Badische Binnendünen - Naturschutz
Badische Binnendünen - Naturschutz
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REGIERUNGSPRÄSIDIUM KARLSRUHE<br />
Karlsruhe 05.06.2007<br />
Referat 56<br />
Name Sabine Brinkmann<br />
Durchwahl 0721 926 4356<br />
Aktenzeichen 56b1-8831.21<br />
<strong>Badische</strong> <strong>Binnendünen</strong>: Vernetzung, Aufwertung & Vergrößerung von Sand-<br />
Lebensräumen<br />
Die Bewilligung des Projekts erfolgte im Oktober letzten Jahres, vorzeitiger Beginn und<br />
offizieller Startschuss waren bereits im Frühjahr 2006. Die Mittel für das <strong>Binnendünen</strong>-<br />
Projekt in Höhe von 564.000 Euro stammen ausschließlich aus Ausgleichsabgaben durch<br />
den Planfeststellungsbeschluss der Bundesstrasse 535. Sie wird verlaufen zwischen der<br />
A6 und A5, beginnend nördlich von Schwetzingen und endend südlich von Eppelheim.<br />
Die <strong>Badische</strong>n <strong>Binnendünen</strong> und Flugsandfelder erstrecken sich über den Rhein-Neckar-<br />
Kreis südlich von Wiesloch bis weit nördlich in den Stadtkreis Mannheim hinein. In diesem<br />
Bereich wurde auch das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Sandgebiete zwischen Mannheim<br />
und Sandhausen“ abgegrenzt.<br />
Bisherige Pflegemaßnahmen haben sich auf die <strong>Naturschutz</strong>gebiete (NSG) bei Sandhausen,<br />
Oftersheim und Schwetzingen beschränkt.<br />
Entstehung der Dünen und Flugsandfelder<br />
Ende der letzten Eiszeit, der Würm-Eiszeit, führte der Rhein große Mengen an Gestein<br />
aus den Alpen mit sich. An seinen Ufern lagerten sich große Sandbänke ab. Durch den<br />
stetig wehenden Wind, der ungehindert über die tundren-artigen Vegetation hinwegfegte,<br />
lagerten sich schwerere Bestandteile des Sandes zu Flugsandfeldern oder Dünen in meist<br />
6 bis 8 km Entfernung ab. Die leichteren Bestandteile bildeten die mehr als doppelt so weit<br />
entfernten Lößdecken wie beispielsweise im Kraichgau.<br />
<strong>Binnendünen</strong> und Flugsandfelder heute<br />
Die <strong>Binnendünen</strong> sind heute überwiegend bewaldet, deshalb fallen sie im Vorbeifahren<br />
kaum auf. Auf offenen Bereichen, auch unter lichten Kiefernbeständen wachsen Sandrasengesellschaften<br />
wie Blauschillergras- (auf kalkreichen Standorten) oder Silbergrasrasen<br />
(auf kalkarmen Standorten) oder trockene Sandheiden mit Heidekraut und Ginster.
- 2 -<br />
Besonderheiten des Standorts Düne / Flugsandfeld<br />
Der Sonderstandort Düne oder Flugsandfeld ist gekennzeichnet durch Nährstoffarmut,<br />
Trockenheit (Wasser versickert schnell, hohe Verdunstung) und tägliche Temperaturschwankungen<br />
bis zu 50°C.<br />
Die Pflanzen haben sich dahingehend angepasst durch<br />
- filzige Behaarung der Blätter und Stengel,<br />
- verhärtete/ledrige Blätter<br />
- verdickte Blätter als Wasserspeicher<br />
- tiefreichendes Wurzelwerk<br />
Beispiele hierzu sind die Grasnelke (Armeria maritima), die leider in den <strong>Badische</strong>n <strong>Binnendünen</strong><br />
bereits ausgestorben ist, Sand-Thymian (Thymus serpyllum), Sand Strohblume<br />
(Helichrysum arenarium), Blauschillergras (Koeleria glauca), Sand Silberscharte (Jurinea<br />
cyanoides), prioritäre FFH-Art mit einzigem Vorkommen in den Sandgebieten in BW, Reiherschnabel<br />
(Erodium cicutarium), Gmelinsches Steinkraut (Alyssum montanum ssp. gmelinii),<br />
Karthäuser Nelke (Dianthus carthusianorum), Scharfer Mauerpfeffer (Sedum acre).<br />
Auch was die Tierwelt betrifft, finden wir hier eine große Anzahl seltener Spezialisten, von<br />
denen leider inzwischen einige verschollen sind, wie der Wiedehopf (Upupa epops), der<br />
Flussregenpfeiffer (Charadrius dubius) und der Steinschmätzer (Oenanthe oenanthe).<br />
Auch der Bestand der Heidelerche (Lullula arborea) ist in den <strong>Binnendünen</strong> schon merklich<br />
zurückgegangen.<br />
Eine Hochspezialisierte und hochinteressante Insektenwelt hat sich auf den Sandrasen<br />
etabliert: die perfekt getarnte Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens), der<br />
Wolfsmilchschwärmer (Hyles euphorbiae), dessen auffällige Raupe sich ausschließlich<br />
von Wolfsmilchgewächsen ernährt, vorzugsweise von der Zypressen-Wolfsmilch, der Dünen-Sandlaufkäfer<br />
(Cicindela hybrida), der durch seine langen Beine den nötigen Abstand<br />
zum heißen Sand halten kann, die Keiselvespe (Bembix rostrata), die ihr Nest im Sand<br />
anlegt und die Harlekinspinne (Eresus cinnaberinus), die ihre Wohnröhren in den Sand<br />
gräbt.<br />
Gefährdungsfaktoren der Sandrasen- und lichten Kiefernwäldergesellschafen<br />
Die größten Gefährdungsfaktoren für die Sandrasen- und lichten Kiefernwaldgesellschaften<br />
sind Nutzungsaufgabe und die damit einhergehende Verbuschung, aber auch Aufforstungen.<br />
Die offenen Sandflächen sind inzwischen so weit geschrumpft und verinselt, dass<br />
ein Austausch der Tierpopulationen so gut wie nicht mehr stattfinden kann oder die Popu-
- 3 -<br />
lationen an sich nicht mehr stabil sind. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist der Hirschacker<br />
und Dossenwald.<br />
Infolgedessen haben wir uns für das Projekt folgende Ziele gesteckt:<br />
- Sandrasen vernetzen<br />
- Kalksandkiefernwälder auflichten<br />
- historische Bewirtschaftungsformen (Beweidung, Streunutzung) auf begrenzter Fläche<br />
wieder einführen<br />
- Besucher informieren<br />
- Besucher sinnvoll lenken<br />
Projekte und Maßnahmen im ersten Jahr<br />
• 20.02.2006: Projekteröffnung mit Minister Hauk<br />
• Erstpflege im <strong>Naturschutz</strong>gebiet „Sandhausener Düne, Pferdstrieb“: auf ca. 1,4 ha<br />
Fläche wurden Robinien gerodet, danach der Boden gefräst und ca. 10 cm Oberboden<br />
abgetragen. Im Herbst wurde die Fläche mit den Stockausschlägen der Robinien von<br />
Ziegen Beweidet.<br />
• Start der Beweidung<br />
Geplant ist ein Weideverbund innerhalb des Projektgebietes von knapp 20 km. Kernflächen<br />
innerhalb dieses Verbundes sind die NSG „Hirschacker und Dossenwald“, „Oftersheimer<br />
Dünen“, „Sandhausener Dünen, Pflege Schönau - Galgenbuckel“, „Sandhausener<br />
Dünen, Pferdstrieb“ und „Zugmantel-Bandholz“.<br />
2006 wurde in den Gebieten, Friedenshöhe und Feldherrenhügel (NSG „Oftersheimer<br />
Dünen“) sowie im Hirschacker beweidet. Im NSG „Sandhausener Dünen, Pferdstrieb“<br />
wurde die im Frühjahr gerodete Fläche im Herbst mit Ziegen beweidet. Die Robinienschösslinge<br />
wurden dadurch bereits effektiv geschwächt. Auf den „Oftersheimer Dünen“<br />
galt es größere Bestände von Landreitgras und Goldrute durch die Beweidung<br />
zurückzudrängen. Ziel im Hirschacker war die Zurückdrängung von Pappelschösslingen<br />
und verschiedener Neophyten sowie die Verjüngung der Heidekrautbestände.<br />
Leider musste dort nach drei Weidetagen aufgrund von Vandalismus die Beweidung<br />
abgebrochen werden.<br />
Bei der Auswahl der Weideflächen und Organisation der Beweidung hat sich gezeigt,<br />
dass insbesondere in den <strong>Badische</strong>n <strong>Binnendünen</strong> ein kontrolliertes, gut durchdachtes<br />
Weidemanagement erforderlich ist. Durch die kleinflächigen Sandrasenbestände muss<br />
die Beweidung zeitlich und räumlich präzise geplant und eingehalten werden. Der
- 4 -<br />
Vandalismus-Problematik wird mit gezielter Öffentlichkeitsarbeit und 24 h-Bewachung<br />
(nur im Gebiet Hirschacker) entgegnet.<br />
• Erfolgskontrollen<br />
Die Kartierung ausgewählter Zielarten von Heuschrecken sowie pflanzensoziologische<br />
Erhebungen liefen 2006 bereits an. Es werden sowohl Dauerbeobachtungsflächen als<br />
auch Transekte kartiert um die verknüpfende Wirkung der Beweidung zu überprüfen.<br />
Bei den Heuschrecken wurden Zielarten, wie Grüne Strandschrecke, Blauflügelige<br />
Sandschrecke oder Blauflügelige Ödlanschrecke ausgewählt, wobei letztere auf nahezu<br />
allen Probeflächen nachgewiesen werden konnte<br />
• Grunderwerb<br />
Nach langen, zähen Verhandlungen konnte ein 1,6 ha großes Privatgrundstück am<br />
Rheinauer See erworben werden. Das Grundstück liegt innerhalb des FFH-Gebiets,<br />
knapp 80 % wurden im Rahmen des Natura 2000-PEPL als prioritärer Lebensraum<br />
„Subkontinentale Blauschillergrasrasen“ kartiert. Zahlreiche Rote-Liste-Arten wie das<br />
Kegel- (Silene conica) und das Ohrlöffel-Leimkraut (Silene otites), die Sand-<br />
Strohblume (Helichrysum arenarium) oder das Blaugrüne Schillergras (Koeleria glauca)<br />
können jetzt durch gezielte Pflegemaßnahmen geschützt werden.<br />
• Abstimmung und ÖA<br />
Bereits im Vorfeld des Projektes fanden zahlreiche Abstimmungstermine in den Gemeinden<br />
und mit aktiven Mitgliedern der <strong>Naturschutz</strong>verbände statt. Exkursionen wurden<br />
angeboten, beispielsweise am „Tag des Waldes“. Bei drei Ökomobil-Terminen<br />
(Sandhausen, Oftersheim, Mannheim) wurde das Projekt vorgestellt und theoretisch<br />
wie spielerisch auf die Besonderheiten der <strong>Binnendünen</strong> und Flugsandfelder aufmerksam<br />
gemacht.<br />
Projektpartner und Beteiligte<br />
Stiftung <strong>Naturschutz</strong>fonds, Stiftungsrat der SNF, Kommunen, Untere <strong>Naturschutz</strong>- und<br />
Forstbehörden, Bundes- und Landesforst, Jagdpächter, Amt Vermögen und Bau, Wasserwirtschaft,<br />
<strong>Naturschutz</strong>verbände (NABU), Pflegemanager, Artenschutzbeauftragte, Vereine,<br />
Schulen, Landschaftspflegefirmen, Schäfer, US-Army (Standortübungsplatz Hirschacker),<br />
Universität Osnabrück.
Finanzplanung<br />
Ausblick<br />
70%<br />
- 5 -<br />
- Flächenhafte Erweiterung der Sandrasen und Kalksandkiefernwälder insbesondere<br />
innerhalb des Beweidungskorridors. Das bedeutet weitere Rodungsmaßnahmen,<br />
die aber auch davon abhängen inwieweit die Forstbehörden zustimmen.<br />
- Fortführung und Ausdehnung der Beweidung auf neugeschaffenen Freiflächen.<br />
- Neodüne Feilheck: Etablierung eines Sandrasens auf einer rekultivierten Mülldeponie,<br />
als Trittsteinbiotop zwischen den Sandhausener und den Oftersheimer Dünen.<br />
- Erfolgskontrollen Vegetation, Vögel und Heuschrecken (Wildbienen): Erfolgskontrollen<br />
ab diesem Jahr auch bezüglich der Vogelwelt (u. a. Entwicklung der Bestände<br />
der Heidelerche). Die Wildbienen im Projektgebiet werden durch ein separates Stiftungsprojekt<br />
von der Universität Osnabrück (Prof. Dr. Anselm Kratochwil) erhoben<br />
(„Förderung von Stechimmen (Hymenoptera Aculeata) in gefährdeten Sandökosystemem<br />
Baden-Württembergs“).<br />
- Vergabe einer Konzeption (parzellenscharfe Abgrenzung der Pflegeflächen unter<br />
Berücksichtigung vorhandener Konzeptionen, Konzept für ein naturschutzfachlich<br />
sinnvolles und wirtschaftlich optimiertes Beweidungsregime, Erarbeitung einer Besucherlenkungskonzeption<br />
für besonders belastete Bereiche des Projektgebietes)<br />
- Fortführung der Öffentlichkeitsarbeit.<br />
10%<br />
10%<br />
10%<br />
Konzeption<br />
Besucherlenkung und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Dokumentation und Erfolgskontrollen<br />
Erstpflege und Grunderwerb