Globalisierung und gerechte Weltwirtschaft Globalisierung ... - Inwo
Globalisierung und gerechte Weltwirtschaft Globalisierung ... - Inwo
Globalisierung und gerechte Weltwirtschaft Globalisierung ... - Inwo
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Euro 2,sFr<br />
3,- 3,-<br />
Auf der Suche nach einer Alternative<br />
evolution<br />
Nr.6 März 2002<br />
friedlich, mitmenschlich, gerecht, nachhaltig, selbstbestimmt<br />
<strong>Globalisierung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>gerechte</strong><br />
<strong>Weltwirtschaft</strong><br />
Wirtschaftsphilosophie<br />
Zur Kritik ungeregelter Finanzmärkte 3<br />
Utopie-Wettbewerb: Freiwirtschaft per UNO-Beschluss 16<br />
Maßwirtschaft<br />
der Lebensfülle 6<br />
Freiwirtschaftstheorie<br />
Kann Geld arbeiten? 8<br />
Wirtschaftstheorie<br />
Wachstum, Wachstum<br />
über alles! 18
2<br />
Editorial<br />
Editorial<br />
Eine andere Welt ist machbar ?<br />
Attac, die Bewegung, von der<br />
dieser Slogan stammt, geht wohl<br />
davon aus, dass das auf jeden<br />
Fall eine bessere Welt sein wird.<br />
Das muß es aber nicht zwangsläufig<br />
sein,<br />
wenn wir<br />
nicht sehr<br />
aufpassen.<br />
Wie soll sie<br />
denn aussehen<br />
diese andere<br />
Welt?<br />
Unsere Leserinnen<br />
<strong>und</strong><br />
Leser haben sich darüber Gedanken<br />
gemacht. Wir stellten Ihnen<br />
in der letzten Nummer die<br />
ersten Ergebnisse unseres Utopiewettbewerbes<br />
vor <strong>und</strong> weitere<br />
werden folgen. Es handelt sich<br />
durchweg um Visionen einer<br />
besseren Welt. Jedenfalls Tobin<br />
Tax <strong>und</strong> Austrocknen der Steueroasen<br />
scheinen ihnen für eine<br />
bessere Welt nicht ausreichend.<br />
Wir sehen darin aber kleine<br />
Schritte in die richtige Richtung.<br />
Wer eine bessere als die gegenwärtige<br />
kapitalistische Welt will,<br />
muß einen Weg aufzeigen, wie<br />
wir dahin gelangen können. Das<br />
ist ein Anliegen dieser Zeitung.<br />
Wir wollen das vom Zinsdruck<br />
befreite Geld, das allen ein ausreichendes<br />
Einkommen durch<br />
Erwerbsarbeit ermöglicht. Dabei<br />
müssten alle weniger arbeiten,<br />
d. h. die vorhandenen Arbeitsplätze<br />
würden für alle reichen.<br />
Heute verlieren die arbeitenden<br />
Die "r-evolution" ist ein Gemeinschaftsprojekt der<br />
drei Mitgliedsorganisationen der Internationalen<br />
Vereinigung für Natürliche Wirtschaftsordnung<br />
(INWO) in Deutschland, Österreich <strong>und</strong> der<br />
Schweiz. Die INWO setzt sich für ein <strong>gerechte</strong>s<br />
Geldsystem ohne Zinsdruck, Inflation, Deflation<br />
<strong>und</strong> Schuldenkrise ein. Für ein Bodenrecht, das allen<br />
einen Anteil an der Nutzung sichert <strong>und</strong> Spekulationsgewinne<br />
einiger weniger verhindert. Vereine<br />
<strong>und</strong> Gruppen mit vergleichbarer Zielsetzung<br />
Menschen in Deutschland jeden<br />
Tag etwa 650 Millionen Euro ihres<br />
Arbeitsertrages. Sie werden<br />
als Zinsen den Geldkapitalbesitzern<br />
gutgeschrieben.<br />
Ein Geld das altert <strong>und</strong> damit<br />
gleich den Waren laufend umgesetzt<br />
werden muss, würde<br />
dem ein Ende setzen. Weitere<br />
Reformen müssten der Entmachtung<br />
des Kapitals zwar folgen,<br />
aber eine Gesellschaft, die das<br />
durchgesetzt hat, kann schon<br />
nicht mehr als kapitalistisch bezeichnet<br />
werden.<br />
Noch fehlt uns eine richtige Bezeichnung<br />
für dieses nachkapitalistische,<br />
soziale Wirtschaftssystem.<br />
Vielleicht sollten wir einen Wettbewerb<br />
ausschreiben?<br />
Wera Wendnagel<br />
sind eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen.<br />
Die "r-evolution" ersetzt das traditionsreiche<br />
Schweizer Blatt "evolution" sowie den deutschen<br />
"INWO-R<strong>und</strong>brief" als Mitgliederzeitschriften. Ein<br />
"evolutionärer", sprich allmählicher, friedlicher<br />
Wandel des wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Systems<br />
fängt mit einer "Revolution" im Herzen <strong>und</strong> im<br />
Geiste der Menschen an – mit einer bewussten<br />
Entscheidung für eine <strong>gerechte</strong>re, freiheitlichere<br />
<strong>und</strong> nachhaltigere Zukunft aktiv zu werden.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Inhalt<br />
Weltfinanzsystem<br />
3 Zur Kritik unregulierter Finanzmärkte -<br />
von Rudolf Steiner bis ATTAC<br />
Wirtschaftsphilosophie<br />
6 Maßwirtschaft der Lebensfülle -<br />
Lichtzeichen einer neuen Ökonomie<br />
Freiwirtschaftstheorie<br />
8 Kann Geld arbeiten?<br />
Aus den Regionalgruppen<br />
10 INWO Schweiz<br />
13 INWO Österreich<br />
INWO Deutschland<br />
14<br />
Wirtschaftstheorie<br />
16 Wachstum, Wachstum über alles!<br />
Utopie-Wettbewerb<br />
18 Freiwirtschaft per UNO-Beschluss<br />
Umweltskandal mit deutscher Beteiligung<br />
20 Im Namen des Öls<br />
Traditionelles Menschenbild widerlegt<br />
21 Lustvolles Bestrafen von bösen Egoisten<br />
Rubriken<br />
19 LeserInnenbriefe<br />
22 Buchbesprechung<br />
23 Termine <strong>und</strong> Impressum<br />
Zu guter Letzt<br />
24 Am Gelde hängt´s, zum Gelde drängt´s<br />
Titelfoto:<br />
Wir danken der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde<br />
NASA für die Bereitstellung des Titelfotos im Internet.
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Weltfinanzsystem<br />
Suche nach Alternativen<br />
Zur Kritik unregulierter Finanzmärkte -<br />
von ATTAC bis Rudolf Steiner<br />
Kritik an den Auswüchsen des Finanzsystems gibt es nicht erst seit der Entstehung der internationalen<br />
Organisation ATTAC. Der Autor zeigt, dass schon Rudolf Steiner in geradezu prophetischer Weise die<br />
Gefahren der kapitalistischen Finanzmärkte <strong>und</strong> ihre Ursachen erkannt hat.<br />
Die Gefahren, die von den Weltfinanzmärkten ausgehen,<br />
werden von Tag zu Tag deutlicher spürbar. Das<br />
zeigt nicht nur die Bankenkrise in Japan. Der Ruf nach<br />
Reformen wird daher immer lauter. Dies offenbart sich<br />
nicht zuletzt in dem Zuspruch, den beispielsweise AT-<br />
TAC, eine 1999 in Frankreich gegründete Organisation<br />
erfährt. ATTAC bedeutet "Association pour une Taxation<br />
des Transactions financières pour l'Aide aux Citoyens",<br />
auf deutsch etwa "Vereinigung für eine Besteuerung von<br />
Finanztransaktionen zugunsten der Bürger". Inzwischen<br />
haben sich in 26 Ländern viele Menschen <strong>und</strong> Organisationen<br />
aus der Umwelt- <strong>und</strong> Eine-Welt-Bewegung,<br />
kirchliche Kräfte <strong>und</strong> Gewerkschaften zu Attac zusammengeschlossen<br />
(1) - die Mitgliederzahlen steigen<br />
rasant an.<br />
Ziel von Attac ist eine "demokratische Kontrolle <strong>und</strong><br />
Regulierung" der Finanzmärkte. Die Wirtschaft solle<br />
den Menschen dienen <strong>und</strong> nicht umgekehrt. Das ist<br />
ohne Zweifel eine wichtige <strong>und</strong> berechtigte Forderung.<br />
(2)<br />
Der Therapievorschlag beinhaltet gleich ein ganzes<br />
Bündel von Maßnahmen. Reguliert werden sollen die<br />
Finanzmärkte unter anderem durch Einführung einer<br />
Steuer auf internationale Finanztransaktionen ("Tobin-<br />
Steuer"), die stärkere Besteuerung von Kapital <strong>und</strong> Vermögen<br />
<strong>und</strong> die Unterbindung von Steuerflucht. Die von<br />
der B<strong>und</strong>esregierung vorangetriebene Privatisierung<br />
<strong>und</strong> Kapitalmarktdeckung der sozialen Sicherung (Rente,<br />
Ges<strong>und</strong>heit) werden abgelehnt. Unterstützt wird die<br />
Forderung nach einem Schuldenerlass für die sogenannten<br />
Entwicklungsländer.<br />
Nach Auffassung von ATTAC <strong>und</strong> verwandten Organisationen,<br />
z. B. WEED (3), können starke kurzfristige<br />
Wechselkursschwankungen Krisen hervorrufen oder<br />
verstärken <strong>und</strong> auch den Aufbau von "spekulativen Blasen"<br />
begünstigen. Vor allem sogenannte Entwicklungsländer<br />
seien mit ihrer besonderen Verw<strong>und</strong>barkeit gefährdet.<br />
Aber auch ohne krisenhafte Entwicklung bildeten<br />
starke Wechselkursschwankungen ein ungünstiges<br />
Umfeld für Außenhandel <strong>und</strong> Schuldendienst der "Entwicklungsländer".<br />
Die kurzfristigen Kapitalbewegungen<br />
müssten daher reduziert werden. Eine Devisenumsatzsteuer<br />
erfülle diese Funktion, indem sie kurzfristige Anlagen,<br />
die auf geringe Kursdifferenzen spekulierten, unrentabel<br />
mache. Damit würden die Menge <strong>und</strong> das<br />
Tempo der kurzfristigen Transaktionen reduziert, ohne<br />
dass Handelsgeschäfte, langfristige Kredite <strong>und</strong> Realinvestitionen<br />
abgeschreckt würden (Filterfunktion). Es<br />
würde Sand ins Getriebe geworfen, ohne dass das Getriebe<br />
seine Funktionsfähigkeit verlöre. Eine Devisenumsatzsteuer<br />
sei daher ökonomisch sinnvoll <strong>und</strong> insbesondere<br />
entwicklungspolitisch wünschenswert. Es sei<br />
allerdings nicht Anspruch der Tobin-Steuer, massive<br />
spekulative Attacken <strong>und</strong> alle Arten von Finanzkrisen zu<br />
verhindern. Die Tobin-Steuer sei nur ein Instrument in<br />
einem Set unterschiedlicher Instrumente zur Regulierung<br />
der Finanzmärkte (4).<br />
Die technische Umsetzung einer Tobin-Steuer sei<br />
dank der zunehmenden Computerisierung <strong>und</strong> Formalisierung<br />
internationaler Zahlungsverkehrssysteme einfach.<br />
Die Erhebung könne national oder international<br />
erfolgen. Das in Dollar ausgedrückte Steueraufkommen<br />
aus einer Devisenumsatzsteuer läge nach WAHL <strong>und</strong><br />
WALDOW mindestens im zweistelligen Milliardenbereich.<br />
Die Gelder sollen international für "Projekte<br />
nachhaltiger Entwicklung" verwendet werden.<br />
In Fachkreisen <strong>und</strong> den Medien wurde <strong>und</strong> wird das<br />
Für <strong>und</strong> Wider einer Devisenumsatzsteuer zum Teil heftig<br />
diskutiert. Im Rahmen dieses Aufsatzes soll das Augenmerk<br />
auf folgende Fragestellung gelenkt werden:<br />
sind die diskutierten Vorschläge geeignet, den erkrankten<br />
sozialen Organismus gr<strong>und</strong>legend zu therapieren?<br />
Bekanntlich greifen Therapiemaßnahmen in der Regel<br />
dann am besten, wenn ihnen eine gründliche Untersuchung<br />
der Krankheitsursachen vorausging. Dies bedeutet,<br />
dass ein durchgreifender therapeutischer Erfolg<br />
sich nur dann einstellen kann, wenn die wichtigsten<br />
Ursachen erkannt <strong>und</strong> dann mit den richtigen Methoden<br />
behandelt werden. Vergisst man eine wesentliche<br />
Ursache, wird die Therapie mit hoher Wahrscheinlichkeit<br />
fehlschlagen.<br />
Die zunehmende Instabilität der Finanzmärkte hat<br />
nun ohne Zweifel mehrere Ursachen. Einen erheblichen<br />
Anteil daran aber haben die explosionsartig gewachsenen<br />
Geldvermögen. So haben beispielsweise in<br />
der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland im Zeitraum von<br />
1950 bis 2000 die Geldvermögen etwa 4,5-mal rascher<br />
zugenommen als die Wirtschaftsleistung. (5)<br />
Das tumorhafte Wachstum der Geldvermögen hängt<br />
mit dem Zinseszinsprinzip zusammen. "Insgesamt entsprachen<br />
Zinsen <strong>und</strong> Dividenden 1992 r<strong>und</strong> vier Fünfteln<br />
des zur gleichen Zeit neu gebildeten privaten Geldvermögens;<br />
im Durchschnitt der fünfziger Jahre hatte<br />
diese Relation erst ein Sechstel betragen." Soweit wörtlich<br />
die Deutsche B<strong>und</strong>esbank in ihrem Monatsbericht<br />
Frank Bohner, Jahrgang<br />
1961, von Beruf<br />
Lehrer <strong>und</strong> langjähriger<br />
ehrenamtlicher<br />
Mitarbeiter des<br />
INWO-R<strong>und</strong>briefs<br />
3
4<br />
Weltfinanzsystem<br />
Suche nach Alternativen<br />
Das Wort —Kapitalik<br />
leitet sich von einer<br />
Nutztierherde ab, die<br />
sich ohne menschliches<br />
Zutun vermehrt;<br />
Rudolf Steiner<br />
weist jedoch auf Aristoteles<br />
hin, der gesagt<br />
hat, —das Kapital<br />
sollte keine Jungen<br />
bekommeni_.<br />
vom Oktober 1993. Sie spricht vornehm von der<br />
"Selbstalimentation" der Geldvermögen "durch steigende<br />
Erträge". Etwas deutlicher drückt sich da schon Rudolf<br />
Steiner in seinem Vortrag vom 30.11.1918 aus: "Es<br />
gibt heute etwas höchst Unnatürliches in der sozialen<br />
Ordnung, das besteht darin, dass das Geld sich vermehrt,<br />
wenn man es bloß hat. Man legt es auf eine<br />
Bank <strong>und</strong> bekommt Zinsen. Das ist das Unnatürlichste,<br />
was es geben kann. Es ist eigentlich ein bloßer Unsinn.<br />
Man tut gar nichts; man legt sein Geld, das man vielleicht<br />
auch nicht erarbeitet, sondern ererbt hat, auf die<br />
Bank <strong>und</strong> bekommt Zinsen dafür. Das ist ein völliger<br />
Unsinn." (6)<br />
Ähnlich lautet ein Ausspruch Steiners vom 26.5.1919:<br />
"Schon Aristoteles hat gesagt, das Kapital sollte keine<br />
Jungen bekommen, aber es bekommt nicht nur Junge,<br />
sondern die Jungen wachsen heran, bis sie groß sind;<br />
man kann die Anzahl der Jahre angeben, bis das Kapital<br />
sich verdoppelt, wenn es nur sich selbst überlassen ist."<br />
(7) In den "Kernpunkten" heißt es gar: "Wenn der soziale<br />
Organismus sich so weiter entwickelt, wie er es bisher<br />
getan hat, dann entstehen Schäden der Kultur, die<br />
für diesen Organismus dasselbe sind, was Krebsbildungen<br />
im menschlichen natürlichen Organismus sind."<br />
(8)<br />
Wenn auf der einen Seite die Summe der Geldvermögen<br />
- wie gesagt überwiegend durch Zinserträge <strong>und</strong><br />
nicht etwa durch Arbeit - anwächst, so findet dies unvermeidlich<br />
sein Gegenstück in einer entsprechenden<br />
Verschuldung an anderer Stelle der Volkswirtschaft<br />
(z.B. bei den Unternehmen), verb<strong>und</strong>en mit dem<br />
Druck, einen für die Verzinsung ausreichenden Überschuss<br />
zu erwirtschaften. Das zinsbedingte Wachstum<br />
der Geldvermögen fordert <strong>und</strong> erzwingt also ein entsprechendes<br />
Wachstum des Sozialprodukts.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Anders ausgedrückt: der Zins setzt die Wirtschaft unter<br />
einen permanenten Wachstumszwang, was auf Dauer<br />
unsere natürlichen Lebensgr<strong>und</strong>lagen zerstört (9).<br />
Der Zusammenhang zwischen Geldvermögensbildung<br />
<strong>und</strong> wachsender Verschuldung wurde von Helmut<br />
Creutz als "monetärer Teufelskreis" bezeichnet (10).<br />
Treffender wäre laut Bernd Senf der Ausdruck "monetäre<br />
Teufelsspirale", denn im Laufe der Zeit beschleunigt<br />
sich das Wachstum der Geldvermögen <strong>und</strong> Schulden<br />
derart, dass es schließlich irgendwann jeden Rahmen<br />
sprengt, auch den einer ganzen Volkswirtschaft<br />
oder Gesellschaft.<br />
Das Sozialprodukt kann also unmöglich mit dem<br />
Wachstum Schritt halten, das durch die derart rasant<br />
gewachsenen Geldvermögen <strong>und</strong> Schulden eingefordert<br />
wird. Das aber bedeutet, dass die Wirtschaft einen immer<br />
größer werdenden Teil der Geldvermögen nicht<br />
binden kann. Deshalb driften immer mehr Gelder in<br />
die spekulative Sphäre ab. Damit wird das Geld, das<br />
einstmals eingeführt wurde, um den Tausch zu erleichtern,<br />
zu einem Spekulationsmittel, das herrscht <strong>und</strong> die<br />
Stabilität der <strong>Weltwirtschaft</strong> bedroht, anstatt den Menschen<br />
zu dienen.<br />
Aus dem explosionsartigen, geradezu tumorhaften<br />
Wachstum der Geldvermögen resultieren also verschiedene<br />
Probleme: ein verheerender Zwang zur Ausweitung<br />
der Verschuldung mit zum Teil geradezu dramatischen<br />
Konsequenzen für viele überschuldete Privatpersonen,<br />
Unternehmen <strong>und</strong> Staaten, besonders auch der<br />
in der sogenannten 3. Welt, ein Wachstumszwang mit<br />
ökologisch fatalen Folgen <strong>und</strong> eine wachsende Kluft<br />
zwischen Arm <strong>und</strong> Reich, um nur einige Punkte zu nennen.<br />
Die genannten Problementwicklungen könnten<br />
aber entscheidend abgeschwächt werden durch eine<br />
Verlangsamung des Wachstums der Geldvermögens bzw.<br />
deren Schrumpfung.<br />
So kommt auch Rudolf Steiner im Vortrag vom 24 .6.<br />
1919 zum Schluss, dass sich Geld abnützen solle: "Wie<br />
die anderen Dinge stinkend werden, so auch das Geld.<br />
So trägt das Kapital keine Zinsen, aber es muss die<br />
Möglichkeit geschaffen werden, dass das, was früher<br />
gearbeitet wurde, in einer künftigen Leistung enthalten<br />
ist." (11). Weiter heißt es: "Es gibt keinen Zins vom<br />
Zins. Den kann es nicht geben, ferner auch nicht ein<br />
beliebiges Arbeitenlassen des Kapitals. Das Geld wird<br />
stinkig. Es geht ebenso wie andere Dinge, wie Fleisch<br />
<strong>und</strong> dergleichen, verloren. " (12)<br />
Im Rahmen des Nationalökonomischen Seminars<br />
(13), <strong>und</strong> zwar in der sechsten Seminarbesprechung<br />
vom 5. August 1922 verwendet Steiner das Bild von der<br />
Alterung des Geldes: "Daraus folgt unmittelbar, dass das<br />
Geld alt werden muss. Es handelt sich lediglich darum,<br />
auf welche Weise man das technisch ausführen kann."
Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser kurzen Analyse liegt der<br />
Schluss nahe, dass die von Attac <strong>und</strong> befre<strong>und</strong>eten Organisationen<br />
vorgeschlagenen Maßnahmen zu kurz<br />
greifen: eine Hauptursache der Problementwicklungen,<br />
die Überentwicklung der Geldvermögen, wird nicht angegangen.<br />
Statt dessen werden Maßnahmen vorgeschlagen,<br />
die erst dann greifen, wenn das Kind schon (fast?)<br />
in den Brunnen gefallen ist. Man müsste sehr viel früher<br />
einsetzen <strong>und</strong> dafür sorgen, dass es gar nicht erst<br />
zur explosionsartigen Vermehrung der Geldvermögen -<br />
<strong>und</strong> damit auch der Schulden - kommt. Dazu bedarf es<br />
dringend der Diskussion über die Frage, wie man sich<br />
denn nun eine Alterung des Geldes vorzustellen habe.<br />
Rudolf Steiner schrieb dazu beispielsweise in seinen<br />
"Kernpunkten": "Und damit Geld ... nicht ... von Inhabern<br />
zurückbehalten werde, kann Umprägung oder<br />
Neudruck von Zeit zu Zeit stattfinden. Aus solchen Verhältnissen<br />
wird sich allerdings auch ergeben, dass der<br />
Zinsbezug von einem Kapitale im Laufe der Zeit sich<br />
immer verringere. Das Geld wird sich abnützen, wie<br />
sich Waren abnützen. Doch wird eine solche vom Staate<br />
zu treffende Maßnahme gerecht sein. <br />
wird es nicht geben können." (14). Diese Variante der<br />
Geldalterung ist sehr einprägsam beschrieben bei Margrit<br />
Kennedy (15) <strong>und</strong> Helmut Creutz (16). Weitere<br />
Auffassungen über die Durchführung der Geldalterung<br />
sind in dem leider vergriffenen Buch "Wesen <strong>und</strong> Funktion<br />
des Geldes" (17) dargestellt. Leider ist es in der<br />
anthroposophischen Welt bis heute nicht gelungen, Einigkeit<br />
über das Wie einer Geldalterung herbeizuführen.<br />
Diese Tatsache sollte jedoch eine Fortsetzung <strong>und</strong><br />
Intensivierung des Diskussions- <strong>und</strong> Klärungsprozesses<br />
eher fördern als hemmen.<br />
(1) Faltblatt Attac Deutschland. Bezug: Attac-Deutschland, Artilleriestr. 6, 27283<br />
Verden/Aller<br />
Internet: www.attac-netzwerk.de<br />
(2) siehe Fußnote (1)<br />
(3) WEED, Bertha-von-Suttner-Platz 13, 53111 Bonn. Internet: www.weedbonn.org<br />
(4) Peter Wahl, Peter Waldow: Devisenumsatzsteuer, ein Konzept mit Zukunft. Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Grenzen der Stabilisierung der Finanzmärkte durch eine Tobin-Steuer.<br />
Herausgeber: WEED e.V., Adresse siehe Fußnote (3)<br />
(5) Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom. Wege zu einer krisenfreien Wirtschaftsordnung.<br />
Econ Ullstein List Verlag, München, 2001, S. 296<br />
(6) Rudolf Steiner: Die soziale Gr<strong>und</strong>forderung unserer Zeit. In geänderter Zeitlage.<br />
Zwölf Vorträge, gehalten in Dornach <strong>und</strong> Bern vom 29. November bis 21. Dezember<br />
1918 (GA 186), 2. Aufl. 1979, S. 50f<br />
(7) Rudolf Steiner: Gedankenfreiheit <strong>und</strong> soziale Kräfte. Die sozialen Forderungen<br />
der Gegenwart <strong>und</strong> ihre praktische Verwirklichung. Sechs Vorträge mit einem<br />
Schlußwort, gehalten zwischen dem 26. Mai <strong>und</strong> 30. Dezember 1919 in Ulm, Berlin<br />
<strong>und</strong> Stuttgart (GA 333), 1. Aufl. 1971, S. 24.<br />
(8) Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten<br />
der Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft (GA 23), 6. Aufl. 1976, S. 145<br />
Helfen Sie mit, zukunftsfähige<br />
Reformbewegungen zu vernetzen!<br />
"Neue Chancen für Reformbewegungen", so hieß eine dreiteilige Serie<br />
in den Ausgaben 2-4, die die Notwendigkeit der Vernetzung <strong>und</strong> des<br />
gegenseitigen Kennenlernens zukunftsfähiger Reformbewegungen begründete.<br />
Der Verein "Netzwerk Reform e. V." sucht jetzt Helfer, die mit<br />
dieser Vernetzung beginnen. Bitte suchen Sie im Internet oder anderswo<br />
nach geeigneten NGO-Organisationen, notieren Sie deren Internet-<br />
Adresse <strong>und</strong> schicken Sie diese möglichst mit Begründung per E-Mail<br />
an Bernd.Hercksen@t-online.de. Wir stellen diese Organisationen <strong>und</strong><br />
Gruppierungen dann in unser Internet-Reform-Portal www.reform-portal.de.Vorher<br />
bitten wir Sie, sich in diesem Reform-Portal über unsere<br />
Ziele <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven zu informieren. Dort gibt es auch ein<br />
Diskussionsforum, das auf kritische <strong>und</strong> konstruktive Beiträge wartet.<br />
Aber hören wir zum Schluss noch einmal Rudolf Steiner<br />
(18): "Während unser gegenwärtiges Wirtschaftsleben<br />
darauf sieht, dass das Kapital sich in einer gewissen<br />
Zeit verdoppelt, würde ein ges<strong>und</strong>es Wirtschaftsleben<br />
es dahin bringen, dass das bloße Geldkapital in<br />
derselben Zeit verschwinden würde, nicht mehr da sein<br />
würde. Es ist heute noch etwas Horribles, wenn man<br />
den Leuten sagt, nach fünfzehn Jahren sollen sie nicht<br />
das Doppelte haben, sondern nach einer angemessenen<br />
Zeit soll das, was Geldkapital ist, nicht mehr da sein,<br />
weil dasjenige, was in diesem Kapital steckt, an der Abnützung<br />
teilnehmen muss. Gewiss kann dabei auch<br />
manches, was im Sparen liegt oder dergleichen, Rükksicht<br />
genommen werden. So stehen wir heute nicht<br />
vor kleinen Abrechnungen, sondern vor großen Abrechnungen.<br />
Und wir müssen den Mut haben, zu diesen<br />
großen Abrechnungen uns zu bekennen. Sonst wird die<br />
soziale Ordnung, oder besser gesagt, die soziale Unordnung,<br />
das soziale Chaos, über uns hereinbrechen."<br />
Dem ist nichts hinzuzufügen.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
(9) Bernd Senf: Die blinden Flecken der Ökonomie. Wirtschaftstheorien in der Krise.<br />
dtv Verlag, München, 2001<br />
(10) siehe auch www.geldreform.net<br />
(11) Rudolf Steiner: Betriebsräte <strong>und</strong> Sozialisierung.Diskussionsabende mit den Arbeiterausschüssen<br />
der großen Betriebe Stuttgart (GA 331), 1. Aufl. 1989, S. 189<br />
(12) siehe Fußnote 11, S. 190<br />
(13) Rudolf Steiner: Nationalökonomisches Seminar. Sechs Besprechungen mit den<br />
Teilnehmern am Nationalökonomischen Kurs in Dornach vom 31. Juli bis 5. August<br />
1922 (GA 341), 2. Aufl. 1973, S. 77f<br />
(14) Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten<br />
der Gegenwart <strong>und</strong> Zukunft (GA 23), Taschenbuchausgabe 1991, S. 132f<br />
(15) Margrit Kennedy: Geld ohne Zinsen <strong>und</strong> Inflation. Ein Tauschmittel, das jedem<br />
dient. Goldmann Verlag München 1993. Siehe auch Internet: www.geldreform.de<br />
(16) Helmut Creutz: Das Geld-Syndrom. Wege zu einer krisenfreien Wirtschaftsordnung.<br />
Econ Ullstein List Verlag, München, 2001<br />
(17) Sozialwissenschaftliches Forum Bd. 3 (Hrsg. Stefan Leber): Wesen <strong>und</strong> Funktion<br />
des Geldes. Zahlen, Leihen <strong>und</strong> Schenken im volkswirtschaftlichen Prozess.<br />
Verlag Freies Geistesleben Stuttgart, 1989<br />
(18) siehe Fußnote 7, S. 24<br />
5
6<br />
Wirtschaftsphilosophie<br />
Neue geistige Werte sind gefragt<br />
Masswirtschaft der Lebensfülle -<br />
Lichtzeichen einer neuen Ökonomie<br />
Im ersten Teil einer Serie hinterfragt der Autor die geistigen Gr<strong>und</strong>lagen der herrschenden<br />
Ökönomie. Nicht Selbstsucht, Konkurrenz <strong>und</strong> Gier sollten das wirtschaftliche Handeln bestimmen,<br />
sondern Kreativität, zwischenmenschliche Beziehungen <strong>und</strong> Liebe.<br />
Dr. oec. Hans-Peter Studer<br />
gehört der Schweizer<br />
Redaktion von revolution<br />
an. Er hat an<br />
der Universität St. GallenWirtschaftswissenschaften<br />
studiert <strong>und</strong><br />
ist seit zwölf Jahren als<br />
selbständiger Mitwelt<strong>und</strong>Ges<strong>und</strong>heitsökonom<br />
tätig.<br />
Zurückzufinden zum Maß eines erfüllten Lebens, darin<br />
liegt die große Herausforderung an der Schwelle des<br />
neuen Jahrtausends. Nur wenn wir unser heutiges materialistisches<br />
Denken transformieren <strong>und</strong> wieder Werte<br />
ins Zentrum unseres Denkens <strong>und</strong> Handels stellen, die<br />
der Gemeinschaft <strong>und</strong> dem Leben dienen, werden wir<br />
als Einzelne <strong>und</strong> als Menschheit eine nachhaltige Zukunft<br />
haben.<br />
Die Attentate vom 11. September haben nicht nur die<br />
Türme des World Trade Centers zum Einsturz gebracht,<br />
sondern auch die blinde Fortschrittseuphorie der westlichen<br />
Welt. Selbst in den Hochburgen der globalisierten<br />
Wachstumswirtschaft sind viele nachdenklich geworden<br />
<strong>und</strong> beginnen, wieder nach dem Sinn zu fragen<br />
– nach dem Sinn ihres eigenen Tuns <strong>und</strong> nach dem<br />
Wohin einer Entwicklung, welche die Menschheit vor<br />
laufenden Fernsehkameras an nie für möglich gehaltene<br />
Abgründe geführt hat.<br />
Gier <strong>und</strong> Eigennutz als Basis unserer<br />
Gesellschaft?<br />
Jeder soll möglichst ungehindert seinen eigenen Nutzen<br />
verfolgen können, dann kommt das allen zugute. So<br />
lautet das Credo der freien Marktwirtschaft seit mehr<br />
als 200 Jahren. Es ist längst schon zum nicht mehr<br />
hinterfragten Dogma geworden, das mit der Deregulierung<br />
<strong>und</strong> <strong>Globalisierung</strong> neue Urstände feiert. Vor r<strong>und</strong><br />
70 Jahren hat der berühmteste Ökonom des vergangenen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts, John Maynard Keynes, die menschliche<br />
Selbstsucht eine der abstoßendsten Eigenschaften<br />
genannt <strong>und</strong> es als widerliche Krankheit bezeichnet,<br />
dass wir sie als Antriebskraft für die wirtschaftliche Entwicklung<br />
in den Rang einer der höchsten Tugenden erhoben<br />
haben. Allerdings war er der Meinung, wir<br />
müssten uns <strong>und</strong> allen anderen noch mindestens weitere<br />
h<strong>und</strong>ert Jahre vorspiegeln, dass schön hässlich <strong>und</strong><br />
"Je mehr wir lernen, zwischen unseren tatsächlichen Bedürfnissen<br />
<strong>und</strong> unseren Begierden zu unterscheiden, desto freier, unabhängiger<br />
<strong>und</strong> reicher werden wir."<br />
hässlich schön sei, "denn hässlich ist nützlich <strong>und</strong><br />
schön unnütz. Geiz, Wucher <strong>und</strong> Misstrauen müssen<br />
noch für eine kleine Weile unsere Götter sein."<br />
Es scheint mir heute an der Zeit, nicht nochmals<br />
dreissig Jahre zuzuwarten, um das zu ändern. Wir sollten<br />
uns eingestehen, dass ausgerechnet wir im sich<br />
christlich nennenden Abendland Werte ins Zentrum un-<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
serer Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft gestellt haben, die<br />
dem diametral widersprechen, was uns der Begründer<br />
unserer Religion seinerzeit gelehrt hat. Wir sammeln<br />
die Schätze nur noch dort, wo sie Motte <strong>und</strong> Rost –<br />
<strong>und</strong> neuerdings auch die Börsenkurse – zerfressen. Wir<br />
haben unser ganzes Trachten <strong>und</strong> Tun fast ausschliesslich<br />
auf die materielle Bedürfnisbefriedigung ausgerichtet<br />
<strong>und</strong> uns damit ein System geschaffen, das zwingend<br />
darauf angewiesen ist, dass wir immer noch mehr konsumieren<br />
<strong>und</strong> nie genug haben – weil es sonst nämlich<br />
zusammenbrechen würde. Wir haben den Stärkeren in<br />
sein Recht gesetzt <strong>und</strong> die Schwächeren ihrem eigenen<br />
Schicksal überlassen – bei uns <strong>und</strong> vor allem in der<br />
Dritten <strong>und</strong> Vierten Welt. Zudem haben wir die Natur<br />
als unsere Mitwelt <strong>und</strong> Lebensgr<strong>und</strong>lage zur beliebig<br />
ausbeutbaren Ressource gemacht, zum blossen Material,<br />
das erst durch die wirtschaftliche "Veredelung"<br />
überhaupt einen Wert erhält.<br />
Vom Haben zum Sein <strong>und</strong> zum Sinn<br />
Am Beginn des dritten Jahrtausends nach Christus<br />
stehen wir jetzt vor der grossen Herausforderung, diese<br />
gr<strong>und</strong>legenden Fehler vorerst überhaupt zu erkennen<br />
<strong>und</strong> einzusehen <strong>und</strong> anschliessend unsere Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Gesellschaft auf eine neue, zukunftsfähige Basis zu<br />
stellen. So ungewohnt das heute klingen mag, auch unseren<br />
wirtschaftlichen Tätigkeiten sollten wir für die<br />
Zukunft jene Werte zugr<strong>und</strong>e legen, die dem Leben dienen:<br />
das Miteinander, das Mass, die Bescheidenheit, die<br />
Rücksichtnahme, die Gerechtigkeit, die Liebe <strong>und</strong> die<br />
Freude am eigenen Tätigsein.<br />
Mit anderen Worten, wir dürfen unser Wirtschaften<br />
nicht mehr länger auf Trieben wie Eigennutz, Neid,<br />
Konkurrenz, Hass <strong>und</strong> Gier aufbauen – mit der zwangsläufigen<br />
Folge, dass sie in <strong>und</strong> um uns immer grösseren<br />
Raum einnehmen. Vielmehr sind wir herausgefordert,<br />
jene Werte ins Zentrum auch<br />
unseres wirtschaftlichen Handelns<br />
stellen, die von allen<br />
Hochreligionen seit jeher als<br />
die positiven <strong>und</strong> Gott zugewandten<br />
bezeichnet werden –<br />
mit dem Ziel, wieder in Harmonie<br />
mit uns selbst <strong>und</strong> mit der übrigen Schöpfung zu<br />
kommen <strong>und</strong> zu leben.<br />
Dieser Entwicklungsprozess beginnt bei jeder <strong>und</strong> jedem<br />
Einzelnen von uns. Der Schlüssel dazu liegt in der<br />
alten Volksweisheit: "Reich ist, wer viel hat. Reicher ist,<br />
wer wenig braucht. Am reichsten ist, wer viel gibt." Je<br />
mehr wir lernen, zwischen unseren tatsächlichen Be-
dürfnissen <strong>und</strong> unseren Begierden zu unterscheiden,<br />
desto freier, unabhängiger <strong>und</strong> reicher werden wir. Die<br />
Begierden haben ihren Ursprung im Haben <strong>und</strong> im<br />
noch mehr haben Wollen, <strong>und</strong> sie werden von der Werbung<br />
<strong>und</strong> dem Besitz der anderen ständig geweckt <strong>und</strong><br />
genährt. Unsere Bedürfnisse jedoch sind im Sein begründet<br />
<strong>und</strong> übersteigen die materiellen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
unserer Existenz. Sie führen zur Frage nach dem Sinn<br />
unseres Lebens. Warum lebe ich überhaupt hier auf<br />
dieser Welt? Was will ich in diesem Leben erfahren <strong>und</strong><br />
bewirken, für was <strong>und</strong> für wen will ich mich einsetzen?<br />
Sich für das einsetzen, was einem<br />
wichtig ist<br />
Wer sich diese Gr<strong>und</strong>satzfragen stellt, der erkennt<br />
leicht, dass dieser Sinn nicht im Ausleben des eigenen<br />
Egoismus <strong>und</strong> der eigenen Geltungssucht liegen kann.<br />
Wir werden den Sinn <strong>und</strong> damit das Glück in unserem<br />
Leben weit eher finden, wenn wir bewusst nach Wegen<br />
suchen, wie wir Dinge, die uns wichtig erscheinen,<br />
nicht gegen, sondern mit <strong>und</strong> für andere gestalten können.<br />
Nicht das finanzielle Profitstreben, sondern die<br />
Kreativität, die zwischenmenschliche Beziehung <strong>und</strong> die<br />
Liebe werden dabei im Zentrum stehen – die Liebe zu<br />
uns selbst, zu unseren Mitmenschen <strong>und</strong> zu unserer<br />
Mitschöpfung.<br />
"Das klingt wohl w<strong>und</strong>erschön", mögen Sie vielleicht<br />
einwenden, "aber es ist doch in unserer egoistischen<br />
Konkurrenzwelt höchstens im Rahmen eines ehrenamtlichen<br />
Engagements möglich." Stimmt das wirklich? Es<br />
gibt doch heute schon viele Menschen, die sich im Rahmen<br />
einer bezahlten Tätigkeit für etwas engagieren, das<br />
ihnen wichtig ist <strong>und</strong> ihrem Leben Sinn <strong>und</strong> Befriedigung<br />
gibt. Vielleicht verdienen sie damit weniger als andere,<br />
aber sie haben wahrscheinlich auch gelernt, weniger<br />
zur brauchen <strong>und</strong> viel zu geben. Sie sind damit<br />
reicher als die, die nur viel<br />
haben.<br />
Je mehr die Zahl der<br />
Menschen wächst, die den<br />
Mut gef<strong>und</strong>en haben, über<br />
den Schatten ihrer Begierden<br />
<strong>und</strong> Emotionen zu springen <strong>und</strong> ihre Bedürfnisse<br />
eines sinnerfüllten Lebens ins Zentrum ihres Denkens<br />
<strong>und</strong> Handelns zu stellen, desto rascher wird sich auch<br />
die heutige Wirtschaft wandeln – von der Konkurrenz<br />
zur Kooperation, vom Wachstumszwang zu einer Entwicklung<br />
mit Mass, vom Gigantismus zur Überschaubarkeit<br />
<strong>und</strong> vom Selbstzweck zum Mittel der Befriedi-<br />
Die Grenzen des Turbokapitalismus<br />
Fakten <strong>und</strong> Perspektiven für eine neue Ökonomie<br />
In diesem 227 Seiten starken Buch verdeutlicht Hans-Peter<br />
Studer – auch in Interviews mit namhaften Persönlichkeiten<br />
– die Strukturen <strong>und</strong> Zwänge, denen unser heutiges<br />
Wirtschaften unterliegt, <strong>und</strong> zeigt neue Zukunftsperspektiven<br />
auf. Es kann zu SFr. 22.50 oder d 14.80 zuzüglich<br />
Versandspesen direkt beim Autor (Hans-Peter Studer,<br />
Rickstrasse 31, CH-9037 Speicherschwendi, Tel. 071 344<br />
38 37, Fax 071 / 344 38 40, E-mail hpstuder@kmu.ch) bezogen<br />
werden.<br />
gung gr<strong>und</strong>legender Lebensbedürfnisse. Gerade der<br />
Markt ist eigentlich ein optimaler Ort der Begegnung,<br />
des Dienens, des Miteinanders <strong>und</strong> des Übens von Gerechtigkeit.<br />
Lediglich die falschen Motive <strong>und</strong> Ziele unseres<br />
wirtschaftlichen Handelns haben ihn zu einem<br />
Abgr<strong>und</strong> des Übervorteilens, der Machtausübung <strong>und</strong><br />
der Gier verkommen lassen. Es steht uns frei, dies zu<br />
verändern – als einzelne <strong>und</strong> als Organisationen, in denen<br />
wir uns zusammenfinden.<br />
"Gerade der Markt ist eigentlich ein optimaler Ort der Begegnung,<br />
des Dienens, des Mitein-anders <strong>und</strong> des Übens von Gerechtigkeit."<br />
In der nächsten r-evolution wird Hans-Peter Studer<br />
aufzeigen, dass ein Bewusstseinswandel für sich<br />
allein nicht genügt, um von der heutigen Machtwirtschaft<br />
zu einer Maßwirtschaft der Lebensfülle zu gelangen.<br />
Hierzu müssen wir auch die Mechanismen<br />
<strong>und</strong> Spielregeln hinterfragen <strong>und</strong> verändern, die unserem<br />
Wirtschaften zugr<strong>und</strong>e liegen.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
7
8<br />
Der Kapitallohn<br />
in der Zinsanalyse<br />
Kann Geld doch arbeiten?<br />
In einer dreiteiligen Reihe macht sich Johannes Heinrich auf die Suche nach den ideologischen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
von Zinsnahme. In diesem 1. Teil weist er auf die Bedeutung der kapitalistischen Gr<strong>und</strong>vorstellung vom "arbeitenden<br />
Geld" hin. Nicht die Hortung von Bargeld stelle das Zentralproblem dar, sondern der "Gewinnanteil"<br />
im Zins, den der Kapitalgeber als Entlohnung für die "Mitarbeit" des Geldes verlange<br />
Johannes Heinrichs,<br />
Professor für Sozialökologie<br />
in Berlin, zahlreicheVeröffentlichungen<br />
auch über freiwirtschaftliche<br />
Themen,<br />
INWO-Mitglied<br />
"Geld arbeitet nicht, sondern Menschen" - unter diesem<br />
Titel stand das letzte Treffen der INWO Deutschland<br />
in Bad Boll vom 14. bis 16. Sept. 2001. Alle Geldreformer<br />
verneinen wie selbstverständlich die Frage, ob<br />
Geld etwa arbeiten könne. Arbeitsloses Einkommen aus<br />
Kapital- <strong>und</strong> Boden-Zinsen gilt ja geradezu als der Inbegriff<br />
dessen, wogegen sie sich wenden. Die Freiwirtschaftler<br />
Gesellscher Prägung betrachten die Frage, ob<br />
Geld arbeiten kann, allerdings als bloß rhetorische, populäre<br />
Hinführung zur Zinsproblematik, nicht als ernste<br />
Fragestellung. Nur einer, Eberhard Knöller, greift die<br />
populäre Sichtweise indirekt auf, indem er von einem<br />
Erfolgs- oder Wachstumsanteil im Zins spricht <strong>und</strong> diesen<br />
Anteil als ethisch gerechtfertigt verteidigt, ja sogar<br />
als Silvio Gesells Lehre herausstellt. Wie ist dieser verwirrende,<br />
widersprüchliche Bef<strong>und</strong> zu erklären? 1<br />
Ist Ursache des Zinses allein die<br />
materiale Überlegenheit des Geldes<br />
Betonte Gesell doch vehement, vor allem gegen Marx<br />
<strong>und</strong> die "Marxisten" gewandt, dass Zins ausschließlich<br />
aus der materialen Überlegenheit des Geldes über die<br />
Waren, aus einer Art von "Prellerei" des Besitzers von<br />
unverderblichem Geld, hervorgehe <strong>und</strong> nichts mit dem<br />
Arbeitsverhältnis, mit dem Dualismus von Arbeitnehmer<br />
<strong>und</strong> Arbeitgeber sowie der Erpressung von "Mehrwert"<br />
aus der Arbeit des Lohnabhängigen von Seiten des<br />
Unternehmers bzw. des hinter ihm stehenden Geldkapitalisten<br />
zu tun habe, wie Marx das sah. Marx hatte als<br />
selbstverständliche Voraussetzung, als einen der großen<br />
Vorteile des Geldes, bereits die Unverderblichkeit des<br />
Geldes gegenüber den meisten Waren thematisiert. 2<br />
Allerdings kam es ihm nicht in den Sinn, aus diesem<br />
selbstverständlichen Vorteil des Geldes allein so weitreichende<br />
Folgerungen zu ziehen wie Gesell. Was Gesell<br />
"Urzins" nennt, folgt unmittelbar aus der Zurückhaltbarkeit<br />
des Geldes. Aus dieser folgt ebenso das, was J.<br />
M. Keynes später die "Liquiditätsgebühr" genannt hat:<br />
die Gebühr, die der Geldinhaber erheben kann, weil er<br />
auf die jederzeitige Verfügbarkeit über sein Geld verzichtet,<br />
indem er es Unternehmern oder privaten Konsumenten<br />
- im Re-gelfall indirekt über eine Bank - zur<br />
Verfügung stellt.<br />
Gesells Ablehnung von Urzins<br />
Gesells wesentlicher Gr<strong>und</strong>gedanke, ja seine große<br />
<strong>und</strong> originelle Gr<strong>und</strong>intuition, ist es, diesen Liquiditätsverzicht<br />
für den Leiher gebührenfrei zu halten <strong>und</strong><br />
dadurch den in seinen Auswirkungen bekannter-maßen<br />
verhängnisvollen Zins zum Großteil auszu-schalten,<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
dass umgekehrt die Zurückhaltung, die "Hortung" des<br />
Geldes mit Durchhalte- oder Lager- oder Umlaufgebühren<br />
belegt wird. Diese Maßnahme stellt nicht allein einen<br />
alternativen Umlaufmechanismus dar, sie ist darüber<br />
hinaus sozialethisch gerechtfertigt durch die Tatsache,<br />
dass Geld eine öffentliche Einrichtung ist, ein vom<br />
Gesetzgeber eingeführtes Medium des Tausches (wie<br />
der Wertaufbewahrung). Dem öffentlichen Charakter<br />
dieses "Verkehrsmittels" widerspricht in der Tat eine<br />
folgenlose private "Hortung".<br />
Nicht dass ein Verkehrsmittel nicht auch parken dürfte.<br />
Doch sein Parken im öffentlichen Raum ist gebührenpflichtig,<br />
mehr als wir es vom Auto heute nur allzu<br />
gut kennen. Denn Geld kann, als öffentlich-gesetzliches<br />
Zahlungsmittel, im Unterschied zum Auto ausschließlich<br />
öffentlich parken, weil es heute nichts mehr als ein<br />
öffentlich-gesetzlicher Rechtsanspruch auf wirtschaftliche<br />
Leistungen ist. Für Geld gibt es keine Privatgarage,<br />
höchstens für naturale Wertaufbewahrungsformen wie<br />
Gold.<br />
Das von Hause aus öffentliche Verkehrsmittel Geld<br />
soll - nach Gesell - ohne Gebühr oder Wertverlust nur<br />
verwahrt werden können, indem es in den Wirtschaftskreislauf<br />
gegeben wird: durch öffentliches Sparen oder<br />
direktes Anlegen bei einem Darlehnsnehmer. Der<br />
Unternehmer ist der geborene Wertbewahrer des angelegten<br />
Geldes. Mit Geld arbeiten heißt dann, dessen<br />
Wertbewahrung besorgen. 3 Mindestens die Entschädigung<br />
für den Liquiditätsverzicht ist eben durch diese<br />
Werterhaltung bereits gewährleistet.<br />
Anlegen <strong>und</strong> Spekulieren ist nicht<br />
"Horten“<br />
Das nicht zur öffentlichen Verfügung gestellte Geld<br />
wird gerade nicht in diesem Sinn gespart, sondern<br />
wertmindernd aufbewahrt oder "gehortet" – sowohl<br />
nach Gesells Vorstellung wie faktisch unter heutigen,<br />
leicht inflationären Verhältnissen, unter denen liegengelassenes<br />
Bar- <strong>und</strong> Giralgeld zumindest ein paar Prozent<br />
von seinem Wert einbüßt.<br />
Aus dieser Tatsache hat Joseph Huber in seinem<br />
großangelegten Werk "Vollgeld" geradezu bissig gefolgert,<br />
die Gesellsche Forderung nach einem "Schw<strong>und</strong>geld"<br />
- ein eher polemischer als originär freiwirtschaftlicher<br />
Ausdruck, der eher an Schwindsucht als an Gesells<br />
Werterhaltungsabsichten erinnert! - sei doch heute<br />
allgemein erfüllt. 4 Dieses eigentlich zirkuläre Argument<br />
(Inflation als Umlaufgebühr) zur Zurückweisung von<br />
Gesells Intentionen enthält einen Wahrheitskern, <strong>und</strong><br />
zwar genau den, um den es mir hier geht: Nicht die Zu-
ückhaltung ("Hortung") von Geld stellt nämlich heute<br />
das Zentralproblem dar, sondern vielmehr die Verzinsung<br />
von angelegtem, "arbeitendem", direkt oder indirekt<br />
(über Banken) in Unternehmen investiertem Geld,<br />
eine positive Verzinsung, die trotz Inflation über die<br />
bloße Werterhaltung weit hinausgeht.<br />
"Arbeitenlassen" des Geldes als kapitalistische<br />
Gr<strong>und</strong>vorstellung<br />
Dieses Hinausgehen über die Werterhaltung - selbst<br />
bei unfreiwilligen, aber faktisch heute vorhandenen, inflationsbedingten<br />
Lagerungsgebühren für bloß zurükkgehaltenes<br />
Geld - zeigt deutlich, dass die bloße Liquiditätsverzichtsprämie<br />
nicht der Hauptbestandteil des<br />
Zinses sein kann. Oder müsste die heutige Inflationsrate<br />
höher sein, damit dies deutlicher wird?<br />
Heute besteht die allgemeine, kapitalistische Gr<strong>und</strong>vorstellung<br />
nicht in einer Totalzurückhaltung bis zum<br />
günstigen Moment (sogenannter Jokervorteil des Geldes),<br />
allenfalls in einem Wechsel des Renditeobjektes<br />
in Sek<strong>und</strong>enschnelle. Wesentlich ist, dass das angelegte<br />
Geld erstens überhaupt <strong>und</strong> zweitens womöglich an der<br />
optimalen Stelle "mitarbeitet" <strong>und</strong> dadurch seinen maximalen<br />
"Lohn" verdient. Dieser Gewinnanteil im Kreditzins,<br />
wie ich ihn nennen werde, ist um soviel wichtiger,<br />
wie die Summe der "angelegten" oder nach neuer<br />
Anlage suchenden Gelder die Summe des gehorteten<br />
Bargeldes übersteigt. Es handelt sich zweifellos um<br />
ganz andere Größenordnungen. Eine genauere quantitative<br />
Bestimmung tut hier nicht viel zur Sache.<br />
Nicht dass das Horten heute gar keine Rolle mehr<br />
spielte 5, aber es gehört als Gr<strong>und</strong>problem für sich allein<br />
eher dem traditionellen, vorkapitalistischen Um-<br />
Anmerkungen<br />
1 Ich bedanke mich bei Helmut Creutz (Aachen), Josef Hüwe (Berlin) <strong>und</strong><br />
Eberhard Knöller (Bern) für eine intensive schriftliche Diskussion über Zinsanteile.<br />
Es wurde nur teilweise Übereinstimmung erreicht. Doch irgendwann muss ein<br />
Autor sich der Öffentlichkeit stellen bzw. diese zu Hilfe rufen. Die Diskussion ist<br />
damit sicher nicht abgeschnitten.<br />
2 Ich verzichte an dieser Stelle auf genaue Quellenangaben. Diese findet der<br />
näher interessierte Leser in Kapitel 11 meines Buches "Sprung aus dem Teufelskreis",<br />
Wien: Vita Nuova 1997. Das Kapitel lautet: "Silvio Gesell <strong>und</strong> Karl Marx.<br />
Ein historisch verpasstes Bündnis". Es geht hier darum, das dort Entwickelte von<br />
der Betrachtung der Zinsanteile her zu ergänzen. Eine dort schon versuchte<br />
Unterscheidung von vier Ursachen des Zinses beinhaltet unter anderem, dass die<br />
Überlegenheit des Geldes über die Waren die "Materialursache" darstellt, die<br />
Ausbeutung der Arbeit jedoch die "Wirkursache". Dort wurden jedoch noch keine<br />
Anteile im Zins unterschieden, die den Ursachen entsprechen dürften.<br />
3 Vgl. Fritz Andres, Zur Zukunft der Unternehmensverfassung. Wirkungen verbesserter<br />
gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, in: Fragen der Freiheit ,<br />
Heft 250 (1999), 27: "Da Wertaufbewahrung gesamtgesellschaftlich nur durch<br />
Investitionen möglich ist, besteht im Investieren der Dienst, den die Unternehmer<br />
für die Sparer leisten." Derzeit wird jedoch keineswegs nur der Dienst der Wertaufbewahrung,<br />
sondern einer weit darüber hinaus gehenden Wertvermehrung<br />
gesparten/angelegten Geldes dem Unternehmer <strong>und</strong> seinen Mitarbeitern abverlangt.<br />
gang mit dem "Mammon"<br />
an, während das<br />
Arbeitenlassen des Geldes<br />
zum Zwecke seiner<br />
Selbstvermehrung erst<br />
das typisch Kapitalistische<br />
ist. Ein epochal<br />
wichtiger <strong>und</strong> auch für<br />
die Gegenwartsanalyse<br />
gar nicht zu überschätzender,<br />
von vielen Freiwirtschaftlern<br />
aber nicht<br />
wichtig genommener<br />
Unterschied, weil man an<br />
der Hortbarkeit aufgr<strong>und</strong><br />
der materialen Überlegenheit<br />
des Geldes orientiert<br />
bleibt, während heute täglich Billionen um den<br />
Globus kreisen, die schon angelegt sind <strong>und</strong> eine womöglich<br />
noch rentablere Anlage suchen. Die materiale<br />
Überlegenheit des Geldes hat zwar elektronische Gestalt<br />
angenommen, doch sie ist nur Voraussetzung für die<br />
Suche nach "Arbeit" <strong>und</strong> Kapitallohn.<br />
Beide Vorstellungen, Verzicht auf Liquidität wie Anspruch<br />
auf Kapitallohn, sind "ideologische" Gr<strong>und</strong>lagen<br />
von Zinsnahme. Die eine ist so wenig "natürlich" wie<br />
die andere. Wohl ist die "Urzins"-Rechtfertigungsideologie<br />
elementarer, weil allein aufgr<strong>und</strong> der materialen<br />
Beschaffenheit des Geldes anfänglich durchsetzbar. Sie<br />
ist als Voraussetzung auch in der heute leitenden Ideologie<br />
vom mitarbeitenden, Lohn verdienenden Geld enthalten<br />
wie der Affe im Menschen. (Der Sachverhalt einer<br />
reflexiven Stufung, bei der das Elementarere im Höheren<br />
enthalten ist.)<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Das Foto zeigt das<br />
größte deutsche Geldinstitut,<br />
die Deutsche<br />
Bank in Frankfurt.<br />
Banken sorgen für die<br />
die Steuerung des öffentlichenVerkehrsmittels<br />
Geld, das nicht<br />
privat gehortet werden<br />
sollte, sondern in<br />
Form von Krediten<br />
wieder in den Wirtschaftskreislaufgebracht<br />
werden muss,<br />
damit es zu keinen<br />
Wirtschaftskrisen<br />
kommt<br />
4 Joseph Huber, Vollgeld. Beschäftigung, Gr<strong>und</strong>sicherung <strong>und</strong> weniger Staatsquote<br />
durch eine modernisierte Geldordnung, Berlin 1998. "Die Gesellianer wollen<br />
inflationären Geldschw<strong>und</strong> nicht als real existierenden Geldschw<strong>und</strong> anerkennen"<br />
(399). Ich habe dazu in meinen Vorlesungen über das Buch bemerkt:<br />
Ähnlich könnte man die Verdrängung des Todes in unserer Gesellschaft "widerlegen"<br />
mit der Zahl er unterlaufenen Verkehrsopfer. Wie überhaupt Hubers Anhang<br />
zu Gesell (381-400) nicht dem sonstigen hohen Niveau seines Buches entspricht.<br />
Dennoch ist das Argument im Zusammenhang der Zinsanalyse ernsthaft: Durch<br />
die Inflation haben wir faktisch eine Umlaufgebühr wider Willen. Diese wird freilich<br />
wieder wirkungslos gemacht durch einen Zinsanteil Inflationsausgleich, "mit<br />
dem sich die Geldbesitzer von Dritten den Realbestand ihrer Vermögen absichern<br />
lassen, die selbst oft keine Möglichkeit haben, ihre eigene inflationsbedingte<br />
Mehrbelastung auszugleichen" (Helmut Creutz, Brief vom 8.9.2001). Warum soll<br />
aber eine Umlauf- oder Lagerungsgebühr im Sinne Gesells nicht ebenso von den<br />
Mächtigen abgewälzt werden können – solange die Vorstellung des arbeitenden<br />
Geldes akzeptiert wird?<br />
5 Vgl. dazu Josef Hüwe, "Wer hortet denn heute noch Geld? Zur Frage einer<br />
stärkeren Euro-Inflationierung", in: CGW-R<strong>und</strong>brief Sept. 2001.<br />
Nicht dass das Horten heute gar keine Rolle mehr spielte, aber es gehört als<br />
Gr<strong>und</strong>problem für sich allein eher dem traditionellen, vorkapitalistischen Umgang<br />
mit dem "Mammon" an, während das Arbeitenlassen des Geldes zum<br />
Zwecke seiner Selbstvermehrung erst das typisch Kapitalistische ist.<br />
9
10<br />
SCHWEIZ<br />
Eine monatelange Zitterpartie endete positivmie<br />
Das Oltner Bündnis in DAVOS am 02.02.2002<br />
Chronologie der Ereignisse: Mitte Januar finden wir<br />
endlich einen Raum. Die niederländische Asthmaklinik<br />
in Davos vermietet uns ihren Saal für ein Gespräch mit<br />
der Bevölkerung. Wir planen ein Podium: kurze Vorstellung<br />
aller anwesenden Gruppen aus dem Oltner<br />
Bündnis, anschließend Diskussion. Zur Zeit wird "nur"<br />
noch der/die ModeratorIn gesucht. Aber es sollte nochmals<br />
anders kommen!<br />
Es entsteht innert kürzester Zeit ein origineller Flyer,<br />
welcher auf den 2.2.02 zu Diskussion <strong>und</strong> anschließendem<br />
Fest einlädt. Dieser wird mit der Post in alle Haushalte<br />
in der Landschaft Davos verteilt. Am gleichen Tag<br />
erhält die Verwaltung der Asthmaklinik in Davos von<br />
der Klinikbesitzerin in Holland die Anweisung, der Vertrag<br />
mit dem Oltner Bündnis sei zu annullieren. Irgendwer<br />
aus dem Oltner Bündnis titelt in einem Anflug von<br />
Galgenhumor: "Der Dialog hat Asthma".<br />
Donnerstag, 31. Januar. Der Durchbruch. Grosses<br />
Spendenbarometer<br />
INWO-CH PC-Konto: 30-1771-2 Bern<br />
Spendenmeldung per 23.01.02<br />
Stand alt 19.12.01: Fr. 21'963.--<br />
Stand per 31.12.01: Fr. 24'333.-- (Jahresabschluss)<br />
Stand neu per 23.01.02: Fr. 5'226.33<br />
Spenden Fr. 5.-- bis Fr. 49.--<br />
27<br />
Spenden Fr. 50.-- bis Fr. 100.--<br />
K.R. Bremgarten, H.K. Gümligen, F.R. St. Gallen, H.D.<br />
Kyburg, H.M. Grenchen, N.M. Bern, P.H. Muttenz, A.G.<br />
Thayngen, A.L. Zürich, P.F. Basel, H.K. Steffisburg,<br />
L.P. Scharans, A.P. Scharans, E.G. Känerkinden, E.K.<br />
Möriken, A.H. Brügg, U.S. Möri-gen. HJ.W. Arbon, J.M.<br />
Ipsach, H.A. Schönried, C.R. Winterthur,<br />
L.M. Bottmigen, L.B. Wald, K.M. Schaffhausen, D.S.<br />
Amriswil, M.W. Wiesendangen, J.S. Herisau, F.G. Bivio,<br />
A.H. Oberwichtrach, H.R. Zürich, H.M. Orp<strong>und</strong><br />
Spenden Fr. 101.-- bis Fr. 200.--<br />
H.R. Winterthur, H.B. Basel, E.B. Feuerthalen, H.S. Zürich,<br />
H.N. Steffisburg, E.G. Zü-rich, H.B. Winterthur,<br />
J.V. Luzern, P.J. Dielsdorf<br />
Spenden Fr. 201.-- bis Fr. 500.--<br />
W.M. Nürensdorf, L.W. Beringen, A.T. Schiers<br />
Spenden Fr. 1000.--<br />
H.H. Bern<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Auf- <strong>und</strong> Durchatmen. Medienmitteilung des Oltner<br />
Bündnis: "An seiner Sitzung vom 29. Januar hat der<br />
Kleine Landrat der Landschaft Davos (Exekutive) beschlossen,<br />
dem Oltner Bündnis die von Davos-Tourismus<br />
verwaltete Aula der Alpinen Mittelschule zur Verfügung<br />
zu stellen....Das Gespräch wird von der Publizistin<br />
<strong>und</strong> Radio DRS-Autorin Dr. Regula Renschler moderiert."<br />
Zu dem Treffen in der Aula fanden sich ungefähr 100<br />
Personen ein, viele Sympathisanten aus dem Oltner<br />
Bündnis, Mitglieder der INWO Schweiz, aber auch der<br />
Polizeichef von Davos <strong>und</strong> lokale PolitikerInnen. Positiv<br />
erlebt wurde, dass nach der Vorstellung der Podiumsteilnehmer<br />
<strong>und</strong> unserer Anliegen während 90 Minuten<br />
eine angeregte Diskussion mit dem Publikum stattfand.<br />
Marco Lustenberger schreibt am Schluss seiner Stichworte<br />
aus Davos: "Wir sind uns näher gekommen. DA-<br />
VOS 2003 wird zeigen wie nahe."<br />
Sabine Bruppacher<br />
Wandergeselle ohne Ruhe <strong>und</strong> Rast-<br />
Zum Tode von Hermann Möckli<br />
Am 11.Januar hat in Erlenbach am Zürichsee eine stattliche<br />
Zahl von Angehörigen, Fre<strong>und</strong>innen <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en<br />
von Hermann Möckli Abschied genommen. Er war kurz<br />
vor seinem 92. Geburtstag den Altersgebresten erlegen.<br />
An einem kalten, grauen Wintertag streuten die Trauernden<br />
mit Andacht Blumen auf die Urne mit Hermis Asche.<br />
Hermann Möckli – 1910 in schwierigen ländlichen Verhältnissen<br />
aufgewachsen – absolvierte in Winterthur<br />
eine Eisendreher-Lehre bei Sulzer. Schon in jugendlichen<br />
Jahren schloss sich der aufgeweckte Bursche als begeisterter<br />
<strong>und</strong> begnadeter Sänger der Wander- <strong>und</strong> Sängerbewegung<br />
um Hans Roelli an. Ihr blieb er ein Leben<br />
lang treu verb<strong>und</strong>en.<br />
Die zweite Leidenschaft Hermi Möcklis galt den Ideen<br />
der Freiwirtschaft. In den Krisenjahren war er als Arbeitsloser<br />
auf die Ideen Silvio Gesells gestossen <strong>und</strong><br />
hatte sogleich Feuer gefangen. Fortan beschäftigten ihn<br />
Recht <strong>und</strong> Gerechtigkeit zeitlebens. Zwar war er nie offizielles<br />
Mitglied in den freiwirtschaftlichen Organisationen,<br />
doch kaum eine Veranstaltung der Freiwirtschaftlichen<br />
Bewegung, der Liberalsozialistischen Partei <strong>und</strong><br />
der INWO, an der Hermi Möckli nicht mit kritischem<br />
Geist dabei gewesen wäre. Doch auf enthusiastische<br />
Aufbruchphasen folgten depressive, in denen ihn sein<br />
Misstrauen <strong>und</strong> sein tiefer Pessimismus übermannten.<br />
Ein "Hiobsschicksal" meinte beim Abschied die Pfarrerin.<br />
Hermi Möcklis eigentliches Lebenswerk, das über seinen<br />
Tod hinaus Bestand hat, ist die Annamaria-<strong>und</strong>-Karl-Kramer-Stiftung<br />
in Zürich, benannt nach einem Geschwisterpaar,<br />
das im Testament einen Teil eines Neubaus auf<br />
seinem Gr<strong>und</strong>stück für die Nutzung von idealistischen<br />
Gruppierungen bestimmt hatte. Mit den Baurechtszinseinnahmen<br />
aus der Liegenschaft unterstützt die Stiftung<br />
Werke im Sozial- <strong>und</strong> Bildungsbereich.<br />
Heinz Girschweiler
"Vergelt’s Gott!" statt "Dankä vielmol!" sagen<br />
Appenzeller <strong>und</strong> meinen damit: Gott<br />
soll dir dies, nämlich deine gute Tat, vergelten,<br />
dich dafür belohnen, dich segnen, sei<br />
es im irdischen Diesseits oder im ewigen<br />
Leben. Dieser appenzellische Dank beweist<br />
eine christlich-eingottgläubige Überzeugung,<br />
die ihrerseits allerdings auf vorchristlich-vielgottgläubigen<br />
Wurzeln beruht, wie<br />
das Herkunftswörterbuch zeigt.<br />
Das neuhochdeutsche Wort Geld lautete<br />
nämlich mittel- <strong>und</strong> althochdeutsch gelt <strong>und</strong><br />
hatte die Bedeutung von Entgelt, Vergeltung,<br />
Ersatz, Vergütung. Und gelt gehört zum Verb<br />
gelten, dessen althochdeutscher Vorgänger<br />
geltan die Bedeutung von entrichten, erstatten,<br />
entschädigen, opfern hatte.<br />
Der germanische Opferdienst erforderte<br />
Abgaben, um die strafenden Götter gnädig<br />
zu stimmen, um menschliche Verfehlungen<br />
auszugleichen ("Vergib uns unsere<br />
Schuld!") oder um bevorstehende Taten erfolgreich<br />
vollbringen zu können. Zu diesem<br />
Zweck besonders dienlich war die Opferung<br />
der ersten Erntefrucht oder der ersten Tiergeburt.<br />
Als gelt galt (= war gültig) aber<br />
auch die Entrichtung des entsprechenden<br />
Wertes in Silber. Die Geldgabe zwecks Kompensation<br />
im Sinne von Schadenersatz oder<br />
Schmerzensgeld oder Heilungspreis machte<br />
den Kultort zur Münzbank, den Opferstock<br />
zur Sparkasse, den Tempel zur Schatzkammer,<br />
den Priester zum Sachwalter.<br />
Vergelt’s Gott!<br />
oder: von Gott, Gold <strong>und</strong> Geld aus sprachlicher Sicht<br />
Neujahrswünsche getadelte) Goldbindung von Adolf darf heute als Paster ent-<br />
Zum Wortfeld von Geld gehören auch<br />
Gülte für Gr<strong>und</strong>zins <strong>und</strong> Gilde für Zunftrecht<br />
(ursprünglich ein Opfergelage nach<br />
Sabine Bruppacher<br />
geb.1937, einst diplomiert<br />
in Sozialpädagogik,<br />
später<br />
in Heilpädagogik,<br />
noch später in<br />
Supervision. Aber<br />
das ist heute zum<br />
Glück alles nicht<br />
mehr wichtig. Zwar<br />
ist meine AHV wegen Auslandaufenthalten in<br />
USA, Kanada <strong>und</strong> Mexico gekürzt, aber sie ermöglicht<br />
es mir immerhin, mich furchtlos vor<br />
Sanktionen äussern zu können <strong>und</strong> nur noch<br />
einer Rechtsbindung), aber nicht Gold, das<br />
- wegen seiner unverwüstlichen Farbe - mit<br />
gelb verwandt ist. Dies mag erstaunen, denn<br />
Gold <strong>und</strong> Geld werden gern in einem Atemzug<br />
genannt, war doch auch Gold ein Zahlungsmittel,<br />
als die Zwanzigfrankenmünze<br />
namens Goldvreneli noch - wenn auch nur<br />
sehr langsam - umlief.<br />
Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hatte das Goldvreneli<br />
den gleichen Wert wie die Zwanzigfrankennote,<br />
- so lange die Geldscheine mit Gold<br />
gedeckt, das heisst ans Gold geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
so jederzeit in Gold umtauschbar waren.<br />
Seit 1973 gibt es diese Bindung glücklicherweise<br />
nicht mehr. Der Goldpreis wurde flexibel<br />
wie die Wechselkurse. Das Goldvreneli<br />
gewann an Sammelwert. Und der Franken<br />
ist seither "nur" noch durch die Volkswirtschaft<br />
gedeckt.<br />
Die Golddeckung des Frankens verschwand<br />
offiziell allerdings erst im Jahr<br />
2000 aus der B<strong>und</strong>esverfassung. Das heißt:<br />
Zwischen der praktischen <strong>und</strong> der theoretischen<br />
Lösung unseres Geldes vom Goldwert<br />
vergingen ganze 27 Jahre, ohne dass auch<br />
nur eine einzige Person mit politischem Gewicht<br />
den illegalen Zustand kritisierte hätte.<br />
Das erinnert stark an Hans Christian Andersens<br />
Märchen von des Kaisers neuen Kleidern,<br />
worin sich kein Erwachsener, sondern<br />
nur ein kleines Mädchen getraut, die Wahrheit<br />
auszusprechen. Immerhin, die ehemalige<br />
(von Freiwirtschaftlern jahrzehntelang<br />
larvter Märchen- oder Aberglaube bezeichnet<br />
werden.<br />
Kurzvorstellung der neuen Redaktion<br />
das zu tun, was mir Freude macht. Eben, z. B.<br />
die Mitarbeit bei der r-evolution <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />
mit dem Redaktionsteam!<br />
Dr. oec. Hans-Peter Studer hat an der Universität<br />
St. Gallen Wirtschaftswissenschaften studiert<br />
<strong>und</strong> ist seit zwölf Jahren als selbständiger<br />
Mitwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsökonom tätig. Er arbeitet<br />
teilzeitlich als Redaktor der Zeitschrift<br />
"bisch zwäg" der VGS, Volksges<strong>und</strong>heit<br />
Schweiz <strong>und</strong> gibt Vorträge <strong>und</strong> Seminare im<br />
Hinblick auf eine Neuorientierung im westlichen<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen <strong>und</strong> Wirtschaftssystem.<br />
Hans-Peter Studer ist unter anderem Autor der<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
So weit so gut. Noch etwas anderes mag<br />
ebenfalls erstaunen: 1999 empfahlen<br />
B<strong>und</strong>esrat <strong>und</strong> Parlament die Gesamtrevision<br />
der B<strong>und</strong>esverfassung als lediglich redaktionelle<br />
Überarbeitung, ohne in der Botschaft<br />
an die Stimmberechtigten auch nur<br />
mit einem Satz zu erwähnen, dass damit der<br />
längst veraltete Zopf namens Goldbindung<br />
abgeschafft würde. Unterblieb ein solcher<br />
Hinweis vielleicht, weil die Wortführer sich<br />
schämten oder weil Wesen <strong>und</strong> Unwesen<br />
von Geld <strong>und</strong> Gold eines der letzten Tabus<br />
in unserer aufgeklärten Gesellschaft darstellen?<br />
Sei dem, wie ihm wolle. Volk <strong>und</strong> Stände<br />
stimmten zu <strong>und</strong> machten damit den Weg<br />
frei für die überfälligen Goldverkäufe der<br />
Nationalbank. Wie der Verkaufserlös dereinst<br />
verwendet werden soll, wird die Zukunft<br />
zeigen. Und die Moral von der Geschicht?<br />
Geld hat man, aber man bespricht<br />
es nicht. Oder weiß jemand, um nur ein<br />
harmloses Beispiel zu nennen, wer <strong>und</strong> aus<br />
welchem Gr<strong>und</strong> dieser Unbekannte veranlasst<br />
hat, dass die übernationalen Euro-<br />
Münzen auf der einen Seite national unterschiedlich<br />
geprägt sind?<br />
Dass trotz der Stabilitätsvorschriften in<br />
Euroland <strong>und</strong> trotz der inzwischen weltweiten<br />
Lösung des Geldes vom Gold der "Tanz<br />
um das goldene Kalb", nämlich die Zinswirtschaft,<br />
noch keineswegs überw<strong>und</strong>en<br />
ist, zeigt auch dem monetären Analphabeten<br />
in leicht verständlicher Sprache die folgen-<br />
de Internet-Adresse: www.geldreform.de<br />
Hans-Jörg Willi<br />
beiden Bücher "Ges<strong>und</strong>heit<br />
in der Krise.<br />
Fakten <strong>und</strong> Visionen"<br />
(Verlag<br />
AAMI, 2. Auflage<br />
1996) <strong>und</strong> "Die<br />
Grenzen des Turbokapitalismus.Fakten<br />
<strong>und</strong> Perspektiven<br />
für eine neue<br />
Ökonomie" (fischer media, 2000). Er unterstützt<br />
die Schweizer Redaktorin Sabine Bruppacher<br />
mit einem kleinen Teilzeitpensum.<br />
11
12<br />
SCHWEIZ<br />
INWO in der Schule?<br />
Für den Unterricht an<br />
Schulen <strong>und</strong> in der Erwachsenenbildungen<br />
sind die „volkswirtschaftlichenLehrhefte“<br />
der INWO-<br />
Schweiz gedacht.<br />
Ein Projekt der INWO Schweiz<br />
Volkswirtschaftliche Lehrhefte für Schulen,<br />
Fachhochschulen <strong>und</strong> Erwachenenbildung<br />
Das nachfolgend skizzierte provisorische Konzept soll<br />
von den am Projekt Interressierten, vor allem von den<br />
Mitwirkenden, korrigiert, zerzaust, verbessert, auf den<br />
Kopf gestellt werden.<br />
Mögl. (Unter- oder Alternativ-) Titel:<br />
Eine Einführung in die Volkswirtschaft, mit der Darstellung<br />
einer krisen-freien <strong>und</strong> menschlicheren Wirtschaftsstruktur.<br />
Oder ? ............. (wir bitten um bessere Vorschläge).<br />
Zielsetzungen:<br />
a) Reduktion des ökonomischen Analphabetismus durch<br />
didaktisch gestaltete Einführung in die Volkswirtschaftslehre<br />
(Stufe: etwa ab 8. bis 9. Schuljahr)<br />
b) Leicht verständliche Einführung in die Überwindung<br />
des "Turbokapitalismus" unter Beachtung sozialethischer<br />
Aspekte, z.B. durch einfache Änderungen des<br />
Geldwesens, vernünftige Kanalisierung von zerstörerischen<br />
"Märkten", wie die Finanzmärkte, der Bodenmarkt,<br />
u.a. Zusammenhänge mit der Ökologie bewusst<br />
machen.<br />
Zum Stil: Möglichst<br />
auch Geschichten<br />
<strong>und</strong><br />
Beispiele, mit Graphiken,<br />
Bildern,<br />
Karikaturen, Comics,<br />
in didaktisch<br />
kluger Form<br />
<strong>und</strong> klarem Aufbau.<br />
Das "Produkt":<br />
Lehrhefte mit je<br />
zwei Teilen, nämlich<br />
a) Der Textteil (mit Glossar der Begriffe, + eingestreute<br />
Übungen, Spiele, Rätsel, Denk-sportaufgaben<br />
zum Thema, Literaturhinweisen, usw.)<br />
b) Der Graphikteil mit Folienvorlagen, durch präzise<br />
Nummerierung mit dem Textteil verzahnt<br />
Provisorisches Inhaltsverzeichnis:<br />
Teil 1: Kurze Einführung in die Volkswirtschaftslehre.<br />
Die Waren- <strong>und</strong> Geldströme. Geld, das Blut der Wirtschaft.<br />
Rollen <strong>und</strong> Aufgaben der Zentralbank <strong>und</strong> der<br />
Geschäfts-banken. Geldumlauf: Menge <strong>und</strong> Geschwindigkeit;<br />
Inflation <strong>und</strong> Deflation, je Ursachen <strong>und</strong> Folgen.<br />
Wie gelangt Geld in Umlauf? Geldmengensteuerung.<br />
Volkseinkommen, (Brutto-/Netto-) Sozialprodukt, Wohlstand<br />
<strong>und</strong> Wohlfahrt. Die Finanzmärkte, ihr ursprünglicher<br />
Sinn, Nutzen <strong>und</strong> Fehlentwicklungen<br />
Die Ziele der Wirtschaftspolitik (das goldene 5-Eck,<br />
oder so - <strong>und</strong> die Realität).<br />
Teil 2: Die dramatische Situation. Die explodierenden<br />
Schulden <strong>und</strong> Vermögen, in den Industrieländern, in<br />
Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern. Die großen <strong>und</strong><br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
wachsenden Unterschiede, die Armen werden ärmer<br />
<strong>und</strong> die Reichen reicher.<br />
Die Ursachen dafür; der "Kapitaldienst", die Arbeitslosigkeit.<br />
Warum Wachstum allein die Probleme nicht löst,<br />
wie die total liberalisierten Märkte die Menschen überfahren,<br />
insbesondere in den Entwicklungsländern, mit<br />
konkreten Beispielen. Die Ursachen von Konjunkturschwankungen<br />
(sie sind keine Naturereignisse !)<br />
Teil 3: Eine einfache Geldreform. "Rasches Geld", das<br />
man nicht gerne behält, weil die liquiden Mittel durch<br />
eine Benützungsgebühr belastet sind (+ evtl. andere<br />
Ände-rungen). Die Folgen sind weitreichend: Tiefe bis<br />
sehr tiefe Zinsen ohne Deflation - bessere Steuerung<br />
der Geldwertstabilität - die Mitarbeiter werden zu Beteiligten<br />
– Vollbeschäftigung in natürlicher Weise – von<br />
Seite des Kapitals kein Wachstumsdruck mehr, also nur<br />
nachhaltiges Wachstum, um vernünftige Bedürfnisse zu<br />
befriedigen...<br />
Teil 4: Notwendige Begleitmassnahmen. Der durch<br />
Abgaben bedrängten Liquidität muss man die Fluchtwege<br />
in die andern arbeitsfreien Kapitaleinkommen verstopfen:<br />
a) in den spekulativen Kauf von Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden;<br />
b) in noch expansivere Spekulations-luftblasen der Finanz-<br />
<strong>und</strong> Rohstoffmärkte.<br />
Teil 5: Ergänzungen zur Ökologie. Eine Wirtschaft im<br />
Gleichgewicht findet auch leichter zu einer ökologischen<br />
Nachhaltigkeit. Eine rasche Ablösung der fossilen<br />
Brennstoffe erfordert grosse Anstrengungen. Umweltschutz<br />
ist ein Problem der Weltgemeinschaft<br />
---------------------------------------------<br />
Verwendung der entstehenden Unterlagen, gemäss<br />
obigen Zielsetzungen:<br />
• Für den Unterricht an Schulen, Fachhochschulen,<br />
Volkshochschulen <strong>und</strong> anderen Erwachsenenbildungsveranstaltungen,<br />
Kursen, Seminaren, Lehrer<strong>und</strong><br />
Politiker-Fortbildung, usw.<br />
• Zum Selbststudium (beim Stil der Texte zu beachten)<br />
Vorläufige Projektgruppe: Hans-Jörg Willi, Peter Werner,<br />
Walter Meier-Solfrian, Marco Lustenberger , Präsident<br />
INWO CH.<br />
Es werden dringend weitere MitarbeiterInnen<br />
(Spezialisten, Lektoren, Zeichner, Gestalter <strong>und</strong><br />
Sponsoren) gesucht.<br />
Und: Wer kennt einen geeigneten Verlag ?<br />
Wir sind dankbar für jeden Hinweis, Titelvorschlag,<br />
Tipp, Ratschlag, gute Idee, allenfalls vorhandene Texte,<br />
usw.<br />
Walter Meier-Solfrian, e-mail:<br />
meier-solfrian@bluewin.ch
Auf wessen Seite steht der Österreichische<br />
Gewerkschaftsb<strong>und</strong> wirklich?<br />
Die Gewerkschaftsbank BAWAG will sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern<br />
Der folgende Leserbrief von IMWO-Mitglied Ernst Dorfner ist in der österreichischen<br />
Gewerkschaftszeitung "Kompetenz", Ausgabe 10/2001, fast zur Gänze abgedruckt<br />
worden. Der leicht gekürzte Verweis auf Dorfners Text, den Vollgeldvorschlag<br />
von Joseph Huber betreffend, ist auch für die Leser der r-evolution gedacht.<br />
Da stellt sich der Gewerkschaftsb<strong>und</strong>, allen voran<br />
Hans Sallmutter, mit an die Spitze der Anti-<strong>Globalisierung</strong>bewegung,<br />
spricht sich in starken Worten gegen die<br />
neoliberale Wirtschaftspolitik <strong>und</strong> gegen die Dominanz<br />
der Ökonomie über die Politik aus, unterstützen die<br />
Protagonisten des ÖGB verbal die Forderungen der Protestbewegung<br />
in Genua – <strong>und</strong> setzt dieser ÖGB offensichtlich<br />
gerade jetzt Handlungen, die diesen entgegenstehen.<br />
So wollen nach einem Bericht in "Die Presse”<br />
(www.diepresse.at vom 03.08.01) die Aktionäre der<br />
Österr. Nationalbank, allen voran die Bank für Arbeit<br />
<strong>und</strong> Wirtschaft im Mehrheitseigentum des ÖGB stehend<br />
– ehedem "Arbeiterbank” benannt – wie auch der Gewerkschaftsb<strong>und</strong><br />
neben Wirtschaftskammer, sonstigen<br />
Interessenvertretungen, Banken <strong>und</strong> Versicherungen, Industriellenverband<br />
gerichtlich dagegen intervenieren,<br />
dass der B<strong>und</strong> den Löwenanteil des jährlichen Gewinns<br />
(2000: 21.500 Mill. ATS) kassiert, die Aktionäre aber<br />
nur mit einem Butterbrot (8,25 Mill. ATS) abgespeist<br />
werden.<br />
Volksbegehren Sozialstaat Österreich<br />
Die Inflationsrate betrug vergangenes Jahr in Österreich<br />
2,7 %, aber die derzeitige rechtsgerichte Regierung<br />
hat den Pensionisten Österreichs nur eine Erhöhung<br />
ihrer Renten von 1,1 % zugestanden. Keine herausragende<br />
Tat für eine Regierung, die von einem<br />
B<strong>und</strong>eskanzler der ÖVP angeführt wird. "Ist diese Partei<br />
wirklich christlich-sozial?"- so fragen sich so manche.<br />
Die reale Verschlechterung der Situation der Senioren<br />
<strong>und</strong> etliche weitere Einschnitte im sozialen Ausgleich<br />
zwischen Öster-Reich <strong>und</strong> Öster-Arm haben die Initiative<br />
"Sozialstaat Österreich" entstehen lassen. Von den 11 Initiatoren<br />
sind die frühere Frauenministerin Johanna<br />
Dohnal, die evangelische Superintendentin <strong>und</strong> frühere<br />
Präsidentschaftskandidatin Gertraud Knoll, der Wirtschaftswissenschafter<br />
Stephan Schulmeister <strong>und</strong> der Politikwissenschafter<br />
Emmerich Talos der Öffentlichkeit<br />
bekannt.<br />
Die Sozialinitiative hat ein Volksbegehren eingeleitet,<br />
um die Regierung zu motivieren, ihre Sparmaßnahmen<br />
nicht nur zu Lasten der nicht so gut lobbyistisch Vertre-<br />
ÖGB-Sekretär Sepp Wall-Strasser verlangt in den OÖN<br />
( www.oon.at vom 02.08.01) die Wiedereinführung<br />
keynesianischer Wirtschaftspolitik, wobei "die Zentralbanken<br />
sich nicht nur an der Geldwertstabilität, sondern<br />
auch an Wirtschaftswachstum <strong>und</strong> Beschäftigung<br />
orientieren müssen”. Das lange Zeit gehandhabte deficit<br />
spending hat aber letztlich zu einer recht ansehnlichen<br />
Umverteilung von Unten nach Oben geführt ( 100 Mrd.<br />
Schilling pro Jahr müssen alleine aus dem B<strong>und</strong>esbudget<br />
an Zinsen bezahlt werden) <strong>und</strong> seinerzeit schon<br />
Bruno Kreisky auf die Idee einer Notenbankfinanzierung<br />
des staatlichen Defizits gebracht. Damit müsse der Staat<br />
zwar auch Zinsen für die Notenbankkredite zahlen, bekäme<br />
diese aber über die Abführung des Notenbankgewinnes<br />
faktisch allein an den Fiskus wieder erstattet.<br />
Sollte der ÖGB nicht vielmehr solche oder bereits<br />
weitergeführte Ideen aufgreifen, anstatt einer weiteren<br />
neoliberalen Privatisierung der Geldschaffung des Wort<br />
zu reden? Ich verweise dabei auf www.dieterb.de/newmoney/texte,<br />
insbesondere meinen Beitrag "Vollgeld<br />
<strong>und</strong> Klarstellungen")<br />
Ernst Dorfner, Linz<br />
tenen zu setzen:<br />
"Mit dem Hinweis auf wirtschaftliche Zwänge läuft in<br />
Europa seit Jahren eine Offensive zur Schwächung des<br />
Sozialstaats. Politik kürzt Leistungen, schwächt Institutionen<br />
<strong>und</strong> untergräbt den Gr<strong>und</strong>satz der Solidarität."<br />
So begründen die Initiatoren zielgerichtet ihren Aufruf<br />
zum Volksbegehren. Zwar erfährt<br />
man vom Wirtschaftswissenschafter<br />
Stephan Schulmeister bei seinen<br />
Fernsehauftritten wenig bis<br />
gar nichts über die wahren Ursachen<br />
der wirtschaftlichen Zwänge <strong>und</strong> insgesamt bleibt<br />
die Initiative natürlich auch die Antwort auf die Frage<br />
der Finanzierung der sozialen Umverteilungen schuldig.<br />
Dennoch sei hier auf die Möglichkeit hingewiesen,<br />
den derzeit politisch Mächtigen eine Rute ins Fenster zu<br />
stellen. Das Volksbegehren "Sozialstaat Österreich" liegt<br />
in der Zeit nach Ostern (Mi. 3. bis Mi. 10. April) in den<br />
Gemeindestuben zur Unterschrift auf.<br />
Weitere Informationen unter www.sozialstaat.at.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
ÖSTERREICH<br />
13
14<br />
DEUTSCHLAND<br />
Die Angst vor einer Zukunft, die wir fürchten,<br />
können wir nur überwinden durch Bilder von einer<br />
Zukunft, die wir wollen. (Wilhelm Ernst Barkhoff, Gründer der GLS-Bank)<br />
Die Vorgeschichte:<br />
Die Initiative Ordensleute für den Frieden (IOF) bildete<br />
sich während des sogenannten "heissen Herbstes" im<br />
Oktober 1983. Zusammen mit anderen Gruppen der<br />
Friedensbewegung demonstrierten Ordensfrauen <strong>und</strong><br />
–männer für den Verzicht auf eine Nachrüstung in der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik. Auch im Anschluss daran setzten die<br />
Ordensleute ihr Engagement fort <strong>und</strong> demonstrierten gegen<br />
Millitarisierung, Rüstungswettlauf <strong>und</strong> Waffenexport.<br />
Durch die Arbeits- <strong>und</strong> Diskussionsr<strong>und</strong>en in den Regionalgruppen<br />
der IOF schärfte sich der Blick für den Zusammenhang<br />
zwischen Frieden <strong>und</strong> einer <strong>gerechte</strong>n Verteilung<br />
der Güter sowie für die weltweite Problematik<br />
der Verschuldung. Die Initiative setzt sich zunehmend<br />
kritisch auseinander mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem<br />
<strong>und</strong> der neoliberalen <strong>Globalisierung</strong>. Es<br />
wurde ihr wichtig, mit anderen Gruppen vernetzt zu<br />
Ein Mahnmal, das kein "Mal" ist <strong>und</strong> das nicht mahnt?<br />
(Jens Lehmann)<br />
sein.<br />
Die IOF kritisiert insbesondere das bestehende Geldsystem,<br />
den Götzen Mammon, <strong>und</strong> stellt insbesondere das<br />
Zinsnehmen infrage, weil das Zins- <strong>und</strong> Zinseszinssystem<br />
zu einer gigantischen Umverteilung von Arm zu Reich<br />
führt. Ihre Mahnwachen <strong>und</strong> Aktionen werden regelmässig<br />
auch von Mitgliedern der INWO aus Frankfurt,<br />
Darmstadt <strong>und</strong> Umgebung unterstützt.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Einmal im Monat treffen sich Ordensleute <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>innen an der Skulptur auf dem Platz vor der<br />
Deutschen Bank in Frankfurt als dem Sinnbild für deutsche<br />
Geldkonzerne. Vor der Spiegelfassade der beiden<br />
hohen Banktürme erscheinen die wenigen Menschen<br />
nur winzig, die da mit ihren Plakaten schweigend in einer<br />
Reihe stehen oder Flugblätter verteilen <strong>und</strong> mit Passanten<br />
diskutieren. Jedoch, sie erregen Aufmerksamkeit.<br />
Bankangestellte amüsierten sich bislang, wenn sie etwa<br />
daran erinnert wurden, dass sie auch einmal von Arbeitslosigkeit<br />
bedroht sein könnten: unvorstellbar, doch<br />
inzwischen Realität: Ein Gr<strong>und</strong> für Unruhe in Deutschlands<br />
grösstem Geldinstitut dürfte sein, dass sich das Klima<br />
an den Kapital- <strong>und</strong> Kreditmärkten seit dem Ende<br />
der Börsenhausse <strong>und</strong> dem Rückgang der Hochkonjunktur<br />
allgemein deutlich verschlechtert hat. Für das<br />
Jahr 2001 meldet die Deutsche Bank einen drastischen<br />
Gewinnrückgang. Das Ergebnis vor Steuern sank um 5,1<br />
Milliarden auf 1,8 Milliarden Euro. Für die Konzernleitung<br />
besteht die Aufgabe nun darin, mit entsprechenden<br />
Massnahmen dafür zu sorgen, dass die Investoren wieder<br />
Vertrauen gewinnen <strong>und</strong> der Wert der Aktie gesteigert<br />
werden kann. In einem Stellenabbau von ca. 10%<br />
der Belegschaft sieht der Konzern die Möglichkeit in<br />
diesem Jahr seine fixen Kosten zu senken.<br />
Mahnmal für eine <strong>gerechte</strong> <strong>Weltwirtschaft</strong>sordnung<br />
in der Bankenstadt<br />
Frankfurt am Main<br />
In Verbindung mit der Kampagne Erlassjahr 2000 – Entwicklung<br />
braucht Entschuldung <strong>und</strong> aus dem Bedürfnis,<br />
der politischen Aktion auch eine künstlerische Ausdrucksform<br />
zur Seite zu stellen, schrieb die IOS einen<br />
Ideenwettbewerb für ein Mahnmal für eine <strong>gerechte</strong><br />
<strong>Weltwirtschaft</strong>sordnung aus. Im November 2000 wurden<br />
die Preisträger vorgestellt. Es gab keinen ersten Preis,<br />
wohl aber einen 2. (Jens Lehmann) <strong>und</strong> zwei 3. Preise<br />
(Ulrike Mohr <strong>und</strong> Carsten Happel).<br />
Der Entwurf von Jens Lehmann überzeugte die Jury<br />
durch die Einfachheit <strong>und</strong> Bescheidenheit seiner äusseren<br />
Form <strong>und</strong> die Suggestivkraft des "Einblicks". Das<br />
scheinen auch die Eigenschaften zu sein, die diesem<br />
Entwurf eines Mahnmals als einzigem eine Chance einräumen,<br />
jetzt errichtet zu werden.<br />
Ein kleines unverputztes Häuschen mitten im Bankenviertel<br />
Frankfurts suggeriert die Anwesenheit eines Pförtners<br />
<strong>und</strong> erweckt Interesse gerade durch sein wirklichkeitsgetreues<br />
Äusseres. Ein Blick durch das Fenster bestätigt<br />
die Vermutung, dass darin ein Mensch, ein Pförtner,<br />
seinen Dienst tut. Vor der Randexistens des Pförtners<br />
muss sich jeder legitimieren. Er ist nach der Mahnmalkonzeption<br />
nicht persönlich da, sondern wird nur
durch seine zurückgelassenen persönlichen Dinge<br />
gegenwärtig. Der intime Einblick in seinen winzigen Arbeitsbereich<br />
ermöglicht es, einen erlebbaren <strong>und</strong> auch<br />
sinnbildlichen Kontrast zu spüren zu den grossen, repräsentativen,<br />
aber uneinsehbaren Büros <strong>und</strong> Bankgebäuden<br />
der Umgebung. Vielleicht wird der zunächst nur<br />
neugierige Betrachter dadurch angerührt in seinem<br />
Empfinden <strong>und</strong> verweilt noch eine Weile beim Nachdenken<br />
über die Unterschiede in unserer Gesellschaft, über<br />
Arm <strong>und</strong> Reich, über Erfolg <strong>und</strong> die Möglichkeit zu<br />
scheitern.<br />
Vielleicht sollte, oder müsste ein Wächter neben dem<br />
Pförtnerhäuschen-Mahnmal stehen, der auch die Frage<br />
beantworten könnte, wie denn mehr Gerechtigkeit in<br />
dieser Welt möglich wäre.<br />
Die 2. Preisträgerin möchte Frankfurts Bankenviertel<br />
durch ein in den Asphalt eingelassenes goldenes Band<br />
umgrenzen. In das Band sollen Texte eingraviert werden,<br />
die die Künstlerin Bettlern abgekauft hat. "Diese<br />
wohl elementarsten Produktionsmittel des Geldverkehrs<br />
werden an einer Stelle verewigt, die den Bereich hochabstrakter<br />
Wertschöpfung kennzeichnet." (Aus dem Erklärungstext<br />
der IOF zu dem Entwurf von Ulrike Mohr)<br />
Es ist verständlich, dass eine Bankenmetropole wie<br />
Frankfurt, die sich in dauernder Konkurrenz zu anderen<br />
Bankplätzen befindet, nicht ein so anschaulich selbstkritisches<br />
Zeichen setzen kann: Einerseits das reiche<br />
"Mainhattan" im Herzen der Stadt, andererseits die<br />
Sind Ideologien am Ende? - Von der Geschichte, dem Scheitern<br />
<strong>und</strong> der Zukunft politischer Ideen <strong>und</strong> Maxime<br />
Samstag/Sonntag, 23. / 24. März 2002, Werratal-Hotels,<br />
Hannoversch Münden, Ortsteil Laubach<br />
Samstag, 23. März 2002<br />
09.30 Uhr Eröffnung der Tagung <strong>und</strong> Einführung in das Tagungsthema<br />
Ekkehard Lindner, Tagungsleiter<br />
09.45 Uhr Kritik der Ideologie der IdeologieKritik<br />
Jörg Gude, Dipl.Vw.Ass.jur, Steinfurt<br />
11.15 Uhr Ideologie <strong>und</strong> Politik - Ist die Freiwirtschaftslehre<br />
politisch durchsetzbar?<br />
Wolfram Triebler, Dipl.-Kfm., 1.Vors. der Humanwirtschaftspartei<br />
(vorm. FSU), Dortm<strong>und</strong><br />
12.45 Uhr Mittagspause<br />
14.30 Uhr F<strong>und</strong>amentalismus als Triebfeder politischen Handelns<br />
Christian Böttcher, Dipl.-Politologe, Dortm<strong>und</strong><br />
16.15 Uhr Kaffeepause<br />
sichtbare zunehmende<br />
Verarmung.<br />
Der zweite 3. Preisträger<br />
nannte seinen<br />
Entwurf "Der dritte<br />
Weg ist das Ziel". Sein<br />
Beitrag ist entschieden<br />
der am meisten<br />
reflektierte <strong>und</strong> umfangreichste.<br />
Das ge-<br />
waltige, hauptsächlich unterirdisch angelegte Bauwerk<br />
soll die betrachtenden Menschen beeindrucken <strong>und</strong><br />
zum Nachdenken bringen. Dazu Carsten Happel: "Die<br />
Architektur des Mahnmals – dem Dreigliederungsimpuls<br />
Rudolf Steiners <strong>und</strong> den künstlerischen Ausformulierungen<br />
desselben durch Joseph Beuys <strong>und</strong> Johannes<br />
Stüttgen folgend – zeigt die Phase einer plastischen Umstülpung<br />
von einem verspiegelten Bankenturm in einen<br />
Spiegelraum <strong>und</strong> einen ‚Gang durch die Erde‘. Auch dieses<br />
Werk wäre eine zu grosse Herausforderung für<br />
Frankfurt - nicht nur aus finanziellen Gründen.<br />
Heute werden horrende Summen für unnötige <strong>und</strong><br />
schädliche Dinge ausgegeben. Wenn einmal doch ein<br />
solches künstlerisches Projekt unterstützt werden sollte,<br />
dann sicher nur, wenn wir auch sonst kurz vor der Verwirklichung<br />
unserer kühnsten sozialen Träume stehen.<br />
31. MÜNDENER GESPRÄCHE<br />
17.00 Uhr Noch Spielräume für Dritte Wege? Zum theoretischen<br />
Beitrag neuerer Forschungsansätze zum Verhältnis von<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Wera Wendnagel<br />
Staat <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
Prof. Dr. Roland Sturm, Institut für Politische Wissenschaft,<br />
Universität Erlangen-Nürnberg<br />
19.00 Uhr Ende der Samstagtagung<br />
Sonntag,24. März 2002<br />
09.30 Uhr Der Marxismus als klassische Ideologie <strong>und</strong><br />
Deutschland im Spannungsfeld konträrer<br />
Wertsysteme<br />
Günter Bartsch, Publizist, Steyerberg<br />
R<strong>und</strong>gespräch mit den Referenten der Tagung <strong>und</strong> den Teilnehmern<br />
Leitung: Prof. Dr. Dirk Löhr, 1. Vors der Sozialwissenschaftlichen<br />
Gesellschaft, Mannheim<br />
12.00 UhrEnde der Tagung<br />
(Änderungen vorbehalten)<br />
Mahnmal zum Mitmachen<br />
Die IOF wird dieses "Manhnmal für eine <strong>gerechte</strong><br />
<strong>Weltwirtschaft</strong>sordnung" am 24. Mai 2002 für ein<br />
Jahr aufstellen.<br />
Die IOF würde sich freuen, wenn in dieser Zeit möglichst<br />
viele Initiativen, Gruppen oder Einzelpersonen<br />
mit diesem Mahnmal "arbeiten" würden: Erwünscht<br />
sind Aktionen, Mahnwachen <strong>und</strong> vieles mehr.<br />
Vortrags- <strong>und</strong> Diskussionsveranstaltung der Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft1950 e.V.<br />
Buch- <strong>und</strong> Schriftenpräsentation allein durch den Veranstalter<br />
bzw. nach Rücksprache mit diesem. - Anmeldung nicht<br />
erforderlich. Eine Teilnehmergebühr wird nicht erhoben. -<br />
Einladung ggf. anfordern von:Sozialwissenschaftliche Gesellschaft,<br />
Geschäftsstelle,Pf. 15 50, D-37145 Northeim, Fon &<br />
Fax05503 - 3205, e-mail: sowi.lindner@freenet.de<br />
15
16<br />
Wirtschaftstheorie<br />
Kritik des Wachstumspostulats<br />
Wachstum, Wachstum über alles, ....<br />
Der Autor zeigt die ökonomischen Ursachen des Zwangs zum Wirtschaftswachstum, das schon aus ökologischen<br />
Gründen auf Dauer unmöglich ist.<br />
Gerhard Margreiter,<br />
Jahrgang 1940, war als<br />
Statistiker <strong>und</strong> Systemanalytiker<br />
in verschiedenenwissenschaftlichen<br />
Arbeitsgruppen,<br />
zuletzt bei der UNIDO,<br />
Wien, tätig.<br />
Kann die Wirtschaft<br />
immer nur wachsen?<br />
Wenn akademisch gebildete Ökonomen die wirtschaftliche<br />
Lage eines Landes beurteilen sollen, dann<br />
interessie-ren sie sich fast ausschließlich für die aktuelle<br />
Wirtschaftswachstumsrate. Wenn die Rate über 3%<br />
liegt, dann ist die Welt in Ordnung. Wer aber etwas weiter<br />
denkt, kann sich errechnen, was ein Wachstum von<br />
3% langfristig bedeutet. Es bedeutet eine Verdoppelung<br />
in 23,5 Jahren <strong>und</strong> eine Verneunzehnfachung in h<strong>und</strong>ert<br />
Jahren. Kann jemand im Ernst annehmen, daß sich<br />
unsere ohnedies bereits hohe Wirtschaftsleistung im 21.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert nochmals verneunzehnfachen könnte.<br />
"Wachstum muss sein" ,<br />
sagt aber die 'Erfahrung'<br />
Andererseits ist es eine durchaus empirisch belegbare<br />
Tatsache, dass unser derzeitiges Wirtschaftssystem<br />
beim Fehlen eines entsprechenden Wachstums unangenehme<br />
Resultate zeitigt: Die Zahl der arbeitslosen Mitbürger<br />
steigt immer an, wenn das Wachstum unter den<br />
magischen 3 oder zumindest 2,5% bleibt. Im Jahre<br />
2001 betrug das Wirtschaftswachstum in Deutschland<br />
leider nur 0,6% <strong>und</strong> für das laufende Jahr sind wahrscheinlich<br />
0,8% zu erwarten. Unaufhaltsam näherte<br />
sich die Zahl der arbeitslosen Deutschen der Zahl von<br />
4 Millionen <strong>und</strong> hat diese bereits überschritten. Das<br />
nun bekümmert den Herrn B<strong>und</strong>eskanzler Gerhard<br />
Schröder sehr, denn er hatte Gegen-teiliges versprochen.<br />
Nun droht ihm, bei den B<strong>und</strong>estagswahlen vom<br />
deutschen Wähler Prügel zu bekommen.<br />
Warum steigt die Arbeitslosigkeit<br />
bei zu geringem Wachstum?<br />
Eine statistische Beobachtung bringt uns näher an die<br />
Antwort. Es gab tatsächlich bereits früher einige Jahre,<br />
in denen kein Wirtschaftswachstum verzeichnet wurde,<br />
z. B. das Jahr 1975 nach dem ersten Ölschock. Schaut<br />
man sich für ein solches Jahr die Wachstumsraten getrennt<br />
nach Wirtschaftssparten an, dann entdeckt man<br />
eine Schrumpfung aller Sparten, in denen etwas produziert<br />
wurde <strong>und</strong> ein Weiterwachsen der Sektoren, die<br />
Geld aus Geld machten, wie Banken, Versicherungen<br />
<strong>und</strong> Immobilienwirtschaft. Das Resultat war eine Null<br />
beim gesam-ten Wirtschaftswachstum. Schrumpft aber<br />
Gewerbe <strong>und</strong> Industrie, dann ist es unmöglich dort die<br />
Arbeitskräfte zu erhalten. Die "freigesetzten" Industrie-<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
arbeiter werden aber nicht in den Banken <strong>und</strong> Versicherungen<br />
beschäf-tigt. Erst wenn die Nachfrage nach<br />
materiellen Produkten wieder ansteigt, beruhigt sich<br />
die Lage. Hat man das als Gesetzmäßigkeit unserer derzeitigen<br />
Wirtschaftsordnung erkannt, dann ist es leichter<br />
zu verstehen, weshalb heute von allen Ökonomen so<br />
großer Wert auf Wachstum gelegt wird. Auch kein Politiker<br />
kann sich dem ent-ziehen. Wer oder was ist nun<br />
aber Schuld an dieser Ungleichverteilung der Nachfrage?<br />
Hat Wirtschaft etwas<br />
mit Geld zu tun?<br />
Man möchte eigentlich erwarten, dass es den befassten<br />
Wissenschaftern einigermaßen klar sei: Wirtschaft<br />
hat immer etwas mit Geld zu tun <strong>und</strong> die Impulse für<br />
ein Wachstum eines bestimmten Bereiches gehen vom<br />
Gelde ("der Nachfrage") aus. Zwanzig Jahre Arbeit mit<br />
<strong>und</strong> für Ökonomen haben mich jedoch gelehrt, dass<br />
dies von jenen keineswegs bedacht wird. Johann Wolfgang<br />
v. Goethe war hingegen schon früher hinter das<br />
Geheimnis gekommen, als es schrieb. "Am Golde hängt,<br />
zum Golde drängt doch alles, ach wir Armen". Nur unsere<br />
Wirt-schaftswissenschafter können das nicht so<br />
wirklich begreifen <strong>und</strong> reden sich gegenseitig ein, all<br />
die auftretenden Probleme wären durch Strukturanpassung<br />
zu lösen. Damit aber eine Wirtschaft wachsen<br />
kann, braucht es nun einfach zusätzliches Geld zur Aufrechterhaltung<br />
der Nachfrage in allen Bereichen. Politiker<br />
vor allem der linken Schattierung haben dies in der<br />
Vergangenheit auch zumeist so gehandhabt. Wenn Arbeitslosigkeit<br />
auftrat oder drohte, haben sie immer versucht,<br />
mit Geldspritzen die Wirtschaft anzukurbeln.<br />
Woher kam bisher das Geld zum<br />
Ankurbeln der Wirtschaft?<br />
Das Nachdenken darüber führt automatisch zur Frage,<br />
wo denn das Geld überhaupt heute herkommt. Woher<br />
die kleinen Kinder kommen, wissen heute auch<br />
schon die kleinen Kinder. Woher aber das Geld eigentlich<br />
kommt, wissen die wenigsten Erwachsenen <strong>und</strong> sie<br />
stellen die Frage eigenartigerweise auch gar nie. Solange<br />
Geld für Arbeit irgendwie herbeikommt, wird nicht<br />
nachgedacht. Woher aber hat der Arbeitgeber sein Geld<br />
<strong>und</strong> wo ist dieses urspünglich entstanden?<br />
Unser derzeitiges Geldsystem ist nun leider so kon-
struiert, dass Geld immer nur dann (neu) in die Wirtschaft<br />
kommt, wenn welches bei Banken ausgeliehen<br />
wird. Somit wird einigermaßen klar, weshalb es in diesem<br />
Sy-stem ohne Schulden nie geht. Schuldenmachen<br />
ist somit heute die Voraussetzung dafür, dass Geld in<br />
die Wirt-schaft kommt.<br />
Unsere Wirtschaft muss wachsen, damit wir die<br />
alten Schulden plus Zinsen mit neuen be-zahlen<br />
können!<br />
Das ist letztlich das Geheimnis unserer kapitalistischen<br />
Wirtschaftsordnung: Da Geld durch Schuldenmachen<br />
in die Wirtschaft kommt, verschwindet es bei der<br />
Rückzahlung auch wieder aus der Wirtschaft. Die Rükkzahlung<br />
ist wegen der Zinsen aber immer höher als<br />
die Auszahlung. Es muss daher Geldmangel eintreten,<br />
wenn zu we-nig neues <strong>und</strong> zusätzliches Geld hereinkommt.<br />
Zusätzliches Geld kommt nun aber heute nur<br />
durch neue, noch höhere Schulden in die Wirtschaft.<br />
Damit die Wirtschaftstreibenden neue Schulden auch<br />
wirklich zu machen be-reit sind, müssen sie ihre Kreditaufnahme<br />
auch als günstig <strong>und</strong> profitabel ansehen.<br />
Dafür aber muss die Erwar-tung auf ein Wachstum existieren.<br />
Mit dem dann geschaffenen Gelde tritt das<br />
Wachstum auch tatsächlich pünkt-lich ein.<br />
Das ist nun eine sehr wackelige Plattform, auf der<br />
unser aller Wohlergehen steht. Ist aus irgendeinem<br />
Gr<strong>und</strong> ein Wachstum nicht mehr erwartbar, dann werden<br />
zu wenig neue Kredite genommen <strong>und</strong> dann fließt<br />
zuwenig neues Geld in die Wirtschaft. Weil zuwenig<br />
Zugegeben, diese Frage tönt sehr schwachsinnig,<br />
scheint gänzlich überflüssig, ist es aber trotzdem nicht.<br />
Unter besonderen Voraussetzungen gilt auch ein Multimillionär<br />
keineswegs als ein reicher Mann. Alles, gerade<br />
auch der Reichtum, ist eben immer relativ, verhältnismäßig,<br />
verglichen mit etwas anderem. Das lässt sich zeigen<br />
mit jener Anekdote, wonach Kaiser Wilhelm II. im<br />
Jahr 1914 eine Wahrsagerin nach dem Ausgang des (1.<br />
Welt-) Krieges gefragt <strong>und</strong> die folgende Antwort erhalten<br />
haben soll:<br />
"Nach dem Krieg wird jeder Deutsche ein Millionär<br />
sein!" Die offensichtlich weise Frau bekam tatsächlich<br />
recht, genau fünf Jahre nach dem Frieden von Versailles.<br />
1923 nämlich uferte die Geldentwertung als Folge der<br />
Niederlage gegen Frankreich zu einer unvorstellbaren<br />
Hyperinflation aus <strong>und</strong> machte unzählige Deutsche zu<br />
Multimillionären.<br />
"Se non è vero, è ben trovato", sagt ein italienisches<br />
Sprichwort: "Wenn es nicht wahr ist, ist es (doch) gut<br />
erf<strong>und</strong>en." Die Anekdote soll veranschaulichen, dass es<br />
Reichtum ohne Armut, Armut ohne Reichtum nicht gibt,<br />
neues, die Rückzahlungen ersetzendes Geld hereinkommt,<br />
ist auch kein Wachstum möglich, sondern nur<br />
mehr eine Schrumpfung mit den oben beschriebenen<br />
bösen Nebeneffek-ten.<br />
Der einzige Wirtschaftsteilnehmer der in einer derartigen<br />
Situation bisher immer noch Geld in die Wirtschaft<br />
pumpte <strong>und</strong> Rettung brachte, war der Staat. Dieser<br />
hat sich nun in den letzten Dekaden bereits in beträchtliche<br />
Schulden gestürzt, um keine Depression aufkommen<br />
zu lassen. In Österreich sind es 2.200 Milliarden<br />
Schilling an wirklichen Staatsschulden <strong>und</strong> in<br />
Deutschland etwa 2.400 Milliarden D-Mark geworden.<br />
Mittlerweile sind aber derartige Verschuldungsquoten<br />
durch die in der EU gültigen Maastricht-Kriterien gar<br />
nicht mehr zulässig <strong>und</strong> eine weitere Staatsverschuldung<br />
ist kaum mehr möglich. Der Weg in die Rezession<br />
ist somit vorgezeichnet.<br />
B<strong>und</strong>eskanzler Schröder hat kaum mehr Möglichkeiten,<br />
das Blatt zu wenden. Wer soll ihm jetzt rasch die<br />
nöti-gen Bankschulden <strong>und</strong> damit Geld machen? Der<br />
Staat darf es nicht mehr, ohne die Regeln zu verletzen!<br />
Wird ir-gendwer für Schröder Schulden machen, wenn<br />
in allen Zeitungen steht, dass in den USA <strong>und</strong> in Europa<br />
das Ge-spenst der Rezession umgeht.<br />
Der deutsche Wähler wird Schröder wohl für etwas<br />
prügeln, wofür er eigentlich nichts kann. Herausforderer<br />
Stoiber hat somit gute Karten, aber das Gr<strong>und</strong>problem<br />
kann er dann auch nicht lösen. Dieses lautet:<br />
Wachstum bis zum Untergang. Es ist tödlich gefährlich,<br />
Geld durch Schulden zu machen.<br />
Ist ein Multimillionär reich?<br />
von Hans-Jörg Willi<br />
<strong>und</strong> zwar ebenso wenig, wie Guthaben ohne Schulden<br />
<strong>und</strong> Schulden ohne Guthaben möglich sind.<br />
Das Wort "reich" ist enthalten in "recken" <strong>und</strong> "erreichen",<br />
was sofort die Vorstellung von einem langen Arm<br />
weckt. Reich ist demnach, wer längere Arme hat als andere<br />
Menschen, wer über eine größere Reichweite verfügt.<br />
"Reich" ist zudem - über "rex" für König - verwandt<br />
mit lateinisch "regere", was "regieren" heißt <strong>und</strong> bedeutet,<br />
dass der Reiche regiert. Dass selbst in der sogenannten<br />
Demokratie die Reichen regieren, sagt der<br />
Volksm<strong>und</strong> mit dem Sprichwort: "Geld regiert die Welt."<br />
Der gleiche Gedanken findet sich auch in den zwei weiteren<br />
Volksweisheiten "Der K<strong>und</strong>e ist König" <strong>und</strong> "Wer<br />
zahlt, befiehlt".<br />
Woher dieses Übel des Ungleichgewichts zwischen<br />
Geld <strong>und</strong> Gut rührt, wissen die Freiwirte, die Leser revolution<br />
sehr wohl: Es kommt von der Überlegenheit<br />
des Geldes gegenüber den Gütern, seien diese nun Waren<br />
oder Dienstleistungen. Somit zeigt sich einmal mehr:<br />
Nur die Gesell'sche Geldreform, <strong>und</strong> auch nicht etwa die<br />
Umstellung auf den Euro, kann hier Abhilfe schaffen.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
17
18<br />
Wettbewerb<br />
NWO-Utopien<br />
Ergebnisse des Utopie-Wettbewerbs<br />
Teil 2<br />
Die Freiwirtschaft<br />
per UNO-Beschluss<br />
Was wäre die Folge,<br />
wenn die UNO - hier<br />
das UNO-Gebäude in<br />
Wien - die Einführung<br />
der Freiwirtschaft beschließen<br />
würde?<br />
von Fantasio<br />
Im Frühling des Jahres 20XY wurde im Auftrag der demokratisierten<br />
UNO bestimmt, die Gr<strong>und</strong>sätze des freiwirtschaftlichen<br />
Gedankengutes (Geld- <strong>und</strong> Bodenreform) seien<br />
global umzusetzen.<br />
Viel Überzeugungsarbeit musste im Vorfeld geleistet werden.<br />
Einzelinitiativen in einigen Städten blieben zumeist nur<br />
kleine Erfolge, z. B. als regionale Währung, weil die Verwaltungen<br />
kein echtes Engagement einbrachten, um beim<br />
Schließen von Kreisläufen zu helfen. Steuern, Lohnnebenkosten<br />
mit den phantasievollen Alternativwährungen bezahlen<br />
zu können, das blieben Wunschträume engagierter Mitbürger.<br />
Auch das 2002 aufgebaute Clearinghouse half den<br />
Komplementärwährungen in der Akzeptanz, ohne jedoch einen<br />
offiziellen Durchbruch in der Gesellschaft zu ermöglichen.<br />
Eine wichtige Voraussetzung<br />
für die Aufklärungsarbeit war<br />
eine Initiative, die verlangte,<br />
auf allen Produkten <strong>und</strong><br />
Rechnungen neben dem Preis<br />
auch den Anteil an leistungslosem<br />
Einkommen aufzuführen.<br />
Für viele Menschen wurde erst<br />
dadurch ersichtlich, dass sie<br />
im alten System zu den Verlierern<br />
zählten. Die Kontrollinstanz,<br />
die für die stichprobenweise<br />
Überwachung der Angaben<br />
verantwortlich gewesen<br />
war, wurde weltweit aufgelöst.<br />
Spezialisten wurden neu eingesetzt für das sogenannte<br />
Nachhaltigkeits-Labeling, bei welchem Ressourcen, Ökobilanzen,<br />
graue Energie <strong>und</strong> Sozialstandards in der Herstellung<br />
<strong>und</strong> im Vertrieb berücksichtigt wurden. Damit wurde<br />
dem Konsumenten ein Leben im Einklang mit den Anforderungen<br />
des Planeten Erde möglich. Eine große Regionalisierung<br />
konnte vor allem für die Güter des täglichen Konsums<br />
beobachtet werden. Viele Bauern <strong>und</strong> Läden um die Ecke<br />
profitierten von diesen Tatsachen.<br />
Im Sommer desselben Jahres wurde erstmals darüber informiert,<br />
dass jedes Land autonom die Bodenfrage (Enteignung<br />
mit Entschädigung auf Lebenszeit, Vorkauf durch die<br />
Gemeinden oder Bodensteuern) lösen werde. Die Übergangszeit<br />
von nur 10 Jahren wurde von vielen Weltparlamentariern<br />
als große Herausforderung erlebt. Der Grossteil<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
der Bevölkerung der ehemaligen Dritten Welt hingegen<br />
feierte diesen Akt – weg von der "Sklavenarbeit" auf den<br />
Feldern der Großgr<strong>und</strong>besitzer, zurück zur nutzbaren<br />
Scholle – als Befreiungswoche.<br />
Die Währungs- <strong>und</strong> Geldseite war im Vorfeld als wichtigster<br />
Aspekt für den Weltfrieden <strong>und</strong> als absolutes Muss für<br />
die gesellschaftliche Stabilität jedes Landes definiert worden.<br />
Durch diese Einsicht konnte die Umstellung auf die<br />
Weltreferenzwährung GAIA innerhalb Rekordzeit realisiert<br />
werden. Jedes Land konnte bei seiner Währung bleiben,<br />
musste aber die Regelungen zu Umlaufsicherung, Kaufkraftsicherung,<br />
Geldschöpfung <strong>und</strong> Kreditwesen umsetzen, die<br />
bei der GAIA-Währung vorgegeben waren.<br />
Auch kulturell wurde einiges erreicht: Eine gemeinsame<br />
Weltsprache, "Ido", die in allen Ländern zusätzlich zur<br />
Landessprache schon im Vorschulalter gelehrt wurde, ermöglichte<br />
die Kommunikation jeder mit jedem, was zur Verständigung<br />
unter den Völkern beitrug. Die Weltbürger mit<br />
den Weltföderalisten hatten dieser Idee zum Durchbruch<br />
verholfen. Sie hatten auch sonst einen wesentlichen Anteil<br />
an der neuen Struktur der UNO. Gr<strong>und</strong>lagen für die Ausgestaltung<br />
der Demokratisierung lieferten die Schweizer. Die<br />
Initiative Z1 empfahl damals ein Zweikammersystem mit einem<br />
Zukunftsrat (Alter unter 35 Jahre) <strong>und</strong> dem Gegenwartsrat.<br />
Die Abgeordneten mussten, um zur Wahl zugelassen<br />
zu werden, ihre finanzielle Situation offen legen. Ihre<br />
Verflechtungen in wirtschaftlichen Belangen wurden analysiert<br />
<strong>und</strong> waren Kriterium der Wählbarkeit im Weltparlament.<br />
Obergrenze des Vermögens war das fünfzigfache des<br />
Gr<strong>und</strong>einkommens des Landes (z.B. Gr<strong>und</strong>lohn Schweiz=<br />
36'000 SFr. = 1,8 Mio). Auch mehr als drei Wirtschaftsmandate<br />
führten zur Nichtwählbarkeit. Während der ganzen,<br />
auf 3x4 Jahre beschränkten Tätigkeit in einer Kammer<br />
hatten die finanziellen Aspekte für jedermann einsehbar zu<br />
sein.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der immensen Rationalisierungsmassnahmen<br />
im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> der Einsicht, dass die Lebensqualität<br />
nicht mit Besitz <strong>und</strong> Konsum von Gütern korrelliert,<br />
konnte die durchschnittliche Arbeitszeit auf 20 St<strong>und</strong>en pro<br />
Woche reduziert werden. Da die leistungslosen Einkommen<br />
der Vergangenheit angehörten, ließ es sich mit dem resultierenden<br />
Lohn sehr gut leben. Ein existenzsicherndes<br />
Gr<strong>und</strong>einkommen war für jeden Erdenbewohner garantiert,<br />
mit oder ohne Arbeit.<br />
Für die nähere Zukunft musste die "Verträglichkeitsdebatte"<br />
unserer Menschheit für das Ökosystem Erde neu aufgenommen<br />
werden.
Freigeld in Argentinien?<br />
Führt die argentinische Währungskrise<br />
wirklich zu "Freigeld", wie Herr Margreiter<br />
dies schon in der Überschrift behauptet?<br />
Mit dem vielleicht nicht mehr ganz<br />
aktuellen Begriff "Freigeld" ist Geld gemeint,<br />
das durch eine zeitabhängige Nutzungsgebühr<br />
auf liquide Zahlungsmittel<br />
umlaufgesichert ist. Und genau dies sind<br />
die im Artikel genannten "Creditos"<br />
nicht. Nur das Geld ohne Aufbau von<br />
Schulden in Umlauf zu bringen, macht<br />
noch nicht jenes Geldwesen, das wir fordern.<br />
Wir wollen ein Geldwesen, in dem es keine<br />
Erpressungsverhältnisse gibt. Derjenige,<br />
der Arbeit anbietet, muss Arbeit annehmen,<br />
um leben zu können, <strong>und</strong> wir<br />
wollen dafür sorgen, dass derjenige, der<br />
Geld anbietet ebenfalls das Geld verleihen<br />
muss, um nicht einen schleichenden Vermögensverlust<br />
zu erleiden. Dies erreicht<br />
man durch eine Nutzungsgebühr für Geld,<br />
<strong>und</strong> nicht nur damit, Geld ohne Aufbau<br />
von Schulden in Umlauf zu bringen.<br />
LeserInnen haben das Wort<br />
Trotzdem ist es interessant, dass Verantwortliche<br />
für Währungen neben den oben<br />
genannten Zusammenhängen auch sonst<br />
immer wieder dieselben Fehler machen.<br />
In Argentinien wurde der Wechselkurs zu<br />
der Außenwelt faktisch eingefroren. Das<br />
hat zur Folge, dass sich ungleiche Entwicklungen<br />
in den verschiedenen Volkswirtschaften<br />
nicht mehr in den Wechselkursen<br />
ausgleichen können. Also merkt<br />
man diese Ungleichheiten eben an anderer<br />
Stelle. In Argentinien war es die sinkende<br />
Exportfähigkeit an der die vorhandenen<br />
Ungleichheiten ans Tageslicht kamen.<br />
Ein ähnliches Experiment war die Deutsche<br />
Einheit, bei der ebenfalls der Wechselkurs<br />
zwischen zwei Wirtschaftsgebieten<br />
willkürlich festgesetzt worden ist.<br />
Hier traten die vorhandenen Ungleichgewichte<br />
schließlich in einer hohen Arbeitslosigkeit<br />
<strong>und</strong> einem hohen staatlichen<br />
Unterstützungsbedarf für die östlichen<br />
Regionen zu Tage, an der wir bis<br />
heute zu tragen haben.<br />
Auch die Einführung des Euro in Europa<br />
ist ja letztendlich der gleiche Vorgang. In<br />
Europa wird zwischen den beteiligten<br />
Volkswirtschaften der Wechselkurs eingefroren.<br />
Ich vermute, dass sich die zukünftigen<br />
Unterschiede zwischen den<br />
Volkswirtschaften in einem Zwang zur<br />
Mobilität der Arbeitnehmer niederschlagen<br />
werden, in Unterschieden der Entlohnung,<br />
in zunehmenden Unterschieden<br />
zwischen Arm <strong>und</strong> Reich. Wenn die Verantwortlichen<br />
nicht aufpassen, endet das<br />
Euro-Experiment in einem zunehmenden<br />
Haß gegen Fremde <strong>und</strong> in starken gesellschaftlichen<br />
Konflikten.<br />
Interessant ist auch ein zweiter Fakt: Die<br />
argentinische Notenbank hat die Menge<br />
der umlaufenden Zahlungsmittel nicht<br />
an den Tauschbedarf der Wirtschaft gekoppelt,<br />
sondern an den Vorrat an Dollars<br />
auf den Devisenkonten der Notenbank.<br />
Auch dieser Fehler wurde mehr als<br />
einmal gemacht. Der Auslöser für die<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Wirtschaftskrise in Deutschland um 1920<br />
war, dass die Notenbank die Menge des<br />
umlaufenden Geldes von der Menge des<br />
Goldes in den Notenbanktresoren abhängig<br />
gemacht hat. Jedoch gehörte dieses<br />
Gold nicht der Notenbank, sondern war<br />
geliehen, <strong>und</strong> als der Gläubiger sein Gold<br />
zurückforderte, musste auch die umlaufende<br />
Geldmenge verringert werden. Die<br />
Folge war eine Deflation <strong>und</strong> eine Wirtschaftskrise.<br />
Klar, dass in einer Situation des Mangels<br />
am Tauschmittel Geld andere Tauschmittel<br />
für die Menschen attraktiv werden. So<br />
ist der Erfolg der im Artikel genannten<br />
"Creditos" möglich, weil nicht mehr genügend<br />
Notenbankgeld da ist, um die<br />
Tauschbedürfnisse der Bürger zu befriedigen.<br />
Dies ist auch der Gr<strong>und</strong>, warum solche<br />
alternativen Tauschsysteme in Europa bis<br />
jetzt nicht den durchschlagenden Erfolg<br />
haben: Es ist genügend Notenbankgeld<br />
da, (wenn es durch das Zinssystem auch<br />
teuer ist) um die Tauschbedürfnisse zu<br />
befriedigen, also brauchen wir keine alternativen<br />
Währungen.<br />
Man muss also gar nicht eine bestimmte<br />
Art, Geld in Umlauf bringen (hier: durch<br />
Verschuldung der Geschäftsbanken bei<br />
der Notenbank), bemühen, um die Wirtschaftskrise<br />
in Argentinien erklären zu<br />
können. Auch dass die "Creditos" ohne<br />
Aufbau von Schulden in Umlauf kommen,<br />
ist kein Gr<strong>und</strong> für den Erfolg dieser<br />
"Währung".<br />
Überraschend für mich ist nur immer<br />
wieder, mit welcher Überzeugung <strong>und</strong><br />
welcher Energie die Verantwortlichen in<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft immer wieder<br />
die gleichen Fehler machen, an denen<br />
dann wieder alle zu leiden haben. Es<br />
wird wohl leider nicht das letzte mal<br />
sein...<br />
Bernhard Thomas,<br />
Schwalbenstr. 9,<br />
82110 Germering<br />
19
0<br />
WestLB finanziert Umweltkatastrophe<br />
Umweltskandal mit deutscher Beteiligung<br />
Im Namen des Öls<br />
Das Ölbusiness zieht eine Spur der Verwüstung durch Ecuador - mit Unterstützung der öffentlichrechtlichen<br />
deutschen Bank WestLB<br />
Werner Paczian ist<br />
Pressesprecher des<br />
Rettet den Regenwald<br />
e.V. in Hamburg<br />
Was wäre die Folge,<br />
wenn die UNO - hier das<br />
UNO-Gebäude in Wien -<br />
die Einführung der Freiwirtschaft<br />
beschließen<br />
würde?<br />
Vergiftetes Land, verschuldeter Staat Ecuadors 30jährige<br />
Erfahrung mit Ölexporten ist ein einziger Alptraum - außer<br />
für die Gläubigerbanken Bunt schillernde Ölseen, berstende<br />
Rohre, zerstörte Wälder, tote <strong>und</strong> kranke Menschen<br />
<strong>und</strong> ein Schwindel erregendes Schuldenloch - das<br />
Ölbusiness hat in Ecuador eine nicht zu übersehende Spur<br />
hinterlassen. Vor gut 30 Jahren hat Texaco die bisher einzige<br />
Pipeline durch Ecuador gebaut. Mit dem Einstieg ins<br />
Ölgeschäft begann für das Land ein fast beispielloser ökologischer,<br />
sozialer <strong>und</strong> auch wirtschaftlicher Niedergang.<br />
Jetzt soll ein zweiter Ölboom Ecuador aus der ökonomischen<br />
Krise retten. Deutschlands<br />
größte öffentlich-rechtliche<br />
Bank, die WestLB, steht an<br />
der Spitze eines Bankenkonsortiums,<br />
das mit einem 900<br />
Millionen US-Dollar-Kredit den<br />
Bau einer neuen Pipeline finanzieren<br />
will. Die WestLB<br />
wird sich nach eigenen Angaben<br />
auch finanziell an dem<br />
Kredit beteiligen. Die Ölrohre,<br />
Zubringer-Pipelines <strong>und</strong> neu zu<br />
bauende Straßen sollen durch<br />
elf Schutzgebiete - oder an ihren<br />
Rändern entlang - führen,<br />
darunter das international anerkannte<br />
"Mindo-Nambillo"-<br />
Reservat, das zur ersten "Important<br />
Bird Area" Südamerikas<br />
erklärt wurde.<br />
Die WestLB verteidigt ihr geplantes<br />
Projekt mit den Worten,<br />
es sei "wirtschaftlich wichtig<br />
für das arme Land Ecuador."<br />
Ein Blick auf die ökonomischen<br />
Daten entlarvt die<br />
WestLB-Begründung als fadenscheiniges<br />
Argument. An der<br />
Ausbeutung der Ölvorkommen<br />
Ecuadors seit Beginn der 70er<br />
Jahre haben allenfalls ein paar<br />
internationale Konzerne <strong>und</strong><br />
Banken bestens verdient - die<br />
wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Situation der Bevölkerung hat<br />
sich dramatisch verschlimmert. So hat sich die Zahl der<br />
unter der Armutsgrenze lebenden Menschen von 1970 bis<br />
1998 verdoppelt. Die Auslandsverschuldung des Landes ist<br />
von 217 Millionen auf 16,4 Milliarden US-Dollar gestiegen<br />
<strong>und</strong> ist heute die höchste pro Kopf in Lateinamerika. Von<br />
den 2,4 Milliarden Dollar, die im Jahr 2000 durch Öl verdient<br />
wurden, sind ungefähr 100 Millionen im Land ge-<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
blieben. Der Rest ging in den Schuldendienst. Experten<br />
kennen den Hauptgr<strong>und</strong> für Ecuadors horrende Auslandsschulden:<br />
Mit dem Einstieg ins Ölgeschäft stieg die internationale<br />
Kreditwürdigkeit des Landes, Millionen schwere<br />
Darlehen flossen problemlos. Doch unsinnige Investitionen<br />
<strong>und</strong> Korruption ließen viele Gelder in dunklen Kanälen<br />
versickern. Nach Untersuchungen von "Transparancy<br />
International", das die weltweite Korruption analysiert, gehört<br />
Ecuador noch heute zu den 13 korruptesten Ländern<br />
der Erde von 91 untersuchten. Der Bau der so genannten<br />
OCP-Pipeline ist die Antwort der ecuadorianischen Regierung<br />
auf die desolate wirtschaftliche Lage, die zu Rekordschulden<br />
<strong>und</strong> einem Zusammenbruch des Bankensystems<br />
geführt hat. Mit dem Programm "Apertura 2000" will die<br />
Regierung die Ölproduktion <strong>und</strong> den Ölexport verdoppeln<br />
<strong>und</strong> die Ölbranche privatisieren, um ausländische Investoren<br />
anzulocken. Die neuen Transport-Kapazitäten würden<br />
die Ausschreibung neuer Ölfelder in der südlichen Amazonas-Region<br />
zudem attraktiver für potenzielle Investoren<br />
machen.<br />
Nach Angaben des staatlichen ecuadorianischen Ölkonzerns<br />
Petroecuador werden die bekannten Schwerölreserven<br />
des Landes bereits in zehn Jahren erschöpft sein. Deswegen<br />
wird das OCP-Projekt die Suche nach neuen Ölfeldern<br />
im südlichen Amazonas von Ecuador beschleunigen.<br />
Die Regierung plant bereits, die Exploration in elf Amazonas-Blöcken<br />
demnächst auszuschreiben. Diese haben eine<br />
Größe von 2,4 Millionen Hektar <strong>und</strong> beherbergen die letzten<br />
Amazonas-Urwälder des Landes <strong>und</strong> die traditionellen<br />
Lebensräume der noch weitgehend isoliert lebenden indigenen<br />
Stämme der Achuar, Shuar, Huaorani, Quichua, Shiwia<br />
<strong>und</strong> Zapara. Fast alle von ihnen haben geschworen, in<br />
ihrem Gebiet niemals die Suche nach Öl zuzulassen.<br />
Während sich dank OCP ausländische Konzerne künftig<br />
stärker für Ecuador interessieren dürften, sinkt die Lebensqualität<br />
der Ecuadorianer mit jedem Tag. Vor allem<br />
dort, wo die Menschen heute schon in Ölfördergebieten<br />
oder in der Nähe von Raffinerien leben. Die betroffenen<br />
Gemeinden leiden direkt unter den ökologischen <strong>und</strong> sozialen<br />
Schäden, die von der Ölproduktion verursacht werden<br />
- einschließlich der höchsten Krebsrate im Land <strong>und</strong><br />
anderer schwerer Erkrankungen.<br />
Bei der für das neue Projekt angestrebten Ölfördermenge<br />
<strong>und</strong> unter Berücksichtigung der bekannten Ölvorkommen<br />
im Land werden sich die Reserven auch für leichtes<br />
Öl in etwa 20 Jahren erschöpft haben. Ecuador wird dann<br />
vom Ölexporteur zum -importeur. Mit ihren Plänen ist die<br />
WestLB dafür mit verantwortlich, dass zur Begleichung von<br />
Auslandsschulden einmalige Naturschätze <strong>und</strong> das Leben<br />
<strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung zerstört sowie die<br />
natürlichen Ressourcen des Landes in einem relativ kurzen<br />
Zeitraum für immer ausgebeutet werden.
"Kooperation entsteht, wenn die fairen Typen einer Gesellschaft<br />
die Egoisten strafen können", sagt Ernst Fehr<br />
von der Universität Zürich. Um die Egomanen zu erziehen,<br />
vergeuden sie sogar eine Menge Geld, wie nun die Versuche<br />
Fehrs <strong>und</strong> seines Kollegen Simon Gächter von der Universität<br />
St. Gallen zeigen. ("Nature", Bd. 145, S. 137). Offensichtlich<br />
kann der Sinn für Fairness den biologischen<br />
Trieb zum Eigennutz übertrumpfen. Die Versuche der<br />
Ökonomen können zumindest teilweise erklären, warum<br />
viele Menschen oft kooperieren <strong>und</strong> sich fair verhalten –<br />
<strong>und</strong> damit entgegen der dominierenden Theorie der Wirtschaftswissenschaften<br />
handeln.<br />
Dieses Model des Homo oeconomicus gehe aus von einem<br />
universellen, rationalen Wesen, das immer die eigenen<br />
Interessen verfolgt. Doch das Dogma sei "schlichtweg<br />
falsch", kritisiert Fehr <strong>und</strong> erkennt "eine Wende in den<br />
Wirtschaftswissenschaften". Statt auf individuellem Eigennutz<br />
fußen viele Entscheidungen auf sozialen Normen wie<br />
Fairness. Gemäß experimentellen Ökonomen setzen sich<br />
die westlichen Gesellschaften aus 40 bis 60 Prozent eher<br />
fairen <strong>und</strong> 30 bis 50 Prozent eher eigensüchtigen Typen<br />
zusammen. Wie dramatisch die Rahmenbedingungen das<br />
Wechselspiel dieser Antipoden beeinflussen, zeigt das sogenannte<br />
Öffentliche-Gut-Spiel.<br />
Trittbrettfahren oder Kooperieren<br />
Die Anleitung: Vier Probanden bekommen von den Forschern<br />
beispielsweise 100 Euro als Einsatz. Das Spiel geht<br />
über zehn R<strong>und</strong>en. In jeder R<strong>und</strong>e können die Akteure<br />
selbst entscheiden, wie viel ihres Geldes sie in einen gemeinsamen<br />
Topf investieren wollen. Jeder eingezahlter<br />
Euro wird von den Wissenschaftlern verdoppelt <strong>und</strong> das<br />
Geld aus dem Topf nach jeder R<strong>und</strong>e an die Teilnehmer<br />
verteilt. Einzahlen in den Topf entspricht Kooperation,<br />
Nichteinzahlen bedeutet Trittbrettfahren.<br />
Zahlen alle viel ein, machen alle ein gutes Geschäft.<br />
Doch schon in der ersten R<strong>und</strong>e steuern die Egoisten<br />
nichts bei <strong>und</strong> fahren dabei Gewinne ein. Die Fairen indes<br />
geben viel <strong>und</strong> werden für ihr Verhalten mit Verlust bestraft.<br />
Als Folge schwindet ihre Kooperationslust schon<br />
nach wenigen R<strong>und</strong>en; die Zusammenarbeit bricht ein,<br />
alle verlieren. "Niemand hält nach dem Schlag auf die<br />
rechte Wange die linke hin", erklärt Fehr.<br />
Neues Spiel, neue Normen<br />
Unter Einsatz einer Gebühr dürfen die Fairen den Experimentator<br />
nach jeder R<strong>und</strong>e auffordern, den Trittbrettfahrern<br />
für ihr egoistisches Verhalten eine Art Strafzoll abzuverlangen.<br />
Dieses Angebot nutzen die fairen Typen, was<br />
den Egoisten rasch Geld kostet. Ergebnis: schon nach drei<br />
bis vier R<strong>und</strong>en investieren alle ins Gruppenprojekt. Die<br />
Fairen setzen sich durch, was nach dem Homo-oeconomicus-Modell<br />
unmöglich ist. Demnach gibt niemand Geld<br />
aus, um das eigensinnige Verhalten anderer zu bestrafen.<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Wirtschaftstheorie<br />
Traditionelles Menschenbild widerlegt<br />
Lustvolles Bestrafen von bösen Egoisten<br />
Überraschend viele Menschen verhalten sich fair <strong>und</strong> kooperativ. Das widerspricht der gängigen Wirtschaftstheorie.<br />
Indes erzwingen die Fairen unter den Bedingungen des<br />
neuen Spiels beste Kooperation <strong>und</strong> Gewinne für alle.<br />
Wie es scheint, können Bestrafungsmöglichkeiten in einer<br />
Gruppe als Triebfeder für anonyme Kooperation – die<br />
Basis eines Geschäfts – in der menschlichen Evolution gewirkt<br />
haben. Und was motiviert die Fairplayer? Reine Emotionen!<br />
"Die Leute sagen, ich bestrafe die gern", beschreibt<br />
Fehr die Aussagen der fairen Typen. Zwar verhalten<br />
sich Menschen auf reinen Wettbewerbsmärkten fast<br />
immer eigensüchtig. Doch besteht Ökonomie nur zu einem<br />
Bruchteil aus Märkten, vielmehr meist aus komplexen<br />
Beziehungen in kleinen Gruppen – etwa in Unternehmen.<br />
Hier zeigen die meisten Leute ihr zweites, faires Gesicht.<br />
Angesichts dessen steckt im bunten Mix von Kooperativen<br />
<strong>und</strong> Egozentrikern die wahre Herausforderung.<br />
"Das Verhalten der Fairen", schwärmt Fehr, "wirkt sich<br />
drastisch auf die Ergebnisse unserer Theorie aus". Und<br />
langfristig auch auf das tägliche Leben. Denn das Modell<br />
des Homo oeconomicus beeinflusst öffentliches Bewusstsein<br />
<strong>und</strong> politische Entscheidungen bei Themen wie Produktivität<br />
am Arbeitsplatz oder Steuern.<br />
Klaus Wilhelm arbeitet<br />
als freiberuflicher<br />
Journalist in Berlin<br />
Kommentar der Redaktion<br />
Auf die Rahmenbedingen kommt es an<br />
Was Silvio Gesell schon vor 90 Jahren<br />
erkannte, wird heute mit einem einfachen<br />
wissenschaftlichen Experiment<br />
bestätigt: Das Menschenbild der klassischen<br />
Wirtschaftstheorie ist einseitig<br />
<strong>und</strong> damit falsch. Der Mensch ist<br />
nicht einfach von Natur aus egoistisch<br />
<strong>und</strong> antisozial, er trägt auch die Möglichkeit<br />
verantwortungsvollen <strong>und</strong> gemeinschaftlichen<br />
Handelns (Bei Gesell:<br />
"Gemeinsinn <strong>und</strong> Opferfreudigkeit")<br />
in sich.<br />
Der Kapitalismus fördert jedoch vor<br />
allem den asozialen, egoistischen Teil<br />
der menschlichen Natur - es gilt als<br />
erstrebenswert, überschüssiges Geld<br />
nicht für wohltätige oder gemeinnützige<br />
Zwecke zu verwenden, sondern<br />
es anzuhäufen <strong>und</strong> möglichst viel Zinsen<br />
zu kassieren, für die andere Menschen<br />
hart arbeiten müssen. Im Experiment<br />
entspricht das dem Verhalten<br />
der Egoisten, nichts in den Gemeinschaftstopf<br />
zu geben, sondern umge-<br />
kehrt auch noch von dessen Erträgen<br />
zu profitieren.<br />
Im Kapitalismus gibt es keinerlei<br />
Sanktionsmöglichkeiten gegen ein<br />
solches Verhalten. Auf diese Weise<br />
werden die Egoisten laufend belohnt<br />
<strong>und</strong> ruinieren die Gemeinschaft durch<br />
die ausufernde Verschuldung in allen<br />
Bereichen. Gesell erkannte, dass es einer<br />
Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingen<br />
bedarf, um die positive<br />
Seite des Menschen zur Geltung zu<br />
bringen. Mit einer Geld- <strong>und</strong> Bodenreform<br />
können die Fairen "den Trittbrettfahrern<br />
für ihr egoistisches Verhalten<br />
eine Art Strafzoll abverlangen":<br />
Wer Geld hortet <strong>und</strong> es dem<br />
Wirtschaftskreislauf entzieht, um damit<br />
höhere Zinsen zu erzwingen, wird<br />
mit einer Geldumlaufsicherungsgebühr<br />
bestraft. Damit "erzwingen die<br />
Fairen unter den Bedingungen des<br />
neuen Spiels beste Kooperation <strong>und</strong><br />
Gewinne für alle."<br />
21
22<br />
Buchbesprechungen<br />
Jürgen Bozsoki<br />
Das begrüssenswerte Anliegen<br />
des Buches ist, der Sozialdemokratie<br />
Europas eine zielwirksamere<br />
Orientierung zu vermitteln.<br />
In der Tat ist dem Autor, selbst<br />
Sozialdemokrat, zuzustimmen,<br />
wenn er eine f<strong>und</strong>amentale<br />
Orientierungslosigkeit feststellt.<br />
Weder die alte Linke r<strong>und</strong> um Lafontaine,<br />
noch die neue Rechte<br />
um Schröder-Blair mit ihrem neoliberalen<br />
"Anpassungskonzept"<br />
(gemeint ist das Schröder-Blair-<br />
Papier) haben eine Chance, die<br />
nach wie vor gültigen <strong>und</strong> höchst<br />
aktuellen Ziele der Sozialdemokraten<br />
zu erreichen.<br />
Gerade weil die neoliberale Totalderegulierung<br />
keineswegs den<br />
versprochenen Wohlstand für<br />
alle brachte, sondern Reichtum<br />
für wenige, Sozialabbau, working<br />
poor, usw., haben die Menschen<br />
in grossen Teilen Europas den Sozialdemokraten<br />
die Regierungsverantwortung<br />
anvertraut. Aber<br />
sie sind drauf <strong>und</strong> dran, dieses<br />
Vertrauen zu verspielen, weil sie<br />
die "blinden Flecken" nicht aufhellen<br />
<strong>und</strong> deshalb die Kernprobleme<br />
nicht lösen können. Als<br />
"blinde Flecken" bezeichnet der<br />
Autor gr<strong>und</strong>sätzliche Bereiche<br />
oder Probleme, die schlicht ignoriert,<br />
weder hinterfragt noch<br />
analysiert werden.<br />
Dann werden kurz Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />
diskutiert, z.B. "Arbeit <strong>und</strong><br />
Eigentum", wobei der Autor auf<br />
John Locke (1632 – 1704) zu-<br />
rückgreift, der die Legimitation<br />
von Privateigentum allein auf Arbeit<br />
zurückführt. Privilegien<br />
durch Erbschaft <strong>und</strong> andere arbeitsfreie<br />
Einkommen, z.B. durch<br />
Kapital- <strong>und</strong> Landbesitz, sind illegitim.<br />
In groben Zügen wird dann dargestellt,<br />
wie die heutige Situation<br />
entstanden ist. Bei Gr<strong>und</strong>satzfragen<br />
stösst man automatisch<br />
auf die Geld- <strong>und</strong> Währungsfrage.<br />
Und genau hier sind<br />
die "blinden Flecken" angesiedelt,<br />
denn die Sozialdemokraten<br />
haben es konsequent vermieden,<br />
über die monetären Ursachen<br />
zahlreicher <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentaler<br />
Probleme nach zu denken.<br />
So kam es, dass sie Milton Friedman,<br />
der nach dem Zusammenbruch<br />
des Weltwährungssystems<br />
von Bretton Wood seine berühmt<br />
bzw. berüchtigt gewordene<br />
"Supply Side Economics" in die<br />
Welt setzte (als Reagonomics<br />
<strong>und</strong> Thatcherism erstmals umgesetzt),<br />
nichts entgegen stellen<br />
konnten. Danach ist jeder Staatseingriff<br />
in die Wirtschaft verpönt,<br />
Staatsausgaben <strong>und</strong> Steuern<br />
runter, der total <strong>und</strong> weltweit befreite<br />
Markt <strong>und</strong> die umfassend<br />
privatisierte Wirtschaft schaffen<br />
mit großer Effizienz Wohlstand<br />
für alle. Gesteuert wird lediglich<br />
die für die Stabilität des Geldwertes<br />
benötigte Geldmenge<br />
aufgr<strong>und</strong> von Wachstumsprognosen.<br />
Das Resultat ist der heutige neoliberale<br />
<strong>und</strong> alles überrollende<br />
Casino-Kapitalismus mit den bekannten<br />
Folgen: Hochgebirge<br />
von Schulden der Staaten <strong>und</strong><br />
noch grössere der Wirtschaft in<br />
noch nie da gewesenen Grössenordnungen.<br />
Entsprechend leidet<br />
die ganze Welt an Zinszahlungen,<br />
vor allem auch die Entwik-<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
klungsländer. Dieser geradezu<br />
explodierende (exponentiell steigende)<br />
Kapitaldienst fliesst als<br />
arbeitsfreies Einkommen an relativ<br />
wenige Kapitalgeber, die Reichen<br />
werden beschleunigt reicher<br />
<strong>und</strong> die Armen werden zahlreicher<br />
<strong>und</strong> ärmer, auch der<br />
Mittelstand ist gefährdet. Durch<br />
wilde Fusionen, Missmanagement,<br />
platzende Börsenblasen,<br />
usw. ist die Wirtschaft dramatisch<br />
instabiler geworden.<br />
Und warum schreit alles eigentlich<br />
immer wieder nach<br />
Wachstum? Nun, der wachsende<br />
Abfluss erarbeiteter Mittel an die<br />
Geldgeber geht an den Löhnen<br />
ab, also muss eine Firma wachsen<br />
<strong>und</strong> produktiver werden, um<br />
ein halbwegs akzeptiertes Lohnniveau<br />
zu halten. Somit: Für die<br />
gesättigten Industriegesellschaften<br />
erzeugt vor allem das Kapital<br />
mit all’ seinen Renditeforderungen<br />
den unsäglichen Wachstumsdruck,<br />
zum Schaden der<br />
Umwelt <strong>und</strong> der Gesellschaft,<br />
nur zum Nutzen der Geldgeber.<br />
Und die Ursachen dafür liegen,<br />
wie der Autor richtig analysiert,<br />
bei unserm heutigen nicht ganz<br />
richtig konstruierten Geld. Seine<br />
Hortbarkeit erlaubt es dem Geldbesitzer<br />
jene, die Geld brauchen,<br />
hinzuhalten, bis sie einem "anständigen"<br />
Zins zustimmen.<br />
So fährt der Autor fort in der<br />
Analyse unseres Geldwesens <strong>und</strong><br />
folgt dabei den Gedanken von<br />
Gesell, Creutz, Senf u.a. Seine<br />
konkreten Reformvorschläge:<br />
Die Geldreform: Geld soll den<br />
Waren gleichgestellt werden,<br />
welche faulen, rosten, veralten<br />
<strong>und</strong> Lagerkosten verursachen.<br />
Deshalb soll auf den liquiden<br />
Zahlungsmitteln (Bar- <strong>und</strong> Giralgeld)<br />
eine Nutzungsgebühr erhoben<br />
werden, längerfristige Anla-<br />
gen sind frei von diesen Steuern.<br />
Das bewirkt, dass die Geldmarktzinsen<br />
gegen Null tendieren. Es<br />
wird praktisch kein Geld mehr<br />
gehortet, was eine raschere <strong>und</strong><br />
präzisere Steuerung der Geldmenge<br />
durch die Notenbank<br />
stark erleichtert.<br />
Dann will der Autor den Notenbanken<br />
verbieten, gewöhnliche<br />
Bankgeschäfte zu tätigen. Dagegen<br />
ist nichts einzuwenden,<br />
wenn sie das denn auch wirklich<br />
getan haben.<br />
Den Geschäftsbanken ist zu verbieten,<br />
"Giralgeld zu schöpfen".<br />
Auch gut, nur: das Problem ist<br />
"eher gering" (siehe Buch von H.<br />
Creutz).<br />
Eine Bodenreform ist notwendig,<br />
um einerseits die Bodenrente<br />
(Einkommen aus Landbesitz) <strong>gerechte</strong>r<br />
zu verteilen <strong>und</strong> andererseits,<br />
dem Kapital die Fluchtmöglichkeit<br />
in das rentable Bodengeschäft<br />
zu verbauen.<br />
Weitere Forderungen werden nur<br />
grob umrissen:<br />
Ein neues Bretton Wood Weltwährungssystem<br />
mit Kapitalverkehrskontrollen<br />
<strong>und</strong> festen<br />
Wechselkursen (nur von Zeit zu<br />
Zeit anpassbar) / Regulierungen<br />
des globalen Handels / Ein etwas<br />
unklares internationales Ausgleichsverfahren<br />
/ Eine progressive<br />
Steuerreform / Ein Marshallplan<br />
für unterentwickelte Länder<br />
/ Dass man schliesslich auch die<br />
Banken vergesellschaften soll,<br />
scheint uns ganz <strong>und</strong> gar nicht<br />
zwingend.<br />
Das Buch ist Pflichtlektüre jedes<br />
Sozialdemokraten, auf dass die<br />
"blinden Flecken" verschwinden<br />
<strong>und</strong> ein neuer Aufbruch in eine<br />
<strong>gerechte</strong>re Gesellschaft losbricht.<br />
Walter Meier-Solfrian
Termine Schweiz<br />
TALENT-Treff Zürich<br />
Jeden 2. Tag im Monat, 19.00-22.00 Uhr<br />
im Kraftwerk, Haus B, 4. Stock<br />
Hardturmstr. 160,<br />
Haltestelle Bernoullihäuser (Tram 4)<br />
Nächste Treffen:<br />
Die. 2. April,<br />
"Sonnenenergie" mit Rainer Eberhard.<br />
Do.2. Mai,<br />
"Kunst mit TALENT" mit Hans-Hendrik Barth<br />
So, 2. Juni,<br />
TALENT-Brunch um 11 Uhr<br />
TALENT-Treff Basel<br />
Jeden letzten Dienstag im Monat 18.30 Uhr<br />
im Baizli, Bärenfelserstr. 36, 4000 Basel<br />
INWO Regionalgruppe Bern<br />
Treffen von Mitgliedern <strong>und</strong> Interessierten<br />
Rest.-Café Vatter<br />
Bärenplatz 2 (ca. 3 Min. vom Bhf.)<br />
Nächste Treffen:<br />
Mi. 20. März 2002, 14.00-16.00 Uhr.<br />
Mi. 17. April 2002, 14.00-16.00 Uhr,<br />
Mi. 15. Mai 2002, 14.00-16.00 Uhr.<br />
Mi. 19. Juni 2002 Uhr.<br />
Apéro aktuell<br />
Karl-der-Grosse-Zentrum für alle, Kirchgasse<br />
14, 8001 Zürich, Erkerzimmer, 1. Stock,<br />
Jeden 1. Freitag im Monat, 14.30-16.00<br />
Uhr.<br />
Generalversammlung INWO-<br />
SCHWEIZ 2002 in Schaffhausen<br />
Termin 27/28. April<br />
Die Mitglieder INWO-CH haben eine<br />
persönliche Einladung erhalten.<br />
Interessierte, insbesondere auch ausländische<br />
Gäste, sind herzlich willkommen.<br />
Auskunft Patrick Jenny,<br />
Tel. 01 853 06 81,<br />
e-mail: patjenny@bluewin.ch<br />
Termine<br />
Deutschland<br />
16. März<br />
Vortrag von Helmut Creutz auf der Frühjahrstagung<br />
der GGB Lahnstein zum Thema:<br />
"Monetäre Hintergründe von Rüstung<br />
<strong>und</strong> Krieg". Veranstalter: Gesellschaft für<br />
Ges<strong>und</strong>heitsberatung e.V. Auskunft: GGB,<br />
Tel: 02621 / 917011<br />
22.-24. März<br />
31. Mündener Gespräche der Sozialwissenschaftlichen<br />
Gesellschaft zum Thema: "Sind<br />
Ideologien am Ende? (siehe Veranstaltungsprogramm<br />
S. 15)<br />
26. März<br />
Vortrag von Helmut Creutz auf der Rothenfelser<br />
Ostertagung zum Thema: "Geld -<br />
Wirtschaft – Gesellschaft" .Veranstalter:<br />
Heimvolkshochschule Burg Rothenfels.<br />
Auskunft: dto. Tel: 09393 / 99994<br />
9.-12. Mai<br />
8. CGW / INWO-Tagung zum Thema "Kultur<br />
<strong>und</strong> Geld". Ausführliches Veranstaltungsprogramm<br />
in der nächsten Ausgabe.<br />
Sa. 16. März<br />
Vortrag von Helmut Creutz auf der Frühjahrstagung<br />
der GGB, Lahnstein<br />
Thema: Monetäre Hintergründe von<br />
Rüstung <strong>und</strong> Krieg<br />
Veranstalter: Gesellschaft für Ges<strong>und</strong>heitsberatung<br />
e.V.<br />
Auskunft:GGB, Tel: 02621 / 917011<br />
Di. 26. März<br />
Vortrag von Helmut Creutz auf der Rothenfelser<br />
Ostertagung 2002 Rothenfels / Main,<br />
Thema: Geld - Wirtschaft - Gesellschaft<br />
Veranstalter: Heimvolkshochschule Burg<br />
Rothenfels<br />
Auskunft:dto. Tel: 09393 / 99994<br />
So. 28. April<br />
Vortrag von Helmut Creutz bei der Jahrestagung<br />
der INWO-Schweiz, Schaffhausen<br />
Thema: Aktuelle Problementwicklungen<br />
in Deutschland<br />
Veranstalter: INWO-Schweiz<br />
Auskunft:Marco Lustenberger,<br />
Tel: 0041 / 55414 / 2048<br />
evolution • Nr.6 März 2002<br />
Agenda<br />
Termine <strong>und</strong> Veranstaltungen<br />
Vorstellung des<br />
Geld- <strong>und</strong> Wirtschaftssimulationsspiels<br />
"DKKT"<br />
von Gerhard Margreiter<br />
im Rahmen der Reihe "Talentemarktplatz".<br />
Freitag 22.März 2002, 17.00 Uhr<br />
Wasserschloss Pottenbrunn bei<br />
St. Pölten<br />
Dr. Gerhard Margreiter ist Mathematiker,<br />
Statistiker, Systemanalytiker <strong>und</strong> war 20<br />
Jahre bei der UNIDO tätig. Diese Forschergruppe<br />
beschäftigte sich mit der Entwikklung<br />
eines Prognosemodells analog dem<br />
Club of Rome für Entwicklungen der <strong>Weltwirtschaft</strong>.<br />
Dabei stieß Margreiter auf die Frage,<br />
ob Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren<br />
kann.<br />
Die herrschenden Antworten waren für<br />
ihn nicht wissenschaftlich überzeugend f<strong>und</strong>iert,<br />
sodass er anfing sich mit alternativen<br />
ökonomischen Modellen zu befassen.<br />
Er wurde dann Gründungsmitglied der<br />
INWO ( Institut für natürliche Wirtschaftsordnung)<br />
<strong>und</strong> entwickelte das Geld-<strong>und</strong><br />
Wirtschaftssimulationsspiel "DKKT" ( der<br />
kapitalistische Kredit Trick) welches er an<br />
diesem Abend vorstellen <strong>und</strong> als praktisches<br />
Experiment leiten wird.<br />
Dieses Spiel verdichtet <strong>und</strong> macht dadurch<br />
für Mitspieler <strong>und</strong> Beobachter, ohne<br />
über wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse<br />
verfügen zu müssen, die Mechanismen<br />
unseres derzeit vorherrschenden Wirtschaftssystems<br />
besonders stark erlebbar.<br />
Gleichzeitig kann auch der wissenschaftlich<br />
Interessierte die Dynamik des Wirtschaftssystems<br />
klar beobachten.<br />
Durch eine geringfügige Änderung einer<br />
Spielregel in diesem Spiel kann eine zweite<br />
Variante eines zinsenlosen Wirtschaftens gespielt<br />
werden <strong>und</strong> im Gegensatz zur Zinsvariante<br />
die Freiheit eines Wirtschaftens ohne<br />
Zinsdruck praktisch erlebt werden.<br />
Für die Unkosten von Dr. Margreiter wird<br />
um eine freiwillige Spende in Talenten gebeten!<br />
23
Impressum<br />
r-evolution - Alternativen zum Kapitalismus<br />
2. Jahrgang, Nummer 2/2002<br />
Redaktion<br />
INWO Schweiz<br />
Redaktion r-evolution<br />
Sabine Bruppacher, Dr. Hanspeter Studer<br />
Postfach<br />
CH-5001 Aarau<br />
E-Mail: s.bruppacher@bluewin.ch<br />
INWO Deutschland<br />
Redaktion r-evolution<br />
Beate Bockting (V.i.S.d.P.)<br />
Schanzenweg 86<br />
42111 Wuppertal<br />
E-Mail: bockting@muenster.de<br />
INWO Österreich<br />
Redaktion r-evolution<br />
Gerhard Margreiter<br />
c/o HIFA-Austria<br />
Staudingergasse 11<br />
1200 Wien<br />
E-Mail: gerhard.margreiter@EUnet.at<br />
Abo Österreich: frat-hifa-inwo@netway.at<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge<br />
geben nicht unbedingt die Meinung der<br />
Redaktion wieder.<br />
Redaktionsschluss<br />
ist jeweils der 10. des Vormonats<br />
Für unverlangte Manuskripte etc. wird<br />
keine Haftung übernommen.<br />
Auflage<br />
3.000 Exemplare<br />
Erscheinungsweise<br />
10 Ausgaben pro Jahr<br />
Layout<br />
Umbach Grafik & Mediendesign, Münster<br />
Druck u. Versand<br />
Joh. Burlage, Münster<br />
Bezug<br />
Die r-evolution ist im Jahresabonnement<br />
zu beziehen bei:<br />
INWO Schweiz<br />
INWO Österreich (Euro 25.-)<br />
INWO Deutschland (Euro 25.-)<br />
Die r-evolution ist gleichzeitig Mitgliederzeitschrift<br />
der INWO Schweiz <strong>und</strong><br />
INWO Deutschland.<br />
Herausgeberin<br />
INWO International<br />
Sektion Deutschland<br />
INWO e.V.<br />
Max-Bock-Str. 55<br />
60320 Frankfurt/M.<br />
Bestellcoupon<br />
Ich bestelle bei der INWO Schweiz . . .<br />
❑ ein r-evolution-Jahres-Abo (10 Hefte pro Kalenderjahr) ab der nächsten Ausgabe. Die Abo-Gebühr ist frei <strong>und</strong> kann mit<br />
Landeswährung (sFr) oder Alternativwährungen (Talent/Wir) beglichen werden. Die Gestehungskosten betragen bei der<br />
aktuellen Auflagenhöhe sFr 50.-, was als Richtwert für den "Durchschnittsabonnenten" gilt. Wir sind sehr dankbar für<br />
Aufr<strong>und</strong>ungen, um auch Menschen mit geringem Budget das Lesen dieser Zeitschrift zu ermöglichen. Sie bezahlen was<br />
Ihnen die r-evolution wert ist!<br />
❑ weiteres Informationsmaterial über Ziele <strong>und</strong> Arbeit der INWO, da mich der Verein interessiert.<br />
❑ Ich möchte Mitglied der INWO Schweiz werden. Bitte schicken Sie mir ein Beitrittsformular. Die r-evolution erhalte ich<br />
dann im Rahmen meiner Vereinsmitgliedschaft.<br />
_________________________________________________________________<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann ich innerhalb von 10 Tagen nach Bestelldatum widerrufen. Falls ich r-evolution nach Ablauf des Bezugjahres<br />
nicht mehr lesen möchte, genügt eine schriftliche Benachrichtigung an die INWO Schweiz spätestens 3 Monate<br />
vor Ablauf meines Abonnements.<br />
Bestellcoupon<br />
Ich bestelle bei der INWO Österreich . . .<br />
❑ ein r-evolution-Jahres-Abo (10 Hefte pro Kalenderjahr) ab der nächsten Ausgabe zum Preis von Euro 25.- frei Haus. Bei<br />
Abo-Bestellungen, die nicht zu Beginn des Jahres erfolgen, zahle ich ab dem Bestelldatum Euro 2,50 pro Ausgabe bis<br />
Ende des Kalenderjahres.<br />
❑ weiteres Informationsmaterial über Ziele <strong>und</strong> Arbeit der INWO, da mich der Verein interessiert.<br />
❑ Ich möchte Mitglied der INWO Österreich werden. Bitte schicken Sie mir ein Beitrittsformular.<br />
_________________________________________________________________<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann ich innerhalb von 10 Tagen nach Bestelldatum widerrufen. Falls ich r-evolution nach Ablauf des Bezugjahres<br />
nicht mehr lesen möchte, genügt eine schriftliche Benachrichtigung an die INWO Österreich spätestens 3 Monate<br />
vor Ablauf meines Abonnements.<br />
Bestellcoupon<br />
Ich bestelle bei der INWO Deutschland . . .<br />
❑ ein r-evolution-Jahres-Abo (10 Hefte pro Kalenderjahr) ab der nächsten Ausgabe zum Preis von Euro 25.- frei Haus. Bei<br />
Abo-Bestellungen, die nicht zu Beginn des Jahres erfolgen, zahle ich ab dem Bestelldatum Euro 2,50 pro Ausgabe bis<br />
Ende des Kalenderjahres.<br />
❑ weiteres Informationsmaterial über Ziele <strong>und</strong> Arbeit der INWO, da mich der Verein interessiert.<br />
❑ Ich möchte Mitglied der INWO Deutschland werden. Bitte schicken Sie mir ein Beitrittsformular. Die r-evolution erhalte<br />
ich dann im Rahmen meiner Vereinsmitgliedschaft.<br />
_____________________________________________________<br />
Datum, Unterschrift Bitte unbedingt hier unterschreiben<br />
Weil es für alle einfacher ist <strong>und</strong> Bankgebühren spart, erteile ich der INWO hiermit eine Einzugsermächtigung, die ich<br />
jederzeit widerrufen kann.<br />
______________________________________________________ _______________________________<br />
Bank Kto.nr.<br />
______________________________________________________ _______________________________<br />
Datum, Unterschrift Bitte unbedingt hier unterschreiben BLZ<br />
Diese Bestellung kann ich innerhalb von 10 Tagen nach Bestelldatum widerrufen. Falls ich r-evolution nach Ablauf des Bezugjahres<br />
nicht mehr lesen möchte, genügt eine schriftliche Benachrichtigung an die INWO Deutschland spätestens 3 Monate<br />
vor Ablauf meines Abonnements.
_______________________________________<br />
Name, Vorname<br />
_______________________________________<br />
Straße, Hausnummer<br />
_______________________________________<br />
Postleitzahl, Wohnort<br />
__________________ ___________________<br />
Telefon E-Mail<br />
_______________________________________<br />
Name, Vorname<br />
_______________________________________<br />
Straße, Hausnummer<br />
_______________________________________<br />
Postleitzahl, Wohnort<br />
__________________ ___________________<br />
Telefon E-Mail<br />
_______________________________________<br />
Name, Vorname<br />
_______________________________________<br />
Straße, Hausnummer<br />
_______________________________________<br />
Postleitzahl, Wohnort<br />
__________________ ___________________<br />
Telefon E-Mail<br />
INWO Schweiz<br />
r-evolution<br />
Postfach<br />
5001 Aarau<br />
INWO Österreich<br />
r-evolution<br />
Staudingergasse 11<br />
1200 Wien<br />
INWO Deutschland<br />
Versand<br />
Sambach 180<br />
96178 Pommersfelden
zu guter Letzt<br />
zu guter Letzt<br />
"Am Gelde hängt's, zum Gelde drängt´s"<br />
Mein Portmonee ist leer, wo ist das Geld geblieben?<br />
Es gibt heut hierzulande auch nichts mehr umsonst!<br />
Wenn wir nun eine Rechnung nach der ander'n kriegen,<br />
wie soll'n wir die bezahlen, Frau, mir wird ganz Angst!<br />
Am Gelde hängt's, zum Gelde drängt's,<br />
das hat einst Goethe schon erkannt!<br />
Es ist allgegenwärtig, verwandelt sich in alles<br />
<strong>und</strong> scheint allmächtig bald zu sein!<br />
Du fragst, wie kommt´s?<br />
Man sagt es liegt daran:<br />
Die großen Scheine zieh'n die kleinen magisch an!<br />
Die Steuern rauf, die Steuern runter<br />
<strong>und</strong> dann noch mal von vorn´,<br />
was soll der ganze Quark, <strong>und</strong> wer hat was davon?<br />
Wer Geld bewegt, auch was verdient,<br />
so einfach läuft das Geschäft,<br />
der Rubel rollt, doch meistens leider nicht zu Dir!<br />
Der Euro kam, die D-Mark ging,<br />
vielleicht bedauert man's zu spät!<br />
Er wird allgegenwärtig verwandeln sich in alles<br />
<strong>und</strong> scheint allmächtig auch zu sein!<br />
Du fragst, wie kommt' s? Scheinbar liegt es daran:<br />
Auch große Euros zieh' n die kleinen magisch an!<br />
Familien soll'n mehr Kindergeld<br />
nun doch bekommen,<br />
das ist tatsächlich mal 'ne sehr gute Idee.<br />
Fahrpreise steigen leider,<br />
wieder wird' s genommen,<br />
dann fahr'n wir einfach mehr mit unser'm Pkw!<br />
Geld fasziniert, <strong>und</strong> es regiert<br />
meist die Politiker sehr wohl!!<br />
Es ist allgegenwärtig, verwandelt sich in alles<br />
<strong>und</strong> scheint allmächtig bald zu sein!<br />
Du fragst, wie kommt's? Es liegt bestimmt daran:<br />
Daß das mit rechten Dingen so nicht zugeh'n kann!<br />
Geld war als Tauschmittel<br />
von seinen Erfindern gedacht,<br />
als solches ist es eigentlich auch nicht verkehrt.<br />
Schnell wurd's zum Machtmittel,<br />
denn da steckt nämlich Macht wirklich drin,<br />
dass Heinrich BöII zurecht<br />
von den Gewalten sprach,<br />
die auf der Bank unsichtbar sind,<br />
so herrscht das Geld ganz frank <strong>und</strong> frei!<br />
PVST, Deutsche Post AG, Entgelt bezahlt, D 56949<br />
Es ist allgegenwärtig, verwandelt sich in alles<br />
<strong>und</strong> will allmächtig zu gern sein!<br />
Du fragst. wie kommt's?<br />
Das ist schon lange so:<br />
Das Geld regiert die Welt doch macht es oft nicht froh!<br />
Wenn der Gesellschaftsordnung Sinn <strong>und</strong> Ziel<br />
die Menschen nicht sind,<br />
statt ihrer mehr die Zinsen <strong>und</strong> der Zinseszins,<br />
ist, wie Karl Barth es schrieb,<br />
schon der Automatismus im Gang,<br />
der Menschen immer wieder auch zum Töten bringt!<br />
Am Zinsrecht hängt´s. nach Zinsen drängt´s,<br />
was ist denn Schlimmes schon dabei?<br />
Sie sind allgegenwärtig, verwandeln sich in alles<br />
<strong>und</strong> woll'n allmächtig schließlich sein!<br />
Du fragst, wie kommt´s? Das ist der Geldkreislauf:<br />
Die großen Scheine fressen kleine einfach äuf!<br />
Mit Geld recht umgeh´n kann nicht jeder,<br />
so was ist ja auch schwer,<br />
das wissen schon die Kinder, wenn es ihnen fehlt.<br />
Geld macht nicht glücklich, doch beruhigt es sehr,<br />
dass viele dafür alles <strong>und</strong> gern´ noch mehr tun!<br />
Geld stinkt auch nicht, was dazu führt,<br />
dass man es gern´auf Haufen legt<br />
<strong>und</strong> nicht verteilt gerecht <strong>und</strong> fair,<br />
obwohl man sich drüber empört.<br />
Dann tanzt man drum herum<br />
wie um ein gold´nes Kalb,<br />
manch´ einer will es auch schon anbeten!<br />
Text einesLiedes der CD "Maß uns'rer Zeit"<br />
von Gerhard Däblitz, 2001; CD-Rezension folgt.<br />
Gerhard Däblitz