14_2018_news
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
p o l i t i s c h e s p a r k e t t<br />
··········································································································· ver.di <strong>news</strong> <strong>14</strong> · 13. Oktober <strong>2018</strong> 3<br />
Passgenaue Lösungen<br />
erwerbsbeteiligung älterer – Starke Zuwächse insbesondere bei den Frauen<br />
(pm)DieErwerbstätigkeitvonÄlteren<br />
ist in allen EU-Ländern deutlich gestiegen.<br />
In Deutschland kletterte<br />
die Erwerbstätigenquote der 55- bis<br />
64-Jährigenzwischen2005und2016<br />
umrund23Prozentpunkteaufknappe<br />
70 Prozent. Das ist der stärkste<br />
Anstieg im EU-weiten Vergleich. An<br />
derSpitzederLänderliegtSchweden<br />
mit rund 75 Prozent Erwerbsbeteiligung.<br />
Am niedrigsten ist sie in<br />
Griechenland mit rund 36 Prozent.<br />
MartinBrussigundArthurKaboth<br />
vomInstitutArbeitundQualifikation<br />
(IAQ)derUniversitätDuisburg-Essen<br />
hatten die Zahlen in einer von der<br />
Hans-Böckler-Stiftung geförderten<br />
Studie ausgewertet. Nach ihrer Untersuchung<br />
bestehen europaweit<br />
große Unterschiede zwischen MännernundFrauen:DieAlterserwerbs-<br />
beteiligung von Männern ist in der<br />
Regel höher als die der Frauen. Die<br />
stärkeren Zuwächse waren zuletzt<br />
allerdings bei den Frauen zu beobachten.<br />
Erwerbstätigkeit ...<br />
....bei den 55- bis 64jährigen (in Prozent)<br />
Schweden<br />
75,5<br />
69,4<br />
Deutschland<br />
68,6<br />
45,5<br />
Italien<br />
50,3<br />
31,4<br />
Frankreich<br />
49,8<br />
38,5<br />
Österreich<br />
49,2<br />
29,9<br />
Spanien<br />
49,1<br />
43,1<br />
Griechenland<br />
38,3<br />
42,0<br />
QUELLE: EUROSTAT <strong>2018</strong>, HANS-BÖCKLER-STIFTUNG<br />
2016<br />
2005<br />
Gut sichtbar<br />
#unteilbar – ver.di zieht als vierter Block im Demozug durch Berlin<br />
(red.) Am 13. Oktober findet in Berlin<br />
die Demonstration #unteilbar für<br />
Solidarität statt Ausgrenzung statt<br />
(„ver.di <strong>news</strong>“ berichtete). Sie wird<br />
auchvonverschiedenenver.di-Gliederungen<br />
unterstützt. Die Auftaktkundgebung<br />
beginnt um 12 Uhr am<br />
Alexanderplatz. Von dort aus setzt<br />
sich gegen 13 Uhr ein DemonstrationszugmitdemZielSiegessäule<br />
in Bewegung. Dort findet die Abschlusskundgebung<br />
statt. Der Demonstrationszug<br />
ist in Blöcke aufgeteilt.<br />
Der ver.di-Block ist in der<br />
Reihung der vierte von vorne. Damit<br />
ver.di optisch gut wahrzunehmen<br />
ist,stehteinMaterialautodes ver.di-<br />
Landesbezirks Berlin-Brandenburg<br />
Gegen Ausgrenzung und Populismus<br />
weiterbildung – Gewerkschaen schlagen einheitliches Bundesgesetz vor<br />
(pm) In Deutschland sollen Zugang,<br />
Teilnahme und Finanzierung der<br />
Weiterbildung durch ein Bundesweiterbildungsgesetzeinheitlichauf<br />
hohemNiveausichergestelltwerden.<br />
Das haben ver.di und die Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
(GEW) zum Auftakt des Deutschen<br />
Weiterbildungstages Ende September<br />
vorgeschlagen. Weiterbildung<br />
für alle werde nicht nur zu einer entscheidendenFragederInnovationsfähigkeitdesLandes,sondernimmer<br />
mehr auch zu einer Frage sozialer<br />
Gerechtigkeit.<br />
„Wir brauchen einen Rechtsanspruch<br />
auf Weiterbildung und<br />
Förderung“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied<br />
Ute Kittel. Weiterbildung<br />
sei nach wie vor selektiv<br />
und verstärke die soziale Ungleichheit.<br />
Die Infrastruktur der Weiterbildung<br />
sei unsystematisch und<br />
zeichnesichdurcheinenDschungel<br />
von Zuständigkeiten aus. „Deshalb<br />
brauchen wir dringend bundesweit<br />
verbindlicheRegelungen“,soKittel.<br />
FürGEW-VorstandsmitgliedAnsgar<br />
KlingersindWeiterbildungsrätedes<br />
Gebot der Stunde: „Regionale und<br />
nationaleRegelungsinstanzenkönnen<br />
eine Kooperation und Koordination<br />
der vielfältigen Akteure der<br />
Weiterbildung ermöglichen.“ Das<br />
könnemanmiteinemBundesgesetz<br />
regeln, so wie es für die berufliche<br />
Erstausbildung im Berufsbildungsgesetz<br />
geschehe.<br />
Bei der Gestaltung alternsgerechter<br />
Arbeitsbedingungen und der sozialstaatlichen<br />
Absicherung älterer<br />
Beschäftigter sehen die Studienautoren<br />
große Defizite. Sie haben<br />
festgestellt, dass sich die soziale<br />
Ungleichheit beim Altersübergang<br />
vergrößert hat. „Ein guter Teil der<br />
älteren Erwerbstätigen hangelt sich<br />
über Phasen von prekärer TeilzeitbeschäftigungoderArbeitslosigkeit<br />
in Richtung Rente“, sagen Brussig<br />
und Kaboth. Davon betroffen seien<br />
vorallemMenschen,dieinkörperlich<br />
anspruchsvollen Berufen arbeiten<br />
oder unter gesundheitlichen Einschränkungenleiden.FürMenschen,<br />
die zu krank für die Arbeit und zu<br />
gesund für die Rente sind, müsse<br />
es „passgenaue Lösungen“ geben,<br />
fordern die Forscher.<br />
mitFahnen,WestenundTrillerpfeifen<br />
sowie Kartons und Stiften von 11.30<br />
bis 13 Uhr an der Bundesstraße 2 in<br />
Höhe der St. Marienkirche bereit.<br />
Der Demo-Aufruf und Infos zum<br />
Ablauf und zu den verschiedenen<br />
Anreisemöglichkeiten aus der ganzen<br />
Republik unter<br />
www.unteilbar.org<br />
Gesellschaftliche Ausgrenzungen<br />
und zunehmender Populismus stellten<br />
die Weiterbildung vor ebenso<br />
große Herausforderungen wie die<br />
Digitalisierung. Auch geringqualifizierte<br />
und bildungsferne Menschen<br />
müsstenzurWeiterbildungermutigt<br />
werden und die notwendigen Zugangschancen<br />
erhalten. Lebensbegleitendes<br />
Lernen gewinne immer<br />
mehr Bedeutung für die gesamte<br />
Arbeits- und Alltagswelt der Menschen.<br />
Das neue Qualifizierungschancengesetz,<br />
das die Bundesregierung<br />
auf den Weg gebracht hat,<br />
sei zwar ein wichtiger Schritt, aber<br />
keineswegs ausreichend, um in<br />
Deutschland eine neue Weiterbildungskultur<br />
zu etablieren.<br />
heike langenberg ist<br />
die verantwortliche<br />
redakteurin der<br />
„ver.di <strong>news</strong>“<br />
k o m m e n t a r<br />
Am Rande<br />
ihrer Kräfte<br />
Die Erwerbsbeteiligung<br />
älterer Menschen in Europa<br />
steigt. Doch ist das<br />
ein Grund zum Jubeln?<br />
Betrachtet man die Ergebnisse<br />
des jüngst vorgelegten<br />
Altersübergangsreports,<br />
ist es das<br />
mit Sicherheit nicht.<br />
Zwar arbeiten immer<br />
mehr 55- bis 64jährige,<br />
aber es fehlt häufig noch<br />
an alternsgerechten Arbeitsbedingungen.<br />
Gerade<br />
bei gering Qualifizierten,<br />
die in körperlich<br />
belastenden Berufen tätig<br />
sind, ist die Belastung<br />
groß, so groß, dass<br />
sie zum Ende ihres Berufslebens<br />
am Rande ihrer<br />
körperlichen Kräfte<br />
sind. Doch wer früher in<br />
den Ruhestand gehen<br />
möchte, wird mit Abschlägen<br />
bei der Rente<br />
bestraft, und die treffen<br />
hier die Bezieher/innen<br />
oft ohnehin geringer<br />
Rentenzahlungen besonders<br />
hart. Also müssen<br />
sie weiter arbeiten gehen.<br />
Zu krank für die Arbeit,<br />
zu gesund für die<br />
(Erwerbsminderungs)rente<br />
– hier müssen endlich<br />
individuelle Lösungen<br />
her, um denen, die nicht<br />
mehr können, einen Berufsausstieg<br />
in Würde zu<br />
ermöglichen.