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8 aktuell BUNDESWEHR 9. November 2015<br />
Mit der Truppe für die Truppe<br />
Seit Ende Oktober werden Soldaten für Auslandseinsätze mit neuer Kampfbekleidung ausgestattet.<br />
von Björn Lenz<br />
Koblenz. Mehr als vier Jahre<br />
wurde entwickelt, erprobt, verbessert<br />
– jetzt kommt das Ergebnis<br />
in die Truppe: Der neue<br />
„Kampfbekleidungssatz Streitkräfte“.<br />
Er soll den Feldanzug<br />
ergänzen – und wird zuerst an<br />
Soldaten ausgegeben, die in den<br />
Auslandseinsatz gehen.<br />
Mit der Truppe<br />
entwickelt<br />
Ende Oktober in der Niederlassung<br />
der LH Bundeswehr Bekleidungsgesellschaft<br />
(LHBW) in<br />
Koblenz: Hauptfeldwebel Meik<br />
H. gehört zu den ersten acht Soldaten,<br />
die mit der neuen Kampfbekleidung<br />
ausgestattet werden.<br />
Er wird 2016 im Nordirak in seinen<br />
sechsten Auslandseinsatz<br />
gehen, dieses Mal mit ganz neuer<br />
Ausstattung. „Der Feldanzug war<br />
nicht schlecht – aber wieso sollte<br />
man Soldaten nicht etwas Besseres<br />
zur Verfügung stellen?“,<br />
sagt der 40-Jährige. Bevor die<br />
Einkleidung losgeht, wird der<br />
großgewachsene Hauptfeldwebel<br />
zuerst einmal vermessen.<br />
„Wir haben für den Kampfbekleidungssatz<br />
Streitkräfte genaue<br />
Größen- und Schnittvorgaben für<br />
die Hersteller definiert, um eine<br />
exakte Passform zu erreichen“,<br />
erklärt Major Christian Stahl. Er<br />
ist im Bundesamt für Ausrüstung,<br />
Informationstechnik und Nutzung<br />
(BAAIN) für sämtliche Bekleidung<br />
der Bundeswehr zuständig – und<br />
von Anfang an an der Entwicklung<br />
und Erprobung der neuen Kampfbekleidung<br />
beteiligt. „Das ist die<br />
erste Bekleidung, die wirklich mit<br />
der Truppe entwickelt wurde.“<br />
Meik H. probiert inzwischen<br />
die neuen Kälteschutz-Unterwäsche<br />
an. Mit kritischem<br />
Blick mustert der LHBW-Mitarbeiter<br />
die Passform der Hose.<br />
„Ich würde die Hose eine Nummer<br />
kleiner nehmen, dann gibt es<br />
unten am Bein nicht so einen<br />
Wulst“, empfiehlt er dem Hauptfeldwebel.<br />
„Die neue Bekleidung<br />
funktioniert nach dem Zwiebelschalenprinzip“,<br />
erklärt Major<br />
Stahl. Die einzelnen Schichten<br />
der Bekleidung sind genau aufeinander<br />
abgestimmt und ermöglichen<br />
so etwa den optimalen<br />
Transport von Schweiß bis auf<br />
die äußerste Schicht – die sogenannte<br />
Atmungsaktivität.<br />
Nässeschutz zum<br />
Unterziehen<br />
Die Modularität der Kampfbekleidung<br />
wird auch bei der Einkleidung<br />
deutlich: Allein vier<br />
verschiedene Handschuhe werden<br />
Hauptfeldwebel H. angepasst.<br />
Die auffälligste Neuerung ist<br />
der Nässeschutz. Im Gegensatz<br />
zum Vorgänger wird er bei der<br />
neuen Kampfbekleidung nicht<br />
als oberste Schicht, sondern unter<br />
Kampfjacke oder Schutzweste<br />
getragen. „Das Ziel ist, dass der<br />
Soldat jederzeit an alle Taschen<br />
Daraus besteht der Satz<br />
• Unterhemd, kurzer Arm und langer Arm<br />
• Unterhemd, langer Arm, Mehrschicht<br />
• Unterhose, kurz und knöchellang<br />
• Unterhose, Mehrschicht<br />
• Hemd, langer Arm, Rollkragen<br />
• Jacke, Kaltwetterschutz<br />
• Hose, Kaltwetterschutz<br />
• Unterziehjacke, Kälteschutz<br />
• Unterziehhose, Kälteschutz<br />
• Jacke, Nasswetterschutz<br />
• Hose, Nasswetterschutz<br />
• Kampfjacke, Tarndruck<br />
• Kampfjacke, lang, Tarndruck<br />
herankommt“, erläutert<br />
Major Stahl. Der Nässeschutz<br />
zum Unterziehen ist<br />
ein komplett neu entwickeltes<br />
System und besteht aus einer Art<br />
dünnem, leichten Stretch-Material.<br />
Großer Vorteil: Zusammengefaltet<br />
passt er in eine kleine<br />
Tasche – und kann so immer am<br />
Mann bleiben. „Trägt sich gut“,<br />
bekräftigt Hauptfeldwebel H. seinen<br />
ersten Eindruck des neuen<br />
High-Tech-Materials.<br />
Als oberste Schicht gibt es<br />
neben der Kampfhose zwei verschiedene<br />
Kampfjacken in kurz<br />
oder lang. „Den alten Feldanzug<br />
Foto: Bartsch/Bundeswehr<br />
Grundform gibt es praktisch nicht<br />
mehr“, sagt Major Stahl. Stattdessen<br />
kann der Soldat – je nach<br />
Wetterbedingungen und Temperatur<br />
– aus dem Kampfbekleidungssatz<br />
eine sinnvolle Kombination<br />
zusammenstellen.<br />
Details wie Lüftungsmöglichkeiten<br />
bei den Jacken oder<br />
die Möglichkeit, verschiedene<br />
Kniepolster in die Hose einzuschieben,<br />
sind das Ergebnis der<br />
umfangreichen Trageversuche<br />
der neuen Bekleidung. „Zwischen<br />
den Prototypen und dem<br />
Endprodukt liegen Welten“,<br />
bestätigt auch Major Stahl.<br />
Noch 2015 sollen<br />
zunächst alle für den Auslandseinsatz<br />
geplanten Soldaten<br />
mit dem neuen Kampfbekleidungssatz<br />
ausgestattet<br />
werden. Bis 2017 plant die Bundeswehr<br />
die Beschaffung von<br />
24 000 Sätzen.<br />
Der Beitrag „Neue<br />
Kampfbekleidung“<br />
unter www.youtube.<br />
com/bundeswehr.<br />
• Kampfhose, Tarndruck<br />
• Polster, Körperpanzerungselement, Jacke<br />
• Polster, Körperpanzerungselement, Hose<br />
• Pullover Combat-Shirt, Tarndruck<br />
• Sack, Bekleidung und Ausstattung, Kompressionsbeutel<br />
• Fingerhandschuhe, Kampfhandschuhe taktil<br />
• Fingerhandschuhe, Kälte- und Nasswetterschutz<br />
• Fausthandschuhe, Kälteschutz<br />
• Unterziehfingerhandschuhe, Kaltwetterschutz<br />
• Socken<br />
Von Splittertarn zum 3-Farb-Tarndruck<br />
Foto: v.l.n.r. Altarchiv/Bundeswehr, Zins/Bundeswehr, Breuer/Bundeswehr , Weigner/Bundeswehr<br />
Feldanzug Splittertarn (li., 1956), Feldanzug olivfarben neben dem damals geplanten Feldanzug<br />
Tarndruck (mi., 1986), rechts der Feldanzug 3-Farb-Tarndruck (2009), neue Kampfbekleidung.<br />
Mit der Aufstellung Ende<br />
1955 erhielt die Truppe<br />
ihren ersten Feldanzug.<br />
Der weit geschnittene<br />
Anzug aus Jacke<br />
und Hose war in<br />
einer Abwandlung<br />
des noch aus<br />
Reichswehr-Zeiten<br />
stammenden<br />
Splittertarns gehalten<br />
und aus dickem,<br />
zeltbahnähnlichem<br />
Stoff gefertigt.<br />
Bereits ab<br />
1959 wurde er<br />
durch den einfarbigen<br />
„Kampfanzug<br />
jagdmeliert“ ersetzt.<br />
Der Anzug verfügte<br />
zum Schutz des Soldaten<br />
vor Feuchtigkeit<br />
über eine frühe<br />
Kunstfaser-Membran im Inneren. Da<br />
diese aber bei Bewegung knisterte und<br />
auf der Haut kratzte, bedachte die Truppe<br />
den äußerst unbeliebten Kampfanzug<br />
mit dem Namen „Filzlaus“. Ab Mitte<br />
der 1960er-Jahre wurde er durch den<br />
ursprünglich als Arbeitsanzug bezeichneten<br />
„Feldanzug olivfarben“ ersetzt. Mit<br />
kleineren Änderungen – so wurde der<br />
anfangs genutzte Stoff im Fischgrätmuster<br />
Anfang der 1970er-Jahre durch Moleskin<br />
ersetzt – blieb der Feldanzug bis zur Einführung<br />
des „Feldanzug Tarndruck“ in<br />
Flecktarn Ende der 1990er-Jahre in der<br />
Truppe. Mit den zunehmenden Auslandseinsätzen<br />
der Bundeswehr wurden<br />
schließlich anders geschnittene und aus<br />
leichteren Materialien hergestellte Varianten<br />
des Feldanzugs eingeführt. Zusätzlich<br />
zum normalen Flecktarn entstanden<br />
„3-Farb-Tarndruck“ für trocken-heiße<br />
Klimazonen und „5-Farb-Tarndruck<br />
Tropen“ für feucht-heiße Gebiete.