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Globalisierung und gerechte Weltwirtschaft Globalisierung ... - Inwo

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3,- 3,-<br />

Auf der Suche nach einer Alternative<br />

evolution<br />

Nr.6 März 2002<br />

friedlich, mitmenschlich, gerecht, nachhaltig, selbstbestimmt<br />

<strong>Globalisierung</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>gerechte</strong><br />

<strong>Weltwirtschaft</strong><br />

Wirtschaftsphilosophie<br />

Zur Kritik ungeregelter Finanzmärkte 3<br />

Utopie-Wettbewerb: Freiwirtschaft per UNO-Beschluss 16<br />

Maßwirtschaft<br />

der Lebensfülle 6<br />

Freiwirtschaftstheorie<br />

Kann Geld arbeiten? 8<br />

Wirtschaftstheorie<br />

Wachstum, Wachstum<br />

über alles! 18


2<br />

Editorial<br />

Editorial<br />

Eine andere Welt ist machbar ?<br />

Attac, die Bewegung, von der<br />

dieser Slogan stammt, geht wohl<br />

davon aus, dass das auf jeden<br />

Fall eine bessere Welt sein wird.<br />

Das muß es aber nicht zwangsläufig<br />

sein,<br />

wenn wir<br />

nicht sehr<br />

aufpassen.<br />

Wie soll sie<br />

denn aussehen<br />

diese andere<br />

Welt?<br />

Unsere Leserinnen<br />

<strong>und</strong><br />

Leser haben sich darüber Gedanken<br />

gemacht. Wir stellten Ihnen<br />

in der letzten Nummer die<br />

ersten Ergebnisse unseres Utopiewettbewerbes<br />

vor <strong>und</strong> weitere<br />

werden folgen. Es handelt sich<br />

durchweg um Visionen einer<br />

besseren Welt. Jedenfalls Tobin<br />

Tax <strong>und</strong> Austrocknen der Steueroasen<br />

scheinen ihnen für eine<br />

bessere Welt nicht ausreichend.<br />

Wir sehen darin aber kleine<br />

Schritte in die richtige Richtung.<br />

Wer eine bessere als die gegenwärtige<br />

kapitalistische Welt will,<br />

muß einen Weg aufzeigen, wie<br />

wir dahin gelangen können. Das<br />

ist ein Anliegen dieser Zeitung.<br />

Wir wollen das vom Zinsdruck<br />

befreite Geld, das allen ein ausreichendes<br />

Einkommen durch<br />

Erwerbsarbeit ermöglicht. Dabei<br />

müssten alle weniger arbeiten,<br />

d. h. die vorhandenen Arbeitsplätze<br />

würden für alle reichen.<br />

Heute verlieren die arbeitenden<br />

Die "r-evolution" ist ein Gemeinschaftsprojekt der<br />

drei Mitgliedsorganisationen der Internationalen<br />

Vereinigung für Natürliche Wirtschaftsordnung<br />

(INWO) in Deutschland, Österreich <strong>und</strong> der<br />

Schweiz. Die INWO setzt sich für ein <strong>gerechte</strong>s<br />

Geldsystem ohne Zinsdruck, Inflation, Deflation<br />

<strong>und</strong> Schuldenkrise ein. Für ein Bodenrecht, das allen<br />

einen Anteil an der Nutzung sichert <strong>und</strong> Spekulationsgewinne<br />

einiger weniger verhindert. Vereine<br />

<strong>und</strong> Gruppen mit vergleichbarer Zielsetzung<br />

Menschen in Deutschland jeden<br />

Tag etwa 650 Millionen Euro ihres<br />

Arbeitsertrages. Sie werden<br />

als Zinsen den Geldkapitalbesitzern<br />

gutgeschrieben.<br />

Ein Geld das altert <strong>und</strong> damit<br />

gleich den Waren laufend umgesetzt<br />

werden muss, würde<br />

dem ein Ende setzen. Weitere<br />

Reformen müssten der Entmachtung<br />

des Kapitals zwar folgen,<br />

aber eine Gesellschaft, die das<br />

durchgesetzt hat, kann schon<br />

nicht mehr als kapitalistisch bezeichnet<br />

werden.<br />

Noch fehlt uns eine richtige Bezeichnung<br />

für dieses nachkapitalistische,<br />

soziale Wirtschaftssystem.<br />

Vielleicht sollten wir einen Wettbewerb<br />

ausschreiben?<br />

Wera Wendnagel<br />

sind eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen.<br />

Die "r-evolution" ersetzt das traditionsreiche<br />

Schweizer Blatt "evolution" sowie den deutschen<br />

"INWO-R<strong>und</strong>brief" als Mitgliederzeitschriften. Ein<br />

"evolutionärer", sprich allmählicher, friedlicher<br />

Wandel des wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Systems<br />

fängt mit einer "Revolution" im Herzen <strong>und</strong> im<br />

Geiste der Menschen an – mit einer bewussten<br />

Entscheidung für eine <strong>gerechte</strong>re, freiheitlichere<br />

<strong>und</strong> nachhaltigere Zukunft aktiv zu werden.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Inhalt<br />

Weltfinanzsystem<br />

3 Zur Kritik unregulierter Finanzmärkte -<br />

von Rudolf Steiner bis ATTAC<br />

Wirtschaftsphilosophie<br />

6 Maßwirtschaft der Lebensfülle -<br />

Lichtzeichen einer neuen Ökonomie<br />

Freiwirtschaftstheorie<br />

8 Kann Geld arbeiten?<br />

Aus den Regionalgruppen<br />

10 INWO Schweiz<br />

13 INWO Österreich<br />

INWO Deutschland<br />

14<br />

Wirtschaftstheorie<br />

16 Wachstum, Wachstum über alles!<br />

Utopie-Wettbewerb<br />

18 Freiwirtschaft per UNO-Beschluss<br />

Umweltskandal mit deutscher Beteiligung<br />

20 Im Namen des Öls<br />

Traditionelles Menschenbild widerlegt<br />

21 Lustvolles Bestrafen von bösen Egoisten<br />

Rubriken<br />

19 LeserInnenbriefe<br />

22 Buchbesprechung<br />

23 Termine <strong>und</strong> Impressum<br />

Zu guter Letzt<br />

24 Am Gelde hängt´s, zum Gelde drängt´s<br />

Titelfoto:<br />

Wir danken der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde<br />

NASA für die Bereitstellung des Titelfotos im Internet.


evolution • Nr.6 März 2002<br />

Weltfinanzsystem<br />

Suche nach Alternativen<br />

Zur Kritik unregulierter Finanzmärkte -<br />

von ATTAC bis Rudolf Steiner<br />

Kritik an den Auswüchsen des Finanzsystems gibt es nicht erst seit der Entstehung der internationalen<br />

Organisation ATTAC. Der Autor zeigt, dass schon Rudolf Steiner in geradezu prophetischer Weise die<br />

Gefahren der kapitalistischen Finanzmärkte <strong>und</strong> ihre Ursachen erkannt hat.<br />

Die Gefahren, die von den Weltfinanzmärkten ausgehen,<br />

werden von Tag zu Tag deutlicher spürbar. Das<br />

zeigt nicht nur die Bankenkrise in Japan. Der Ruf nach<br />

Reformen wird daher immer lauter. Dies offenbart sich<br />

nicht zuletzt in dem Zuspruch, den beispielsweise AT-<br />

TAC, eine 1999 in Frankreich gegründete Organisation<br />

erfährt. ATTAC bedeutet "Association pour une Taxation<br />

des Transactions financières pour l'Aide aux Citoyens",<br />

auf deutsch etwa "Vereinigung für eine Besteuerung von<br />

Finanztransaktionen zugunsten der Bürger". Inzwischen<br />

haben sich in 26 Ländern viele Menschen <strong>und</strong> Organisationen<br />

aus der Umwelt- <strong>und</strong> Eine-Welt-Bewegung,<br />

kirchliche Kräfte <strong>und</strong> Gewerkschaften zu Attac zusammengeschlossen<br />

(1) - die Mitgliederzahlen steigen<br />

rasant an.<br />

Ziel von Attac ist eine "demokratische Kontrolle <strong>und</strong><br />

Regulierung" der Finanzmärkte. Die Wirtschaft solle<br />

den Menschen dienen <strong>und</strong> nicht umgekehrt. Das ist<br />

ohne Zweifel eine wichtige <strong>und</strong> berechtigte Forderung.<br />

(2)<br />

Der Therapievorschlag beinhaltet gleich ein ganzes<br />

Bündel von Maßnahmen. Reguliert werden sollen die<br />

Finanzmärkte unter anderem durch Einführung einer<br />

Steuer auf internationale Finanztransaktionen ("Tobin-<br />

Steuer"), die stärkere Besteuerung von Kapital <strong>und</strong> Vermögen<br />

<strong>und</strong> die Unterbindung von Steuerflucht. Die von<br />

der B<strong>und</strong>esregierung vorangetriebene Privatisierung<br />

<strong>und</strong> Kapitalmarktdeckung der sozialen Sicherung (Rente,<br />

Ges<strong>und</strong>heit) werden abgelehnt. Unterstützt wird die<br />

Forderung nach einem Schuldenerlass für die sogenannten<br />

Entwicklungsländer.<br />

Nach Auffassung von ATTAC <strong>und</strong> verwandten Organisationen,<br />

z. B. WEED (3), können starke kurzfristige<br />

Wechselkursschwankungen Krisen hervorrufen oder<br />

verstärken <strong>und</strong> auch den Aufbau von "spekulativen Blasen"<br />

begünstigen. Vor allem sogenannte Entwicklungsländer<br />

seien mit ihrer besonderen Verw<strong>und</strong>barkeit gefährdet.<br />

Aber auch ohne krisenhafte Entwicklung bildeten<br />

starke Wechselkursschwankungen ein ungünstiges<br />

Umfeld für Außenhandel <strong>und</strong> Schuldendienst der "Entwicklungsländer".<br />

Die kurzfristigen Kapitalbewegungen<br />

müssten daher reduziert werden. Eine Devisenumsatzsteuer<br />

erfülle diese Funktion, indem sie kurzfristige Anlagen,<br />

die auf geringe Kursdifferenzen spekulierten, unrentabel<br />

mache. Damit würden die Menge <strong>und</strong> das<br />

Tempo der kurzfristigen Transaktionen reduziert, ohne<br />

dass Handelsgeschäfte, langfristige Kredite <strong>und</strong> Realinvestitionen<br />

abgeschreckt würden (Filterfunktion). Es<br />

würde Sand ins Getriebe geworfen, ohne dass das Getriebe<br />

seine Funktionsfähigkeit verlöre. Eine Devisenumsatzsteuer<br />

sei daher ökonomisch sinnvoll <strong>und</strong> insbesondere<br />

entwicklungspolitisch wünschenswert. Es sei<br />

allerdings nicht Anspruch der Tobin-Steuer, massive<br />

spekulative Attacken <strong>und</strong> alle Arten von Finanzkrisen zu<br />

verhindern. Die Tobin-Steuer sei nur ein Instrument in<br />

einem Set unterschiedlicher Instrumente zur Regulierung<br />

der Finanzmärkte (4).<br />

Die technische Umsetzung einer Tobin-Steuer sei<br />

dank der zunehmenden Computerisierung <strong>und</strong> Formalisierung<br />

internationaler Zahlungsverkehrssysteme einfach.<br />

Die Erhebung könne national oder international<br />

erfolgen. Das in Dollar ausgedrückte Steueraufkommen<br />

aus einer Devisenumsatzsteuer läge nach WAHL <strong>und</strong><br />

WALDOW mindestens im zweistelligen Milliardenbereich.<br />

Die Gelder sollen international für "Projekte<br />

nachhaltiger Entwicklung" verwendet werden.<br />

In Fachkreisen <strong>und</strong> den Medien wurde <strong>und</strong> wird das<br />

Für <strong>und</strong> Wider einer Devisenumsatzsteuer zum Teil heftig<br />

diskutiert. Im Rahmen dieses Aufsatzes soll das Augenmerk<br />

auf folgende Fragestellung gelenkt werden:<br />

sind die diskutierten Vorschläge geeignet, den erkrankten<br />

sozialen Organismus gr<strong>und</strong>legend zu therapieren?<br />

Bekanntlich greifen Therapiemaßnahmen in der Regel<br />

dann am besten, wenn ihnen eine gründliche Untersuchung<br />

der Krankheitsursachen vorausging. Dies bedeutet,<br />

dass ein durchgreifender therapeutischer Erfolg<br />

sich nur dann einstellen kann, wenn die wichtigsten<br />

Ursachen erkannt <strong>und</strong> dann mit den richtigen Methoden<br />

behandelt werden. Vergisst man eine wesentliche<br />

Ursache, wird die Therapie mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />

fehlschlagen.<br />

Die zunehmende Instabilität der Finanzmärkte hat<br />

nun ohne Zweifel mehrere Ursachen. Einen erheblichen<br />

Anteil daran aber haben die explosionsartig gewachsenen<br />

Geldvermögen. So haben beispielsweise in<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland im Zeitraum von<br />

1950 bis 2000 die Geldvermögen etwa 4,5-mal rascher<br />

zugenommen als die Wirtschaftsleistung. (5)<br />

Das tumorhafte Wachstum der Geldvermögen hängt<br />

mit dem Zinseszinsprinzip zusammen. "Insgesamt entsprachen<br />

Zinsen <strong>und</strong> Dividenden 1992 r<strong>und</strong> vier Fünfteln<br />

des zur gleichen Zeit neu gebildeten privaten Geldvermögens;<br />

im Durchschnitt der fünfziger Jahre hatte<br />

diese Relation erst ein Sechstel betragen." Soweit wörtlich<br />

die Deutsche B<strong>und</strong>esbank in ihrem Monatsbericht<br />

Frank Bohner, Jahrgang<br />

1961, von Beruf<br />

Lehrer <strong>und</strong> langjähriger<br />

ehrenamtlicher<br />

Mitarbeiter des<br />

INWO-R<strong>und</strong>briefs<br />

3


4<br />

Weltfinanzsystem<br />

Suche nach Alternativen<br />

Das Wort —Kapitalik<br />

leitet sich von einer<br />

Nutztierherde ab, die<br />

sich ohne menschliches<br />

Zutun vermehrt;<br />

Rudolf Steiner<br />

weist jedoch auf Aristoteles<br />

hin, der gesagt<br />

hat, —das Kapital<br />

sollte keine Jungen<br />

bekommeni_.<br />

vom Oktober 1993. Sie spricht vornehm von der<br />

"Selbstalimentation" der Geldvermögen "durch steigende<br />

Erträge". Etwas deutlicher drückt sich da schon Rudolf<br />

Steiner in seinem Vortrag vom 30.11.1918 aus: "Es<br />

gibt heute etwas höchst Unnatürliches in der sozialen<br />

Ordnung, das besteht darin, dass das Geld sich vermehrt,<br />

wenn man es bloß hat. Man legt es auf eine<br />

Bank <strong>und</strong> bekommt Zinsen. Das ist das Unnatürlichste,<br />

was es geben kann. Es ist eigentlich ein bloßer Unsinn.<br />

Man tut gar nichts; man legt sein Geld, das man vielleicht<br />

auch nicht erarbeitet, sondern ererbt hat, auf die<br />

Bank <strong>und</strong> bekommt Zinsen dafür. Das ist ein völliger<br />

Unsinn." (6)<br />

Ähnlich lautet ein Ausspruch Steiners vom 26.5.1919:<br />

"Schon Aristoteles hat gesagt, das Kapital sollte keine<br />

Jungen bekommen, aber es bekommt nicht nur Junge,<br />

sondern die Jungen wachsen heran, bis sie groß sind;<br />

man kann die Anzahl der Jahre angeben, bis das Kapital<br />

sich verdoppelt, wenn es nur sich selbst überlassen ist."<br />

(7) In den "Kernpunkten" heißt es gar: "Wenn der soziale<br />

Organismus sich so weiter entwickelt, wie er es bisher<br />

getan hat, dann entstehen Schäden der Kultur, die<br />

für diesen Organismus dasselbe sind, was Krebsbildungen<br />

im menschlichen natürlichen Organismus sind."<br />

(8)<br />

Wenn auf der einen Seite die Summe der Geldvermögen<br />

- wie gesagt überwiegend durch Zinserträge <strong>und</strong><br />

nicht etwa durch Arbeit - anwächst, so findet dies unvermeidlich<br />

sein Gegenstück in einer entsprechenden<br />

Verschuldung an anderer Stelle der Volkswirtschaft<br />

(z.B. bei den Unternehmen), verb<strong>und</strong>en mit dem<br />

Druck, einen für die Verzinsung ausreichenden Überschuss<br />

zu erwirtschaften. Das zinsbedingte Wachstum<br />

der Geldvermögen fordert <strong>und</strong> erzwingt also ein entsprechendes<br />

Wachstum des Sozialprodukts.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Anders ausgedrückt: der Zins setzt die Wirtschaft unter<br />

einen permanenten Wachstumszwang, was auf Dauer<br />

unsere natürlichen Lebensgr<strong>und</strong>lagen zerstört (9).<br />

Der Zusammenhang zwischen Geldvermögensbildung<br />

<strong>und</strong> wachsender Verschuldung wurde von Helmut<br />

Creutz als "monetärer Teufelskreis" bezeichnet (10).<br />

Treffender wäre laut Bernd Senf der Ausdruck "monetäre<br />

Teufelsspirale", denn im Laufe der Zeit beschleunigt<br />

sich das Wachstum der Geldvermögen <strong>und</strong> Schulden<br />

derart, dass es schließlich irgendwann jeden Rahmen<br />

sprengt, auch den einer ganzen Volkswirtschaft<br />

oder Gesellschaft.<br />

Das Sozialprodukt kann also unmöglich mit dem<br />

Wachstum Schritt halten, das durch die derart rasant<br />

gewachsenen Geldvermögen <strong>und</strong> Schulden eingefordert<br />

wird. Das aber bedeutet, dass die Wirtschaft einen immer<br />

größer werdenden Teil der Geldvermögen nicht<br />

binden kann. Deshalb driften immer mehr Gelder in<br />

die spekulative Sphäre ab. Damit wird das Geld, das<br />

einstmals eingeführt wurde, um den Tausch zu erleichtern,<br />

zu einem Spekulationsmittel, das herrscht <strong>und</strong> die<br />

Stabilität der <strong>Weltwirtschaft</strong> bedroht, anstatt den Menschen<br />

zu dienen.<br />

Aus dem explosionsartigen, geradezu tumorhaften<br />

Wachstum der Geldvermögen resultieren also verschiedene<br />

Probleme: ein verheerender Zwang zur Ausweitung<br />

der Verschuldung mit zum Teil geradezu dramatischen<br />

Konsequenzen für viele überschuldete Privatpersonen,<br />

Unternehmen <strong>und</strong> Staaten, besonders auch der<br />

in der sogenannten 3. Welt, ein Wachstumszwang mit<br />

ökologisch fatalen Folgen <strong>und</strong> eine wachsende Kluft<br />

zwischen Arm <strong>und</strong> Reich, um nur einige Punkte zu nennen.<br />

Die genannten Problementwicklungen könnten<br />

aber entscheidend abgeschwächt werden durch eine<br />

Verlangsamung des Wachstums der Geldvermögens bzw.<br />

deren Schrumpfung.<br />

So kommt auch Rudolf Steiner im Vortrag vom 24 .6.<br />

1919 zum Schluss, dass sich Geld abnützen solle: "Wie<br />

die anderen Dinge stinkend werden, so auch das Geld.<br />

So trägt das Kapital keine Zinsen, aber es muss die<br />

Möglichkeit geschaffen werden, dass das, was früher<br />

gearbeitet wurde, in einer künftigen Leistung enthalten<br />

ist." (11). Weiter heißt es: "Es gibt keinen Zins vom<br />

Zins. Den kann es nicht geben, ferner auch nicht ein<br />

beliebiges Arbeitenlassen des Kapitals. Das Geld wird<br />

stinkig. Es geht ebenso wie andere Dinge, wie Fleisch<br />

<strong>und</strong> dergleichen, verloren. " (12)<br />

Im Rahmen des Nationalökonomischen Seminars<br />

(13), <strong>und</strong> zwar in der sechsten Seminarbesprechung<br />

vom 5. August 1922 verwendet Steiner das Bild von der<br />

Alterung des Geldes: "Daraus folgt unmittelbar, dass das<br />

Geld alt werden muss. Es handelt sich lediglich darum,<br />

auf welche Weise man das technisch ausführen kann."


Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser kurzen Analyse liegt der<br />

Schluss nahe, dass die von Attac <strong>und</strong> befre<strong>und</strong>eten Organisationen<br />

vorgeschlagenen Maßnahmen zu kurz<br />

greifen: eine Hauptursache der Problementwicklungen,<br />

die Überentwicklung der Geldvermögen, wird nicht angegangen.<br />

Statt dessen werden Maßnahmen vorgeschlagen,<br />

die erst dann greifen, wenn das Kind schon (fast?)<br />

in den Brunnen gefallen ist. Man müsste sehr viel früher<br />

einsetzen <strong>und</strong> dafür sorgen, dass es gar nicht erst<br />

zur explosionsartigen Vermehrung der Geldvermögen -<br />

<strong>und</strong> damit auch der Schulden - kommt. Dazu bedarf es<br />

dringend der Diskussion über die Frage, wie man sich<br />

denn nun eine Alterung des Geldes vorzustellen habe.<br />

Rudolf Steiner schrieb dazu beispielsweise in seinen<br />

"Kernpunkten": "Und damit Geld ... nicht ... von Inhabern<br />

zurückbehalten werde, kann Umprägung oder<br />

Neudruck von Zeit zu Zeit stattfinden. Aus solchen Verhältnissen<br />

wird sich allerdings auch ergeben, dass der<br />

Zinsbezug von einem Kapitale im Laufe der Zeit sich<br />

immer verringere. Das Geld wird sich abnützen, wie<br />

sich Waren abnützen. Doch wird eine solche vom Staate<br />

zu treffende Maßnahme gerecht sein. <br />

wird es nicht geben können." (14). Diese Variante der<br />

Geldalterung ist sehr einprägsam beschrieben bei Margrit<br />

Kennedy (15) <strong>und</strong> Helmut Creutz (16). Weitere<br />

Auffassungen über die Durchführung der Geldalterung<br />

sind in dem leider vergriffenen Buch "Wesen <strong>und</strong> Funktion<br />

des Geldes" (17) dargestellt. Leider ist es in der<br />

anthroposophischen Welt bis heute nicht gelungen, Einigkeit<br />

über das Wie einer Geldalterung herbeizuführen.<br />

Diese Tatsache sollte jedoch eine Fortsetzung <strong>und</strong><br />

Intensivierung des Diskussions- <strong>und</strong> Klärungsprozesses<br />

eher fördern als hemmen.<br />

(1) Faltblatt Attac Deutschland. Bezug: Attac-Deutschland, Artilleriestr. 6, 27283<br />

Verden/Aller<br />

Internet: www.attac-netzwerk.de<br />

(2) siehe Fußnote (1)<br />

(3) WEED, Bertha-von-Suttner-Platz 13, 53111 Bonn. Internet: www.weedbonn.org<br />

(4) Peter Wahl, Peter Waldow: Devisenumsatzsteuer, ein Konzept mit Zukunft. Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Grenzen der Stabilisierung der Finanzmärkte durch eine Tobin-Steuer.<br />

Herausgeber: WEED e.V., Adresse siehe Fußnote (3)<br />

(5) Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom. Wege zu einer krisenfreien Wirtschaftsordnung.<br />

Econ Ullstein List Verlag, München, 2001, S. 296<br />

(6) Rudolf Steiner: Die soziale Gr<strong>und</strong>forderung unserer Zeit. In geänderter Zeitlage.<br />

Zwölf Vorträge, gehalten in Dornach <strong>und</strong> Bern vom 29. November bis 21. Dezember<br />

1918 (GA 186), 2. Aufl. 1979, S. 50f<br />

(7) Rudolf Steiner: Gedankenfreiheit <strong>und</strong> soziale Kräfte. Die sozialen Forderungen<br />

der Gegenwart <strong>und</strong> ihre praktische Verwirklichung. Sechs Vorträge mit einem<br />

Schlußwort, gehalten zwischen dem 26. Mai <strong>und</strong> 30. Dezember 1919 in Ulm, Berlin<br />

<strong>und</strong> Stuttgart (GA 333), 1. Aufl. 1971, S. 24.<br />

(8) Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten<br />

der Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft (GA 23), 6. Aufl. 1976, S. 145<br />

Helfen Sie mit, zukunftsfähige<br />

Reformbewegungen zu vernetzen!<br />

"Neue Chancen für Reformbewegungen", so hieß eine dreiteilige Serie<br />

in den Ausgaben 2-4, die die Notwendigkeit der Vernetzung <strong>und</strong> des<br />

gegenseitigen Kennenlernens zukunftsfähiger Reformbewegungen begründete.<br />

Der Verein "Netzwerk Reform e. V." sucht jetzt Helfer, die mit<br />

dieser Vernetzung beginnen. Bitte suchen Sie im Internet oder anderswo<br />

nach geeigneten NGO-Organisationen, notieren Sie deren Internet-<br />

Adresse <strong>und</strong> schicken Sie diese möglichst mit Begründung per E-Mail<br />

an Bernd.Hercksen@t-online.de. Wir stellen diese Organisationen <strong>und</strong><br />

Gruppierungen dann in unser Internet-Reform-Portal www.reform-portal.de.Vorher<br />

bitten wir Sie, sich in diesem Reform-Portal über unsere<br />

Ziele <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven zu informieren. Dort gibt es auch ein<br />

Diskussionsforum, das auf kritische <strong>und</strong> konstruktive Beiträge wartet.<br />

Aber hören wir zum Schluss noch einmal Rudolf Steiner<br />

(18): "Während unser gegenwärtiges Wirtschaftsleben<br />

darauf sieht, dass das Kapital sich in einer gewissen<br />

Zeit verdoppelt, würde ein ges<strong>und</strong>es Wirtschaftsleben<br />

es dahin bringen, dass das bloße Geldkapital in<br />

derselben Zeit verschwinden würde, nicht mehr da sein<br />

würde. Es ist heute noch etwas Horribles, wenn man<br />

den Leuten sagt, nach fünfzehn Jahren sollen sie nicht<br />

das Doppelte haben, sondern nach einer angemessenen<br />

Zeit soll das, was Geldkapital ist, nicht mehr da sein,<br />

weil dasjenige, was in diesem Kapital steckt, an der Abnützung<br />

teilnehmen muss. Gewiss kann dabei auch<br />

manches, was im Sparen liegt oder dergleichen, Rükksicht<br />

genommen werden. So stehen wir heute nicht<br />

vor kleinen Abrechnungen, sondern vor großen Abrechnungen.<br />

Und wir müssen den Mut haben, zu diesen<br />

großen Abrechnungen uns zu bekennen. Sonst wird die<br />

soziale Ordnung, oder besser gesagt, die soziale Unordnung,<br />

das soziale Chaos, über uns hereinbrechen."<br />

Dem ist nichts hinzuzufügen.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

(9) Bernd Senf: Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise.<br />

dtv Verlag, München, 2001<br />

(10) siehe auch www.geldreform.net<br />

(11) Rudolf Steiner: Betriebsräte <strong>und</strong> Sozialisierung.Diskussionsabende mit den Arbeiterausschüssen<br />

der großen Betriebe Stuttgart (GA 331), 1. Aufl. 1989, S. 189<br />

(12) siehe Fußnote 11, S. 190<br />

(13) Rudolf Steiner: Nationalökonomisches Seminar. Sechs Besprechungen mit den<br />

Teilnehmern am Nationalökonomischen Kurs in Dornach vom 31. Juli bis 5. August<br />

1922 (GA 341), 2. Aufl. 1973, S. 77f<br />

(14) Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten<br />

der Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft (GA 23), Taschenbuchausgabe 1991, S. 132f<br />

(15) Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen <strong>und</strong> Inflation. Ein Tauschmittel, das jedem<br />

dient. Goldmann Verlag München 1993. Siehe auch Internet: www.geldreform.de<br />

(16) Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom. Wege zu einer krisenfreien Wirtschaftsordnung.<br />

Econ Ullstein List Verlag, München, 2001<br />

(17) Sozialwissenschaftliches Forum Bd. 3 (Hrsg. Stefan Leber): Wesen <strong>und</strong> Funktion<br />

des Geldes. Zahlen, Leihen <strong>und</strong> Schenken im volkswirtschaftlichen Prozess.<br />

Verlag Freies Geistesleben Stuttgart, 1989<br />

(18) siehe Fußnote 7, S. 24<br />

5


6<br />

Wirtschaftsphilosophie<br />

Neue geistige Werte sind gefragt<br />

Masswirtschaft der Lebensfülle -<br />

Lichtzeichen einer neuen Ökonomie<br />

Im ersten Teil einer Serie hinterfragt der Autor die geistigen Gr<strong>und</strong>lagen der herrschenden<br />

Ökönomie. Nicht Selbstsucht, Konkurrenz <strong>und</strong> Gier sollten das wirtschaftliche Handeln bestimmen,<br />

sondern Kreativität, zwischenmenschliche Beziehungen <strong>und</strong> Liebe.<br />

Dr. oec. Hans-Peter Studer<br />

gehört der Schweizer<br />

Redaktion von revolution<br />

an. Er hat an<br />

der Universität St. GallenWirtschaftswissenschaften<br />

studiert <strong>und</strong><br />

ist seit zwölf Jahren als<br />

selbständiger Mitwelt<strong>und</strong>Ges<strong>und</strong>heitsökonom<br />

tätig.<br />

Zurückzufinden zum Maß eines erfüllten Lebens, darin<br />

liegt die große Herausforderung an der Schwelle des<br />

neuen Jahrtausends. Nur wenn wir unser heutiges materialistisches<br />

Denken transformieren <strong>und</strong> wieder Werte<br />

ins Zentrum unseres Denkens <strong>und</strong> Handels stellen, die<br />

der Gemeinschaft <strong>und</strong> dem Leben dienen, werden wir<br />

als Einzelne <strong>und</strong> als Menschheit eine nachhaltige Zukunft<br />

haben.<br />

Die Attentate vom 11. September haben nicht nur die<br />

Türme des World Trade Centers zum Einsturz gebracht,<br />

sondern auch die blinde Fortschrittseuphorie der westlichen<br />

Welt. Selbst in den Hochburgen der globalisierten<br />

Wachstumswirtschaft sind viele nachdenklich geworden<br />

<strong>und</strong> beginnen, wieder nach dem Sinn zu fragen<br />

– nach dem Sinn ihres eigenen Tuns <strong>und</strong> nach dem<br />

Wohin einer Entwicklung, welche die Menschheit vor<br />

laufenden Fernsehkameras an nie für möglich gehaltene<br />

Abgründe geführt hat.<br />

Gier <strong>und</strong> Eigennutz als Basis unserer<br />

Gesellschaft?<br />

Jeder soll möglichst ungehindert seinen eigenen Nutzen<br />

verfolgen können, dann kommt das allen zugute. So<br />

lautet das Credo der freien Marktwirtschaft seit mehr<br />

als 200 Jahren. Es ist längst schon zum nicht mehr<br />

hinterfragten Dogma geworden, das mit der Deregulierung<br />

<strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong> neue Urstände feiert. Vor r<strong>und</strong><br />

70 Jahren hat der berühmteste Ökonom des vergangenen<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts, John Maynard Keynes, die menschliche<br />

Selbstsucht eine der abstoßendsten Eigenschaften<br />

genannt <strong>und</strong> es als widerliche Krankheit bezeichnet,<br />

dass wir sie als Antriebskraft für die wirtschaftliche Entwicklung<br />

in den Rang einer der höchsten Tugenden erhoben<br />

haben. Allerdings war er der Meinung, wir<br />

müssten uns <strong>und</strong> allen anderen noch mindestens weitere<br />

h<strong>und</strong>ert Jahre vorspiegeln, dass schön hässlich <strong>und</strong><br />

"Je mehr wir lernen, zwischen unseren tatsächlichen Bedürfnissen<br />

<strong>und</strong> unseren Begierden zu unterscheiden, desto freier, unabhängiger<br />

<strong>und</strong> reicher werden wir."<br />

hässlich schön sei, "denn hässlich ist nützlich <strong>und</strong><br />

schön unnütz. Geiz, Wucher <strong>und</strong> Misstrauen müssen<br />

noch für eine kleine Weile unsere Götter sein."<br />

Es scheint mir heute an der Zeit, nicht nochmals<br />

dreissig Jahre zuzuwarten, um das zu ändern. Wir sollten<br />

uns eingestehen, dass ausgerechnet wir im sich<br />

christlich nennenden Abendland Werte ins Zentrum un-<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

serer Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft gestellt haben, die<br />

dem diametral widersprechen, was uns der Begründer<br />

unserer Religion seinerzeit gelehrt hat. Wir sammeln<br />

die Schätze nur noch dort, wo sie Motte <strong>und</strong> Rost –<br />

<strong>und</strong> neuerdings auch die Börsenkurse – zerfressen. Wir<br />

haben unser ganzes Trachten <strong>und</strong> Tun fast ausschliesslich<br />

auf die materielle Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet<br />

<strong>und</strong> uns damit ein System geschaffen, das zwingend<br />

darauf angewiesen ist, dass wir immer noch mehr konsumieren<br />

<strong>und</strong> nie genug haben – weil es sonst nämlich<br />

zusammenbrechen würde. Wir haben den Stärkeren in<br />

sein Recht gesetzt <strong>und</strong> die Schwächeren ihrem eigenen<br />

Schicksal überlassen – bei uns <strong>und</strong> vor allem in der<br />

Dritten <strong>und</strong> Vierten Welt. Zudem haben wir die Natur<br />

als unsere Mitwelt <strong>und</strong> Lebensgr<strong>und</strong>lage zur beliebig<br />

ausbeutbaren Ressource gemacht, zum blossen Material,<br />

das erst durch die wirtschaftliche "Veredelung"<br />

überhaupt einen Wert erhält.<br />

Vom Haben zum Sein <strong>und</strong> zum Sinn<br />

Am Beginn des dritten Jahrtausends nach Christus<br />

stehen wir jetzt vor der grossen Herausforderung, diese<br />

gr<strong>und</strong>legenden Fehler vorerst überhaupt zu erkennen<br />

<strong>und</strong> einzusehen <strong>und</strong> anschliessend unsere Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Gesellschaft auf eine neue, zukunftsfähige Basis zu<br />

stellen. So ungewohnt das heute klingen mag, auch unseren<br />

wirtschaftlichen Tätigkeiten sollten wir für die<br />

Zukunft jene Werte zugr<strong>und</strong>e legen, die dem Leben dienen:<br />

das Miteinander, das Mass, die Bescheidenheit, die<br />

Rücksichtnahme, die Gerechtigkeit, die Liebe <strong>und</strong> die<br />

Freude am eigenen Tätigsein.<br />

Mit anderen Worten, wir dürfen unser Wirtschaften<br />

nicht mehr länger auf Trieben wie Eigennutz, Neid,<br />

Konkurrenz, Hass <strong>und</strong> Gier aufbauen – mit der zwangsläufigen<br />

Folge, dass sie in <strong>und</strong> um uns immer grösseren<br />

Raum einnehmen. Vielmehr sind wir herausgefordert,<br />

jene Werte ins Zentrum auch<br />

unseres wirtschaftlichen Handelns<br />

stellen, die von allen<br />

Hochreligionen seit jeher als<br />

die positiven <strong>und</strong> Gott zugewandten<br />

bezeichnet werden –<br />

mit dem Ziel, wieder in Harmonie<br />

mit uns selbst <strong>und</strong> mit der übrigen Schöpfung zu<br />

kommen <strong>und</strong> zu leben.<br />

Dieser Entwicklungsprozess beginnt bei jeder <strong>und</strong> jedem<br />

Einzelnen von uns. Der Schlüssel dazu liegt in der<br />

alten Volksweisheit: "Reich ist, wer viel hat. Reicher ist,<br />

wer wenig braucht. Am reichsten ist, wer viel gibt." Je<br />

mehr wir lernen, zwischen unseren tatsächlichen Be-


dürfnissen <strong>und</strong> unseren Begierden zu unterscheiden,<br />

desto freier, unabhängiger <strong>und</strong> reicher werden wir. Die<br />

Begierden haben ihren Ursprung im Haben <strong>und</strong> im<br />

noch mehr haben Wollen, <strong>und</strong> sie werden von der Werbung<br />

<strong>und</strong> dem Besitz der anderen ständig geweckt <strong>und</strong><br />

genährt. Unsere Bedürfnisse jedoch sind im Sein begründet<br />

<strong>und</strong> übersteigen die materiellen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

unserer Existenz. Sie führen zur Frage nach dem Sinn<br />

unseres Lebens. Warum lebe ich überhaupt hier auf<br />

dieser Welt? Was will ich in diesem Leben erfahren <strong>und</strong><br />

bewirken, für was <strong>und</strong> für wen will ich mich einsetzen?<br />

Sich für das einsetzen, was einem<br />

wichtig ist<br />

Wer sich diese Gr<strong>und</strong>satzfragen stellt, der erkennt<br />

leicht, dass dieser Sinn nicht im Ausleben des eigenen<br />

Egoismus <strong>und</strong> der eigenen Geltungssucht liegen kann.<br />

Wir werden den Sinn <strong>und</strong> damit das Glück in unserem<br />

Leben weit eher finden, wenn wir bewusst nach Wegen<br />

suchen, wie wir Dinge, die uns wichtig erscheinen,<br />

nicht gegen, sondern mit <strong>und</strong> für andere gestalten können.<br />

Nicht das finanzielle Profitstreben, sondern die<br />

Kreativität, die zwischenmenschliche Beziehung <strong>und</strong> die<br />

Liebe werden dabei im Zentrum stehen – die Liebe zu<br />

uns selbst, zu unseren Mitmenschen <strong>und</strong> zu unserer<br />

Mitschöpfung.<br />

"Das klingt wohl w<strong>und</strong>erschön", mögen Sie vielleicht<br />

einwenden, "aber es ist doch in unserer egoistischen<br />

Konkurrenzwelt höchstens im Rahmen eines ehrenamtlichen<br />

Engagements möglich." Stimmt das wirklich? Es<br />

gibt doch heute schon viele Menschen, die sich im Rahmen<br />

einer bezahlten Tätigkeit für etwas engagieren, das<br />

ihnen wichtig ist <strong>und</strong> ihrem Leben Sinn <strong>und</strong> Befriedigung<br />

gibt. Vielleicht verdienen sie damit weniger als andere,<br />

aber sie haben wahrscheinlich auch gelernt, weniger<br />

zur brauchen <strong>und</strong> viel zu geben. Sie sind damit<br />

reicher als die, die nur viel<br />

haben.<br />

Je mehr die Zahl der<br />

Menschen wächst, die den<br />

Mut gef<strong>und</strong>en haben, über<br />

den Schatten ihrer Begierden<br />

<strong>und</strong> Emotionen zu springen <strong>und</strong> ihre Bedürfnisse<br />

eines sinnerfüllten Lebens ins Zentrum ihres Denkens<br />

<strong>und</strong> Handelns zu stellen, desto rascher wird sich auch<br />

die heutige Wirtschaft wandeln – von der Konkurrenz<br />

zur Kooperation, vom Wachstumszwang zu einer Entwicklung<br />

mit Mass, vom Gigantismus zur Überschaubarkeit<br />

<strong>und</strong> vom Selbstzweck zum Mittel der Befriedi-<br />

Die Grenzen des Turbokapitalismus<br />

Fakten <strong>und</strong> Perspektiven für eine neue Ökonomie<br />

In diesem 227 Seiten starken Buch verdeutlicht Hans-Peter<br />

Studer – auch in Interviews mit namhaften Persönlichkeiten<br />

– die Strukturen <strong>und</strong> Zwänge, denen unser heutiges<br />

Wirtschaften unterliegt, <strong>und</strong> zeigt neue Zukunftsperspektiven<br />

auf. Es kann zu SFr. 22.50 oder d 14.80 zuzüglich<br />

Versandspesen direkt beim Autor (Hans-Peter Studer,<br />

Rickstrasse 31, CH-9037 Speicherschwendi, Tel. 071 344<br />

38 37, Fax 071 / 344 38 40, E-mail hpstuder@kmu.ch) bezogen<br />

werden.<br />

gung gr<strong>und</strong>legender Lebensbedürfnisse. Gerade der<br />

Markt ist eigentlich ein optimaler Ort der Begegnung,<br />

des Dienens, des Miteinanders <strong>und</strong> des Übens von Gerechtigkeit.<br />

Lediglich die falschen Motive <strong>und</strong> Ziele unseres<br />

wirtschaftlichen Handelns haben ihn zu einem<br />

Abgr<strong>und</strong> des Übervorteilens, der Machtausübung <strong>und</strong><br />

der Gier verkommen lassen. Es steht uns frei, dies zu<br />

verändern – als einzelne <strong>und</strong> als Organisationen, in denen<br />

wir uns zusammenfinden.<br />

"Gerade der Markt ist eigentlich ein optimaler Ort der Begegnung,<br />

des Dienens, des Mitein-anders <strong>und</strong> des Übens von Gerechtigkeit."<br />

In der nächsten r-evolution wird Hans-Peter Studer<br />

aufzeigen, dass ein Bewusstseinswandel für sich<br />

allein nicht genügt, um von der heutigen Machtwirtschaft<br />

zu einer Maßwirtschaft der Lebensfülle zu gelangen.<br />

Hierzu müssen wir auch die Mechanismen<br />

<strong>und</strong> Spielregeln hinterfragen <strong>und</strong> verändern, die unserem<br />

Wirtschaften zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

7


8<br />

Der Kapitallohn<br />

in der Zinsanalyse<br />

Kann Geld doch arbeiten?<br />

In einer dreiteiligen Reihe macht sich Johannes Heinrich auf die Suche nach den ideologischen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

von Zinsnahme. In diesem 1. Teil weist er auf die Bedeutung der kapitalistischen Gr<strong>und</strong>vorstellung vom "arbeitenden<br />

Geld" hin. Nicht die Hortung von Bargeld stelle das Zentralproblem dar, sondern der "Gewinnanteil"<br />

im Zins, den der Kapitalgeber als Entlohnung für die "Mitarbeit" des Geldes verlange<br />

Johannes Heinrichs,<br />

Professor für Sozialökologie<br />

in Berlin, zahlreicheVeröffentlichungen<br />

auch über freiwirtschaftliche<br />

Themen,<br />

INWO-Mitglied<br />

"Geld arbeitet nicht, sondern Menschen" - unter diesem<br />

Titel stand das letzte Treffen der INWO Deutschland<br />

in Bad Boll vom 14. bis 16. Sept. 2001. Alle Geldreformer<br />

verneinen wie selbstverständlich die Frage, ob<br />

Geld etwa arbeiten könne. Arbeitsloses Einkommen aus<br />

Kapital- <strong>und</strong> Boden-Zinsen gilt ja geradezu als der Inbegriff<br />

dessen, wogegen sie sich wenden. Die Freiwirtschaftler<br />

Gesellscher Prägung betrachten die Frage, ob<br />

Geld arbeiten kann, allerdings als bloß rhetorische, populäre<br />

Hinführung zur Zinsproblematik, nicht als ernste<br />

Fragestellung. Nur einer, Eberhard Knöller, greift die<br />

populäre Sichtweise indirekt auf, indem er von einem<br />

Erfolgs- oder Wachstumsanteil im Zins spricht <strong>und</strong> diesen<br />

Anteil als ethisch gerechtfertigt verteidigt, ja sogar<br />

als Silvio Gesells Lehre herausstellt. Wie ist dieser verwirrende,<br />

widersprüchliche Bef<strong>und</strong> zu erklären? 1<br />

Ist Ursache des Zinses allein die<br />

materiale Überlegenheit des Geldes<br />

Betonte Gesell doch vehement, vor allem gegen Marx<br />

<strong>und</strong> die "Marxisten" gewandt, dass Zins ausschließlich<br />

aus der materialen Überlegenheit des Geldes über die<br />

Waren, aus einer Art von "Prellerei" des Besitzers von<br />

unverderblichem Geld, hervorgehe <strong>und</strong> nichts mit dem<br />

Arbeitsverhältnis, mit dem Dualismus von Arbeitnehmer<br />

<strong>und</strong> Arbeitgeber sowie der Erpressung von "Mehrwert"<br />

aus der Arbeit des Lohnabhängigen von Seiten des<br />

Unternehmers bzw. des hinter ihm stehenden Geldkapitalisten<br />

zu tun habe, wie Marx das sah. Marx hatte als<br />

selbstverständliche Voraussetzung, als einen der großen<br />

Vorteile des Geldes, bereits die Unverderblichkeit des<br />

Geldes gegenüber den meisten Waren thematisiert. 2<br />

Allerdings kam es ihm nicht in den Sinn, aus diesem<br />

selbstverständlichen Vorteil des Geldes allein so weitreichende<br />

Folgerungen zu ziehen wie Gesell. Was Gesell<br />

"Urzins" nennt, folgt unmittelbar aus der Zurückhaltbarkeit<br />

des Geldes. Aus dieser folgt ebenso das, was J.<br />

M. Keynes später die "Liquiditätsgebühr" genannt hat:<br />

die Gebühr, die der Geldinhaber erheben kann, weil er<br />

auf die jederzeitige Verfügbarkeit über sein Geld verzichtet,<br />

indem er es Unternehmern oder privaten Konsumenten<br />

- im Re-gelfall indirekt über eine Bank - zur<br />

Verfügung stellt.<br />

Gesells Ablehnung von Urzins<br />

Gesells wesentlicher Gr<strong>und</strong>gedanke, ja seine große<br />

<strong>und</strong> originelle Gr<strong>und</strong>intuition, ist es, diesen Liquiditätsverzicht<br />

für den Leiher gebührenfrei zu halten <strong>und</strong><br />

dadurch den in seinen Auswirkungen bekannter-maßen<br />

verhängnisvollen Zins zum Großteil auszu-schalten,<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

dass umgekehrt die Zurückhaltung, die "Hortung" des<br />

Geldes mit Durchhalte- oder Lager- oder Umlaufgebühren<br />

belegt wird. Diese Maßnahme stellt nicht allein einen<br />

alternativen Umlaufmechanismus dar, sie ist darüber<br />

hinaus sozialethisch gerechtfertigt durch die Tatsache,<br />

dass Geld eine öffentliche Einrichtung ist, ein vom<br />

Gesetzgeber eingeführtes Medium des Tausches (wie<br />

der Wertaufbewahrung). Dem öffentlichen Charakter<br />

dieses "Verkehrsmittels" widerspricht in der Tat eine<br />

folgenlose private "Hortung".<br />

Nicht dass ein Verkehrsmittel nicht auch parken dürfte.<br />

Doch sein Parken im öffentlichen Raum ist gebührenpflichtig,<br />

mehr als wir es vom Auto heute nur allzu<br />

gut kennen. Denn Geld kann, als öffentlich-gesetzliches<br />

Zahlungsmittel, im Unterschied zum Auto ausschließlich<br />

öffentlich parken, weil es heute nichts mehr als ein<br />

öffentlich-gesetzlicher Rechtsanspruch auf wirtschaftliche<br />

Leistungen ist. Für Geld gibt es keine Privatgarage,<br />

höchstens für naturale Wertaufbewahrungsformen wie<br />

Gold.<br />

Das von Hause aus öffentliche Verkehrsmittel Geld<br />

soll - nach Gesell - ohne Gebühr oder Wertverlust nur<br />

verwahrt werden können, indem es in den Wirtschaftskreislauf<br />

gegeben wird: durch öffentliches Sparen oder<br />

direktes Anlegen bei einem Darlehnsnehmer. Der<br />

Unternehmer ist der geborene Wertbewahrer des angelegten<br />

Geldes. Mit Geld arbeiten heißt dann, dessen<br />

Wertbewahrung besorgen. 3 Mindestens die Entschädigung<br />

für den Liquiditätsverzicht ist eben durch diese<br />

Werterhaltung bereits gewährleistet.<br />

Anlegen <strong>und</strong> Spekulieren ist nicht<br />

"Horten“<br />

Das nicht zur öffentlichen Verfügung gestellte Geld<br />

wird gerade nicht in diesem Sinn gespart, sondern<br />

wertmindernd aufbewahrt oder "gehortet" – sowohl<br />

nach Gesells Vorstellung wie faktisch unter heutigen,<br />

leicht inflationären Verhältnissen, unter denen liegengelassenes<br />

Bar- <strong>und</strong> Giralgeld zumindest ein paar Prozent<br />

von seinem Wert einbüßt.<br />

Aus dieser Tatsache hat Joseph Huber in seinem<br />

großangelegten Werk "Vollgeld" geradezu bissig gefolgert,<br />

die Gesellsche Forderung nach einem "Schw<strong>und</strong>geld"<br />

- ein eher polemischer als originär freiwirtschaftlicher<br />

Ausdruck, der eher an Schwindsucht als an Gesells<br />

Werterhaltungsabsichten erinnert! - sei doch heute<br />

allgemein erfüllt. 4 Dieses eigentlich zirkuläre Argument<br />

(Inflation als Umlaufgebühr) zur Zurückweisung von<br />

Gesells Intentionen enthält einen Wahrheitskern, <strong>und</strong><br />

zwar genau den, um den es mir hier geht: Nicht die Zu-


ückhaltung ("Hortung") von Geld stellt nämlich heute<br />

das Zentralproblem dar, sondern vielmehr die Verzinsung<br />

von angelegtem, "arbeitendem", direkt oder indirekt<br />

(über Banken) in Unternehmen investiertem Geld,<br />

eine positive Verzinsung, die trotz Inflation über die<br />

bloße Werterhaltung weit hinausgeht.<br />

"Arbeitenlassen" des Geldes als kapitalistische<br />

Gr<strong>und</strong>vorstellung<br />

Dieses Hinausgehen über die Werterhaltung - selbst<br />

bei unfreiwilligen, aber faktisch heute vorhandenen, inflationsbedingten<br />

Lagerungsgebühren für bloß zurükkgehaltenes<br />

Geld - zeigt deutlich, dass die bloße Liquiditätsverzichtsprämie<br />

nicht der Hauptbestandteil des<br />

Zinses sein kann. Oder müsste die heutige Inflationsrate<br />

höher sein, damit dies deutlicher wird?<br />

Heute besteht die allgemeine, kapitalistische Gr<strong>und</strong>vorstellung<br />

nicht in einer Totalzurückhaltung bis zum<br />

günstigen Moment (sogenannter Jokervorteil des Geldes),<br />

allenfalls in einem Wechsel des Renditeobjektes<br />

in Sek<strong>und</strong>enschnelle. Wesentlich ist, dass das angelegte<br />

Geld erstens überhaupt <strong>und</strong> zweitens womöglich an der<br />

optimalen Stelle "mitarbeitet" <strong>und</strong> dadurch seinen maximalen<br />

"Lohn" verdient. Dieser Gewinnanteil im Kreditzins,<br />

wie ich ihn nennen werde, ist um soviel wichtiger,<br />

wie die Summe der "angelegten" oder nach neuer<br />

Anlage suchenden Gelder die Summe des gehorteten<br />

Bargeldes übersteigt. Es handelt sich zweifellos um<br />

ganz andere Größenordnungen. Eine genauere quantitative<br />

Bestimmung tut hier nicht viel zur Sache.<br />

Nicht dass das Horten heute gar keine Rolle mehr<br />

spielte 5, aber es gehört als Gr<strong>und</strong>problem für sich allein<br />

eher dem traditionellen, vorkapitalistischen Um-<br />

Anmerkungen<br />

1 Ich bedanke mich bei Helmut Creutz (Aachen), Josef Hüwe (Berlin) <strong>und</strong><br />

Eberhard Knöller (Bern) für eine intensive schriftliche Diskussion über Zinsanteile.<br />

Es wurde nur teilweise Übereinstimmung erreicht. Doch irgendwann muss ein<br />

Autor sich der Öffentlichkeit stellen bzw. diese zu Hilfe rufen. Die Diskussion ist<br />

damit sicher nicht abgeschnitten.<br />

2 Ich verzichte an dieser Stelle auf genaue Quellenangaben. Diese findet der<br />

näher interessierte Leser in Kapitel 11 meines Buches "Sprung aus dem Teufelskreis",<br />

Wien: Vita Nuova 1997. Das Kapitel lautet: "Silvio Gesell <strong>und</strong> Karl Marx.<br />

Ein historisch verpasstes Bündnis". Es geht hier darum, das dort Entwickelte von<br />

der Betrachtung der Zinsanteile her zu ergänzen. Eine dort schon versuchte<br />

Unterscheidung von vier Ursachen des Zinses beinhaltet unter anderem, dass die<br />

Überlegenheit des Geldes über die Waren die "Materialursache" darstellt, die<br />

Ausbeutung der Arbeit jedoch die "Wirkursache". Dort wurden jedoch noch keine<br />

Anteile im Zins unterschieden, die den Ursachen entsprechen dürften.<br />

3 Vgl. Fritz Andres, Zur Zukunft der Unternehmensverfassung. Wirkungen verbesserter<br />

gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, in: Fragen der Freiheit ,<br />

Heft 250 (1999), 27: "Da Wertaufbewahrung gesamtgesellschaftlich nur durch<br />

Investitionen möglich ist, besteht im Investieren der Dienst, den die Unternehmer<br />

für die Sparer leisten." Derzeit wird jedoch keineswegs nur der Dienst der Wertaufbewahrung,<br />

sondern einer weit darüber hinaus gehenden Wertvermehrung<br />

gesparten/angelegten Geldes dem Unternehmer <strong>und</strong> seinen Mitarbeitern abverlangt.<br />

gang mit dem "Mammon"<br />

an, während das<br />

Arbeitenlassen des Geldes<br />

zum Zwecke seiner<br />

Selbstvermehrung erst<br />

das typisch Kapitalistische<br />

ist. Ein epochal<br />

wichtiger <strong>und</strong> auch für<br />

die Gegenwartsanalyse<br />

gar nicht zu überschätzender,<br />

von vielen Freiwirtschaftlern<br />

aber nicht<br />

wichtig genommener<br />

Unterschied, weil man an<br />

der Hortbarkeit aufgr<strong>und</strong><br />

der materialen Überlegenheit<br />

des Geldes orientiert<br />

bleibt, während heute täglich Billionen um den<br />

Globus kreisen, die schon angelegt sind <strong>und</strong> eine womöglich<br />

noch rentablere Anlage suchen. Die materiale<br />

Überlegenheit des Geldes hat zwar elektronische Gestalt<br />

angenommen, doch sie ist nur Voraussetzung für die<br />

Suche nach "Arbeit" <strong>und</strong> Kapitallohn.<br />

Beide Vorstellungen, Verzicht auf Liquidität wie Anspruch<br />

auf Kapitallohn, sind "ideologische" Gr<strong>und</strong>lagen<br />

von Zinsnahme. Die eine ist so wenig "natürlich" wie<br />

die andere. Wohl ist die "Urzins"-Rechtfertigungsideologie<br />

elementarer, weil allein aufgr<strong>und</strong> der materialen<br />

Beschaffenheit des Geldes anfänglich durchsetzbar. Sie<br />

ist als Voraussetzung auch in der heute leitenden Ideologie<br />

vom mitarbeitenden, Lohn verdienenden Geld enthalten<br />

wie der Affe im Menschen. (Der Sachverhalt einer<br />

reflexiven Stufung, bei der das Elementarere im Höheren<br />

enthalten ist.)<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Das Foto zeigt das<br />

größte deutsche Geldinstitut,<br />

die Deutsche<br />

Bank in Frankfurt.<br />

Banken sorgen für die<br />

die Steuerung des öffentlichenVerkehrsmittels<br />

Geld, das nicht<br />

privat gehortet werden<br />

sollte, sondern in<br />

Form von Krediten<br />

wieder in den Wirtschaftskreislaufgebracht<br />

werden muss,<br />

damit es zu keinen<br />

Wirtschaftskrisen<br />

kommt<br />

4 Joseph Huber, Vollgeld. Beschäftigung, Gr<strong>und</strong>sicherung <strong>und</strong> weniger Staatsquote<br />

durch eine modernisierte Geldordnung, Berlin 1998. "Die Gesellianer wollen<br />

inflationären Geldschw<strong>und</strong> nicht als real existierenden Geldschw<strong>und</strong> anerkennen"<br />

(399). Ich habe dazu in meinen Vorlesungen über das Buch bemerkt:<br />

Ähnlich könnte man die Verdrängung des Todes in unserer Gesellschaft "widerlegen"<br />

mit der Zahl er unterlaufenen Verkehrsopfer. Wie überhaupt Hubers Anhang<br />

zu Gesell (381-400) nicht dem sonstigen hohen Niveau seines Buches entspricht.<br />

Dennoch ist das Argument im Zusammenhang der Zinsanalyse ernsthaft: Durch<br />

die Inflation haben wir faktisch eine Umlaufgebühr wider Willen. Diese wird freilich<br />

wieder wirkungslos gemacht durch einen Zinsanteil Inflationsausgleich, "mit<br />

dem sich die Geldbesitzer von Dritten den Realbestand ihrer Vermögen absichern<br />

lassen, die selbst oft keine Möglichkeit haben, ihre eigene inflationsbedingte<br />

Mehrbelastung auszugleichen" (Helmut Creutz, Brief vom 8.9.2001). Warum soll<br />

aber eine Umlauf- oder Lagerungsgebühr im Sinne Gesells nicht ebenso von den<br />

Mächtigen abgewälzt werden können – solange die Vorstellung des arbeitenden<br />

Geldes akzeptiert wird?<br />

5 Vgl. dazu Josef Hüwe, "Wer hortet denn heute noch Geld? Zur Frage einer<br />

stärkeren Euro-Inflationierung", in: CGW-R<strong>und</strong>brief Sept. 2001.<br />

Nicht dass das Horten heute gar keine Rolle mehr spielte, aber es gehört als<br />

Gr<strong>und</strong>problem für sich allein eher dem traditionellen, vorkapitalistischen Umgang<br />

mit dem "Mammon" an, während das Arbeitenlassen des Geldes zum<br />

Zwecke seiner Selbstvermehrung erst das typisch Kapitalistische ist.<br />

9


10<br />

SCHWEIZ<br />

Eine monatelange Zitterpartie endete positivmie<br />

Das Oltner Bündnis in DAVOS am 02.02.2002<br />

Chronologie der Ereignisse: Mitte Januar finden wir<br />

endlich einen Raum. Die niederländische Asthmaklinik<br />

in Davos vermietet uns ihren Saal für ein Gespräch mit<br />

der Bevölkerung. Wir planen ein Podium: kurze Vorstellung<br />

aller anwesenden Gruppen aus dem Oltner<br />

Bündnis, anschließend Diskussion. Zur Zeit wird "nur"<br />

noch der/die ModeratorIn gesucht. Aber es sollte nochmals<br />

anders kommen!<br />

Es entsteht innert kürzester Zeit ein origineller Flyer,<br />

welcher auf den 2.2.02 zu Diskussion <strong>und</strong> anschließendem<br />

Fest einlädt. Dieser wird mit der Post in alle Haushalte<br />

in der Landschaft Davos verteilt. Am gleichen Tag<br />

erhält die Verwaltung der Asthmaklinik in Davos von<br />

der Klinikbesitzerin in Holland die Anweisung, der Vertrag<br />

mit dem Oltner Bündnis sei zu annullieren. Irgendwer<br />

aus dem Oltner Bündnis titelt in einem Anflug von<br />

Galgenhumor: "Der Dialog hat Asthma".<br />

Donnerstag, 31. Januar. Der Durchbruch. Grosses<br />

Spendenbarometer<br />

INWO-CH PC-Konto: 30-1771-2 Bern<br />

Spendenmeldung per 23.01.02<br />

Stand alt 19.12.01: Fr. 21'963.--<br />

Stand per 31.12.01: Fr. 24'333.-- (Jahresabschluss)<br />

Stand neu per 23.01.02: Fr. 5'226.33<br />

Spenden Fr. 5.-- bis Fr. 49.--<br />

27<br />

Spenden Fr. 50.-- bis Fr. 100.--<br />

K.R. Bremgarten, H.K. Gümligen, F.R. St. Gallen, H.D.<br />

Kyburg, H.M. Grenchen, N.M. Bern, P.H. Muttenz, A.G.<br />

Thayngen, A.L. Zürich, P.F. Basel, H.K. Steffisburg,<br />

L.P. Scharans, A.P. Scharans, E.G. Känerkinden, E.K.<br />

Möriken, A.H. Brügg, U.S. Möri-gen. HJ.W. Arbon, J.M.<br />

Ipsach, H.A. Schönried, C.R. Winterthur,<br />

L.M. Bottmigen, L.B. Wald, K.M. Schaffhausen, D.S.<br />

Amriswil, M.W. Wiesendangen, J.S. Herisau, F.G. Bivio,<br />

A.H. Oberwichtrach, H.R. Zürich, H.M. Orp<strong>und</strong><br />

Spenden Fr. 101.-- bis Fr. 200.--<br />

H.R. Winterthur, H.B. Basel, E.B. Feuerthalen, H.S. Zürich,<br />

H.N. Steffisburg, E.G. Zü-rich, H.B. Winterthur,<br />

J.V. Luzern, P.J. Dielsdorf<br />

Spenden Fr. 201.-- bis Fr. 500.--<br />

W.M. Nürensdorf, L.W. Beringen, A.T. Schiers<br />

Spenden Fr. 1000.--<br />

H.H. Bern<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Auf- <strong>und</strong> Durchatmen. Medienmitteilung des Oltner<br />

Bündnis: "An seiner Sitzung vom 29. Januar hat der<br />

Kleine Landrat der Landschaft Davos (Exekutive) beschlossen,<br />

dem Oltner Bündnis die von Davos-Tourismus<br />

verwaltete Aula der Alpinen Mittelschule zur Verfügung<br />

zu stellen....Das Gespräch wird von der Publizistin<br />

<strong>und</strong> Radio DRS-Autorin Dr. Regula Renschler moderiert."<br />

Zu dem Treffen in der Aula fanden sich ungefähr 100<br />

Personen ein, viele Sympathisanten aus dem Oltner<br />

Bündnis, Mitglieder der INWO Schweiz, aber auch der<br />

Polizeichef von Davos <strong>und</strong> lokale PolitikerInnen. Positiv<br />

erlebt wurde, dass nach der Vorstellung der Podiumsteilnehmer<br />

<strong>und</strong> unserer Anliegen während 90 Minuten<br />

eine angeregte Diskussion mit dem Publikum stattfand.<br />

Marco Lustenberger schreibt am Schluss seiner Stichworte<br />

aus Davos: "Wir sind uns näher gekommen. DA-<br />

VOS 2003 wird zeigen wie nahe."<br />

Sabine Bruppacher<br />

Wandergeselle ohne Ruhe <strong>und</strong> Rast-<br />

Zum Tode von Hermann Möckli<br />

Am 11.Januar hat in Erlenbach am Zürichsee eine stattliche<br />

Zahl von Angehörigen, Fre<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en<br />

von Hermann Möckli Abschied genommen. Er war kurz<br />

vor seinem 92. Geburtstag den Altersgebresten erlegen.<br />

An einem kalten, grauen Wintertag streuten die Trauernden<br />

mit Andacht Blumen auf die Urne mit Hermis Asche.<br />

Hermann Möckli – 1910 in schwierigen ländlichen Verhältnissen<br />

aufgewachsen – absolvierte in Winterthur<br />

eine Eisendreher-Lehre bei Sulzer. Schon in jugendlichen<br />

Jahren schloss sich der aufgeweckte Bursche als begeisterter<br />

<strong>und</strong> begnadeter Sänger der Wander- <strong>und</strong> Sängerbewegung<br />

um Hans Roelli an. Ihr blieb er ein Leben<br />

lang treu verb<strong>und</strong>en.<br />

Die zweite Leidenschaft Hermi Möcklis galt den Ideen<br />

der Freiwirtschaft. In den Krisenjahren war er als Arbeitsloser<br />

auf die Ideen Silvio Gesells gestossen <strong>und</strong><br />

hatte sogleich Feuer gefangen. Fortan beschäftigten ihn<br />

Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit zeitlebens. Zwar war er nie offizielles<br />

Mitglied in den freiwirtschaftlichen Organisationen,<br />

doch kaum eine Veranstaltung der Freiwirtschaftlichen<br />

Bewegung, der Liberalsozialistischen Partei <strong>und</strong><br />

der INWO, an der Hermi Möckli nicht mit kritischem<br />

Geist dabei gewesen wäre. Doch auf enthusiastische<br />

Aufbruchphasen folgten depressive, in denen ihn sein<br />

Misstrauen <strong>und</strong> sein tiefer Pessimismus übermannten.<br />

Ein "Hiobsschicksal" meinte beim Abschied die Pfarrerin.<br />

Hermi Möcklis eigentliches Lebenswerk, das über seinen<br />

Tod hinaus Bestand hat, ist die Annamaria-<strong>und</strong>-Karl-Kramer-Stiftung<br />

in Zürich, benannt nach einem Geschwisterpaar,<br />

das im Testament einen Teil eines Neubaus auf<br />

seinem Gr<strong>und</strong>stück für die Nutzung von idealistischen<br />

Gruppierungen bestimmt hatte. Mit den Baurechtszinseinnahmen<br />

aus der Liegenschaft unterstützt die Stiftung<br />

Werke im Sozial- <strong>und</strong> Bildungsbereich.<br />

Heinz Girschweiler


"Vergelt’s Gott!" statt "Dankä vielmol!" sagen<br />

Appenzeller <strong>und</strong> meinen damit: Gott<br />

soll dir dies, nämlich deine gute Tat, vergelten,<br />

dich dafür belohnen, dich segnen, sei<br />

es im irdischen Diesseits oder im ewigen<br />

Leben. Dieser appenzellische Dank beweist<br />

eine christlich-eingottgläubige Überzeugung,<br />

die ihrerseits allerdings auf vorchristlich-vielgottgläubigen<br />

Wurzeln beruht, wie<br />

das Herkunftswörterbuch zeigt.<br />

Das neuhochdeutsche Wort Geld lautete<br />

nämlich mittel- <strong>und</strong> althochdeutsch gelt <strong>und</strong><br />

hatte die Bedeutung von Entgelt, Vergeltung,<br />

Ersatz, Vergütung. Und gelt gehört zum Verb<br />

gelten, dessen althochdeutscher Vorgänger<br />

geltan die Bedeutung von entrichten, erstatten,<br />

entschädigen, opfern hatte.<br />

Der germanische Opferdienst erforderte<br />

Abgaben, um die strafenden Götter gnädig<br />

zu stimmen, um menschliche Verfehlungen<br />

auszugleichen ("Vergib uns unsere<br />

Schuld!") oder um bevorstehende Taten erfolgreich<br />

vollbringen zu können. Zu diesem<br />

Zweck besonders dienlich war die Opferung<br />

der ersten Erntefrucht oder der ersten Tiergeburt.<br />

Als gelt galt (= war gültig) aber<br />

auch die Entrichtung des entsprechenden<br />

Wertes in Silber. Die Geldgabe zwecks Kompensation<br />

im Sinne von Schadenersatz oder<br />

Schmerzensgeld oder Heilungspreis machte<br />

den Kultort zur Münzbank, den Opferstock<br />

zur Sparkasse, den Tempel zur Schatzkammer,<br />

den Priester zum Sachwalter.<br />

Vergelt’s Gott!<br />

oder: von Gott, Gold <strong>und</strong> Geld aus sprachlicher Sicht<br />

Neujahrswünsche getadelte) Goldbindung von Adolf darf heute als Paster ent-<br />

Zum Wortfeld von Geld gehören auch<br />

Gülte für Gr<strong>und</strong>zins <strong>und</strong> Gilde für Zunftrecht<br />

(ursprünglich ein Opfergelage nach<br />

Sabine Bruppacher<br />

geb.1937, einst diplomiert<br />

in Sozialpädagogik,<br />

später<br />

in Heilpädagogik,<br />

noch später in<br />

Supervision. Aber<br />

das ist heute zum<br />

Glück alles nicht<br />

mehr wichtig. Zwar<br />

ist meine AHV wegen Auslandaufenthalten in<br />

USA, Kanada <strong>und</strong> Mexico gekürzt, aber sie ermöglicht<br />

es mir immerhin, mich furchtlos vor<br />

Sanktionen äussern zu können <strong>und</strong> nur noch<br />

einer Rechtsbindung), aber nicht Gold, das<br />

- wegen seiner unverwüstlichen Farbe - mit<br />

gelb verwandt ist. Dies mag erstaunen, denn<br />

Gold <strong>und</strong> Geld werden gern in einem Atemzug<br />

genannt, war doch auch Gold ein Zahlungsmittel,<br />

als die Zwanzigfrankenmünze<br />

namens Goldvreneli noch - wenn auch nur<br />

sehr langsam - umlief.<br />

Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hatte das Goldvreneli<br />

den gleichen Wert wie die Zwanzigfrankennote,<br />

- so lange die Geldscheine mit Gold<br />

gedeckt, das heisst ans Gold geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />

so jederzeit in Gold umtauschbar waren.<br />

Seit 1973 gibt es diese Bindung glücklicherweise<br />

nicht mehr. Der Goldpreis wurde flexibel<br />

wie die Wechselkurse. Das Goldvreneli<br />

gewann an Sammelwert. Und der Franken<br />

ist seither "nur" noch durch die Volkswirtschaft<br />

gedeckt.<br />

Die Golddeckung des Frankens verschwand<br />

offiziell allerdings erst im Jahr<br />

2000 aus der B<strong>und</strong>esverfassung. Das heißt:<br />

Zwischen der praktischen <strong>und</strong> der theoretischen<br />

Lösung unseres Geldes vom Goldwert<br />

vergingen ganze 27 Jahre, ohne dass auch<br />

nur eine einzige Person mit politischem Gewicht<br />

den illegalen Zustand kritisierte hätte.<br />

Das erinnert stark an Hans Christian Andersens<br />

Märchen von des Kaisers neuen Kleidern,<br />

worin sich kein Erwachsener, sondern<br />

nur ein kleines Mädchen getraut, die Wahrheit<br />

auszusprechen. Immerhin, die ehemalige<br />

(von Freiwirtschaftlern jahrzehntelang<br />

larvter Märchen- oder Aberglaube bezeichnet<br />

werden.<br />

Kurzvorstellung der neuen Redaktion<br />

das zu tun, was mir Freude macht. Eben, z. B.<br />

die Mitarbeit bei der r-evolution <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />

mit dem Redaktionsteam!<br />

Dr. oec. Hans-Peter Studer hat an der Universität<br />

St. Gallen Wirtschaftswissenschaften studiert<br />

<strong>und</strong> ist seit zwölf Jahren als selbständiger<br />

Mitwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsökonom tätig. Er arbeitet<br />

teilzeitlich als Redaktor der Zeitschrift<br />

"bisch zwäg" der VGS, Volksges<strong>und</strong>heit<br />

Schweiz <strong>und</strong> gibt Vorträge <strong>und</strong> Seminare im<br />

Hinblick auf eine Neuorientierung im westlichen<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen <strong>und</strong> Wirtschaftssystem.<br />

Hans-Peter Studer ist unter anderem Autor der<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

So weit so gut. Noch etwas anderes mag<br />

ebenfalls erstaunen: 1999 empfahlen<br />

B<strong>und</strong>esrat <strong>und</strong> Parlament die Gesamtrevision<br />

der B<strong>und</strong>esverfassung als lediglich redaktionelle<br />

Überarbeitung, ohne in der Botschaft<br />

an die Stimmberechtigten auch nur<br />

mit einem Satz zu erwähnen, dass damit der<br />

längst veraltete Zopf namens Goldbindung<br />

abgeschafft würde. Unterblieb ein solcher<br />

Hinweis vielleicht, weil die Wortführer sich<br />

schämten oder weil Wesen <strong>und</strong> Unwesen<br />

von Geld <strong>und</strong> Gold eines der letzten Tabus<br />

in unserer aufgeklärten Gesellschaft darstellen?<br />

Sei dem, wie ihm wolle. Volk <strong>und</strong> Stände<br />

stimmten zu <strong>und</strong> machten damit den Weg<br />

frei für die überfälligen Goldverkäufe der<br />

Nationalbank. Wie der Verkaufserlös dereinst<br />

verwendet werden soll, wird die Zukunft<br />

zeigen. Und die Moral von der Geschicht?<br />

Geld hat man, aber man bespricht<br />

es nicht. Oder weiß jemand, um nur ein<br />

harmloses Beispiel zu nennen, wer <strong>und</strong> aus<br />

welchem Gr<strong>und</strong> dieser Unbekannte veranlasst<br />

hat, dass die übernationalen Euro-<br />

Münzen auf der einen Seite national unterschiedlich<br />

geprägt sind?<br />

Dass trotz der Stabilitätsvorschriften in<br />

Euroland <strong>und</strong> trotz der inzwischen weltweiten<br />

Lösung des Geldes vom Gold der "Tanz<br />

um das goldene Kalb", nämlich die Zinswirtschaft,<br />

noch keineswegs überw<strong>und</strong>en<br />

ist, zeigt auch dem monetären Analphabeten<br />

in leicht verständlicher Sprache die folgen-<br />

de Internet-Adresse: www.geldreform.de<br />

Hans-Jörg Willi<br />

beiden Bücher "Ges<strong>und</strong>heit<br />

in der Krise.<br />

Fakten <strong>und</strong> Visionen"<br />

(Verlag<br />

AAMI, 2. Auflage<br />

1996) <strong>und</strong> "Die<br />

Grenzen des Turbokapitalismus.Fakten<br />

<strong>und</strong> Perspektiven<br />

für eine neue<br />

Ökonomie" (fischer media, 2000). Er unterstützt<br />

die Schweizer Redaktorin Sabine Bruppacher<br />

mit einem kleinen Teilzeitpensum.<br />

11


12<br />

SCHWEIZ<br />

INWO in der Schule?<br />

Für den Unterricht an<br />

Schulen <strong>und</strong> in der Erwachsenenbildungen<br />

sind die „volkswirtschaftlichenLehrhefte“<br />

der INWO-<br />

Schweiz gedacht.<br />

Ein Projekt der INWO Schweiz<br />

Volkswirtschaftliche Lehrhefte für Schulen,<br />

Fachhochschulen <strong>und</strong> Erwachenenbildung<br />

Das nachfolgend skizzierte provisorische Konzept soll<br />

von den am Projekt Interressierten, vor allem von den<br />

Mitwirkenden, korrigiert, zerzaust, verbessert, auf den<br />

Kopf gestellt werden.<br />

Mögl. (Unter- oder Alternativ-) Titel:<br />

Eine Einführung in die Volkswirtschaft, mit der Darstellung<br />

einer krisen-freien <strong>und</strong> menschlicheren Wirtschaftsstruktur.<br />

Oder ? ............. (wir bitten um bessere Vorschläge).<br />

Zielsetzungen:<br />

a) Reduktion des ökonomischen Analphabetismus durch<br />

didaktisch gestaltete Einführung in die Volkswirtschaftslehre<br />

(Stufe: etwa ab 8. bis 9. Schuljahr)<br />

b) Leicht verständliche Einführung in die Überwindung<br />

des "Turbokapitalismus" unter Beachtung sozialethischer<br />

Aspekte, z.B. durch einfache Änderungen des<br />

Geldwesens, vernünftige Kanalisierung von zerstörerischen<br />

"Märkten", wie die Finanzmärkte, der Bodenmarkt,<br />

u.a. Zusammenhänge mit der Ökologie bewusst<br />

machen.<br />

Zum Stil: Möglichst<br />

auch Geschichten<br />

<strong>und</strong><br />

Beispiele, mit Graphiken,<br />

Bildern,<br />

Karikaturen, Comics,<br />

in didaktisch<br />

kluger Form<br />

<strong>und</strong> klarem Aufbau.<br />

Das "Produkt":<br />

Lehrhefte mit je<br />

zwei Teilen, nämlich<br />

a) Der Textteil (mit Glossar der Begriffe, + eingestreute<br />

Übungen, Spiele, Rätsel, Denk-sportaufgaben<br />

zum Thema, Literaturhinweisen, usw.)<br />

b) Der Graphikteil mit Folienvorlagen, durch präzise<br />

Nummerierung mit dem Textteil verzahnt<br />

Provisorisches Inhaltsverzeichnis:<br />

Teil 1: Kurze Einführung in die Volkswirtschaftslehre.<br />

Die Waren- <strong>und</strong> Geldströme. Geld, das Blut der Wirtschaft.<br />

Rollen <strong>und</strong> Aufgaben der Zentralbank <strong>und</strong> der<br />

Geschäfts-banken. Geldumlauf: Menge <strong>und</strong> Geschwindigkeit;<br />

Inflation <strong>und</strong> Deflation, je Ursachen <strong>und</strong> Folgen.<br />

Wie gelangt Geld in Umlauf? Geldmengensteuerung.<br />

Volkseinkommen, (Brutto-/Netto-) Sozialprodukt, Wohlstand<br />

<strong>und</strong> Wohlfahrt. Die Finanzmärkte, ihr ursprünglicher<br />

Sinn, Nutzen <strong>und</strong> Fehlentwicklungen<br />

Die Ziele der Wirtschaftspolitik (das goldene 5-Eck,<br />

oder so - <strong>und</strong> die Realität).<br />

Teil 2: Die dramatische Situation. Die explodierenden<br />

Schulden <strong>und</strong> Vermögen, in den Industrieländern, in<br />

Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern. Die großen <strong>und</strong><br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

wachsenden Unterschiede, die Armen werden ärmer<br />

<strong>und</strong> die Reichen reicher.<br />

Die Ursachen dafür; der "Kapitaldienst", die Arbeitslosigkeit.<br />

Warum Wachstum allein die Probleme nicht löst,<br />

wie die total liberalisierten Märkte die Menschen überfahren,<br />

insbesondere in den Entwicklungsländern, mit<br />

konkreten Beispielen. Die Ursachen von Konjunkturschwankungen<br />

(sie sind keine Naturereignisse !)<br />

Teil 3: Eine einfache Geldreform. "Rasches Geld", das<br />

man nicht gerne behält, weil die liquiden Mittel durch<br />

eine Benützungsgebühr belastet sind (+ evtl. andere<br />

Ände-rungen). Die Folgen sind weitreichend: Tiefe bis<br />

sehr tiefe Zinsen ohne Deflation - bessere Steuerung<br />

der Geldwertstabilität - die Mitarbeiter werden zu Beteiligten<br />

– Vollbeschäftigung in natürlicher Weise – von<br />

Seite des Kapitals kein Wachstumsdruck mehr, also nur<br />

nachhaltiges Wachstum, um vernünftige Bedürfnisse zu<br />

befriedigen...<br />

Teil 4: Notwendige Begleitmassnahmen. Der durch<br />

Abgaben bedrängten Liquidität muss man die Fluchtwege<br />

in die andern arbeitsfreien Kapitaleinkommen verstopfen:<br />

a) in den spekulativen Kauf von Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden;<br />

b) in noch expansivere Spekulations-luftblasen der Finanz-<br />

<strong>und</strong> Rohstoffmärkte.<br />

Teil 5: Ergänzungen zur Ökologie. Eine Wirtschaft im<br />

Gleichgewicht findet auch leichter zu einer ökologischen<br />

Nachhaltigkeit. Eine rasche Ablösung der fossilen<br />

Brennstoffe erfordert grosse Anstrengungen. Umweltschutz<br />

ist ein Problem der Weltgemeinschaft<br />

---------------------------------------------<br />

Verwendung der entstehenden Unterlagen, gemäss<br />

obigen Zielsetzungen:<br />

• Für den Unterricht an Schulen, Fachhochschulen,<br />

Volkshochschulen <strong>und</strong> anderen Erwachsenenbildungsveranstaltungen,<br />

Kursen, Seminaren, Lehrer<strong>und</strong><br />

Politiker-Fortbildung, usw.<br />

• Zum Selbststudium (beim Stil der Texte zu beachten)<br />

Vorläufige Projektgruppe: Hans-Jörg Willi, Peter Werner,<br />

Walter Meier-Solfrian, Marco Lustenberger , Präsident<br />

INWO CH.<br />

Es werden dringend weitere MitarbeiterInnen<br />

(Spezialisten, Lektoren, Zeichner, Gestalter <strong>und</strong><br />

Sponsoren) gesucht.<br />

Und: Wer kennt einen geeigneten Verlag ?<br />

Wir sind dankbar für jeden Hinweis, Titelvorschlag,<br />

Tipp, Ratschlag, gute Idee, allenfalls vorhandene Texte,<br />

usw.<br />

Walter Meier-Solfrian, e-mail:<br />

meier-solfrian@bluewin.ch


Auf wessen Seite steht der Österreichische<br />

Gewerkschaftsb<strong>und</strong> wirklich?<br />

Die Gewerkschaftsbank BAWAG will sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern<br />

Der folgende Leserbrief von IMWO-Mitglied Ernst Dorfner ist in der österreichischen<br />

Gewerkschaftszeitung "Kompetenz", Ausgabe 10/2001, fast zur Gänze abgedruckt<br />

worden. Der leicht gekürzte Verweis auf Dorfners Text, den Vollgeldvorschlag<br />

von Joseph Huber betreffend, ist auch für die Leser der r-evolution gedacht.<br />

Da stellt sich der Gewerkschaftsb<strong>und</strong>, allen voran<br />

Hans Sallmutter, mit an die Spitze der Anti-<strong>Globalisierung</strong>bewegung,<br />

spricht sich in starken Worten gegen die<br />

neoliberale Wirtschaftspolitik <strong>und</strong> gegen die Dominanz<br />

der Ökonomie über die Politik aus, unterstützen die<br />

Protagonisten des ÖGB verbal die Forderungen der Protestbewegung<br />

in Genua – <strong>und</strong> setzt dieser ÖGB offensichtlich<br />

gerade jetzt Handlungen, die diesen entgegenstehen.<br />

So wollen nach einem Bericht in "Die Presse”<br />

(www.diepresse.at vom 03.08.01) die Aktionäre der<br />

Österr. Nationalbank, allen voran die Bank für Arbeit<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft im Mehrheitseigentum des ÖGB stehend<br />

– ehedem "Arbeiterbank” benannt – wie auch der Gewerkschaftsb<strong>und</strong><br />

neben Wirtschaftskammer, sonstigen<br />

Interessenvertretungen, Banken <strong>und</strong> Versicherungen, Industriellenverband<br />

gerichtlich dagegen intervenieren,<br />

dass der B<strong>und</strong> den Löwenanteil des jährlichen Gewinns<br />

(2000: 21.500 Mill. ATS) kassiert, die Aktionäre aber<br />

nur mit einem Butterbrot (8,25 Mill. ATS) abgespeist<br />

werden.<br />

Volksbegehren Sozialstaat Österreich<br />

Die Inflationsrate betrug vergangenes Jahr in Österreich<br />

2,7 %, aber die derzeitige rechtsgerichte Regierung<br />

hat den Pensionisten Österreichs nur eine Erhöhung<br />

ihrer Renten von 1,1 % zugestanden. Keine herausragende<br />

Tat für eine Regierung, die von einem<br />

B<strong>und</strong>eskanzler der ÖVP angeführt wird. "Ist diese Partei<br />

wirklich christlich-sozial?"- so fragen sich so manche.<br />

Die reale Verschlechterung der Situation der Senioren<br />

<strong>und</strong> etliche weitere Einschnitte im sozialen Ausgleich<br />

zwischen Öster-Reich <strong>und</strong> Öster-Arm haben die Initiative<br />

"Sozialstaat Österreich" entstehen lassen. Von den 11 Initiatoren<br />

sind die frühere Frauenministerin Johanna<br />

Dohnal, die evangelische Superintendentin <strong>und</strong> frühere<br />

Präsidentschaftskandidatin Gertraud Knoll, der Wirtschaftswissenschafter<br />

Stephan Schulmeister <strong>und</strong> der Politikwissenschafter<br />

Emmerich Talos der Öffentlichkeit<br />

bekannt.<br />

Die Sozialinitiative hat ein Volksbegehren eingeleitet,<br />

um die Regierung zu motivieren, ihre Sparmaßnahmen<br />

nicht nur zu Lasten der nicht so gut lobbyistisch Vertre-<br />

ÖGB-Sekretär Sepp Wall-Strasser verlangt in den OÖN<br />

( www.oon.at vom 02.08.01) die Wiedereinführung<br />

keynesianischer Wirtschaftspolitik, wobei "die Zentralbanken<br />

sich nicht nur an der Geldwertstabilität, sondern<br />

auch an Wirtschaftswachstum <strong>und</strong> Beschäftigung<br />

orientieren müssen”. Das lange Zeit gehandhabte deficit<br />

spending hat aber letztlich zu einer recht ansehnlichen<br />

Umverteilung von Unten nach Oben geführt ( 100 Mrd.<br />

Schilling pro Jahr müssen alleine aus dem B<strong>und</strong>esbudget<br />

an Zinsen bezahlt werden) <strong>und</strong> seinerzeit schon<br />

Bruno Kreisky auf die Idee einer Notenbankfinanzierung<br />

des staatlichen Defizits gebracht. Damit müsse der Staat<br />

zwar auch Zinsen für die Notenbankkredite zahlen, bekäme<br />

diese aber über die Abführung des Notenbankgewinnes<br />

faktisch allein an den Fiskus wieder erstattet.<br />

Sollte der ÖGB nicht vielmehr solche oder bereits<br />

weitergeführte Ideen aufgreifen, anstatt einer weiteren<br />

neoliberalen Privatisierung der Geldschaffung des Wort<br />

zu reden? Ich verweise dabei auf www.dieterb.de/newmoney/texte,<br />

insbesondere meinen Beitrag "Vollgeld<br />

<strong>und</strong> Klarstellungen")<br />

Ernst Dorfner, Linz<br />

tenen zu setzen:<br />

"Mit dem Hinweis auf wirtschaftliche Zwänge läuft in<br />

Europa seit Jahren eine Offensive zur Schwächung des<br />

Sozialstaats. Politik kürzt Leistungen, schwächt Institutionen<br />

<strong>und</strong> untergräbt den Gr<strong>und</strong>satz der Solidarität."<br />

So begründen die Initiatoren zielgerichtet ihren Aufruf<br />

zum Volksbegehren. Zwar erfährt<br />

man vom Wirtschaftswissenschafter<br />

Stephan Schulmeister bei seinen<br />

Fernsehauftritten wenig bis<br />

gar nichts über die wahren Ursachen<br />

der wirtschaftlichen Zwänge <strong>und</strong> insgesamt bleibt<br />

die Initiative natürlich auch die Antwort auf die Frage<br />

der Finanzierung der sozialen Umverteilungen schuldig.<br />

Dennoch sei hier auf die Möglichkeit hingewiesen,<br />

den derzeit politisch Mächtigen eine Rute ins Fenster zu<br />

stellen. Das Volksbegehren "Sozialstaat Österreich" liegt<br />

in der Zeit nach Ostern (Mi. 3. bis Mi. 10. April) in den<br />

Gemeindestuben zur Unterschrift auf.<br />

Weitere Informationen unter www.sozialstaat.at.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

ÖSTERREICH<br />

13


14<br />

DEUTSCHLAND<br />

Die Angst vor einer Zukunft, die wir fürchten,<br />

können wir nur überwinden durch Bilder von einer<br />

Zukunft, die wir wollen. (Wilhelm Ernst Barkhoff, Gründer der GLS-Bank)<br />

Die Vorgeschichte:<br />

Die Initiative Ordensleute für den Frieden (IOF) bildete<br />

sich während des sogenannten "heissen Herbstes" im<br />

Oktober 1983. Zusammen mit anderen Gruppen der<br />

Friedensbewegung demonstrierten Ordensfrauen <strong>und</strong><br />

–männer für den Verzicht auf eine Nachrüstung in der<br />

B<strong>und</strong>esrepublik. Auch im Anschluss daran setzten die<br />

Ordensleute ihr Engagement fort <strong>und</strong> demonstrierten gegen<br />

Millitarisierung, Rüstungswettlauf <strong>und</strong> Waffenexport.<br />

Durch die Arbeits- <strong>und</strong> Diskussionsr<strong>und</strong>en in den Regionalgruppen<br />

der IOF schärfte sich der Blick für den Zusammenhang<br />

zwischen Frieden <strong>und</strong> einer <strong>gerechte</strong>n Verteilung<br />

der Güter sowie für die weltweite Problematik<br />

der Verschuldung. Die Initiative setzt sich zunehmend<br />

kritisch auseinander mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem<br />

<strong>und</strong> der neoliberalen <strong>Globalisierung</strong>. Es<br />

wurde ihr wichtig, mit anderen Gruppen vernetzt zu<br />

Ein Mahnmal, das kein "Mal" ist <strong>und</strong> das nicht mahnt?<br />

(Jens Lehmann)<br />

sein.<br />

Die IOF kritisiert insbesondere das bestehende Geldsystem,<br />

den Götzen Mammon, <strong>und</strong> stellt insbesondere das<br />

Zinsnehmen infrage, weil das Zins- <strong>und</strong> Zinseszinssystem<br />

zu einer gigantischen Umverteilung von Arm zu Reich<br />

führt. Ihre Mahnwachen <strong>und</strong> Aktionen werden regelmässig<br />

auch von Mitgliedern der INWO aus Frankfurt,<br />

Darmstadt <strong>und</strong> Umgebung unterstützt.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Einmal im Monat treffen sich Ordensleute <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>innen an der Skulptur auf dem Platz vor der<br />

Deutschen Bank in Frankfurt als dem Sinnbild für deutsche<br />

Geldkonzerne. Vor der Spiegelfassade der beiden<br />

hohen Banktürme erscheinen die wenigen Menschen<br />

nur winzig, die da mit ihren Plakaten schweigend in einer<br />

Reihe stehen oder Flugblätter verteilen <strong>und</strong> mit Passanten<br />

diskutieren. Jedoch, sie erregen Aufmerksamkeit.<br />

Bankangestellte amüsierten sich bislang, wenn sie etwa<br />

daran erinnert wurden, dass sie auch einmal von Arbeitslosigkeit<br />

bedroht sein könnten: unvorstellbar, doch<br />

inzwischen Realität: Ein Gr<strong>und</strong> für Unruhe in Deutschlands<br />

grösstem Geldinstitut dürfte sein, dass sich das Klima<br />

an den Kapital- <strong>und</strong> Kreditmärkten seit dem Ende<br />

der Börsenhausse <strong>und</strong> dem Rückgang der Hochkonjunktur<br />

allgemein deutlich verschlechtert hat. Für das<br />

Jahr 2001 meldet die Deutsche Bank einen drastischen<br />

Gewinnrückgang. Das Ergebnis vor Steuern sank um 5,1<br />

Milliarden auf 1,8 Milliarden Euro. Für die Konzernleitung<br />

besteht die Aufgabe nun darin, mit entsprechenden<br />

Massnahmen dafür zu sorgen, dass die Investoren wieder<br />

Vertrauen gewinnen <strong>und</strong> der Wert der Aktie gesteigert<br />

werden kann. In einem Stellenabbau von ca. 10%<br />

der Belegschaft sieht der Konzern die Möglichkeit in<br />

diesem Jahr seine fixen Kosten zu senken.<br />

Mahnmal für eine <strong>gerechte</strong> <strong>Weltwirtschaft</strong>sordnung<br />

in der Bankenstadt<br />

Frankfurt am Main<br />

In Verbindung mit der Kampagne Erlassjahr 2000 – Entwicklung<br />

braucht Entschuldung <strong>und</strong> aus dem Bedürfnis,<br />

der politischen Aktion auch eine künstlerische Ausdrucksform<br />

zur Seite zu stellen, schrieb die IOS einen<br />

Ideenwettbewerb für ein Mahnmal für eine <strong>gerechte</strong><br />

<strong>Weltwirtschaft</strong>sordnung aus. Im November 2000 wurden<br />

die Preisträger vorgestellt. Es gab keinen ersten Preis,<br />

wohl aber einen 2. (Jens Lehmann) <strong>und</strong> zwei 3. Preise<br />

(Ulrike Mohr <strong>und</strong> Carsten Happel).<br />

Der Entwurf von Jens Lehmann überzeugte die Jury<br />

durch die Einfachheit <strong>und</strong> Bescheidenheit seiner äusseren<br />

Form <strong>und</strong> die Suggestivkraft des "Einblicks". Das<br />

scheinen auch die Eigenschaften zu sein, die diesem<br />

Entwurf eines Mahnmals als einzigem eine Chance einräumen,<br />

jetzt errichtet zu werden.<br />

Ein kleines unverputztes Häuschen mitten im Bankenviertel<br />

Frankfurts suggeriert die Anwesenheit eines Pförtners<br />

<strong>und</strong> erweckt Interesse gerade durch sein wirklichkeitsgetreues<br />

Äusseres. Ein Blick durch das Fenster bestätigt<br />

die Vermutung, dass darin ein Mensch, ein Pförtner,<br />

seinen Dienst tut. Vor der Randexistens des Pförtners<br />

muss sich jeder legitimieren. Er ist nach der Mahnmalkonzeption<br />

nicht persönlich da, sondern wird nur


durch seine zurückgelassenen persönlichen Dinge<br />

gegenwärtig. Der intime Einblick in seinen winzigen Arbeitsbereich<br />

ermöglicht es, einen erlebbaren <strong>und</strong> auch<br />

sinnbildlichen Kontrast zu spüren zu den grossen, repräsentativen,<br />

aber uneinsehbaren Büros <strong>und</strong> Bankgebäuden<br />

der Umgebung. Vielleicht wird der zunächst nur<br />

neugierige Betrachter dadurch angerührt in seinem<br />

Empfinden <strong>und</strong> verweilt noch eine Weile beim Nachdenken<br />

über die Unterschiede in unserer Gesellschaft, über<br />

Arm <strong>und</strong> Reich, über Erfolg <strong>und</strong> die Möglichkeit zu<br />

scheitern.<br />

Vielleicht sollte, oder müsste ein Wächter neben dem<br />

Pförtnerhäuschen-Mahnmal stehen, der auch die Frage<br />

beantworten könnte, wie denn mehr Gerechtigkeit in<br />

dieser Welt möglich wäre.<br />

Die 2. Preisträgerin möchte Frankfurts Bankenviertel<br />

durch ein in den Asphalt eingelassenes goldenes Band<br />

umgrenzen. In das Band sollen Texte eingraviert werden,<br />

die die Künstlerin Bettlern abgekauft hat. "Diese<br />

wohl elementarsten Produktionsmittel des Geldverkehrs<br />

werden an einer Stelle verewigt, die den Bereich hochabstrakter<br />

Wertschöpfung kennzeichnet." (Aus dem Erklärungstext<br />

der IOF zu dem Entwurf von Ulrike Mohr)<br />

Es ist verständlich, dass eine Bankenmetropole wie<br />

Frankfurt, die sich in dauernder Konkurrenz zu anderen<br />

Bankplätzen befindet, nicht ein so anschaulich selbstkritisches<br />

Zeichen setzen kann: Einerseits das reiche<br />

"Mainhattan" im Herzen der Stadt, andererseits die<br />

Sind Ideologien am Ende? - Von der Geschichte, dem Scheitern<br />

<strong>und</strong> der Zukunft politischer Ideen <strong>und</strong> Maxime<br />

Samstag/Sonntag, 23. / 24. März 2002, Werratal-Hotels,<br />

Hannoversch Münden, Ortsteil Laubach<br />

Samstag, 23. März 2002<br />

09.30 Uhr Eröffnung der Tagung <strong>und</strong> Einführung in das Tagungsthema<br />

Ekkehard Lindner, Tagungsleiter<br />

09.45 Uhr Kritik der Ideologie der IdeologieKritik<br />

Jörg Gude, Dipl.Vw.Ass.jur, Steinfurt<br />

11.15 Uhr Ideologie <strong>und</strong> Politik - Ist die Freiwirtschaftslehre<br />

politisch durchsetzbar?<br />

Wolfram Triebler, Dipl.-Kfm., 1.Vors. der Humanwirtschaftspartei<br />

(vorm. FSU), Dortm<strong>und</strong><br />

12.45 Uhr Mittagspause<br />

14.30 Uhr F<strong>und</strong>amentalismus als Triebfeder politischen Handelns<br />

Christian Böttcher, Dipl.-Politologe, Dortm<strong>und</strong><br />

16.15 Uhr Kaffeepause<br />

sichtbare zunehmende<br />

Verarmung.<br />

Der zweite 3. Preisträger<br />

nannte seinen<br />

Entwurf "Der dritte<br />

Weg ist das Ziel". Sein<br />

Beitrag ist entschieden<br />

der am meisten<br />

reflektierte <strong>und</strong> umfangreichste.<br />

Das ge-<br />

waltige, hauptsächlich unterirdisch angelegte Bauwerk<br />

soll die betrachtenden Menschen beeindrucken <strong>und</strong><br />

zum Nachdenken bringen. Dazu Carsten Happel: "Die<br />

Architektur des Mahnmals – dem Dreigliederungsimpuls<br />

Rudolf Steiners <strong>und</strong> den künstlerischen Ausformulierungen<br />

desselben durch Joseph Beuys <strong>und</strong> Johannes<br />

Stüttgen folgend – zeigt die Phase einer plastischen Umstülpung<br />

von einem verspiegelten Bankenturm in einen<br />

Spiegelraum <strong>und</strong> einen ‚Gang durch die Erde‘. Auch dieses<br />

Werk wäre eine zu grosse Herausforderung für<br />

Frankfurt - nicht nur aus finanziellen Gründen.<br />

Heute werden horrende Summen für unnötige <strong>und</strong><br />

schädliche Dinge ausgegeben. Wenn einmal doch ein<br />

solches künstlerisches Projekt unterstützt werden sollte,<br />

dann sicher nur, wenn wir auch sonst kurz vor der Verwirklichung<br />

unserer kühnsten sozialen Träume stehen.<br />

31. MÜNDENER GESPRÄCHE<br />

17.00 Uhr Noch Spielräume für Dritte Wege? Zum theoretischen<br />

Beitrag neuerer Forschungsansätze zum Verhältnis von<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Wera Wendnagel<br />

Staat <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

Prof. Dr. Roland Sturm, Institut für Politische Wissenschaft,<br />

Universität Erlangen-Nürnberg<br />

19.00 Uhr Ende der Samstagtagung<br />

Sonntag,24. März 2002<br />

09.30 Uhr Der Marxismus als klassische Ideologie <strong>und</strong><br />

Deutschland im Spannungsfeld konträrer<br />

Wertsysteme<br />

Günter Bartsch, Publizist, Steyerberg<br />

R<strong>und</strong>gespräch mit den Referenten der Tagung <strong>und</strong> den Teilnehmern<br />

Leitung: Prof. Dr. Dirk Löhr, 1. Vors der Sozialwissenschaftlichen<br />

Gesellschaft, Mannheim<br />

12.00 UhrEnde der Tagung<br />

(Änderungen vorbehalten)<br />

Mahnmal zum Mitmachen<br />

Die IOF wird dieses "Manhnmal für eine <strong>gerechte</strong><br />

<strong>Weltwirtschaft</strong>sordnung" am 24. Mai 2002 für ein<br />

Jahr aufstellen.<br />

Die IOF würde sich freuen, wenn in dieser Zeit möglichst<br />

viele Initiativen, Gruppen oder Einzelpersonen<br />

mit diesem Mahnmal "arbeiten" würden: Erwünscht<br />

sind Aktionen, Mahnwachen <strong>und</strong> vieles mehr.<br />

Vortrags- <strong>und</strong> Diskussionsveranstaltung der Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft1950 e.V.<br />

Buch- <strong>und</strong> Schriftenpräsentation allein durch den Veranstalter<br />

bzw. nach Rücksprache mit diesem. - Anmeldung nicht<br />

erforderlich. Eine Teilnehmergebühr wird nicht erhoben. -<br />

Einladung ggf. anfordern von:Sozialwissenschaftliche Gesellschaft,<br />

Geschäftsstelle,Pf. 15 50, D-37145 Northeim, Fon &<br />

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16<br />

Wirtschaftstheorie<br />

Kritik des Wachstumspostulats<br />

Wachstum, Wachstum über alles, ....<br />

Der Autor zeigt die ökonomischen Ursachen des Zwangs zum Wirtschaftswachstum, das schon aus ökologischen<br />

Gründen auf Dauer unmöglich ist.<br />

Gerhard Margreiter,<br />

Jahrgang 1940, war als<br />

Statistiker <strong>und</strong> Systemanalytiker<br />

in verschiedenenwissenschaftlichen<br />

Arbeitsgruppen,<br />

zuletzt bei der UNIDO,<br />

Wien, tätig.<br />

Kann die Wirtschaft<br />

immer nur wachsen?<br />

Wenn akademisch gebildete Ökonomen die wirtschaftliche<br />

Lage eines Landes beurteilen sollen, dann<br />

interessie-ren sie sich fast ausschließlich für die aktuelle<br />

Wirtschaftswachstumsrate. Wenn die Rate über 3%<br />

liegt, dann ist die Welt in Ordnung. Wer aber etwas weiter<br />

denkt, kann sich errechnen, was ein Wachstum von<br />

3% langfristig bedeutet. Es bedeutet eine Verdoppelung<br />

in 23,5 Jahren <strong>und</strong> eine Verneunzehnfachung in h<strong>und</strong>ert<br />

Jahren. Kann jemand im Ernst annehmen, daß sich<br />

unsere ohnedies bereits hohe Wirtschaftsleistung im 21.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert nochmals verneunzehnfachen könnte.<br />

"Wachstum muss sein" ,<br />

sagt aber die 'Erfahrung'<br />

Andererseits ist es eine durchaus empirisch belegbare<br />

Tatsache, dass unser derzeitiges Wirtschaftssystem<br />

beim Fehlen eines entsprechenden Wachstums unangenehme<br />

Resultate zeitigt: Die Zahl der arbeitslosen Mitbürger<br />

steigt immer an, wenn das Wachstum unter den<br />

magischen 3 oder zumindest 2,5% bleibt. Im Jahre<br />

2001 betrug das Wirtschaftswachstum in Deutschland<br />

leider nur 0,6% <strong>und</strong> für das laufende Jahr sind wahrscheinlich<br />

0,8% zu erwarten. Unaufhaltsam näherte<br />

sich die Zahl der arbeitslosen Deutschen der Zahl von<br />

4 Millionen <strong>und</strong> hat diese bereits überschritten. Das<br />

nun bekümmert den Herrn B<strong>und</strong>eskanzler Gerhard<br />

Schröder sehr, denn er hatte Gegen-teiliges versprochen.<br />

Nun droht ihm, bei den B<strong>und</strong>estagswahlen vom<br />

deutschen Wähler Prügel zu bekommen.<br />

Warum steigt die Arbeitslosigkeit<br />

bei zu geringem Wachstum?<br />

Eine statistische Beobachtung bringt uns näher an die<br />

Antwort. Es gab tatsächlich bereits früher einige Jahre,<br />

in denen kein Wirtschaftswachstum verzeichnet wurde,<br />

z. B. das Jahr 1975 nach dem ersten Ölschock. Schaut<br />

man sich für ein solches Jahr die Wachstumsraten getrennt<br />

nach Wirtschaftssparten an, dann entdeckt man<br />

eine Schrumpfung aller Sparten, in denen etwas produziert<br />

wurde <strong>und</strong> ein Weiterwachsen der Sektoren, die<br />

Geld aus Geld machten, wie Banken, Versicherungen<br />

<strong>und</strong> Immobilienwirtschaft. Das Resultat war eine Null<br />

beim gesam-ten Wirtschaftswachstum. Schrumpft aber<br />

Gewerbe <strong>und</strong> Industrie, dann ist es unmöglich dort die<br />

Arbeitskräfte zu erhalten. Die "freigesetzten" Industrie-<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

arbeiter werden aber nicht in den Banken <strong>und</strong> Versicherungen<br />

beschäf-tigt. Erst wenn die Nachfrage nach<br />

materiellen Produkten wieder ansteigt, beruhigt sich<br />

die Lage. Hat man das als Gesetzmäßigkeit unserer derzeitigen<br />

Wirtschaftsordnung erkannt, dann ist es leichter<br />

zu verstehen, weshalb heute von allen Ökonomen so<br />

großer Wert auf Wachstum gelegt wird. Auch kein Politiker<br />

kann sich dem ent-ziehen. Wer oder was ist nun<br />

aber Schuld an dieser Ungleichverteilung der Nachfrage?<br />

Hat Wirtschaft etwas<br />

mit Geld zu tun?<br />

Man möchte eigentlich erwarten, dass es den befassten<br />

Wissenschaftern einigermaßen klar sei: Wirtschaft<br />

hat immer etwas mit Geld zu tun <strong>und</strong> die Impulse für<br />

ein Wachstum eines bestimmten Bereiches gehen vom<br />

Gelde ("der Nachfrage") aus. Zwanzig Jahre Arbeit mit<br />

<strong>und</strong> für Ökonomen haben mich jedoch gelehrt, dass<br />

dies von jenen keineswegs bedacht wird. Johann Wolfgang<br />

v. Goethe war hingegen schon früher hinter das<br />

Geheimnis gekommen, als es schrieb. "Am Golde hängt,<br />

zum Golde drängt doch alles, ach wir Armen". Nur unsere<br />

Wirt-schaftswissenschafter können das nicht so<br />

wirklich begreifen <strong>und</strong> reden sich gegenseitig ein, all<br />

die auftretenden Probleme wären durch Strukturanpassung<br />

zu lösen. Damit aber eine Wirtschaft wachsen<br />

kann, braucht es nun einfach zusätzliches Geld zur Aufrechterhaltung<br />

der Nachfrage in allen Bereichen. Politiker<br />

vor allem der linken Schattierung haben dies in der<br />

Vergangenheit auch zumeist so gehandhabt. Wenn Arbeitslosigkeit<br />

auftrat oder drohte, haben sie immer versucht,<br />

mit Geldspritzen die Wirtschaft anzukurbeln.<br />

Woher kam bisher das Geld zum<br />

Ankurbeln der Wirtschaft?<br />

Das Nachdenken darüber führt automatisch zur Frage,<br />

wo denn das Geld überhaupt heute herkommt. Woher<br />

die kleinen Kinder kommen, wissen heute auch<br />

schon die kleinen Kinder. Woher aber das Geld eigentlich<br />

kommt, wissen die wenigsten Erwachsenen <strong>und</strong> sie<br />

stellen die Frage eigenartigerweise auch gar nie. Solange<br />

Geld für Arbeit irgendwie herbeikommt, wird nicht<br />

nachgedacht. Woher aber hat der Arbeitgeber sein Geld<br />

<strong>und</strong> wo ist dieses urspünglich entstanden?<br />

Unser derzeitiges Geldsystem ist nun leider so kon-


struiert, dass Geld immer nur dann (neu) in die Wirtschaft<br />

kommt, wenn welches bei Banken ausgeliehen<br />

wird. Somit wird einigermaßen klar, weshalb es in diesem<br />

Sy-stem ohne Schulden nie geht. Schuldenmachen<br />

ist somit heute die Voraussetzung dafür, dass Geld in<br />

die Wirt-schaft kommt.<br />

Unsere Wirtschaft muss wachsen, damit wir die<br />

alten Schulden plus Zinsen mit neuen be-zahlen<br />

können!<br />

Das ist letztlich das Geheimnis unserer kapitalistischen<br />

Wirtschaftsordnung: Da Geld durch Schuldenmachen<br />

in die Wirtschaft kommt, verschwindet es bei der<br />

Rückzahlung auch wieder aus der Wirtschaft. Die Rükkzahlung<br />

ist wegen der Zinsen aber immer höher als<br />

die Auszahlung. Es muss daher Geldmangel eintreten,<br />

wenn zu we-nig neues <strong>und</strong> zusätzliches Geld hereinkommt.<br />

Zusätzliches Geld kommt nun aber heute nur<br />

durch neue, noch höhere Schulden in die Wirtschaft.<br />

Damit die Wirtschaftstreibenden neue Schulden auch<br />

wirklich zu machen be-reit sind, müssen sie ihre Kreditaufnahme<br />

auch als günstig <strong>und</strong> profitabel ansehen.<br />

Dafür aber muss die Erwar-tung auf ein Wachstum existieren.<br />

Mit dem dann geschaffenen Gelde tritt das<br />

Wachstum auch tatsächlich pünkt-lich ein.<br />

Das ist nun eine sehr wackelige Plattform, auf der<br />

unser aller Wohlergehen steht. Ist aus irgendeinem<br />

Gr<strong>und</strong> ein Wachstum nicht mehr erwartbar, dann werden<br />

zu wenig neue Kredite genommen <strong>und</strong> dann fließt<br />

zuwenig neues Geld in die Wirtschaft. Weil zuwenig<br />

Zugegeben, diese Frage tönt sehr schwachsinnig,<br />

scheint gänzlich überflüssig, ist es aber trotzdem nicht.<br />

Unter besonderen Voraussetzungen gilt auch ein Multimillionär<br />

keineswegs als ein reicher Mann. Alles, gerade<br />

auch der Reichtum, ist eben immer relativ, verhältnismäßig,<br />

verglichen mit etwas anderem. Das lässt sich zeigen<br />

mit jener Anekdote, wonach Kaiser Wilhelm II. im<br />

Jahr 1914 eine Wahrsagerin nach dem Ausgang des (1.<br />

Welt-) Krieges gefragt <strong>und</strong> die folgende Antwort erhalten<br />

haben soll:<br />

"Nach dem Krieg wird jeder Deutsche ein Millionär<br />

sein!" Die offensichtlich weise Frau bekam tatsächlich<br />

recht, genau fünf Jahre nach dem Frieden von Versailles.<br />

1923 nämlich uferte die Geldentwertung als Folge der<br />

Niederlage gegen Frankreich zu einer unvorstellbaren<br />

Hyperinflation aus <strong>und</strong> machte unzählige Deutsche zu<br />

Multimillionären.<br />

"Se non è vero, è ben trovato", sagt ein italienisches<br />

Sprichwort: "Wenn es nicht wahr ist, ist es (doch) gut<br />

erf<strong>und</strong>en." Die Anekdote soll veranschaulichen, dass es<br />

Reichtum ohne Armut, Armut ohne Reichtum nicht gibt,<br />

neues, die Rückzahlungen ersetzendes Geld hereinkommt,<br />

ist auch kein Wachstum möglich, sondern nur<br />

mehr eine Schrumpfung mit den oben beschriebenen<br />

bösen Nebeneffek-ten.<br />

Der einzige Wirtschaftsteilnehmer der in einer derartigen<br />

Situation bisher immer noch Geld in die Wirtschaft<br />

pumpte <strong>und</strong> Rettung brachte, war der Staat. Dieser<br />

hat sich nun in den letzten Dekaden bereits in beträchtliche<br />

Schulden gestürzt, um keine Depression aufkommen<br />

zu lassen. In Österreich sind es 2.200 Milliarden<br />

Schilling an wirklichen Staatsschulden <strong>und</strong> in<br />

Deutschland etwa 2.400 Milliarden D-Mark geworden.<br />

Mittlerweile sind aber derartige Verschuldungsquoten<br />

durch die in der EU gültigen Maastricht-Kriterien gar<br />

nicht mehr zulässig <strong>und</strong> eine weitere Staatsverschuldung<br />

ist kaum mehr möglich. Der Weg in die Rezession<br />

ist somit vorgezeichnet.<br />

B<strong>und</strong>eskanzler Schröder hat kaum mehr Möglichkeiten,<br />

das Blatt zu wenden. Wer soll ihm jetzt rasch die<br />

nöti-gen Bankschulden <strong>und</strong> damit Geld machen? Der<br />

Staat darf es nicht mehr, ohne die Regeln zu verletzen!<br />

Wird ir-gendwer für Schröder Schulden machen, wenn<br />

in allen Zeitungen steht, dass in den USA <strong>und</strong> in Europa<br />

das Ge-spenst der Rezession umgeht.<br />

Der deutsche Wähler wird Schröder wohl für etwas<br />

prügeln, wofür er eigentlich nichts kann. Herausforderer<br />

Stoiber hat somit gute Karten, aber das Gr<strong>und</strong>problem<br />

kann er dann auch nicht lösen. Dieses lautet:<br />

Wachstum bis zum Untergang. Es ist tödlich gefährlich,<br />

Geld durch Schulden zu machen.<br />

Ist ein Multimillionär reich?<br />

von Hans-Jörg Willi<br />

<strong>und</strong> zwar ebenso wenig, wie Guthaben ohne Schulden<br />

<strong>und</strong> Schulden ohne Guthaben möglich sind.<br />

Das Wort "reich" ist enthalten in "recken" <strong>und</strong> "erreichen",<br />

was sofort die Vorstellung von einem langen Arm<br />

weckt. Reich ist demnach, wer längere Arme hat als andere<br />

Menschen, wer über eine größere Reichweite verfügt.<br />

"Reich" ist zudem - über "rex" für König - verwandt<br />

mit lateinisch "regere", was "regieren" heißt <strong>und</strong> bedeutet,<br />

dass der Reiche regiert. Dass selbst in der sogenannten<br />

Demokratie die Reichen regieren, sagt der<br />

Volksm<strong>und</strong> mit dem Sprichwort: "Geld regiert die Welt."<br />

Der gleiche Gedanken findet sich auch in den zwei weiteren<br />

Volksweisheiten "Der K<strong>und</strong>e ist König" <strong>und</strong> "Wer<br />

zahlt, befiehlt".<br />

Woher dieses Übel des Ungleichgewichts zwischen<br />

Geld <strong>und</strong> Gut rührt, wissen die Freiwirte, die Leser revolution<br />

sehr wohl: Es kommt von der Überlegenheit<br />

des Geldes gegenüber den Gütern, seien diese nun Waren<br />

oder Dienstleistungen. Somit zeigt sich einmal mehr:<br />

Nur die Gesell'sche Geldreform, <strong>und</strong> auch nicht etwa die<br />

Umstellung auf den Euro, kann hier Abhilfe schaffen.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

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18<br />

Wettbewerb<br />

NWO-Utopien<br />

Ergebnisse des Utopie-Wettbewerbs<br />

Teil 2<br />

Die Freiwirtschaft<br />

per UNO-Beschluss<br />

Was wäre die Folge,<br />

wenn die UNO - hier<br />

das UNO-Gebäude in<br />

Wien - die Einführung<br />

der Freiwirtschaft beschließen<br />

würde?<br />

von Fantasio<br />

Im Frühling des Jahres 20XY wurde im Auftrag der demokratisierten<br />

UNO bestimmt, die Gr<strong>und</strong>sätze des freiwirtschaftlichen<br />

Gedankengutes (Geld- <strong>und</strong> Bodenreform) seien<br />

global umzusetzen.<br />

Viel Überzeugungsarbeit musste im Vorfeld geleistet werden.<br />

Einzelinitiativen in einigen Städten blieben zumeist nur<br />

kleine Erfolge, z. B. als regionale Währung, weil die Verwaltungen<br />

kein echtes Engagement einbrachten, um beim<br />

Schließen von Kreisläufen zu helfen. Steuern, Lohnnebenkosten<br />

mit den phantasievollen Alternativwährungen bezahlen<br />

zu können, das blieben Wunschträume engagierter Mitbürger.<br />

Auch das 2002 aufgebaute Clearinghouse half den<br />

Komplementärwährungen in der Akzeptanz, ohne jedoch einen<br />

offiziellen Durchbruch in der Gesellschaft zu ermöglichen.<br />

Eine wichtige Voraussetzung<br />

für die Aufklärungsarbeit war<br />

eine Initiative, die verlangte,<br />

auf allen Produkten <strong>und</strong><br />

Rechnungen neben dem Preis<br />

auch den Anteil an leistungslosem<br />

Einkommen aufzuführen.<br />

Für viele Menschen wurde erst<br />

dadurch ersichtlich, dass sie<br />

im alten System zu den Verlierern<br />

zählten. Die Kontrollinstanz,<br />

die für die stichprobenweise<br />

Überwachung der Angaben<br />

verantwortlich gewesen<br />

war, wurde weltweit aufgelöst.<br />

Spezialisten wurden neu eingesetzt für das sogenannte<br />

Nachhaltigkeits-Labeling, bei welchem Ressourcen, Ökobilanzen,<br />

graue Energie <strong>und</strong> Sozialstandards in der Herstellung<br />

<strong>und</strong> im Vertrieb berücksichtigt wurden. Damit wurde<br />

dem Konsumenten ein Leben im Einklang mit den Anforderungen<br />

des Planeten Erde möglich. Eine große Regionalisierung<br />

konnte vor allem für die Güter des täglichen Konsums<br />

beobachtet werden. Viele Bauern <strong>und</strong> Läden um die Ecke<br />

profitierten von diesen Tatsachen.<br />

Im Sommer desselben Jahres wurde erstmals darüber informiert,<br />

dass jedes Land autonom die Bodenfrage (Enteignung<br />

mit Entschädigung auf Lebenszeit, Vorkauf durch die<br />

Gemeinden oder Bodensteuern) lösen werde. Die Übergangszeit<br />

von nur 10 Jahren wurde von vielen Weltparlamentariern<br />

als große Herausforderung erlebt. Der Grossteil<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

der Bevölkerung der ehemaligen Dritten Welt hingegen<br />

feierte diesen Akt – weg von der "Sklavenarbeit" auf den<br />

Feldern der Großgr<strong>und</strong>besitzer, zurück zur nutzbaren<br />

Scholle – als Befreiungswoche.<br />

Die Währungs- <strong>und</strong> Geldseite war im Vorfeld als wichtigster<br />

Aspekt für den Weltfrieden <strong>und</strong> als absolutes Muss für<br />

die gesellschaftliche Stabilität jedes Landes definiert worden.<br />

Durch diese Einsicht konnte die Umstellung auf die<br />

Weltreferenzwährung GAIA innerhalb Rekordzeit realisiert<br />

werden. Jedes Land konnte bei seiner Währung bleiben,<br />

musste aber die Regelungen zu Umlaufsicherung, Kaufkraftsicherung,<br />

Geldschöpfung <strong>und</strong> Kreditwesen umsetzen, die<br />

bei der GAIA-Währung vorgegeben waren.<br />

Auch kulturell wurde einiges erreicht: Eine gemeinsame<br />

Weltsprache, "Ido", die in allen Ländern zusätzlich zur<br />

Landessprache schon im Vorschulalter gelehrt wurde, ermöglichte<br />

die Kommunikation jeder mit jedem, was zur Verständigung<br />

unter den Völkern beitrug. Die Weltbürger mit<br />

den Weltföderalisten hatten dieser Idee zum Durchbruch<br />

verholfen. Sie hatten auch sonst einen wesentlichen Anteil<br />

an der neuen Struktur der UNO. Gr<strong>und</strong>lagen für die Ausgestaltung<br />

der Demokratisierung lieferten die Schweizer. Die<br />

Initiative Z1 empfahl damals ein Zweikammersystem mit einem<br />

Zukunftsrat (Alter unter 35 Jahre) <strong>und</strong> dem Gegenwartsrat.<br />

Die Abgeordneten mussten, um zur Wahl zugelassen<br />

zu werden, ihre finanzielle Situation offen legen. Ihre<br />

Verflechtungen in wirtschaftlichen Belangen wurden analysiert<br />

<strong>und</strong> waren Kriterium der Wählbarkeit im Weltparlament.<br />

Obergrenze des Vermögens war das fünfzigfache des<br />

Gr<strong>und</strong>einkommens des Landes (z.B. Gr<strong>und</strong>lohn Schweiz=<br />

36'000 SFr. = 1,8 Mio). Auch mehr als drei Wirtschaftsmandate<br />

führten zur Nichtwählbarkeit. Während der ganzen,<br />

auf 3x4 Jahre beschränkten Tätigkeit in einer Kammer<br />

hatten die finanziellen Aspekte für jedermann einsehbar zu<br />

sein.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der immensen Rationalisierungsmassnahmen<br />

im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> der Einsicht, dass die Lebensqualität<br />

nicht mit Besitz <strong>und</strong> Konsum von Gütern korrelliert,<br />

konnte die durchschnittliche Arbeitszeit auf 20 St<strong>und</strong>en pro<br />

Woche reduziert werden. Da die leistungslosen Einkommen<br />

der Vergangenheit angehörten, ließ es sich mit dem resultierenden<br />

Lohn sehr gut leben. Ein existenzsicherndes<br />

Gr<strong>und</strong>einkommen war für jeden Erdenbewohner garantiert,<br />

mit oder ohne Arbeit.<br />

Für die nähere Zukunft musste die "Verträglichkeitsdebatte"<br />

unserer Menschheit für das Ökosystem Erde neu aufgenommen<br />

werden.


Freigeld in Argentinien?<br />

Führt die argentinische Währungskrise<br />

wirklich zu "Freigeld", wie Herr Margreiter<br />

dies schon in der Überschrift behauptet?<br />

Mit dem vielleicht nicht mehr ganz<br />

aktuellen Begriff "Freigeld" ist Geld gemeint,<br />

das durch eine zeitabhängige Nutzungsgebühr<br />

auf liquide Zahlungsmittel<br />

umlaufgesichert ist. Und genau dies sind<br />

die im Artikel genannten "Creditos"<br />

nicht. Nur das Geld ohne Aufbau von<br />

Schulden in Umlauf zu bringen, macht<br />

noch nicht jenes Geldwesen, das wir fordern.<br />

Wir wollen ein Geldwesen, in dem es keine<br />

Erpressungsverhältnisse gibt. Derjenige,<br />

der Arbeit anbietet, muss Arbeit annehmen,<br />

um leben zu können, <strong>und</strong> wir<br />

wollen dafür sorgen, dass derjenige, der<br />

Geld anbietet ebenfalls das Geld verleihen<br />

muss, um nicht einen schleichenden Vermögensverlust<br />

zu erleiden. Dies erreicht<br />

man durch eine Nutzungsgebühr für Geld,<br />

<strong>und</strong> nicht nur damit, Geld ohne Aufbau<br />

von Schulden in Umlauf zu bringen.<br />

LeserInnen haben das Wort<br />

Trotzdem ist es interessant, dass Verantwortliche<br />

für Währungen neben den oben<br />

genannten Zusammenhängen auch sonst<br />

immer wieder dieselben Fehler machen.<br />

In Argentinien wurde der Wechselkurs zu<br />

der Außenwelt faktisch eingefroren. Das<br />

hat zur Folge, dass sich ungleiche Entwicklungen<br />

in den verschiedenen Volkswirtschaften<br />

nicht mehr in den Wechselkursen<br />

ausgleichen können. Also merkt<br />

man diese Ungleichheiten eben an anderer<br />

Stelle. In Argentinien war es die sinkende<br />

Exportfähigkeit an der die vorhandenen<br />

Ungleichheiten ans Tageslicht kamen.<br />

Ein ähnliches Experiment war die Deutsche<br />

Einheit, bei der ebenfalls der Wechselkurs<br />

zwischen zwei Wirtschaftsgebieten<br />

willkürlich festgesetzt worden ist.<br />

Hier traten die vorhandenen Ungleichgewichte<br />

schließlich in einer hohen Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> einem hohen staatlichen<br />

Unterstützungsbedarf für die östlichen<br />

Regionen zu Tage, an der wir bis<br />

heute zu tragen haben.<br />

Auch die Einführung des Euro in Europa<br />

ist ja letztendlich der gleiche Vorgang. In<br />

Europa wird zwischen den beteiligten<br />

Volkswirtschaften der Wechselkurs eingefroren.<br />

Ich vermute, dass sich die zukünftigen<br />

Unterschiede zwischen den<br />

Volkswirtschaften in einem Zwang zur<br />

Mobilität der Arbeitnehmer niederschlagen<br />

werden, in Unterschieden der Entlohnung,<br />

in zunehmenden Unterschieden<br />

zwischen Arm <strong>und</strong> Reich. Wenn die Verantwortlichen<br />

nicht aufpassen, endet das<br />

Euro-Experiment in einem zunehmenden<br />

Haß gegen Fremde <strong>und</strong> in starken gesellschaftlichen<br />

Konflikten.<br />

Interessant ist auch ein zweiter Fakt: Die<br />

argentinische Notenbank hat die Menge<br />

der umlaufenden Zahlungsmittel nicht<br />

an den Tauschbedarf der Wirtschaft gekoppelt,<br />

sondern an den Vorrat an Dollars<br />

auf den Devisenkonten der Notenbank.<br />

Auch dieser Fehler wurde mehr als<br />

einmal gemacht. Der Auslöser für die<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Wirtschaftskrise in Deutschland um 1920<br />

war, dass die Notenbank die Menge des<br />

umlaufenden Geldes von der Menge des<br />

Goldes in den Notenbanktresoren abhängig<br />

gemacht hat. Jedoch gehörte dieses<br />

Gold nicht der Notenbank, sondern war<br />

geliehen, <strong>und</strong> als der Gläubiger sein Gold<br />

zurückforderte, musste auch die umlaufende<br />

Geldmenge verringert werden. Die<br />

Folge war eine Deflation <strong>und</strong> eine Wirtschaftskrise.<br />

Klar, dass in einer Situation des Mangels<br />

am Tauschmittel Geld andere Tauschmittel<br />

für die Menschen attraktiv werden. So<br />

ist der Erfolg der im Artikel genannten<br />

"Creditos" möglich, weil nicht mehr genügend<br />

Notenbankgeld da ist, um die<br />

Tauschbedürfnisse der Bürger zu befriedigen.<br />

Dies ist auch der Gr<strong>und</strong>, warum solche<br />

alternativen Tauschsysteme in Europa bis<br />

jetzt nicht den durchschlagenden Erfolg<br />

haben: Es ist genügend Notenbankgeld<br />

da, (wenn es durch das Zinssystem auch<br />

teuer ist) um die Tauschbedürfnisse zu<br />

befriedigen, also brauchen wir keine alternativen<br />

Währungen.<br />

Man muss also gar nicht eine bestimmte<br />

Art, Geld in Umlauf bringen (hier: durch<br />

Verschuldung der Geschäftsbanken bei<br />

der Notenbank), bemühen, um die Wirtschaftskrise<br />

in Argentinien erklären zu<br />

können. Auch dass die "Creditos" ohne<br />

Aufbau von Schulden in Umlauf kommen,<br />

ist kein Gr<strong>und</strong> für den Erfolg dieser<br />

"Währung".<br />

Überraschend für mich ist nur immer<br />

wieder, mit welcher Überzeugung <strong>und</strong><br />

welcher Energie die Verantwortlichen in<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft immer wieder<br />

die gleichen Fehler machen, an denen<br />

dann wieder alle zu leiden haben. Es<br />

wird wohl leider nicht das letzte mal<br />

sein...<br />

Bernhard Thomas,<br />

Schwalbenstr. 9,<br />

82110 Germering<br />

19


0<br />

WestLB finanziert Umweltkatastrophe<br />

Umweltskandal mit deutscher Beteiligung<br />

Im Namen des Öls<br />

Das Ölbusiness zieht eine Spur der Verwüstung durch Ecuador - mit Unterstützung der öffentlichrechtlichen<br />

deutschen Bank WestLB<br />

Werner Paczian ist<br />

Pressesprecher des<br />

Rettet den Regenwald<br />

e.V. in Hamburg<br />

Was wäre die Folge,<br />

wenn die UNO - hier das<br />

UNO-Gebäude in Wien -<br />

die Einführung der Freiwirtschaft<br />

beschließen<br />

würde?<br />

Vergiftetes Land, verschuldeter Staat Ecuadors 30jährige<br />

Erfahrung mit Ölexporten ist ein einziger Alptraum - außer<br />

für die Gläubigerbanken Bunt schillernde Ölseen, berstende<br />

Rohre, zerstörte Wälder, tote <strong>und</strong> kranke Menschen<br />

<strong>und</strong> ein Schwindel erregendes Schuldenloch - das<br />

Ölbusiness hat in Ecuador eine nicht zu übersehende Spur<br />

hinterlassen. Vor gut 30 Jahren hat Texaco die bisher einzige<br />

Pipeline durch Ecuador gebaut. Mit dem Einstieg ins<br />

Ölgeschäft begann für das Land ein fast beispielloser ökologischer,<br />

sozialer <strong>und</strong> auch wirtschaftlicher Niedergang.<br />

Jetzt soll ein zweiter Ölboom Ecuador aus der ökonomischen<br />

Krise retten. Deutschlands<br />

größte öffentlich-rechtliche<br />

Bank, die WestLB, steht an<br />

der Spitze eines Bankenkonsortiums,<br />

das mit einem 900<br />

Millionen US-Dollar-Kredit den<br />

Bau einer neuen Pipeline finanzieren<br />

will. Die WestLB<br />

wird sich nach eigenen Angaben<br />

auch finanziell an dem<br />

Kredit beteiligen. Die Ölrohre,<br />

Zubringer-Pipelines <strong>und</strong> neu zu<br />

bauende Straßen sollen durch<br />

elf Schutzgebiete - oder an ihren<br />

Rändern entlang - führen,<br />

darunter das international anerkannte<br />

"Mindo-Nambillo"-<br />

Reservat, das zur ersten "Important<br />

Bird Area" Südamerikas<br />

erklärt wurde.<br />

Die WestLB verteidigt ihr geplantes<br />

Projekt mit den Worten,<br />

es sei "wirtschaftlich wichtig<br />

für das arme Land Ecuador."<br />

Ein Blick auf die ökonomischen<br />

Daten entlarvt die<br />

WestLB-Begründung als fadenscheiniges<br />

Argument. An der<br />

Ausbeutung der Ölvorkommen<br />

Ecuadors seit Beginn der 70er<br />

Jahre haben allenfalls ein paar<br />

internationale Konzerne <strong>und</strong><br />

Banken bestens verdient - die<br />

wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Situation der Bevölkerung hat<br />

sich dramatisch verschlimmert. So hat sich die Zahl der<br />

unter der Armutsgrenze lebenden Menschen von 1970 bis<br />

1998 verdoppelt. Die Auslandsverschuldung des Landes ist<br />

von 217 Millionen auf 16,4 Milliarden US-Dollar gestiegen<br />

<strong>und</strong> ist heute die höchste pro Kopf in Lateinamerika. Von<br />

den 2,4 Milliarden Dollar, die im Jahr 2000 durch Öl verdient<br />

wurden, sind ungefähr 100 Millionen im Land ge-<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

blieben. Der Rest ging in den Schuldendienst. Experten<br />

kennen den Hauptgr<strong>und</strong> für Ecuadors horrende Auslandsschulden:<br />

Mit dem Einstieg ins Ölgeschäft stieg die internationale<br />

Kreditwürdigkeit des Landes, Millionen schwere<br />

Darlehen flossen problemlos. Doch unsinnige Investitionen<br />

<strong>und</strong> Korruption ließen viele Gelder in dunklen Kanälen<br />

versickern. Nach Untersuchungen von "Transparancy<br />

International", das die weltweite Korruption analysiert, gehört<br />

Ecuador noch heute zu den 13 korruptesten Ländern<br />

der Erde von 91 untersuchten. Der Bau der so genannten<br />

OCP-Pipeline ist die Antwort der ecuadorianischen Regierung<br />

auf die desolate wirtschaftliche Lage, die zu Rekordschulden<br />

<strong>und</strong> einem Zusammenbruch des Bankensystems<br />

geführt hat. Mit dem Programm "Apertura 2000" will die<br />

Regierung die Ölproduktion <strong>und</strong> den Ölexport verdoppeln<br />

<strong>und</strong> die Ölbranche privatisieren, um ausländische Investoren<br />

anzulocken. Die neuen Transport-Kapazitäten würden<br />

die Ausschreibung neuer Ölfelder in der südlichen Amazonas-Region<br />

zudem attraktiver für potenzielle Investoren<br />

machen.<br />

Nach Angaben des staatlichen ecuadorianischen Ölkonzerns<br />

Petroecuador werden die bekannten Schwerölreserven<br />

des Landes bereits in zehn Jahren erschöpft sein. Deswegen<br />

wird das OCP-Projekt die Suche nach neuen Ölfeldern<br />

im südlichen Amazonas von Ecuador beschleunigen.<br />

Die Regierung plant bereits, die Exploration in elf Amazonas-Blöcken<br />

demnächst auszuschreiben. Diese haben eine<br />

Größe von 2,4 Millionen Hektar <strong>und</strong> beherbergen die letzten<br />

Amazonas-Urwälder des Landes <strong>und</strong> die traditionellen<br />

Lebensräume der noch weitgehend isoliert lebenden indigenen<br />

Stämme der Achuar, Shuar, Huaorani, Quichua, Shiwia<br />

<strong>und</strong> Zapara. Fast alle von ihnen haben geschworen, in<br />

ihrem Gebiet niemals die Suche nach Öl zuzulassen.<br />

Während sich dank OCP ausländische Konzerne künftig<br />

stärker für Ecuador interessieren dürften, sinkt die Lebensqualität<br />

der Ecuadorianer mit jedem Tag. Vor allem<br />

dort, wo die Menschen heute schon in Ölfördergebieten<br />

oder in der Nähe von Raffinerien leben. Die betroffenen<br />

Gemeinden leiden direkt unter den ökologischen <strong>und</strong> sozialen<br />

Schäden, die von der Ölproduktion verursacht werden<br />

- einschließlich der höchsten Krebsrate im Land <strong>und</strong><br />

anderer schwerer Erkrankungen.<br />

Bei der für das neue Projekt angestrebten Ölfördermenge<br />

<strong>und</strong> unter Berücksichtigung der bekannten Ölvorkommen<br />

im Land werden sich die Reserven auch für leichtes<br />

Öl in etwa 20 Jahren erschöpft haben. Ecuador wird dann<br />

vom Ölexporteur zum -importeur. Mit ihren Plänen ist die<br />

WestLB dafür mit verantwortlich, dass zur Begleichung von<br />

Auslandsschulden einmalige Naturschätze <strong>und</strong> das Leben<br />

<strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung zerstört sowie die<br />

natürlichen Ressourcen des Landes in einem relativ kurzen<br />

Zeitraum für immer ausgebeutet werden.


"Kooperation entsteht, wenn die fairen Typen einer Gesellschaft<br />

die Egoisten strafen können", sagt Ernst Fehr<br />

von der Universität Zürich. Um die Egomanen zu erziehen,<br />

vergeuden sie sogar eine Menge Geld, wie nun die Versuche<br />

Fehrs <strong>und</strong> seines Kollegen Simon Gächter von der Universität<br />

St. Gallen zeigen. ("Nature", Bd. 145, S. 137). Offensichtlich<br />

kann der Sinn für Fairness den biologischen<br />

Trieb zum Eigennutz übertrumpfen. Die Versuche der<br />

Ökonomen können zumindest teilweise erklären, warum<br />

viele Menschen oft kooperieren <strong>und</strong> sich fair verhalten –<br />

<strong>und</strong> damit entgegen der dominierenden Theorie der Wirtschaftswissenschaften<br />

handeln.<br />

Dieses Model des Homo oeconomicus gehe aus von einem<br />

universellen, rationalen Wesen, das immer die eigenen<br />

Interessen verfolgt. Doch das Dogma sei "schlichtweg<br />

falsch", kritisiert Fehr <strong>und</strong> erkennt "eine Wende in den<br />

Wirtschaftswissenschaften". Statt auf individuellem Eigennutz<br />

fußen viele Entscheidungen auf sozialen Normen wie<br />

Fairness. Gemäß experimentellen Ökonomen setzen sich<br />

die westlichen Gesellschaften aus 40 bis 60 Prozent eher<br />

fairen <strong>und</strong> 30 bis 50 Prozent eher eigensüchtigen Typen<br />

zusammen. Wie dramatisch die Rahmenbedingungen das<br />

Wechselspiel dieser Antipoden beeinflussen, zeigt das sogenannte<br />

Öffentliche-Gut-Spiel.<br />

Trittbrettfahren oder Kooperieren<br />

Die Anleitung: Vier Probanden bekommen von den Forschern<br />

beispielsweise 100 Euro als Einsatz. Das Spiel geht<br />

über zehn R<strong>und</strong>en. In jeder R<strong>und</strong>e können die Akteure<br />

selbst entscheiden, wie viel ihres Geldes sie in einen gemeinsamen<br />

Topf investieren wollen. Jeder eingezahlter<br />

Euro wird von den Wissenschaftlern verdoppelt <strong>und</strong> das<br />

Geld aus dem Topf nach jeder R<strong>und</strong>e an die Teilnehmer<br />

verteilt. Einzahlen in den Topf entspricht Kooperation,<br />

Nichteinzahlen bedeutet Trittbrettfahren.<br />

Zahlen alle viel ein, machen alle ein gutes Geschäft.<br />

Doch schon in der ersten R<strong>und</strong>e steuern die Egoisten<br />

nichts bei <strong>und</strong> fahren dabei Gewinne ein. Die Fairen indes<br />

geben viel <strong>und</strong> werden für ihr Verhalten mit Verlust bestraft.<br />

Als Folge schwindet ihre Kooperationslust schon<br />

nach wenigen R<strong>und</strong>en; die Zusammenarbeit bricht ein,<br />

alle verlieren. "Niemand hält nach dem Schlag auf die<br />

rechte Wange die linke hin", erklärt Fehr.<br />

Neues Spiel, neue Normen<br />

Unter Einsatz einer Gebühr dürfen die Fairen den Experimentator<br />

nach jeder R<strong>und</strong>e auffordern, den Trittbrettfahrern<br />

für ihr egoistisches Verhalten eine Art Strafzoll abzuverlangen.<br />

Dieses Angebot nutzen die fairen Typen, was<br />

den Egoisten rasch Geld kostet. Ergebnis: schon nach drei<br />

bis vier R<strong>und</strong>en investieren alle ins Gruppenprojekt. Die<br />

Fairen setzen sich durch, was nach dem Homo-oeconomicus-Modell<br />

unmöglich ist. Demnach gibt niemand Geld<br />

aus, um das eigensinnige Verhalten anderer zu bestrafen.<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Wirtschaftstheorie<br />

Traditionelles Menschenbild widerlegt<br />

Lustvolles Bestrafen von bösen Egoisten<br />

Überraschend viele Menschen verhalten sich fair <strong>und</strong> kooperativ. Das widerspricht der gängigen Wirtschaftstheorie.<br />

Indes erzwingen die Fairen unter den Bedingungen des<br />

neuen Spiels beste Kooperation <strong>und</strong> Gewinne für alle.<br />

Wie es scheint, können Bestrafungsmöglichkeiten in einer<br />

Gruppe als Triebfeder für anonyme Kooperation – die<br />

Basis eines Geschäfts – in der menschlichen Evolution gewirkt<br />

haben. Und was motiviert die Fairplayer? Reine Emotionen!<br />

"Die Leute sagen, ich bestrafe die gern", beschreibt<br />

Fehr die Aussagen der fairen Typen. Zwar verhalten<br />

sich Menschen auf reinen Wettbewerbsmärkten fast<br />

immer eigensüchtig. Doch besteht Ökonomie nur zu einem<br />

Bruchteil aus Märkten, vielmehr meist aus komplexen<br />

Beziehungen in kleinen Gruppen – etwa in Unternehmen.<br />

Hier zeigen die meisten Leute ihr zweites, faires Gesicht.<br />

Angesichts dessen steckt im bunten Mix von Kooperativen<br />

<strong>und</strong> Egozentrikern die wahre Herausforderung.<br />

"Das Verhalten der Fairen", schwärmt Fehr, "wirkt sich<br />

drastisch auf die Ergebnisse unserer Theorie aus". Und<br />

langfristig auch auf das tägliche Leben. Denn das Modell<br />

des Homo oeconomicus beeinflusst öffentliches Bewusstsein<br />

<strong>und</strong> politische Entscheidungen bei Themen wie Produktivität<br />

am Arbeitsplatz oder Steuern.<br />

Klaus Wilhelm arbeitet<br />

als freiberuflicher<br />

Journalist in Berlin<br />

Kommentar der Redaktion<br />

Auf die Rahmenbedingen kommt es an<br />

Was Silvio Gesell schon vor 90 Jahren<br />

erkannte, wird heute mit einem einfachen<br />

wissenschaftlichen Experiment<br />

bestätigt: Das Menschenbild der klassischen<br />

Wirtschaftstheorie ist einseitig<br />

<strong>und</strong> damit falsch. Der Mensch ist<br />

nicht einfach von Natur aus egoistisch<br />

<strong>und</strong> antisozial, er trägt auch die Möglichkeit<br />

verantwortungsvollen <strong>und</strong> gemeinschaftlichen<br />

Handelns (Bei Gesell:<br />

"Gemeinsinn <strong>und</strong> Opferfreudigkeit")<br />

in sich.<br />

Der Kapitalismus fördert jedoch vor<br />

allem den asozialen, egoistischen Teil<br />

der menschlichen Natur - es gilt als<br />

erstrebenswert, überschüssiges Geld<br />

nicht für wohltätige oder gemeinnützige<br />

Zwecke zu verwenden, sondern<br />

es anzuhäufen <strong>und</strong> möglichst viel Zinsen<br />

zu kassieren, für die andere Menschen<br />

hart arbeiten müssen. Im Experiment<br />

entspricht das dem Verhalten<br />

der Egoisten, nichts in den Gemeinschaftstopf<br />

zu geben, sondern umge-<br />

kehrt auch noch von dessen Erträgen<br />

zu profitieren.<br />

Im Kapitalismus gibt es keinerlei<br />

Sanktionsmöglichkeiten gegen ein<br />

solches Verhalten. Auf diese Weise<br />

werden die Egoisten laufend belohnt<br />

<strong>und</strong> ruinieren die Gemeinschaft durch<br />

die ausufernde Verschuldung in allen<br />

Bereichen. Gesell erkannte, dass es einer<br />

Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingen<br />

bedarf, um die positive<br />

Seite des Menschen zur Geltung zu<br />

bringen. Mit einer Geld- <strong>und</strong> Bodenreform<br />

können die Fairen "den Trittbrettfahrern<br />

für ihr egoistisches Verhalten<br />

eine Art Strafzoll abverlangen":<br />

Wer Geld hortet <strong>und</strong> es dem<br />

Wirtschaftskreislauf entzieht, um damit<br />

höhere Zinsen zu erzwingen, wird<br />

mit einer Geldumlaufsicherungsgebühr<br />

bestraft. Damit "erzwingen die<br />

Fairen unter den Bedingungen des<br />

neuen Spiels beste Kooperation <strong>und</strong><br />

Gewinne für alle."<br />

21


22<br />

Buchbesprechungen<br />

Jürgen Bozsoki<br />

Das begrüssenswerte Anliegen<br />

des Buches ist, der Sozialdemokratie<br />

Europas eine zielwirksamere<br />

Orientierung zu vermitteln.<br />

In der Tat ist dem Autor, selbst<br />

Sozialdemokrat, zuzustimmen,<br />

wenn er eine f<strong>und</strong>amentale<br />

Orientierungslosigkeit feststellt.<br />

Weder die alte Linke r<strong>und</strong> um Lafontaine,<br />

noch die neue Rechte<br />

um Schröder-Blair mit ihrem neoliberalen<br />

"Anpassungskonzept"<br />

(gemeint ist das Schröder-Blair-<br />

Papier) haben eine Chance, die<br />

nach wie vor gültigen <strong>und</strong> höchst<br />

aktuellen Ziele der Sozialdemokraten<br />

zu erreichen.<br />

Gerade weil die neoliberale Totalderegulierung<br />

keineswegs den<br />

versprochenen Wohlstand für<br />

alle brachte, sondern Reichtum<br />

für wenige, Sozialabbau, working<br />

poor, usw., haben die Menschen<br />

in grossen Teilen Europas den Sozialdemokraten<br />

die Regierungsverantwortung<br />

anvertraut. Aber<br />

sie sind drauf <strong>und</strong> dran, dieses<br />

Vertrauen zu verspielen, weil sie<br />

die "blinden Flecken" nicht aufhellen<br />

<strong>und</strong> deshalb die Kernprobleme<br />

nicht lösen können. Als<br />

"blinde Flecken" bezeichnet der<br />

Autor gr<strong>und</strong>sätzliche Bereiche<br />

oder Probleme, die schlicht ignoriert,<br />

weder hinterfragt noch<br />

analysiert werden.<br />

Dann werden kurz Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />

diskutiert, z.B. "Arbeit <strong>und</strong><br />

Eigentum", wobei der Autor auf<br />

John Locke (1632 – 1704) zu-<br />

rückgreift, der die Legimitation<br />

von Privateigentum allein auf Arbeit<br />

zurückführt. Privilegien<br />

durch Erbschaft <strong>und</strong> andere arbeitsfreie<br />

Einkommen, z.B. durch<br />

Kapital- <strong>und</strong> Landbesitz, sind illegitim.<br />

In groben Zügen wird dann dargestellt,<br />

wie die heutige Situation<br />

entstanden ist. Bei Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />

stösst man automatisch<br />

auf die Geld- <strong>und</strong> Währungsfrage.<br />

Und genau hier sind<br />

die "blinden Flecken" angesiedelt,<br />

denn die Sozialdemokraten<br />

haben es konsequent vermieden,<br />

über die monetären Ursachen<br />

zahlreicher <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentaler<br />

Probleme nach zu denken.<br />

So kam es, dass sie Milton Friedman,<br />

der nach dem Zusammenbruch<br />

des Weltwährungssystems<br />

von Bretton Wood seine berühmt<br />

bzw. berüchtigt gewordene<br />

"Supply Side Economics" in die<br />

Welt setzte (als Reagonomics<br />

<strong>und</strong> Thatcherism erstmals umgesetzt),<br />

nichts entgegen stellen<br />

konnten. Danach ist jeder Staatseingriff<br />

in die Wirtschaft verpönt,<br />

Staatsausgaben <strong>und</strong> Steuern<br />

runter, der total <strong>und</strong> weltweit befreite<br />

Markt <strong>und</strong> die umfassend<br />

privatisierte Wirtschaft schaffen<br />

mit großer Effizienz Wohlstand<br />

für alle. Gesteuert wird lediglich<br />

die für die Stabilität des Geldwertes<br />

benötigte Geldmenge<br />

aufgr<strong>und</strong> von Wachstumsprognosen.<br />

Das Resultat ist der heutige neoliberale<br />

<strong>und</strong> alles überrollende<br />

Casino-Kapitalismus mit den bekannten<br />

Folgen: Hochgebirge<br />

von Schulden der Staaten <strong>und</strong><br />

noch grössere der Wirtschaft in<br />

noch nie da gewesenen Grössenordnungen.<br />

Entsprechend leidet<br />

die ganze Welt an Zinszahlungen,<br />

vor allem auch die Entwik-<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

klungsländer. Dieser geradezu<br />

explodierende (exponentiell steigende)<br />

Kapitaldienst fliesst als<br />

arbeitsfreies Einkommen an relativ<br />

wenige Kapitalgeber, die Reichen<br />

werden beschleunigt reicher<br />

<strong>und</strong> die Armen werden zahlreicher<br />

<strong>und</strong> ärmer, auch der<br />

Mittelstand ist gefährdet. Durch<br />

wilde Fusionen, Missmanagement,<br />

platzende Börsenblasen,<br />

usw. ist die Wirtschaft dramatisch<br />

instabiler geworden.<br />

Und warum schreit alles eigentlich<br />

immer wieder nach<br />

Wachstum? Nun, der wachsende<br />

Abfluss erarbeiteter Mittel an die<br />

Geldgeber geht an den Löhnen<br />

ab, also muss eine Firma wachsen<br />

<strong>und</strong> produktiver werden, um<br />

ein halbwegs akzeptiertes Lohnniveau<br />

zu halten. Somit: Für die<br />

gesättigten Industriegesellschaften<br />

erzeugt vor allem das Kapital<br />

mit all’ seinen Renditeforderungen<br />

den unsäglichen Wachstumsdruck,<br />

zum Schaden der<br />

Umwelt <strong>und</strong> der Gesellschaft,<br />

nur zum Nutzen der Geldgeber.<br />

Und die Ursachen dafür liegen,<br />

wie der Autor richtig analysiert,<br />

bei unserm heutigen nicht ganz<br />

richtig konstruierten Geld. Seine<br />

Hortbarkeit erlaubt es dem Geldbesitzer<br />

jene, die Geld brauchen,<br />

hinzuhalten, bis sie einem "anständigen"<br />

Zins zustimmen.<br />

So fährt der Autor fort in der<br />

Analyse unseres Geldwesens <strong>und</strong><br />

folgt dabei den Gedanken von<br />

Gesell, Creutz, Senf u.a. Seine<br />

konkreten Reformvorschläge:<br />

Die Geldreform: Geld soll den<br />

Waren gleichgestellt werden,<br />

welche faulen, rosten, veralten<br />

<strong>und</strong> Lagerkosten verursachen.<br />

Deshalb soll auf den liquiden<br />

Zahlungsmitteln (Bar- <strong>und</strong> Giralgeld)<br />

eine Nutzungsgebühr erhoben<br />

werden, längerfristige Anla-<br />

gen sind frei von diesen Steuern.<br />

Das bewirkt, dass die Geldmarktzinsen<br />

gegen Null tendieren. Es<br />

wird praktisch kein Geld mehr<br />

gehortet, was eine raschere <strong>und</strong><br />

präzisere Steuerung der Geldmenge<br />

durch die Notenbank<br />

stark erleichtert.<br />

Dann will der Autor den Notenbanken<br />

verbieten, gewöhnliche<br />

Bankgeschäfte zu tätigen. Dagegen<br />

ist nichts einzuwenden,<br />

wenn sie das denn auch wirklich<br />

getan haben.<br />

Den Geschäftsbanken ist zu verbieten,<br />

"Giralgeld zu schöpfen".<br />

Auch gut, nur: das Problem ist<br />

"eher gering" (siehe Buch von H.<br />

Creutz).<br />

Eine Bodenreform ist notwendig,<br />

um einerseits die Bodenrente<br />

(Einkommen aus Landbesitz) <strong>gerechte</strong>r<br />

zu verteilen <strong>und</strong> andererseits,<br />

dem Kapital die Fluchtmöglichkeit<br />

in das rentable Bodengeschäft<br />

zu verbauen.<br />

Weitere Forderungen werden nur<br />

grob umrissen:<br />

Ein neues Bretton Wood Weltwährungssystem<br />

mit Kapitalverkehrskontrollen<br />

<strong>und</strong> festen<br />

Wechselkursen (nur von Zeit zu<br />

Zeit anpassbar) / Regulierungen<br />

des globalen Handels / Ein etwas<br />

unklares internationales Ausgleichsverfahren<br />

/ Eine progressive<br />

Steuerreform / Ein Marshallplan<br />

für unterentwickelte Länder<br />

/ Dass man schliesslich auch die<br />

Banken vergesellschaften soll,<br />

scheint uns ganz <strong>und</strong> gar nicht<br />

zwingend.<br />

Das Buch ist Pflichtlektüre jedes<br />

Sozialdemokraten, auf dass die<br />

"blinden Flecken" verschwinden<br />

<strong>und</strong> ein neuer Aufbruch in eine<br />

<strong>gerechte</strong>re Gesellschaft losbricht.<br />

Walter Meier-Solfrian


Termine Schweiz<br />

TALENT-Treff Zürich<br />

Jeden 2. Tag im Monat, 19.00-22.00 Uhr<br />

im Kraftwerk, Haus B, 4. Stock<br />

Hardturmstr. 160,<br />

Haltestelle Bernoullihäuser (Tram 4)<br />

Nächste Treffen:<br />

Die. 2. April,<br />

"Sonnenenergie" mit Rainer Eberhard.<br />

Do.2. Mai,<br />

"Kunst mit TALENT" mit Hans-Hendrik Barth<br />

So, 2. Juni,<br />

TALENT-Brunch um 11 Uhr<br />

TALENT-Treff Basel<br />

Jeden letzten Dienstag im Monat 18.30 Uhr<br />

im Baizli, Bärenfelserstr. 36, 4000 Basel<br />

INWO Regionalgruppe Bern<br />

Treffen von Mitgliedern <strong>und</strong> Interessierten<br />

Rest.-Café Vatter<br />

Bärenplatz 2 (ca. 3 Min. vom Bhf.)<br />

Nächste Treffen:<br />

Mi. 20. März 2002, 14.00-16.00 Uhr.<br />

Mi. 17. April 2002, 14.00-16.00 Uhr,<br />

Mi. 15. Mai 2002, 14.00-16.00 Uhr.<br />

Mi. 19. Juni 2002 Uhr.<br />

Apéro aktuell<br />

Karl-der-Grosse-Zentrum für alle, Kirchgasse<br />

14, 8001 Zürich, Erkerzimmer, 1. Stock,<br />

Jeden 1. Freitag im Monat, 14.30-16.00<br />

Uhr.<br />

Generalversammlung INWO-<br />

SCHWEIZ 2002 in Schaffhausen<br />

Termin 27/28. April<br />

Die Mitglieder INWO-CH haben eine<br />

persönliche Einladung erhalten.<br />

Interessierte, insbesondere auch ausländische<br />

Gäste, sind herzlich willkommen.<br />

Auskunft Patrick Jenny,<br />

Tel. 01 853 06 81,<br />

e-mail: patjenny@bluewin.ch<br />

Termine<br />

Deutschland<br />

16. März<br />

Vortrag von Helmut Creutz auf der Frühjahrstagung<br />

der GGB Lahnstein zum Thema:<br />

"Monetäre Hintergründe von Rüstung<br />

<strong>und</strong> Krieg". Veranstalter: Gesellschaft für<br />

Ges<strong>und</strong>heitsberatung e.V. Auskunft: GGB,<br />

Tel: 02621 / 917011<br />

22.-24. März<br />

31. Mündener Gespräche der Sozialwissenschaftlichen<br />

Gesellschaft zum Thema: "Sind<br />

Ideologien am Ende? (siehe Veranstaltungsprogramm<br />

S. 15)<br />

26. März<br />

Vortrag von Helmut Creutz auf der Rothenfelser<br />

Ostertagung zum Thema: "Geld -<br />

Wirtschaft – Gesellschaft" .Veranstalter:<br />

Heimvolkshochschule Burg Rothenfels.<br />

Auskunft: dto. Tel: 09393 / 99994<br />

9.-12. Mai<br />

8. CGW / INWO-Tagung zum Thema "Kultur<br />

<strong>und</strong> Geld". Ausführliches Veranstaltungsprogramm<br />

in der nächsten Ausgabe.<br />

Sa. 16. März<br />

Vortrag von Helmut Creutz auf der Frühjahrstagung<br />

der GGB, Lahnstein<br />

Thema: Monetäre Hintergründe von<br />

Rüstung <strong>und</strong> Krieg<br />

Veranstalter: Gesellschaft für Ges<strong>und</strong>heitsberatung<br />

e.V.<br />

Auskunft:GGB, Tel: 02621 / 917011<br />

Di. 26. März<br />

Vortrag von Helmut Creutz auf der Rothenfelser<br />

Ostertagung 2002 Rothenfels / Main,<br />

Thema: Geld - Wirtschaft - Gesellschaft<br />

Veranstalter: Heimvolkshochschule Burg<br />

Rothenfels<br />

Auskunft:dto. Tel: 09393 / 99994<br />

So. 28. April<br />

Vortrag von Helmut Creutz bei der Jahrestagung<br />

der INWO-Schweiz, Schaffhausen<br />

Thema: Aktuelle Problementwicklungen<br />

in Deutschland<br />

Veranstalter: INWO-Schweiz<br />

Auskunft:Marco Lustenberger,<br />

Tel: 0041 / 55414 / 2048<br />

evolution • Nr.6 März 2002<br />

Agenda<br />

Termine <strong>und</strong> Veranstaltungen<br />

Vorstellung des<br />

Geld- <strong>und</strong> Wirtschaftssimulationsspiels<br />

"DKKT"<br />

von Gerhard Margreiter<br />

im Rahmen der Reihe "Talentemarktplatz".<br />

Freitag 22.März 2002, 17.00 Uhr<br />

Wasserschloss Pottenbrunn bei<br />

St. Pölten<br />

Dr. Gerhard Margreiter ist Mathematiker,<br />

Statistiker, Systemanalytiker <strong>und</strong> war 20<br />

Jahre bei der UNIDO tätig. Diese Forschergruppe<br />

beschäftigte sich mit der Entwikklung<br />

eines Prognosemodells analog dem<br />

Club of Rome für Entwicklungen der <strong>Weltwirtschaft</strong>.<br />

Dabei stieß Margreiter auf die Frage,<br />

ob Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren<br />

kann.<br />

Die herrschenden Antworten waren für<br />

ihn nicht wissenschaftlich überzeugend f<strong>und</strong>iert,<br />

sodass er anfing sich mit alternativen<br />

ökonomischen Modellen zu befassen.<br />

Er wurde dann Gründungsmitglied der<br />

INWO ( Institut für natürliche Wirtschaftsordnung)<br />

<strong>und</strong> entwickelte das Geld-<strong>und</strong><br />

Wirtschaftssimulationsspiel "DKKT" ( der<br />

kapitalistische Kredit Trick) welches er an<br />

diesem Abend vorstellen <strong>und</strong> als praktisches<br />

Experiment leiten wird.<br />

Dieses Spiel verdichtet <strong>und</strong> macht dadurch<br />

für Mitspieler <strong>und</strong> Beobachter, ohne<br />

über wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse<br />

verfügen zu müssen, die Mechanismen<br />

unseres derzeit vorherrschenden Wirtschaftssystems<br />

besonders stark erlebbar.<br />

Gleichzeitig kann auch der wissenschaftlich<br />

Interessierte die Dynamik des Wirtschaftssystems<br />

klar beobachten.<br />

Durch eine geringfügige Änderung einer<br />

Spielregel in diesem Spiel kann eine zweite<br />

Variante eines zinsenlosen Wirtschaftens gespielt<br />

werden <strong>und</strong> im Gegensatz zur Zinsvariante<br />

die Freiheit eines Wirtschaftens ohne<br />

Zinsdruck praktisch erlebt werden.<br />

Für die Unkosten von Dr. Margreiter wird<br />

um eine freiwillige Spende in Talenten gebeten!<br />

23


Impressum<br />

r-evolution - Alternativen zum Kapitalismus<br />

2. Jahrgang, Nummer 2/2002<br />

Redaktion<br />

INWO Schweiz<br />

Redaktion r-evolution<br />

Sabine Bruppacher, Dr. Hanspeter Studer<br />

Postfach<br />

CH-5001 Aarau<br />

E-Mail: s.bruppacher@bluewin.ch<br />

INWO Deutschland<br />

Redaktion r-evolution<br />

Beate Bockting (V.i.S.d.P.)<br />

Schanzenweg 86<br />

42111 Wuppertal<br />

E-Mail: bockting@muenster.de<br />

INWO Österreich<br />

Redaktion r-evolution<br />

Gerhard Margreiter<br />

c/o HIFA-Austria<br />

Staudingergasse 11<br />

1200 Wien<br />

E-Mail: gerhard.margreiter@EUnet.at<br />

Abo Österreich: frat-hifa-inwo@netway.at<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />

geben nicht unbedingt die Meinung der<br />

Redaktion wieder.<br />

Redaktionsschluss<br />

ist jeweils der 10. des Vormonats<br />

Für unverlangte Manuskripte etc. wird<br />

keine Haftung übernommen.<br />

Auflage<br />

3.000 Exemplare<br />

Erscheinungsweise<br />

10 Ausgaben pro Jahr<br />

Layout<br />

Umbach Grafik & Mediendesign, Münster<br />

Druck u. Versand<br />

Joh. Burlage, Münster<br />

Bezug<br />

Die r-evolution ist im Jahresabonnement<br />

zu beziehen bei:<br />

INWO Schweiz<br />

INWO Österreich (Euro 25.-)<br />

INWO Deutschland (Euro 25.-)<br />

Die r-evolution ist gleichzeitig Mitgliederzeitschrift<br />

der INWO Schweiz <strong>und</strong><br />

INWO Deutschland.<br />

Herausgeberin<br />

INWO International<br />

Sektion Deutschland<br />

INWO e.V.<br />

Max-Bock-Str. 55<br />

60320 Frankfurt/M.<br />

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96178 Pommersfelden


zu guter Letzt<br />

zu guter Letzt<br />

"Am Gelde hängt's, zum Gelde drängt´s"<br />

Mein Portmonee ist leer, wo ist das Geld geblieben?<br />

Es gibt heut hierzulande auch nichts mehr umsonst!<br />

Wenn wir nun eine Rechnung nach der ander'n kriegen,<br />

wie soll'n wir die bezahlen, Frau, mir wird ganz Angst!<br />

Am Gelde hängt's, zum Gelde drängt's,<br />

das hat einst Goethe schon erkannt!<br />

Es ist allgegenwärtig, verwandelt sich in alles<br />

<strong>und</strong> scheint allmächtig bald zu sein!<br />

Du fragst, wie kommt´s?<br />

Man sagt es liegt daran:<br />

Die großen Scheine zieh'n die kleinen magisch an!<br />

Die Steuern rauf, die Steuern runter<br />

<strong>und</strong> dann noch mal von vorn´,<br />

was soll der ganze Quark, <strong>und</strong> wer hat was davon?<br />

Wer Geld bewegt, auch was verdient,<br />

so einfach läuft das Geschäft,<br />

der Rubel rollt, doch meistens leider nicht zu Dir!<br />

Der Euro kam, die D-Mark ging,<br />

vielleicht bedauert man's zu spät!<br />

Er wird allgegenwärtig verwandeln sich in alles<br />

<strong>und</strong> scheint allmächtig auch zu sein!<br />

Du fragst, wie kommt' s? Scheinbar liegt es daran:<br />

Auch große Euros zieh' n die kleinen magisch an!<br />

Familien soll'n mehr Kindergeld<br />

nun doch bekommen,<br />

das ist tatsächlich mal 'ne sehr gute Idee.<br />

Fahrpreise steigen leider,<br />

wieder wird' s genommen,<br />

dann fahr'n wir einfach mehr mit unser'm Pkw!<br />

Geld fasziniert, <strong>und</strong> es regiert<br />

meist die Politiker sehr wohl!!<br />

Es ist allgegenwärtig, verwandelt sich in alles<br />

<strong>und</strong> scheint allmächtig bald zu sein!<br />

Du fragst, wie kommt's? Es liegt bestimmt daran:<br />

Daß das mit rechten Dingen so nicht zugeh'n kann!<br />

Geld war als Tauschmittel<br />

von seinen Erfindern gedacht,<br />

als solches ist es eigentlich auch nicht verkehrt.<br />

Schnell wurd's zum Machtmittel,<br />

denn da steckt nämlich Macht wirklich drin,<br />

dass Heinrich BöII zurecht<br />

von den Gewalten sprach,<br />

die auf der Bank unsichtbar sind,<br />

so herrscht das Geld ganz frank <strong>und</strong> frei!<br />

PVST, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, D 56949<br />

Es ist allgegenwärtig, verwandelt sich in alles<br />

<strong>und</strong> will allmächtig zu gern sein!<br />

Du fragst. wie kommt's?<br />

Das ist schon lange so:<br />

Das Geld regiert die Welt doch macht es oft nicht froh!<br />

Wenn der Gesellschaftsordnung Sinn <strong>und</strong> Ziel<br />

die Menschen nicht sind,<br />

statt ihrer mehr die Zinsen <strong>und</strong> der Zinseszins,<br />

ist, wie Karl Barth es schrieb,<br />

schon der Automatismus im Gang,<br />

der Menschen immer wieder auch zum Töten bringt!<br />

Am Zinsrecht hängt´s. nach Zinsen drängt´s,<br />

was ist denn Schlimmes schon dabei?<br />

Sie sind allgegenwärtig, verwandeln sich in alles<br />

<strong>und</strong> woll'n allmächtig schließlich sein!<br />

Du fragst, wie kommt´s? Das ist der Geldkreislauf:<br />

Die großen Scheine fressen kleine einfach äuf!<br />

Mit Geld recht umgeh´n kann nicht jeder,<br />

so was ist ja auch schwer,<br />

das wissen schon die Kinder, wenn es ihnen fehlt.<br />

Geld macht nicht glücklich, doch beruhigt es sehr,<br />

dass viele dafür alles <strong>und</strong> gern´ noch mehr tun!<br />

Geld stinkt auch nicht, was dazu führt,<br />

dass man es gern´auf Haufen legt<br />

<strong>und</strong> nicht verteilt gerecht <strong>und</strong> fair,<br />

obwohl man sich drüber empört.<br />

Dann tanzt man drum herum<br />

wie um ein gold´nes Kalb,<br />

manch´ einer will es auch schon anbeten!<br />

Text einesLiedes der CD "Maß uns'rer Zeit"<br />

von Gerhard Däblitz, 2001; CD-Rezension folgt.<br />

Gerhard Däblitz

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