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WOLFGANG SCHILD Rechtsanwalt

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<strong>WOLFGANG</strong> <strong>SCHILD</strong><br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Zulassung: � Adresse � Fon / Fax � Internet � Telefonzeiten Bankverbindung<br />

Amtsgericht Köln,<br />

Landericht Köln,<br />

Oberlandesgericht Köln<br />

A. Text § 104a AufenthG<br />

(1) Einem geduldeten Ausländer soll abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufent-<br />

haltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens acht Jahren oder,<br />

falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Ge-<br />

meinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit<br />

einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und er<br />

1. über ausreichenden Wohnraum verfügt,<br />

2. über hinreichende mündliche Deutschkenntnisse im Sinne der Stufe A2 des Gemein-<br />

samen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt,<br />

3. bei Kindern im schulpflichtigen Alter den tatsächlichen Schulbesuch nachweist,<br />

4. die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände<br />

getäuscht oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich<br />

hinausgezögert oder behindert hat,<br />

5. keine Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen hat und diese<br />

auch nicht unterstützt und<br />

6. nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde,<br />

wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen<br />

wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur<br />

von Ausländer begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben.<br />

Wenn der Ausländer seinen Lebensunterhalt eigenständig durch Erwerbstätigkeit sichert, wird<br />

die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Im Übrigen wird sie nach Satz 1 erteilt;<br />

sie gilt als Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5; die §§ 9 und 26 Abs. 4 finden keine An-<br />

wendung. Von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008 abgesehen<br />

werden. Von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie<br />

wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder aus Al-<br />

tersgründen nicht erfüllen kann.<br />

(2) Dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli<br />

2007 seit mindestens acht Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjäh-<br />

rigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens sechs Jahren, ununter-<br />

brochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im<br />

Hohenstaufenring 63<br />

Eingang Lindenstraße<br />

50674 Köln<br />

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Kto: 09 633 340 00


Bundesgebiet aufgehalten hat, kann eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt<br />

werden, wenn er es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich<br />

auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der<br />

Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Das Gleiche gilt für einen Ausländer, der sich als<br />

unbegleiteter Minderjähriger seit mindestens sechs Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet<br />

oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat<br />

und bei dem gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und<br />

Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann.<br />

(3) Hat ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Familienmitglied Straftaten im Sinne des Ab-<br />

satzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen, führt dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser<br />

Vorschrift für andere Familienmitglieder. Satz 1 gilt nicht für den Ehegatten eines Ausländers,<br />

der Straftaten im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 begangen hat, wenn der Ehegatte die Vor-<br />

aussetzungen des Absatzes 1 im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Här-<br />

te erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Sofern im Ausnahmefall Kinder<br />

von ihren Eltern getrennt werden, muss ihre Betreuung sichergestellt sein.<br />

(4) Die Aufenthaltserlaubnis kann unter der Bedingung erteilt werden, dass der Ausländer an<br />

einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsvereinbarung abgeschlossen wird.<br />

Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit.<br />

(5) Die Aufenthaltserlaubnis wird mit einer Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2009 erteilt. Sie soll<br />

um weitere zwei Jahre als Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt<br />

des Ausländers bis zum 31. Dezember 2009 überwiegend eigenständig durch Erwerbstätigkeit<br />

gesichert war oder wenn der Ausländer mindestens seit dem 1. April 2009 seinen Lebensunter-<br />

halt nicht nur vorübergehend eigenständig sichert. Für die Zukunft müssen in beiden Fällen<br />

Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Lebensunterhalt überwiegend gesichert sein<br />

wird. Im Falle des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit<br />

bis zum 1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer bis dahin nachweist, dass er<br />

die Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 erfüllt. § 81 Abs. 4 AufenthG findet keine Anwendung.<br />

(6) Bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung von Härtefällen von<br />

Absatz 5 abgewichen werden. Dies gilt bei<br />

1. Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen oder in staatlich geförderten Berufsvorbe-<br />

reitungsmaßnahmen,<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

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2. Familien mit Kindern, die nur vorübergehend auf ergänzende Sozialleistungen ange-<br />

wiesen sind,<br />

3. Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen<br />

sind, und denen eine Arbeitsaufnahme nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Sozialge-<br />

setzbuches nicht zumutbar ist,<br />

4. erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen<br />

Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dau-<br />

erhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragszahlungen,<br />

5. Personen, die am 1. Juli 2007 das 65. Lebensjahr vollendet haben, wenn sie in ihrem<br />

Herkunftsland keine Familien haben, dafür aber im Bundesgebiet Angehörige (Kinder<br />

oder Enkel) mit dauerhaftem Aufenthalt bzw. deutscher Staatsangehörigkeit haben und<br />

soweit sichergestellt ist, dass für diesen Personenkreis keine Sozialleistungen in An-<br />

spruch genommen werden.<br />

(7) Die Länder dürfen anordnen, dass aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutsch-<br />

land eine Aufenthaltserlaubnis nach den Absätzen 1 und 2 Staatsangehörigen bestimmter Staa-<br />

ten zu versagen ist. Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit bedarf die Anordnung des Einver-<br />

nehmens mit dem Bundesministerium des Innern.<br />

B. Rechtsgrundlagen<br />

Es sind vier Rechtsgrundlagen zu unterscheiden:<br />

1. Aufenthaltserlaubnis auf Probe (§ 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG)<br />

2. Altfall-Aufenthaltserlaubnis nach (§ 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 104a Abs. 1 S. 2 AufenthG)<br />

3. Altfall-Aufenthaltserlaubnis für volljährige Kinder Geduldeter (§ 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. §<br />

104a Abs. 2 S. 1 AufenthG)<br />

4. Altfall-Aufenthaltserlaubnis für Ausländer, die als unbegleitete Minderjährige eingereist<br />

sind (§ 23 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 104a Abs. 2 S. 2 AufenthG)<br />

Die Rechtsgrundlagen werden wie vorstehend im Ausländerzentralregister ausgeschlüsselt<br />

(Bundesminister des Innern, Hinweise zum Richtlinienumsetzungsgesetz – im Weiteren: BMI -<br />

RdZiff. 327)<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

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C. Voraussetzungen<br />

I. Antragsfrist?<br />

Nach Auffassung des BMI muss der Antrag bis spätestens zum 01.07.2008 gestellt werden. Der<br />

Antragsstichtag ergebe sich aus § 104a Abs. 5 S. 4 AufenthG. Nach dieser Vorschrift müsse<br />

der Antragsteller bis spätestens zum 01.07.2008 nachweisen, dass er die Anforderungen an die<br />

hinreichenden Deutschkenntnisse erfüllt. Stelle ein Ausländer erst danach den Antrag, könne er<br />

den Sprachnachweis nicht mehr rechtzeitig erbringen und erfülle bereits deshalb die gesetzli-<br />

chen Anforderungen nicht (BMI -, RdZiff. 325).<br />

Die Rechtsauffassung des BMI ist falsch.<br />

§ 104a Abs. 5 S. 4 AufenthG steht in Zusammenhang mit § 104a Abs. 1 S. 4 AufenthG. § 104a<br />

Abs. 1 S. 4 AufenthG („Von den Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 kann bis zum 1. Juli 2008<br />

abgesehen werden.“) enthält lediglich eine befristete Absehungsbefugnis der Ausländerbehör-<br />

de: die Ausländerbehörde ist ermächtigt, Aufenthaltserlaubnisse auch dann zu erteilen, wenn<br />

der Ausländer nicht über zureichende Deutschkenntnisse verfügt. Diese Befugnis endet mit<br />

Ablauf des 1.7.2008. Folge: Ab dem 2.7.2008 darf die Ausländerbehörde nicht mehr von zurei-<br />

chenden Deutschkenntnissen absehen. Vielmehr sind ab dann zureichende Deutschkenntnisse<br />

Voraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. § 104a Abs. 5 S. 4 AufenthG („Im<br />

Falle des Absatzes 1 Satz 4 wird die Aufenthaltserlaubnis zunächst mit einer Gültigkeit bis zum<br />

1. Juli 2008 erteilt und nur verlängert, wenn der Ausländer bis dahin nachweist, dass er die<br />

Voraussetzung des Satzes 1 Nr. 2 erfüllt.“) ordnet nun für den Fall des § 104a Abs. 1 S. 4 Auf-<br />

enthG – das ist der Fall, in dem die Ausländerbehörde von ihrer Absehungsbefugnis Gebrauch<br />

macht und die Aufenthaltserlaubnis erteilt, obwohl der Ausländer noch nicht über zureichende<br />

Deutschkenntnisse verfügt - zweierlei an, zum einen, dass in den Fällen des § 104a Abs. 1 S. 4<br />

AufenthG diese Aufenthaltserlaubnis zunächst nur bis zum 1.7.2008 erteilt wird und zum ande-<br />

ren, dass diese Aufenthaltserlaubnis nur verlängert werden darf, wenn der Ausländer bis dahin<br />

nachweist, dass er über zureichende Deutschkenntnisse verfügt. Letztere Regelung ist mit Blick<br />

auf § 8 Abs. 1 AufenthG („Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis finden dieselben Vor-<br />

schriften Anwendung wie auf die Erteilung.“) erforderlich. Gelingt der Nachweis nicht, ist der<br />

Verlängerungsantrag abzulehnen und der Ausländer darauf angewiesen, die Aufenthaltserlaub-<br />

nis erneut zu beantragen. Hierzu muss er dann über Deutschkenntnisse verfügen. § 104a Abs.<br />

5 S. 4 AufenthG steht einem solchen Antrag nicht entgegen.<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

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II. Aufenthalt<br />

1. Aufenthaltsstatus: Duldung<br />

Nach der zutreffenden Auffassung des BMI genügt es, wenn die Voraussetzungen zur Erteilung<br />

einer Duldung vorliegen. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Ausländer im Besitz einer Dul-<br />

dung befindet (BMI, Rz. 326).<br />

2. Voraufenthalt<br />

§ 104a Abs. 1 AufenthG setzt voraus, dass sich der Ausländer<br />

„… ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären<br />

Gründen im Bundesgebiet … aufgehalten hat.“<br />

a) ununterbrochener tatsächlicher Voraufenthalt<br />

Der Norm ist zunächst zu entnehmen, dass der tatsächliche Aufenthalt ununterbrochen gewe-<br />

sen sein muss.<br />

Nach Auffassung des Innenministers NRW sollen Ausreisen unschädlich sein,<br />

• wenn sie aus einem ihrer Natur nach vorübergehenden Grund erfolgen (z.B. Transportbeglei-<br />

tungen oder Auslandsaufenthalte wegen eines Visumantrags)<br />

• und wenn Ausreise und Wiedereinreise von vornherein im Zusammenhang mit demselben<br />

Zweck stehen<br />

• und wenn sie kurzzeitig (= insgesamt bis zu drei Monate) sind<br />

Derartige Unterbrechungen sollen den Inlandsaufenthalt auch dann nicht unterbrechen, wenn<br />

sie unerlaubt oder der Ausländerbehörde zunächst nicht bekannt waren. Unerlaubte Auslands-<br />

aufenthalte oder Wiedereinreisen sollen ggf. im Rahmen der Ausschlussgründe zu prüfen sein<br />

(IM NRW - 1.1.2).<br />

Dem IM-NRW kann gefolgt werden, soweit er vertritt, dass Ausreisen unter bestimmten Voraus-<br />

setzungen den Aufenthalt im Bundesgebiet nicht unterbrechen. Es wird allerdings im Einzelfall<br />

zu prüfen sein, ob längere Auslandsaufenthalte als drei Monate gleichwohl unschädlich sind.<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

Seite 5


) Aufenthaltsstatus während des tatsächlichen Voraufenthaltes<br />

Der Aufenthalt muss nach dem Wortlaut der Norm „ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit<br />

einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erlaubt“ gewesen sein.<br />

Die grammatikalische Auslegung ergibt, dass es nicht ausreicht, wenn der Aufenthalt lediglich in<br />

tatsächlicher Hinsicht ununterbrochen war und in irgendeinem Zeitraum geduldet, gestattet oder<br />

mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erlaubt war. Nach Wortlaut und<br />

grammatikalischem Sinn der Norm werden nur solche Ausländer begünstigt, deren Aufenthalt<br />

durchgehend entweder geduldet und/oder gestattet und/oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus<br />

humanitären Gründen erlaubt war. Hieraus folgt nicht nur, dass Zeiten, in denen der Aufenthalt<br />

zwischenzeitlich etwa aus anderen Gründen erlaubt war, nicht auf die Aufenthaltsdauer anzu-<br />

rechnen sind, sondern, dass solche Zeiten den geduldeten, gestatteten oder mit Aufenthaltser-<br />

laubnis aus humanitären Gründen erlaubten Aufenthalt unterbrechen (so auch IM NRW, a.a.O.,<br />

1.1.2).<br />

c) Aufenthaltsdauer<br />

§ 104a AufenthG unterscheidet<br />

• Fallgruppen mit 8-jährigem Voraufenthalt<br />

• Fallgruppen mit 6-jährigem Voraufenthalt<br />

• Fallgruppen ohne Voraufenthalt<br />

aa) § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG: bis zum 01.07.2007- 8 Jahre ununterbrochener Aufenthalt<br />

Der Tatbestand wird von jedem Ausländer erfüllt, der sich am Stichtag 1.7.2007 acht Jahre lang<br />

ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im<br />

Bundesgebiet aufgehalten hat. Ehegatten bzw. Lebenspartner werden nicht einbezogen, son-<br />

dern müssen die Aufenthalts-Voraussetzungen in eigener Person erfüllen (IM-NRW 1.6.2).<br />

bb) bis zum 01.07.2007 - 6 Jahre ununterbrochener Aufenthalt<br />

i) § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG: Ausländer in häuslicher Gemeinschaft mit mj. ledigem Kind<br />

Wortlaut / grammatikalische Auslegung ergeben nicht, dass der Ausländer zum Stichtag in<br />

häuslicher Gemeinschaft mit mindestens einem minderjährigen ledigen Kind lebt. Es mag etwas<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

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anderes gewünscht oder beabsichtigt sein. Dies geben Wortlaut und grammatikalischer Sinn<br />

der Vorschrift aber nicht her.<br />

Der Begriff der „häuslichen Gemeinschaft“ fordert (im Unterschied zum Begriff „familiäre Le-<br />

bensgemeinschaft“) nicht das Bestehen der Elternschaft oder des Sorgerechts. Es mag etwas<br />

anderes gewünscht sein. Der Begriff gibt dies aber nicht her.<br />

iii) § 104a Abs. 2 S. 2 AufenthG: Ausländer, der sich als unbegleiteter Minderjähriger seit min-<br />

destens sechs Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat.<br />

Es genügt, wenn der Ausländer bis zum 1.7.2007 sechs Jahre (ununterbrochen geduldet, ges-<br />

tattet pp) im Bundesgebiet als unbegleiteter Minderjähriger gelebt hat. Eintritt der Volljährigkeit<br />

vor oder nach dem Stichtag ist unschädlich (so auch BMI, a.a.O., Rz. 341; IM NRW, a.a.O.,<br />

2.2).<br />

c) keine Anforderungen an die Aufenthaltsdauer<br />

aa) Minderjähriges Kind, das in häuslicher Gemeinschaft mit einem Ausländer lebt: Das Kind<br />

wird einbezogen (so auch BMI, a.a.O. Rz. 339; IM NRW, a.a.O., 1.6.1). Die Einbeziehung setzt<br />

voraus, dass der Ausländer alle Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs.<br />

1 AufenthG erfüllt.<br />

bb) Volljähriges Kind eines Ausländers, der sich am Stichtag 8 bzw. – falls der Ausländer in<br />

häuslicher Gemeinschaft mit einem minderjährigen Kind lebt - 6 Jahre ununterbrochen im Bun-<br />

desgebiet aufgehalten hat, wenn es bei der Einreise minderjährig war (§ 104a Abs. 2 S. 1 Auf-<br />

enthG; so auch BMI, a.a.O., Rz. 340; IM NRW, a.a.O., 2.1). Das volljährige Kind braucht selbst<br />

keine Voraufenthaltsvoraussetzungen zu erfüllen.<br />

Der Norm ist nach Wortlaut und grammatikalischem Sinn nicht zu entnehmen, dass das Kind<br />

vor oder an dem Stichtag eingereist sein oder seine bisherige Ausbildung im Bundesgebiet<br />

gehabt haben muss. Es mag etwa anderes gewünscht sein. Wortlaut und grammatikalischer<br />

Sinn geben dies aber nicht her.<br />

III. Integrationsvoraussetzungen<br />

1. Sicherung des Lebensunterhalts<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

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Der Lebensunterhalt ist gesichert, wenn der Ausländer ihn einschließlich ausreichenden Kran-<br />

kenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann (§ 2 Abs.<br />

3 S. 1 AufenthG). Gefordert ist ein Einkommen, das perspektivisch auf Dauer bezogen wird.<br />

Dies ist zu bejahen, wenn der Ausländer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht. Bei<br />

befristeten Arbeitsverhältnissen kommt es darauf an, ob eine Anschlussbeschäftigung zu erwar-<br />

ten ist (so zutreffend IM-NRW 1.2.2.2 unter Hinweis auf Nr. 2.3.2 der Vorläufigen Anwendungs-<br />

hinweise des BMI). Kindergeld, Erziehungsgeld, sowie Mittel, die auf Beitragsleistungen beru-<br />

hen (Arbeitslosengeld I, Leistungen aus der Kranken- oder Rentenversicherung) sind lebensun-<br />

terhaltssicherndes Einkommen. Besteht ein Anspruch auf Bezug von Leistungen nach SGB II<br />

oder SGB XII oder auf Wohngeld, wird der Lebensunterhalt nicht vollständig eigenständig gesi-<br />

chert (so zutreffend IM-NRW 1.2.2.1).<br />

a) Der Ausländer sichert den Lebensunterhalt nicht<br />

In diesem Fall<br />

aa) wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis<br />

auf Probe erteilt (§ 104a Abs. 1 S. 3 AufenthG), wenn der Ausländer ansonsten alle zu erfüllen-<br />

den Voraussetzungen nach § 104a Abs. 1 AufenthG erfüllt.<br />

Nach Auffassung des IM-NRW ist bei Erwerbsunfähigen und solchen Ausländern, die bis zum<br />

31.12.2009 das 65. Lebensjahr vollenden werden, bereits bei Antragstellung zu prüfen, ob vor-<br />

aussichtlich die Verlängerungsvoraussetzungen vorliegen werden. Dabei sind die Ausnahme-<br />

tatbestände nach Absatz 6 Satz 2 Nr. 4 und 5 zu berücksichtigen (IM-NRW 5.1.1).<br />

Persönliche Anmerkung:<br />

Der Ausschluss von Menschen, die etwa wegen Krankheit oder Alters nur beschränkt leistungsfähig oder leistungsunfä-<br />

hig sind, enttarnt die Altfallregelung. Es handelt sich nicht um eine Regelung mit humanitären Ansprüchen, sondern um<br />

eine solche, die der Maxime folgt: Wenn wir diese Leute schon nicht loswerden, dann suchen wir uns zumindest dieje-<br />

nigen heraus, die uns zu irgendetwas nütze sind und machen deren Potentiale nutzbar. Für die besonders Hilfsbedürfti-<br />

gen dagegen soll der Zustand der Perspektivlosigkeit erhalten bleiben. Die systematische Zuordnung des § 104a Auf-<br />

enthG zum 5. Abschnitt des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus … humanitären … Gründen) dürfte<br />

verfehlt sein.<br />

bb) kann die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG erteilt werden, wenn der<br />

Ausländer das bei der Einreise minderjährige, im Zeitpunkt der Entscheidung volljährige Kind<br />

eines geduldeten Ausländers ist, der sich am Stichtag seit mindestens acht bzw. seit sechs<br />

Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen auf-<br />

gehalten hat, gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

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50674 Köln<br />

Seite 8


Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann<br />

(§ 104a Abs. 2 S. 1 AufenthG) und gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG vom Erfordernis der Lebensun-<br />

terhaltssicherung abgesehen werden kann.<br />

bb) kann die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG erteilt werden, wenn der<br />

Ausländer sich bis zum Stichtag seit mindestens sechs Jahren als unbegleiteter Minderjähriger<br />

geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen aufgehalten<br />

hat, gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebens-<br />

verhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann (§ 104a<br />

Abs. 2 S. 2 AufenthG) und gemäß § 5 Abs. 3 AufenthG vom Erfordernis der Lebensunterhalts-<br />

sicherung abgesehen werden kann.<br />

b) Der Ausländer sichert den Lebensunterhalt<br />

In diesem Fall wird die Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG erteilt (§ 104a Abs.<br />

1 S. 2 AufenthG, Rechtsfolgenverweisung).<br />

Der Unterhalt von Ehegatten muss gesichert sein, entweder durch eigenes Einkommen<br />

und/oder durch Einkommen des Ausländers. Hat der Ehegatte kein oder ein seinen Lebensun-<br />

terhalt nicht vollständig sicherndes Einkommen und reicht das Einkommen des Ausländers<br />

nicht aus, auch den Lebensunterhalt des Ehegatten zu sichern, kann dem Ehegatten die Auf-<br />

enthaltserlaubnis nicht nach § 23 Abs. 1 S. 1 AufenthG erteilt werden.<br />

2. hinreichender Wohnraum (§ 104a Abs. 1 Ziff. 1 AufenthG)<br />

Liegt auch vor, wenn der Ausländer in einer kommunalen Gemeinschaftsunterkunft unterge-<br />

bracht ist (so zutreffend IM NRW, 1.1.4.1)<br />

2. Zureichende Deutschkenntnisse (§ 104a Abs. 1 Ziff. 2 AufenthG)<br />

a) Umfang und Nachweis der Sprachkenntnis<br />

Gefordert werden Sprachkenntnisse der Stufe A2 des Gemeinsamen Europäischen Referenz-<br />

rahmens für Sprache.<br />

Es genügen mündliche Sprachkenntnisse. Schriftliche Sprachkenntnisse (lesen, schreiben) sind<br />

nicht gefordert und können daher nicht verlangt werden.<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

Seite 9


Die Sprachkenntnisse gelten in der Regel als nachgewiesen, wenn der Ausländer bereits in der<br />

Vergangenheit einfache Gespräche bei einer Ausländerbehörde ohne Zuhilfenahme eines Dol-<br />

metschers führen konnte (so zutreffend IM NRW, a.a.O., 1.1.4.2). Das gelegentlich anzutreffen-<br />

de Verlangen von Ausländerbehörde, gleichwohl etwa Bescheinigungen einer Volkshochschule<br />

vorzulegen, ist rechtswidrig.<br />

Die Sprachkenntnisse gelten in der Regel ferner als nachgewiesen, wenn der Ausländer meh-<br />

rere Jahre eine deutsche Schule mit Erfolg besucht oder eine Berufsausbildung im Bundesge-<br />

biet abgeschlossen hat oder bereits aussagekräftige Bescheinigungen z.B. einer Volkshoch-<br />

schule vorliegen (so zutreffend IM NRW, a.a.O., 1.1.4.2).<br />

b) Absehungsbefugnis<br />

aa) Von dem Erfordernis hinreichender deutscher Sprachkenntnisse kann abgesehen werden<br />

(§ 104a Abs. 1 S. 4 AufenthG), d.h. die Ausländerbehörde ist ermächtigt, die Aufenthaltserlaub-<br />

nis auch dann zu erteilen, wenn der Ausländer noch nicht über hinreichende deutsche Sprach-<br />

kenntnisse verfügt. Die Absehungsbefugnis steht nicht im Belieben der Ausländerbehörde oder<br />

des Ausländers, sondern ist an die Voraussetzung geknüpft, dass hinreichende Deutschkennt-<br />

nisse tatsächlich nicht vorliegen.<br />

bb) Die Absehungsbefugnis ist befristet bis zum 1.7.2008 (§ 104a Abs. 1 S. 4 AufenthG), d.h.<br />

ab dem 1.7.2008 ist die Ausländerbehörde nicht mehr ermächtigt, die Aufenthaltserlaubnis auch<br />

dann zu erteilen, wenn zureichende deutsche Sprachkenntnisse nicht vorliegen.<br />

cc) Liegen die Voraussetzungen der Absehungsbefugnis vor und macht die Ausländerbehörde<br />

von der Absehungsbefugnis Gebrauch, d.h. erteilt sie die Aufenthaltserlaubnis, obwohl der Aus-<br />

länder nicht über zureichende Deutschkenntnisse verfügt, darf die Aufenthaltserlaubnis nur bis<br />

zum 1.7.2008 erteilt und nur verlängert werden, wenn der Ausländer bis dahin nachweist, dass<br />

er zwischenzeitlich zureichende Deutschkenntnisse erworben hat (§ 104a Abs. 5 S. 4 Auf-<br />

enthG).<br />

Der Nachweis zwischenzeitlich erworbener hinreichender Deutschkenntnisse unterliegt keinen<br />

höheren Anforderungen als der Nachweis hinreichender Deutschkenntnisse bei Antragstellung.<br />

Misslingt der Nachweis, darf die Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert werden. Der Ausländer ist<br />

dann gehalten, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erneut zu beantragen und den Nachweis<br />

hinreichender Deutschkenntnisse im Rahmen dieses Antragsverfahrens zu erbringen.<br />

Wolfgang Schild<br />

<strong>Rechtsanwalt</strong><br />

Hohenstaufenring 63<br />

50674 Köln<br />

Seite 10


c) Nichterforderlichkeit hinreichender Deutschkenntnisse<br />

Hinreichende Deutschkenntnisse sind nicht erforderlich, wenn der Ausländer diese Vorausset-<br />

zung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Erkrankung oder Behinderung oder<br />

aus Altersgründen nicht erfüllen kann (§ 104a Abs. 1 S. 5 AufenthG).<br />

3. Nachweis Schulbesuch (§ 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG)<br />

Hat ein Ausländer schulpflichtige Kinder, setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an ihn<br />

voraus, dass er nachweist, dass diese die Schule besuchen. Eine positive Schulabschlussprog-<br />

nose ist nicht gefordert (so auch IM NRW 1.1.4.3). Dies gilt auch dann, wenn sich der Auslän-<br />

der auf einen achtjährigen Voraufenthalt berufen kann.<br />

IV. Ausschlussgründe<br />

Nach Auffassung des IM-NRW soll es bei den Ausschlussgründen des § 104a AufenthG einer<br />

wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalles bedürfen (IM NRW 1.1.5.1)<br />

a) Täuschung der Ausländerbehörde (§ 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG)<br />

… die Ausländerbehörde nicht vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände ge-<br />

täuscht …<br />

Nach Auffassung des IM-NRW sollen nur solche Täuschungen relevant sein, denen einiges<br />

Gewicht zukommt. Dabei soll die Kausalität zwischen der Täuschungshandlung und der Nicht-<br />

beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet ein bedeutendes, aber nicht zwingend entschei-<br />

dendes Kriterium darstellen. Habe der Ausländer z.B. in einer Mehrzahl von Fällen getäuscht<br />

oder eine Täuschung über mehrere Jahre aufrechterhalten, könne diesen Täuschungshandlun-<br />

gen auch dann ein zum Ausschluss führendes Gewicht zukommen, wenn der Betreffende aus<br />

anderen Gründen (z.B. wegen Weigerungshaltung von UNMIK) nicht hätte abgeschoben wer-<br />

den können (IM NRW 1.1.5.1).<br />

Erforderlich für einen Ausschluss ist in jedem Fall Vorsatz und, dass sich die Täuschung auf<br />

aufenthaltsrechtlich relevante Umstände bezieht. Angaben betreffend die Identität und die<br />

Staatsangehörigkeit dürften wegen § 5 Abs. 1 Ziff. 1a AufenthG immer aufenthaltsrechtlich rele-<br />

vant sein.<br />

b) Hinauszögern, behindern (§ 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AufenthG)<br />

Wolfgang Schild<br />

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… oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung nicht vorsätzlich hinausgezögert<br />

oder behindert hat, …<br />

Nach Auffassung des IM-NRW ist ein gezieltes und nachhaltiges Unterlaufen der Aufenthalts-<br />

beendigung erforderlich, z.B. durch Untertauchen, Vernichten oder Unterdrücken von Urkun-<br />

den, beharrliche Verweigerung der Mitwirkung bei der Passbeschaffung, widersetzliches Ver-<br />

halten bei Vollstreckungsmaßnahmen (IM-NRW 1.1.5.1).<br />

(aa) Sukzessive Asylanträge, Folgeanträge<br />

Nach Auffassung des IM-NRW soll der Ausschlussgrund „vorsätzliches Hinauszögern der Auf-<br />

enthaltsbeendigung“ auch im Falle sukzessiver Asylantragstellungen von Familienangehörigen<br />

oder im Falle wiederholter Folgeanträge vorliegen können. Zu prüfen sei, ob die sukzessiven<br />

Asylantragstellungen erkennbar von dem Motiv des zeitlichen Hinauszögerns der Aufenthalts-<br />

beendigung getragen oder ob nach den Umständen des Einzelfalles die zeitlich auseinander<br />

fallenden Asylantragstellungen der Familienmitglieder sachlich vertretbar waren. Bei wiederhol-<br />

ten Folgeanträgen könne von einem vorsätzlichen Hinauszögern der Aufenthaltsbeendigung<br />

insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn von dem Ausländer bei der jeweiligen<br />

Antragstellung Gründe angegeben worden seien, die in der Zusammenfassung den ernsthaften<br />

Vortrag eines bisher nicht erwähnten bzw. nicht geprüften Schutzbedürfnisses erkennen ließen<br />

(IM-NRW 1.1.5.1).<br />

bb) Kirchenasyl<br />

Ob die Inanspruchnahme des sog. Kirchenasyls als vorsätzliches Hinauszögern oder Behindern<br />

zu werten sei, setzt nach Auffassung des IM-NRW eine Prüfung im Einzelfall voraus, da nur bei<br />

einem gezielten und nachhaltigen Unterlaufen der Aufenthaltsbeendigung der Ausschluss der<br />

Aufenthaltserlaubnis in Betracht komme (IM-NRW 1.1.5.1).<br />

cc) Freiwilligkeitserklärung<br />

Bei der Prüfung einer vorsätzlichen Behinderung durch Nichtabgabe der sog. Freiwilligkeitser-<br />

klärung sei insbesondere die Frage der Zumutbarkeit der Abgabe der erforderlichen Erklärung,<br />

die Motivlage für das Verhalten des Betroffenen sowie die Frage der Kausalität zwischen der<br />

Nichtabgabe der Erklärung und dem Nichtvollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen in die<br />

Betrachtung einzubeziehen. Sei der Betroffene seinen für die Aufenthaltsbeendigung erforderli-<br />

chen Mitwirkungspflichten im Übrigen nachgekommen und weigere er sich lediglich, die Erklä-<br />

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ung zur freiwilligen Ausreise zu unterschreiben, so komme diese Weigerung (nur) dann als<br />

Ausschlussgrund gemäß Absatz 1 Satz 1 Ziffer 4 in Betracht, wenn sie für die Verhinderung /<br />

nachhaltige Verzögerung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ursächlich war.<br />

Diese Auffassung ist mit der geltenden Gesetzeslage nicht zu vereinbaren.<br />

Die Freiwilligkeitserklärung beinhaltet den Ausdruck des auf einem freien Willen beruhenden<br />

Ausreisewunsches. Das bundesdeutsche Ausländerrecht generiert bei Vorliegen der Voraus-<br />

setzungen aber keinen Wunsch zur Ausreise, sondern eine Pflicht zur Ausreise. Der Betroffene<br />

ist verpflichtet, auszureisen. Er ist nicht verpflichtet, ausreisen zu wollen. Die Abgabe einer<br />

Freiwilligkeitserklärung ist in den Fällen, in denen ein Ausländer zwar bereit ist, sich der Ausrei-<br />

sepflicht zu beugen, sich die Ausreise aber nicht wünscht, die Abgabe einer schriftlichen Lüge.<br />

Ausländer sind zur Abgabe einer schriftlichen Lüge nicht verpflichtet. Soweit eine Ausreise oder<br />

Abschiebung wegen der Weigerung der Abgabe einer schriftlichen Lüge scheitert, ist dies nicht<br />

dem betroffenen Ausländer zu Last zu legen. Dieser verhält sich rechtstreu. Problemursache ist<br />

das Erfordernis der Freiwilligigkeitserklärung. Lösungsversuche haben an der Problemursache,<br />

also am Erfordernis der Freiwilligkeitserklärung anzusetzen. Die Bundesrepublik mag sich auf<br />

diplomatischem Wege etwa mit der iranischen Regierung darüber einigen, dass diese die Ertei-<br />

lung von Pässen oder Passersatzpapieren fortan nicht mehr von der Abgabe einer Freiwillig-<br />

keitserklärung abhängig macht.<br />

c) Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen oder deren Unterstüt-<br />

zung (§ 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 5 AufenthG)<br />

Nach Auffassung des IM-NRW soll dieser Ausschlussgrund erfüllt werden, wenn entsprechende<br />

Erkenntnisse Anlass zu Sicherheitsbedenken geben. Es sei nicht erforderlich, dass ein Auswei-<br />

sungsgrund nach § 54 Nr. 5 AufenthG vorliegt (IM-NRW 1.1.5.2).<br />

d) Straftaten (§ 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AufenthG)<br />

Irrelevant sind Verurteilungen wegen fahrlässiger Straftaten, Verurteilungen wegen vorsätzli-<br />

cher Straftaten nach dem StGB zu Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen und Verurteilungen<br />

wegen vorsätzlicher Straftaten nach § 95 AufenthG, § 92 AuslG und § 85 AsylVfG zu Geldstra-<br />

fen von bis zu 90 Tagessätzen.<br />

Ist der Ausländer wegen vorsätzlicher Straftaten nach dem StGB zu Geldstrafen von insgesamt<br />

weniger als 50 Tagessätzen und dazu wegen vorsätzlicher Straftaten nach dem AufenthG /<br />

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AuslG / AsylVfG verurteilt, so sollen die Straftaten insgesamt erst dann beachtlich sein, wenn<br />

die Summe aller Geldstrafen 90 Tagessätze übersteigt (IM-NRW 1.1.5.3).<br />

e) Erstreckung der Wirkung von Straftaten auf Familienangehörige, § 104a Abs. 3 Auf-<br />

enthG<br />

Die Norm ordnet an, dass für den Fall, dass ein in häuslicher Gemeinschaft lebendes Famili-<br />

enmitglied Straftaten im Sinne des § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AufenthG (s. vorstehend d) began-<br />

gen hat, dies zur Versagung der Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift für andere Famili-<br />

enmitglieder führt (§ 104a Abs. 3 S. 1 AufenthG). Hat der Ehegatte eines straffälligen Auslän-<br />

ders selbst keine relevanten Straftaten begangen und erfüllt er die Voraussetzungen des §<br />

104a Abs. 1 AufenthG in eigener Person, soll ihm ein weiterer Aufenthalt gleichwohl nur ermög-<br />

licht werden können, wenn dies zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist (§ 104a<br />

Abs. 3 S. 2 AufenthG). Für betroffene Kinder im Alter zwischen 14 und 17 Jahren sieht § 104b<br />

AufenthG einen Aufenthalt vor.<br />

§ 104a Abs. 3 AufenthG erfasst ihrem Wortlaut nach Familien, nicht auch lebenspartnerschaftli-<br />

che Gemeinschaften oder eheähnliche Lebensgemeinschaften. In Fällen solcher Gemeinschaf-<br />

ten soll die Strafbarkeit eines Partners nach der Gesetzesbegründung regelmäßig im Rahmen<br />

der Soll-Regelung des Absatzes 1 Satz 1 zu berücksichtigen sein (BMI, RdZiff. 342; a.A.: IM-<br />

NRW bezogen auf Partner eheähnlicher Lebensgemeinschaften).<br />

Anmerkungen:<br />

Diese Vorschrift lehnt sich an die Regelung im IMK-Beschluss vom 17.11.2006 an und dürfte zu den dunkelsten Kapi-<br />

teln der Altfallregelung zählen. Sie ordnet die Zufügung von Nachteilen ohne Rücksicht auf ein Verschulden oder sons-<br />

tiges Vertretenmüssen an. Es geht um Sippenhaft (vom IM-NRW schamhaft als „Mithaftung“ umschrieben (IM-NRW<br />

RdZiff. 3).<br />

Die Erwägungen der Gesetzesbegründung zu dieser Norm, die vom BMI unverändert übernommen wurden (BMI RdZiff.<br />

342) (Kinder teilen das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihrer Eltern, auf Grund der häuslichen Gemeinschaft sei ein<br />

negativer Einfluss auf die übrigen Familienmitglieder nicht auszuschließen, dies gelte auch für das Verhältnis der Ge-<br />

schwister untereinander, bei straffälligen Kindern sei der Ausschluss der Eltern im Hinblick auf ihre Aufsicht- und Erzie-<br />

hungspflicht gerechtfertigt) zeichnen sich durch eine intellektuelle Schlichtheit aus, die ansonsten nur in einschlägigen<br />

Boulevardblättern oder in Bierzelten ihren Ausdruck findet.<br />

Die verfassungsrechtliche Haltbarkeit dieser Norm dürfte etwa mit Blick auf Art. 2 und 3 GG fraglich sein.<br />

V. Weitere Vorschriften<br />

1. Integrationsvereinbarung (§ 104a Abs. 4 AufenthG)<br />

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Nach § 104a Abs. 4 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis unter der Bedingung erteilt wer-<br />

den, dass der Ausländer an einem Integrationsgespräch teilnimmt oder eine Integrationsverein-<br />

barung abgeschlossen wird. Diese Regelung soll den Ausländerbehörden die Möglichkeit der<br />

individuellen Beratung und der Kontrolle der Integrationsfortschritte verschaffen. Wurde eine<br />

Integrationsvereinbarung geschlossen, ist eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis von der<br />

Erfüllung der eingegangenen Integrationsverpflichtung abhängig (BMI RdZiff 345).<br />

Die Befugnis zum Abschluss einer Integrationsvereinbarung ist inhaltlich durch § 104a Auf-<br />

enthG beschränkt, d.h. sie eröffnet nicht die Möglichkeit, Bedingungen zu vereinbaren, die über<br />

das hinausgehen, was durch § 104a AufenthG zur Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ver-<br />

langt wird.<br />

2. Ausschluss der Fiktionswirkung, § 104a Abs. 5 S. 5 AufenthG<br />

Nach § 104a Abs. 5 S. 5 AufenthG ist § 84 Abs. 4 AufenthG ausgeschlossen. Ein Verlänge-<br />

rungsantrag oder ein Antrag auf Erteilung einer anderen Aufenthaltserlaubnis bewirkt daher<br />

nicht, dass der Aufenthaltstitel bis zur Entscheidung über den Verlängerungsantrag bzw. Antrag<br />

als fortbestehend gilt.<br />

VI. Gültigkeiten<br />

Die Aufenthaltserlaubnis auf Probe wie die Altfall-Aufenthaltserlaubnisse werden, wenn bei<br />

nicht zureichenden Deutschkenntnissen von der Absehungsbefugnis Gebrauch gemacht wird<br />

und ansonsten alle Voraussetzungen erfüllt sind, bis zum 1.7.2008 (§ 104a Abs. 5 S. 4 Auf-<br />

enthG), ansonsten bis zum 31.12.2009 (§ 104a Abs. 5 S. 1 AufenthG) erteilt.<br />

VII. Familiennachzug<br />

Ein Familiennachzug zu Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 S. 1 AufenthG<br />

(Aufenthaltserlaubnis auf Probe) ist ausgeschlossen (§ 29 Abs. 3 S. 3 AufenthG).<br />

Ein Familiennachzug zu Inhabern einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 104a Abs. 1 S. 2, 23 Abs.<br />

1 AufenthG (Altfall-Aufenthaltserlaubnis) ist unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 S. 1<br />

AufenthG möglich.<br />

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