ERN_Leseprobe_kl2
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Auswahl der Nahrungsmittel<br />
– Entwicklung von Ästhetik<br />
Sowohl das Wissen über Ernährung als auch das Gefühl für harmonische<br />
Zubereitung und Zusammenstellung können beständig erweitert werden.<br />
Die Entwicklung des Menschen darf im Laufe eines Lebens niemals stagnieren.<br />
Sie kann auch nicht zu einem Ende kommen, zu einem Punkt, an<br />
dem alles erreicht sein könnte. So ist auch die bewusste Auseinandersetzung<br />
mit Nahrungsmitteln, Kochkunst und Essverhalten an eine beständige<br />
Erweiterung gebunden.<br />
Gegenwärtig stehen wir am Beginn eines von zunehmender Spiritualität<br />
geprägten Zeitalters. Viele Menschen spüren eine unausweichliche Sehnsucht<br />
nach einer neuen Dimension des Erlebens. Das Leben muss einen<br />
höheren Sinn erhalten und daher mit einem tieferen Inhalt bereichert werden.<br />
Aus der Melancholie des Alltags strebt die menschliche Seele nahezu<br />
unbewusst zu freieren Formen der Wahrnehmung, des inneren Erlebens<br />
und schließlich der Sinngebung. Wie viele Menschen sind es, die nicht<br />
mit dem Wohlstand der Zeit konform gehen wollen und die sich daher<br />
über die gegebenen Verhaltensweisen eine freiere Sichtweise erarbeiten<br />
und eine größere Unabhängigkeit in ihrer Persönlichkeit wünschen? Nur<br />
ist es eine große Schwierigkeit, nicht als Revolutionär gegenüber traditionellen<br />
Formen zu reagieren, sondern die wirklichen Tiefen des Lebens zu<br />
berühren und sich selbst in der Sinnfrage zu finden. Nach der Lehre der<br />
katholischen Kirche, die bis heute noch nicht korrigiert wurde, müsste<br />
der Vegetarier exkommuniziert werden. Zu einer Revolution gegen bestehende<br />
Dogmen muss heute jedoch sicherlich nicht aufgerufen werden.<br />
Die Suche nach mehr Freude, Zufriedenheit und Einssein ist nicht ein<br />
Weg der Revolution, des nur Alternativseins oder gar der Trennung von<br />
dem gewöhnlichen, konventionellen sozialen Leben, sondern es ist ein<br />
tiefer Wandel in den subtileren Bereichen des Denkens, Fühlens und Wollens.<br />
So soll das Verständnis für die Ernährung auf solche Weise wachsen,<br />
dass die innere Natur des Menschen berührt wird. Eine spezifische<br />
Kochanleitung oder ein bestimmtes Verhaltensmuster für das Essen kann<br />
nur das Äußere ändern. Diese Dinge leben nur an der Oberfläche. Eine<br />
Wandlung soll gleichzeitig durch die Möglichkeit der Erkenntnis und der<br />
daraus möglichen Sinngebung geschehen. Die Erkenntnis wird aus der<br />
Aktivität der Seele geboren, sie ergreift die feinere Empfindungswelt und<br />
wirkt sich schließlich auf das gesamte Leben aus.<br />
Früher war Spiritualität vielleicht<br />
naturgegeben noch ein<br />
Teil des Menschen und eine<br />
besondere Spiritualität wurde<br />
nur in bestimmten Klöstern und<br />
spezifischen Einweihungsschulen<br />
gelebt. Heute jedoch sollte Spiritualität<br />
eine bewusste Disziplin für<br />
jeden Menschen werden.<br />
Die katholische Kirche hat den<br />
Vegetarismus bereits früh<br />
verurteilt. Noch heute gilt der<br />
Bannfluch von Papst Johannes III.<br />
(561 bis 574) für Menschen, die<br />
Fleischspeisen für unrein halten<br />
und darauf verzichten, obwohl<br />
Gott das Fleisch den Menschen<br />
zum Genuss gegeben habe.<br />
Das Leben oder die Ätherkräfte sprießen aus einer Quelle, die durchaus<br />
kosmischer Art ist, und die einzelnen Pflanzen zeigen sich in einer weiten<br />
Vielfalt. Stellt man die Nahrung für sich und seine Angehörigen zusammen,<br />
so kann diese Aktivität bewusst oder unbewusst geschehen. Wohl<br />
jeder Mensch kann auf dem Gebiet der Ernährung seine eigenen Bedürfnisse<br />
einbringen und die Ernährungsfrage für sich gestalten. Eine innere<br />
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