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Lichterkirche

Downoad Gemeindebrief - in St. Johannis

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Bildbetrachtungbei unsim QuartierBildbetrachtungDer Alltag der heiligen FamilieDas Leben und Wirken Jesu Christi wird inden vier Evangelien in unterschiedlicher Ausführlichkeitund mit unterschiedlichen Akzentendargestellt. Da es den Berichterstatternnicht um eine lückenlose Schilderungging, erfahren wir aus dem Neuen Testamentauch nichts über die Kindheit, über dieZeit, die auf die Flucht nach Ägypten folgt.Lediglich bei Matthäus gibt es den Hinweis,dass Joseph ein Engel im Traum erschienund ihm vom Tod des Herodes berichtete.Daraufhin gingen Maria und Joseph mit demKind zurück nach Israel und nahmen sicheine Wohnung in Nazareth.Dieser Mangel an näheren Informationen aktiviertedie mittelalterliche Volksfrömmigkeitund so entstanden Legenden, in denen mansich vorstellte, was im Leben Jesu in derZeit geschah, von der die Evangelisten nichtberichten. Diese Geschichten wiederumgriffen die Künstler auf und setzten sie inBilder um. Ein Beispiel aus dem frühen 17.Jahrhundert, das eine Vorstellung vom Lebender heiligen Familie zeigt, befindet sichim Besitz des Herzog Anton-Ulrich-Museumsin Braunschweig.Schon auf den ersten Blick fällt auf, dassunsere Vorstellung vom Vorderen Orientauf diesem Bild nicht eingelöst wird. DieGebirgslandschaft im Hintergrund und dieHäuser am rechten Bildrand wirken eher„europäisch“, Vor einem Torbogen links sitztdie mit einer Näharbeit beschäftigte Maria.Auf einer kleinen Bank neben ihr liegt einBuch. Damit wird auf ein bereits im spätenMittelalter beliebtes Bildmotiv angespielt,dass Maria bei der Verkündigung durch denErzengel Gabriel gerade im Psalter las.Die Mitte des Bildes durchzieht in horizontalerRichtung ein kräftiger Holzbalken, andem der dahinter stehende in mittelalterlicherHandwerkertracht gekleidete Josepharbeitet. Gerade ist er dabei, mit demgroßen Beil erneut den vor ihm liegendenBalken zu bearbeiten. Zahlreiche großeSplitter sind bereits auf den Boden gefallen.In der linken unteren Ecke hockt der kleineJesusknabe, der damit beschäftigt ist, dieSplitter in einem Korb zu sammeln.Wenngleich auch von dem großen Beil einegewisse Bedrohung ausgeht, so zeigt dasBild doch eine familiäre Idylle. Joseph gehtals Zimmermann einer Tätigkeit nach, umdie Familie zu ernähren, Maria ist mit einertraditionellen Hausfrauentätigkeit beschäftigtund das Kind hilft im Rahmen seinerMöglichkeiten dem Vater bei der Arbeit.Das Gemälde wird von der heutigenForschung einem Künstler mit dem NamenJerónimo Jacinto de Espinosa zugeschrieben,der in der ersten Hälfte des 17.Jahrhunderts in Spanien tätig war. SeineAbsichten beschränkten sich allerdings nichtdarauf, eine Vorstellung vom friedlichenAlltag der heiligen Familie zu liefern. Derkräftige Holzbalken ist als Hinweis auf denKreuzesstamm der Passion zu verstehen.Die auf dem Boden liegenden Holzreste, dievon Jesus gesammelt werden, verweisenauf die Kreuzessplitter, die im Mittelalterals Reliquien begehrt waren (wenngleichaus heutiger Sicht in manchem Fall an derEchtheit berechtigte Zweifel bestehen).Neben diesen „versteckten Hinweisen“ istaber zu bemerken, dass die zentrale Figurin diesem Bild der weißbärtige Joseph ist.Er trägt ein rotbraunes Gewand und engehelle Beinkleider, den Kopf bedeckt eine enganliegende Kappe, an seinem Gürtel hängtein Etui mit den Werkzeugen des Zimmermanns.Er, der aus dem „Hause Davids“in Nazareth stammte und über den wiraus den Evangelien kaum etwas erfahren,erfuhr im Mittelalter unter dem Einflussdes Franziskanerordens und im Zuge derGegenreformation eine neue Bedeutung.Auf dem Konzil von Trient (1545 bis 1563)hob die katholische Kirche seine Tugend undMoral als Qualität hervor. Nunmehr entstandenBilder, auf denen er allein mit dem Kindauf dem Arm dargestellt ist oder aber – wieauf dem vorliegenden Gemälde – seineBedeutung als Nähr- und Ziehvater durchseine bilddominante Präsenz zum Ausdruckgebracht wird.Volker Tlusty3031

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