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Der Erste und der Einzige

Der Erste und der Einzige - Manuela Pfann, Journalistin

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<strong>Der</strong> <strong>Erste</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Einzige</strong><br />

Mit Grün<strong>der</strong>pfarrer Anselm Jopp durch sein 50. <strong>und</strong> letztes Jahr in <strong>der</strong><br />

kath. Kirchengemeinde Frickenhausen / Großbettlingen<br />

2012 - eine Dokumentation in Wort <strong>und</strong> Bild


Vorwort <strong>und</strong> ein kurzer Blick zurück<br />

Das Jahr 2012 ist ein ganz beson<strong>der</strong>es für Anselm Jopp: Ende des Jahres geht er mit 80 Jahren als letzter<br />

aktiver Pfarrer seines Weihejahrgangs <strong>und</strong> als zweitältester <strong>der</strong> ganzen Diözese Rottenburg-Stuttgart in<br />

den Ruhestand. Noch im September desselben Jahres feierte er das 50-jährige Gründungsjubiläum mit<br />

<strong>der</strong> Kirchengemeinde Frickenhausen / Großbettlingen im Dekanat Esslingen-Nürtingen.<br />

Diese Kirchengemeinde ist seine Kirchengemeinde. Anselm Jopp selbst hatte sie 1962 gegründet. Bevor<br />

<strong>der</strong> aus Wellendingen im Kreis Rottweil stammende Jopp ins sogenannte „Neuffener Täle“ kam, existierte<br />

dort über Jahrh<strong>und</strong>erte kein katholisches Leben; seit <strong>der</strong> Reformation gab es in dieser Region des Albvorlandes<br />

keinen katholischen Priester mehr. Die Situation än<strong>der</strong>te sich erst in den Nachkriegsjahren, als<br />

nach <strong>und</strong> nach H<strong>und</strong>erte Vertriebene katholischen Glaubens aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten<br />

eintrafen.


Eine Aufnahme, die um das Jahr 1960 gemacht wurde:<br />

Katholiken auf dem Kelterplatz in Linsenhofen treffen sich vor<br />

<strong>der</strong> „Fahrenden Zeltkirche“ <strong>der</strong> nie<strong>der</strong>ländischen<br />

Prämonstratenser-Patres.<br />

Seit 1947 bis Mitte <strong>der</strong> 60-er Jahre zogen holländische<br />

Prämonstratenser-Patres mit ihren auch "Kapellenwagen"<br />

genannten umgebauten Sattelschleppern durch die deutschen<br />

Diaspora-Gebiete, zur Seelsorge an heimatvertriebenen <strong>und</strong><br />

umgesiedelten Katholiken.<br />

Am 21. Juli 1963 verliest Kurat Anselm Jopp die Urk<strong>und</strong>e zur<br />

Gr<strong>und</strong>steinlegung <strong>der</strong> Klaus-von-Flüe-Kirche Frickenhausen.<br />

Fotos: Archiv Rudolf Heinz<br />

Knapp zwei Jahre später wurde das Bauwerk in den Kelterwiesen<br />

fertiggestellt, am 1. Mai 1965 erfolgte die Weihe <strong>der</strong><br />

Kirche.<br />

Am 1. Mai 1967 schließlich wurde aus <strong>der</strong> „Seelsorgestelle“<br />

Frickenhausen offiziell eine „Kirchengemeinde“, von da an<br />

durfte Anselm Jopp sich als „Pfarrer“ bezeichnen.


Die Geschichte <strong>der</strong> katholische Kirchengemeinde Frickenhausen ist noch aus an<strong>der</strong>er Perspektive eine<br />

außergewöhnliche: Anselm Jopp war <strong>der</strong> erste <strong>und</strong> einzige Priester, den die heute 3300 Katholiken <strong>der</strong><br />

fünf Teilgemeinden als Gemeindeleiter kennenlernten. Und er war dazu noch einer, dessen Haltung in<br />

Sachen „Kommunionempfang“ schon kurze Zeit nach Dienstbeginn 1962 ins Wanken geriet. Die Seelsorgesituation<br />

vor Ort ließ ihn zweifeln: „Es war furchtbar für mich erleben zu müssen, wie ein Großteil <strong>der</strong><br />

Paare von <strong>der</strong> Kommunion ausgeschlossen war – nichteheliche Lebensgemeinschaften, nur standesamtlich<br />

Getraute, evangelisch kirchlich Getraute <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>verheiratete Geschiedene. Wozu haben wir Kirchen<br />

gebaut, um viele abzuweisen? Wozu bin ich Pfarrer geworden, um den Leuten den Zugang zu Christus zu<br />

verweigern? - Meine Gemeinde hat mich bekehrt, unsere Kirche ist erbauet auf Jesus Christ allein.“<br />

So ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass Jopps Antwort auf die Frage nach den für ihn bedeutendsten Jahren<br />

seiner langen Dienstzeit lautet: „Die Diözesansynode 1985/86, das war mein Lebensereignis!“<br />

Damals Dekan von Nürtingen, gab die Synode ihm die nötige Plattform, um seine Überzeugung zum<br />

Thema „Kommunionempfang für wie<strong>der</strong>verheiratete Geschiedene“ darzulegen.<br />

Hinzustehen, wenn man an<strong>der</strong>er Überzeugung ist, das hatte Anselm Jopp schon in <strong>der</strong> Kindheit zu Hause<br />

in Wellendingen erlebt; sein Vater war im 1200-Seelen-Dorf ein engagierter Katholik, <strong>der</strong> sich öffentlich<br />

gegen das Naziregime aussprach <strong>und</strong> seine beiden Söhne ganz bewusst sonntags in die Kirche <strong>und</strong> nicht<br />

zur Hitlerjugend schickte. „Diese Gottesdienste, zumal unter diesen Umständen, haben meinen Glauben<br />

stark gemacht“, sagt <strong>der</strong> 80-jährige im Rückblick. In seinem ganzen weiteren Leben hat Anselm Jopp bis<br />

auf ein einziges Mal, als er mit 40 Fieber im Bett lag, keine sonntägliche Eucharistiefeier versäumt, sei es<br />

als Gottesdienstbesucher o<strong>der</strong> als Zelebrant.


20. Dezember 2011<br />

<strong>Der</strong> Tröster<br />

„Sie dürfen mir glauben: Gott ist bei den Schwachen <strong>und</strong> bei all denen,<br />

die nach ihm rufen“.<br />

Weihnachtlicher Gottesdienst im Altenheim Maisch, Großbettlingen


31. Dezember 2011<br />

<strong>Der</strong> Demütige<br />

„In Gott’s Namen“.<br />

„Mit diesen Worten habe ich mein Leben lang schon das neue Jahr begonnen; es waren die<br />

Worte, die auch mein Vater, ein Landwirt, wählte – nicht nur in <strong>der</strong> Silvesternacht,<br />

son<strong>der</strong>n jeden Morgen.“<br />

„Wenn wir morgens um 4 Uhr gemeinsam aufs Feld sind, dann hat er in die Hände<br />

gespuckt <strong>und</strong> ‚In Gott’s Namen‘ gesagt. Sehr oft haben wir bis nachts um elf gearbeitet.<br />

Das war hart, aber es war ein Training fürs Leben. Das hat mir die Kraft gegeben zum<br />

Durchhalten.“<br />

Silvesternacht, Klaus-von-Flüe-Kirche, Frickenhausen


1. Januar 2012<br />

<strong>Der</strong> Gerechtigkeit For<strong>der</strong>nde<br />

„Ihr müsst für Eure Rechte einstehen <strong>und</strong> für die Rechte aller Kin<strong>der</strong>, ihr müsst dafür<br />

kämpfen! Genau so wie es dieses Jahr das Motto aller Sternsinger ist: klopft an Türen, pocht<br />

auf Rechte.<br />

Geht hinaus, ich wünsche Euch gute Begegnungen in den Häusern.<br />

Ihr tut es für diejenigen, die Eure Hilfe brauchen.“<br />

Zentraler Aussendungsgottesdienst <strong>der</strong> Gemeinde für die r<strong>und</strong> 60 Sternsinger, Großbettlingen


18. Januar 2012<br />

<strong>Der</strong> Katechet<br />

„Hier, an diesem Tisch, da hast auch Du einen Platz. Genau so, wie Du bist.“<br />

„Den Kommunionunterricht, den halte ich schon immer zu einem großen Teil selbst.<br />

Ich möchte die jungen Menschen in meiner Gemeinde kennenlernen. Das sind seit jeher<br />

gute St<strong>und</strong>en, wenn es auch manchmal etwas unruhig zugeht.“<br />

Vorbereitung auf die Erstkommunion, Großbettlingen


17. Februar 2012<br />

<strong>Der</strong> Narr<br />

„Die Oma die ist umgefalln, umgefalln, umgefalln, die Oma die ist umgefalln, um-ge-falln!“<br />

„Seit Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre bin ich bei je<strong>der</strong> Schülerfasnet im Omni <strong>und</strong> im Panti<br />

auf <strong>der</strong> Bühne. Das gehört einfach dazu.“<br />

Schülerfasnet, Großbettlingen


4. April 2012<br />

<strong>Der</strong> Versöhner<br />

„Ich bringe die Kommunion an einem ganz gewöhnlichen Wochentag, nicht an einem<br />

Festtag. Es ist ihr Alltag im Rollstuhl <strong>und</strong> Sie haben’s schwer, das weiß ich. Aber ihr Leiden<br />

ist keine Strafe, Sie dürfen befreit sein, Sie müssen keine Angst haben.<br />

Christus leidet mit ihnen, jeden Tag.“<br />

„Ich weiß, dass Sie viele Jahre auf den Besuch eines Pfarrers gewartet haben. Nun bin ich<br />

gekommen. Und ich komme noch einmal wie<strong>der</strong> in diesem Jahr“.<br />

Krankenkommunion, Neuffen


4. April 2012<br />

<strong>Der</strong> Büroleiter<br />

„Frau Nohe, bitte bringen Sie mal den Kalen<strong>der</strong>. Wir müssen die Termine nochmal<br />

abgleichen, damit wir alles haben.“<br />

„Ich führe meinen Kalen<strong>der</strong> von Hand <strong>und</strong> schreibe meine Ansprachen auf <strong>der</strong> Schreibmaschine.<br />

Mit dem Computer möchte ich mich nicht mehr befassen. Aber ich habe alles im<br />

Blick. Das ist nicht immer einfach.<br />

Seit dem Jahr 2000 gehört neben <strong>der</strong> Kirchengemeinde Frickenhausen mit ihren fünf<br />

Gemeinden auch die Kirchengemeinde Neuffen mit ihren vier Gemeinden zu meiner<br />

Seelsorgeeinheit. Wir sind r<strong>und</strong> 5500 Katholiken. Von Beuren am einen Ende bis nach<br />

Raidwangen am an<strong>der</strong>en Ende brauche ich mit dem Auto gut 20 Minuten.“<br />

Pfarrbüro, Frickenhausen


6. April 2012<br />

<strong>Der</strong> Frohlockende<br />

„Wir dürfen befreit sein. Wir sind weg von diesen grausigen Aussagen, Jesus wurde als<br />

Lamm Gottes geopfert. Er ist nicht für unsere Sünden gestorben. Gott muss nicht versöhnt<br />

werden; streichen wir das Wort „Versöhnung“ aus unserem Wortschatz! Er ist gestorben<br />

weil er ganz Mensch war <strong>und</strong> auferstanden, weil er ganz Gott war. Wir dürfen uns freuen!“<br />

Karfreitag, Kreuzverehrung mit Blumen, Großbettlingen


13. Mai 2012<br />

<strong>Der</strong> Marienverehrer<br />

„Ob Maria jungfräulich war? Das interessiert mich nicht. Es geht uns auch nichts an. Wir<br />

haben heute weit wichtigere Themen zu besprechen. Ich jedenfalls verehre die Mutter<br />

Gottes, aber einen Kult um sie machen, wie es in manchen Wallfahrtsorten geschieht –<br />

nein, da graust es mir.<br />

Bei Maria halte ich es mit den Worten von Meinrad Limbeck, <strong>der</strong> sagt: „Maria verstehe ich<br />

nur, wenn ich mir selber bewusst bin: ich bin diese Maria! Ich bin ein Hören<strong>der</strong> auf Gottes<br />

Wort. Ich bin diese Maria, <strong>der</strong>, wie sie, Jesus in seinem Inneren trägt. Maria wurde Mutter<br />

Jesu unter dem Kreuz ihres Kindes.“<br />

Marienandacht, Großbettlingen


23. Mai 2012<br />

<strong>Der</strong> Spendensammler<br />

„Die Camposchule, das ist ein ganz wichtiges Projekt. Wir waren schon mehrfach vor Ort in<br />

dieser Schule mit etwa 100 Kin<strong>der</strong>n. Sie liegt in einer <strong>der</strong> ärmsten Gegenden Argentiniens.<br />

Jedes Jahr überweisen wir r<strong>und</strong> 3000 Euro für die Schulspeisung. Von diesem Geld bereiten<br />

die Eltern ehrenamtlich eine Mahlzeit zu - meist ist es für diese Kin<strong>der</strong> die einzige Mahlzeit<br />

des Tages.“<br />

„In meinen 50 Jahren in Frickenhausen habe ich sicher mindestens fünf Millionen Euro an<br />

Spenden <strong>und</strong> Erlösen von Saukirben, Flohmärkten <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Aktionen erhalten.<br />

Dies haben wir verwendet zur Finanzierung unserer Bauten <strong>und</strong> für unsere Sozial-Projekte,<br />

vor allem in Südamerika.“<br />

Scheckübergabe durch die Rektorin <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schule Großbettlingen, <strong>der</strong> Betrag wurde bei einem Sponsoren-Lauf<br />

<strong>der</strong> Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler gesammelt.


4. Juni<br />

<strong>Der</strong> Bauherr<br />

„Das ist mein erstes, mein letztes <strong>und</strong> mein wichtigstes Bauprojekt. Denn mit dem Kin<strong>der</strong>garten<br />

dürfen wir etwas W<strong>und</strong>erbares erfüllen: Es ist ein großes Geschenk, Kin<strong>der</strong> in ihren<br />

ersten Jahren begleiten zu dürfen, sie spüren zu lassen, dass jedes von ihnen ein einmaliges<br />

Geschöpf Gottes ist <strong>und</strong> von ihm so angenommen wird, wie es ist.“<br />

„Als ich 1962 in die Gemeinde kam, war <strong>der</strong> Großbettlinger Panti-Kin<strong>der</strong>garten 1964 das<br />

erste Objekt, das ich bauen durfte. Ich hatte eigentlich gar nie vor, einen Kin<strong>der</strong>garten zu<br />

bauen. Aber als ich damals auf’s Rathaus ging <strong>und</strong> mich vorstellte, da sagte <strong>der</strong> evangelische<br />

Bürgermeister Fronmüller zu mir: ‚Wenn Sie da oben bauen, dann bauen Sie dort<br />

auch einen Kin<strong>der</strong>garten. Ich werde ihr Gemeindezentrum finanziell för<strong>der</strong>n. Denn ich<br />

möchte, dass die vielen heimatvertriebenen Katholiken, die zu uns kommen, sich seelsorglich<br />

betreut erfahren <strong>und</strong> hier wie<strong>der</strong> Heimat finden‘. Diese Worte werde ich nie vergessen!<br />

Nun schließt sich mit <strong>der</strong> Sanierung des Kin<strong>der</strong>gartens <strong>der</strong> Kreis.“<br />

Segnung zum Beginn <strong>der</strong> Umbauarbeiten im Kin<strong>der</strong>garten Panti, Großbettlingen


4. Juni<br />

<strong>Der</strong> Gärtner<br />

„Meine Pflanzen wachsen alle so gut, weil ich jede einzelne von Ihnen segne. Und natürlich<br />

weil sie im Schatten <strong>der</strong> Kirchtürme wachsen. So jedenfalls sag ich’s immer den Leuten“.<br />

„Die Grünanlagen um die Kirchen <strong>und</strong> Gemeindehäuser hab ich immer selbst gepflegt<br />

<strong>und</strong> jedes Jahr Blumen aus eigener Zucht gesetzt. Pfarrgärten sind einfach etwas<br />

W<strong>und</strong>erbares!“<br />

Im Pfarrgarten, Frickenhausen


10. Juni, Fronleichnam<br />

<strong>Der</strong> Ungehorsame<br />

„Wir bringen in Brot <strong>und</strong> Wein unsere Welt zu Dir. Die Eucharistie ist unser Mittelpunkt, wir<br />

feiern ein gemeinsames Mahl.“<br />

„Dazu sind auch künftig bei uns konfessionsverschiedene Paare ebenso wie wie<strong>der</strong>verheiratete<br />

Geschiedene eingeladen. Das ist so seit 40 Jahren <strong>und</strong> das bleibt so, auch<br />

wenn ich gehe. Bei uns sind 80% <strong>der</strong> Ehen konfessionsverschieden, wenn die nicht zur<br />

Kommunion gehen würden, dann wäre unsere Kirche tot! Je<strong>der</strong> von uns ist allein seinem<br />

eigenen Gewissen verpflichtet <strong>und</strong> keiner Obrigkeit. Es ist ein Gott <strong>und</strong> Vater, ein Jesus, ein<br />

Getaufter <strong>und</strong> ein Abendmahl! Wir gehören alle an den einen Tisch des Herrn!“<br />

Fronleichnamsprozession Frickenhausen


11. Juni, 06.00 Uhr<br />

<strong>Der</strong> Reiseleiter<br />

„Reisen schafft Gemeinschaft <strong>und</strong> weitet den Horizont. Das ist erfahrene Bildung, die tiefe<br />

Spuren zieht.“<br />

„Viele Reisen haben wir in <strong>der</strong> Gemeinde gemacht! Ich glaube es waren allein 50 außerhalb<br />

von Europa. Es waren immer große Erlebnisse. Wir haben christliche Stätten besucht <strong>und</strong><br />

waren an Schauplätze <strong>der</strong> Weltreligionen. Wir sind nach China, Indien <strong>und</strong> Japan gereist,<br />

waren im Iran <strong>und</strong> <strong>der</strong> Türkei. In Griechenland, Assisi, Rom <strong>und</strong> Flüelen. Und natürlich in<br />

Israel: 23 Mal war ich dort. Und sieben Mal bei unseren Fre<strong>und</strong>en in Südamerika.“<br />

Abfahrt zur 4-tägigen Reise nach Thüringen, Frickenhausen


17. Juni 2012<br />

<strong>Der</strong> Laien-För<strong>der</strong>er<br />

„Ich bin stolz <strong>und</strong> zuversichtlich heute Morgen. Diese Frauen machen das glänzend; sie sind<br />

verständig, haben Ideen <strong>und</strong> sind unbeschwert. Sie könnten allesamt Priesterinnen sein.<br />

Aber sie sollen lieber bleiben, was sie sind: total fähig - ‚Wir sind Kirche‘!<br />

Wir sollten mal den Papst nach Frickenhausen <strong>und</strong> Großbettlingen einladen <strong>und</strong> nicht nach<br />

Regensburg.“<br />

Mitfeier eines Familiengottesdienstes in Frickenhausen, geleitet von einer Gruppe Frauen, dem „Famigo-Team“


17. Juni 2012<br />

<strong>Der</strong> unter ihnen<br />

“Amen – so sei es.”<br />

Kommunionempfang durch einen seiner Eucharistiehelfer, Familiengottesdienst Frickenhausen


17. Juni 2012<br />

<strong>Der</strong> Bauernsohn<br />

„Ja, so wie hier bei meinem Neffen Anselm war’s früher bei uns auch. Meine Eltern bewirtschafteten<br />

in Wellendingen einen Hof mit 12 Hektar. Über mehrere Jahre hinweg, als meine<br />

Eltern schon alt waren, habe ich die Landwirtschaft über die Sommermonate geleitet. <strong>Der</strong><br />

Vorsitzende des Bauernverbandes sagte zu mir, als ich endgültig Abschied nahm <strong>und</strong> ins<br />

Priesterseminar ging: „Schade, dass Du gehst. Du wärst <strong>der</strong> beste Bauer hier gewesen!“<br />

Kommunionausflug in die Heimat, auf den Hof seines Neffen Anselm Jopp in Wellendingen, Landkreis Rottweil


17. Juni 2012<br />

<strong>Der</strong> Netzwerker<br />

„Nehmt Abschied Brü<strong>der</strong> ungewiss…“<br />

„Das ist sehr oft mein Schlusslied wenn wir irgendwo auseinan<strong>der</strong>gehen. Aber wir gehen<br />

als Gemeinschaft auseinan<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Herr geht mit uns; in ihm bleiben wir verb<strong>und</strong>en.“<br />

Schlusskreis zum Abschluss des Kommunionausflugs nach Wellendingen


9. Juli 2012<br />

<strong>Der</strong> Gemeindeleiter<br />

„Um diese Gemeinde mache ich mir keine Sorgen wenn ich gehe. Als Gemeindeleiter war<br />

meine Arbeit nie konzentriert auf das Gremium Kirchengemein<strong>der</strong>at. <strong>Der</strong> Kirchengemein<strong>der</strong>at<br />

unterstützt <strong>und</strong> för<strong>der</strong>t die Tätigkeit <strong>der</strong> Ausschüsse. Wir haben seit jeher Ausschüsse,<br />

die weithin eigenverantwortlich arbeiten: Ministrantenrat, Zeltlagerausschuss, Liturgiekreis,<br />

die Teams <strong>der</strong> Gemeindehäuser, Familiengottesdienstkreise <strong>und</strong> noch einige mehr.<br />

Gemeinde ist Gemeinschaft von Gemeinschaften.“<br />

Kirchengemein<strong>der</strong>atssitzung, Großbettlingen


15. Juli 2012<br />

<strong>Der</strong> Trödler<br />

„<strong>Der</strong> 12. Flohmarkt ist eröffnet!”<br />

„Beim ersten Flohmarkt vor zwölf Jahren hab ich noch gesagt: Da mach ich nicht mit,<br />

wir verkaufen keinen Kruscht <strong>und</strong> Müll!“<br />

„Aber heute steh ich voll <strong>und</strong> ganz hinter diesem Großereignis: bis zu 800 Besucher<br />

haben wir, 1000 Portionen Essen aus <strong>der</strong> Gemeindehaus-Küche <strong>und</strong> dem Grillzelt <strong>und</strong><br />

einen Gewinn immer um die 10.000 Euro.<br />

Die Flohmarkt-Einnahmen sind ganz wichtig für unsere Arbeit in Südamerika.“<br />

Eröffnung des 12. Südamerika-Flohmarkts in Großbettlingen


19. August 2012<br />

<strong>Der</strong> Paradies-Fin<strong>der</strong><br />

„Als ich damals, 1970, hier stand, dachte ich: Das ist ein Paradies!<br />

Hier soll unser Zeltlager Platz finden“.<br />

„Ich bin nur zufällig hergekommen auf <strong>der</strong> Suche nach einem neuen Platz für unser Gemeinde-<br />

Zeltlager. Aus meiner Zeit als Vikar in Bad Waldsee wusste ich um die Schönheit des Oberlandes,<br />

hier wollte ich einen Lagerplatz suchen. Ich fand den Besitzer <strong>der</strong> Wiese, die direkt an den Weiher<br />

angrenzt, Alois Bott. Aber <strong>der</strong> sagte mir: ‘ Ihr seid nicht die ersten, die hier zelten wollen, ihr könnt<br />

gleich wie<strong>der</strong> gehen‘. Ich hab ihm dann erzählt, dass ich ein Landwirts-Sohn bin <strong>und</strong> weiß, wie<br />

man mit Wiesen umgeht. Und dass ich Pfarrer bin <strong>und</strong> in meinem Lager geht es ordentlich zu. Und<br />

ich habe gesagt, dass wir gleich zahlen. Daraufhin meinte er: ‚Dann könnt ihr kommen‘.“<br />

„Mit diesem Paradies ist aber auch die dunkelste St<strong>und</strong>e meines Lebens <strong>und</strong> <strong>der</strong> ganzen Kirchengemeinde<br />

verb<strong>und</strong>en: in diesen Tagen jährt es sich zum 25. Mal; <strong>der</strong> schreckliche Verkehrsunfall in<br />

Bad Wurzach als drei unserer Lagerteilnehmerinnen 1987 ums Leben kamen.<br />

Das dürfen wir nie vergessen.“<br />

<strong>Der</strong> letzte Besuch im Sommer-Ferienlager, Bad Wurzach-Weitprechts


22. August 2012<br />

<strong>Der</strong> Jubilar<br />

„Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin“ (1 Kor 15,10)<br />

„<strong>Der</strong> Arzt sagte meiner Mutter, sie würde die Geburt eines zweiten Kindes nicht überleben. Sie<br />

bekam trotzdem ein zweites Kind. Mich. Am 22. August 1932. Mein Leben ist verdankt, das habe<br />

ich schon früh gespürt. Meine Eltern hätten dies ohne ihren tiefen Glauben nie geschafft.“<br />

„Diese Kerze auf dem Altar mit <strong>der</strong> Zahl 80, die hat mir die Frau eines ehemaligen Blutreiters<br />

geschenkt. Ich bin viele Jahre mit ihrem Mann geritten, bevor er an Krebs gestorben<br />

ist. Im letzten Jahr vor seinem Tod, er war schon zu schwach zum Reiten, haben wir eine<br />

St<strong>und</strong>e zusammengesessen. Dieses Gespräch war so gut, das werde ich nie vergessen. In<br />

seinem Testament hat er vermerkt, dass sein Pferd nicht den Gnadentod sterben darf; er<br />

schrieb: ‚Solange es geht, soll „Leila“ von Pfarrer Jopp beim Blutritt geritten werden – das<br />

ist mein Wunsch <strong>und</strong> bezeugt meinen tiefen Glauben an das Blut Jesu‘.“<br />

Eucharistiefeier zum 80. Geburtstag, Frickenhausen


9. September 2012<br />

<strong>Der</strong> Ökumene-Fre<strong>und</strong><br />

„Das ist wie<strong>der</strong> einmal ein Gottesdienst genau zum richtigen Zeitpunkt: Wir unterstützen<br />

diese neue Initiative „Ökumene jetzt!“ Sie tun das Richtige, die beiden Kirchen müssen noch<br />

viel mehr zusammenwachsen. Bei uns hier ist das schon sehr weit, aber wir können noch<br />

mehr tun“.<br />

„Ich suche schon immer ganz aktiv die Ökumene, mit meinem evangelischen Kollegen vor<br />

Ort tausche ich immer wie<strong>der</strong> die Kanzel. Was mich ganz persönlich freut: dem evangelischen<br />

Pfarrer-Ehepaar in unserer Gemeinde habe ich zur Investitur eine weiße Stola aus<br />

Israel geschenkt – diese tragen die beiden jedes Jahr in <strong>der</strong> Osternacht.“<br />

Pfarrer Anselm Jopp <strong>und</strong> sein evangelischer Kollege Andreas Stiehler, Beuren, beim ökumenischen Gottesdienst<br />

zum Beurener Brunnenfest.


16. September 2012 – 50. Gründungstag <strong>der</strong> Kirchengemeinde<br />

<strong>Der</strong> Grün<strong>der</strong>, <strong>der</strong> bekehrt wurde<br />

„Quae pacis sunt sectemur 1963 – Lasst uns nach dem streben, was dem Frieden dient“<br />

(Innschrift auf <strong>der</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>steintafel im Altarraum <strong>der</strong> Klaus-von-Flüe-Kirche)


16. September 2012 – 50. Gründungstag <strong>der</strong> Kirchengemeinde<br />

„Hinter dieser Tafel ist die Urk<strong>und</strong>e zur Gr<strong>und</strong>steinlegung eingemauert worden,<br />

das war im Juli 1963.<br />

Etwa ein Jahr zuvor kam ich nach Frickenhausen. Diesen Tag werde ich nie vergessen: Als<br />

ich am Vorabend des 3. September 1962 mit meinem VW-Käfer eintraf, da war hier gar<br />

nichts: keine Kirche, kein Pfarrhaus, kein Ansprechpartner. Das war grausam für mich.<br />

Niemand hatte mich erwartet; ich traf auf eine völlig verwahrloste Seelsorgesituation.<br />

Kein Mensch hatte sich so richtig um die über 2000 Katholiken gekümmert, fast allesamt<br />

waren sie Heimatvertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten.<br />

Sie wussten gar nicht, dass ein Pfarrer kommen sollte <strong>und</strong> wir ab dem 3. September eine<br />

eigenständige Seelsorgestelle werden sollten. Ich bin in <strong>der</strong> Hauptstraße ausgestiegen <strong>und</strong><br />

habe mich durchgefragt, bis ich den ersten Katholiken traf.“


16. September 2012 – 50. Gründungstag <strong>der</strong> Kirchengemeinde<br />

„In den folgenden Wochen hörte ich immer wie<strong>der</strong>, dass Leute in <strong>der</strong> Umgebung von<br />

Frickenhausen als dem „sündigen Dorf“ sprachen. ‚Ja‘, sagte ich, ‚den Eindruck habe ich<br />

auch‘. Viele konfessionsverschiedene-Ehen <strong>und</strong> wie<strong>der</strong>verheiratete Geschiedene.<br />

Doch ich än<strong>der</strong>te bald meine Meinung. Es waren w<strong>und</strong>erbare Menschen, auf die ich in<br />

meiner Gemeinde getroffen bin. Die hatten schon lange bevor ich da war begonnen, für<br />

einen Kirchenbau zu sammeln. Sie haben alle mitangepackt.<br />

Nachdem ich zwei Jahre hier gelebt hatte schrieb ich einen Brief nach Rottenburg <strong>und</strong> fragte:<br />

‚Warum habe ich zwei Kirchen gebaut, wenn keiner hier zur Kommunion gehen darf?<br />

Diese Kirchen sind tot‘!<br />

Meine Gemeinde hat mich bekehrt. Unsere Kirche ist erbauet auf Jesus Christ allein. Wir<br />

leben bewusst eine Alternative. Unser Glaube ist ein Weg. <strong>Der</strong> Weg von einer toten<br />

Ideologie hin zu einem Glauben <strong>der</strong> Befreiung. Wir sind alles an<strong>der</strong>e als ungehorsam!“<br />

Am Abend des Festtags zum Gründungsjubiläum, Klaus-von-Flüe-Kirche, Frickenhausen


14. Oktober 2012<br />

<strong>Der</strong> Nachwuchs-För<strong>der</strong>er<br />

„Seid gesegnet für diesen Dienst. Ich freue mich, dass ihr diesen Ruf gehört habt. Es ist eine<br />

gute Entscheidung, Ministrant zu werden. Das werdet ihr nicht bereuen.<br />

Viele, auch Prominente wie Thomas Gottschalk, erzählen immer wie<strong>der</strong> von ihrer Zeit als<br />

Ministrant. Ministrant zu sein, das ist eine Auszeichnung fürs Leben!“<br />

„Wenn ich von hier weggehe, haben wir 85 Ministranten in <strong>der</strong> Kirchengemeinde. Das ist<br />

herrlich!“<br />

Segnung <strong>und</strong> Aufnahme <strong>der</strong> neuen Ministranten, Hl.-Geist-Kirche Großbettlingen


3. November 2012<br />

<strong>Der</strong> Privatmann<br />

„Frau Schubert begleitet mich als Pfarrhausfrau nun schon seit 23 Jahren. Und das wird auch so<br />

bleiben. Wer will schon mit 80 Jahren anfangen, alleine zu leben?<br />

Unsere Zeit im Pfarrhaus geht zu Ende. Eine Wohnung ist gekauft, auch schon die ersten Möbel.<br />

Frau Schubert hofft, dass ich dann zur Ruhe komme. Aber das werden wir sehen.<br />

Was ich im Ruhestand tun werde? Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken. Auf jeden<br />

Fall aber möchte ich mir Zeit nehmen, mich mit geistlichen Schriften zu befassen. Mit Schriften<br />

zum Gottesbild in Beziehung zu den Naturwissenschaften <strong>und</strong> mit Schriften zu den aktuell<br />

bedrängenden Fragen unserer kirchlichen Praxis - wie ich sie schon zu Zeiten unserer Diözesansynode<br />

Mitte <strong>der</strong> 80er Jahre aufgriff <strong>und</strong> damals viel erreicht habe.<br />

Nicht das Kirchenrecht ist mein Leitbuch, son<strong>der</strong>n die Bibel mit ihrer orientierenden,<br />

befreienden, ermutigenden Botschaft!“<br />

Beim Nachmittagskaffee im Pfarrhaus, Frickenhausen


4. November 2012<br />

<strong>Der</strong> Visionär<br />

„Wohin die Reise unserer Kirche geht? Ich sehe das gar nicht so dramatisch. Ich bin gar<br />

nicht so traurig, wenn es eine Zeit nur mit wenigen Priestern gibt. Wir lernen wie<strong>der</strong> was es<br />

bedeutet, Kirche des Evangeliums zu sein; dabei ist die Heilige Schrift unsere „Urk<strong>und</strong>e des<br />

Glaubens“. Wir kommen <strong>der</strong> Ur-Kirche wie<strong>der</strong> näher. Wir sind Kirche!“<br />

„Für meine Gemeinde hier wünsche ich mir, dass die Gruppen <strong>und</strong> Ausschüsse weiterhin<br />

selbständig arbeiten, aber nicht eigenmächtig handeln. Ich wünsche mir, dass sie noch<br />

mehr erkennen, welche Bedeutung <strong>der</strong> Glaube heute hat.<br />

Unsere Kirche ist keine Kirche des Rechtes. Sie ist eine Kirche <strong>der</strong> Liebe!“<br />

Beim Einweihungsfest zur Eröffnung des Panti-Kin<strong>der</strong>gartens, Großbettlingen


10. November 2012<br />

<strong>Der</strong> an W<strong>und</strong>er glaubt<br />

„Annuntio vobis gaudium magnum: habemus parochum“<br />

„Das ist ein W<strong>und</strong>er, unglaublich!<br />

Niemals hätte ich das für möglich gehalten. Ich habe damit gerechnet, dass die Gemeinde<br />

sicher zwei Jahre ohne Pfarrer bleiben wird.<br />

Gott hat uns beschenkt. Nun gehe ich natürlich viel leichter! Das ist mein schönster Tag in<br />

diesem Jahr! Und welcher Pfarrer da kommt; es hätte kein Besserer sein können!<br />

Das hat meine Gemeinde verdient!“<br />

Am 2. November erfährt Anselm Jopp zunächst, wer <strong>der</strong> Gemeinde in <strong>der</strong> Vakanz als Administrator vorstehen wird.<br />

Am 9. November erhält Jopp einen Brief des Dekans mit <strong>der</strong> Information, dass bereits ab März 2013 die Pfarrstelle<br />

neu besetzt wird. <strong>Der</strong> Name des künftigen Priesters: Dr. Achille Mutombo-Mwana. <strong>Der</strong> aus Afrika stammende<br />

Priester war zuvor 20 Jahre Gemeindepfarrer in Pliezhausen. Am Abend des 10. November, nach dem traditionellen<br />

Martinsritt in Großbettlingen, verkündet Jopp diese Neuigkeiten, überwältigt <strong>und</strong> voll Freude, unter dem Jubel<br />

seiner Gemeinde. Spontan lässt er die Glocken läuten <strong>und</strong> stimmt „Großer Gott wir loben Dich“ an.

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