich mit<br />

ihrer Ausbildung ein Leben aufbauen<br />

konnten.“<br />

Georg Urschitz, 23, aus Tirol, hat 2006 in Ghana<br />

eine Informatik-Ausbildung mit aufgebaut. Er<br />

studiert Maschinenbau in Wien.<br />

Magdalena Jetschgo, 24, aus Oberösterreich,<br />

war 2005 ein Jahr in Tijuana, Mexiko. Sie studiert<br />

Internationale Entwicklung in Wien.<br />

Theresa, die Affen essen sollte<br />

„Nach zwei Monaten hat mir ein<br />

kleiner Bub gesagt: ‘Ich mag dich!‘<br />

Davor sind die Kin<strong>der</strong> oft wegen meiner<br />

hellen Hautfarbe davongelaufen.<br />

Am skurrilsten war, als ich einmal<br />

einen Affen am Dach entdeckt habe.<br />

Ich habe laut geschrien: ,Den müssen<br />

wir verjagen!‘ Ein Salesianer hat gesagt:<br />

,Nicht verjagen, den fangen wir, <strong>der</strong><br />

wird gegessen.‘ Und das wurde er<br />

auch.“<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Magdalena, die nach dem Sinn fragt<br />

„Die Frage, ob mein Einsatz ein Sinn hat,<br />

hat an mir sehr genagt. Und zu realisieren,<br />

dass das nicht eine One-Woman-Show ist.<br />

Aber dann gibt es eine Summe an vielen<br />

kleinen Erfolgserlebnissen, die mich darin<br />

bestärkten, dass es doch gut ist, dass ich da<br />

bin. Was ein Volontariat in einem kirchlichen<br />

Projekt betrifft, war ich im Vorhinein<br />

mega-skeptisch. Aber die Padres dort sind<br />

echt abgedreht und cool drauf. Da lernt<br />

man eine an<strong>der</strong>e Dimension <strong>der</strong> Kirche kennen.“<br />

Theresa Teufelauer, 22, aus Oberösterreich, hat 2008<br />

in einem Internat in Indien volontiert. Sie studiert<br />

Soziale Arbeit an <strong>der</strong> FH Wien.<br />

Junge Menschen zwischen 19 und 35 können mit „Jugend Eine Welt“ ein Jahresvolontariat<br />

o<strong>der</strong> einen Zivilersatzdienst in folgenden Län<strong>der</strong>n absolvieren: Ecuador, Mexiko,<br />

Peru, Äthiopien, Sambia, Malawi, Indien, Ghana und den Philippinen. Volontäre<br />

arbeiten dort in Projekten <strong>der</strong> Salesianer Don Boscos o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Don Bosco-Schwestern.<br />

Informationen unter www.jugendeinewelt.at<br />

21<br />

Fotos: Bernadette Bayrhammer<br />

Wanted!


Bratfisch im Gemeindebau<br />

22<br />

„Bratfisch“ und an<strong>der</strong>e<br />

Spezialitäten im Wiener<br />

Gemeindebau<br />

Wiener Musik auf Serbisch gesungen,<br />

Strauß-Melodien im Reggae-Stil.<br />

Dazwischen Schmähs auf höchstem<br />

Niveau. Die Band „Bratfisch“ ist ein<br />

Geheimtipp. Die Kaisermühlner wissen<br />

das seit <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“.<br />

Schauplatz Goethehof in Kaisermühlen.<br />

Es ist neun Uhr abends. Aus<br />

dem ehemaligen Tröpferlbad raunzt<br />

eine „Quetschn“, begleitet von einer<br />

Geige und zwei Gitarren. Dort, wo die<br />

evangelische Pfarrgemeinde Kaisermühlen<br />

und Kagran Gottesdienst feiert,<br />

spielt an diesem Abend die Band<br />

„Bratfisch“. Aufgeblasene Luftballons<br />

wirbeln am Boden, während die vier<br />

Musiker „die Wiener Musik auf Weltreise“<br />

schicken, wie die Erste Geige, Jürgen<br />

Partaj, sagt: „Für uns ist Wiener<br />

Musik Weltstadtmusik, viele Einflüsse<br />

aus <strong>der</strong> ganzen Welt kommen zusammen.“<br />

Im Mix serbische Klänge, spanische<br />

Folklore und Straußwalzer, serviert<br />

mit reichlich Wiener Schmäh.<br />

Deftig geht es zu<br />

Felix Krainhöfner<br />

Eingefleischte „Bratfischfans“ in <strong>der</strong><br />

evangelischen Pfarrgemeinde haben es<br />

geschafft, ihre Lieblingsband zur „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“ zu holen. „Gott<br />

im Gemeindebau – Bratfisch und an<strong>der</strong>e<br />

Spezialitäten“ steht im Programm-<br />

heft. Deftig geht es zu.<br />

Aufgetischt wird Bier<br />

und Wein, Brot mit<br />

Schinken und Kren.<br />

Alte Herren sitzen in<br />

einer Ecke und trinken,<br />

zufrieden mit<br />

sich und <strong>der</strong> Welt, ein<br />

Bier. Kin<strong>der</strong> tollen im<br />

Gemeindezentrum<br />

herum, sie lassen<br />

Luftballone zerplatzen.<br />

Ein gemütlicher<br />

Tagesausklang – und<br />

gleichzeitig <strong>der</strong><br />

Beginn <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n<br />

<strong>Nacht</strong>“.<br />

Bratfisch<br />

Foto: Felix Krainhöfner<br />

„Wir sind alle Wiener<br />

und stolz auf<br />

unsere Heimatstadt.<br />

Deshalb haben wir uns <strong>der</strong> Wiener<br />

Weltstadtmusik angenommen“, erklärt<br />

Jürgen Partaj, <strong>der</strong> neben Geige auch Triangel<br />

und Glockenspiel spielt. Bandlea<strong>der</strong><br />

Matthias Klissenbauer ist für die<br />

Leadgitarre und die Tambura verantwortlich.<br />

Der Quetschmeister (Akkordeonspieler)<br />

<strong>der</strong> Band, Tino Klissenbauer,<br />

schreibt die meisten Texte.<br />

Johannes Landsiedl, ebenfalls Gitarrist,<br />

bezeichnet sich als „international anerkannter<br />

Schutzpatron <strong>der</strong> Wiener<br />

Würstelstände.“ Auch so ein Schmäh,<br />

wie die Zwischenrufe. Spontan klingen<br />

sie, perfekt sind sie. Die Fans zerkugeln<br />

sich. Eine hinreißend authentische Per-<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

Aufgespielt in Kaisermühlen: Johannes<br />

Landsiedl und Bandlea<strong>der</strong> Matthias<br />

Klissenbauer von „Bratfisch“.<br />

formance. Nichts klingt aufgesetzt bei<br />

den vier Bratfischen. Diese vier Wiener<br />

sind wirklich gut. Witzig, musikalisch<br />

ausbaufähig, <strong>der</strong> absolute Geheimtipp<br />

in <strong>der</strong> Wiener Musikszene.<br />

<strong>Zur</strong> <strong>Person</strong>:<br />

Felix Krainhöfner, Jahrgang<br />

1984, arbeitet in<br />

<strong>der</strong> Wortredaktion bei<br />

„Radio Stephansdom“.


Alte Kunst – neue Titel<br />

Gesichtet in <strong>der</strong> „<strong>Lange</strong>n <strong>Nacht</strong> <strong>der</strong> <strong>Kirchen</strong>“<br />

„Und führe uns nicht<br />

in Versuchung...“<br />

Foto: Bernadette Bayrhammer<br />

Schottenkirche, Wien 1<br />

„A gsunde Watschn hot no<br />

neamd gschodt!”<br />

Foto: Daniel Po<strong>der</strong>tschnig<br />

Jesuitenkirche, Wien 1<br />

Foto: Katrin Sattler<br />

Barocksaal,<br />

Priesterseminar Graz<br />

Schottengasse Nr. 1 / 2010<br />

„Wann merkt <strong>der</strong><br />

Schönborn, dass wir<br />

ihm den Stab gfla<strong>der</strong>t<br />

haben?“<br />

Foto: Sandra Knopp<br />

Deckenfresko Karlskirche, Wien 4<br />

„I believe I can fly.“<br />

Foto: Gerlinde Wallner<br />

Deckenfresko Karlskirche, Wien 4<br />

23


Foto und Fotomontage: Eva Lugbauer

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!