25.10.2020 Aufrufe

Postprison

Aus dem Jahr 2044 wird auf den Wandel zurückgeblickt, der die Abschaffung des Gefängnisses bedingte. Das Gefängnissystem beschrieb einen Knotenpunkt unserer relevantesten strukturellen Gesellschaftsprobleme, wie Rassismus, Diskriminierung, Klassenkampf, Gewalt, Hierarchie. In einer Gesellschaft, die nach Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Freiheit strebt, ist kein Platz mehr für einen Raum, der dies fördert. www.postprison.world

Aus dem Jahr 2044 wird auf den Wandel zurückgeblickt, der die Abschaffung des Gefängnisses bedingte. Das Gefängnissystem beschrieb einen Knotenpunkt unserer relevantesten strukturellen Gesellschaftsprobleme, wie Rassismus, Diskriminierung, Klassenkampf, Gewalt, Hierarchie. In einer Gesellschaft, die nach Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Freiheit strebt, ist kein Platz mehr für einen Raum, der dies fördert.
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postprison

welcome to 2044

Alina Laura Stoerzinger



postprison

welcome to 2044

A world beyond the prison system.

Masterarbeit M. A. Architektur

Lehrstuhl Urban Design

Prof. Benedict Boucsein

Dr. Daniel Zwangsleitner

Alina Laura Stoerzinger


welco

20


me to

44


www.postprison.world


introduction

prologue 8

2044 10

postprison

prison

about

manifesto 14

fundamentals & methods 16

new normal 34

decarceration

demolition

transformation

safeguarding

mediation

intervention

compensation

decentralised social rehabilitation

centralised social rehabilitation

history 57

incarceration 82

former functions 86

impact 92

abolitionism 102

context 112

panoptism 113

quarantining 116

epilogue 122

process 124

references 130

figures 136



introduction

9


prologue


introduction

Ich erinnere mich noch an die Zeit von vor über 20

Jahren, als wir noch Menschen durch Strafen versucht

haben zum „richtigen“ Verhalten erziehen zu wollen.

Wie bestürzt ich war, zu erfahren, welche Maßnahmen

wir für gerechtfertigt hielten, um Menschen wie du

und ich durch unsere erlernten und anerzogenen

Kenntnisse zum besseren Leben anleiten zu wollen.

Wie anmaßend wir waren, und welche Möglichkeiten

sich eröffneten, als wir erkannten, dass nur die

Menschlichkeit das ganze Potential positiver Entwicklung

hervorbringen kann.

Respekt ist die grundsätzliche Voraussetzung für den

Umgang miteinander und schafft alleinig die Grundlage

für ein menschliches Miteinander. Sie muss für

jeden – auch für die fehlenden Menschen unter uns –

gelten.

Fehler können jedem passieren, es ist aus heutiger

Sicht wichtig zu wissen, dass Fehler zu neuen Erkenntnissen

führen, die für den Einzelnen und für die Gesellschaft

einen Fortschritt bedeuten können. Ihnen

wohnt ein großes Potential inne.

Ich bin froh, dass wir diese Erkenntnis gewinnen

konnten und sie in einem positiven Sinne weiter entwickeln

durften.

Ich habe während meiner Berufspraxis viele Veränderungsprojekte

begleitet. Ich weiß, dass Veränderungen

immer schmerzen und anstrengend sind, aber

letztendlich zu einer Weiterentwicklung führen.

Daniela Stern, Beraterin und Changemanagerin

11


2044


introduction

Anfang der 2020er Jahre fand ein Paradigmenwechsel

statt, der in die Ära des Postprison führte.

Das Gefängnissystem und seine Strukturen stellte

eine Hürde zur Überwindung vieler Probleme unserer

Gesellschaft dar. Auch mithilfe von Medien und Politik

war ein Umschwung der Gesellschaft möglich: Sie

überwanden den Drang, das Bild des Gefängnisses als

Sicherheitsgarant und als Verwahrung des Bösen zu

unterfüttern. Das Gefängnissystem stellte einen Knotenpunkt

unserer relevantesten strukturellen Gesellschaftsprobleme

wie Rassismus, Diskriminierung,

Klassenkampf, Gewalt und Hierarchie dar. In einer

Gesellschaft, die nach Gerechtigkeit, Gleichberechtigung

und Freiheit strebt, ist kein Platz für ein solches

System.

Seitdem ist viel passiert.

Heute im Jahr 2044, lassen sich viele Erfolge auf

dem Weg in eine bessere Zukunft aufzeigen. Obwohl

viele Kämpfe mit Themen unserer Gesellschaft noch

nicht ausgefochten sind, ist der Grundstein für eine

Welt der Gleichberechtigung und Menschlichkeit,

besonders im Umgang mit Kriminalität, getan. Strukturen

in der Gesellschaft wurden hinterfragt und

durch Umschwünge im Kern positiv beeinflusst oder

gar neu konstruiert: Gefängnisse existieren nicht

mehr. Das Konzept der Strafe ist verschwunden. Man

musste feststellen, dass mit Vergeltung niemals ein

besseres Ganzes erreicht werden kann. So konnte

das Gefängnis, das aus dem Prinzip des Strafens

entstanden ist, nicht als gesellschaftliches Konstrukt

fortgeführt werden.

13


postp


rison


manifesto


postprison

1. Räume für Folter, Hinrichtung, Isolation oder

ähnliche inhumane Behandlung dürfen nicht mehr

errichtet werden.

2. Die Auslöser für Kriminalität sind strukturelle und

soziale Ungleichheiten. Es ist die Aufgabe der gesamten

Gesellschaft, diese aufzulösen.

3. Jede Person ist vor dem Recht gleich.

4. Strafe ist aus dem Umgang mit Kriminalität verschwunden

und somit auch das Gefängnis. Das

Strafsystem wird durch das Reaktionssystem

ersetzt.

5. Prävention ist die wichtigste Maßnahme im Umgang

mit Kriminalität. Die Resozialisierung folgt als

präventive Maßnahme.

6. Das Ziel der Reaktion auf Fehlverhalten muss immer

sein, für alle Beteiligten eine bessere Situation

als die Ausgangslage zu ermöglichen. Es soll kein

zusätzliches Leid entstehen.

7. Die grundlegende Komplexität, die zur kriminellen

Tat geführt hat, muss festgestellt und zum Vorbeugen

eines erneuten Vorfalls aufgearbeitet werden.

8. Der/die Täter:in muss Verantwortung für seine/ihre

Handlungen übernehmen. Dieser Vorgang muss

von der Gesellschaft gestützt werden.

9. Im Rahmen des Reaktionssystems müssen Selbstbestimmung,

Autonomie und die Entfaltung der

Individualität zugelassen, geschult und gefördert

werden.

10. Der Entzug der Freiheit kann nur begründet werden,

wenn ansonsten eine akute Gefahr für die

Allgemeinheit besteht.

17


fundamentals

& methods


postprison

Dem sich seit den 2020er Jahren entwickelten Paradigmenwechsel

bezüglich der Reaktion auf Delinquenz

ging die Dementierung alter und die Festsetzung

neuer Werte voraus. Das vorangegangene

Konzept war von der Gesellschaft aus dem Grund

akzeptiert, da sich der Großteil davon abwenden

konnte. Erst durch die Aufmerksamkeit gegenüber der

bestehenden Diskriminierung von Teilen der Gesellschaft

entstand eine breite Zustimmung für die Dekonstruktion

des Gefängnisses.

Der Entschluss, sich von Strafe zu lösen und sich zur

Resozialisierung zu entwickeln, war aber dennoch

in einer solch kurzen Zeit überraschend. Um zu einer

humanen und nachhaltigen Reaktion auf Kriminalität

zu kommen, musste ein Umdenken der Gesellschaft

stattfinden. Anstatt Vergeltung als eigennütziges,

altmodisches Ventil hieß es, einen Weg zu finden, der

sich positiv auf die Lebensqualität aller auswirkt und

dennoch Konsequenzen gegenüber Delinquenten für

Fehltritte fordert.

Es musste sichergestellt werden, dass mit der Umsetzung

der Freiheitsstrafe kein zusätzliches, vergebliches

Leid verursacht wird. Die neue Antwort auf

kriminelles Handeln muss zum Ziel haben, das Leid

der Regelbrechenden auf ein Minimum zu reduzieren,

sodass die einzige Strafe die des Entzugs der körperlichen

Freiheit zum Schutz der Allgemeinheit ist.

Unabhängig von der Straftat muss die Würde des

Menschen respektiert und auf soziale Reintegration

abgezielt werden. Das Ziel einer humanen Reaktion

auf Kriminalität ist also nur erreichbar, wenn der Blick

von Strafe hin zu einer rationalen, weitsichtigen und

kompensierenden Art des Umgangs mit Delinquenz

verlagert wird.

19


Allem voran ging die Festlegung moralisch-ethischer Werte und

die Definition der Methoden zu deren Umsetzung. Es entwickelte sich

die Einsicht, dass nur durch das Absehen von Strafe langfristig ein menschenwürdiger

und auf lange Sicht effektiver Umgang mit Kriminalität

möglich sein wird.

Die Bestrafung als Reaktion auf Delinquenz ging auf das

„blutrünstige Grundverständnis“ 1 der letzten Jahrtausende zurück. Das

menschengemachte Bedürfnis nach Vergeltung führte zu der Annahme,

dass es keine Alternativen im Umgang mit Regelbruch geben könne.

Das Konstrukt setzte sich aus der Vergeltung, der Abschreckung und

den frühen Zügen der Resozialisierung 2 zusammen. Die Resozialisierung

diente als Legitimierung, dass das Gefängnis doch so lange Bestand

hatte und von der Gesellschaft akzeptiert wurde.

Obwohl Vergeltung und Rache bereits weit vorher als primitiv und

nicht zielführend galten, so fanden sie in der zivilisierten Gesellschaft

des 20. und 21. Jahrhunderts im Strafvollzug noch immer unter der

Rechtfertigung statt, dass sie notwendig war, um den/ die Täter:in zu

resozialisieren und von zukünftigen Taten abzuschrecken. Mittlerweile

wird vom Zufügen weiteren Leids auf ein ohnehin negatives Ereignis abgesehen.

Strafe dient nicht mehr als Reaktion auf Fehler, sie kann auch

das Zerstörte nicht wieder zurück bringen. Dabei ist nicht gemeint, dass

jemanden, der gegen die Regeln unserer Gesellschaft verstößt, keine

Konsequenzen zu erwarten hat. Weg von der Strafe, hin zur Prävention.

Weg vom Strafsystem, hin zum Reaktionssystem.

Es ist also von ganz entscheidender Bedeutung, zu erkennen, wie

Vergeltung, Schuld, Reue, Wiedergutmachung und Vergebung

zusammenhängen und wie diese Elemente dazu dienen, einerseits

und gegenseitige Verletzungen zu reduzieren und andererseits

die Bindung der Menschen zueinander zu stärken. Rache fördert

jedoch in aller Regel nur weitere Angst und Gewalt. 3

1 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 171

2 Ehlers, 12.07.2020, Addendum

3 Galli 2020, S. 123

20


postprison

Das übergeordnete Ziel ist es, entweder bereits vor einer eventuellen

Tat die Beweggründe aus dem Weg zu schaffen, oder, sollte

es doch zu einem Regelbruch gekommen sein, mit der Reaktion den

vorherigen oder gar einen besseren Zustand herzustellen. Es geht um

die Suche nach einer Lösung für alle drei Parteien, den Staat, den/ die

Täter:in und das Opfer. Die Frage, warum die Tat begangen wurde und

wie sie zukünftig vermieden werden könnte, rückt so ins Zentrum.

Trotz der Unterteilung der Punkte in Grundwerte und Methoden

ist anzumerken, dass keiner der Ansätze alleine hätte funktionieren

können. Jede Situation ist individuell zu werten und einzuschätzen und

erfordert unterschiedliche Herangehensweisen. Die folgenden Punkte

stellen also eine Verbindung von Instrumenten und den dazu gehörenden

moralischen Grundwerten dar und zeigen die neue Zielsetzung des

Umgangs mit Kriminalität.

Unter dem Begriff „Kriminalität“ fassen wir die unterschiedlichsten

Formen von gesellschaftlich unerwünschtem Verhalten zusammen.

Die Reaktion darauf muss diesen Unterschieden Rechnung

tragen. Eine Möglichkeit bei uns wäre, Straftätern, die zu einer Freiheitsstrafe

verurteilt wurden, etwas für sie Sinnvolles anzubieten,

was sie mit dieser Zeit anfangen können: eine Ausbildung, eine

Therapie oder auch direkt einen Arbeitsplatz, damit sie Geld verdienen,

mit dem sie das Opfer entschädigen können. 4

4 Großekathöfer, 2020

21


fundamentals

Wiedergutmachung

Schutz der Gesellschaft

Gesellschaftliche Akzeptanz

Respekt & Selbstbestimmung

Enthierarchisierung

Angleichung

Transparenz

Wirtschaftlichkeit

22


methods

Prävention

Resozialisierung

Deinstitutionalisierung

Verantwortungsübernahme

Transformative Justice

Bildung und faire Arbeit

Therapie und Sozialhilfe

Öffnung

23


fundamentals

Die fundamentals beschreiben die Grundsätze des neuen Reaktionssystems,

mit dem heute Fehltritte bewältigt werden.

Wiedergutmachung

Indem eine Person einer anderen Unrecht antut, entsteht ein Ungleichgewicht,

welches wieder ausgeglichen werden muss. Dabei muss

gegenüber dem vorher gültigen Grundsatz unterschieden werden, der

besagte, dass ein Ausgleich nur durch Zufügen eines weiteren Schadens

geschehen könne. Auf einen Regelbruch oder eine kriminelle Tat

folgt eine Reaktion, die erneut eine Balance der Gerechtigkeit herstellt.

Dabei werden die Bedürfnisse des Opfers in den Vordergrund gestellt.

Der Rache- oder Vergeltungsgedanke allerdings verschwindet aus der

Debatte: Die Folge auf Delinquenz ist die Auseinandersetzung mit den

Fragen, warum ist es passiert und wie ist der Zustand zuvor wiederherzustellen.

Die Reaktion auf Verbrechen darf in der modernen, humanen

Gesellschaft, nach der wir streben, keinen weiteren Schaden hervorrufen,

auch nicht für die Seite, die den Schaden verursachte.

Schutz der Gesellschaft

Der Wunsch nach Schutz und Sicherheit ist tief in uns verankert.

Dennoch verursachte Angst als Antrieb viele Konflikte und erzeugt Emotionen,

resultierend aus dem Wunsch nach körperlicher und seelischer

Unversehrtheit. Jede Person hat ein Recht auf diese Unversehrtheit,

daher muss sie möglichst dauerhaft sichergestellt werden. Sollte ebendiese

Unversehrtheit gefährdet werden, so muss der Auslöser - also

die Gründe, die den/die Täter:in zu seiner/ihrer Tat brachten - ausfindig

gemacht und behoben werden. So kann die Gesellschaft effektiv und

langfristig geschützt werden.

24


postprison

Das Schutzziel für die Mitglieder dieser Gesellschaft bezieht sich

aber auch auf die Menschen, die Verbrechen verübt haben. Dennoch

muss es weiter in Einzelfällen möglich sein, die Gesellschaft vor potentiellen

Tätern durch Freiheitsentzug zu schützen.

Gesellschaftliche Akzeptanz

Die Existenz von Gefängnissen wurde früher von der Gesellschaft

aufgrund der Angst, verletzt oder viktimisiert zu werden, gutgeheißen.

Um also innerhalb der Gesellschaft die Akzeptanz des Reaktionssystems,

anstelle des Strafsystems zu erhöhen, muss immer noch Aufklärung

betrieben werden. Nicht ansatzweise jeder/jede Kriminelle ist eine

Gefahr für die Allgemeinheit, stattdessen geht eine größere Gefahr von

ihm oder ihr aus, sollte er oder sie keinen Anschluss in der Gesellschaft

finden 5 . Das Gefängnissystem entstand aus sozialen Ungerechtigkeiten,

die abgeschafft werden müssen.

Doch das Umdenken fordert mehr: Personen, die mit dem Recht in

Konflikt geraten sind, werden nicht mehr vor der Gesellschaft versteckt.

Ein offener Umgang mit diesen Themen war wichtig zur Einführung

neuer Werte und Prozesse. Von einer in sozialen Strukturen eingegliederten,

zufriedenen Person geht weniger Gefahr aus. Dies kann zum

einen durch reine Aufklärung erfolgen, aber auch durch räumlich-urbane

Koexistenz im Stadtraum gefördert und verstärkt werden.

Um der Angst vor Verletzung und Viktimisierung entgegen zu

wirken, liegt der Fokus auf der Stärkung lokaler Gemeinschaft. Diese

generiert ein reelles Gefühl von Sicherheit und rückt weitere soziale

Förderungsmechanismen im Vordergrund 6 .

Unterstützung durch Politik und Medien (ist unverzichtbar), auch

weil nachhaltige Resozialisierung erst durch demokratische Prozesse

und Meinungsbildung in der Öffentlichkeit erreicht werden

und abgesichert werden kann. 7

5 Siehe hierfür im Kapitel prison die fehlgeleiteten Ziele der Institution, S. 54 ff.

6 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 212

7 Maelicke, 2019, S. 180

25


Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Auffassungen und

Äußerungen aus der Politik und den Medien. Aus den drei Instanzen Gesellschaft,

Politik und Medien entwickelt sich dann ein eigenständiger

Mechanismus, der zu mehr Offenheit und Transparenz führt.

Selbstbestimmung

Das Fehlen von Selbstbestimmung begründete sich im Gefängnis

durch seine ideologische Historie 8 . Dem Delinquenten wurde abgesprochen,

seinen Alltag frei zu gestalten. Die Selbstbestimmung gehört

zu einem der Grundwerte des neuen Systems, da festgestellt wurde,

das ohne die eigene Handelsbereitschaft, -möglichkeit und Entscheiden

kein Mensch zu einem sozial anerkannten Leben in Autotonomie

kommen kann. Die Fähigkeit und Möglichkeit, selbst über sein Leben

entscheiden zu können, selbstständig zu sein und einen Sinn darin zu

erkennen muss erlernt und beherrscht werden. Hinzu kommen Respekt

und Vertrauen, durch die erst die Motivation zur Autonomie entwickelt

werden kann.

All diese Punkte sind nicht losgelöst von der Enthierarchisierung

und die daraus entstehende Auseinandersetzung der Notwendigkeit

von permanenter Kontrolle zu sehen.

Enthierarchisierung

In vielen Bereichen des Lebens in Freiheit erfolgte in den letzten

Jahrzehnten ein Abbau der Hierarchien. Durch das Abgeben von Verantwortung

gleichen sich die Machtverhältnisse verschiedener Personen

an und steigern gleichermaßen die Motivation, ebendieser Verantwortung

gerecht zu werden. Der Abbau von Hierarchie bedeutet also nicht

Kontrollverlust, sondern das gezielte Abgeben von Kontrolle, um Potentiale

zu fördern und aus dem entgegengebrachten Vertrauen zu profitieren.

In unterdrückenden Systemen ist eine eigene, positive Entfaltung

8 Siehe hierfür im Kapitel history, S. 96 ff.

26


postprison

nicht oder nur schwer möglich.

Hinzu kommt, dass in den meisten Fällen der/die Täter:in aus

Haushalten stammt, in denen verschobene Machtverhältnisse vorherrschen

9 und diese in gleicher oder ähnlicher Form weitergeben. Solchen

Ausprägungen kann nur entgegen gewirkt werden, wenn sich die Konditionen

verändern.

Angleichung

Wie kann ein Mensch in Gefangenschaft das Leben in Freiheit

erlernen? Wie kann ein Mensch lernen, sein Leben autonom zu bestreiten,

wenn ein fest bestimmter, minutiöser Rhythmus seine/ihre potentielle

Resozialisierung, und damit seine/ihre Transformation bestimmt?

Der Grundsatz der Angleichung an das normale Leben 10 fand bereits im

Strafgesetzbuch bis in die 2020er Jahre seinen Platz. Nur wurde dies

zugunsten von Sicherheits- und Kontrollvorgaben in den seltensten Fällen

auch auf akzeptable Art umgesetzt. Nun genießt dieser Punkt eine

hohe Relevanz, da ansonsten das im Interesse aller liegende Ziel der

Rückführung in die Gesellschaft nicht erreicht werden kann.

Transparenz

Transparenz genießt in den moralisch-ethischen Grundwerten

eine besondere Aufmerksamkeit. Sie funktioniert in beiden Richtungen

zwischen der regelbefolgenden Gesellschaft und dem/der Regelbrecher:in.

Entgegen der früher vorherrschenden „Aus dem Auge, aus dem

Sinn“-Mentalität hat die Gesellschaft nun die Aufgabe aber auch die

Möglichkeit, sich mit dem Leben der Delinquenten zu befassen. So wird

der/die Regelbrecher:in nicht mehr durch die Abschottung in einer Institution

zur Verwahrung verborgen.

9 Maelicke, 2018, S. 132

10 StGB § 3

27


We propose to make known what the prison is: who goes there,

how and why they go there, what happens there, and what the life

of the prisoners is, and that, equally, of the surveillance personnel;

what the buildings, the food, and hygiene are like; how the internal

regulations, medical control, and the workshops function; how

one gets out and what it is to be, in our society, one of those who

came out. 11

Wirtschaftlichkeit

Eines der prägnantesten Argumente für die Abschaffung der

Gefängnisse war das der Finanzierung. Trotz einer hohen Rückfallquote

12 zahlte der deutsche Staat im Schnitt 50 000 € pro Gefangenen pro

Jahr durch Steuergelder. Obwohl die Verstaatlichung nicht aufgehoben

wurde, erweist es sich als weitaus effizienter, kurzfristig mehr in Prävention

zu investieren, um langfristig weniger auszugeben. Da die Kosten

der Reaktion auf Delinquenz und die der Resozialisierung immer noch

vom Staat getragen werden, steht der wirtschaftliche Gedanke natürlich

immer noch an hoher Stelle.

11 Groupe d’Information sur les Prisons Manifesto, 1971

12 Die Rückfallqutoe betrug zwischen 2004 und 2013 48% in Deutschland. Maelicke, 2018,

S. 205

28


postprison

methods

Prävention

Zu einer der ersten Methoden zählt die Prävention: Sie ist als

Weiterentwicklung der veralteten, nicht wirksamen Abschreckung 13 zu

verstehen. Damit bildet sie einen sehr wichtigen Teil des Umschwungs,

der von der Allgemeinheit am meisten angenommen und für relevant

befunden wurde. Auch wenn zuvor bereits Arbeit zur Vorbeugung von

Kriminalität geleistet wurde, so wurde sie stets losgelöst vom Strafvollzug

gesehen. Die Prävention lässt sich aber insofern nicht vom Umgang

mit Kriminalität lösen, als dass sie am ehesten langfristig funktioniert.

Der Begriff Prävention beschreibt Aktionen, die zur Folge haben

sollen, Risiken oder Gefahren zu reduzieren oder ganz zu umgehen 14 . Er

ist nicht vom Umgang mit Delinquenz trennbar, weder vor dem Begehen

einer Tat, noch danach, noch von den nicht direkt betroffenen Personen.

Der Präventionsbegriff beschreibt in der Erweiterung also eine

Aufgabe der gesamten Gesellschaft, um Kriminalität erfolgreich vorzubeugen

15 .

Prävention wird in drei Kategorien unterteilt: Primäre, sekundäre

und tertiäre Prävention, oder auch Prävention, Intervention und Postvention.

Während die primäre Prävention über Wertevermittlung und dem

Trainieren von Konfliktbewältigungsstrategien Fehltaten und Regelbrüche

vorzubeugen versucht, bezieht sich die sekundäre Prävention

konkreter auf Risikogruppen oder bereits geschehene Taten und deren

Täter:innen und Opfer 16 . In der tertiären Prävention macht man es sich

zum Ziel, die Rückfallwahrscheinlichkeit zu reduzieren.

13 Siehe hierfür im Kapitel prison die Gründe der Abschaffung des Gefängnisses und der

fehlgeleiteten Ziele der Institution, S. 54 ff.

14 Bundesministerium für Gesundheit

15 Bock, 2007, S. 315

16 Gobel, Waliraff-Unzicker,

29


Resozialisierung

To correct is to right a wrong; to rehabilitate is to restore. 17

Kommt es dennoch zu einem Regelbruch oder einer kriminellen

Tat, setzen Maßnahmen zur Resozialisierung ein. Sie sind nicht trennbar

von denen der Intervention und Postvention.

Dem Begriff Resozialisierung geht die Annahme voraus, dass der

regelbrechenden Person ohne Zutun ein Rückweg in den sozialen Alltag

nicht möglich ist 18 . Um also eine Verschiebung der Prioritäten, die zu der

Straftat geführt haben, zu vollziehen, muss die Motivation, ein straffreies

Leben im Rahmen der gesellschaftlichen Norm zu führen, gestärkt

werden.

Der Fokus muss auf den Erfolg der Heilung der Beteiligten, also

Täter:in und Opfer, liegen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer

ebenso heilenden Umgebung 19 , sowie des Willens und Motivation der

Beteiligten.

Ein legal handelnder Freundeskreis, die Instandhaltung oder gar

die Neuentwicklung sozialer Kontakte und der daraus resultierende

soziale und finanzielle Rückhalt, Bildung und die Möglichkeit auf eine

sinnstiftende Arbeit sind grundlegend für ein Leben fernab der Kriminalität.

Dieses für die Resozialisierung festgesteckte Ziel besteht aus

komplexen Prozessen, die bei jedem/r Täter:in variieren und nur wechselseitig

funktionieren – Täter:in und Gesellschaft müssen zusammen

arbeiten. Dazu gehören in der konkreten Umsetzung beispielsweise

Wohngruppen, Betreuungsbeamte, therapeutische Gemeinschaften,

Einzel- und Gruppentherapien, begleitete Übergänge, Entlassungsurlaub

und nachgehende Betreuung, also wiederum Teile der Prävention 20 .

Die Aufgabe der Gesellschaft liegt darin, Stigmatisierung zu vermei-

17 Mossburg, Almasy, 11.09.2020

18 Maelicke, 2019, S. 11

19 Himada, Lee, S. 61

20 Hagenmaier, 07.01.2016, Süddeutsche Zeitung

30


postprison

den 21 und den/die Täter:in wieder aufzunehmen, um einen Teufelskreis

zurück in die Kriminalität zu verhindern. Der respektvolle, humanistische

Umgang mit den Regelbrechern und das Prinzip der Normalität, also des

Angleichungsgrundsatzes 22 , stellen Schlüsselfunktionen dar.

Deinstitutionalisierung

An institution is not just a place, but a mindset. 23

Obwohl eine Institution erst einmal nicht unbedingt negativ konnotiert

sein muss, bringt sie im großen Maßstab aufgrund von Organisations-

und Strukturierungsmaßnahmen negative Auswirkungen auf die

Entwicklung und Entfaltung des Individuums mit sich, beziehungsweise

lässt diese nicht zu. Damit ist die Deinstitutionalisierung, also die Auflösung

der Institution, der anonymen Maschine die dahinter wirkt eine

Methode der Entgegnung auf Kriminalität. Die Deinstitutionalisierung

kann als Transfer von Menschen mit psychischen, intellektuellen oder

entwicklungsbedingten Einschränkungen aus staatlichen Institutionen

oder Kliniken in kleinmaßstäbliche, betreute Gemeinden definiert werden

24 . Sie geht einher mit der Schließung der Institution.

Im Kontext der Deinstitutionalisierung steht der Begriff decarceration:

Besonders bei kleinen Delikten ist durch eine Unterbrechung des

Lebens aufgrund des Freiheitsentzug mit negativen Folgen zu rechnen

25 . Decarceration beschrieb also den Prozess die Notwendigkeit des

Freiheitsentzuges zu hinterfragen und diesen anschließend nur dann zu

verhängen, wenn damit eine akute Gefährdung der Gesellschaft einher

geht. Dieser Prozess wurde in den letzten Jahren bereits erfolgreich

etabliert 26 .

21 Siehe hierfür im Kapitel prison die Gründe der Abschaffung des Gefängnisses und dessen

Auswirkungen, S. 54 ff.

22 Siehe hierfür im vorangegangenen Kapitel Angleichung, S. 25

23 Himada, Lee, 2014, S. 22

24 Himada, Lee, 2014, S. 13

25 Siehe hierfür im Kapitel prison die Gründe der Abschaffung des Gefängnisses und dessen

Auswirkungen, S. 54 ff.

26 Siehe hierfür das new normal S. 34 ff.

31


Verantwortungsübernahme

Die Übernahme von Verantwortung durch den/die Täter:in ist

ausschlaggebend für den Erfolg des Reaktionssystems. Anstatt der

reinen Zuweisung von Schuld wird versucht, den/die Täter:in durch die

Übernahme der Verantwortung für seine/ihre Tat zur Einsicht zu bewegen,

um eine eventuelle Wiederholung der Tat zu verhindern. Nach

dieser Einsicht werden Maßnahmen zur Wiedergutmachung entwickelt.

Das Stichwort hierfür ist Restorative Justice. Ziel ist durch die Übernahme

von Verantwortung und weiterer fallbezogener Konsequenzen die

Situation vor der Tat wiederherzustellen. Obwohl Restorative Justice

unseren aktuellen Grundwerten folgt, sollte die Wiederherstellung der

Gerechtigkeit nicht mit Vergeltung verwechselt werden.

Zwei Methoden des Restorative Justice sind dabei die Mediation

und der Täter-Opfer-Ausgleich 27 . Während ersteres eine Methode der

Konfliktbearbeitung darstellt, wird letzteres als tatsächliche rechtliche

Folge oder als Kriterium der Konsequenzzumessung angewendet.

Transformative Justice

Transformative justice means finding ways to hold each other

accountable not through state-sanctioned means. Not through

the courts, not through the police, not through punishment, not

through the carceral system.

Why not focus on designing more community centres for youth,

health clinics, schools, and recreation facilities rather than prisons?

What would it mean to move away from building carceral

spaces? 28

27 Mingus, Transform Harm

28 Lambert, 2016, S. 49

32


postprison

Die Implementierung von Strategien im Sinne des Transformative

Justice ist für einen humanen Umgang mit Kriminalität unumgänglich.

Dabei geht es darum, auf Gewalt nicht mit mehr Gewalt zu reagieren,

sondern durch die Abwandlung sozialer Strukturen ebendiese Taten

langfristig zu beeinflussen und zu unterbrechen. Transformative Justice

ist als eine erweiterte Form des Restorative Justice zu verstehen. Die

Übernahme von Verantwortung für die begangene Tat und die Wiedergutmachung

wird ergänzt durch die Suche nach einer Antwort: Wie ist

es dazu gekommen?

Transformative Justice verknüpft gewalttätige oder andere

kriminelle Vorkommnisse mit der Situation und den Umständen, die

sie erzeugt und verstärkt haben. Es wird anerkannt, dass die negativen

Seiten des Kapitalismus, Armut, Trauma, Isolation, White Supremacy,

Frauenfeindlichkeit, Krieg, Geschlechterunterdrückung und Fremdenfeindlichkeit

komplett aus der Gesellschaft verschwinden müssen, um

Gewalt großflächig zu verhindern. Oft bedeutet dies, dass schädliche,

unterdrückende Systeme, sowie Beziehungen untereinander und innerhalb

der Gesellschaft umgewandelt werden müssen, damit gewaltfördernde

Konditionen verschwinden. 29

Strategien und Maßnahmen des Transformative Justice verfolgen

die Entkräftung und die Auflösung von gewaltverherrlichenden

Strukturen der Unterdrückung oder der Selbstjustiz und kultivieren aktiv

Methoden, die Gewalt verhindern, also Heilung, Verantwortungsübernahme,

Resilienz und Sicherheit für alle Beteiligten 30 .

Schon Gustav Radbruch, der Reichsjustizminister in der Weimarer

Republik, hatte „nicht Verbesserung des Strafrechts, sondern

Ersatz des Strafrechts mit etwas Besserem“ gefordert. Dies bedeutet

eine klare Abkehr von der Tatvergeltung hin zum Sicher, Helfen

und Heilen: „Nicht die Tat, sondern der Täter, nicht der Täter, sondern

der Mensch.“ 31

29 Mingus, Transform Harm

30 Mingus, Transform Harm

31 Maelicke 2019, S. 238

33


Bildung und faire Arbeit

Bildung kann als Grundlage für ein sozial eingebundenes Leben

in einer Gesellschaft angesehen werden. Das Fehlen von Bildung ist oft

der Auslöser für Delinquenz beziehungsweise eine Hürde für den Wiedereinstieg

in die Gesellschaft. Daher wurden Angebote für Ausbildung

und Fortbildung deutlich erhöht.

Arbeit, insbesondere fair bezahlte Arbeit wiederum, stellt einen

motivierenden Faktor zur Integration und zum Wiedereinstieg in die

Gesellschaft dar.

Zudem wurden in diesem Rahmen Programme in der Öffentlichkeit

betrieben, die entgegen potentieller Stigmatisierung wirken.

Therapie und Sozialhilfe

Die meisten kriminellen Taten werden aufgrund von Armut oder

Suchtproblemen verübt. Aus diesem Grund wurden therapeutische und

psychologische Angebote weiterentwickelt, die die Resozialisierung

fördern und beschleunigen sollen.

Ohne derartige Angebote - besonders im Fall von Suchtproblematiken

und Traumata 32 - ist es häufig schwer, den Wiedereinstieg aus

eigener Kraft zu schaffen.

Ebenso trägt eine angemessene finanzielle Sozialhilfe dazu bei,

kriminelle Handlungen zu verringern oder zu verhindern. Der Weg führt

weg vom reinen Verwahrungsvollzug, hin zur Behandlung33.

32 Himada, Lee, 2014,S. 29

33 Meier 26.06.2020

34


Öffnung

Die Öffnung bezeichnet die Abschaffung von Mauern und Zäunen

und ist insofern eng verknüpft mit dem Begriff der Deinstitutionalisierung.

Um die Allgemeinheit vor einigen wenigen gefährlichen Personen

zu schützen, müssen diese getrennt der Gesellschaft resozialisiert

werden. Dennoch sollen sichtbare Zeichen dieser Trennung von der

Gesellschaft vermieden oder wenigstens reduziert werden.

35


new normal


postprison

Seit der Einführung der auf den neuen Werten basierenden

Methoden und dem Abbau bestehender

Gefängnisse hat sich viel getan. Die grundlegende

Reform der Strafjustiz und ihre Umwandlung in ein

Reaktionssystem mit Fokus auf dem Individuum führte

zu erheblichen Veränderungen im Umgang mit gesellschaftlichem

Regelbruch.

Gefängnisse als Institutionen wurden ersatzlos abgeschafft,

da eine funktionierende Resozialisierung

lediglich vorgetäuscht wurde. Jede Art des Wegsperrens

formt erneut carceral spaces.

When I think of prison abolition or transformative

justice, I’m not thinking that we need to come up with

infrastructures or buildings to replace the prison institution.(...)

And not just thinking about what it would

mean to replace the prison, because then you’re

already thinking carcerally. And that doesn’t mean to

just stop designing prisons. But how can our cities

be designed so they are more accessible and more

public, rather than creating carceral spaces of surveillance

and security that condition how people are

allowed to move, or manage how people move in a

space.

Nasrim Himada

Um auf eine möglichst starke Integration hinzuwirken,

wurden kleinere, meist dezentrale Interventionen zur

Behandlung und Resozialisierung delinquenter Personen

realisiert.

Reformiert wurde außerdem der Umgang mit bereits

inhaftierten Delinquenten und die konkrete Tätigkeit

der Exekutive, also der Polizei.

37


decarceration

Decarceration, auch Entprisonisierung, steht für den

Beginn des Abbaus von Gefängnissen. Sie ist der

Beginn der Humanisierung der Exekutive. Die alten

Grundsätze des Umgangs mit Kriminalität wurden

transformiert und bestehende Machtstrukturen umgewandelt.

Der Paradigmenwechsel stellt in diesem Sinne eine

Renaissance für die Menschlichkeit dar, obwohl die

damit verbundenen Veränderungen nicht für möglich

gehalten wurden.

Die Befreiung der Schutzbedürftigen, die Heilung der

vom System verletzten und die Enthüllung der verborgenen

Zustände in Gefängnissen ist das Ziel.

Dennoch ist Vorsicht geboten – auch wenn der Rand

zerschlagen wird, kann der Kern bestehen bleiben.

Dieser Kern kann wieder zur Reetablierung des alten

Systems führen.

38


postprison

39


demolition

Die Lebensdauer aller Dinge ist endlich. Unbeständigkeit

und Bedeutungslosigkeit können zu einem natürlichen

Ende führen, während anderen Dingen bewusst

ein Ende gesetzt wird.

In this light, closure in itself is still embedded with

the same circuits of power that created such

institutions, unless there is an epistemic shift in

the way community, punishment, dis/ability, and

segregation are conceptualized.

Himada, Lee, S. 21

So wie sich die Frage des Fortlebens von nicht mehr

genutzter Industrie stellt, ergibt sie sich nun auch für

die Gefängnisbrache. Was passiert mit den physischen

Überresten der Verkörperung der Strafe? Was ist die

architektonische Antwort? Die Schließung alleine

bewahrt die Gebäude nicht vor einer erneuten Institutionalisierung.

40


postprison

41


transformation

Transformation – eine Metamorphose durch das Einhauchen

eine Rekonfiguration. Sobald sie mit Leben

und Werten durchdrungen ist, wird sie jenseits ihres

früheren Nutzens umgewandelt. Diese Transformation

der Dinge, ob in uns selbst, ob in den Räumen, in denen

wir uns aufhalten, oder die, von denen wir uns distanzieren,

ist unausweichlich.

Auch negativ belastetes Erbe gestaltet durch den

Erhalt und die Aufarbeitung der Vergangenheit. Anstatt

Demütigung entsteht Unterstützung, anstatt Isolation

greift Integration, anstatt Kontrolle gelingt Autonomie.

Der Wandel lässt das Alte zu und kreiert daraus Neues.

42


postprison

43


safeguarding

Unser Ziel ist es, die Bevölkerung zu schützen, für ihr

Wohlbefinden zu sorgen und ihre Rechte zu bewahren.

Wir setzen uns dafür ein, der Gesellschaft ein Leben

frei von Leid, Misshandlung und Vernachlässigung

zu garantieren. Dabei liegt unser Fokus nicht nur auf

denen, die sie erfahren, sondern auch auf jenen, die sie

verursachen.

Viele von uns kommen aus prekären Verhältnissen,

hatten Kontakt mit Kriminalität. Wir haben Verantwortung

dafür übernommen und unser Leben zum

Besseren gewendet. Das macht uns empathisch und

aufnahmefähig für eine andere Sichtweise der Dinge.

Wir haben ähnliche Funktionen, wie die Polizei, aber

wir gehören nicht dazu. Wir sind unabhängig, aber

arbeiten nicht gegeneinander.

Wir dazu ausgebildet, Gewalt aufzulösen, nicht um

noch mehr Gewalt zu verüben. Wir wollen Kontakt zu

euch, zur Gesellschaft, durch Interaktion und Kommunikation.

Wir arbeiten der Eskalation entgegen, der

Gewalt entgegen. Wir wollen für euch da sein.

44


postprison

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mediation

Die Luft ist schal mit einer leichten Note frischen Kaffees.

Um einen runden Tisch herum sitzen Personen,

die sich in ihren Unterschieden einen. Das Klirren der

Tassen auf den Untertellern und das Tippen in einen

der Laptops ist kurzzeitig das einzige Geräusch, bis

erneut eine Person das Wort ergreift.

Sie diskutieren bereits den gesamten Vormittag angeregt.

Die teilweise etwas größeren Abstände zwischen

ihnen machen die Unterteilung der drei Fraktionen

sichtbar. Die des Täters, die des Opfers und die Mediatorengruppe

aus den Fachbereichen Psychologie,

Soziologie und Pädagogik. Trotz der Intensität ist eine

Lösung des Konfliktes, die Einsicht und die Festlegung

der Kompensation in greifbarer Nähe. Ganz ohne autoritäre

Entmündigung, nur durch Kommunikation.

46


postprison

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intervention

Die Gesellschaft ist ein machtvolles Organ. In ihrer

Gänze ist sie in der Lage, alle Strömungen, Meinungen

und Verhältnisse zu bestimmen. Sie steht in einer

direkten Wechselwirkung mit der Stadt und ihren

Bewohnern. Sie entspricht den Bewohnern.

Sie klärt auf, sie wird aufgeklärt, sie verletzt, sie wird

verletzt. Die Vernetzung und die Kommunikation untereinander

verändert sich, die Gesellschaft verändert

sich.

Innerhalb der Stadt entstehen Orte für die Gesellschaft.

Sie sind als Intervention zur Verknüpfung unterschiedlicher

Quartiere und deren Bewohner, als Räume

des Zusammenkommens und des sozialen Miteinanders

entstanden.

48


postprison

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compensation

Der Park ist wie jeden sonnigen Tag gut besucht. Einige

joggen an den grünen Wiesen entlang, andere führen

ihren Hund aus.

Ein paar Personen arbeiten an einem Podest um

Aufenthaltsstätten für Familien und andere Bürger zu

schaffen. Was sie besonders macht: Sie haben die

Regeln der Gesellschaft gebrochen, haben die Verantwortung

dafür übernommen und leisten Wiedergutmachung.

Eine Wand, ein Dach, eine Säule sind in der Lage, eine

natürliche Umgebung zu bilden und sie in einen komfortablen,

nützlichen und menschlichen Lebensraum zu

verwandeln. Wenn eine Idee erst einmal entstanden ist,

kann sie einen nährenden Prozess erzeugen.

50


postprison

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decentralised social

rehabilitation

Unsere Gesellschaft ist vielfältig. Es existiert eine Fehlerkultur.

Fehler sind wichtig, weil man daraus lernen

kann. Ohne diese Fehler würde diese Gesellschaft sich

weniger schnell weiter entwickeln.

Delinquenten werden in dezentralen Umgebungen mit

unterschiedlichen Arbeitsangeboten integriert. Ihre

Arbeit trägt zum Gemeinwohl bei, dabei lernen sie, sich

an eine soziale Umgebung anzupassen und schrittweise

zu integrieren. In direkter Nähe zur Gemeinschaft

sind ihre betreuten Wohnungen angesiedelt.

Unterschiedlichste Szenarien sind denkbar: Frauen mit

Kindern, alleinstehende ältere Männer, ganze Familien,

Jugendliche und so weiter.

Die urbane Umgebung wird zum melting pot, der Täter

und Nicht-Täter verschmilzt.

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postprison

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centralised social

rehabilitation

Warum Bestrafen, wenn man den Menschen

auch Menschlichkeit nahebringen kann?

Arne Nielsen

Autonomie und Menschenwürde. Das sind die Werte,

um die es sich innerhalb der Ansammlung kleiner

Gebäuden in der Peripherie dreht. Autonom zu leben

zu lernen, um nicht zu kriminellen Mitteln greifen zu

müssen auf der einen Seite, die eigene Menschenwürde

und die Anderer zu erkennen und zu respektieren

auf der anderen. Weit entfernt vom Lärm und

Gewirr der Stadt in der Idylle der Natur. Einerseits

losgelöst von der Gesellschaft, andererseits einsehbar

und immer noch verbunden.

Die Gebäude werden in das Gefüge eines Dorfes integriert

und in ein bürgerliches und alltägliches Leben

eingebunden. Sie beginnen das Zusammenleben, die

Privatsphäre und das öffentliche Leben zu gestalten.

Aus der Ferne wirken die Personen, die ihrem Alltag

nachgehen, wie Ameisen. Ein Gewusel der Normalität.

54


postprison

55


pris


on



history

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history

Um in das Thema Gefängnis einzusteigen, liegt erst

einmal die Untersuchung der ideologischen und architektonischen

Entwicklung der Gefängnisarchitektur

nahe.

Es ist, kurz gesagt, die Entwicklung einer paradoxen

Idee, die mit dem Gefängnis entstand und bis heute

mit ihm verbunden ist: einen Menschen aus der

Gesellschaft auszuschließen, um ihm beizubringen,

wie er sich innerhalb der Gesellschaft zu verhalten

hat.

Amelie Ramsbrock: Geschlossene Gesellschaft, S. 297

Die Freiheitsstrafe als solche hat sich dabei erst in den

letzten 200 Jahren entwickelt und somit die Typologie

Gefängnis begründet. Dabei gibt es keine klare

chronologische Abfolge, sondern eine Vielzahl von

Systemen, die je nach Ort und politischem System

Anklang und Verwendung fanden und an anderer

Stelle adaptiert und weiterentwickelt wurden.

Der große Fortschritt unseres Strafsystems seit dem

Mittelalter liegt darin, dass in der gesetzlich detailliert

geregelten Art des Verfahrens im Gegensatz zur

freien Willkür und dem Recht des Stärkeren nunmehr

der Staat die Konfliktbearbeitung übernommen hat

und dabei an feste Regeln gebunden ist. Er allein hat

das Monopol zu strafen und kann dies mit seinem

„Gewaltmonopol“ bis hin zum Freiheitsentzug auch

durchsetzen.

Maelicke: Das Knast-Dilemma, S. 237

Die Tatsache, dass wir uns das Gefängnis so lange

nicht wegdenken konnten, zeigt, wie tief die Ideologie

des Strafens in unserer Gesellschaft verankert war.

61


Antike - Mittelalter

• versteckter Prozess & öffentliche

Strafe

• Freiheitsentzug keine anerkannte

Sanktion

Reformation

18. JH

• Bewegung hin zum humanen

Strafvollzug

• Überzeugung, den Straftäter

bessern zu können

Maison de Force

GENT, 1773

• Trennung der Strafgefangenen

• Gemeinsam bei Tag, nachts

in der Einzelzelle

Neuzeit

• Zucht- und Arbeitshäuser als

Vorläufer des modernen Gefängnisses

• öffentlicher Prozess, Strafe

im Verborgenen

Bridewell Prison

LONDON, 1667

• Einzelhaft

• Belohnung für getane Arbeit

Musterentwurf

BEN HOWARD, JOHN SOANE, 1781

• Differenzierung der Insassen

• Musteranstalt für 600 Insassen,

unwirtschaftlich


Panopticon

JEREMY BENTHAM, 1791

• Konzept der absoluten

Überwachung

Eastern State Penitentiary

PHILADELPHIA, 1829

• Solitary System

• Strahlenförmiger Bau zur

Überwachung

• Nach religiösen Vorstellungen

• Absolute Einzelhaft mit ursprünglich

ein Hof pro Zelle

Fresnes Prison

PARIS, 1898

• Telephone Pole

• Zellen in Querriegeln, Verbindungsriegel

mit anderer

Funktion

Millbank Prison

LONDON, 1816

• Erweiterung des Konzeptes

des Panopticons

• Ineffizient aufgrund konzeptioneller

Besessenheit

Pentonville

LONDON, 1842

• Nachfolger des Millbank Prisons

• Einzelhaft

• Ständige Überwachung

Chicago metropolitan

correctional center

CHICAGO, 1975

• Hochhausgefängnis


Rechteck

Radial

Telephone Pole

Hof

Urban

Campus

Hybrid

Urban / Hof

Hybrid

Urban / Campus

Piktogramme Gefängnistypen

64


history

Vor dem Gefängnis

Schon immer stand die Gesellschaft vor der Frage, wie mit Menschen

umzugehen sei, die nicht angepasst an die bestehenden Strukturen

leben. Seit der griechischen Antike kristallisierte sich die Strafe als

Reaktion auf Delinquenz und Ungehorsam 1 . Sowohl die Art der Bestrafung

und deren Durchführung, als auch der Ort der Strafe selbst haben

sich dabei über die Zeit hinweg stark verändert. Die Leibesstrafe wird zu

einer auf den Geist abgerichteten Bestrafung vom Staat und somit von

der Gesellschaft verhängt. Eine im Vergleich recht neuartige Entwicklung

seit der Nachkriegszeit des zweiten Weltkriegs ist die Resozialisierung.

Aus dem Kerker wird das Zuchthaus, dann das Gefängnis und

schließlich die Justizvollzugsanstalt.

Bis ins Mittelalter waren körperliche Sanktionen, also Schandstrafen

wie der Pranger, strenge und brutale Körperstrafen, Verbannung

aus der Stadt, oder gar die Todesstrafe für Delinquenten vorgesehen.

Die Ausübung dieser Strafen waren meist zeremoniellen Charakters

und wurde öffentlich vor breitem Publikum ausgeführt, zum einen um

Nachahmer oder Gleichgesinnte abzuschrecken, zum anderen um die

Tatsache der Strafbarkeit des Vergehens zu unterstreichen 2 .

Räume, die zum Festhalten der zu strafenden Person gedacht

waren, gab es zwar auch, dabei ging es aber meist nicht um den Entzug

der Freiheit als Strafe, sondern um das Fristen bis zur Verhandlung über

das Strafmaß (entsprechend der heutigen Untersuchungshaft). Eine

frühe Form der Freiheitsberaubung ist die Sklaverei in der Antike, die

nicht unbedingt eine Relation zur Bestrafung haben musste. Bis zum

Mittelalter existierten keine eigens gebauten Gefängnisse, stattdessen

dienten dafür häufig Burgverliese, Keller von Rathäusern oder Teile der

Stadtmauern. Der Ort des Freiheitsentzuges war somit nicht von moralischen

oder humanem Sinn, sondern rein Verwahrung bestimmt.

„Die öffentliche Hinrichtung dient der Wiederherstellung der Macht

des Königs.“ 3

1 Krause, 2004, S. 20 f.

2 RDK Labor

3 Foucault, 1976, S. 44

65


001 Am Pranger stehender Titus Oates

002 Giovanni Battista Piranesi, Carceri d‘ invenzione, plate XVI: The Pier with Chains, 1761

66


history

Die Gefangenhaltung als Bestrafung in einem eigens dafür vorgesehenen

Gebäude hat ihren Ursprung in klösterlichen Gemeinschaften

des späten Mittelalters. Die strengen Abläufe, die Einzelunterbringung

und die Räume für gemeinsame Arbeit nehmen die Struktur des Gefängnisses

um einige Jahrhunderte vorweg. So ist es nicht verwunderlich,

dass der Vorläufer der Justizvollzugsanstalt, die Arbeits- und

Zuchthäuser, in ehemals klösterlichen Anlagen Platz fand. Dabei handelte

es sich nicht um eine reine Strafanstalt, sondern um eine Verwahrungsstätte

für Randgruppen, die besondere Kontrolle oder ‚Fürsorge‘

benötigten 4 , also Landstreicher und Obdachlose.

Es begann die Wandlung vom geheimen Prozess und der öffentlich

vollzogenen körperlichen Bestrafung hin zum privaten Prozess und

der Haftstrafe im Verborgenen.

Eine beispielhafte Institution dieser Art mit immens hoher Reichweite

innerhalb Europas bildet das Rasphuis in Amsterdam: Ein in 1596

zu einem Zuchthaus umfunktioniertes Kloster, in dem verpflichtend

Rotholz geraspelt wurde. Die gemeinsamen Schlafräume dienten

tagsüber zur Ausführung der Zwangsarbeit 5 . Die Unterbringung im Arbeitshaus

sollte durch streng strukturierte Abläufe, regelmäßige Arbeit

und Entlohnung einen sozialen Menschen aus den dort Eingesperrten

machen. Ein weiterer Zweck war die Zurschaustellung der Inhaftierten:

Das Rasphuis lockte durch seinen exemplarischen Charakter Besucher

an und unterstützten damit das Konzept der Betreiber der ‚Scham als

erste Besserung‘ 6 .

Die Arbeitshäuser waren den europaweit zeitgleich entstehenden

Zuchthäusern überlegen. Die bekannteste britische Einrichtung gleichen

Konzeptes galt dabei als abschreckende Beispiel, aufgrund ihrer

miserablen hygienischen, sozialen und disziplinarischen Zustände. Das

Bridewell in London, 1557 von einem Schloss umgewandelt, war dabei

keine typologische Besonderheit, lediglich die erste und damit wichtigste

Einrichtung Englands dieser Art 7 .

Die nach Gesichtspunkten der Arbeitsökonomie gestalteten

4 Winkelmann, Förstner, 2007, S.45

5 Seelich, 2009, S. 22

6 Seelich, 2009, S. 22

7 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 47

67


Zuchthäuser konnten auf Dauer ihren Zweck nicht erfüllen. Wegen

Überfüllung, mangelnder Hygiene und dem wahllosem Zusammensperren

von Menschen unterschiedlichster Delikts- und Altersgruppe konnte

weder Bridewell, noch die Zuchthäuser der Niederlanden erzieherische

Erfolge aufweisen. Vielmehr unterstützen sie die Kriminalität innerhalb 8 .

Reformation

Mit der Ablösung der körperlichen Strafen und Ehrstrafen gewann

die Freiheitsstrafe gegen Ende des 18. Jahrhunderts verstärkt an Bedeutung.

Gefängnisse und Zuchthäuser wurden dadurch zu Strafanstalten,

die für unterschiedliche Strafzwecke – Abschreckung und insbesondere

Besserung – nutzbar gemacht werden sollten.

Die mangelnden Fortschritte der bestehenden Arbeits- und

Zuchthäuser gerieten zunehmend in die Kritik und bedingten die Gefängnisreformation

Ende des 18. Jahrhunderts durch John Howard. Er

bewirkte die erste Richtlinie für staatliche Gefängnisse nach humanitärer

Vorstellung, den Penitentiary Act 1779. Durch sinnvolle Arbeit,

gerechte Entlohnung, angebrachte Hygienebedingungen, die Möglichkeit

der Hafterleichterung bei gutem Verhalten sollte das Ziel der

Verbesserung des Individuums erreicht werden. Zur Verhinderung der

gegenseitigen ‚moralischen Ansteckung‘ 9 forderte er eine Unterteilung

der Gefangenen in Gruppen nach Alter, Geschlecht, Delikt und moralischer

Disposition. Um die gegenseitige „moralische Ansteckung“ der

Gefangenen zu verhindern, sollten diese räumlich voneinander getrennt

und an der Kontaktaufnahme gehindert werden (zunächst auf dem

Wege einer „Klassifikation“ in Gruppen nach Alter, Geschlecht, Delikt

und moralischer Disposition, später individualisierend durch Einzelhaft

in Zellen). Außerdem war man zunehmend bestrebt, die permanente

Überwachung der Sträflinge zu gewährleisten, um so erzieherischen

Einfluss auf ihre Besserung ausüben zu können. Gefängnisbau wurde

zur eigenen Bauaufgabe. 10

8 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 50

9 RDK Labor

10 RDK Labor

68


history

003 Bridewell Prison, 1557, London

004 Rasphuis, 1596, Amsterdam

69


005 Casa die Correzione, 1704, Rom

006 Maison de Force, Ackerghem bei Gent, 1772-75, Malfaison und Kluchmann

007 Musteranstalt für 600 Insassen, John Soane, 1781

70


history

Kreative Phase

Als eines der ersten Gefängnisse mit Einzelzellen gilt die Casa di

Correzione in Rom. Die Besserungsanstalt für schwererziehbare Jugendliche,

erbaut bis 1704 von Carlo Fontana, bestand aus drei Stockwerken

mit Einzelzellenblöcken, die durch Galerien erschlossen und

mit je zwei Fenstern, eines nach draußen, eins in die verbindende Halle,

ausgestattet waren. Die Sala Clementina (hoher Saal) diente als Arbeitsraum,

Kapelle und Speisesaal. Auf der einen Seite des Saals befand

sich ein Altar, auf der anderen ein Prügelblock. Die Sala Clementina lag

oberhalb des Passantenniveaus, um den Insassen jeglichen Kontakt zu

Passanten zu verweigern. Die dort verrichtete Arbeit sollte in absoluter

Stille durchgeführt werden 11 . Der Typus war stark religiös beeinflusst,

sowohl durch den einem Sakralbau ähnelnden Grundriss, also auch

dadurch, dass der Altar in der Haupthalle von allen Zellen aus einsehbar

war. Durch die permanente Vergegenwärtigung der göttlichen Ordnung

(also gewissermaßen eine ständige Überwachung im übertragenen Sinne)

sollte so eine Verhaltensverbesserung herbeigeführt werden 12 .

Die schlechte wirtschaftliche Lage der Niederlande und Englands,

sichtbar an den steigenden Zahlen von Bettlern, Landstreichern und

Dieben, bedingte eine Steigerung der benötigten Anzahl an Arbeitshäusern.

Dadurch entwickelte sich ein wesentlich klarer typologisch

definiertes Gefängnis: Die Maison de Force zu Gent im Jahr 1775. Jeder

trapezförmige Innenhof bildet eine Einheit mit eigenen Zellen, Speisesälen,

Schulungs- und Arbeitsräumen, sodass die einzelnen Gruppen

nach Alter, Geschlecht und Strafmaß voneinander getrennt bleiben 13 .

Innerhalb des Abschnittes wurde tagsüber gemeinsam gearbeitet, die

Nacht wird in Einzelzellen verbracht. Die radiale Anordnung scheint mit

dem Panoptismus in Verbindung zu stehen, allerdings ist vom achteckigen

Innenhof keine Sichtbeziehung zu den einzelnen Gebäudeflügeln

und in die Gänge mit den Zellen möglich. Der strahlenförmiger Radialplan

entwickelt sich zum Urplan des Gefängnisses.

Aus diesen Überlegungen entstand in Zusammenarbeit mit dem

11 Seelich, 2009, S. 24

12 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 50 f.

13 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 52

71


britischen Architekten Sir John Soane 1781 die Männeranstalt für 600

und eine Frauenanstalt für 300 Insassen. Inspiriert von der Maison

de Force und durch die starke Prägung geometrischer Grundformen

unterteilten sich die Gesamtanlagen in mehrere Trakte, um so Howards

Forderung der Klassenunterteilung gerecht zu werden. Trotz einiger

Sichtachsen, kann bei dem enorm großzügigen Grundriss nicht von Effizienz

der Überwachung oder Wirtschaftlichkeit die Rede sein.

Den Höhepunkt der Überwachung bildete Jeremy Benthams

Panopticon im Jahr 1791. Laut Michel Foucault stellt es die architektonische

Gestalt der Machttechniken dar und dient damit als Ort zur Kontrolle

und Disziplinierung der Stigmatisierten 14 .

Jeremy Bentham rechnete dem Panopticon, auch Inspection

House genannt, an, die Moral zu erneuern, die Gesundheit zu erhalten,

das Gewerbe zu stärken und die Öffentlichkeit zu entlasten 15 . Dabei

stand das Konzept nicht nur für das Gefängnis, auch Fabriken, Armenhäuser,

Lazarette, Fabriken, Hospitäler, Arbeitshäuser, Irrenhäuser und

Schulen sollte das Panopticon zu neuen Erfolgen leiten.

Die Einzelzellen im kreisförmigen Panopticon sind radial um einen

Luftraum über mehrere Geschosse hinweg organisiert. Mittig befindet

sich das Haus des Aufsehers, dessen Fenster mit Lamellen bestückt

werden. Die Zellensegmente sind zum Inneren mit Gitterstäben, zum

Außenraum mit großen Fensteröffnungen ausgestattet. Dadurch wird

jede Zelle zu einem durchleuchteten Theater für den Aufseher in der

Mitte, während dieser aus dem Kontrollraum wegen der Lamellen nicht

sichtbar ist 16 . Diese Unsichtbarkeit des Überwachenden bedingt eine

Allgegenwart der Kontrolle, eine „Maschine zur Separierung und Überwachung“

17 . Das Konzept wurde trotz seiner Bekanntheit bis heute nur

selten beim Bau von Haftanstalten angewandt, wie zum Beispiel das

Arnheim Koepelgevangenis, 1886, in den Niederlanden und das Stateville

Penitentiary, 1864, in Illinois, USA. Das Konzept wurde im Millbank

Gefängnis in London auf die Spitze getrieben. 1816 errichtet besteht

es aus einem hexagonalen Gebetsraum umgeben von sechs weiteren

14 Foucault, 1976, S. 251 f.

15 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 67

16 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 67

17 Seelich, 2009, S. 30

72


history

008 Jeremy Benthams Panopticon, 1791, Zeichnungen von Willey Reveley nach Bentham

73


Hexagonen mit Zellentrakten und je einem Wachturm in der Mitte. Die

Aufteilung in Höfe ermöglicht eine Segregation der Gefangenen. Das

erbaute Konstrukt wurde allerdings so unübersichtlich und verwirrend

für die Wachen, dass es noch vor Ende des Jahrhunderts abgetragen

wurde.

Michel Foucault beschreibt in seinem Buch Überwachen und

Strafen das Panopticon als Höhepunkt der Disziplinargesellschaft. Die

Asymmetrie in den Sichtverhältnissen kreiert das Machtverhältnis und

macht es für die Beobachteten unmöglich, zwischen Situationen zu

unterscheiden, die für die Bewertung ihres Verhaltens relevant oder

irrelevant sind. Sie müssen sich in jedem Moment auf eine Bewertung

einrichten. Die Anordnung wirkt damit unmittelbar auf die Selbstdisziplin

der Personen in den Zellen ein. 18

Systeme

Im 19. Jahrhundert wurden aufgrund unzureichender finanzieller

Mittel die meisten Forderungen nach Howard abgeschafft. Im Laufe

des Jahrhunderts entwickelten sich drei Systeme in den USA und in

England, die teilweise aufeinander aufbauten oder andere Gefängnisse

dieser Zeit stark beeinflussten. Außerdem wandelte sich der Standort

aus dem städtischen Kontext in die Peripherie, um für den Rest der Gesellschaft

unsichtbarer zu werden.

Silent system

Das silent system, auch Auburn System, wurde im Auburn State

Prison in Staat New York, errichtet von 1816 bis 1824. Den Tag in Gemeinschaft

zu verbringen und die Nacht in der Einzelzelle ist dabei

nicht die Neuerung, sondern das Absitzen der gesamten Strafe in

absoluter Stille. So wollte man den Willen der Gefangenen brechen und

zu Einsicht und Reue führen. Der Ausgang im Hof durfte nur im sogenannten

lock step durchgeführt werden, der weder Blickkontakt noch

18 Körner, 2018, S. 216

74


history

009 Millbank Penitentiary, 1812-21, London, William Williams

75


010 Auburn Prison, Auburn/ New York, 1816-24

011 Eastern State Penitantiary, Philadelphia, 1821-36, John Haviland

012 Pentonville Prison, 1840-42, Joshua Jebb

76


history

Gespräche mit den Mitinsassen ermöglichte. In Auburn wurde auch die

schwarz-weiß-gestreifte, einheitliche Gefängniskleidung etabliert, die

bis heute deren Klischee bestimmt. Bei Ungehorsam drohten den Insassen

Körperstrafen, wie Peitschenhiebe.

Solitary system

„Over the head and face of every prisoner who comes into this

melancholy house, a black hood is drawn; and in this dark shroud,

an emblem of the curtain dropped between him and the living world,

he is led to the cell from which he never again comes forth, until

his whole term of imprisonment has expired. ... He is a man buried

alive; to be dug out in the slow round of years, and in the meantime

dead to everything but torturing anxieties and horrible despair.“

So beschreibt Charles Dickens das Eastern State Penitentiary und

das dort angewandte System in seinem Buch American Note im Jahr

1842. Das solitary system gilt als verschärftes silent system und wurde

1829 am Eastern State Penitentiary in den USA, Philadelphia entwickelt.

Daher kam auch der Name das pennsylvanischen Systems. Ausgehend

von einem Zentralbau erschließen sich die Zellen über strahlenförmige

Korridore. Jeder Zelle wurde ein kleiner Hof vorgelagert, in der tagsüber

gearbeitet wurde. Die Haft war darauf ausgelegt, durch die strenge

Isolation - auch jeglicher Besuch war verboten – Reue und Umkehr zu

bewirken. Während des Baus der Anstalt waren die Behörden gezwungen

die Anstalt zweigeschossig zu errichten, was zur Folge hatte, dass

die Zellen im Obergeschoss nicht mal die Möglichkeit des Austritts und

stattdessen lediglich den Blick in den Himmel boten.

Separate system

Die anschließende Milderung des solitary systems ist an dem Gefängnis

Pentonville, 1842 in London errichtet, ersichtlich. Ursprünglich

als Prototyp für künftige Gefängnisbauten in England geplant, gilt es

77


nun als das weltweit meist angewandte Gefängniskonzept 19 . Die halbkreisförmige

Halle am Kopfbau ermöglicht einen panoptischen Blick in

die vier radial angeordneten, dreigeschossigen Zellenarme. Diese sind

nicht, wie zuvor, als Korridore ausformuliert, sondern über Galerien. Obwohl

die Insassen nun die Zellen verlassen durften, wurden stattdessen

eine andere Art der Isolation vorgeschrieben: Bei Ausgang in den Hof,

zum Unterricht oder zur Arbeit trägt er sogenannte Schildmützen. Die

Masken verhindern den Sichtkontakt mit anderen Inhaftierten. Durch

weitere bauliche Vorrichtungen wird weiterhin isoliert: In der Schule und

Kirche werden Holzverschläge, sogenannte stalls, errichtet. Der Innenhof

ist mit käfigartigen Spazierbereichen bestückt.

Progressive System

In Pentonville wurde auch an einem neuen Haftsystem gearbeitet:

Die Isolationshaft war die erste Stufe. Nach neun Monaten Einzelhaft

konnten die Gefangenen bei guter Führung zu Gemeinschaftsarbeiten

zugelassen werden. Insgesamt gab es dabei drei unterschiedliche Stufen,

auf die der Gefangene je nach Verhalten auf- und absteigen konnte.

Bei Erreichen der höchsten Stufe konnte die Gesamtlänge der Haft um

ein Viertel verkürzt werden, also die erste Form der Bewährung.

Telephone Pole

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich eine weitere typologische

Variante des Gefängnisbau, die weite Verbreitung fand und teils

bis heute für moderne Bauten angewendet wird. An einen Telegraphenmast

erinnernd werden die Zellenflügel dabei links und rechts an einen

langen, zentralen Erschließungstrakt angeordnet. Viel mehr als bei den

vorhergehenden radialen Gefängnisanlagen weiten sich die neuen Gefängnisanlagen

zu einem Gebäudekomplex mit einer weitläufigen, fast

siedlungsartigen Struktur aus. 20

19 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 80

20 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 88

78


history

Der Vorläufer dieses Gebäudetypus‘ und, laut Foucault, der Abstieg

in unsere modernen Straftheorien und Machtstrukturen 21 , bildet

die Gefängniskolonie Mettray in Frankreich. Die im Jahr 1940 eröffnete

Arbeiterkolonie für Jugendliche, die auch durch die erstmalige Spezialisierung

auf junge Straftäter eine Besonderheit in der Gefängnisgeschichte

darstellt. Die Gefängniskolonie konstituiert aus parallel zueinander

liegenden Pavillons, die um eine Mittelachse angeordnet sind und

damit einen dörflichen Charakter mit fast urbanen Strukturen größerer

Institutionen vorwegnehmen. Zu Beginn fand die Institution hohen

Anklang, sie entwickelte sich jedoch bald zu einem unheilsamen Hierarchiesystem

mit militärischer Organisation. Dieser Drill und die harten

Körperstrafen widersprachen dem ursprünglich angestrebten humanistischen

Ziel stark. 22

Die bekannteste und für weitere Entwicklungen einflussreichste

Anlage des Telephone-Pole-Typs stellt die Gefängniskolonie in Fresnes

bei Paris im Jahr 1898 dar. Die Werkstätten, die Kapelle, ein Krankenhaus,

der Verwaltungsbau und sonstige Gebäude waren von den

Zellentrakten getrennt, so dass lange Wege für Häftlinge und Wärter

entstanden. Die Größenordnung von 1650 Häftlingsunterbringungen

und die fast unübersichtlichen Anlagen von vielen kleinen Gebäudetrakten,

-flügeln und Einzelbauten überholt das Jahrzehnte lange Bestreben,

einen möglichst kompakten, effizient von überall überwachbaren

Raum zu entwickeln. 23

Typologische Varianz

Nach dem Typ des Telephone Pole entstand eine Vielzahl von

baulichen Strukturen und Strafvollzugsformen. Besonders in den USA

werden seit den zwanziger Jahren Gefängnisse auch als Hochhäuser

errichtet. Die Vorteile eines Hochhausgefängnisses sind dabei, neben

dem hohen Sicherheitsfaktor aufgrund der Höhe, die klassischen

Vorzüge eines Hochhauses: Der geringen Fußabdruck und der geringe

21 Foucault, 1977, S. 293

22 www.rdklabor.de, abgerufen am 22.02.2020

23 Winkelmann, Förstner, 2007, S. 90

79


013 Fresnes, telephone pole prison

014 Konzept Hochhausgefängnis, 1920

80


history

Flächenverlust durch die Erschließung. Die dadurch mögliche Positionierung

in der Stadt rechnet sich dabei besonders bei kurzfristigen

Aufenthalten, wie bei Untersuchungshaft oder beim Warten auf den

Gerichtstermin. 24

Ein Beispiel hierfür ist das Chicago Metropolitan Correctional

Center von 1976. Die 27 Stockwerke sind auf einem dreieckigem Grundriss

organisiert und anstatt der klassischen Gitter vor den Fenstern wird

die Fenstergröße einfach zu Schlitzen minimiert.

In der Nachkriegszeit wird in westlichen Industriestaaten, wie z.B.

Deutschland, Frankreich und Großbrittanien, dem Strafvollzugsziel der

Resozialisierung und der Wiedereingliederung des Straftäters in die Gesellschaft

eine hohe Priorität eingeräumt. Damit entsteht in dieser Zeit,

auch durch die Herausgabe des Buches Prison Architecture des United

Nations Social Defence Research Institutes UNSDRI eine „neue Generation“

von Gefängnisbauten 25 . Um eine intensive individuelle Betreuung

zu ermöglichen, wurden nun Gefängnisanlagen in kleinere, voneinander

unabhängige Einheiten mit eigenen Gemeinschaftsbereichen unterteilt.

Die einzelnen Hafthäuser verfügen über eigene Haftleitung und Betreuer,

um so den Stufenstrafvollzug, also den Nachfolger des Progressiven

Systems, zu optimieren. Die Haftanstalten bestehen aus einer modularen

Addition von polygonalen, quadratischen, drei- oder viereckigen

Einheiten, die bewusst nicht symmetrisch oder axial angeordnet sind.

Durch die neuen technischen Möglichkeiten der Videoüberwachung,

automatischen Türschließung und Bewegungsmelder wird die Notwendigkeit

der Einsichtigkeit von einer Perspektive aus obsolet und bieten

eine gewisse Freiheit für die formal-strukturelle Gestaltung moderner

Gefängnisse.

Die meisten Justizvollzugsanstalten Deutschlands bestanden

aus nicht mehr als vier Stockwerken hohen Zellentrakten, die in einem

Raster oder einer Kammstruktur angeordnet sind. Auffällig sind dabei

die starken Farbakzente und die doch anspruchsvolle architektonische

Gestaltung der Fassaden. Ihre architektonische Formensprache gab

keinerlei Aufschluss über ihre Funktion. Wenn man also von der Sicher-

24 Di Gennaro, 1970, S. 30

25 Fairweather, 2000, S. 34

81


heitstechnik und den Sperrvorrichtungen absehe, könnten sie äußerlich

auch Büro- oder Lagerhäuser sein.

The ‘non-places for non-people’ and likened to the pure logistical

concerns of an‘amazon warehouse’, with associated dehumanising

effects. 26

In den sechziger Jahren gab es ein weiteres Mal eine Reformbewegung

zugunsten der Gefangenen. Ein wesentliches Ergebnis in

diesem Wandlungsprozess war die Abkehr von der Vorstellung einer

„anlagebedingten Unverbesserlichkeit“. Der Rückfalldelinquent galt

also nicht mehr als „Täter aus Erbanlage“, sondern als „Opfer der Gesellschaft“

27 .

Im Jahr 2006 wurde im Rahmen der Föderalismusreform die

Aufgabe der Strafjustiz vom Bund an die Länder gegeben. Dies führt zu

einer enormen Ungleichheit der Bedingungen für Inhaftierte innerhalb

Deutschlands.

Viele der Justizvollzugsanstalten, die im 19. oder 20. Jahrhundert

errichtet worden sind, wurden trotz der neuen Erkenntnisse und der

Humanisierung des Systems nicht den neuen Standards angepasst. So

kam es oft vor, dass Gefängnisgebäude den Charakter der Repression

oder Isolation nie verloren. 28

26 Karthaus ,Block, Hu, 2019, S. 198

27 Baumann, 2006, S. 377

28 Frank, 20.02.2020

82


history

015 JVA Moabit, 2018

83


incarceration


prison

Wie sollen sich Menschen in einer Atmosphäre, die

sich täglich wie ein Minenfeld anfühlt, zum Positiven

verändern?

Pedro Holzhey

Hohe Mauern, ein Abschluss aus Klingendraht.

Dahinter karge Betonhöfe. Das Gefängnis als Konstrukt

ist immer noch jedem geläufig, obwohl man meist

nur wenige Berührungspunkte damit hatte. Ob dies

daran liegt, dass man hin und wieder die massiven

Mauern eines städtischen Gefängnisses passierte

oder aufgrund der zahlreichen Darstellungen aus

Film und Fernsehen. Seit jeher ist einem das Wort

ein Begriff und man besitzt eine recht klare Vorstellung,

wie ein Gefängnis von innen aussehen hat. Das

Gefängnis setzte Menschen fest, die sich nicht an die

Regeln der Gesellschaft gehalten haben und daher

zumindest zeitweise von dieser getrennt werden.

Durch die Beeinflussung der Medien und die Positionierung

der Gefängnisse fernab des Sichtbaren, blieb

bei vielen ein klischeehaftes Bild hängen, das mit der

Realität nur wenig zu tun hatte.

Das Wort incarceration beschreibt den Zustand des

Gefangenseins, des Entzugs der Freiheit. Die persönliche

Freiheit, das höchste Gut in der Demokratie, wird

damit eingeschränkt, um die Freiheit und Sicherheit

der restlichen Gesellschaft zu schützen - ein ideologischer

Akt. Durch den Resozialisierungsgrundsatz

wurde versucht, diesen Einschnitt zu legitimieren. Um

der Gesellschaft jedoch ein Bild von Sicherheit zu vermitteln,

verschwanden diese Einrichtungen hinter den

zuvor beschriebenen Mauern.

85


Prisoners are the community. They come from the community, they

return to it. Protection of prisoners is protection of our communities.

1

Grundsätzlich hatte das Gefängnis folgende drei Funktionen: Es

sollte die Öffentlichkeit schützen, die verurteilte Person bestrafen und

sie zusätzlich für die Zukunft in Freiheit rehabilitieren. Letzteres hat man

auch versucht durch Abschreckung zu erreichen. Die Erreichung einer

abschreckenden Wirkung wurde jedoch bereits damals stark angezweifelt,

da dadurch die Wirksamkeit der Rehabilitierungsmaßnahmen

reduziert wurde und die straffällige Person meist davon ausging, beim

nächsten Mal nicht erwischt zu werden 2 .

Die höchsten Richter in Karlsruhe hatten im Jahr 2006 festgestellt,

dass Resozialisierung den besten Schutz vor neuen Straftaten

biete. Damals wurden 96% der Inhaftierten nach Absitzen ihrer Gefängnisstrafe

wieder in Freiheit entlassen 3 . Der Sicherheit der Allgemeinheit

wäre also am besten gedient, wenn die Resozialisierung erfolgreich ist. 4

Das Gefängnis und die dort zu verbüßende Freiheitsstrafe sind

entwickelt worden, um zu vergelten. Die Legitimation der negativen, fast

schon zerstörerische Folgen, die daraus entstanden, begründeten sich

durch den altertümlichen Kerngedanken in der Entstehung 5 : Wer entgegen

den Normen der Gesellschaften handelt, müsse bestraft werden.

Da körperliche Sanktionen oder gar die Todesstrafe bereits als inhuman

galten, übernahm man den Entzug der Freiheit als Sanktionsmittel. Man

nahm der gefangenen Person ihren freien Willen, die Selbstbestimmung

und das grundlegende Recht auf Freiheit.

A prison sentence means intentionally inflicted suffering. It is not

an error or a side effect (...) of an otherwise positive action. 6

1 Stöver, 2010

2 Maelicke, 2015, S. 14

3 Maelicke, 2015, S. 16

4 Prantl, 14.08.2016

5 Siehe hierfür im Kapitel history, S. 96 ff.

6 Ferrari, Pavarini 2018, S. 187

86


prison

Trotz der in den 2020er Jahren humanen Grundsätze und Entwicklungen

sowie ständiger Reformen 7 , hat sich der vergeltende Grundcharakter

nicht aus der Institution verabschiedet.

Die angestrebten Ziele der Institution Gefängnis waren der

Schutz der Gesellschaft, Abschreckung potentieller Straftäter und eine

Art Generalprävention, da viele aus Furcht vor Strafe gar nicht erst in

Versuchung gerieten, eine Straftat zu begehen. Ein wesentliches Ziel

war jedoch die Bestrafung und gleichzeitige Resozialisierung. Gerade

letzteres konnte in der damaligen Institution Gefängnis so nicht mehr

umgesetzt werden, weil der Strafcharakter überwog 8 . Auch durch eine

kriminelle Tat, darf eine Person nicht ihre Rechte oder ihren Platz in der

Gesellschaft verlieren.

Die Debatte wurde international relevant, obwohl anzumerken

ist, dass die Standards von Land zu Land abwichen. Die Aberkennung

zumindest einiger Menschenrechte bei Strafantritt blieb allerdings permanent

erhalten.

Da die Institution Gefängnis die Ziele des Strafvollzugs nicht erreichte,

ereignete sich Mitte der 2020er Jahre der Paradigmenwechsel:

Strafe verhindert Besserung des Verhaltens und der Situation, die das

Verhalten begründete.

Um die lang überfällige Entwicklung nachvollziehen zu können,

müssen die Probleme der Institution, wie sie zuvor bestand, erläutert

und die Grundpfeiler der Verbesserung, sowie die Humanisierung der

Reaktion auf Delinquenz aufgezeigt werden. Postprison beschreibt eine

neue Epoche des Umgangs mit Kriminalität, Prison den Auslöser.

Um die unerreichten Ziele und negativen Auswirkungen einer Freiheitsstrafe,

beziehungsweise den Aufenthalt im Gefängnis auf Täter:innen

und die Gesellschaft zu beenden, mussten sie zuerst als solche

definiert werden. Zu differenzieren ist dabei zwischen den Charakteristika,

die ein Gefängnis ausmachte, sowie den zwangsläufig daraus

resultierenden Strukturen.

7 Ramsbrock 2020, S. 297

8 Ferrari, Pavarini 2018,S. 174

87


former functions

Bestrafung

Wirtschaftlichkeit

Abschreckung

Totale Institution

Überwachung

& Kontrolle


Negative Charakteristiken der Institution Gefängnis sind bedingt

durch mehrere Faktoren: Während der Strafcharakter und die Abschreckung

sich direkt negativ auf die Gefangenen auswirken sollten, sind

die wirtschaftlichen Faktoren, die Züge der totalen Institution und die

der Überwachung eher Folgen aus dem System. Aus diesen Begebenheiten

entwickelten sich Machtungleichheiten, ein fruchtbarer Boden

für rassistische und sexuelle Gewalt, Diskriminierung und Unterdrückung.

Hinsichtlich der Tendenz, dass der Großteil aller Gefangenen

nach einer gewissen Zeit wieder in Freiheit leben würde 1 , ein sehr

widersprüchlicher Fakt.

Bestrafung

To punish means to intentionally inflict pain upon norm breakers

and to make them suffer for what they did. The deeper motive of

punishment might be vengeance or retribution, but the social function

is always the stabilization of the normative order in the face of

threats to the validity of norms occasioned by their violation. 2

Strafe galt seit Jahrhunderten als das übliche Mittel, um mit unerwünschtem

Verhalten umzugehen. Sie kann dabei unterschiedliche

Zwecke verfolgen: einerseits straft sie durch Verlust der Macht, also

durch Repression und Kontrolle, andererseits stellt sie einen symbolischen

Akt dar, der den Regelbruch und die daraus entstandenen Verletzungen

korrigieren soll 3 . Sie stellt damit eine Form der Vergeltung dar,

womit der vorherige Zustand durch die Strafe nicht erreicht werden

kann 4 .

In der Natur des Gefängnisses ist die Strafe fest verankert und

1 Laut Maelicke, 2019, erlange etwa 96 % der Inhaftierten wieder die Freiheit, mehr als

40% bereits nach weniger als einem Jahr.

2 Ferrari, Pavarini, 1028, S. 42

3 Bögelein, 2015, S. 21

4 Zu differenzieren ist dabei die Kompensation: Geht es beispielsweise um eine entwendete

Geldsumme, so kann der Verlust mit einer Rückzahlung kompensiert werden, dabei handelt

es sich dann nicht um eine Strafe, sondern um Schadensersatz oder Wiedergutmachung. Hoerster,

2012, S. 12

89


lässt sich nicht davon lösen. Auch wenn sie seit der Aufklärung und

besonders im 20. Jahrhundert durch die Resozialisierung modernisiert

und akzeptabler gemacht wurde, blieb die Strafe überzogen, da sie sich

nicht nur auf die körperliche Freiheit bezog. Sie verursachte Leid, verbessert

aber die Gesellschaft nicht. Dennoch wurde sie hingenommen,

weil sie vom Staat erteilt wurde.

It is intolerable that the penal justice system practically functions

only as a kind of „dispenser of suffering“. To inflict pain, even to the

author of a massacre, is useless because it does not contribute in

any way to the improvement of society. 5

Die Überzogenheit zeigt sich besonders durch die automatische

Bestrafung Dritter. Partner oder Kinder, die bei einem Haftantritt zurück

gelassen wurden, hatten meist mit ähnlichen Konsequenzen, wie der

materiellen Unsicherheit oder der Stigmatisierung, zu kämpfen.

Until the punitive paradigm of the criminal justice system is

replaced with one of rehabilitation, familiar humiliations will be

housed in different spaces. 6

Es wurde klar, dass ohne die Abwendung von der Strafe, niemals

ein positiver Effekt im Umgang mit Delinquenz erreichbar ist. Nach psychologischen

Erkenntnissen ist Strafe allgemein menschenfeindlich und

grundsätzlich mit einem inhumanen Menschenbild verknüpft 7 .

Totale Institution

Der Begriff der totalen Institution wurde in den 1960er Jahren

durch Ervin Goffman eingeführt und hat sich im Anschluss schnell als

Fachbegriff in der Soziologie durchgesetzt 8 . Er beschreibt einen Raum,

5 Ferrari, Pavarini 2018, S. 183

6 Himada, Lee 20114, S. 132

7 Ahlheim, 1986, S. 210

8 Stöver, 2010

90


der zumindest für eine gewisse Zeit von der restlichen Gesellschaft getrennt

ist und eigenen, von der Außenwelt losgelösten, strikt geplanten

Abläufen folgt 9 . Die Tätigkeiten, die innerhalb der Institution ausgeführt

werden, dienen einzig dem Ziel sie auszuführen. Totale Institutionen

sind gekennzeichnet von stark ausgeprägten hierarchischen Strukturen

und daraus entstehenden Subkulturen, so wie im Gefängnis.

Die totale Institution arbeitet gegen das Individuum, da sie versucht,

die über die breite Masse zu bestimmen und sie zu kontrollieren.

Überwachung und Kontrolle

Eng verbunden mit der Charakteristik der totalen Institution bedeutet

das Gefängnis permanente Überwachung begründet durch das

Sicherheitsbedürfnis der Gesellschaft, ebenso wie der Notwendigkeit

der Unterbringung von vielen hundert Inhaftierten. Dieses Grundprinzip

des Gefängniskomplexes – den Drang alles und jeden innerhalb zu kontrollieren

– verursacht ein immenses Aufkommen an Sicherheitskontrollen

und Personen, die diese durchführen. Im Kapitel Panoptismus wird

darauf näher eingegangen 10 .

Um die Kontrolle erfolgreich umsetzen zu können, braucht es

wiederum detaillierte und konsequent durchgeführt Zeitpläne, die eine

extreme Monotonie verursachen.

Die Häftlinge werden jeden Morgen geweckt, bekommen Vollpension,

haben nur gleichgeschlechtliche Kontakte. Alles ist reglementiert,

die totale Kontrolle. Was sie lernen, befähigt sie in erster

Linie zum Überleben im Knast. Wenn sie entlassen werden, sollen

sie dann plötzlich Verantwortung für ihr Leben übernehmen. Wie

soll das funktionieren? 11

9 Goffman, 1961, S. 13 f.

10 Siehe hierfür im Kapitel context ab S. 86 ff.

11 Fischhaber, 05.06.2019, Süddeutsche Zeitung

91


Wirtschaftlichkeit

Auch das Gefängnis muss finanziert werden. In den 2020er

Jahren wurde pro Person in Haft ca. 140€ 12 pro Tag im europaweiten

Schnitt ausgegeben. Da diese Kosten von Steuergeldern finanziert

wurden – immerhin entgegen der (Teil-)Privatisierung, die zu Kapitalmaximierung

auf Kosten der Inhaftierten ausgetragen worden wäre

–, besteht selbstredend ein Interesse, die Kosten möglichst gering zu

halten. Im Gegensatz zu beispielsweise Schulsanierungen, rückten

Investitionen von Justizvollzugsanstalten trotz unbedingter Notwendigkeit

oft in den Hintergrund. Der Wirtschaftsgedanke, also die Gewinnmaximierung,

steht in direktem Kontrast zur Entfaltung von Individualität

und Menschlichkeit.

Abschreckung

Der abschreckende Charakter ist untrennbar mit der Idee des

Gefängnisses verwoben, ebenso wie die daraus resultierenden negative

Folgen. Die Abschreckung besteht aus zwei unterschiedliche Formen.

Zum einen die „Generalprävention“, nach der Personen durch die

reine Existenz des Gefängnisses bereits vor der kriminellen Taten davon

ablassen. Zum anderen versucht sie die Verminderung des Risikos, eine

weitere Tat zu begehen.

Der Erfolg der Abschreckung konnte nicht bewiesen werden 13 , da

die meisten Gewalttaten aus dem Affekt und einer Auswegslosigkeit heraus

passierten 14 . Noch dazu bewiesen die Rückfallquoten in Deutschland

15 , dass Abschreckung nicht ausreichend funktionierte.

12 Council of Europe Annual Penal Statistics, 2019, S. 125

13 Großekathöfer, 25.02.2020

14 Maelicke, 2018, S. 187

15 48 % auf Bundesebene zwischen den Jahren 2004 und 2013, ganz zu schweigen von

den Taten, die nicht erfasst werden. Maelicke, 2018, S. 205

92


Most people who refrain from problematic conducts do so for reasons

unconnected to the penal law. 16

Mit dem Bau von Gebäuden eine abschreckende Wirkung erzielen

zu wollen, ist ebenso sinnlos und hat in der Folge eher negative Auswirkungen

auf Heilung und Resozialisierung. Dient die architektonische

Ausarbeitung dennoch einem solchen Zweck, so führt sie lediglich zur

Förderung eines ungesunden Klimas und gewalttätigen Verhaltens.

16 Matthiesen, 1990, S. 12

93


impact

Macht und

Hierarchie

Abschottung

(Un-)

Sicherheit

economic

efficiency vs.

individual

Subkultur

Stigmatisierung

Überzogener

Strafcharakter

punishment

vs. rehabilitation

Zwangsarbeit

Diskriminierung


Die Charakteristiken des Strafvollzugs wirkten sich in stark negativer

Form auf die beteiligten Personen aus. Die Auswirkungen machten

Täter:innen zu Opfern des Systems und begrenzten die Möglichkeiten,

wieder Anschluss an das gesellschaftliche Leben zu finden. Die Institution

Gefängnis ist an der Nichterreichung ihrer Ziele gescheitert und

konnte daher nicht weiter existieren.

You cannot teach people to be free in captivity. 1

punishment vs. rehabilitation

Auch wenn der Heilungsprozess und die Resozialisierung seit der

Nachkriegszeit des Zweiten Weltkrieges in den Vordergrund rückte, so

verschwand sie im Laufe der Zeit wieder im Schatten des Strafens. Die

Idee der Rehabilitierung habe dem Wunsch nach Vergeltung weichen

müssen, die Praxis der Therapie sei durch die der Wegsperrung ersetzt

worden, so auch Ramsbrock in ihrem Buch Geschlossene Gesellschaft. 2

Die Bestrafung als Erziehungsmethode gilt in der Soziologie ohnehin

weder abschreckend, noch bessernd 3 .

Dass die Strafe einer Resozialisierung nicht zuträglich ist, liegt in

der Gesamtheit ihrer negativen Auswirkungen. Sie spricht dem Bestraften

das Potential zur Besserung und Heilung von vorneherein ab. Es

drängt sich die Frage auf, wie eine Besserung der Situation eintreten

kann, wenn die Resozialisierung unter solch negativen Vorzeichen beginnt.

Überzogener Strafcharakter

Während in den vorher beschriebenen Funktionen des Gefängnisses

die Strafe als Legitimierung für die Institution Gefängnis aufgeführt

wurde, geht es hier um die über den Entzug der körperlichen

1 Ferrari, Pavarini 2018, S. 213

2 Ramsbrock, 2020, S. 297

3 Mingus, Transform Harm

95


Freiheit hinaus entstehenden Strafen. Auch verurteilte Straftäter:innen

sollten ihre Würde und ihre verbrieften Menschenrechte nicht verlieren

4 .

The idea of imprisonment ist not to drive the culprit into desperation,

deprivation, and destruction. 5

Der überzogene Strafcharakter verhinderte die Übermittlung der

Werte einer freien und demokratischen Gesellschaft. Er verursachte

Zwangsarbeit, war nicht wirtschaftlich vollziehbar und trug zur Verschlechterung

des Lebens unschuldiger Dritter bei.

Diskriminierung

It would be an act of honesty to rename prison institutions as houses

for the poor. 6

Personen, die eine Freiheitsstrafe antraten, kamen meist aus den

unteren, armen Schichten der Gesellschaft, besaßen einen geringen Bildungsstand

und befanden sich häufig in Arbeitslosigkeit. Viele Verbrechen

sind und waren auch damals oft durch Armut begründet. Dadurch

entstand eine stärkere Verbindung zwischen Armut und Gefängnis, als

zwischen Gefährlichkeit und Gefängnis. So, wie die Gefängnisstrukturen

und -regularien bestanden, verstärkten sie die Armut der Personen

während der Haft und nahmen ihnen die Möglichkeit in ein Leben ohne

Armut zurückzukehren. Das Fehlen oder der Verlust einer Krankenversicherung

und einer adäquaten Altersvorsorge zur Zeit der Haft verstärkte

die soziale Diskriminierung erheblich.

Besonders in den Vereinigten Staaten wurde der Rassismus in

Haftanstalten sehr deutlich. Viele der Gefängnisse sind aus ehemaligen

Sklavenfarmen entstanden 7 und die Gefängnispopulation bestand zu

4 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 28

5 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 28

6 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 91

7 Zum Beispiel das Louisiana State Penitentiary, auch Angola genannt. Telley, 2011

96


33% aus Schwarzen, während sie nur 12% der Gesamtpopulation der

Vereinigten Staaten ausmachten 8 .

Auch innerhalb der Gefängnisse waren Diskriminierung und Rassismus

an der Tagesordnung. Darauf wird unter dem Punkt „Subkultur“

stärker eingegangen.

Machtgefälle

Bestrafung bedeutet Hierarchie: Die dominante Instanz sanktioniert

die Untergeordnete und kann dies nur aufgrund der Rangordnung.

Das Machtgefälle ist in der Institution Gefängnis omnipräsent.

The prison system is geared up to divide. It’s controlling and terrifying,

and ends up encouraging more division. 9

In den meisten Fällen liegen Taten (sexueller) Gewalt Machtungleichheiten

oder objektivierende soziale Strukturen zugrunde. Isolation

und Demütigung tragen zur Machtungleichheit weiter bei und

verstärken das Machtgefälle. Eine Person, die permanent unausgeglichenen

Machtverhältnissen ausgesetzt ist, wird diese auch immer auf

andere projizieren.

Viele (Gewalt-)Verbrechen geschahen zum Etablieren von Macht.

Allgemein entstanden durch die bestehenden Strukturen soziale und

wirtschaftliche Ungleichheiten. Kriminalität passierte in allen Gesellschaftsschichten,

Nationalitäten und in jeder Nachbarschaft, obwohl

das Lösen von (wirtschaftlichen) Problemen abhängig von Alter, Geschlecht

und wirtschaftlichem Status variierte, genau wie die Schwere

dieser Probleme. Gleich blieb nur die Basis an Werten, durch die illegale

Optionen den legalen vorgezogen werden.

The dominant culture is the predominant key to crime. 10

8 Gramlich, 30.04.2019

9 Parker, 17.12.2019

10 Prison Research Education Action Project, 1976

97


Nur die potentielle Veränderungen der Sozialstrukturen innerhalb

der Gesellschaft kann die Vorkommnisse der Kriminalität langfristig

reduzieren.

Zwangsarbeit

Neither slavery nor involuntary servitude, except as a punishment

for crime whereof the party shall have been duly convicted, shall

exist within the United States, or any place subject to their jurisdiction.

11

Mit dem 13. Zusatzartikel zur Verfassung der USA wurde die

Sklaverei abgeschafft – mit Ausnahme für Personen, die eine kriminelle

Tat begangen haben 12 . Obwohl es diese Klausel in Europa nicht gibt,

herrschten in den europäischen Haftanstalten jedoch ebenfalls erzwungene

Arbeitsverhältnisse vor. Dem Häftling war eine bestimmte Arbeit

mit enorm niedriger Bezahlung 13 vorgeschrieben.

Bereits in den 1960er Jahren gab es Bestrebungen, einen an den

Mindestlohn angepassten Arbeitslohn, der es ermöglichte beispielsweise

in die Rentenversicherung einzuzahlen, einzuführen 14 . Diese Entwicklung

geriet jedoch in Vergessenheit.

Weitere motivierende Faktoren wie beispielsweise eine gewisse

zeitliche Freizügigkeit bei der Ausübung der Arbeit wurde zugunsten

von Sicherheitsvorkehrungen nicht gewährt. Dadurch entstand ein

Teufelskreis: Die häufigste Ursache für Kriminalität, nämlich Armut, kann

mit geringen Löhnen nicht überwunden werden. Noch dazu wurde der

Eindruck übermittelt, dass legale Arbeit sich nicht lohne 15 .

11 Artikel XIII, Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, 1787

12 Artikel XIII, Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika, 1787

13 Ott, SZ, 16.04.2019: Der Stundenlohn in Deutschland betrug zwischen einem und drei

Euro, während der reguläre Mindestlohn zur selben Zeit bei 9,19€ lag, obwohl die Tätigkeiten teilweise

die gleichen wie „draußen“ waren.

14 Kotynek, Lebert, Müller, DIe Zeit, 16.08.2012

15 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 29

98


Subkultur

Die Subkultur ist ein kompliziertes Konstrukt, das mit dem System

Strafvollzug untrennbar verwoben ist. Wo Unfreiheit herrscht, wird

es immer einen mächtigen Drang nach Freiheit geben. Nach allem,

was verboten ist. 16

In Haftanstalten wurde von einer Schule der Kriminalität gesprochen

17 , so Manuel Matzke, der Vorsitzende der GG/BO18. Das Gefängnis

fördert Angst und Kriminalität und schafft einen fruchtbaren Boden für

Subkulturen, die für eine ganz eigene Dynamik unter den Gefangenen

sorge. Es entstand eine Eigendynamik der Kontrolle unter den Inhaftierten

durch erzwungene Verhaltensweisen, sowie Waren- und Drogenhandel.

Trotz hoher Sicherheitsstandards und Abschottung von der

Außenwelt gelangten immer wieder Sucht- und Betäubungsmittel ins

Innere, die dem Ziel der Rehabilitierung entgegen wirkten.

Zudem wurde während einer Freiheitsstrafe die Sexualität des

Gefangenen durch erzwungene Enthaltsamkeit unterdrückt. Zwangshomosexualität,

Vergewaltigung und Etablierung von Macht innerhalb der

Subkulturen stellten ein häufiges Ventil für diesen künstlich erzeugten

Druck dar 19 .

(Un-) Sicherheit

Für die einen ist das Gefängnis ein Garant für Sicherheit, für die

anderen stellt es die Institution dar, die Gerechtigkeit schafft,

und wieder andere sehen in ihm eine Resozialisierungschance.

In jedem Fall verspricht das Gefängnis die Erfüllung vieler Wünsche,

die man an den Rechtsstaat haben kann, und beruhigt viele

Ängste. Was das Gefängnis in Wirklichkeit bewirkt oder überhaupt

16 Kotynek, Lebert, Müller 16.08.2012, S. 04

17 Adiyaman, Gizem; Luciano, Lúcia, 07.05.2020

18 GG/BO: Die Gefangenengewerkschaft /Bundesweite Organisation ist eine 2014 in der

JVA Tegel gegründete Vereinigung, die sich für die Bedürfnisse und Rechte Gefangener einsetzt.

19 Kotynek, Lebert, Müller, 16.08.2020

99


bewirken kann, spielt dabei keine große Rolle. 20

Sicherheit bedeutet materielles und seelisches Wohlbefinden,

Vertrauen in die Zukunft und die Freiheit von Furcht. Jeder Mensch hat

ein Grundbedürfnis danach, und dies zu gewährleisten, macht sich jede

Regierung (unabhängig von den Mitteln) zur Aufgabe.

Die Sicherheit, die das Gefängnis symbolisiert, ist durchaus ein

wichtiger Faktor für die Gesellschaft. Das Wegsperren von Kriminellen

bedeutet, dass sie dem Alltag entzogen sind und keine unmittelbare Gefahr

mehr darstellen. Dabei wird häufig vernachlässigt, dass die meisten

Strafgefangenen irgendwann wieder entlassen werden 21 .

Es handelte sich lediglich um eine scheinbare Sicherheit, mit der

man in Kauf nahm, dass Strafgefangene den anderen hier beschriebenen

Faktoren und Zuständen ausgesetzt wurden.

Abschottung

Die Abschottung von Gefangenen oder Gefängnissen selbst hat

sich in keiner Weise als praktikabel erwiesen. Die Notwendigkeit der

logistischen Abschottung wird mit der potentiellen Fluchtgefahr begründet.

Sie dient aber auch der Unsichtbarmachung gegenüber der

Gesellschaft. Die durch die für notwendig gehaltenen Sicherheitskontrollen

innerhalb verursachten zudem die Isolation und Entfremdung

von Familie, Freunden und Alltag. Abschottung geht über in komplette

Überwachung und Kontrolle.

Fluchtversuche, Gewalt und Drogenkonsum erhöhten die Bemühungen

zu noch stärkerer Abschottung und verursachten hohe Personalkosten

und Kosten für Sicherheitsvorkehrungen. Die daraus entstandenen,

stark reglementierten Abläufe schränkten die Selbstbestimmung

der Gefangenen weiter ein.

20 Galli, 2020, S. 102

21 Maelicke, 2019, S. 18

100


Economic Efficiency vs. Individual

In den USA beispielsweise hatte sich der Begriff prison industrial

complex etabliert 22 . Er beschreibt die zunehmende Privatisierung von

Gefängnissen zur Gewinnmaximierung. Dadurch wurde das Interesse

von beispielsweise Hersteller:innen von Electronic Monitoring 23 -Systemen

verstärkt, dass möglichst viele Menschen zum Tragen von elektronischen

Fußfesseln verurteilt wurden. Der prison industrial complex

profitierte von der Ausnutzung der Gefangenen. Für diese Praxis wurde

der Begriff human warehousing verwendet. Zunächst nur für die Unterbringung

alter Menschen in einer Pflegeeinrichtung gedacht, beschrieb

er auch die Verwahrung von Menschen in einem industriell genutzten

Gebäude. Ein privatisiertes Gefängnis ist nur profitabel bei voller Auslastung.

24

Auch wenn es zur Privatisierung von Gefängnissen in Europa nur

in den seltensten Fällen gekommen war, so bestimmte die wirtschaftliche

Fähigkeit der Institution dennoch in vollem Umfang das Leben der

Inhaftierten.

Stigmatisierung

After a period of detention incarcerated individuals who were

unemployed before, become unemployable. 25

Das Verbüßen einer Freiheitsstrafe bedeutete immer auch Stigmatisierung

des Gefangenen. Nach der Strafe eine Arbeit zu finden, wurde

dadurch erheblich erschwert. Dies aber trug zur Erhöhung der Rückfallquote

bei, da ohne Arbeit wieder die Armut drohte. Vorurteile gegenüber

ehemaligen Strafgefangenen mussten erst in der Gesellschaft

abgebaut werden, damit ehemaligen Strafgefangenen eine zweite

Chance gegeben werden konnte.

22 Kay, 23.03.2013

23 Das Verwenden von elektronischen Fußfesseln in den Vereinigten Staaten

24 Kay, 23.03.2013

25 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 104

101



Verurteilte in Deutschland

712 333 Personen

Strafe der Verurteilten 92,8%

7,2%

Gedlstrafe | Freiheitsstrafe

Verurteilte in Deutschland

Art der Straftat

712 333 Personen

3,6% 15%

42,3%

9% 22,8% 7,3%

Gegen ... den Staat | die Person | das Vermögen | Betäubungsmittelgesetz | Straßenverkehr | Sonstiges

Strafe der Verurteilten 92,8%

Strafgefangene in Deutschland

50 589 Personen

7,2%

Gedlstrafe | Freiheitsstrafe

Art der Straftat

3,6% 15%

42,3%

9% 22,8% 7,3%

Verhältnis nach Geschlecht Gegen ... den Staat | die Person | das 94,2% Vermögen | Betäubungsmittelgesetz | Straßenverkehr | Sonstiges 5,8%

Männliche Strafgefangene | Weibleiche Strafgefangene

Strafgefangene in Deutschland 0,9%

50 589 Personen

Verhältnis nach Alter 3,8%

26,8%

53,5%

15%

14 bis 18 Jahre | 18 bis 21 Jahre | 21 bis 30 Jahre | 30 bis 50 Jahre | 50 und älter

Verhältnis nach Geschlecht 94,2% 5,8% 1,1%

Verhältnis nach Art des Vollzugs 91,1% Männliche Strafgefangene | Weibleiche Strafgefangene 7,8%

Freiheitsstrafe | Jugendstrafe | Sicherheitsverwahrung

0,9%

Verhältnis nach Alter 3,8%

26,8%

53,5%

15%

14 bis 84,5% 18 Jahre | 18 bis 21 Jahre | 21 bis 30 Jahre | 30 bis 50 Jahre | 15,5% 50 und älter

Geschlossender Vollzug | Offener Vollzug

1,1%

Verhältnis nach Art des Vollzugs 91,1% 7,8%

Verhältnis nach Vollzugsdauer 11,2% 33,8%

Freiheitsstrafe 43,1% | Jugendstrafe | Sicherheitsverwahrung

7,3% 4,6%

bis 3 Monate | 3 Monate bis 1 Jahr | 1 Jahr bis 5 Jahre | 5 Jahre bis 15 Jahre | lebenslang

84,5% 15,5%

Verhältnis nach Vorstrafen 68,3% Geschlossender Vollzug 31,7% | Offener Vollzug

Mit Vorstrafe | Ohne Vorstrafe

Verhältnis nach Vollzugsdauer 11,2% 33,8%

43,1%

7,3% 4,6%

Verhältnis nach Vollzugsdauer 11,2% 33,8% bis 3 Monate | 3 Monate bis 1 Jahr | 1 Jahr bis 43,1% 5 Jahre | 5 Jahre bis 15 Jahre 7,3% | lebenslang 4,6%

bis 3 Monate | 3 Monate bis 1 Jahr | 1 Jahr bis 5 Jahre | 5 Jahre bis 15 Jahre | lebenslang

Verhältnis nach Vorstrafen 68,3% 31,7%

Wiedereinlieferung 10,8% 6,8% 12,2% 9,4%

61,5% Mit Vorstrafe | Ohne Vorstrafe

im 1. Jahr | im 2. Jahr | im 3. bis 5. Jahr | im 6. Jahr und später | nie

Verhältnis nach Vollzugsdauer 11,2% 33,8%

43,1%

7,3% 4,6%

bis 3 Monate | 3 Monate bis 1 Jahr | 1 Jahr bis 5 Jahre | 5 Jahre bis 15 Jahre | lebenslang

Wiedereinlieferung 10,8% 6,8% 12,2% 9,4%

61,5%

im 1. Jahr | im 2. Jahr | im 3. bis 5. Jahr | im 6. Jahr und später | nie

2019: Statistisches Bundesamt Deutschland, Fachserie Strafvollzug

103


abolitionism


prison

I feel the prison system is not separate from these

bigger issues already creating power relations on the

ground that further cause violence to communities of

colour.

Nasrim Himada in The Funambulist

Der Begriff Abolitionismus stammt aus dem lateinischen

und bedeutet „Abschaffung“ oder „Aufhebung“.

Er beschreibt ursprünglich die weltweite

Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei ab der

Mitte des 18. Jahrhunderts. Vor allem seit den 1970er

Jahren wurde der Begriff auch im kriminalsoziologischen

Sinne verwendet. In diesem Falle wurde er von

Gegnern der Anwendung von Folter, des Vollzugs

der Todesstrafe und der Verhängung von Gefängnisstrafen

verwendet.

Die Abolitionist:innen forderten den vollständigen Verzicht

auf die Institution Gefängnis, da sie der Meinung

waren, dass nicht der Staat sondern das Opfer die

einzige Institution sein könnte, eine geeignete Strafe

bzw. einen angemesseneren Täter-Opfer-Ausgleich

festzusetzen.

Durch seinen Ursprung im Kolonialismus beschreibt

der Begriff Abolitionismus auch die Logik repressiver

Systeme im Umfeld von Rassismus und Sexismus.

Prison, we have been taught, is a necessary evil. This

is wrong. Prison is an artificial, human invention, not a

fact of life; a throwback to primitive times, and a blot

upon the species. As such, it must be destroyed.

Prison Research Education Action Project

105


Vor allem seit den späten 1960er Jahren trat die Resozialisierung

als herausragendes Vollzugsziel in den Vordergrund. Durch die Definition

des damaligen Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 1973 wurde

die Resozialisierung als „die Wiedereingliederung des Straftäters in die

Gesellschaft“ 1 definiert und als das „herausragende Ziel“ des Vollzuges

von Freiheitsstrafen festgeschrieben. „Die Verfassung gebietet es, den

Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung auszurichten. Der einzelne

Gefangene hat einen grundrechtlichen Anspruch darauf. Dieses

Gebot folgt aus dem Selbstverständnis einer Rechtsgemeinschaft, die

Menschenwürde in den Mittelpunkt ihrer Wertordnung stellt und dem

Sozialstaatsprinzip verpflichtet ist“ 2 .

Faktisch hat sich zwar die Humanisierung im Strafvollzug durch

den Resozialisierungsgedanken verbessert, jedoch stand der „Schutz

der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten“ meist im Vordergrund. 3

Abolitionismus ist die radikale Ablehnung als menschenunwürdig

erkannter Institutionen. Historisch betrachtet hat eine abolitionistische

Haltung ihren Ausdruck in der Forderung nach Abschaffung

von Praktiken und Institutionen gefunden, in denen der Mensch

ein geknechtetes, ein verächtliches, ein wertloses Wesen ist.

Exemplarisch hierfür standen und stehen z.B. Forderungen nach

Abschaffung der Sklaverei, der Folter oder der Todesstrafe, deren

vollständige oder teilweise Beseitigung uns ermutigt, eine weitere

Institution in dieses abolitionistische Bestreben einzubeziehen.

Das vorliegende Manifest konzentriert sich auf den Strafvollzug in

Gefängnissen, stellt aber auch die Strafe als solche in Frage. 4

1 BVerfGE 35, 202, 235

2 BVerfGE 98, 169, 200 ff.

3 Puschke, 30.03.2011

4 Gefängnisseelsorge

106


prison

Kritik am Freiheitsentzug

In den 2010er und 20er Jahren wurden Stimmen laut, die die

Institution Gefängnis als nicht zielführend bezeichneten. Trotz enormer

Kosten in Höhe von vier Milliarden Euro jährlich in Deutschland würden

50% der entlassenen Strafgefangenen wieder rückfällig 5 .

Der Verlust von Arbeitsplatz und Familie, der eigenen Selbstständigkeit

und die Entwicklung von Minderwertigkeitsgefühlen begründen

diese Kritik. 6 Die hohen Rückfallquoten bestätigten diese Annahmen.

Im Gefängnis gäbe es Drogen und eine gewalttätige Subkultur, der sich

keiner entziehen könne und die Häftlinge noch mehr kriminalisiert, so

damals der Resozialisierungsexperte Bernd Maelicke in seinem Interview

mit der Süddeutschen Zeitung 7 .

Der ehemalige Gefängnisdirektor Thomas Galli schlug vor, die

existierenden Gefängnismaschinen eher zu kleineren Unterbringungsmöglichkeiten

mit der Möglichkeit einer psychologischen Betreuung

umzuwandeln 8 . Sowohl Maelicke als auch Galli räumen jedoch ein, dass

es dennoch kriminelle Personen gibt, vor denen die Gesellschaft durch

eine sichere Verwahrung geschützt werden muss.

5 Fischhaber 05.06.2019

6 Seelich, 08.06.2020

7 Fischhaber, 05.06.2019

8 Diskuthek, 26.09.2019

107


No Prison Manifesto

A prison sentence means intentionally inflicted suffering. 9

Das No prison Manifesto basiert auf einem Projekt, initiiert von

Massimo Pavarini, Professor für Strafrecht Universität Bologna, und

Livio Ferrari, Journalist und Schriftsteller, und wurde in dem Buch No

Prison niedergelegt. In diesem Buch nahmen 13 internationale Autoren

Stellung zur Notwendigkeit der Abschaffung von Gefängnissen. Dabei

wurde zwar anerkannt, dass es in einigen Fällen notwendig sein kann,

Menschen zum Schutz Anderer 10 oder zur Sicherung eines rechtstaatlichen

Verfahrens 11 die Freiheit zu entziehen. Jedoch wurde dem Entzug

der Freiheit zur Bestrafung und der Notwendigkeit der Freiheitsstrafe im

Allgemeinen widersprochen 12 .

Als Argumentation wurde aufgeführt, dass die resozialisierende

Wirkung 13 nicht nachweisbar sei, dass unbeteiligte Dritte, also Kinder

und Partner, negativ betroffen seien und dass eine Abschreckungswirkung

14 nur in geringem Maße nachweisbar ist.

Die Freiheitsstrafe der 2020er Jahre ist zwar eine Verbesserung

gegenüber der körperlichen Strafpraxis des 17. Jahrhunderts, da die Begrenzung

der Freiheit humaner erschien als die zuvor üblichen körperlichen

Strafen, dennoch hatte sich die Gesellschaft im Hinblick auf ihren

demokratischen Grundcharakter zu dieser Zeit bereits erheblich weiterentwickelt,

sodass es geboten erschien, die soziale Struktur innerhalb

der Gefängnismauern weiter zu entwickeln.

Die Gesellschaft der 2020er Jahre hat erkannt, dass die Herangehensweise

des Gefängnisses, nämlich Herausziehen des Gefangenen

aus der Gesellschaft, in die er durch Rehabilitationsmaßnahmen später

wieder integriert werden soll, unlogisch ist und daher nicht funktionieren

kann.

9 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 187

10 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 23

11 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 41

12 Galli, 2020, S. 42; S. 69 ff.

13 Ferrari, Pavarini, 2018, S22

14 Ferrari, Pavarini, 2018, S.24 f.

108


prison

Die negativen Folgen der Inhaftierung für unbeteiligte Dritte, wie

Partner und Kinder, das Verpuffen der Abschreckungswirkung sowie

der unzureichende Täter-Opferausgleich führten zu einem sozialen

Ungleichgewicht, erzeugt und verschärft durch die Praxis des Bestrafens

mittels Freiheitsentzug, so dass der Prozess zur Abschaffung des

Gefängnisses begann.

Everyone knows that the absence of education, dislike of regular

work, physical inability of sustained effort, misdirected love of

adventure, gambling propensities, absence of energy, an untrained

will and carelessness about the happiness of others are the causes

which bring this class of people before the courts. Now I was

deeply impressed during my imprisonment by the fact, that it is

exactly these defects of human nature – each one of them – which

the prison breeds in its inmates; and it is bound to breed them

because it is a prison and will breed them so long as it exists. 15

ADPSR – Architects/Designer/Planners for Social

Responsibility

Die 1981 in den USA gegründete non-profit Organisation ADPSR

initiierte Projekte und andere Aktivitäten, um kritische soziale und

umwelttechnische Belange sichtbar zu machen. Sie engagierten sich

für nachhaltige Planung und Design für ökologische Gebäude und

Stadtlandschaften. Bekannt wurden sie 2012 für eine Initiative, die die

Ausübung oder das Entwerfen von Räumen oder Gebäuden, die als

Gefängnis genutzt werden sollen, die Menschenwürde verletzen oder

als Räume für Folter und Todesstrafe dienten, verbietet.

Als bewusste Menschen und als Berufene, die sich der Verbesserung

der gebauten Umwelt für alle Menschen widmen, können wir

nicht an der Gestaltung von Räumen mitwirken, die das Leben und

die Würde des Menschen verletzen. Die Beteiligung an der Ent-

15 Ferrari, Pavarini, 2018, S. 15

109


wicklung von Gebäuden, die zum Töten, Foltern oder zur inhumanen

oder die Menschenwürde verletzenden Behandlung gedacht

sind, ist mit einer professionellen Berufspraxis, die die Menschenrechte

respektiert, grundsätzlich unvereinbar. 16

Demnach sollten Mitglieder dieser Organisation nicht an der

Gestaltung von Räumen und/oder Gebäuden, die zur Hinrichtung,

Folter oder Bestrafung, zur herabsetzenden Behandlung von Menschen

gedacht sind, inklusive dem Freiheitsentzug mitwirken. Dies richtet sich

auch und besonders an die rassistische Ausprägung des Gefängnissystems.

Die ADPSR initiierte und unterstützte Aktivitäten, um sozialen

Fortschritt in Bezug auf die gebaute Umgebung zu fördern und voranzutreiben.

So wurde beispielsweise 2017 der Aufruf We won’t build your

Wall 17 gestartet, der die Mitwirkung von Architekten, Designern und

Planern beim Bau einer Mauer zwischen den USA und Mexico verhindern

sollte.

Ebenso wurde die US-amerikanische Architektenkammer (AIA,

American Institute of Architects) von der ADPSR aufgefordert, durch

einen Zusatz (Amendment to the codes of ethics of AIA), in eindeutiger

Sprache die Beteiligung an der Gestaltung und am Bau menschenverachtender

Architektur zu verbieten. 18

Scapegoat 7: Incarceration

Das im erstmals Jahr 2010 herausgegebenes Magazin zu Architektur,

Landschaftsplanung und Politik befasste sich mit der Verbindung

zwischen Marktkapitalismus und gebauter Umgebung.

Schwerpunkte bildeten dabei die Untersuchung von ausbeuterischer

Verwertung von Raum und Fläche, die Verschwendung von

Arbeitskraft und Ressourcen, die ungleiche Verteilung von Umweltrisiken

einerseits und dem Nutzen aus der Ausbeutung der Umwelt andererseits.

16 Übersezt aus ADPSR: Prison Architecture

17 ADPSR: We don‘t build your wall

18 ADPSR: AIA Ethics

110


prison

Today, architects do not see themselves as metaphysicians, and

yet there is unfinished metaphysical business at the core of the

modern project that continually undermines this narrative of liberation.

19

In der siebten Ausgabe Incarceration trugen Nasrin Himada und

Chris Lee diverse Texte zusammen, die den Einfluss und die Wirkung

von Architektur auf Gefängisbauten aus der Perspektive der Abolitionist:innen

untersuchen.

Neben vielen anderen Autoren schrieb Margarita Osipian in ihrem

Text Illuminating the Margins über 2 visuelle Projekte, die die Unsichtbarkeit

des Gefangenen durch das Wegsperren von der Gesellschaft

außerhalb des Gefängnisses einerseits und die Sichtbarmachung des

Gefangenen durch allgegenwärtige panoptische Beobachtung andererseits

darstellen 20 . Das tatsächlich gebaute Gefängnis befindet sich nach

Osipian unmittelbar auf der Verbindungsstelle zwischen der zentralistischen

hierarchischen Welt der foucaultschen Disziplinargesellschaft

und der vernetzten Struktur der deleuzschen Kontrollgesellschaft.

In seinem Projekt Of Length and Measures fotografiert Stephen

Tourlentes Gefängnisbauten bei Nacht. Paradoxerweise, reflektieren

dann diese Bauten, die die Gesellschaft absichtlich weit außerhalb ihrer

Stadtgrenzen gebaut hat durch ihre intensive nächtliche Illumination auf

eben diese Gesellschaft in ihren Städten zurück. Die zentralistische und

abgeschlossene Struktur des Gefängnisses wird so – wenn auch nur in

der Nacht – sichtbar und erlebbar.

Das 2004 gegründete Spatial Information Design Lab 21 präsentiert

2006 im Museum of Modern Art New York ihr Projekt Million Dollar

Blocks 22 . Anhand von Datenauswertungen wurde festgestellt, dass

viele der damals ca. 2 Millionen Strafgefangenen in den USA aus nur

wenigen Vororten großer Städte kommen. Diese Daten wurden anhand

von Stadtplänen (in diesem Fall Brooklyn, New York) visualisiert. Dabei

19 Denizen, Kedzior, 2018

20 Himada, Lee, 2014, S. 285 ff.

21 Interdisziplinäres Forschungsinstitut an der Columbia University Graduate School of

Architecture, Planning and Preservation

22 MoMA

111


wurde eine Linie zwischen der Wohnung des Häftlings und dem Ort

des Gefängnisses gezogen. Das daraus entstehende visuelle Netzwerk

zeigt, dass bestimmte Stadtteile überproportional viele Einwohner in

entfernten Gefängnissen unterbringen. Diese Information ist für Bürger

nicht sichtbar, beeinflusst jedoch in hohem Maße die Stabilität der Gesellschaft/die

Population des jeweiligen Stadtteils. Die geographische

Vernetzung des Gefängnisses mit der Gesellschaft und seine Wirkung

auf sie wird so sichtbar gemacht.

Moreover, revealing these networks works to unhinge the prison

from its solitary space at the edges of society and shows how it is

woven into the urban fabric. 23

23 Himada, Lee, 2014, S. 287

112


prison

113


context


context

panoptism

Michel Foucault (1926-1984), der französische Philosoph, Historiker,

Soziologe und Psychologe, beschreibt in seinem Werk Überwachen

und Strafen die „Geburt des modernen Gefängnisses als Institution“. Er

führt die uniforme Gestalt, die der Strafvollzug in der ganzen Welt angenommen

hat, auf die Verbreitung einer Disziplinartechnik zurück, die in

vielen Institutionen gegenüber dem Individuum (Subjekt) angewendet

wird, darunter beispielsweise in Schulen, Krankenhäusern, Kasernen

und – in diesem Fall exemplarisch - in Gefängnissen.

Er prägt daraus den Begriff der Disziplinargesellschaft. Nach

Foucault wird durch die disziplinarische Ausübung der Macht in allen

gesellschaftlichen Institutionen die Gesellschaft selbst zum Gefängnis.

Der so entstandene Disziplinarapparat 1 schafft so durch die Disziplinierung

des Individuums einen Nutzen aus dem ökonomischen Wert des

Individuums.

Der perfekte Disziplinarapparat wäre derjenige, der es einem einzigen

Blick ermöglichte, dauernd alles zu sehen. Ein zentraler Punkt

wäre zugleich die Lichtquelle, die alle Dinge erhellt, und der Konvergenzpunkt

für alles, was gewusst werden muss: ein vollkommenes

Auge der Mitte, dem nichts entginge und auf das alle Blicke

gerichtet wären. 2

Das Gefängnis wird in diesem Zusammenhang als Verkörperung

der Disziplinargesellschaft nach Foucault verstanden. Dabei werden die

Insassen als Individuen stets sozial und physisch überwacht, also sichtbar

gehalten, während die Insassen als disziplinarische Institution von

außen gegenüber dem Rest der Gesellschaft im Verborgenen existieren,

also unsichtbar gehalten werden. 3

1 Foucault, 1977, S. 251 f.

2 Foucault, 1977, S. 224

3 Himada, Lee, 2014, S. 285

115


Die architektonische Idealverkörperung dieses gesellschaftlichen

Zustands stellt das Panopticon des englischen Philosophen Jeremy

Bentham (1748-1832) dar. Es beschreibt laut Foucault den Höhepunkt

der Kontrolle 4 . Dieses Modell eines Gefängnisses besteht aus einem

zentralen Wachturm mit rundherum angeordneten Zellenringen, so dass

die Insassen jederzeit beobachtet und als non-konform bezeichnete

Handlungen unmittelbar geahndet werden können. Das Wissen um die

potenzielle Disziplinierung führt in den meisten Fällen zu einem regelkonformen

Verhalten der Insassen, so dass von einem aus der Disziplinierung

entstehenden (ökonomischen) Nutzen gesprochen werden

kann. Bentham schlägt diese hierarchische und zentralistische architektonische

Konzeption auch für weitere disziplinarische Institutionen wie

Fabriken, Schulen und Kasernen vor.

Aktuelle gesellschaftliche Transformationsprozesse resultieren

vor allem aus der Etablierung von Internet-basierten Verfahrensund

Kommunikationstechniken. Bereits 1990 schreibt Gilles Deleuze

(1925-1995) über die Entwicklung von der Disziplinargesellschaft nach

Foucault zu einer sogenannten „Kontrollgesellschaft“ 5 . Darin erfolgt die

Machtausübung über die Kontrollergreifung und nicht mehr über Disziplinierungsmaßnahmen.

Ebenso entwickelte Zygmunt Bauman den Begriff

des „Postpantoptismus“ 6 . Die postpanoptische Gesellschaft ist zur

Ausübung von Macht nicht mehr an feste Territorien gebunden, sondern

nutzt elektronische Überwachungsmethoden um Macht auszuüben und

zu sichern. 7

Der Staat löst in uns Minderwertigkeitskomplexe aus und lässt uns

an allem zweifeln. Entlassen werden wir als menschliche Häufchen

Elend und sind zu nix mehr zu gebrauchen. Justizzombies halt.

Werden wir nach der Entlassung die Fußabtreter der Gesellschaft

sein? 8

4 Foucault, 1977, S. 257

5 Deleuze, 1993

6 Baumann, 2000

7 Young, 2020, S. 186

8 GGBO, 29.07.2020

116


context

016 Jeremy Bentham, Grundriss und Schnitt Panopticon, 1791

117


quarantining

Anfang der 2020er Jahre breitete sich ein neuartiger Grippevirus

von China über die ganze Welt aus. Innerhalb von 2 Monaten wuchs

sich das Infektionsgeschehen zur weltweiten Pandemie aus. Durch die

hohe Infektiösität erkrankten bis zum Oktober 2020 35 Millionen Menschen

an der Virusinfektion. Circa 1 Million Menschen starben in diesem

Zeitraum.

Um die Ansteckungszahlen zu reduzieren und die exponentiell

steigende Infektionskurve abzuflachen, wurden Maßnahmen getroffen,

die – zumindest in der damals „westlichen“ Welt - viele Menschen

zuvor nicht kannten. Die persönlichen Freiheitsrechte wurden stark

eingeschränkt, es herrschten Ausgangsbeschränkungen bis hin zum

lock-down. In einigen Ländern durften von einem Tag auf den anderen

Familien nicht mehr ihre Wohnungen verlassen, Kinder nicht mehr in

Schulen, Restaurants und Läden wurde geschlossen, Büros verwaisten

und wer in der Lage dazu war, zog ins Home-Office.

„Das geht für eine Zeit. Auch im demokratischen Staat kann man

diese Rechtsbeschränkung eine Zeitlang durchhalten, es ist auch

legitim, das zu machen. Aber man muss erstens immer die mildesten

verfassungsrechtlichen Mittel wählen. Und zweitens sollte es

nicht, wie jetzt vielerorts geschehen, so völlig an der parlamentarischen

Kontrolle vorbeigehen. Das wird einfach entschieden. Und

drittens ist es entscheidend, dass es nur temporär ist. 9

9 Fannrich-Lautenschläger, 06.05.2020

118


context

Selbstbestimmung - Fremdbestimmung

In diesen Zeiten fiel den Menschen auf, welche Freiheiten wirklich

Relevanz besitzen und worauf man eventuell doch verzichten könnte.

Insbesondere die Fremdbestimmung durch den Staat und die Politik

wurde von vielen Bürgern kritisch gesehen. Sie reagierten teilweise mit

heftigen und gewalttätigen Demonstrationen. Auch die mögliche Überwachung

durch App, um Infektionen digital nachvollziehen zu können,

wurde kritisch aufgenommen und von vielen Bürgern abgelehnt.

Existentielle Unsicherheiten

Durch den sofortigen lock-down im Frühjahr 2020 standen viele

Kleinunternehmer insbesondere aus der Reisebranche, aber auch

Künstler, Schauspieler, Friseure, Restaurantbesitzer und viele mehr

wirtschaftlich vor dem Nichts. Obwohl in vielen Ländern Unterstützungsleistungen

unbürokratisch ausgezahlt wurden, war die Dauer und

der Umfang der durch die Pandemie verursachten Maßnahmen nicht

abzusehen. Immer wieder rund um den Globus wiederkehrende Infektionswellen

und Ausbruchsherde verhinderten eine Planung und Vorausschau

der näheren Zukunft.

Aufwiegen von Grundrechten

Zum Schutz von Risikogruppen, wie Älteren und Vorerkrankten,

wurden Altenheime mit einem Besuchsverbot belegt, es herrschte

Maskenpflicht und ein Abstandsgebot. In vielen Ländern wurde die Einhaltung

der Regel strengstens durch die Polizei, teilweise sogar durch

das Militär kontrolliert. Viele junge, gesunde Menschen lehnten sich

gegen diese Bevormundung auf und wurde zu Regelbrechern, indem

sie beispielsweise Abstandsgebote und Ausgangsbeschränkungen

ignorierten.

119


Quarantining und Gefängnis

Durch den plötzlich eintretenden Lockdown wurden innerhalb von

wenigen Tagen Millionen von Menschen aus ihrer Alltagsroutine, aus

ihrer Arbeit, aus ihren Familien herausgezogen. Finanzielle Unsicherheit,

Angst vor der unbekannten Zukunft, Aberkennung von vielen Grundrechten

war plötzlich Realität. Obwohl weitere Merkmale wie starke

Hierarchisierung, Schaffung von Subkulturen, Anwendung von Gewalt

nicht für die Massen spürbar wurden, war für viele auf einmal erkennbar,

wie sich das anfühlen könnte als Strafgefangener.

120


context

121



about

123


epilogue


about

This is an imperfect book, but it is a beginning. A friction

to stop the momentum. Carry on.

Prison Research Education Action Project

Dieses Buch ist als Beginn zu verstehen. Es liefert

keine perfekten Lösungen, kein Rezept, keine Anleitung,

sondern zeigt Ausschnitte einer Zukunft, die

gerechter ist als die Gegenwart. Sie beziehen sich auf

ein Thema, das uns allen präsent sein muss.

Zu Anfang wollte ich in der Abschlussarbeit meines

Masters in Architektur ein humanes Gefängnis planen.

Je mehr ich mich mit der (wie ich damals noch dachte)

potentiellen Humanität der Institution auseinandersetzte,

auf umso mehr verstörende Fakten am unsichtbaren

Ende unsere Gesellschaft bin ich gestoßen.

Letztendlich blieb mir nichts anderes übrig, als mich

mit der Demontage des gesamten Systems zu konfrontieren,

der Abschaffung Gefängnisses als Raum.

Auch wenn die Änderung eines kleinen Teils das

große Ganze auf Dauer verändern kann, so reicht dies,

solange man nur an der Oberfläche kratzt, nicht aus.

Manchmal muss man ganz an den Wurzeln anfangen.

Das Böse wird niemals verschwinden, genauso wie

Ungerechtigkeit innerhalb unserer Gesellschaft niemals

verschwunden sein wird, aber das darf nicht dazu

leiten, die bestehenden Systeme als gegeben hinzunehmen

und von Alternativlosigkeit auszugehen.

Ich habe nicht alle Antworten oder ein Allheilmittel für

die Ungerechtigkeiten unserer Welt. Aber es ist der

Anfang.

125


process


about

Der Prozess der Arbeit war alles andere als linear. Er

bestand aus vielen Diskussionen, aus Abzweigungen,

Bedenken und Zweifeln. Aber auch Errungenschaften,

Erkenntnisse von Zusammenhängen, die es zuvor

nicht gab. Nicht alle dieser Inhalte sind direkt in dieser

Zusammenschrift zu finden. Dies macht sie aber nicht

weniger relevant.

Um diese nicht linearen Strukturen einigermaßen plausibel

- für mich genauso wie für andere - zu ordnen,

bot sich an mit digitalen Whiteboards zu arbeiten.

Auch nach dem Abschluss der Masterarbeit per se ist

es möglich, diese zu ergänzen und an der Thematik

weiterzuarbeiten.

127


128


129


130


131


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001 Stich: Unbekannter Künstler, nach Robert Chambers: Book of Days, 1871

[commons.wikimedia.org/wiki/File:TitusOates-pilloried_300dpi.jpg]

002 Zeichnung: Giovanni Piranesi, Carceri d‘ invenzione, plate XVI, 1761, nach

Princeton University Art Museum [artmuseum.princeton.edu/collections/

objects/2983]

003 Kuperstich: Unbekannter Künstler, 1666 [commons.wikimedia.org/wiki/

File:Bridewell_prison_rebuilt_after_the_Great_Fire.gif]

004 Gemälde: Hermanus Petrus Schouten, 1783, nach Winkelmann und Förster

(Hrsg.): Gewahrsam. Räume der Überwachung, S. 47

005 Gemälde, Querschnitt und Grundriss: nach Winkelmann und Förster (Hrsg.):

Gewahrsam. Räume der Überwachung, S. 50

006 links: Pläne: Maison de Force, Malfaison und Kluchmann, 1773, nach Foucault,

Michel: Überwachen und Strafen, S. 202

rechts: Axonometrie: Malfaison und Kluchmann, 1772, nach Winkelmann

und Förster (Hrsg.): Gewahrsam. Räume der Überwachung, S. 54

007 links: Grundriss: John Soane, 1781, nach Seelich, Andrea: Handbuch Strafvollzugsarchitektur,

S. 27

rechts: Gemälde: John Soane, The Male Penitentiary, 1781, nach Winkelmann

und Förster (Hrsg.): Gewahrsam. Räume der Überwachung, S. 59

Jeremy Benthams Panopticon, 1791, Zeichnungen von Willey Reveley nach

Bentham

008 Bild: N. Harou Romain, 1840, nach Foucault, Michel: Überwachen und

Strafen, S. 208

009 oben: Grundriss: G.P. Holford, nach G.P. Holford, An Account of Millbank

Penitentiary, 1828

mitte: Abbildung: Unbekannter Autor, <seanmoloneyart.wordpress.

com/2014/01/10/milbank-prision>

unten: Kupferstich, Unbekannter Autor <blackcablondon.

net/2015/03/26/long-lost-dread-the-millbank-penitentiary>

010 links: Plan, Abbildung: nach Winkelmann und Förster, Yorck (Hrsg.): Gewahrsam.

Räume der Überwachung

rechts: Holzstich: Unbekannter Künstler, nach Ballou‘s Pictorial Drawing-Room

Companion, Boston, Massachusetts, 1855 [commons.wikimedia.org/wiki/File:State_Prison,_at_Sing_Sing,_New_York.jpg]

139


011 links: Gemälde: Unbekannter Künstler, nach Eastern State Penitentiary

Museum [www.easternstate.org/press-room/image-library]

rechts: Grundriss: nach Eastern State Penitentiary Museum [www.easternstate.org/visit/school-group-tours/school-tours/lesson-plans]

012 links: Kupferstich: nach Historical Association [www.history.org.uk/secondary/categories/843/news/3828/past-time-toolkit-new-learning-resource-about-vic]

rechts: Gemälde: Zellenblock des Pentonville Prison, London, British

Library, nach Robin Evans, The Fabrication of Virtue. English Prison Architecture,

1750–1840

013 Postkarte: nach Crimino Corpus: Fresnes, les premiers temps de la

prison cellulaire, par les gravures et les cartes postales [https://criminocorpus.hypotheses.org/7374]

014 Skizze: Hastings H. Hart, ca. 1920, nach Giuseppe di Gennaro (Hg.), Prison

Architecture.

015 Fotografie: Ptasinski, Michel; Belhadi, Michael: Aufschluss. Deutscher

Kunstverlag, Berlin München, 2018, S. 79.

016 Pläne: Jeremy Bentham, 1790, nach RDK Labor [www.rdklabor.de/wiki/

Gef%C3%A4ngnis]

Abbildungen ohne Vermerk stammen vom Autor. Teile der Inhalte sind von Open-

SourcePages, wie:

www.flanstudio.com

www.toffu.co

www.dimensions.com

140


141


Texte und Bilder

Alina Laura Stoerzinger

www.postprison.world

Masterarbeit M. A. Architektur

Lehrstuhl Urban Design

Prof. Benedict Boucsein

Dr. Daniel Zwangsleitner

Sommersemester 2020

Technische Universität München


143


Aus dem Jahr 2044 wird auf den Wandel zurückgeblickt,

der die Abschaffung des Gefängnisses

bedingte. Das Gefängnissystem beschrieb einen

Knotenpunkt unserer relevantesten strukturellen

Gesellschaftsprobleme, wie Rassismus, Diskriminierung,

Klassenkampf, Gewalt, Hierarchie. In einer

Gesellschaft, die nach Gerechtigkeit, Gleichberechtigung

und Freiheit strebt, ist kein Platz mehr

für einen Raum, der dies fördert.

www.postprison.world

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