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Fritz Tröger - Pierre Menard Gallery

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Im Schutzraum der Innenwelt<br />

Angesichts der mit Atmosphäre, hier Tristesse, dort Heiterkeit, aufgeladenen Porträts von <strong>Fritz</strong> <strong>Tröger</strong>, der<br />

1894 in Dresden geboren wurde, spürt man seine aufrichtige Sympathie mit Menschen aus dem Alltag. Ja, eine<br />

tief empfundene Menschlichkeit. Nie legt er die Personen, die er so liebenswert wie mit Herzen skizziert, darauf<br />

fest, was sie sind oder sein wollen. Von seinem Gegenüber macht er sich nämlich weder ein soziologisches<br />

noch ein psychologisches Bild en Detail. Auch betreibt er keine unnötige Heroisierung und erst recht keine<br />

Entlarvung oder Enttarnung. Stattdessen versucht er, ohne aufdringlich zu sein, der Gruppe, dem Einzelnen,<br />

gar Vereinzelten so vorurteilslos wie möglich zu begegnen. Dabei gelingt es ihm auf beiläufige Weise, sein<br />

Gegenüber ein Stück weit in seinem beständigen Wesen zu erfassen. Ja, er kommt an die Menschen außerhalb<br />

oder innerhalb der Gruppe so nah heran, dass wir, dadurch auf sie neugierig geworden, unweigerlich nach ihrer<br />

Identität oder nach ihrer Geschichte fragen.<br />

Wer sind sie? Wie leben sie? Womit sind sie befasst? Woran denken sie? Was bekümmert sie? In welcher<br />

Lage verharren sie? Was würden sie uns wohl erzählen, wenn wir uns zu ihnen an den Tisch setzen würden?<br />

Von der Arbeit, von den Kindern oder von der Frau daheim?<br />

Welchem Milieu sie entstammen, ist auf Anhieb nachvollziehbar. Aus einfachen Verhältnissen kommend,<br />

sehen wir sie in einer Kneipe, am Tisch sitzend, bei der Arbeit oder am Steuer eines Traktors. Neben Bauern<br />

mit Pferden sind auch Kipper beim Entladen ins Bild gerückt. Zudem zwei Männer bei ihrer Unterhaltung auf<br />

einem von Pferden durch die Landschaft gezogenen Wagen. Bemützte Kumpel mit nacktem Oberkörper lassen<br />

sich mal bei der Kohleförderung, mal pausierend beobachten. Und ein beschnäuzter Tischler mit Schürze, an<br />

der Sägemaschine stehend, weckt ebenso die Lust am Zeichnen wie eine kleine Gruppe rastender Waldarbeiter<br />

oder die Kumpel, die ihre Freizeit gemeinsam am Tisch ihrer Baracke verbringen. Ein Lokführer wirkt ebenso<br />

zufrieden wie eine sich gerade ausruhende Brigade. Wenn Gruppen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit<br />

geraten, so sieht der Zeichner jeden einzelnen mehr als Teil eines Ganzen denn in seiner Isoliertheit. Letztlich<br />

wird eines evident: Der Mann, der da mit Hingabe vor dem Motiv zeichnet, nähert sich seinen „Modellen“<br />

nicht in dem Sinne an, dass er mehr über ihr Inneres erfahren, sie enthäuten oder enttarnen will. Vielmehr geht<br />

es ihm um eine gewisse Nähe, die er sucht, um sie im Akt des Zeichnens zu finden.<br />

Nach außen jedenfalls wirken die Menschen so, als wären sie ganz bei sich, aber mitten in der Welt mit<br />

anderen verankert. Und gleichzeitig erwecken sie den Eindruck, sie wären, vom Künstler mitten im Leben erwischt,<br />

an einem Moment ihres Seins angelangt, wo sich alles zur Geschichte verdichtet. So, dass von dort aus<br />

so etwas wie Überblick möglich ist. Der Lauf der Zeit ist angehalten und dabei eine seltsame Stille eingekehrt.<br />

Der auf Zwischentöne achtende und sie hervorkehrende Maler mit zeichnerischem Auge scheint weniger daran<br />

interessiert zu sein, was die Menschen, die sich ihm zuwenden, in der Zukunft erwartet. Wichtiger ist ihm<br />

deren Erdverbundenheit und Aufgehobenheit in der Gegenwart sowie das Surplus ihrer reichen Vergangenheit.<br />

Deren Einfluss und Spuren reichen offenbar bis ins tagende Jetzt.<br />

Das Merkwürdige ist, dass die Bilder von <strong>Fritz</strong> <strong>Tröger</strong>, obwohl sie gelegentlich nur ein Minimum an<br />

Hinweisen liefern, dennoch ein Maximum an Ausdruckskraft aufweisen. Was erleben wir da? Beispielsweise<br />

3<br />

Ein Versuch zu den Bildern von <strong>Fritz</strong> <strong>Tröger</strong><br />

(Dresden 1894 - Dresden 1978)

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