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Wann & Wo 09.12.2015

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10 Mittwoch, 9. Dezember 2015 WANN & WO<br />

Story<br />

3<br />

Fragen<br />

an Livia Klingl, Autorin und<br />

Kriegsberichterstatterin.<br />

Wieso begegnen viele<br />

Menschen Flüchtlingen<br />

mit „Angst“?<br />

1„Ich erlebe bei jenen, die mit<br />

Flüchtlingen Kontakt haben,<br />

überhaupt keine Angst. Und<br />

bei Flüchtlings-Gegnern kaum<br />

je tatsächliche Angst, oft Verachtung<br />

und schauriges ‚Lügen-<br />

Verbreiten‘.“<br />

Was sind die größten<br />

Herausforderungen?<br />

2<br />

„Problematisch ist auf alle<br />

Fälle der Verordnungsdschungel,<br />

der auch für<br />

helfende Inländer kaum zu<br />

durchschauen ist. Kontraproduktiv<br />

ist die lange Wartezeit<br />

auf einen Asylbescheid, der<br />

Mangel an Deutschkursen und<br />

Debatten über eine Überprüfung<br />

des Asylstatus nach drei Jahren.<br />

Dies stellt nicht nur einen gigantischen<br />

Arbeitsaufwand für die<br />

ohnehin überforderte Asylbehörde<br />

dar, es läuft dem allgemeinen<br />

Interesse einer raschen<br />

Integration von Flüchtlingen<br />

zuwider. Denn wer will schon<br />

Sprache und Alltagskultur eines<br />

Landes bestmöglich lernen,<br />

ohne zu wissen, ob sie oder er<br />

wird bleiben dürfen?“<br />

Wie betrachten Sie<br />

das österreichische<br />

Asylwesen?<br />

3<br />

„Das Innenministerium ist<br />

nicht in der Lage, mit der<br />

Flüchtlingssituation klar<br />

kommen, was man allein daran<br />

erkennt, dass Österreich in der<br />

Flüchtlingsbewegung 1992 aus<br />

Bosnien bei 90.000 Menschen<br />

kein einziges Zelt brauchte<br />

und heuer bei einem Stand von<br />

27.000 sehr wohl Zelte. Es sind<br />

aber auch andere Behörden und<br />

Ämter wie auch NGOs zum Teil<br />

erschreckend überfordert.“<br />

Zur Person: Iman El-Ghoubashy<br />

Alter, <strong>Wo</strong>hnort: 17, Feldkirch<br />

Ausbildung: Maturaklasse im Gymnasium Rebberggasse<br />

Interessen: Kunst, Politik, reisen, Museen besuchen, essen<br />

Vorwissenschaftliche Arbeit: „Situation syrischer<br />

Flüchtlinge in Vorarlberg“<br />

Die Flüchtlinge nehmen große Strapazen und Gefahren auf sich, um den Kriegswirren zu entfliehen.<br />

„<strong>Wo</strong>llen wieder zurück“<br />

Im Rahmen der Menschrechtstage<br />

sprach<br />

WANN & WO mit Iman<br />

(17) aus Feldkirch über<br />

die Situation syrischer<br />

Flüchtlinge in Vorarlberg.<br />

In ihrer vorwissenschaftlichen Ar -<br />

beit beschäftigt sich die junge<br />

Feldkircherin mit der Situation<br />

syrischer Flüchtlinge und besuchte<br />

verschiedene Flüchtlingsheime in<br />

Vorarlberg. Ihr Vater stammt aus<br />

Ägypten und hilft Flüchtlingen beim<br />

Spracherwerb. Sie selbst besucht<br />

das Gymnasium in Feldkirch und<br />

man kann sie als Vermittlerin zwischen<br />

den Kulturen sehen.<br />

Flüchtlinge unglücklich<br />

Die Interviews, die Iman geführt<br />

hat, waren meist sehr emotional<br />

aufgrund der erzählten Erlebnisse.<br />

„Viele Flüchtlinge sind unglücklich<br />

über die Situation, da sie<br />

wieder nach Syrien wollen. Aber<br />

sie wissen, dass dies momentan<br />

nicht möglich ist,“ beschreibt die<br />

17-jährige Schülerin die Gefühlslage<br />

der Menschen. „Andererseits<br />

sind sie auch froh, dass sie<br />

den Kriegswirren entfliehen konnten“,<br />

fährt sie fort.<br />

Aufklärung wichtig<br />

„Ich erlebe in der Schule oft, dass<br />

meine Mitschüler in der Frage,<br />

ob man mehr Flüchtlinge aufneh-<br />

men bzw. ob man mit der ‚Willkommenskultur‘<br />

aufhören sollte,<br />

gespalten sind. Deshalb finde ich<br />

es wichtig, Aufklärungsarbeit zu<br />

leisten und rational sowie objektiv<br />

zu erklären, warum die Flüchtlinge<br />

kommen.“ In diesem Punkt versucht<br />

Iman zwischen beiden Seiten<br />

zu vermitteln und aufzuklären,<br />

jedoch versteht sie auch, dass eine<br />

gewisse Skepsis bzw. Angst präsent<br />

ist. „Man muss versuchen, beide<br />

Seiten der Bevölkerung zu erreichen,<br />

sowohl die Helfende als auch<br />

die Ablehnende. Besonders wichtig<br />

ist es, die unbegründeten Ängste zu<br />

nehmen“, erklärt die junge Maturantin.<br />

Gleichzeitig fügt sie hinzu:<br />

„Die Ängste der Bevölkerung müssen<br />

aber wahrgenommen werden.“<br />

Vorurteile bekämpfen<br />

Es ist wichtig, gegen die stereotypischen<br />

Vorurteile anzukämpfen.<br />

Zum Beispiel die Begrüßung<br />

zwischen Männer und Frauen.<br />

„Im arabischen Kulturkreis ist<br />

es üblich, dass sich Männer mit<br />

der Hand ans Herz greifen und<br />

sich verbeugen, wenn sie eine<br />

Frau begrüßen. Bei uns ist es<br />

nicht so und das Lernen kommt<br />

mit der Zeit. Das hat nichts mit<br />

Respektlosigkeit zu tun,“ erzählt<br />

Iman. Abschließend sagt sie: „Beide<br />

Seiten müssen sich bemühen.“<br />

CHRISTOPH ŠELNER<br />

christoph.selner@wannundwo.at<br />

INFOS<br />

Auftaktveranstaltung:<br />

WANN: Heute, 18.30 Uhr<br />

WO: Landhaus Bregenz<br />

• Bürgerrat zum Thema „Flucht<br />

und Asyl“ – Bericht über den<br />

Stand der Umsetzung<br />

• Livia Klingl „Wir können doch<br />

nicht alle nehmen – Europa<br />

zwischen ‚das Boot ist voll‘ und<br />

‚wir sterben aus‘. Anmeldungen<br />

unter veranstaltungen@<br />

vorarlberg.at<br />

Hauptveranstaltung:<br />

WANN: Donnerstag, ab 16.30 Uhr<br />

WO: Spielboden Dornbirn<br />

Bücherstand, Kurzfilme, Marktstände<br />

der Organisationen Vorstellung<br />

der Vlbg. Plattform für<br />

Menschenrechte, Beiträge von<br />

und mit Flüchtlingen, anschließend<br />

Buffet von Flüchtlingen.<br />

„Herr Issa und seine Musik” feat.<br />

George Nussbaumer – ein Konzert<br />

mit und von Flüchtlingen.<br />

Ausstellungen im Landhaus<br />

WANN: 10. bis 18. Dez. 2015<br />

Maturaarbeiten von SchülerInnen<br />

zum Thema Menschenrechte<br />

„Riesenkinder“ – JugendbotschafterInnen<br />

für UN-Kinderrechte<br />

der youngCaritas<br />

Fotos: APA, handout/privat

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