30.11.2020 Views

Landlbote Dezember 2020 - Februar 2021

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

Geistliches Wort

Liebe Leserinnen und Leser,

Weihnachten steht vor der Tür und damit laufen

die Festvorbereitungen auf Hochtouren.

Das Haus wird geschmückt, die Plätzchen

gebacken, der Baum und die Geschenke

besorgt und Gäste eingeladen. Viele Menschen

brauchen bei diesen Vorbereitungen gar nicht

lange zu überlegen, was zu tun ist. Denn in den

meisten Familien gibt es an Weihnachten feste

Traditionen. So wissen sie im Voraus, was es zu

essen gibt, wer alles zu Besuch kommt oder

wen sie besuchen. Ebenso steht fest, wann sie

in die Kirche gehen. Menschen freuen sich

darauf, Weihnachtslieder am Heiligen Abend

in der teilweise abgedunkelten Kirche zu singen.

Ja, das alles gehört zu Weihnachten. Im

tiefsten Herzen wünschen wir uns, dass alles

so ist wie immer.

Aber 2020 ist ein anderes Jahr. Es ist geprägt

von Corona und je näher Weihnachten rückt,

desto mehr begreifen wir, dass vieles anders

sein wird als üblich. Ob wir den Gottesdienst

an Hl. Abend in unseren Kirchen feiern werden,

ist fraglich. Ob wir uns besuchen können,

werden wir sehen. Mancher denkt sich da vielleicht,

ist das dann überhaupt Weihnachten,

wenn alles anders ist? Der Verzicht auf lieb

gewonnene Traditionen fällt manchen Menschen

schwer. Aber vielleicht erleben wir,

gerade da wo unsere Traditionen aufbrechen,

Weihnachten ganz besonders intensiv.

Maria war eine junge Frau, ja noch ein Mädchen.

Sie war verlobt und ihr Leben war vorgezeichnet.

Sie wird den Zimmermann Josef heiraten

und mit ihm Kinder bekommen. Und da

tritt der Engel Gabriel in ihr Leben und wirft

alle Normalität über Bord. Sie wird schwanger

und alles Geplante, Erwartete, jede Tradition

ist durchbrochen. Etwas völlig Neues beginnt.

Josef und Maria – sie müssen erst lernen mit

der Situation umzugehen, um zu begreifen,

was da passiert. Jesus ist ein besonderes Kind.

Er ist der Retter, der Sohn Gottes. Und wenn er

kommt, dann sind alle menschlichen Traditionen

und Maßstäbe aufgehoben. Der König der

Welt kommt in einem armen Stall und nicht

in einem Palast zur Welt, wo ihn die Weisen

zuerst vermuten. Die Hirten als arme, ausgegrenzte

Menschen dürfen ihn als ersten sehen.

Erst nach ihnen erreichen die Weisen die

Krippe. Gott kommt und durchbricht viele

unserer Vorstellungen und Erwartungen, die

wir an ihn und das Leben haben. Bei aller Vertrautheit

ist und bleibt Gott immer auch der

ganz andere. Er setzt unsere Hierarchien im

Miteinander außer Kraft. Es gibt kein oben und

unten in der Gesellschaft mehr. Jeder Mensch

ist gleich viel wert. Und auch in der persönlichen

Gottesbeziehung durchbricht Gott

manchmal unsere Maßstäbe. Wir erfahren

seine Hilfe immer wieder auf vielfältige Weise

und dennoch bleiben Gebete unerhört. Gott

liebt uns und meint es gut mit uns. Trotzdem

gibt es Situationen, in denen wir ihn nicht verstehen,

weil er anders handelt, als wir es

erwarten. Diese Unbegreiflichkeit können wir

nicht aufheben, sondern nur im Vertrauen auf

Gott miteinander durchstehen. Diese Spannung

in unserer Gottesvorstellung wird vielleicht

in den Bildern der adventlichen und

weihnachtlichen Erzählungen besonders deutlich.

Wenn eben der Engel in das Leben von

Maria und Josef tritt und alles ganz anders ist.

Viele ihrer Erwartungen sind dadurch hinfällig,

Gerede und Zweifel wegen ihrer Schwangerschaft

kommen auf. Die beiden müssen sich

auf den Weg nach Bethlehem und später nach

Ägypten machen und erfahren in dem Unerwarteten

und Ungeplanten immer wieder Hilfe

und Schutz. Weihnachten ist eben nicht nur

das heimelige Fest der Liebe, nach dem wir uns

sehnen. Es ist auch das Fest, an dem wir uns

der Herausforderungen bewusst werden, vor

die Gott uns immer wieder stellt. Vielleicht

wird uns dies heuer besonders deutlich, wenn

wir unsere gewohnten Traditionen an Weihnachten

coronabedingt nicht so wie immer

leben können.

So wünsche ich Ihnen

trotz allem ein gesegnetes

Weihnachten und

ein gutes, segensreiches

Neues Jahr.

Ihre Pfarrerin

Margit Walterham

3

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!