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The First Class of Fulbrighters - Fulbright-Kommission

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Eine Leidenschaft<br />

für das Land<br />

von Werner Landschütz<br />

TAUSEND WORTE, eine Kurzbiographie und ein Bild<br />

waren die Vorgabe der <strong>Fulbright</strong>-<strong>Kommission</strong> Berlin. Eine<br />

leichte Aufgabe - scheinbar. Ich ließ Revue passieren, die<br />

seinerzeitige Auswahl, das Treffen in Bad Godesberg, der<br />

mühelose Flug über den Atlantik, die lange Eisenbahnfahrt<br />

durch das riesige vielgestaltige Land von New York über<br />

Chicago nach Los Angeles, unvergleichliche sechs Wochen in<br />

Claremont, Kalifornien mit Studenten aus allen Teilen dieser<br />

Erde, die Woche mit meinem Austauschlehrer Lillie in San<br />

Franzisko, die ersten turbulenten Tage am Oregon State College<br />

in Corvallis, die Aufnahme des Studienbetriebs, Erfolge<br />

und Fehlschläge, die zahlreichen Exkursionen und praktischen<br />

Übungen in den umliegenden Wäldern und Sägewerken,<br />

die erlebnisreichen Bergwanderungen mit dem<br />

Akademischen Alpenklub, die lustige Volkstanzgruppe, der<br />

urige Fernhoppersklub der Forststudenten und sein großes<br />

Jahresfest mit Abordnungen mehrerer Forstschulen des<br />

Beim Flug über den Atlantik dachte ich<br />

an die Auswanderer, die in zerbrechlichen<br />

Segelschiffen wochenlang dem Wind und<br />

den Wellen ausgesetzt waren.<br />

Westens, die Fahrten zu Weihnachten und Ostern in den<br />

weiten Landschaften des Westens, dreizehn Wochen Einsatz<br />

im Waldbrandschutz in Sweethome, Oregon und die sechswöchige<br />

Rückreise nach New York über Yellowstone,<br />

Bryce, Zion, die Carlsbader Höhlen, Florida, Washington<br />

D.C. mit seinem reichhaltigen Naturkundemuseum, New<br />

York mit dem unvergesslichen Metropolitan Museum und<br />

mehreren weiteren privaten Kunstsammlungen und letztendlich<br />

die Rückfahrt mit der ,MS Gripsholm‘ nach Bremerhaven.<br />

Wahrlich ein buntes Kaleidoskop mit vielen Facetten<br />

breitet sich vor mir aus. Welche soll ich herausgreifen? Ich<br />

fokussiere meine Gedanken auf wenige Punkte, so schmerzlich<br />

dies auch sein mag.<br />

Aber vorab ein wichtiges persönliches Anliegen. Ich<br />

danke allen Menschen, denen ich begegnet bin, für die<br />

guten Gespräche, die selbstlose Hilfe, die zum Teil rührende<br />

Anteilnahme und bitte alle, deren Erwartungen ich<br />

möglicherweise nicht entsprochen habe, um Nachsicht.<br />

Dankbar bin ich auch, dass mir nie eine Gefälligkeitsaussage<br />

nahegelegt wurde. Ich kam als Europäer, durfte in den Vereinigten<br />

Staaten viel Neues und Unbekanntes erfahren und<br />

kehrte wieder nach Europa zurück.<br />

BEIM FLUG ÜBER DEN WEITEN ATLANTIK<br />

dachte ich an die Millionen von Auswanderern, die in zerbrechlichen<br />

Segelschiffen wochenlang dem Wind und den<br />

Wellen ausgesetzt waren. Viele darbten, einige wurden<br />

krank, manch einer starb bereits bei der Überfahrt. An Land<br />

gekommen, galt es, eine Existenz aufzubauen. Manch einer<br />

ist verschollen, manch einer unter die Räder gekommen,<br />

erschlagen, erschossen, verhungert, erfroren, verdurstet.<br />

Diese Gedanken gingen mir durch den Kopf, während ich<br />

mühelos über die Wolken schwebte oder im Pullmanwagen<br />

dem Westen zutrieb. Bei aller freudigen Aufregung über<br />

soviel Neues war ich bedrückt, fühlte mich irgendwie<br />

schuldig.<br />

IN CLAREMONT, KALIFORNIEN waren die<br />

Begegnungen mit Studenten aus aller Welt überaus beeindruckend.<br />

Sechs Wochen sind eine lange Zeit in dieser<br />

Lebensphase junger Menschen. Wahrlich ein faszinierendes<br />

Forum. Noch nie zuvor hatte ich einen leibhaftigen Maori<br />

oder einen Philippino oder einen Japaner gesehen. Was gab<br />

es da nicht alles zu erfahren und berichten. Und erst die exotischen<br />

Mädchen und jungen Frauen aus Südostasien.<br />

In San Franzisko war ich eine Woche lang mit meinem<br />

früheren Austauschlehrer zusammen. Er zeigte mir die Stadt,<br />

den Fischereihafen, die Golden Gate Brücke, die Redwood<br />

Groves, den Fischereihafen und seine Alma Mater Stanford<br />

mit seinem damals geheimnisumwitterten Turm. Mr. Lillie<br />

war so ganz und gar mit meinen Wünschen vertraut. Dies<br />

war wohltuend. Vor dem Krieg war Herr Lillie als Austauschstudent<br />

in Königsberg und muss eine unbeschwerte<br />

Zeit mitten unter seinen deutschen Kommilitonen erlebt<br />

haben. Sein zweiter Aufenthalt 1952-53 in Deutschland verlief<br />

anders. Er wirkte auf seine Umgebung ruhig, fast emotionslos,<br />

zurückhaltend, und hätte nichts sehnlicher gewünscht,<br />

als wenn jemand unbefangen und froh auf ihn zugegangen<br />

wäre. Doch dazu kam es nicht. Das Lehrerkollegium war<br />

wohl zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Außer einigen<br />

Englisch-Freiwilligen-Kursen war er nicht weiter in den<br />

Lehrbetrieb eingebunden. Dort kannte er seine Schüler<br />

genau und nahm an ihren Freuden, H<strong>of</strong>fnungen und Sorgen<br />

aufrichtig Anteil. Sein Abschied aus Rastatt war geräuschlos,<br />

wie ich später in der Ferne erfuhr.<br />

Aus dem Studienbetrieb greife ich vier Dinge heraus: das<br />

Ehrensystem, die Gruppenleistung, die Kürze und Prägnanz<br />

von Statements sowie das Verhalten vor und nach einer<br />

Entscheidung. Bei der ersten schriftlichen Prüfung bald nach<br />

Aufnahme des Vorlesungsbetriebs spickte ich nach rechts<br />

und links wie ein Weltmeister. Meine Kommilitonen ließen

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