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ISBN 978-3-86859-857-5
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Bestandsanalyse,<br />
Erstvermietung,<br />
Planung<br />
Archilyse ist ein Startup aus Zürich, das mittels künstlicher<br />
Intelligenz Architekturqualität analysiert und bewertet.<br />
Das geschieht in allen Phasen des Lebenszyklusses<br />
eines Gebäudes, von Planung über Erstvermietung bis zu<br />
Bestandsportfolios. Die Daten werden vor allem Projektentwicklern<br />
und Immobilienbesitzern zur Verfügung gestellt.<br />
Investoren und Kunden sind unter anderem SwissLife, der<br />
größte Lebensversicherungskonzern der Schweiz, Ringier<br />
sowie die Züricher Kantonalbank. Gegründet wurde Archilyse<br />
im Mai 2017 von Dr. sc. Matthias Standfest, der zuvor<br />
an der ETH Zürich promovierte. Das Unternehmen zählt zu<br />
den Top25 Proptech Startups in Europa.<br />
Architekturqualität messen? Die Software, die Standfest<br />
und sein Team entwickelt haben, kann alle geometrischen<br />
Gestaltungsregeln wie Größenverhältnisse oder widerkehrende<br />
Muster, Lichteinfall, Blickbeziehungen, akustische<br />
und thermische Gegebenheiten analysieren. „Statt den<br />
bisherigen einfachen Immobilienbewertungen, manuell<br />
nach einer dreistufigen Scala erstellt, oder aufwändigen<br />
Recherche- und Rechenarbeiten sind jetzt umfangreiche<br />
Auswertungen mit nur wenigen Klicks möglich,“ so Matthias<br />
Standfest in einem Gespräch 2019. Die Kunden kaufen<br />
eine Lizenz der Software und brauchen danach nur das<br />
Bild eines Grundrisses hochzuladen. Das Programm entwickelt<br />
daraus automatisch ein 3D-Modell, das in ein vorhandenes<br />
Umgebungsmodell eingesetzt wird. Die Analysen<br />
im Anschluss sind vielfältig: Wie gut sind die Arbeitsplätze<br />
zu nutzen? Welche Wohnungen sind für welche Zielgruppen<br />
besonders geeignet? Wie familienfreundlich ist etwa eine<br />
Wohnung? Sind die Kinderzimmer hell genug? Ist der Spielplatz<br />
von der Wohnung aus im Blickfeld? Mit welchen Mietpreisen<br />
lassen sich maximale Renditen erzielen?<br />
115<br />
Bei der Akquise der Kunden konzentriert<br />
sich Archilyse zunächst auf<br />
wenige, strategisch wichtige Unternehmen<br />
mit großem Immobilienbesitz.<br />
Aktuell analysieren sie das Bestandsportfolios<br />
von SwissLife, 35.000 Wohnungen<br />
insgesamt, und berechnen die<br />
idealen Mietpreise je Wohnung. Ein<br />
wichtiger Meilenstein war zuvor ein<br />
Pilotprojekt mit SwissLife und Price-<br />
Hubble, bei dem das Startup zeigen<br />
konnte, dass ihre Analysen in direktem<br />
Zusammenhang zu den bereinigten<br />
Mietpreisen stehen, also der<br />
Betrachtung von Mietpreis einschließlich<br />
Miet- bzw. Leerstandsdauer<br />
und Mieterfluktuation. Bescheinigt<br />
Archilyse hohe Qualität, ist auch die<br />
Rendite des Immobilienbesitzers entsprechend<br />
hoch. Im zweiten Schritt<br />
konzentrieren sich Standfest und das<br />
Team auf Neubauprojekte, bei denen<br />
es bei der Erstvermietung mittels traditioneller<br />
Methoden bisher schwierig<br />
war, den besten Mietpreis zu bestimmen.<br />
Hier wurden bereits mehrere<br />
erfolgreiche Pilotprojekte abgeschlossen.<br />
Der dritte, logische Schritt wird<br />
der Einsatz von Archilyse vor Baubeginn<br />
sein – die Anwendung der<br />
Software für die finalen Planungsentscheidungen,<br />
was gebaut wird. Parallel<br />
arbeiten sie daran, Archilyse auch<br />
bei der Ausschreibung und Bewertung<br />
von Wettbewerben einzusetzen.<br />
Doch rühren die beiden letztgenannten<br />
Punkte nicht an den Kernkompetenzen<br />
von Architekten? Ist<br />
gute Architektur nicht mehr als bloßes<br />
Zahlenwerk – wohnt ihr nicht immer<br />
auch etwas inne, das uns berührt, das<br />
wir intuitiv und nicht rational erfassen?<br />
Inwieweit lässt sich „Baukultur“<br />
mit Kennzahlen messen?