S.1-9FINAL_User-Guide_Digital-Reliable_Barrierefreiheit
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<strong>User</strong>-<strong>Guide</strong><br />
Barrierefreie IT<br />
Barrierefrei<br />
in die digitale<br />
Welt<br />
Im Interview Anne-Marie<br />
Nebe und André Meixner<br />
Gesetze und<br />
Deadlines<br />
Was Sie jetzt beachten<br />
müssen!<br />
10 Tipps<br />
für Sie<br />
Gestalten Sie<br />
Ihre Medienlandschaft<br />
barrierefrei!<br />
1
Im Interview<br />
Barrierefrei in<br />
die digitale Welt.<br />
Impressum<br />
Magazin-Publikation April 2020<br />
T-Systems Multimedia Solutions GmbH<br />
Riesaer Straße 5, 01129 Dresden<br />
Autoren<br />
André Meixner,<br />
Anne-Marie Nebe<br />
Organisation<br />
Projektleitung:<br />
Sandra Wießner-Göbel<br />
Redaktion:<br />
André Meixner, Anne-Marie Nebe<br />
Design:<br />
Tina Warmuth<br />
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Im Interview<br />
Die <strong>Digital</strong>isierung gibt uns die Chance, allen<br />
„Die am besten funktionierende Lösung führt<br />
Auch André Meixner, Leiter <strong>User</strong>-Experience-<br />
Welche gesetzlichen Anforderungen gelten<br />
Menschen einen Zugang zu allen Facetten<br />
nicht zwangsläufig zum besten Nutzererleb-<br />
und <strong>Barrierefreiheit</strong>stests bei T-Systems Mul-<br />
für eine barrierefreie und ergonomische IT?<br />
unserer digitalen Welt zu geben.<br />
Barrierefreie und ergonomische Informationstechnologie<br />
stellt sicher, dass alle digitalen<br />
Informationen und Verfahren, von allen Nut-<br />
nis. Ebenso wichtig wie Funktion, Performance<br />
oder Sicherheit ist die digitale Zugänglichkeit<br />
einer Softwareanwendung. Sie beschreibt zwei<br />
Aspekte von Software-Qualität: Die digitale Bar-<br />
timedia Solutions, betont den immer höher<br />
werdenden Stellenwert einer barrierefreien IT<br />
in Unternehmen. Im Hinblick darauf verweist er<br />
auf die fortlaufende Erweiterung des digitalen<br />
Die Nutzerrechte zur <strong>Barrierefreiheit</strong> sind in der<br />
internationalen und nationalen Gesetzgebung<br />
fest verankert.<br />
zern wahrgenommen, bedient und verstan-<br />
rierefreiheit und die Software-Ergonomie.“ So<br />
Raums mit Berücksichtigung auf den demogra-<br />
Grundlage bildet die UN-Behindertenrechtskon-<br />
den werden können; egal ob im öffentlichen<br />
fasst Anne-Marie Nebe, Accessibilty & Usabilty<br />
fischen Wandel und die alternde Belegschaft.<br />
vention, die bereits 2009 in Deutschland rati-<br />
oder privatem Raum oder im Arbeitsumfeld.<br />
Expertin bei der T-Systems Multimedia Solu-<br />
Keiner hat mehr einen Alltag ohne Internet.<br />
fiziert wurde. Ausgehend von diesen Rechten<br />
tions (MMS) das Anliegen der digitalen Zugäng-<br />
Außerdem gehe es im Kern um eine generelle<br />
von Menschen mit Behinderungen erfolgte das<br />
lichkeit zusammen.<br />
Chancengleichheit, die ohne <strong>Barrierefreiheit</strong><br />
EU-Mandat 473 „Design for All“. Das Standar-<br />
<strong>Barrierefreiheit</strong> wird oft nur als Anforderung<br />
von beeinträchtigten Menschen verstanden, die<br />
eine permanente Störung der Sinne, der Bewegungsfähigkeit<br />
oder der Informationsverarbei-<br />
nicht gegeben wäre.<br />
disierungsmandat brachte zwei Richtlinien und<br />
zwei Normen hervor, die die Teilhabe aller Bürger<br />
am gesellschaftlichen Leben innerhalb der<br />
EU regeln sollen.<br />
tung haben. Und Software-Ergonomie wird oft<br />
Die Normen EN 301549 und EN 16171 definie-<br />
nur als Ansatz einer nutzerzentrierten Gestal-<br />
ren Anforderungen an die <strong>Barrierefreiheit</strong> von<br />
tung angesehen. Die digitale Zugänglichkeit<br />
Soft- und Hardware-Produkten sowie einen Pro-<br />
berücksichtigt jedoch die Anforderungen der<br />
zess zur Herstellung von Produkten und Dienst-<br />
unterschiedlichster Nutzer in den verschiedens-<br />
leistungen gemäß einem Design-for-All-Ansatz.<br />
ten Nutzungssituationen.<br />
Die EU-Richtlinie 2016/2102 formuliert die Krite-<br />
Das Ziel der digitalen Zugänglichkeit ist, ein<br />
rien der Beschaffung barrierefreier IKT-Produkte<br />
Anne-Marie Nebe,<br />
Accessibility &<br />
Usability Expertin<br />
digitales System für die Nutzung durch den<br />
Menschen zu optimieren. <strong>Digital</strong>e Zugänglich<br />
bedeutet eben gerade nicht, dass sich<br />
der Mensch dem digitalen System anpasst.<br />
André Meixner,<br />
Leiter <strong>User</strong> Experience<br />
& <strong>Barrierefreiheit</strong><br />
durch öffentliche Stellen. Und die EU-Richtlinie<br />
2019/882 formuliert Kriterien für die Herstellung,<br />
den Handel und den Vertrieb von Produkten<br />
und Dienstleistungen für alle privatwirtschaftlich<br />
agierenden Wirtschaftakteure der EU.<br />
Im deutschen Recht sind diese EU-Vorgaben<br />
vor allem im Behindertengleichstellungsgesetz<br />
(BGG) und in der daraus hervorgehenden<br />
Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung<br />
(BITV) verankert.<br />
4 5
Im Interview<br />
Für Arbeitgeber besonders zu beachten ist der<br />
Paragraf 164 des SGB IX und die Anforderungen<br />
an den ergonomischen Bildschirmarbeitsplatz<br />
aus der Arbeitsstättenverordnung.<br />
IT-Arbeitsplätze, wo in der Regel die BITV als<br />
Basis herangezogen wird.<br />
Formal verpflichtet die EU-Richtlinie alle öffentliche<br />
Stellen dazu, auf ihrer Homepage bzw. der<br />
den Anforderungen der EU-Richtlinie 2016/2102<br />
betroffen sind, frühzeitig in dahingehende Maßnahmen<br />
zu investieren. Bereits in der Planungsphase<br />
sollten Experten hinzugezogen werden,<br />
Was bedeutet die EU-Richtline 2016/2102<br />
Startseite der mobilen Anwendungen eine Erklä-<br />
rät André Meixner. Dabei müsse man zuerst<br />
konkret für öffentliche Stellen in Deutsch-<br />
rung über den Stand der Seite bezüglich der<br />
die spezifischen Anforderungen definieren, wie<br />
land?<br />
Gerade in aller Munde ist die EU-Richtlinie<br />
2019/2102, in der vor allem Regelungen zur<br />
digitalen <strong>Barrierefreiheit</strong> für öffentliche Stellen<br />
verschärft wurden. Bis September diesen Jahres<br />
haben die öffentlichen Stellen noch Zeit,<br />
ihre bereits bestehenden Angebote auf die neu<br />
geforderten Vorschriften hin anzupassen, bei<br />
mobilen Anwendungen liegt die Frist bei Juni<br />
2021.<br />
Außerdem soll die Richtlinie für europaweite,<br />
einheitliche Standards sorgen. Einbezogen sind<br />
laut der Richtlinie öffentlichen Internetanwendungen,<br />
interne Anwendungen, Verwaltungsanwendungen<br />
und Dokumente öffentlicher Stellen<br />
bzw. der Stellen, die der öffentlichen Auftragsvergabe<br />
unterliegen oder die im Allgemeininteresse<br />
nicht-gewerblicher Art handeln. Also<br />
beispielswiese die Websites und öffentlichen<br />
mobilen Anwendungen von Krankenkassen,<br />
Sozialversicherungen und Kultureinrichtungen.<br />
Ausgeschlossen von der Richtlinie sind Internetangebote<br />
privatwirtschaftlich betriebener Unternehmen.<br />
Hier gilt aber meist die Pflicht des<br />
Arbeitgebers zur Bereitstellung barrierefreier<br />
<strong>Barrierefreiheit</strong> zu geben. Alle Inhalte, die nicht<br />
barrierefrei gestaltet sind, müssen genannt werden.<br />
Ebenfalls verpflichtend ist die Einrichtung<br />
einer Feedback-Option. Diese soll neben generellen<br />
Vorschlägen und Einholung einer Meinung<br />
der Zielgruppe dafür sorgen, dass Mängel<br />
schneller erkannt und behoben werden können.<br />
Die Inhalte der Anwendungen müssen weiterhin<br />
der EU-Norm 301 549 entsprechen und<br />
Vorgaben für Leichte Sprachen und Gebärdensprache<br />
einhalten. Es muss eine Verlinkung zu<br />
einer Meldeseite und einer Schlichtungsstelle<br />
erfolgen. Ganz wichtig sind außerdem regelmäßige<br />
– das heißt jährliche Überprüfungen und<br />
Aktualisierungen. Dies erfordert strukturierte<br />
Umsetzungsprozesse.<br />
Lieber früher als später – wann ist der richtige<br />
Zeitpunkt für für die Berücksichtigung der<br />
<strong>Barrierefreiheit</strong> im Design- und Entwicklungsprozess<br />
André Meixner ist davon überzeugt, dass man<br />
nachträgliche Kosten und Aufwände sparen<br />
kann, wenn man von vornherein auf eine barrierefreie<br />
Ausrichtung von Arbeitsplätzen und<br />
Anwendungen achtet. Daher empfiehlt er auch<br />
Unternehmen, die aktuell noch nicht direkt von<br />
Anne-Marie Nebe ebenfalls betont. Dies bilde<br />
dann den Ausgangspunkt für Konzepte und<br />
Ursachenanalysen. Nutzerfreundlichkeit und<br />
Zugänglichkeit stehen dabei am Beginn des Entwicklungsprozesses.<br />
So ist sichergestellt, dass<br />
diese beiden Aspekte am Ende auch als Ziel<br />
erreicht werden. Die T-Systems Multimedia<br />
Solutions bietet ihren Kunden hierbei Beratung<br />
und Umsetzungs-Möglichkeiten.<br />
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Wer<br />
kontrolliert die Einhaltung der Richtlinien?<br />
Kontrolliert werden soll die Einhaltung der<br />
neuen Regelungen durch die Bundesregierung.<br />
Ebenfalls soll diese in regelmäßigen Abständen<br />
über Fortschritte bezüglich der <strong>Barrierefreiheit</strong><br />
innerhalb der IT berichten. Gemäß EU<br />
2016/2102 ist hierfür ein Überwachungsaudit<br />
einzuführen, welcher die <strong>Barrierefreiheit</strong> für alle<br />
Nutzer vollständig kontrolliert.<br />
Denn, ein unzugängliches Online-Angebot sorgt<br />
nicht nur für einen Ausschluss sozialgesellschaftlicher<br />
Gruppen, es birgt auch das Risiko<br />
von Imageverlust und rechtlicher Sanktionen.<br />
“Der Kontext ist<br />
entscheidend.<br />
Die Bedürfnisse<br />
jedes Menschen<br />
sind abhängig<br />
von seinen<br />
Fähigkeiten und<br />
Erfahrungen.<br />
Darum ist<br />
das Einbeziehen<br />
der Benutzer in den<br />
Gestaltungsprozess<br />
essentiell für ein<br />
erfolgreiches<br />
Interface.”<br />
André Meixner<br />
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