Gegendarstellung der GEW zum Zeitungsartikel in der „Rheinpfalz ...

Gegendarstellung der GEW zum Zeitungsartikel in der „Rheinpfalz“
und was daraus geworden ist…
Die GEW wehrt sich gegen die Kritik des Landesrechnungshofs, die wöchentliche
Arbeitszeit der pädagogischen Fachkräfte an den Schulen sei zu gering
bemessen.
„Sparwille auf Sparflamme
Im Nachhinein: Wie fünf Personalräte den Landesrechnungshof hinhalten
… Es begann im Januar 2006, also vor ziemlich genau sechs Jahren. Der Landesrechnungshof
in Speyer, der über die sparsame und wirtschaftliche Verwendung unserer
Steuergelder wachen soll, legte seinen Jahresbericht vor. Auch den pädagogischen
Fachkräften in unseren rheinland-pfälzischen Schulen hatte er über die Schulter geschaut.
Die Fachkräfte sind Leute, die vor allem in Förderschulen, aber auch in Schwerpunkt-
und Ganztagsschulen den Lehrern zur Seite gestellt sind, damit genug Zeit bleibt,
die Kinder individuell zu unterstützen. …“
Rheinpfalz vom 28.01.2012
Meine hier abgedruckte Gegendarstellung vom 31.01.2012 erhielt die Rheinpfalz mit
der Bitte um Veröffentlichung:
Mit dem Einsatz von Pädagogischen Fachkräften für den Unterricht an rheinlandpfälzischen
Schulen spart das Land jede Menge Geld!
Anders als es der Artikel in der Rheinpfalz vom 28.01.2012 mit dem Titel „Sparwille auf Sparflamme“
glauben macht, spart das Land Rheinland-Pfalz seit Jahrzehnten jede Menge Geld,
indem ein erheblicher Anteil des Unterrichts nicht von Lehrerinnen und Lehrern, sondern von
Pädagogischen Fachkräften erteilt wird. Denn bei der überwiegenden Mehrzahl der Pädagogischen
Fachkräfte handelt es sich um Erzieherinnen und Erzieher, eine bekanntermaßen
viel zu schlecht bezahlte Berufsgruppe.
Sie verdienen wenig Geld, tragen aber auch im Arbeitsfeld Schule sehr hohe Verantwortung.
Die Rheinpfalz irrt gewaltig, wenn sie schreibt, dass es sich bei Pädagogischen Fachkräften
um Personen handelt, „die vor allem in Förderschulen, aber auch in Schwerpunkt- und Ganztagsschulen
den Lehrern zur Seite gestellt sind, damit genug Zeit bleibt, die Kinder individuell
zu unterstützen.“ Die Pädagogischen Fachkräfte sind an diesen Schulen, um dort eigenverantwortlich
zu unterrichten. Gleichermaßen wie die Lehrerinnen und Lehrer erteilen sie regulären
Unterricht, der den Schülerinnen und Schülern laut Stundenplan zusteht.
Die Mehrzahl der Pädagogischen Fachkräfte arbeitet an den Förderschulen und den
Schwerpunktschulen, die es in Rheinland-Pfalz zur Integration von Schülerinnen und Schülern
mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen gibt. Üblich in diesen Schulen ist es, im
Team zu unterrichten, um der ausgeprägten Heterogenität der Klassen gerecht werden zu
können und den Schülerinnen und Schülern ein Höchstmaß an individueller Förderung zu
ermöglichen, auch dies gilt für die Pädagogischen Fachkräfte genauso wie für die Lehrerinnen
und Lehrer. Individuelle Förderpläne als Grundlage des Unterrichts sind für jede Schülerin
und jeden Schüler verbindlich gemeinsam zu erstellen und kontinuierlich fortzuschreiben
und individualisierte Unterrichtsmaterialien, die an den Schulen nur begrenzt zur Verfügung
stehen, sind häufig zeitaufwändig zu entwickeln. Deshalb sind für diese Form des Unterrichtens
regelmäßig stattfindende verbindliche Teambesprechungen unerlässlich.
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Zum Alltag der Pädagogischen Fachkräfte gehört es aber auch eine Klasse alleine zu unterrichten,
vor allem in den Ganztagsschulen in Angebotsform ist dies ausdrücklich so vorgesehen.
Und an den Förderschulen mit dem Schwerpunkt ganzheitliche Entwicklung haben die
Pädagogischen Fachkräfte die Klassenleitung, da dort nur eine halbe Förderschullehrkraft
pro Klasse zur Verfügung gestellt wird. Ein hohes Maß an Verantwortung haben die Pädagogischen
Fachkräfte auch dort, wo das Land Rheinland-Pfalz aufgrund des akuten Lehrkräftemangels
keine ausgebildeten Förderschullehrkräfte findet und stattdessen Pädagogische
Fachkräfte einstellt.
„… Der Rechnungshof war bei seiner Prüfung zu der Überzeugung gelangt: Die pädagogischen
Fachkräfte leisten eine zu geringe wöchentliche Arbeitszeit. Als Angestellte
des Landes schuldeten sie damals 38,5 Wochenstunden. Diese wurden ihnen unter Berücksichtigung
von Unterrichts- und Vorbereitungszeit sowie sonstiger dienstlicher Verpflichtungen
durchaus auch bescheinigt. Allerdings: Vergessen worden war, dass sie
sechs Wochen länger Ferien haben als ihnen aufgrund ihres Urlaubsanspruchs als Angestellte
zusteht. …“
Rheinpfalz vom 28.01.2012
Mit dem Unterricht und seiner Vor- und Nachbereitung ist es aber längst noch nicht getan.
Hinzu kommen wie bei allen anderen Lehrkräften der Schule insbesondere die Kooperation
mit den Eltern mit Beratungsgesprächen und Telefonaten, die Teilnahme an den Konferenzen,
die Arbeitsgruppen zu schulischen Schwerpunkten, die Vorbereitung von und Teilnahme
an Schulveranstaltungen, gemeinsame Schulqualitätsentwicklung und die Kooperation
mit externen Partnern. Auch Klassenfahrten und die unerlässlichen Maßnahmen der Berufsvorbereitung
sind individuell zu gestalten und entsprechend zeitaufwändig.
Die Förderschulen waren die ersten öffentlichen Schulen, die aufgrund der damals nur in
geringem Umfang eingestellten Förderschullehrkräfte Pädagogische Fachkräfte im Angestelltenverhältnis
beschäftigten. Nach den letzten vorliegenden amtlichen Statistiken aus
dem Schuljahr 2010/2011 sind an den Förderschulen 38,5 % des unterrichtenden Personals
Pädagogische Fachkräfte. Sie erteilen 50,5 % des Unterrichts der Förderschulen. Beim Personal,
das den Schwerpunktschulen für die Integration zugewiesen wird, sind 33 % Pädagogische
Fachkräfte und 67 % Förderschullehrkräfte, wobei die Pädagogischen Fachkräfte
38,5 % und die Förderschullehrkräfte 61,5 % der zugewiesenen Unterrichtsstunden erteilen.
„… Arbeite jede pädagogische Fachkraft 43,5 Stunden pro Woche seien die sechs Wochen
Ferien abgegolten, meinten die Speyerer Rechnungsprüfer und beriefen sich auf
ähnliche Regelungen in anderen Bundesländern. …“
Rheinpfalz vom 28.01.2012
An die Pädagogischen Fachkräfte werden vergleichbare Anforderungen gestellt wie an ihre
Lehrerkolleginnen und -kollegen. Aber bei der Festlegung der Arbeitszeiten wird mit zweierlei
Maß gemessen. Bei den Lehrerinnen und Lehrern ist die Arbeitszeit über die festgelegten
Unterrichtsstunden geregelt, die alle außerunterrichtlichen Arbeitsanforderungen mit einschließen.
Pädagogische Fachkräfte haben an den Förderschulen eine Unterrichtsverpflichtung
von in der Regel 33 Unterrichtsstunden und eine Präsenzzeitverpflichtung von 33 Zeitstunden.
In den Schwerpunktschulen erteilen sie in der Regel zwischen 27 und 33 Stunden
Unterricht. Dabei wird, nicht anders als bei den Lehrerinnen und Lehrern, durch das hohe
Maß an außerunterrichtlichen Arbeitsanforderungen die über den Urlaubsanspruch hinausgehende
unterrichtsfreie Ferienzeit vorgearbeitet.
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„… Scheitern tut das ganze allerdings regelmäßig am Widerstand von sage und schreibe
fünf verschiedenen Personalvertretungen …“
Rheinpfalz vom 28.01.2012
Eine Vereinheitlichung der zurzeit sehr unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen der Pädagogischen
Fachkräfte tut dringend not. Dies muss aber der Gerechtigkeit halber durch eine
Angleichung an die Arbeitszeitregelungen der Lehrerinnen und Lehrer erfolgen. Wir fordern
deshalb auch für die Pädagogischen Fachkräfte eine Beschränkung auf die Festlegung der
Arbeitszeiten über die zu erteilenden Unterrichtsstunden. Die mit der Neuregelung vorgesehene
starre Präsenzverpflichtung mit zusätzlicher Dokumentationspflicht lehnen wir ab. Denn
dies widerspricht den differenzierten Anforderungen an die Lehrpersonen in dem komplexen
System Schule. Auch Pädagogische Fachkräfte müssen selbst entscheiden können, wie sie
sich ihre außerunterrichtlichen Aufgaben zeitlich einteilen.
„… Aber, lieber Steuerzahler, es gibt Hoffnung: Jetzt ist so eine Art Schlichtung eingesetzt
worden. Genauer gesagt, sind es fünf Schlichtungen, … Dennoch ist man im Ministerium
guter Dinge, am Beginn des nächsten Schuljahres könnte die Sache vom Tisch,
weil einvernehmlich geregelt sein …“
Rheinpfalz vom 28.01.2012
Das Land spart mit der Beschäftigung der im Vergleich zu den Lehrerinnen und Lehrern erheblich
kostengünstigeren Pädagogischen Fachkräfte an den rheinland-pfälzischen Schulen
seit Jahrzehnten eine Menge Geld. Es ist dringend an der Zeit, dass diese Berufsgruppe
nicht mehr wie Lehrkräfte zweiter Klasse behandelt wird!
„… Für die Steuerzahler wird es wohl dennoch kein Anlass zur Freude. Wie zu hören ist,
soll den Pädagogen-Fachkräften keine zusätzliche Arbeitszeit aufgebrummt werden. Es
dürfte vielmehr so enden, dass die anstrengende Erziehungsarbeit künftig neu bewertet
und besser dokumentiert werden soll. Fortan würde sozusagen per Definition genug gearbeitet.
Im Nachhinein muss man feststellen: Der Rechnungshof hat wohl nicht mit dem
Beharrungsvermögen der Lehrer-Lobby gerechnet.“
Rheinpfalz vom 28.01.2012
Genau dafür setzen sich die Personalvertretungen gemäß ihrem verbindlichen gesetzlichen
Auftrag seit Jahren ein – ärgerlich, dass in dem Rheinpfalz-Artikel dies einseitig ganz anders
dargestellt wird.
Wie es weiterging
In ihrer Ausgabe vom 02.02.2012 hat die Rheinpfalz unter der Überschrift „Lehrer-
Arbeit: GEW widerspricht Rechnungshof“ die wesentlichen GEW-Positionen veröffentlicht,
siehe Kasten.
„Lehrer-Arbeit: GEW widerspricht Rechnungshof
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wehrt sich gegen Kritik des Landesrechnungshofs,
die wöchentliche Arbeitszeit der pädagogischen Fachkräfte an Förder-
und Schwerpunktschulen sei zu gering bemessen.
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… Die GEW argumentiert hingegen, die pädagogischen Fachkräfte erteilten selbstständig
Unterricht. So würde in den Förderschulen jede zweite Schulstunde von Fachkräften
gehalten, in den Schwerpunktschulen seien es über 38 Prozent. Die Vor- und Nachbereitung
dieses Unterrichts sei zeitaufwändig, also werde ausreichend Mehrarbeit als Ausgleich
für die Ferien geleistet, so die GEW.
Beamtete und angestellte Lehrer müssen wöchentlich eine je nach Schulart festgelegte
Anzahl von Stunden unterrichten. Es wird davon ausgegangen, dass die zusätzlichen
Pflichten als Lehrer genug Mehrarbeit ergeben, um die Freizeit in den Ferien auszugleichen.
Diese Regelungen sind vom Rechnungshof nicht beanstandet worden.“
Rheinpfalz vom 02.02.2012
In der Rheinpfalz vom 04.02.2012 erschienen außerdem – vermutlich aus einer Vielzahl
von Zusendungen – zwei Leserbriefe unter den Überschriften „Falscher Artikel
am falschen Ort“ und „Falsches, manipulatives Bild“, in denen die Verfasser ausführlich
klarstellen, welche Aufgaben die Personalvertretungen haben, welche Rolle dem
Landesrechnungshof zukommt und welche umfangreichen und anspruchsvollen Tätigkeiten
eine Pädagogische Fachkraft an einer Schule mit dem Förderschwerpunkt
ganzheitliche Entwicklung konkret zu erbringen hat.
Ende gut, alles gut? Bleibt zu hoffen, dass sich die Rheinpfalz künftig auch die notwendige
Zeit für sachliche Recherchearbeit nehmen wird!
Sylvia Sund
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