Frauen

16 MAGAZIN FÜR KUNST UND ZIVILGESELLSCHAFT IN ZENTRAL- UND OSTEUROPA / Frauen in Ost und West
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„In Titos Jugoslawien gab es
keine feministische Kunst“
Sanja Iveković, Künstlerin (HR)
„Als junge feministische Künstlerin hatte ich
damit zu kämpfen, dass die Szene fast komplett
von Männern dominiert war. 1978 gab es in
dem ersten alternativen Zentrum Zagrebs, dem
,Podroom‘, eine Gruppenausstellung, die sehr
wichtig für unsere Generation war. Ich war neben
19 Männern die einzige Frau, die ausstellte.
Ich gehöre zu einer Generation von Künstlerinnen,
die sich unter dem Namen ,Neue künstlerische
Praxis‘ im Jugoslawien der späten sechziger
und frühen siebziger Jahre zusammenfand.
Unser Antrieb, mit billigen Materialien, mit
Kopiermaschinen, Fotografie, geschriebenem
Text und Performances – die mit nichts als dem
Körper gemacht werden konnten! – zu arbeiten,
brachte uns viele Anfeindungen ein. Eine Arbeit
von mir wurde von einer Tageszeitung ,die Zurschaustellung
eines kranken Gehirns‘ genannt.
In Titos Jugoslawien gab es noch keine feministische
Kunst, Bildsprache wurde noch nicht
als ernst zu nehmender Diskurs gewertet. Allerdings
gab es bereits Ende der Siebziger in
Zagreb einen Kreis für feministische Theorie.
Dort wurden regelmäßig Diskussionen und Lesungen
ausgerichtet, die mich sehr inspiriert
und angespornt haben.
Feminismus stößt im heutigen Kroatien auf
Widerstände, was wohl typisch für eine Gesellschaft
im Wandel ist. Der Alltag ist das eine – es
finden sich heute mehr junge Frauen als Männer
an der Universität –, auf der anderen Seite aber
werden wir immer noch marginalisiert. In ganz
Zagreb gibt es nur zwei Straßen beziehungsweise
Plätze, die nach Frauen benannt sind – und
eine davon ist die der Jungfrau Maria!
Wo stehe ich heute? Die Kunstkritikerin Lucy
Lippard hat eine einfache Definition für feministische
Kunst geliefert: Alles, was eine Feministin
macht, ist feministische Kunst. Ich laufe
nicht herum und rufe ,Hallo, ich bin eine Feministin!‘,
aber das bedeutet nicht, dass mich
feministische Themen nicht mehr interessieren.
Meine Arbeit ist feministisch, sie ist postkonzeptuell,
postmodern und sozial engagiert.“
Sanja Iveković startete ihre künstlerische Laufbahn
im Zagreb der frühen siebziger Jahre und
gilt heute in ihrer Heimat Kroatien als Pionierin
auf den Gebieten Videokunst, Performances und
feministische Kunst. Sie setzt sich mit den Themen
Gender, Starkult und Werbung auseinander.
Von Juni bis September 2007 wird Iveković auf
der documenta 12 in Kassel vertreten sein.
(siehe THE BLACK FILE-Artwork S.18)
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“In Tito’s Yugoslavia there
was no feminist art”
Sanja Iveković, artist (HR)
“As a young feminist artist I had to struggle with
the fact that the scene was almost completely
male dominated. In 1978 in the first alternative
centre in Zagreb, the ‘Podroom’, there was
a group exhibition that was very important for
our generation. I was the only woman among
the 19 men that exhibited there.
I belong to a generation of artists that came together
in Yugoslavia in the late Sixties and early
Seventies under the name ‘New Artistic Practice’.
Our drive to work with cheap materials,
with photocopiers, written text and performances
– that could only be made with the body!
– brought us a lot of hostility. A work of mine
was called ‘the public display of a sick mind’ by
a daily newspaper.
In Tito’s Yugoslavia there was still no feminist
art, the language of imagery was not regarded
as a discourse to be taken seriously. However
by the end of the Seventies in Zagreb there was
a feminist theory group that organised regular
readings and discussions and these inspired and
spurred me on.
In Croatia today feminism encounters the kind
of resistance that is typical of a society in a state
of change. Everyday life is one thing — there are
more young women than men at university today
— on the other side we are being increasingly
marginalized. In the whole of Zagreb there
are only two streets/squares named after women—
and one of those is named after the Virgin
Mary!
Where do I stand today? Lucy Lippard gave a
simple definition of feminist art. Everything
that a feminist does is feminist art. I don’t run
around shouting ‘Hello, I’m a feminist’ but that
doesn’t mean that feminist themes no longer
interest me. My work is feminist, it is post-conceptual,
post-modern and socially committed.”
Sanja Iveković started as an artist in Zagreb in
the early Seventies and is regarded in her native
country as a pioneer in the areas of video art,
performance and feminist art. She investigates
aspects of gender, the cult of stardom and advertising.
From June until September 2007 Iveković
will be represented at documenta 12 in Kassel.
(see also THE BLACK FILE-Artwork p.18)