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Versicherungsbote 1-2015

- Die Versicherungswirtschaft verabschiedet sich aus der sozialen Marktwirtschaft - Wie halten es Maklerpools mit der Honorarberatung? - Investment: Warum sich der Bestandsaufbau für Makler lohnt

- Die Versicherungswirtschaft verabschiedet sich aus der sozialen Marktwirtschaft
- Wie halten es Maklerpools mit der Honorarberatung?
- Investment: Warum sich der Bestandsaufbau für Makler lohnt

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Ausgabe 01/<strong>2015</strong><br />

Maklerbetreuer:<br />

Brückenbauer, Diplomaten,<br />

Vertriebsstrategen<br />

ERGO-Maklerbetreuer<br />

Rico Neubauer und Alexander Sachse<br />

berichten aus ihrem Alltag mit Maklern<br />

Markt<br />

Axel Kleinlein: Die Versicherungswirtschaft<br />

verabschiedet sich aus der sozialen Marktwirtschaft<br />

Vertrieb<br />

Wie halten es Maklerpools mit der<br />

Honorarberatung?<br />

Praxis<br />

Investment: Warum sich der Bestandsaufbau<br />

für Makler lohnt


Inhalt · Editorial<br />

Inhalt<br />

Markt<br />

4 Vermittlersterben? Der<br />

Versicherungsvertrieb<br />

stirbt nicht aus!<br />

6 Axel Kleinlein: Abschied<br />

der Versicherungswirtschaft<br />

aus der sozialen<br />

Marktwirtschaft<br />

8 Finanzanalyse nach<br />

Norm<br />

Sparten<br />

12 Industrieversicherung:<br />

Makler sollten eng<br />

mit Versicherern<br />

zusammenarbeiten<br />

16 Bringen Sie Mütterrente<br />

ins Haus<br />

18 Optimale Gesundheitsvorsorge<br />

und Pflege:<br />

Versicherungswirtschaft<br />

in der Verantwortung<br />

Praxis<br />

22 Kfz-Schadenmanagement:<br />

HUK-Coburg setzt auf<br />

Kundenbewertung<br />

24 Maklerbetreuer: Brückenbauer,<br />

Diplomaten,<br />

Vertriebsstrategen<br />

28 Investment und<br />

Fondsvermittlung:<br />

Warum sich der<br />

Bestandsaufbau für<br />

Makler lohnt<br />

Vertrieb<br />

30 Wie Sie Kundenloyalität<br />

aufbauen<br />

32 Courtagesenkung und<br />

Honorarberatung: Wie<br />

halten es Maklerpools?<br />

37 GDV-Kodex mit Prüfstempel:<br />

Solvabilität nur<br />

mit Ehrenwort<br />

Netzwelten<br />

38 Digitalisierung:<br />

Versicherer rüsten auf –<br />

Welche Folgen für den<br />

Vertrieb entstehen<br />

39 Lokale Netzwerke in<br />

Social Media sind die<br />

Erfolgsstrategie für<br />

Vermittler<br />

40 Content Marketing:<br />

Mit hochwertigen<br />

Inhalten überzeugen<br />

Karriere<br />

42 Weiterbildung: Wie<br />

findet man die Richtige?<br />

44 Haben Verkäufer eine<br />

Zukunft?<br />

46 Termine<br />

Liebe Leser,<br />

was macht eigentlich der Maklerbetreuer<br />

einer Versicherung? Diese<br />

Frage mag banal klingen, uns<br />

schien sie schon aufgrund der<br />

besonderen Situation eines Maklerbetreuers<br />

interessant: Er steht<br />

zwischen Versicherer und Versicherungsmakler<br />

und beide Sei ten<br />

haben ihre Erwartungen an ihn.<br />

Deshalb haben wir nachgefragt<br />

und für den Titel des <strong>Versicherungsbote</strong>-Fachmagazins<br />

01/<strong>2015</strong><br />

mit Rico Neubauer und Alexander<br />

Sachse, beide Maklerbetreuer der<br />

ERGO, gesprochen. Sie bestätigten unsere Vermutung, dass<br />

der Job ein anspruchsvoller ist: Sie müssen Brückenbauer,<br />

Diplomaten und Vertriebsstrategen sein.<br />

Um das Thema Geldanlage machen viele Versicherungsvermittler<br />

einen Bogen. Das verwundert kaum: Die Märkte sind<br />

volatil, die Zinsen niedrig, viele Verbraucher haben infolge<br />

der Finanzkrise oder auf dem grauen Kapitalmarkt Geld verloren.<br />

Doch bei allem Misstrauen – Anlageberatung bietet<br />

auch Chancen. Und nur, wer sich mit Versicherungen und<br />

Geldanlage gleichzeitig beschäftigt, kann ganzheitlich beraten!<br />

Hierzu haben wir mit Markus Schächtele gesprochen, Vorstand<br />

der Südcuranz AG. Zudem betrachten wir ein Projekt, das<br />

darauf zielt, eine DIN-Norm für die Finanzanalyse einzuführen:<br />

Ein Projekt, das Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucherschutz<br />

an einem Tisch zusammenbringt.<br />

Das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) ist nun seit<br />

vier Monaten in Kraft. Noch immer lässt sich nur erahnen,<br />

welche Auswirkungen es auf die Altersvorsorge der Bundesbürger<br />

haben wird. Wem nützt es überhaupt – einseitig den<br />

Versicherungen, die nun Überschussbeteiligungen zu Lasten<br />

des Kunden kürzen dürfen und bei den Abschlussprovisionen<br />

Hand anlegen? Oder auch den Verbrauchern, weil das beliebte<br />

Altersvorsorgeprodukt stabiler wird? Mit BdV-Vorstand Axel<br />

Kleinlein haben wir einen streitbaren, aber stets kompetenten<br />

Gastautoren gewinnen können, der das Prinzip der sozialen<br />

Marktwirtschaft in der Branche bedroht sieht. Außerdem<br />

haben wir mit den Chefs von fünf Maklerpools gesprochen,<br />

welche Auswirkungen das LVRG auf die Vergütung der Vermittler<br />

haben könnte.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!<br />

Ihr<br />

Björn Bergfeld<br />

Chefredakteur <strong>Versicherungsbote</strong><br />

Impressum<br />

<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG<br />

(haftungsbeschränkt)<br />

Reclamstraße 42<br />

04315 Leipzig<br />

FN: 0341 / 98 97 94 93<br />

Fax: 0341 / 39 28 43 09<br />

www.versicherungsbote.de<br />

redaktion@versicherungsbote.de<br />

Vertretungsberechtigter Geschäftsführer:<br />

Björn Bergfeld<br />

Registergericht: Amtsgericht Leipzig<br />

Registernummer: HRB 26728<br />

Steuernummer: 231 /121 / 11727<br />

Inhaltlich Verantwortlicher gemäß<br />

§ 55 Abs. 2 RStV:<br />

Björn Bergfeld (Anschrift wie oben)<br />

<strong>Versicherungsbote</strong> Magazin 01-<strong>2015</strong><br />

Auflage: 5.000 Stück<br />

ET: 12.05.<strong>2015</strong><br />

Redaktionsschluss 14.04.<strong>2015</strong><br />

Direktvertrieb über <strong>Versicherungsbote</strong><br />

Redaktion: Björn Bergfeld (Chefredakteur)<br />

Mirko Wenig, Hanna Behn<br />

Layout: Frank Springsguth (FS)<br />

Satz: Hanna Behn<br />

Bildnachweis Titel: FS<br />

Druck: Merkur Druck- & Kopierzentrum<br />

GmbH & Co. KG Leipzig<br />

Salomonstr. 20 · 04135 Leipzig<br />

www.merkurdruck.de


Vermittlersterben?<br />

Der Versicherungsvertrieb stirbt nicht aus!<br />

In den letzten vier Jahren hat der Versicherungsvertrieb jeden zehnten Vermittler verloren. Doch stirbt<br />

der Versicherungsvertrieb aus, wie das Onlineportal „Das Investment“ zugespitzt fragt? Die Zahl der<br />

Makler jedenfalls ist im selben Zeitraum deutlich angewachsen.<br />

Strengere Regulierung zielte<br />

auf Marktbereinigung<br />

Fest steht aber auch, dass die steigen den<br />

Anforderungen im Rahmen der EU-Ge -<br />

setzgebung auf eine Marktbereinigung<br />

zielten und die Zugangsvorausset zun gen<br />

zum Versicherungsvertrieb erschwe ren<br />

soll ten. Durchaus im Sinne der Bera -<br />

tungsqualität! Ein Vermittlerschwund<br />

wäre fast die logische Konsequenz – eine<br />

er wünschte.<br />

Die Versicherungsbranche hat in den<br />

letzten vier Jahren jeden zehnten Vermittler<br />

verloren. Wie das Versicherungsmagazin<br />

berichtet, waren zum Ende des<br />

ersten Quartals <strong>2015</strong> genau 25.639 Vermittler<br />

weniger im Versicherungsvermittlerregister<br />

registriert als zum Ende des<br />

ersten Quartals 2011. Diesen Schwund<br />

fassen die Fachzeitschriften in drastische<br />

Worte. „Stirbt der Versicherungsvertrieb<br />

aus?“, fragt das investment.com. „Der<br />

Abrieb beschleunigt sich“, kommentiert<br />

auch das Versicherungsmagazin – das<br />

klingt sehr schmerzhaft! Das Aussterben<br />

aber wird sich noch eine Weile hinzögern,<br />

denn derzeit sind noch stolze 237.813 Vermittler<br />

aktiv.<br />

Steigende Anforderungen<br />

als Hauptursache für<br />

Vermittlerschwund?<br />

Die Ursachen für den Schwund sind<br />

scheinbar schnell ausgemacht. Neben dem<br />

schlechten Ruf der Branche und dem<br />

damit verbundenen Nachwuchsproblem<br />

wird oft auf die verschärften Regulierungsanforderungen<br />

verwiesen. Die An -<br />

sprüche an eine Beratung steigen! Die<br />

Vermittler müssen sich immer mehr weiterbilden!<br />

Sie müssen die Kundenberatung<br />

immer genauer dokumentieren! Die Vergütungen<br />

sinken! Wird die Branche zu<br />

Tode reguliert? Wer will das alles noch<br />

freiwillig auf sich nehmen?<br />

Jedoch: Die verschärften Anforderungen<br />

sind bestenfalls ein Grund, warum we -<br />

niger Vermittler tätig sind. Das Versicherungsmagazin<br />

nennt einen weiteren wichtigen:<br />

Viele Versicherungsvermittler waren<br />

früher Quereinsteiger, die zunächst<br />

nebenberuflich Versicherungen vertrie -<br />

ben. Dann haben sie sich schrittweise zu<br />

hauptberuflichen Vermittlern weiterentwickelt.<br />

Wer mit Menschen aus der<br />

Branche ins Gespräch kommt, wird das<br />

bestätigen können: Er trifft Vermittler,<br />

die zuvor als Lehrer, Maurer, Zeitsoldat<br />

oder Kfz-Schlosser ihr Geld verdient<br />

haben. Diese Quereinsteiger müssen nicht<br />

schlechter beraten als jene Fachleute, die<br />

von vornherein eine Ausbildung in der<br />

Versicherungsbranche wählten. Aber<br />

höhere Qualifikationsanforderungen ha -<br />

ben diesen Zustrom in die Branche nahe -<br />

zu ausdörren lassen.<br />

Zum Beispiel brauchen Versicherungsmakler<br />

erst seit 2007 eine Zulassung, um<br />

ihre Fachqualifikation nachzuweisen.<br />

Zuvor konnte sich theoretisch jeder als<br />

Versicherungsmakler bezeichnen, der<br />

einen Versicherungsvertrag von einem<br />

Stück Klopapier unterscheiden konnte.<br />

Kein Wunder, dass viele schwarze Schafe<br />

dem Ruf der Branche schadeten. Die Versicherungswirtschaft<br />

aber versäumte es,<br />

aus eigenem Antrieb auf strengere Kriterien<br />

zu pochen. Erst, als der Gesetzgeber<br />

Druck machte, wurde man tätig.<br />

Etwas scheinheilig wird es, wenn nun Versicherungen<br />

klagen, in Zukunft könnte<br />

infolge des Vermittlerschwundes die Be -<br />

treuung der Kunden leiden. Haben nicht<br />

große Versicherungen wie Allianz und<br />

Ergo tausende Stellen abgebaut, auch im<br />

Versicherungsvertrieb? Agenturen von<br />

Vermittlern, die in Rente gingen, wurden<br />

infolge des Kostendrucks aufgegeben und<br />

nicht wieder neu besetzt. Viele dieser Um -<br />

strukturierungen wurden bereits angeschoben,<br />

bevor sich Niedrigzins, strengere<br />

Eigenkapitalvorschriften o. ä. abgezeich -<br />

net haben. In Fachzeitschriften wird der<br />

Stellenabbau der Versicherer selten als<br />

Grund für den Vermittlerrückgang ge -<br />

nannt, obwohl er dazu beigetragen haben<br />

dürfte. Das überrascht. Ist es vielleicht<br />

einfacher, mit dem Finger auf Staat, EU<br />

und Regulierung zu zeigen?<br />

Seite 4 01/<strong>2015</strong>


Markt<br />

Anzahl der Versicherungsvermittler/-berater von 2011 bis <strong>2015</strong>, dazu im Verhältnis die Anzahl der Versicherungsmakler<br />

(ohne Anteil produktakzessorischer Makler).<br />

Datenquelle: Registrierungen im Versicherungsvermittlerregister, © DIHK Service GmbH<br />

Die Zahl der<br />

Versicherungsmakler steigt<br />

Aus Sicht der Versicherungsmakler gibt<br />

es übrigens Positives zu berichten. Denn<br />

die Zahl der registrierten ungebundenen<br />

Vermittler steigt entgegen dem Trend seit<br />

Jahren. Waren zum Stichtag 05.01.2011<br />

noch 44.500 Makler im Vermittlerregister<br />

eingetragen, so waren es am 31.03.<strong>2015</strong><br />

be reits 47.107 Personen – ein Plus von<br />

sechs Prozent!<br />

Und deshalb soll an dieser Stelle der<br />

Gesetzgeber auch mal gelobt werden.<br />

Regulierungsmaßnahmen wie die Pflicht<br />

zum Sachkundenachweis sowie steigende<br />

Weiterbildungs- und Dokumentationsanforderungen<br />

haben das Profil des Versicherungsmaklers<br />

geschärft und sind ein<br />

wichtiger Baustein, um den Ruf der Branche<br />

aufzuwerten. Auch wenn dies nicht<br />

jeder so sehen mag – und nicht jede Regulierungsmaßnahme<br />

gelungen scheint.<br />

Ein Kommentar von<br />

Mirko Wenig<br />

Foto: Nappiness 440959 (li.) jarmoluk 427515 (re.) / pixabay.com<br />

Seite 5


Kommentar zur Lebensversicherung<br />

Der Abschied der<br />

Versicherungswirtschaft aus der<br />

sozialen Marktwirtschaft<br />

Das „Risiko“ ist der Kampfbegriff der Versicherungsvermittlung. Stets<br />

werden dem potentiellen Kunden die vielen riskanten Unwägbarkeiten<br />

des Lebens vor Augen geführt, um ihn dann zu einem Versicherungsvertrag<br />

zu bewegen.<br />

Axel Kleinlein,<br />

Sprecher des Vorstands<br />

beim Bund der Versicherten<br />

e.V. (BdV).<br />

Zum Beispiel die Gefahr, jemanden mit<br />

dem KfZ anzufahren. Oder die Gefahr,<br />

jemanden anderweitig unabsichtlich zu<br />

schä digen. Oder die Gefahr, dass man sel -<br />

ber von jemandem geschädigt wird, der<br />

sich seinerseits nicht gegen die Gefahr des<br />

„Einen-anderen-schädigen“ versichert hat.<br />

Oder die Gefahr zu jung zu versterben –<br />

oder zu alt zu werden. Oder die Gefahr, das<br />

nächste FCB-Spiel wegen einer verspäteten<br />

Bahn zu verpassen … die angsterfüllenden<br />

Gefahren sind vielfältig.<br />

Gegen diese Risiken bieten die Versicherungsunternehmen<br />

Versicherungen an. Je<br />

nach Art des versicherten Risikos fallen die<br />

Beiträge, die der Kunde zu zahlen hat, mal<br />

höher oder niedriger aus. Diese Beiträge<br />

werden in den Unternehmen nicht ausgewürfelt.<br />

Stattdessen werden hochbezahlte<br />

Mathematiker – sogenannte Ak tuare –<br />

damit betraut, die „richtigen“ Beiträge zu<br />

berechnen.<br />

Ein Beitrag ist nicht dann richtig, wenn er<br />

gerade ausreicht, um das entsprechende<br />

Risiko absichern zu können. Denn der Beitrag<br />

sollte möglichst immer etwas höher<br />

sein, damit ein „Sicherheitspuffer“ besteht.<br />

Konkret heißt das zum Beispiel, dass bei<br />

einer Risikolebensversicherung der Aktuar<br />

von einer besonders hohen Sterblichkeit<br />

ausgeht. Oder bei einer kapitalbildenden<br />

Versicherung wird ein be sonders niedriger<br />

Zins angesetzt, der so niedrig ist, dass sich<br />

das Versicherungsunternehmen immer zu -<br />

traut, diesen Zins auch erwirtschaften zu<br />

können.<br />

Der Deal der deutschen<br />

Lebensversicherer<br />

In der Lebensversicherung gibt es besonders<br />

strenge Vorgaben, wie sicher die Kalkulation<br />

sein muss. Deswegen zahlt der<br />

Kunde von vornherein deutlich überhöhte<br />

Beiträge. Da wird dann von besonders niedrigen<br />

Zinsen, einer unrealistischen Sterblichkeit<br />

und auch von überhöhten Kosten<br />

ausgegangen. Das ist auch in Ordnung,<br />

wenn über das System der Überschussbeteiligung<br />

ein fairer Ausgleich besteht. Das<br />

ist der Deal der deutschen Lebensversicherung:<br />

Der Kunde zahlt überhöhte Beiträge<br />

und bekommt im Gegenzug eine faire<br />

Überschussbeteiligung.<br />

Damit sich ein Versicherungsunternehmen<br />

in der Kalkulation nicht übernimmt, gibt<br />

es aufsichtsrechtliche Vorgaben. Die führen<br />

dann eben zu den überhöhten Beiträgen.<br />

Zum Beispiel darf der Aktuar immer nur<br />

einen „Höchstrechnungszins“ ansetzen.<br />

Einen niedrigeren Zins heranzuziehen, das<br />

ist in Ordnung, denn dann steigt ja sogar<br />

die Sicherheit. Zum Beispiel darf derzeit<br />

höchstens mit 1,25 Prozent kalkuliert<br />

werden, niedriger ist aufsichtsrechtlich aber<br />

auch in Ordnung.<br />

Vier Prozent ...<br />

Früher, in den 90ern, war es den Lebensver -<br />

sicherern zeitweise sogar erlaubt bis zu vier<br />

Prozent als Kalkulationszins anzusetzen!<br />

Seite 6 01/<strong>2015</strong>


Markt<br />

01/1942 - 06/1986<br />

07/1986 - 06/1994<br />

07/1994 - 06/2000<br />

07/2000 - 12/2003<br />

01/2004 - 12/2006<br />

01/2007 - 12/2011<br />

01/2012 - 12/2014<br />

01/<strong>2015</strong> -<br />

3,00 %<br />

3,50 %<br />

4,00 %<br />

3,25 %<br />

2,75 %<br />

2,25 %<br />

1,75 %<br />

1,25 %<br />

0 %<br />

1,00 %<br />

2,00 %<br />

3,00 %<br />

4,00 %<br />

Entwicklung des Garantiezinses in der deutschen Lebensversicherung<br />

Datenquelle: Deutsche Aktuarvereinigung (DAV)<br />

Die Unternehmen hätten auch mit einem<br />

niedrigeren Zinssatz kalkulieren dürfen,<br />

aber meistens (nicht immer) haben sie<br />

sich dann doch für die vier Prozent entschieden.<br />

Ohne Not und vollkommen<br />

freiwillig haben sie sich darauf verpflichtet,<br />

stets diese vier Prozent zu erwirtschaften.<br />

Heute jammern diese Unternehmen, wie<br />

schwer es doch sei, diese vier Prozent zu<br />

erzielen. Das Jammern kann ich verstehen.<br />

In der Tat ist das derzeit auch<br />

schwierig, keine Frage. Da haben sich die<br />

damaligen Aktuare also übernommen.<br />

Vor zwanzig Jahren haben sie noch mit<br />

stolzgeschwellter Brust erklärt, dass sie<br />

die vier Prozent immer schaffen werden,<br />

kein Problem. Und jetzt? Jetzt werden sie<br />

offenbar die Kalkulation nicht halten<br />

können. Die Versicherer haben sich verkalkuliert.<br />

Das ist Marktwirtschaft<br />

Normalerweise muss ein Kaufmann der<br />

sich verkalkuliert, zähneknirschend die<br />

Verluste in Kauf nehmen. Das nennt man<br />

Marktwirtschaft, so wie auch in unserer<br />

sozialen Marktwirtschaft. Das ist Wettbewerb.<br />

Das ist eine der ehernen Grundlagen<br />

unseres Wirtschaftssystems: Wer<br />

sich verkalkuliert, der hat gefälligst dafür<br />

die Verantwortung zu übernehmen.<br />

Aber die Deutsche Versicherungswirtschaft<br />

tickt da anders. Für die Deutschen<br />

Lebensversicherer gelten diese kaufmännischen<br />

Grundlagen der Marktwirtschaft<br />

nicht. Nicht die Unternehmen, die sich<br />

verkalkuliert haben, müssen leiden. Nein!<br />

Stattdessen sollen die Kunden herhalten!<br />

Deswegen müssen auch viele Kunden derzeit<br />

auf Überschüsse verzichten, damit die<br />

„Vier-Prozent-Verträge“ von ihnen subventioniert<br />

werden.<br />

Man stelle sich vor, in einem anderen<br />

Wirtschaftszweig würde so vorgegangen<br />

werden! Was würden Sie denn sagen,<br />

wenn Sie als Kunde eines Stuttgarter<br />

Autoherstellers ein Rechnung bekommen,<br />

in der dann steht:<br />

„Lieber Kunde, leider hat sich herausgestellt,<br />

dass eines unserer Fahrzeugmodelle<br />

technische Schwierigkeiten hat und wir<br />

eine Rückrufaktion machen mussten. Das<br />

kostet uns viel Geld. Da Sie ja ein anderes<br />

Modell von uns fahren, müssen wir Sie<br />

auffordern, X.000 € an uns zu überweisen.<br />

MfG“<br />

Das ist unvorstellbar. Aber in der Lebensversicherung<br />

funktioniert das. Da wird<br />

den Kunden dann mitgeteilt, dass sie<br />

weniger Geld bekommen, weil wegen der<br />

Niedrigzinsen das mit den Garantien der<br />

anderen Kunden nicht mehr so richtig<br />

klappt.<br />

Die Grundsätze der sozialen Marktwirtschaft<br />

gelten halt nicht für alle. Und ganz<br />

besonders die Lebensversicherer halten<br />

sich nicht an die Regeln der sozialen<br />

Marktwirtschaft. Schade!<br />

Nachtrag: Geplatzter Deal<br />

Jetzt höre ich schon das Rufen, dass die<br />

Kunden ja nur weniger Überschussbeteiligung<br />

bekämen. Sie bekämen also nur<br />

etwas weniger von dem Sahnehäubchen.<br />

Stimmt aber nicht. Denn die Überschussbeteiligung<br />

ist kein Sahnehäubchen, sondern<br />

der Ausgleich dafür, dass die Versicherungsnehmer<br />

von vornherein überhöhte<br />

Beiträge zahlen.<br />

Wenn nun die Überschussbeteiligung<br />

zusammenschrumpft, dann entfällt der<br />

Ausgleich für die überhöhten Zahlungen.<br />

Der Deal der Deutschen Lebensversicherung<br />

ist dann aufgekündigt.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Axel Kleinlein<br />

Seite 7


Finanzanalyse nach Norm<br />

DIN-Standards als Mehrwert in der Beratung<br />

Aktenordner, Drucker, Layouts, Anschreiben oder Briefumschläge – alle werden an das Format DIN A4<br />

angepasst. Die strenge Vorgabe für ein Blatt Papier vereinfacht viele Arbeitsprozesse. Lässt sich ein<br />

solcher Standard auch auf einen komplexen Vorgang wie die Finanzberatung übertragen? Eine Norm zur<br />

standardisierten Finanzanalyse für Privathaushalte wird aktuell in einem Ausschuss mit Vertretern aus<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und Verbraucherschutz diskutiert.<br />

„Wir wissen alle, dass die Finanzbranche<br />

bei den Verbrauchern ein großes Vertrauensdefizit<br />

hat. Das ist nur durch Verlässlichkeit<br />

zu beheben. Es ist unseres Erachtens<br />

für die ganze Branche ein sinnvolles<br />

Ziel, darauf hinzuarbeiten, dass eines<br />

Tages ein Verbraucher, der zehn verschiedene<br />

Berater um ihre Bedarfsanalyse in<br />

Sachen Absicherung, Vorsorge und Vermögensplanung<br />

fragt, nur ein – eben sein<br />

persönliches – Ergebnis erhält und nicht<br />

zehn unterschiedliche. Diese Analyse wäre<br />

dann eine verlässliche und Vertrauen stiftende<br />

Grundlage für die Beratung“, erklärt<br />

Dr. Klaus Möller, Geschäftsführer und<br />

Gesellschafter bei der DEFINO GmbH<br />

und Schirmherr der Finanz-Norm-Initiative<br />

zum Vorhaben gegenüber <strong>Versicherungsbote</strong>.<br />

Bevor Vermittler ihren<br />

Kun den ein Produkt empfehlen, sollen<br />

sie zunächst den Grundbedarf und die<br />

finanziellen Möglichkeiten des Haushaltes<br />

ermitteln. Mit der Spezifikation DIN<br />

SPEC 77222, einer Art Vorstufe zu einer<br />

DIN-Norm, ist dieses Vorhaben weit fortgeschritten.<br />

Warum eine DIN-Norm? „Es<br />

ist mittlerweile der Alltag im Wirtschaftsleben,<br />

dass Unternehmen wie wir ihre<br />

Vorgehensweisen zum „Standard“ er -<br />

klären. Die Wettbewerber tun dann dasselbe<br />

und nach kurzer Zeit gibt es lauter<br />

Standards, die konkurrierend nebeneinander<br />

stehen. Und der Verbraucher ist<br />

so schlau wie vorher. Beim DIN gibt es<br />

zu jedem Thema nur eine einzige Norm.<br />

Und das DIN hat in Deutschland und<br />

darüber hinaus einen tadellosen Ruf “,<br />

begründet Möller.<br />

Großes Brancheninteresse<br />

Im Jahre 2013 berieten und entschieden<br />

zwanzig Experten über die DIN SPEC.<br />

Seit November 2014 diskutieren vierzig<br />

Teilneh mer eines Normausschusses sehr<br />

konstruktiv über deren Weiterentwicklung<br />

zur DIN Norm. „Ich erwarte wesentliche<br />

Impulse für die Branche aus der Arbeit<br />

des Ausschusses“, teilte Möller mit und<br />

erklärte auch, das Interesse der Branche<br />

sei sehr groß: „Eine langjährige DIN-<br />

Mitarbeiterin hat im November letzten<br />

Jahres formuliert, sie könne sich nicht an<br />

eine konstituierende Sitzung irgendeines<br />

an deren Ausschusses in irgendeiner an -<br />

deren Branche mit so vielen Teilnehmern<br />

und so großem Brancheninteresse erinnern.“<br />

Eine Liste der Mitarbeiter im Ausschuss<br />

konnten wir jedoch nicht erhalten, da alle<br />

Mitwirkenden eine Verschwiegenheitserklärung<br />

gegenüber dem DIN abgegeben<br />

haben. Auf Nachfrage versicherte Möller,<br />

dass die Großen der Branche aus Banken,<br />

Versicherungen und Vertrieben, wesentliche<br />

Verbände und Ar beitskreise, Wissenschaftler<br />

und Verbraucherschützer vertreten<br />

sind.<br />

... aber es gibt doch schon<br />

eine Norm für Finanzplaner?<br />

Neu ist die Idee einer normierten Finanzberatung<br />

nicht – zumindest nicht, wenn<br />

es darum geht, dass Kunden einen qualifizierten<br />

Dienstleister in der privaten<br />

Finanzplanung finden, dem sie vertrauen<br />

können. So ist das Zertifikat Certified<br />

Financial Planner (CFP) international verbreitet.<br />

Es wird auf Antrag an jene verliehen,<br />

die professionell in der privaten<br />

Finanzplanung tätig sind und entsprechende<br />

Zertifizierungsbedingungen<br />

erfüllen. Das Zertifikat wird in 26 Ländern<br />

als Lizenz von einer lokalen Organisation<br />

ausgestellt, in Deutschland vom<br />

Financial Planning Standards Board<br />

Deutschland e.V. (FPSB) mit Sitz in<br />

Frankfurt/Main. Neben dem CFP gibt es<br />

weitere Qualitätszertifikate, darunter das<br />

„Ge prüfter privater Finanzplaner nach<br />

DIN ISO 222222“. FPSB und DIN<br />

CERTCO Gesellschaft für Konformitätsbewertung<br />

GmbH wirken daran mit. Das<br />

Zertifikat „geprüfte private Finanzplaner<br />

nach DIN ISO 22222“ ist aufgrund der<br />

inhaltlichen Ausrichtung des Kompetenzund<br />

Tätigkeitsniveaus unterhalb des CFP<br />

positioniert. Diese DIN-Norm legt die<br />

Anforderungen an die Berater fest und<br />

prüft ihre Konformität, also die Übereinstimmung<br />

ihres Wirkens mit inhaltlichen<br />

und ethischen Nor men der Gesellschaft.<br />

Seite 8 Foto: Unsplash 691615 / pixabay.com<br />

01/<strong>2015</strong>


Markt<br />

Ursprünglich wurde die Norm für die Industrie<br />

(DIN ISO 9001) entwickelt. An diese<br />

Norm knüpft die DIN ISO 22222 an und hat<br />

Eingang in die Finanz- und Versicherungsberatung<br />

gefunden.<br />

Zwei Normen, kein Widerspruch<br />

Die DIN ISO 22222 legt Anforderungen an<br />

das ethische Verhalten, Fähigkeiten und<br />

Erfahrungen der Finanzplaner, versteht sich<br />

aber vornehmlich als Qualifikation. Die weiterentwickelte<br />

DIN SPEC 77222 soll dem<br />

nicht entgegen stehen. „Die DIN ISO 22222<br />

und die aus der DIN SPEC 77222 zu erarbeitende<br />

DIN Norm widersprechen sich nicht.<br />

Das wurde ausdrücklich in dem Statement<br />

eines Experten in der Sitzung des Normausschusses<br />

festgestellt. Widersprüche zwischen<br />

einzelnen Normen und Standards schließt<br />

im Übrigen das Regelwerk des Deutschen<br />

Instituts für Normung explizit aus. Die ISO<br />

22222 legt ihren Schwerpunkt auf die fachlichen<br />

und ethischen Anforderungen an<br />

Finanzplaner; die DIN SPEC und die zu erarbeitende<br />

Norm definieren einen Prozess zur<br />

Finanzanalyse. Insofern ergänzen sich die<br />

beiden Standards“, so Möller.<br />

Selbstvertrauen für Makler<br />

Besonders in Deutschland würde sich mit der<br />

DIN ISO 22222 ein völlig neuer Weg der<br />

Kundenansprache eröffnen und auch die<br />

Akzeptanz der Honorierung der Beratungsleistung<br />

verbessern, erläutert Dr. Peter<br />

Schmidt, Experte für Unternehmensstrategien<br />

und -prozesse für Versicherungsvertrieb und<br />

Makler. Maklern gebe die Norm wachsendes<br />

Selbstvertrauen, so Schmidt – beim Beratungsprozess<br />

nach einem Regelwerk erkennen<br />

Verbraucher auf Anhieb einen Mehrwert und<br />

sind eher bereit, Honorar für die Beratung<br />

zu zahlen. Normierte Finanzplanung hat weiteres<br />

Potential: „Die Zeiten des Produktverkaufs<br />

gehen dem Ende zu. Eine Möglichkeit<br />

sich von herkömmlichen kurzschrittigen<br />

Beratungen abzukoppeln ist die systematische<br />

und ganzheitliche Finanzplanung“, so Peter<br />

Schmidt, „damit steigen auch die Anforderungen<br />

an die Qualifizierung von freien Versicherungs-<br />

und Finanzberatern. Wenn man<br />

davon ausgeht, dass die Vergütungen für<br />

Finanz- und Versicherungsberatung weiter<br />

sinken, dann versteht man, warum Experten<br />

die Tätigkeit des Financal Planners, des<br />

„FinanzCoachs“, als DIE Zukunftschance<br />

bewerten“, erklärt er und weiter: „Der Beratungsansatz,<br />

die Ansprache der Kunden, der<br />

erhöhte Kundennutzen, die neue öffentliche<br />

Wahrnehmung sowie deutlich bessere Be -<br />

triebsergebnisse für den Maklerbetrieb verdienen<br />

es, dass sich mehr freie Vermittler mit<br />

dem Thema befassen.“<br />

Praktikabel: Finanzanalyse in<br />

10 Minuten – nicht nur für<br />

„Privilegierte”<br />

Gilt das auch für die Norm nach DIN SPEC<br />

77222? Die Auswahl der Produkte und Produktklassen<br />

sollen Berater und Kunde selbst<br />

treffen. Durch ein paar (genormte) Fragen<br />

rund um die Themen Flexibilität und Langlebigkeit<br />

soll eine erste Orientierung erarbeitet<br />

werden, ob alle denkbaren Produktklassen<br />

zur Finanzplanung passen können. Dabei ist<br />

Praktikabilität ein wesentliches Anliegen, so<br />

der DEFINO-Chef Möller: „Es gibt ein sehr<br />

smartes Tool auf DEFINO-DIN SPEC-Basis,<br />

mit dem Berater in 10 Minuten für wahrscheinlich<br />

mehr als 80 Prozent der Menschen<br />

in un serem Land eine erste ganzheitliche<br />

Bedarfsanalyse erstellen können.” Auch geht<br />

es Möller darum, eine Finanzanalyse jedem<br />

Normalverdiener zugänglich zu machen. „Bei<br />

aller ernstgemeinten und unstrittigen Wertschätzung<br />

für die hohe Qualität der CFPler,<br />

ihrer Ausbildung und Qualifikation, muss<br />

man kritisch anmerken, dass alle diese sehr<br />

an spruchsvollen Konzepte nur privilegierten,<br />

d. h. eher vermögenden Gruppen in unserer<br />

Gesellschaft zugänglich sind. [...] Normalverdiener<br />

wie Köche, Busfahrer oder Krankenschwestern,<br />

die jeden EURO um drehen<br />

müssen, brauchen Ganzheitlichkeit dringender<br />

als Vermögende. Das ist für Berater<br />

aber nur dann profitabel darstellbar, wenn<br />

der Zeitaufwand im Rahmen bleibt. Das<br />

funktioniert nur durch eine gewisse Prozessoptimierung<br />

– eben durch Standards.“<br />

Online-Beratung nach<br />

DIN-Standard<br />

Standardisierungen vereinfachen auch digitale<br />

Prozesse, ja, sind sogar Voraussetzung dafür.<br />

So könnte es eine Online-Finanzberatung<br />

nach DIN-Norm geben, die man z. B. auf<br />

Webseiten anbieten könnte: „Diese Bestrebungen<br />

gibt es in der Tat. Daher ist es insbesondere<br />

auch ein großes Anliegen der im<br />

Normausschuss mitwirkenden Verbraucherschutz-Vertreter,<br />

dass die zu erarbeitende<br />

Norm für eine Finanzanalyse auch für die<br />

Umsetzung im Internet tauglich ist“, erklärte<br />

Möller.<br />

Hanna Behn und Mirko Wenig<br />

Dr. Klaus Möller,<br />

seit Juli 2011 Geschäftsführer<br />

und Gesellschafter der<br />

DEFINO – Gesellschaft für<br />

Finanznorm mbH<br />

Dr. Peter Schmidt<br />

Unternehmensberater und<br />

Inhaber Consulting & Coaching<br />

www.cc-mit-ps.de Berlin<br />

und des Portals<br />

bestandundnachfolge.de<br />

Schaffen DIN-Standards<br />

Mehrwert in der Beratung<br />

– oder rationalisieren sich<br />

Versicherungsmakler<br />

damit selbst weg?<br />

Eine kritische Betrachtung<br />

zur geplanten DIN-Norm von<br />

Bernd Schmidt (CFP) S. 10 >><br />

Seite 9


Makler rationalisieren sich selbst weg<br />

Eine kritische Betrachtung der standardisierten Finanzanalyse<br />

für Privathaushalte<br />

Bernd Schmidt ist Certified<br />

Financial Planner (CFP),<br />

zertifizierter Finanzplaner nach<br />

DIN ISO 22222, seit 1984 selbstständig<br />

tätig und u. a. Mitglied<br />

im FPSB Financial Planning<br />

Standards Board Deutschland<br />

e.V. und dem BVK Bundes -<br />

verband deutscher Ver siche -<br />

rungskaufleute.<br />

DIN SPEC 77222 ist ein Regelwerk zur<br />

Deckungslückenberechnung (ca. 30 Re -<br />

geln). Das Regelwerk betrachtet nur die<br />

jeweilige Vertragssumme. Bereits 2005 hat<br />

man die DIN ISO 22222 Privater Finanzplaner<br />

entwickelt und jetzt heißt der neue<br />

Arbeitskreis „Private Finanzanalyse“. Man<br />

sieht alleine hier schon eine bedenkliche<br />

Entwicklung, da der Begriff „standardisierte“<br />

jetzt schon zum Start fallen gelassen<br />

wurde! Die DIN ISO 22222 ist eine weltweit<br />

gültige Norm für die Dienstleistung der<br />

privaten Finanzplanung und legt Anforderungen<br />

an das ethische Verhalten, die Fä -<br />

higkeiten und die Erfahrungen fest, über<br />

die ein professioneller privater Finanzplaner<br />

verfügen muss. Zudem werden in der<br />

Norm die Details der Konformitätsbewertung<br />

beschrieben. Es ist ein Managementprozess<br />

in 6 Beratungsschritten. Damit<br />

würden sich beide Normen ergänzen, leider<br />

wird der Verbraucher das nicht differenzieren<br />

können.<br />

Wesentliche Kritikpunkte<br />

der DIN SPEC 77222<br />

1. Die Deckungslückenberechnungen müs -<br />

sen um Vertragsinhalte erweitert wer den.<br />

Man muss bei allen Versicherungssparten<br />

heute zwingend auf die Bedingungswerke<br />

achten und sollte sich nicht auf die diversen<br />

Ratings etc. verlassen. Sonst ist kein Fachwissen,<br />

geschweige eine IHK-Ausbildung<br />

der Versicherungsmakler erforderlich.<br />

Nein, man benutzt das seriöse DIN-Institut<br />

für die schlankeste Form zur Kundengewinnung.<br />

Rund 30 Regeln zur Höhe von<br />

Versicherungssummen und schon sind die<br />

Verbraucher bestmöglich gegen Lebensrisiken<br />

abgesichert! Es geht hier nur um die<br />

„Höhe von Versicherungssummen“. Zwar<br />

nicht falsch, aber nur ein „Minimumfaktor“,<br />

denn die ganzen Vertragsinhalte<br />

bleiben unberücksichtigt. Wer jemals einen<br />

Versicherungsschaden hatte, weiß, welche<br />

Hintertürchen da vorhanden sind.<br />

Schade, dass Versicherungsmakler mit<br />

ihrem Wissen über Preis-/Leistungsverhältnisse<br />

und den individuellen Risiko-<br />

Abwägungen bei dem Lobgesang zu dieser<br />

geplanten „Norm“ außen vor bleiben. Die<br />

tiefgehenden Bedingungen interessieren<br />

überhaupt nicht, geschweige denn Preisvergleiche<br />

mit anderen Anbietern. Alles<br />

viel zu umständlich… Bei grün fahre ich<br />

einfach los… und erst, wenn’s kracht, werde<br />

ich beim nächsten Mal wieder einen persönlichen<br />

Rat erfragen… Leider muss man<br />

erst einmal in den Brunnen fallen, um zu<br />

verstehen, dass der Rat im Vorfeld eines<br />

Streitfalles preiswerter ist als hinterher!<br />

2. Beim Vermögensaufbau/Geldanlagen<br />

bleibt das Thema „Steuern“ außen vor, d. h.<br />

individuelle Einkommenssteuer-Auswirkungen<br />

der jeweiligen Finanzmarktprodukte<br />

werden nicht mit einbezogen.<br />

3. Renditehochrechnungen mit Vergleichswerten<br />

aus der Vergangenheit sind bei Rentenwerten<br />

total falsch und irreführend. So<br />

wird die Rendite vom REX mit 5,3 Prozent<br />

(Stand 01.07.2014) p.a. auf die letzten 20<br />

Jahre (!) gerechnet. Der Euribor (3 Monate)<br />

mit 0,7 Prozent p.a. auf die letzten 5 Jahre.<br />

Das führt zu komplett falschen Ergebnissen<br />

für die Zukunft und wenn die Rentenblase<br />

platzt, zu hohen Verlusten bei dem „konservativen“<br />

Verbraucher. Daran zeigt sich<br />

wieder, dass die Risikoprofilierung beim<br />

Kunden sich nicht standardisieren lässt und<br />

der Berater eine qualifizierte Ausbildung<br />

benötigt.<br />

4. Das Schlimmste von Allem ist, dass diese<br />

Eckwerte in den Softwareprogrammen nur<br />

einen schnellen verkäuferischen Bedarf<br />

suggerieren sollen. Die lizenzierten Softwareanwender<br />

lernen im Schnelldurchlauf<br />

die Anwendung, sodass der Finanzberater<br />

in 15 Minuten zum Ergebnis kommt.<br />

5. Wie seit über 20 Jahren verkündet, soll<br />

die Unterschrift im ersten Termin (möglichst<br />

innerhalb von einer Stunde) erfolgen!<br />

Wer jemals den Beratungsprozess nach<br />

DIN ISO 22222 erlebt hat, wird sicherlich<br />

nie wieder diesen „Schnellschuss-Verkäufern“<br />

ausgeliefert sein, denn hier ist Kaufreue<br />

vorprogrammiert. Nur bei mehreren<br />

Gesprächen bis zur Unterschrift hat man<br />

die Sicherheit, sein Geld gut investiert zu<br />

haben.<br />

Letztendlich stellt sich noch die Frage, ob<br />

die Versicherungsmakler sich damit selbst<br />

wegrationalisieren. Man könnte den Förderern<br />

auch sagen: Füttert die Schlange bis<br />

sie groß genug ist, euch zu fressen. Angefangen<br />

von JDMS, con.fee, FiNET, pma<br />

und anderem mehr, was sich so einleuchtend<br />

anhört: 10 unterschiedliche Makler<br />

sollen nicht 10 unterschiedliche Deckungslücken<br />

ermitteln, ist die beste Aufforderung<br />

an die Internet-Börsen, diesen „Deckungslücken-Berechnungs-Standard“<br />

ebenfalls<br />

als ihren „allerhöchsten Qualitätsstandard“<br />

zu bewerben.<br />

Warum braucht man den Versicherungsmakler<br />

als persönlichen Berater denn noch,<br />

wenn die Software am Bildschirm in ein<br />

bis zwei Schritten von Rot, evtl. Gelb auf<br />

Grün schaltet, und ich doch nur mit „JA“<br />

klicken muss. Kein Wunder, dass Prof. Dr.<br />

Hans Jürgen Ott dazu bereits vor einem<br />

Jahr von einer „Schmalspur-Norm“ gesprochen<br />

hat.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Bernd Schmidt (CFP)<br />

Seite 10 01/<strong>2015</strong>


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Versicherungen für die Industrie<br />

Makler sollten eng mit Versicherern zusammenarbeiten<br />

Mit Industrieversicherungen beschäftigen sich Versicherungsmakler sehr viel seltener als mit Privat- und<br />

Gewerbeversicherungen. Kein Wunder, gilt es doch, sehr komplexe Risiken haftungssicher abzusichern.<br />

Und eine, wenn auch maßgeschneiderte, Versicherungspolice genügt nicht, auch eine risikotechnische<br />

Begleitung des Unternehmens ist enorm wichtig. Zudem agieren Industrieversicherer vor allem international.<br />

Makler sollten daher eng mit dem Industrieversicherer zusammenarbeiten, erklärt Frank Harting, Mitglied<br />

des Vorstands der HDI-Gerling Industrie Versicherung AG, Hannover im Interview.<br />

<strong>Versicherungsbote</strong>: Herr Harting, wie<br />

sieht es derzeit bei den Industrieversicherern<br />

aus? Und wie gut oder schlecht<br />

laufen die Geschäfte bei der HDI-Gerling<br />

Industrie Versicherung?<br />

Frank Harting: Der Markt für Industrieversicherer<br />

ist derzeit von der Niedrigzinsphase<br />

einerseits und von einem harten<br />

Wettbewerbsdruck andererseits geprägt.<br />

Trotz dieser herausfordernden Marktbedingungen<br />

hat der Geschäftsbereich In -<br />

dustrieversicherung der Talanx-Gruppe,<br />

zu der HDI-Gerling gehört, im vergangenen<br />

Jahr das Bruttoprämienvolumen<br />

im Vergleich zum Vorjahr um mehr als<br />

fünf Prozent auf vier Milliarden Euro<br />

gesteigert. Das ist ein Rekordwert für uns.<br />

Der Zuwachs wurde überwiegend im<br />

Ausland erzielt. Wir gehen davon aus, dass<br />

wir auch künftig im Ausland stärker<br />

zulegen werden als in Deutschland, wo<br />

wir bereits über eine sehr hohe Marktdurchdringung<br />

verfügen.<br />

Warum sind deutsche Industrieversicherer<br />

vor allem international so breit<br />

aufgestellt? Ergeben sich daraus Vorteile<br />

für Versicherungsnehmer und deren<br />

Makler?<br />

Die deutsche Industrie ist stark exportorientiert<br />

aufgestellt. Sie verfügt über<br />

immer mehr Produktionsstätten in ausländischen<br />

Märkten. Makler brauchen vor<br />

dem Hintergrund dieser Globalisierung<br />

der Wirtschaft Versicherungspartner, die<br />

nicht nur nationales Geschäft abdecken,<br />

sondern Kunden auch im Ausland be -<br />

dienen können. Es ist also ein Vorteil für<br />

Kunden und deren Makler, wenn ein Versicherer<br />

über ein eigenes internationales<br />

Netzwerk verfügt. Gerade kleinere Makler<br />

haben kein eigenes Netzwerk im Ausland.<br />

Sie sind deshalb umso stärker darauf<br />

angewiesen, dass der Versicherer bei internationalen<br />

Versicherungsprogrammen<br />

Unterstützung leistet. Weil wir in mehr<br />

als 130 Ländern mit eigenen Standorten,<br />

Tochtergesellschaften und Netzwerkpartnern<br />

aktiv sind, können wir diese Unterstützung<br />

anbieten.<br />

Mit welchen Risiken und Gefahren haben<br />

Sie es derzeit am häufigsten zu tun –<br />

sowohl bei der Erstellung von Deckungskonzepten<br />

als auch bei der Schadenregu -<br />

lierung?<br />

Wir decken mit Ausnahme der Kreditversicherung<br />

die komplette Palette an<br />

Industrieversicherungslösungen ab, die<br />

unsere Industrie- und Konzernkunden<br />

im In- und Ausland benötigen. Das fängt<br />

an bei den typischen Sach-, TV-, Transport-<br />

und Feuerrisiken, geht über Be -<br />

triebsunterbrechungsrisiken bis zu speziellen<br />

Deckungen für Naturkatastrophen<br />

oder auch für Cyber-Risiken. Entsprechend<br />

breit ist das Spektrum der Risiken<br />

und Gefahren, mit denen wir es zu tun<br />

haben.<br />

Nach wie vor sehr wichtig für Unternehmen<br />

ist auch das Thema Betriebs- und<br />

Produkthaftpflichtversicherung. Unsere<br />

internationale Aufstellung ermöglicht uns<br />

die Begleitung unserer Kunden bei Schadenfällen,<br />

die auf ausländischen Märkten<br />

eintreten. Gerade die Haftpflichtversicherung<br />

entwickelt sich hier rasant im Hinblick<br />

auf die erhöhten Haftungsrisiken,<br />

die sich aus den immer komplexer werdenden<br />

Lieferketten ergeben. Die Produktionsprozesse<br />

sind heute derart vernetzt,<br />

dass auch das Thema Haftpflicht in<br />

diesem Zusammenhang eine immer größere<br />

Bedeutung bekommt. Wenn ein<br />

Zulieferer beispielsweise ein Zulieferteil<br />

fehlerhaft produziert hat und ein weiterverarbeitender<br />

Hersteller Regress nehmen<br />

muss bei diesem Zulieferer, kann es dort<br />

zu sehr großen Haftpflichtschäden kom -<br />

men.<br />

Welche Branchen und Risiken lassen sich<br />

besonders schwierig versichern?<br />

Theoretisch gibt es nichts, das man nicht<br />

versichern kann, solange man Daten und<br />

Informationen hat über das Schadenpotenzial<br />

und die Eintrittswahrscheinlichkeit.<br />

Je exponierter ein Risiko, desto<br />

größer wird auch der Informationsbedarf<br />

des Versicherers, um die entsprechende<br />

Versicherungslösung preisadäquat an -<br />

bieten zu können. In der Praxis fehlt es<br />

am häufigsten an verlässlichen Daten über<br />

die Eintrittswahrscheinlichkeit sowie<br />

mögliche Wechsel- und Rückwirkungsschäden<br />

nach einem Schaden bei Kunden<br />

und Zulieferern. Wenn wir alle notwendigen<br />

Informationen haben, können wir<br />

das Risiko bepreisen. Am Ende des Tages<br />

liegt es im Ermessen des Kunden, ob er<br />

den entsprechenden Versicherungsschutz<br />

einkaufen oder das Risiko selbst tragen<br />

will.<br />

Gibt es Deckungslücken oder Grenzen<br />

der Versicherbarkeit?<br />

Auch große und sehr große Risiken sind<br />

versicherbar. Sehr große Risiken werden<br />

in der Regel von einem Versicherungskonsortium<br />

gedeckt. Ein einzelner Versicherer<br />

kann das nicht allein tragen. Daher<br />

ist ein Konsortium erforderlich, das der<br />

Makler zusammenstellt. Zudem übertragen<br />

die Erstversicherer Teile des Risikos<br />

auf den Rückversicherungsmarkt. Auf<br />

diesem Weg werden sehr umfangreiche<br />

Risiken auf viele Schultern verteilt. In der<br />

Tat kann es hier aber auch Grenzen der<br />

Versicherbarkeit geben.<br />

Seite 12 01/<strong>2015</strong>


Sparten<br />

Wenn ein Unternehmen so groß ist, dass<br />

die gesamte Kapazität des Versicherungsmarktes<br />

seine eigene Risikotragfähigkeit<br />

nach eigener Einschätzung unterschreitet,<br />

kann er unter Umständen zu dem Schluss<br />

kommen wie BP für seine Bohrinseln im<br />

Golf von Mexiko: nicht versichern. Das<br />

Risiko tragen damit die Eigentümer bzw.<br />

die Aktionäre. Es ist fraglich, ob ihnen<br />

das immer bewusst ist. Zudem geht dem<br />

Unternehmen damit die Anspruch-Ab -<br />

wehrfunktion verloren, die ein Haftpflicht-Versicherer<br />

ja auch hat. Wenn ein<br />

Versicherer Ansprüche abwehrt, dann ist<br />

das rufschonender, als wenn man das<br />

selbst macht.<br />

Wie steht es um die Absicherung des<br />

unternehmerischen Risikos?<br />

Es gibt Grenzen, wenn es um die Versicherung<br />

des reinen unternehmerischen<br />

Risikos geht. Für den Kunden wäre es die<br />

ideale Vorstellung, die Chancen aus einer<br />

neuen Technologie für sich zu nutzen und<br />

die Risiken auf andere zu verlagern. Das<br />

kann für uns als Versicherer nicht attraktiv<br />

sein. Bei neuen Technologien geht es beispielsweise<br />

oft darum, wann sie marktreif<br />

sind. Das wird mitunter unterschiedlich<br />

gesehen von den Vertriebsleuten des Kun -<br />

den, von den Technikern, den Juristen<br />

und vom Versicherer. Wir wollen nicht,<br />

dass der Kunde ein Versuchskaninchen<br />

ist und die Schäden der Versuche ausschließlich<br />

zu Lasten des Versicherten-<br />

Kollektivs gehen. Eine Trial-and-error-<br />

Phase können wir deshalb nicht uneingeschränkt<br />

versichern.<br />

Wie gehen Sie bei der Analyse sehr großer<br />

Risiken vor, Stichwort: Risk-Management?<br />

Zur Absicherung großer Risiken gehört<br />

in der Regel eine maßgeschneiderte Police<br />

und immer auch eine risikotechnische<br />

Begleitung. Ziel dieser Begleitung ist die<br />

Risiko-Minderung, bzw. die Verminderung<br />

von Schadeneintrittswahrscheinlichkeiten.<br />

Wir verfügen bei unserer Tochtergesellschaft<br />

HDI-Gerling Sicherheitstechnik<br />

über ein Team von etwa hundert Risiko-<br />

Ingenieuren, die insbesondere im Sachversicherungsbereich<br />

Risiken begleiten<br />

aber auch im Bereich Flottenversicherung<br />

und in der Sparte Technische Versicherungen.<br />

Diese Kollegen gehen zu unseren<br />

Kunden, analysieren vor Ort mögliche<br />

Risiken, geben z. B. Brandschutzempfehlungen.<br />

Mittels dieser Analysen begrenzen<br />

wir die zu versichernden Risiken soweit<br />

wie möglich. Wir sprechen da gerne von<br />

un serem Motto „sichern geht vor versichern“.<br />

Industrieversicherungen werden eher<br />

von größeren Maklerunternehmen vermittelt.<br />

Könnten sich auch kleinere Mak ler, die<br />

beispielsweise schon im klein- und mit -<br />

tel stän dischen Gewerbeversicherungsgeschäft<br />

tätig sind, zum Industriemakler<br />

entwickeln?<br />

Definitiv ja. Auch ein kleiner oder mittelständischer<br />

Makler kann sich grundsätzlich<br />

aus dem Gewerbegeschäft in das<br />

Industriegeschäft entwickeln. Die großen<br />

Makler haben eigene Netzwerke. Mittelgroße<br />

Industriemakler haben oft über<br />

Kooperationen Netzwerke. Die kleineren<br />

Makler verfügen nicht über solche Netzwerke.<br />

Daher brauchen sie bei internationalen<br />

Versicherungslösungen oft die Un -<br />

terstützung des Industrieversicherers.<br />

Dazu sind wir nicht nur bereit, sondern<br />

auch in der Lage, weil wir über unser<br />

HDI- Gerling Global Network verfügen.<br />

Sichern geht vor<br />

versichern.<br />

Zur Absicherung<br />

großer Risiken<br />

gehört in der Regel<br />

eine maßgeschneiderte<br />

Police und<br />

immer auch eine<br />

risikotechnische<br />

Begleitung.<br />

Welche Hilfestellungen kann HDI kleineren<br />

Maklerunternehmen anbieten?<br />

Wir bieten vor allem Begleitung durch<br />

unsere Sicherheitstechniker und Under -<br />

writer. Zudem sind wir vor Ort in der<br />

jeweiligen Region mit überspartlichen<br />

Ansprechpartnern für die Makler vertreten,<br />

um gegebenenfalls mit unserem<br />

Know-how weiterzuhelfen. Wir haben<br />

allein in Deutschland elf Standorte, an<br />

denen wir vor Ort Kunden betreuen, aber<br />

natürlich auch deren Makler.<br />

Welche Empfehlungen haben Sie generell,<br />

damit Makler in diesem Sektor ak -<br />

tiver werden?<br />

Wir können gerade kleineren Maklern –<br />

auch aus Gründen der Makler-Haftung –<br />

nur empfehlen, sich eng mit dem Industrieversicherer<br />

zu verzahnen, um zu verhindern,<br />

dass ein Beratungsfehler stattfindet.<br />

>><br />

Foto: 255316 / pixabay.com<br />

Seite 13


Frank Harting,<br />

Mitglied des Vorstands<br />

der HDI-Gerling Industrie<br />

Versicherung AG, Hannover<br />

Die Courtagesätze<br />

im Industrieversicherungsgeschäft<br />

sind niedriger als im<br />

Gewerbeund<br />

Privatkunden -<br />

geschäft.<br />

Welche Courtagehöhen werden im Industriemakler-Bereich<br />

erzielt?<br />

Die Courtagesätze im Industrieversicherungsgeschäft<br />

sind niedriger als im Gewerbeund<br />

Privatkundengeschäft. Das ist unter<br />

anderem darauf zurückzuführen, dass der<br />

Versicherer im Regelfall auch Rückversicherung<br />

für die Deckung eines Risikos einkaufen<br />

muss und eine höhere Wertschöpfungstiefe<br />

vorhält. Damit können in der Regel nicht die<br />

gleichen Courtagesätze wie im Gewerbeund<br />

Privatkundengeschäft erzielt werden,<br />

das der Erstversicherer zumeist im Eigenbehalt<br />

trägt.<br />

Gibt es hier auch direkte Honorarvereinbarungen<br />

zwischen dem Mandanten des Maklers<br />

und dem Makler?<br />

Im Großgeschäft und im Konzerngeschäft<br />

beobachten wir einen ungebrochenen Trend<br />

zu Honorarvereinbarungen. Im mittelständischen<br />

Industriegeschäft ist das eher die<br />

Ausnahme.<br />

Makler möchten oftmals mit dem Vorstand,<br />

Management oder der Geschäftsleitung<br />

sprechen. Haben Sie Tipps, wie ein Makler<br />

an genau diese Gesprächspartner kommt?<br />

Bei uns wird das Geschäft grundsätzlich auf<br />

den Niederlassungen in den Regionen<br />

gemacht. Die Niederlassungen haben hohe<br />

Zeichnungs- wie auch Regulierungsvollmachten.<br />

Es macht daher Sinn, einen guten<br />

Kontakt zu den Maklerbetreuern in der<br />

Region zu pflegen und zusätzlich Kontakt<br />

zu den Underwritern auf den Niederlassungen<br />

zu haben.<br />

Gibt es neue Produkte oder Trends, über<br />

die Makler informiert sein sollten?<br />

Neben den klassischen Produkten für die<br />

Absicherung des Betriebs wie Feuerversicherung,<br />

Betriebsunterbrechungsversicherung<br />

und Haftpflichtversicherung gewinnen<br />

zusätzliche Produktlinien wie D&O-Versicherungen<br />

und Cyber-Versicherungen<br />

zunehmend an Bedeutung. Darüber sollten<br />

alle Marktteilnehmer immer auf dem Laufenden<br />

sein.<br />

Stichwort Cyber-Versicherung: Warum halten<br />

Sie diese für wichtig? Was bietet HDI-Gerling?<br />

Wir beobachten seit einiger Zeit eine stetige<br />

Zunahme von Cyber-Risiken. Das lässt sich<br />

allein schon an Analysen und Berichten des<br />

Bundeskriminalamts und der Bitkom ab -<br />

lesen. Gleichzeitig nimmt die Digitalisierung<br />

von Produktionsprozessen in der Wirtschaft<br />

zu – Stichwort: Industrie 4.0. Daraus ergibt<br />

sich eine Gefährdung von Unternehmen. Zur<br />

Absicherung derartiger Risiken bieten wir<br />

seit dem Jahr 2013 die Versicherungslösung<br />

Cyber+ an. Diese Police deckt sowohl Eigenals<br />

auch Drittschäden und lässt sich an Be -<br />

dürfnisse des Kunden an passen. Unterneh -<br />

men können sich also damit gegen Schäden<br />

absichern, die sie selbst als Opfer von Computer-Kriminalität<br />

er leiden, als auch gegen<br />

Schäden, für die sie von Kunden oder Dritten<br />

haftbar gemacht wer den. Rechnung getragen<br />

wird unter anderem auch den persönlichen<br />

Verantwortlichkeiten von Unternehmensleitern<br />

für IT-Sicherheit.<br />

Am 3. Juni <strong>2015</strong> bieten Sie in Leuna eine<br />

Veranstaltung für Industriemakler an. Was<br />

er wartet die Teilnehmer? Ist die Veranstaltung<br />

nur für Industriemakler geeignet oder<br />

kön nen auch andere Makler mit Vorwissen<br />

aus dem Gewerbebereich teilnehmen?<br />

Bei dieser Veranstaltung informiert unter<br />

anderem unsere Leipziger Niederlassung<br />

über Themen und Neuigkeiten aus der Niederlassung<br />

und der Region. Es soll dort aber<br />

auch Gelegenheit zum Gedankenaustausch<br />

und bei Bedarf auch zum Querdenken geben.<br />

Selbstverständlich sind interessierte Makler,<br />

die sich über uns informieren und mit uns<br />

zusammen arbeiten wollen, bei dieser Veranstaltung<br />

immer gerne gesehen.<br />

Herr Harting, wir danken Ihnen für das<br />

Gespräch.<br />

Die Fragen stellte Hanna Behn.<br />

Seite 14 01/<strong>2015</strong>


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Ort, Datum:<br />

Unterschrift:<br />

Zutreffendes bitte ausfüllen bzw. ankreuzen und senden an: <strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG, Reclamstr. 42, 04315 Leipzig<br />

oder per E-Mail: info@versicherungsbote.de, via Fax: 0341/39284309


Verkaufshilfe Altersvorsorge<br />

Bringen Sie Mütterrente ins Haus<br />

Wenn der Versicherungsmakler zur Altersvorsorge-Beratung<br />

erstmal einen Sack Geld mitbringen könnte, dann<br />

würde ein kleiner Vertriebstraum in Erfüllung gehen.<br />

Dieser Traum geht in Erfüllung,<br />

wenn sich Makler einmal genauer<br />

die Mütterente ansehen.<br />

Und, was manche Berater und<br />

viele Mütter nicht wissen:<br />

Auch „Kammerfrauen“, Ärztinnen<br />

oder Architektinnen<br />

in Versorgungswerken,<br />

bekommen Mütterrente.<br />

Hier kommt eine<br />

Verkaufshilfe, mit der<br />

Mütter mehr Rente<br />

und Vermittler<br />

mehr Umsatz<br />

bekommen.<br />

Vom teuren Einstieg …<br />

Kunden erleben „das mit der Rente“ im<br />

Gespräch mit dem Fachmann meistens<br />

so: Der Berater erklärt den Rentenbedarf,<br />

der Kunde sieht seine Rentennot später<br />

mit 67 und kauft zähneknirschend ein<br />

Sparprodukt. Am Ende „nimmt“ der Fi -<br />

nanzberater vielleicht 200, 300 Euro oder<br />

noch mehr Geld mit – meist wird das<br />

Geld künftig jeden Monat von der<br />

Lebensversicherung abgebucht. Was Kun -<br />

den im Grunde vor jedem Rentengespräch<br />

erwarten, ist: Dieser Besuch des<br />

Finanzmannes wird teuer. Die Furcht des<br />

Verbrauchers vor hohen „Kosten“, als<br />

solche werden Sparbeiträge wahrgenom -<br />

men, ist begründet. Die Versorgungslücke,<br />

ein furchtbarer Fachausdruck, lässt unangenehm<br />

grüßen.<br />

... über die Mütterrente ...<br />

Tatsächlich gibt es für Berater und Mütter<br />

einen rentableren gemeinsamen Einstieg<br />

in das Rentengeschehen.<br />

Dazu muss der Versicherungsmakler zu<br />

Müttern und Rente im Grunde lediglich<br />

zwei Dinge wissen – und sagen: Erstens<br />

bekommt jede Mutter vom Staat Rentengeschenke.<br />

Pro Kind gibt es später mit 67<br />

bei der Rente gut 81 Euro im Osten oder<br />

87 Euro im Westen Kinderzuschlag. Zweitens:<br />

Auch Mütter, die nicht in der Deutschen<br />

Rentenversicherung (DRV), sondern<br />

in berufsständischen Versorgungswerken<br />

versichert sind, also Ärztinnen<br />

oder Anwältinnen und andere, bekom -<br />

men ihre Mütterrente. So hat es das Bundessozialgericht<br />

bereits vor Jahren entschieden.<br />

Wir sprechen hier jeweils über<br />

Rentenzuschläge für Mütter, deren Kinder<br />

1992 oder später geboren wurden.<br />

Wie sag' ich's<br />

den Müttern?<br />

Finanzberater, schaut in die Fondspolicen!<br />

Dort ist jeweils ein Rentenfaktor ausgewiesen.<br />

Zum Beispiel: „Je 10.000 Euro<br />

Fondsvermögen erhalten Sie 29 Euro<br />

garantierte lebenslange Rente“. 29 Euro?<br />

Das entspricht - hier nicht zufällig - etwa<br />

einem Renten-Entgeltpunkt bei der DRV.<br />

Von diesen Rentenpunkten erhalten<br />

Mütter gleich drei an der Zahl und das<br />

macht in Summe 30.000 Euro als Renten-<br />

Gegenwert. Kein Scherz: Pro Kind und<br />

geschenkt!<br />

Foto: PublicDomainPictures-17327 / pixabay.com<br />

Seite 16 01/<strong>2015</strong>


Sparten<br />

Mütter bekommen für jedes Kind mehr Rente<br />

Neu: Auch Mütter, die in Versorgungswerken (Anwältinnen, Ärztinnen etc.) tätig sind<br />

Wieviele Kinder?<br />

(ab 1992 geboren)<br />

x<br />

87, 63 € (West)<br />

=<br />

81, 15 € (Ost)<br />

€<br />

3 Entgeltpunkte West/Ost<br />

(Rentenwert <strong>2015</strong>)<br />

30 Jahre lang 100 Euro<br />

monatlich sparen?<br />

Gespart!<br />

Bei zwei Kindern ergäben(?), nein ergeben<br />

sich tatsächlich 60.000 Euro Rentenwert.<br />

Eine 37-jährige Mutter (Ihre Kundin?)<br />

müsste für dieses Rentenvermögen bis 67<br />

eigentlich 30 Jahre lang über 100 Euro<br />

sparen (3,0 Prozent Zins angenommen).<br />

Aber genau dies muss diese Mutter (Ihre<br />

Kundin?) nicht: Vater Staat zahlt.<br />

Der Berater muss Müttern also nur vorrechnen:<br />

Zwei Kinder entsprechen korrekt<br />

einem Rentenbarwert von 60.000 Euro,<br />

für den frau nichts ansparen muss.<br />

Drei Jahre geschenkt<br />

Der Staat finanziert die Mütterrente in<br />

Form des Bundeszuschusses an die DRV.<br />

Im Gegenzug tut die Deutsche Rentenversicherung<br />

vereinfacht gesagt so, als<br />

würde jede Mutter nach der Geburt des<br />

Kindes drei Jahre als Normalverdiener<br />

arbeiten. Fachleute wissen: Das sind drei<br />

Entgeltpunkte. Ist die Mütterrente bei der<br />

DRV erst einmal als Anwartschaft registriert,<br />

dann fließen im Ruhestand Monat<br />

für Monat Kinderzuschläge zur Rente.<br />

Verdient eine Mutter in den drei Jahren<br />

nach der Entbindung bis rund 3.000 Euro<br />

zusätzliches „echtes“ Bruttogehalt dazu,<br />

dann werden Mütterrente und Anwartschaft<br />

aus Arbeitseinkommen addiert.<br />

Solange die Beitragsbemessungsgrenze<br />

nicht überschritten wird, „verpufft“ das<br />

Rentengeschenk fürs Kinderkriegen<br />

nicht.<br />

Der V8<br />

Helfen Sie Ihren Kundinnen beim Ausfüllen<br />

des DRV-Formulars „V 800“, sozusagen<br />

dem V8 unter den Renten-Formularen.<br />

Auch für „Kammerfrauen“, also für<br />

die Mütter, Ärztinnen oder Anwältinnen<br />

etc. in Versorgungswerken: Rentengeschenke.<br />

Der Umsatz bei Riester & Co<br />

kommt dann fast von ganz alleine.<br />

Markus Rieksmeier<br />

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Flügeln des Löwen.<br />

Sie können uns vertrauen – wie unsere 6 Millionen zufriedenen<br />

Kunden. Die Generali Versicherungen gehören zu den 5 größten<br />

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bedeutet für uns, Sie in allen Lebensbereichen individuell zu<br />

schützen und zu unterstützen.<br />

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Optimale Gesundheitsversorgung<br />

und Pflege<br />

Die Versicherungswirtschaft ist in der Verantwortung<br />

Kurze Wartezeiten, optimale Behandlungen und High-Tech-Medizin? Auch gesetzlich Krankenversicherte<br />

können sich wie Privatpatienten behandeln lassen. In der Pflege sollte man mit Zusatzversicherungen<br />

gesetzliche Lücken schließen. Die Versicherungswirtschaft, vor allem auch die Vermittler, haben eine<br />

besondere Verantwortung, wenn es um die Verbesserung der Gesundheitsversorgung geht. Das erklärt<br />

Hagen Engelhard, Mitbegründer der Firma Medi-Kost, einem Dienstleister im Gesundheitswesen im Interview.<br />

Hagen Engelhard<br />

ist Mitbegründer des Versorgungsnetzwerkes<br />

Medi-Kost-<br />

Net. Engelhard gibt Seminare<br />

und hält Vorträge vor Ärzten,<br />

in Krankenhäusern oder<br />

auch in der Pharma in dustrie.<br />

Den Großteil seiner Schulungen<br />

bietet er in der Versicherungswirtschaft<br />

an, bei Gesellschaften<br />

oder auch Pools und<br />

erläutert u. a., wie Kranken -<br />

versicherung und Gesundheitswesen<br />

funktionieren. Er berät<br />

Unternehmen in der Tarifentwicklung<br />

und gibt vertriebsstrategische<br />

Impulse z. B. für<br />

Maklerpools oder Maklerbetreuer.<br />

Medi-Kost vermittelt<br />

zudem als Mehrfachagentur<br />

Pflege- und Kranken -<br />

versicherungen.<br />

Herr Engelhard, eines Ihrer Grundanliegen<br />

bei Medi-Kost-Net ist es, die Rech -<br />

te von Kassenversicherten dahingehend<br />

zu stärken, dass sie wie Privatpatienten<br />

behandelt werden. Was ist damit ge -<br />

meint?<br />

Hagen Engelhard: Es geht um ein Recht,<br />

das der Gesetzgeber schon vor gut 30<br />

Jahren eingeführt hat: Im 5. Sozialgesetzbuch<br />

ist in Paragraph 13 die Möglichkeit<br />

verankert, sich als GKV-Versicherter im<br />

ambulanten Bereich wie ein Privatpatient<br />

behandeln zu lassen – mit allen Vor- und<br />

Nachteilen, die das hat. Vorteil ist ein besseres<br />

Versorgungssystem. Nachteil ist, dass<br />

man die Rechnung beim Leistungserbringer<br />

– also etwa beim Arzt oder auch<br />

Physiotherapeuten – selbst stellen muss,<br />

man wird Vertragspartner des Arztes. Der<br />

Patient kann sich dann von seiner Krankenkasse<br />

den Teil der Rechnung erstatten<br />

lassen, den sie laut Leistungskatalog des<br />

Gesetzgebers sonst über die Chipkarte<br />

abrechnet. Dadurch ergibt sich gegebenenfalls<br />

eine Rechnungsdifferenz. Diese<br />

muss beglichen werden. Plan A: Man ist<br />

selbst so vermögend, dass man dies zahlen<br />

kann oder hat vielleicht einen reichen<br />

Ehepartner, der die zusätzlichen Kosten<br />

übernimmt. Plan B: Man hat eine private<br />

Krankenzusatzversicherung, die dafür<br />

aufkommt. Mit Medi-Kost engagieren wir<br />

uns vor allem dafür, dieses Wissen um das<br />

sogenannte Kostenerstattungsprinzip zu<br />

verbreiten.<br />

Wieso wird das Kostenerstattungsprinzip<br />

bisher so stiefmütterlich behandelt?<br />

Es gibt viele Mitspieler auf dem Gesundheitsmarkt.<br />

Das sind die Kassen, die Versicherer,<br />

die Verbraucher und die Leistungserbringer.<br />

Sie alle haben nur in<br />

Teilen Interesse oder wegen Unkenntnis<br />

kein Interesse an dem Konzept. Die<br />

Kassen können das nicht wollen, da sonst<br />

für den Verbraucher eine Zwei-Klassen-<br />

Medizin offensichtlich wird – das ist politisch<br />

nicht gewollt. Die Versicherer fürch -<br />

ten Kannibalisierungseffekte für die Vollversicherung<br />

und hohe Kosten für die<br />

Schulung von Vermittlern, die etwas<br />

erklärungsbedürftigere Tarife verkaufen<br />

müssen. Die Kunden wollen es so einfach<br />

wie möglich und schlicht die Chipkarte<br />

abgeben – und wenn man das zusammenfasst,<br />

erhält man das Gesundheitssystem,<br />

das wir jetzt haben. Das könnte man<br />

jedoch mit gleichem Aufwand sehr viel<br />

hochwertiger gestalten.<br />

Kassenpatienten können nach dem Kostenerstattungsprinzip<br />

so wie ein Privatpatient<br />

behandelt werden, also von High-<br />

Tech-Medizin, besonderen Therapien oder<br />

kurzen Wartezeiten bei Spezialisten profi -<br />

tieren. Wie funktioniert das konkret?<br />

Grundlegend erfolgt die Gesundheitsversorgung<br />

der „großen Masse“ nach dem<br />

Sachleistungssystem. Dieses System wird<br />

gesteuert durch das SGB und darin ist<br />

geregelt, dass man ausreichend, zweckmäßig<br />

und wirtschaftlich Medizin in An -<br />

spruch nehmen darf. Dieser Rechtsanspruch<br />

auf eine Gesundheitsversorgung<br />

ist besser, als er es in vielen anderen Ländern<br />

ist. Aber die Regelung bedeutet eben<br />

nicht, dass man Medizin aus dem<br />

„obersten Regal“ bzw. höchstwertige Versorgung<br />

erhält, sondern eine ausreichende,<br />

zweckmäßige und wirtschaftliche<br />

Behandlung. Wenn man sich privat be -<br />

handeln lässt – und das meint noch nicht,<br />

dass man sich privat krankenversichert<br />

Seite 18 01/<strong>2015</strong>


Sparten<br />

hat – greift der Gesetzgeber auf die<br />

Gebührenordnung für Ärzte zurück.<br />

Durch diese schreibt er dem Arzt vor, dass<br />

der nur dann eine Rechnung schreiben<br />

darf, wenn er nach den „Regeln der ärztlichen<br />

Kunst“ handelt. Stellt der Laie diese<br />

Behandlung nach ärztlicher Kunst einer<br />

„ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen“<br />

Behandlung gegenüber, ahnt<br />

er schon, wann man die höherwertige<br />

Versorgung erwarten kann.<br />

Nutzt der Versicherte das Prinzip der Kostenerstattung,<br />

dann schickt der Arzt eine<br />

Rechnung. Der Gesetzgeber hat geregelt,<br />

dass in diesem Fall dessen Krankenkasse<br />

die Kosten für Leistungen übernimmt,<br />

für die sie auch nach Sachleistungsprinzip<br />

aufkommen würde. Das heißt, der Versicherte<br />

bekommt die optimale medizinische<br />

Versorgung und diese ausreichend<br />

erstattet. Damit haben Versicherte selbst<br />

– und nicht Politiker oder die Krankenkasse<br />

– die Möglichkeit zu entscheiden,<br />

ob sie eine optimale oder ausreichende<br />

medizinische Behandlung wünschen.<br />

Kommt das Kostenerstattungsprinzip<br />

denn für jeden GKV-Versicherten in<br />

Frage? Könnte also ein Versicherungsmakler<br />

alle seine Kunden darauf ansprechen?<br />

Man muss Kosten ja theoretisch<br />

erstmal vorstrecken und nicht jeder hat<br />

das Geld für diese „optimale Versorgung“<br />

auf dem Konto ...<br />

Grundsätzlich kommt es für Jeden in<br />

Frage. Denn wenn ich eine Rechnung von<br />

einem Mediziner bekomme, habe ich<br />

einen gewissen Zahlungszeitraum. Diesen<br />

könnte man auch mit dem jeweiligen Leistungserbringer<br />

vereinbaren und z. B.<br />

sagen, dass man die Rechnung bei der<br />

GKV einreicht und nach Geldeingang<br />

zahlt. Die Angst vor überhöhten Rechnungen<br />

ist an sich unbegründet, denn die<br />

meisten Ärzte sind bei diesem Thema<br />

recht offen und zugänglich: Selbst wenn<br />

man in vier Wochen zahlt, ist es für sie<br />

nämlich oft noch besser als das bisschen<br />

Geld, was sie in acht Monaten für Kassenleistungen<br />

erhalten. Das einzige, was<br />

man als finanzielle Grenze sehen muss,<br />

ist die Frage, ob man sich als Bürger eine<br />

Zusatzversicherung leisten will bzw. kann,<br />

sollte man die Rechnungsdifferenz nicht<br />

selbst zahlen können. Und da kommt es<br />

dann nur noch auf die Beitragshöhe an.<br />

Solche Versicherungsbeiträge kann z. B.<br />

ein Hartz IV-Empfänger nicht zahlen, es<br />

ist also für jene interessant, die ein entsprechend<br />

verfügbares Einkommen ha -<br />

ben. Ein Versicherungsmakler weiß dann,<br />

dass die Bandbreite der Beiträge sehr weit<br />

auseinander liegt und könnte demnach<br />

flexibel Kunden ansprechen – aus meiner<br />

Sicht kann er also sicher 70 Prozent der<br />

Bürger auf das Kostenerstattungsprinzip<br />

ansprechen.<br />

Lässt sich das Prinzip auf ambulante und<br />

stationäre Behandlung anwenden? Wenn<br />

sich jemand ein künstliches Kniegelenk<br />

einsetzen lässt, wird er wohl kaum die<br />

Operationskosten, durchschnittlich 16.000<br />

Euro, vorstrecken ...<br />

Richtig. Die private wie auch die gesetzliche<br />

Pflichtversicherung trennt grundsätzlich<br />

drei Versorgungssysteme: das<br />

ambulante, das zahnmedizinische und das<br />

stationäre bzw. Akutversorgungssystem.<br />

Die Abrechnung und Versicherung medizinischer<br />

Leistungen verläuft dabei jeweils<br />

nach eigenen Bestimmungen, die untereinander<br />

nicht kompatibel sind. Bei einer<br />

Vollversicherung werden alle drei<br />

Bereiche abgedeckt, in Zusatzversicherungen<br />

jeweils nur einer. Demnach<br />

kommt je nach Wunsch des GKV-Versicherten<br />

eine Zusatzversicherung in Frage,<br />

wenn man möchte, dass Behandlungskosten<br />

im Fall des Falles gezahlt werden.<br />

Verbraucher versichern häufig als erstes<br />

Zusatzkosten beim Zahnarzt, welche die<br />

Kasse nicht vollständig übernimmt. Damit<br />

sind Patienten am ehesten konfrontiert –<br />

und es ist recht kurzfristig gedacht. Auch<br />

stationäre Zusatzversicherungen werden<br />

abgeschlossen, dabei geht es allerdings<br />

häufig um den Komfort eines Einbettoder<br />

Zweibettzimmer im Krankenhaus –<br />

das hat mit der Leistungsfähigkeit des<br />

Krankenhauses in puncto Medizin aber<br />

nichts zu tun. Im ambulanten Bereich er -<br />

kennen Patienten viel schwieriger, wann<br />

eine hochwertigere Behandlung durchgeführt<br />

werden kann und Ärzte haben<br />

ein größeres Problem, das aufzuklären.<br />

>><br />

„Warum lassen Sie<br />

sich nicht privat<br />

behandeln?“ –<br />

„Ich kann mich ja<br />

nicht privat<br />

versichern.“<br />

Doch privat<br />

versichern und<br />

privat behandeln<br />

sind zwei Paar<br />

Schuhe.<br />

Foto: monkeybusinessimages / istockphoto.com<br />

Seite 19


Wie können Makler das Thema Kostener -<br />

stattungsprinzip ansprechen? Was müs -<br />

sen sie dabei beachten?<br />

Als Vermittler müsste man sich zunächst<br />

mit der Frage auseinandersetzen, wie je -<br />

weils Sachleistungssystem und Privatbehandlung<br />

funktionieren. Er muss seinem<br />

Mandanten die Frage stellen: „Warum<br />

lassen Sie sich nicht privat behandeln?“<br />

Die Antwort lautet meist: „Ich kann mich<br />

ja nicht privat versichern.“ Der Vermittler<br />

müsste daraufhin erklären, dass privat<br />

versichern und privat behandeln grundlegend<br />

zwei Paar Schuhe sind, denn man<br />

kann sich privat behandeln lassen und in<br />

der gesetzlichen Versicherung bleiben. Da<br />

werden die Mandanten dann hellhörig<br />

und fragen „Wie geht denn das?“ – jetzt<br />

muss man als Vermittler nur noch technisch<br />

Bescheid wissen. Das Thema ist<br />

nicht schwer, es ist nur ungewohnt. Dazu<br />

muss sich der Makler informieren, recherchieren,<br />

im Zweifel eben auch einmal eine<br />

Schulung besuchen. Anschließend trifft<br />

er eine Vorauswahl der Tarife und berät<br />

seinen Kunden.<br />

Die Vorteile für den Makler: Es ist ein<br />

sehr stornosicheres Geschäft, denn bei<br />

Zusatzversicherungen beträgt die Stornohaftungszeit<br />

zwölf Monate – im Gegensatz<br />

zur Vollversicherung. Die Abschlussprovisionen<br />

sind nicht gedeckelt, der Makler<br />

kann also verdienen. Und es schafft aus<br />

meiner Sicht eine besondere Kundenbeziehung,<br />

weil der Kunde etwas hört, was<br />

ihm bisher noch niemand erzählt hat. Fast<br />

alle erzählen von Zahn- oder stationär-<br />

Behandlungen, gegebenenfalls etwas zum<br />

Thema Pflege oder Berufsunfähigkeit.<br />

Aber wie man sich vom Hausarzt privat<br />

behandeln lässt – darüber redet sonst<br />

keiner. Mit diesem Thema gewinnt der<br />

Makler an Expertise, an Ansehen und<br />

kriegt andere Geschäfte mit dem Kunden<br />

schneller und einfacher.<br />

Wenn man über Gesundheitsversorgung<br />

spricht, ist nicht nur eine Versorgung im<br />

Krankheitsfall wichtig, sondern auch das<br />

Thema Pflege. Die gesetzliche Absicherung<br />

reicht nicht aus. Auch hier haben<br />

GKV-Versicherte Möglichkeiten, die ge -<br />

setz liche Absicherung durch Privatvorsorge<br />

zu verbessern. Wie bewerten Sie<br />

die einzelnen Möglichkeiten der Zusatzversicherung?<br />

Das Kostenerstattungsprinzip –<br />

GKV-versichert, trotzdem Privatpatient<br />

Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)<br />

können mit ihren Leistungserbringern (Ärzte, Psychotherapeuten,<br />

...) zunächst direkt abrechnen. Diese Kosten können<br />

sie von der Krankenkasse erstattet bekommen. Üblich ist<br />

sonst das Sachleistungsprinzip, nach welchem die Leistungserbringer<br />

mit den Krankenkassen hauptsächlich über die<br />

kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen abrechnen. Es gibt die<br />

Kostenerstattung als Wahlleistung nach SGV V §13(2) und die<br />

Kostenerstattung bei fehlendem Behandlungsangebot in<br />

Rahmen der GKV („Systemversagen“) nach SGB V §13(3).<br />

Der Patient ist Selbstzahler und hat somit wesentlichen Anteil<br />

an der Entscheidung, wie er behandelt wird.<br />

Der GKV-Versicherte kann seiner Krankenkasse mitteilen, dass<br />

er zum Tag X das Kostenerstattungsprinzip und nicht länger<br />

das Sachleistungsprinzip nutzen möchte. Die Umstellung<br />

sollte für den ambulanten Bereich erfolgen.<br />

Um die Differenz von Kassenleistung und Eigenleistung<br />

zahlen zu können, sollte der Kunde ggf. eine Krankenzusatzversicherung<br />

abschließen. An einen privaten Zusatztarif<br />

bindet man sich regulär ein Jahr, an das Kostenerstattungsprinzip<br />

der GKV ein Quartal lang. Der Termin der Umstellung<br />

des Kassenprinzips sollte mit dem Leistungsbeginn der<br />

privaten Zusatzversicherung übereinstimmen, dabei sind<br />

auch die Wartezeiten privater Zusatztarife (meist drei<br />

Monate) zu berücksichtigen.<br />

Man hat grundsätzlich drei Möglichkeiten,<br />

um die Pflegeversorgung zu verbessern.<br />

Zum ersten gibt es die Pflegekostenversicherung,<br />

die nach dem Prinzip<br />

der Krankenvollversicherung arbeitet, das<br />

heißt, man reicht eine Rechnung ein und<br />

bekommt den Betrag erstattet. Das hat<br />

sich bisher auf dem Markt wenig durchgesetzt.<br />

Die zweite Form ist die Pflegerente, für<br />

die man Beiträge zahlt, man bekommt im<br />

Pflegefall eine Rente und wenn man doch<br />

kein Pflegefall wird, erhält man das Geld<br />

zurück. Das ist ein spannender Ansatz für<br />

den Kunden, der ein oder andere Tarif ist<br />

auch gut ausgestaltet. Der Nachteil ist: Die<br />

große Masse der Produkte auf dem Markt<br />

ist nicht veränderbar. Das Produkt wird<br />

auch bei sich ändernden Rahmenbedingungen<br />

so bleiben, wie es ist. Pflege ist<br />

allerdings ein langfristig angelegtes The -<br />

ma, es greift vielleicht in 50 Jahren. Man<br />

kauft ein Produkt, das sich die nächsten<br />

50 Jahre nicht verändert. Aber was könnte<br />

sich im Bereich Pflege in dieser Zeit alles<br />

verändern? Denkmodelle, medizinische<br />

Behandlungen und Therapien, der gesetzliche<br />

Pflegebegriff unterliegen stetigem<br />

Wandel. Die gesetzliche Pflegeversicherung<br />

verändert sich etwa alle zwei Jahre,<br />

das Pflegestärkungsgesetz 1 ist gerade in<br />

Kraft getreten, das zweite ist bereits in der<br />

Bearbeitung – dahingehend sind statische<br />

Produkte wie eine Pflegerente eher kurzfristig<br />

konzipiert. Das Zusatzprodukt<br />

muss meiner Meinung nach neuen Rahmenbedingungen<br />

zumindest folgen kön -<br />

nen.<br />

Pflegetagegelder, als dritte Variante der<br />

Zusatzversicherung, haben wiederum<br />

zumindest im Kleingedruckten einen<br />

Passus, dass der Versicherer auf gesetzliche<br />

Neuerungen reagiert und der Versicherungsnehmer<br />

abgesichert wäre. Da -<br />

mit ist für viele ein Pflegetagegeld die einfache<br />

und konzeptionell richtige Entscheidung.<br />

Pflegerente ist beispielsweise dann<br />

empfehlenswert, wenn man bereits älter<br />

ist und einen großen Betrag für eine Einmalzahlung<br />

hätte.<br />

Seite 20 01/<strong>2015</strong>


Sparten<br />

Pflege ist ein Zukunftsthema, das Risiko<br />

ist den meisten bewusst. Warum ist es<br />

für Makler dennoch schwierig, das Thema<br />

Pflege bei ihren Kunden anzusprechen?<br />

Die Schwierigkeit liegt vor allem in der<br />

emotionalen Betrachtung des Themas.<br />

Zwar wissen alle um die Relevanz einer<br />

Pflegevorsorge. Doch fragt man Verbraucher,<br />

ob sie es geregelt haben oder Makler<br />

ob sie eine verkauft haben, heißt es, dass<br />

man dafür nicht soviel zahlen will beziehungsweise<br />

der Makler erklärt, dass seine<br />

Kunden dafür kein Geld in die Hand neh -<br />

men möchten. Aus meiner Sicht ist das<br />

alles Quatsch, der Makler spricht mit ih -<br />

nen falsch.<br />

Falsch ist es, den Teufel an die Wand zu<br />

malen. Pflege ist psychologisch ein negativ<br />

endendes Erlebnis. Und auch, wenn man<br />

sich eine Versicherung kauft, bleibt das<br />

Ergebnis negativ – man wird ein Pflegefall,<br />

hat Schmerzen, sieht alt aus, ist krank,<br />

gebrechlich, steht kurz vorm Exitus. Angesichts<br />

von Sonnenschein und Frühjahrswetter<br />

möchte sich mit diesen Gedanken<br />

niemand beschäftigen. Der Makler kriegt<br />

seinen Kunden nicht mit den Schauergeschichten.<br />

Und was wäre der richtige Ansatz?<br />

Der Makler sollte seinen Kunden fragen:<br />

„Kennst du dein persönliches Risiko, ein<br />

Pflegefall zu werden?“ Vermittler haben<br />

wegen ihres Berufsbildes eine moralische<br />

Verpflichtung, dieses Risiko anzusprechen.<br />

Möglicherweise haben sie auch ein<br />

Haftungsproblem, wenn sie es nicht tun.<br />

Pflege ist ein gesellschaftlich relevantes<br />

Thema und hat etwas mit Versicherungen<br />

zu tun. Wer außer uns Versicherungsleuten<br />

soll mit der Bevölkerung darüber<br />

sprechen? Das ist unsere Aufgabe! Bei solchen<br />

relevanten Themen müssen wir also<br />

die Kunden zwingen, mit uns darüber zu<br />

reden.<br />

Dabei gibt es zwei Alternativen: Entweder<br />

der Makler identifiziert mit dem Kunden<br />

zusammen dessen Risiko – anschließend<br />

liegt die Entscheidung beim Kunden, ob<br />

bzw. was er unternehmen möchte, um es<br />

gegebenenfalls abzusichern. Oder, wenn<br />

der Kunde dieses Risiko nicht identifizieren<br />

möchte, dann sollte er dem Makler<br />

unterschreiben, dass dieser versucht hat,<br />

ihn aufzuklären. Damit hat der Vermittler<br />

die Haftungsfrage zumindest weitestgehend<br />

vom Tisch. Meine Erfahrung ist,<br />

wenn man mit Verbrauchern souverän<br />

über das Pflegerisiko spricht, wollen nahe -<br />

zu alle das Thema auch aufarbeiten. Für<br />

die Identifikation und auch Individualisierung<br />

des Risikos braucht der Makler<br />

dann vielleicht 20-30 Minuten, weil dazu<br />

nur wenige Informationen notwendig<br />

sind: Die statistische Pflegewahrscheinlichkeit<br />

ist X und die individuelle Kundensituation<br />

eingearbeitet ergibt das Ri -<br />

siko X minus individuelle Situation. Und<br />

schon kann der Kunde, wenn er das will<br />

und braucht, den Makler mit einer Absicherung<br />

für das Risiko beauftragen. Alternativ<br />

unterschreibt er seinem Vermittler,<br />

dass er das Risiko trotzdem gehen möchte<br />

oder man stellt fest, dass kein Risiko<br />

besteht. Benennen sollte man im Übrigen<br />

nur die finanziellen Risiken für den Be -<br />

troffenen und die Angehörigen.<br />

Pflege ist ein<br />

gesellschaftlich<br />

relevantes Thema<br />

und hat etwas mit<br />

Versicherungen<br />

zu tun.<br />

Wer außer uns<br />

Versicherungsleuten<br />

soll mit der<br />

Bevölkerung<br />

darüber sprechen?<br />

Das ist unsere<br />

Aufgabe!<br />

Der Makler sollte das Thema also so<br />

konkret wie möglich formulieren, so<br />

schwierig, wie sich das auch im ersten<br />

Moment anhört ...<br />

Ja, so schwierig finde ich das nicht. Aus<br />

meiner Sicht ist es gut, den Begriff Pflegerisiko<br />

zu nutzen. Der Begriff ist gesellschaftlich<br />

anerkannt und gar nicht so<br />

negativ besetzt. Der Makler muss den Mut<br />

haben, für sich das Thema auch als verbindliche<br />

gesellschaftliche Forderung an<br />

diese Berufsgruppe zu erfassen. Das<br />

sollten wir als Versicherungsbranche<br />

unbedingt lernen. Wir sind da mit den<br />

Versicherungsgesellschaften, Maklern und<br />

Vermittlern in der Verantwortung, Wege<br />

zu finden, wie man das Thema sowohl<br />

einfach als auch transparent an die Bevölkerung<br />

heranträgt. Kurz gesagt erklärt<br />

man dem Kunden nur noch: „So sieht<br />

dein individuelles Risiko aus, Betrag X<br />

kostet die Absicherung, wenn du sie<br />

möchtest und du erhältst diese und jene<br />

Leistung“. Alles was darüber hinausgeht,<br />

ist aus meiner Sicht „Luxus“, über den sich<br />

der Verbraucher zwar Gedanken machen<br />

muss, wodurch er aber gegebenenfalls<br />

mehr Kosten hat. An dieser Stelle wird es<br />

eher wieder kompliziert.<br />

Etwas Verantwortung für das Thema hat<br />

ja der Gesetzgeber mit der Einführung<br />

des Pflege-Bahr gezeigt. Hat er damit<br />

etwas erreicht?<br />

Viele neigen ja leicht dazu, den Pflege-<br />

Bahr zu verteufeln. Das möchte ich nicht<br />

machen, denn die übergeordnete Aussage<br />

ist: „Das Allerschlimmste ist, nichts zu<br />

tun“ – und dann kommt erstmal eine<br />

Weile nichts. Ich glaube, der Pflege-Bahr<br />

war das richtige Signal, etwas zu tun und<br />

zeigte, dass man Teile der Bevölkerung<br />

nicht komplett hängen lässt, weil sie sich<br />

aufgrund der eigenen Gesundheit nicht<br />

über private Zusatzversicherer absichern<br />

können. Der Pflege-Bahr müsste aber<br />

künftig in seiner Struktur nochmals angepasst<br />

werden, weil er enorme Schwächen<br />

hat. Das Produkt ließe sich mit wenig Aufwand<br />

intelligenter gestalten. Es wäre eventuell<br />

etwas teurer. Zu verbessern ist die<br />

Leistung für Demenzerkrankungen, da<br />

wird bisher zu wenig gezahlt. Die starre<br />

Abstufung der Zahlungen für die Stufen<br />

I bis III ist nicht durchdacht. Das finanzielle<br />

Risiko für eine stationäre Behandlung<br />

in Pflegestufe I ist genauso hoch wie<br />

in Pflegestufe III. Man könnte in den<br />

jeweiligen Stufen also lieber den gleichen<br />

Betrag an Pflegetagegeld zahlen. Dennoch<br />

war es ein richtiger Schritt, die Verantwortung<br />

an Versicherungswirtschaft und<br />

Vermittler zu geben, denn „Wenn nicht<br />

wir, wer sonst?“<br />

Herr Engelhard, vielen Dank für das Interview!<br />

Das Interview führte Hanna Behn.<br />

Seite 21


Kfz-Schadenmanagement<br />

HUK-Coburg setzt auf Kundenbewertung<br />

Bei HUK-Coburg steht das Thema Schadenmanagement im Fokus – unter anderem in der Kfz-Versicherung.<br />

Wie Schäden reguliert werden, entscheidet über die Zufriedenheit und Loyalität der Kunden. Diese können<br />

auch entsprechendes Feedback geben, sagt Klaus-Jürgen Heitmann, Vorstandsmitglied der HUK-COBURG<br />

Versicherungsgruppe, im <strong>Versicherungsbote</strong>-Interview. Auf dem 8. Messekongress Schadenmanagement<br />

und Assistance der Versicherungsforen Leipzig Ende April referierte er zum Thema „Entwicklungsperspektiven<br />

im Schadenmanagement“. Im Vorfeld beantwortete Heitmann <strong>Versicherungsbote</strong> einige Fragen<br />

zum Schadenmanagement bei der HUK-Coburg.<br />

Herr Heitmann, warum ist Schadenmanagement<br />

für die HUK-Coburg ein Zu -<br />

kunfts thema?<br />

Klaus-Jürgen Heitmann: Unser Schadenmanagement<br />

ist mit fast 2 Mio. Schäden<br />

im Jahr einer der wesentlichsten Momente<br />

in unserer Beziehung zu unseren Kunden.<br />

Wir glauben, dass ein guter Schadenservice<br />

entscheidend ist für die Zufriedenheit<br />

und Loyalität der Kunden. Daher arbeiten<br />

wir seit Jahren daran, diesen Service in<br />

allen Aspekten weiter zu optimieren und<br />

haben auch für die kommenden Jahre<br />

noch viele weitere Ideen.<br />

Die HUK ist Marktführer im Privatgeschäft<br />

mit Autoversicherungen. Der Preiskampf<br />

in dieser Sparte ist besonders hart, im<br />

Wettbewerb um günstige Prämien schrei -<br />

ben viele Anbieter versicherungstechnische<br />

Verluste. Leidet nicht auch die Schadenbearbeitung,<br />

wenn die Kosten hierfür<br />

immer mehr gesenkt werden müssen?<br />

Natürlich muss die Schadenbearbeitung<br />

auch immer unter Kostenaspekten be -<br />

trachtet werden – wir investieren daher<br />

zum Beispiel in Automatisierungs- bzw.<br />

Digitalisierungsprojekte. Aber: Unterm<br />

Strich zählt jedoch die Gesamtbetrachtung<br />

von Schadenaufwand und -kosten<br />

sowie die Servicequalität. Das heißt, ein<br />

reiner Kostenfokus produziert gegebenenfalls<br />

am Ende teure Konsequenzen bei<br />

Schadenaufwand und Servicequalität.<br />

In der Autoversicherung sind Sie Marktführer<br />

im Bereich Schadenbearbeitung<br />

und kooperieren mit über 1.350 Werkstätten<br />

und Partnerbetrieben. Welche<br />

Vorteile hat die HUK-Coburg durch dieses<br />

große Netz im Bereich Schadenmanagement?<br />

Zum einen sind wir mit unserem flächendeckenden<br />

Netz sehr nah an unseren<br />

Kunden. Zum anderen haben wir in<br />

unserem Netz sehr viele hochkompetente<br />

Betriebe, sodass wir auch bei herausfordernden<br />

Aufgaben immer einen geeigneten<br />

Spezialisten anbieten können.<br />

Schließlich glauben wir auch, dass die<br />

Größe und Qualität unseres Netzwerkes<br />

auch starke Argumente für unsere Kooperationspartner<br />

sind.<br />

...und welche Vorteile haben die Kunden<br />

durch die Partnerwerkstätten? Evaluieren<br />

Sie die Kundenzufriedenheit im Bereich<br />

Schadenmanagement?<br />

Von den oben genannten Vorteilen partizipieren<br />

natürlich auch unsere Kunden,<br />

besonders positiv sind die Rückmeldungen<br />

zu den von uns mit den Partnerwerkstätten<br />

vereinbarten Prozessstandards,<br />

zum Beispiel schnelle Reparaturfreigabe<br />

oder auch Verbindlichkeit der<br />

Terminvereinbarung. Diese und weitere<br />

Aspekte lassen wir laufend durch unsere<br />

Kunden be werten – mit den Ergebnissen<br />

sind wir sehr zufrieden.<br />

Kfz-Verbände beklagen den hohen Zeitund<br />

Kostendruck auf die Partnerwerkstätten.<br />

Leiden darunter nicht Service<br />

und Qualität der Schadenbearbeitung?<br />

Leiden nicht auch die Arbeitsbedingungen<br />

der Mitarbeiter?<br />

Wir müssen natürlich darauf achten, dass<br />

wir die Reparaturdienstleistungen zu<br />

einem wirtschaftlich vernünftigen Preis<br />

einkaufen. Dabei muss die Geschäftsbeziehung<br />

zur Partnerwerkstatt ganzheitlich<br />

betrachtet werden. Wir liefern dem Großteil<br />

unserer Partnerwerkstätten sehr relevante<br />

Anteile an ihren Gesamtumsätzen.<br />

Dieser Umsatz ist planbar und wir lassen<br />

uns auch daran messen. Hinzu kommen<br />

im Marktvergleich sehr effiziente Prozesse.<br />

Unter diesen Rahmenbedingungen<br />

ist auch ein günstiger Preis gerechtfertigt.<br />

Durch Kundenzufriedenheitsbefragun -<br />

gen und Qualitätskontrollen halten wir<br />

Seite 22 Foto: PublicDomainPictures-2940 / pixabay.com<br />

01/<strong>2015</strong>


Praxis<br />

Qualität und Service nach. Auch diese<br />

Ergebnisse können sich sehen lassen! So<br />

sind 94 Prozent unserer Kunden mit dem<br />

Schadenservice vollkommen zufrieden<br />

oder zufrieden.<br />

Kunden profitieren von einer schnellen<br />

und einfachen Schadenbearbeitung. Dennoch<br />

scheint es, Versicherungen machen<br />

die Schadenbearbeitung selten zum<br />

Inhalt ihrer Werbekampagnen. Ist das<br />

Thema gegenüber dem Kunden schwer<br />

zu kommunizieren? Wie geht die HUK<br />

damit um?<br />

Wenn Sie unsere Fernsehwerbung sehen,<br />

sehen Sie genau das Gegenteil: Wir stellen<br />

gerade unsere Schadenservice-Kompetenz<br />

in den Mittelpunkt. Interessant ist, dass<br />

diese Botschaft bei unseren Kunden auch<br />

am besten ankommt.<br />

„Wird die HUK-Coburg zur Kfz-Werk -<br />

statt?“, hat <strong>Versicherungsbote</strong> im März<br />

2014 getitelt. Der Hintergrund waren Ihre<br />

Pläne, in den Markt mit freien Werkstätten<br />

einzusteigen und unabhängig<br />

vom Versicherungsschutz Reparaturen<br />

und Serviceleistungen anzubieten. Was<br />

versprechen Sie sich von diesem Schritt?<br />

Wie ist der aktuelle Stand bei der Umsetzung<br />

der Pläne?<br />

Wir versprechen uns von diesem Schritt<br />

eine Stärkung unseres Werkstattnetzes in<br />

wirtschaftlicher und technischer Hinsicht,<br />

vor allem bei der Elektronikkompetenz.<br />

Aktuell sind wir in der Pilotierung unseres<br />

Projektes mit guten Ergebnissen unterwegs.<br />

Wir gehen davon aus, dass wir Mitte<br />

dieses Jahres die Entscheidung treffen<br />

werden, ob wir das Projekt weiter verfolgen<br />

werden.<br />

Herr Heitmann, vielen Dank für das Interview!<br />

Die Fragen stellte Mirko Wenig.<br />

Klaus-Jürgen Heitmann<br />

ist seit 2004 im Vorstand der<br />

HUK-Coburg und verantwortet<br />

das Geschäftsfeld<br />

der Schaden-/Unfall -<br />

versicherungen.<br />

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Maklerbetreuer: Brückenbauer,<br />

Diplomaten, Vertriebsstrategen<br />

ERGO-Maklerbetreuer Rico Neubauer und Alexander Sachse<br />

berichten aus ihrem Alltag mit Versicherungsmaklern<br />

Maklerbetreuer vermitteln zwischen Versicherung und Versicherungsmakler – und sind damit oftmals die ersten<br />

Ansprechpartner für Vermittler beim Versicherungsunternehmen. Wie arbeitet ein Maklerbetreuer, wie sieht sein<br />

Tag aus? Und sind sie auch mal genervt? Was denken sie über die Zukunft und Herausforderungen der Makler?<br />

<strong>Versicherungsbote</strong> hat bei Rico Neubauer und Alexander Sachse, beide Maklerbetreuer bei der ERGO Versicherungsgruppe,<br />

nachgeforscht.


Praxis<br />

<strong>Versicherungsbote</strong>: Sie sind beide Maklerbetreuer<br />

der ERGO. Wie wird man<br />

eigentlich Maklerbetreuer? War es ein<br />

bewusster Schritt, mit Maklern zusammenarbeiten<br />

zu wollen?<br />

Rico Neubauer: Meine Ausbildung habe<br />

ich im Jahr 2001 als Versicherungskaufmann<br />

in Leipzig, damals bereits im Maklervertrieb<br />

der D.A.S., begonnen. Zum<br />

damaligen Zeitpunkt war die Entscheidung<br />

zur Zusammenarbeit mit Maklern<br />

unbewusst. Nach der Ausbildung von drei<br />

Jahren sowie einer Anwärterphase bin ich<br />

seit nunmehr über zehn Jahren Maklerbeauftragter<br />

für das Feld Komposit im<br />

ERGO-Konzern. Aus heutiger Sicht war<br />

dies für mich der absolut richtige Weg.<br />

Alexander Sachse: Eine gute Voraussetzung<br />

für die Tätigkeit als Maklerbetreuer<br />

ist eine fundierte kaufmännische Ausbildung,<br />

idealerweise im Versicherungs- bzw.<br />

Finanzbereich. Dadurch erhält man neben<br />

den fachlichen Inhalten auch einen guten<br />

Überblick über die unterschiedlichen Vertriebsstrukturen<br />

innerhalb eines Versicherungsunternehmens.<br />

Ich denke, dass<br />

die Bedeutung der Zusammenarbeit mit<br />

ungebundenen Vermittlern steigen wird,<br />

was den stetig wachsenden Anteil des<br />

Maklergeschäfts bestätigt. Deshalb sehe<br />

ich meine bewusste Entscheidung, vor<br />

nunmehr 12 Jahren als Maklerbetreuer<br />

im Außendienst zu starten, als richtig an.<br />

50 Mails und ein<br />

ununterbrochen<br />

klingelndes<br />

Telefon<br />

– keine Seltenheit<br />

Viele Makler haben täglich mit Ihnen<br />

Kontakt – aber wir sind nicht sicher, ob<br />

sie wissen, wie der Arbeitsalltag eines<br />

Maklerbetreuers aussieht. Könnten Sie<br />

Ihren typischen Arbeitstag kurz um -<br />

reißen? Wie viele Kontakte haben Sie?<br />

Was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?<br />

Sachse: Der Maklerbetreuer muss sehr<br />

vielseitig sein. Der regelmäßige Kontakt<br />

zu den Vertriebspartnern, sei es beim<br />

direkten Gespräch im Maklerbüro, über<br />

die medialen Kanäle oder bei Veranstaltungen<br />

und Messen, stellt die wichtigste<br />

Aufgabe eines Maklerbetreuers dar. Die<br />

Vermittlung der fachlichen unternehmensbezogenen<br />

Informationen an die<br />

Makler steht dabei im Mittelpunkt. Von<br />

wesentlicher Bedeutung ist es, auf die<br />

Bedürfnisse der unabhängigen Vermittler<br />

intensiv und schnell einzugehen, um so<br />

eine optimale Betreuungsqualität zu<br />

bieten.<br />

Neubauer: Oftmals ist man als Maklerbetreuer<br />

der erste Ansprechpartner für<br />

den Vermittler im Versicherungsunternehmen.<br />

Daher ist ein typischer Arbeitstag<br />

von zahlreichen Telefonaten und E-<br />

Mails geprägt – 50 Mails und ein ununterbrochen<br />

klingelndes Telefon sind keine<br />

Seltenheit. Man muss jedoch zwischen<br />

Büro- und Außendiensttagen unterschei -<br />

den. An Bürotagen überwiegt die Angebotserstellung,<br />

Vorbereitung von Schulungen<br />

und Terminen, Controlling und<br />

Steuerung der Vermittler. An Tagen im<br />

Außendienst werden die Vermittler über<br />

neue Produkte aus dem Hause ERGO<br />

informiert, es werden gemeinsame Vertriebsansätze<br />

gestaltet und an der gemeinsamen<br />

Umsetzung gearbeitet. Auch die<br />

Durchführung von Schulungen, Maklertagen<br />

und Messen gehört zu meinen wichtigsten<br />

Aufgaben.<br />

Welche Eigenschaften braucht ein Maklerbetreuer?<br />

Muss er besonders kommunikativ<br />

sein? Diplomatisch? Humor oder<br />

gar ein dickes Fell haben?<br />

Neubauer: Ich denke, das A und O ist<br />

sicheres und selbstbewusstes Auftreten<br />

sowie schnelles und flexibles Handeln.<br />

Fachliches Know-how, Verbindlichkeit<br />

und Zuverlässigkeit sind ebenfalls unverzichtbar.<br />

Diese Eigenschaften gepaart mit<br />

einer Brise Humor runden das Bild eines<br />

guten Maklerbetreuers ab.<br />

Sachse: Neben der Fachkompetenz muss<br />

ein Maklerbetreuer auf jeden Fall vertriebsorientiert<br />

denken. Er sollte ein guter<br />

Motivator sein und den Maklern die Vorzüge<br />

der ERGO Produkte vermitteln<br />

können. Dann sind die Makler besser in<br />

der Lage sie zu verkaufen. Sicherlich gibt<br />

es dabei auch Situationen, in denen man<br />

ein dickes Fell haben muss, wenn einmal<br />

etwas nicht wie geplant funktioniert. Aber<br />

gerade dann sollte man als Maklerbetreuer<br />

mit diplomatischem Geschick, Flexibilität<br />

und Organisationstalent zu entsprechenden<br />

Lösungsansätzen kommen.<br />

Als Maklerbetreuer sind Sie das Bindeglied<br />

zwischen Vermittler und Versicherer.<br />

Eigentlich ist also Ihre Aufgabe,<br />

Brücken zu bauen. Sitzen Sie auch mal<br />

zwischen allen Stühlen? Schließlich<br />

werden Makler wohl auch mit Be schwer -<br />

den auf Sie zukommen.<br />

Neubauer: Natürlich, als Maklerbetreuer<br />

ist man auch Problemlöser für die Makler.<br />

Insofern ist man angehalten, beide Interessen<br />

auf einen gemeinsamen Nenner zu<br />

bringen.<br />

Sachse: Ja, das ist richtig. Der Maklerbetreuer<br />

ist der wichtigste Ansprechpartner<br />

der Vertriebspartner für die Produkte des<br />

Unternehmens. Insofern ist es notwendig,<br />

dass die Kommunikation zwischen Vermittler<br />

und Maklerbetreuer zum Unternehmen<br />

gewinnbringend für alle Seiten<br />

funktioniert. Dazu gehört auch, dass wir<br />

bei auftretenden Beschwerden, die an uns<br />

als Maklerbetreuer herangetragen werden,<br />

professionell und zielorientiert reagieren.<br />

...und gibt es Dinge, mit denen Makler<br />

Sie so „richtig auf die Palme bringen<br />

können“?<br />

Sachse: Natürlich. Meist gelingt es aber,<br />

rasch Lösungen zu finden, mit denen alle<br />

Beteiligten gut leben können. Es ist daher<br />

unser Ziel, die Services und Prozesse für<br />

die Vermittler weiter zu verbessern, wo -<br />

durch wir deutlich an Attraktivität ge -<br />

winnen werden.<br />

Neubauer: Ja, es gibt auch Makler, die<br />

einem den Büroalltag nicht so leicht<br />

machen. Allerdings bin ich lange genug<br />

im Geschäft, um professionell auf alle<br />

Bedürfnisse einzugehen.<br />

Das Thema Weiterbildung ist in aller<br />

Munde – und könnte schon bald vom<br />

Gesetzgeber verpflichtend vorgeschrie -<br />

ben werden. Wie bilden sich eigentlich<br />

Maklerbetreuer weiter?<br />

Sachse: ERGO legt großen Wert auf regelmäßige<br />

Weiterbildungsveranstaltungen.<br />

Der Beitritt der ERGO zu Brancheninitiativen<br />

wie „Gut Beraten“ oder „Ehrbarer<br />

Versicherungsmakler“ nimmt auch uns<br />

Maklerbetreuer in die Pflicht, sich regelmäßig<br />

fortzubilden. >><br />

Foto (li.): Frank Springsguth / <strong>Versicherungsbote</strong><br />

Seite 25


Rico Neubauer, begann im Jahr<br />

2001 seine Ausbildung zum<br />

Versicherungskaufmann (IHK)<br />

im Maklervertrieb der D.A.S.<br />

Mittlerweile ist er seit über 10<br />

Jahren Maklerbeauftragter,<br />

aktuell Direktionsbeauftragter<br />

der Regionaldirektion Makler<br />

Nord für Pools und Finanzvertriebe<br />

bei der ERGO Beratung<br />

und Vertrieb AG im Bereich<br />

Komposit.<br />

Alexander Sachse, gelernter<br />

Versicherungskaufmann (IHK),<br />

ist seit 14 Jahren im ERGO-Konzern,<br />

zunächst im Vertriebsservice<br />

und später als Maklerbetreuer<br />

bei der DKV, tätig.<br />

Er ist jetzt Direktionsbeauftragter<br />

der Regionaldirektion<br />

Makler Nord für Pools und<br />

Finanzvertriebe bei der ERGO<br />

Beratung und Vertrieb AG im<br />

Bereich der Personen -<br />

versicherungen.<br />

Daneben ist jeder Maklerbetreuer selbstverständlich<br />

angehalten, sich mittels Fachpresse<br />

über die me dialen Kanäle zu den<br />

Neuigkeiten in der Versicherungswelt zu<br />

informieren. Den regelmäßigen Austausch<br />

unter den Kollegen bei Teamtreffen und<br />

bei Seminaren oder Schulungen erachte<br />

ich eben so als wichtigen Baustein bei der<br />

Weiterbildung.<br />

Neubauer: Ich halte die Teilnahme an<br />

Weiterbildungen für extrem wichtig, denn<br />

dem, was vom Vermittler verlangt wird,<br />

sollten auch wir uns stellen. Weiterhin<br />

sollten alle Außendienstler einer Gesellschaft<br />

über einen einheitlichen Weiterbildungsstand<br />

verfügen. Sich regelmäßig<br />

weiterzubilden und fachlich auf dem aktuellen<br />

Stand zu sein, sind Grundvoraussetzungen<br />

für die kompetente Ausübung<br />

unseres Jobs.<br />

Was vom<br />

Vermittler verlangt<br />

wird, sollten auch<br />

Maklerbetreuer<br />

wissen<br />

Wie hat sich die Arbeit als Maklerbetreuer<br />

in den letzten Jahren verändert?<br />

Wie muss er in 5 oder 10 Jahren aufgestellt<br />

sein? Welche Kompetenzen sind<br />

zukünftig gefordert?<br />

Neubauer: Die Arbeit des Maklerbetreuers<br />

hat sich durch die multimediale<br />

Technik und Online-Medien stark verändert;<br />

so kann man zum Beispiel bei<br />

Online-Schulungen mit verhältnismäßig<br />

geringem Aufwand einen großen Vermittlerkreis<br />

ansprechen. Dieses wäre vor ein<br />

paar Jahren nicht möglich gewesen. Generell<br />

hat sich die Arbeitsweise durch E-<br />

Mails verändert. Ich kann Anfragen und<br />

Angebote schneller bearbeiten, das steigert<br />

unsere Effizienz.<br />

Sachse: In früheren Jahren lag der Fokus<br />

fast ausschließlich auf dem persönlichen<br />

Gespräch beim Makler, heute ist die Tätigkeit<br />

wesentlich anspruchsvoller. Der technische<br />

Fortschritt, die Optimierung der<br />

Prozesse und die Vielfältigkeit der Kundenansprache<br />

mit digitalen Medien haben<br />

enorm dazu beigetragen.<br />

Neubauer: In den letzten zehn Jahren ist<br />

außerdem der Wettbewerb härter gewor -<br />

den, da sich immer mehr Gesellschaften<br />

auf Makler und deren Bedürfnisse konzentrieren.<br />

Insofern wird sich der Makler<br />

für die Gesellschaft und den Maklerbetreuer<br />

entscheiden, der ihm den meisten<br />

Mehrwert bietet. Meiner Meinung nach<br />

müssen wir zukünftig noch mehr auf die<br />

Bedürfnisse der Makler eingehen: Services<br />

und Prozesse müssen weiter verbessert<br />

werden, damit wir noch mehr an Attraktivität<br />

gewinnen und stärker in den Fokus<br />

des Vermittlers rücken.<br />

Sachse: Ja, das Wichtigste ist die Fachkompetenz<br />

der Maklerbetreuer, denn nur<br />

als hochqualifizierte Maklerbetreuer bie -<br />

ten wir unseren Maklern Mehrwert.<br />

Das wird auch in Zukunft so sein.<br />

Viele Versicherer haben im Rahmen des<br />

LVRG die Abschlussprovisionen gesenkt,<br />

unseres Wissens auch die ERGO. Wichtige<br />

Vertriebssparten wie die Lebensversicherung,<br />

PKV und Riester schwächeln – auch<br />

aufgrund von Dauerkritik in den Medien.<br />

Welche „Ängste“ stellen Sie derzeit im<br />

Vertrieb fest? Herrscht Krisenstimmung<br />

bei den von Ihnen betreuten Maklern?<br />

Sachse: Das Lebensversicherungsreformgesetz<br />

schreibt die Senkung des Zillmersatzes<br />

von 40 auf 25 Promille vor, was wir<br />

selbstverständlich ab 1.1.<strong>2015</strong> umgesetzt<br />

haben. Das LVRG sagt zwar nicht direkt<br />

etwas zur Provisionshöhe, wird aber Konsequenzen<br />

für die Provisionen haben.<br />

Bei ERGO noch nicht <strong>2015</strong>, denn wir<br />

wollen die Anpassung sorgfältig planen<br />

und keinen Schnellschuss vornehmen.<br />

Wir sind in Zusammenarbeit mit allen<br />

Beteiligten dabei, Auswirkungen auf un -<br />

sere Provisionsmodelle zu prüfen. Das ist<br />

ein komplexer Prozess, der einige Zeit in<br />

Anspruch nehmen wird.<br />

Im Kern geht es dabei um eine veränderte<br />

Verteilung der Abschluss- und Bestandsprovisionen.<br />

In Anbetracht der heute<br />

erforderlichen laufenden Betreuung bei<br />

Altersvorsorgeprodukten wird die Be -<br />

standsprovision zulasten der Abschlussprovision<br />

erhöht. Allerdings wird die<br />

Reduzierung der Abschlussprovision ohne<br />

Frage zu Einkommensrückgängen führen,<br />

weil nicht alle Verträge das geplante<br />

Ablaufdatum erreichen.<br />

Seite 26 01/<strong>2015</strong>


Praxis<br />

Das LVRG, neue Qualifizierungsanforderungen<br />

und der aktuelle Niedrigzins<br />

stellen die Versicherungsbranche vor<br />

eine harte Probe. Welche Herausforderungen<br />

sehen Sie zukünftig speziell auf<br />

Versicherungsmakler zukommen?<br />

Wer den sich Makler neu orientieren<br />

müssen und wenn ja – wie?<br />

Sachse: Makler werden sich dem verändernden<br />

Lebensversicherungsmarkt stel -<br />

len müssen. Wie bereits erwähnt, wird es<br />

zukünftig Veränderungen in der Verteilung<br />

von Abschluss- und Bestandsprovision<br />

geben, was eine Änderung in der alltäglichen<br />

Geschäftstätigkeit eines Maklers<br />

zur Folge haben wird. Ebenso werden<br />

Produktalternativen zur bisherigen klassischen<br />

Lebensversicherung notwendig<br />

sein, mit denen sich die Vertriebspartner<br />

auseinandersetzen müssen, wenn sie wei -<br />

ter auf dem Lebensversicherungsmarkt<br />

tätig sein wollen. Bereits 2013 hat die<br />

ERGO auf das schwierige Marktumfeld<br />

mit der Einführung neuer Rentenversicherungsprodukte<br />

reagiert. Die Produkte<br />

sind aus meiner Sicht eine gute Antwort<br />

auf die Herausforderungen der Niedrigzinsphase.<br />

Professionelle Unternehmensführung,<br />

Betriebswirtschaft und Finanzen, Marketing,<br />

Vertrieb und Verkauf sowie Be -<br />

triebsabläufe und Personaleinsatz spie -<br />

len eine wesentliche Rolle in der Arbeit<br />

von Maklern. Geben Sie hier aktive Hilfestellung?<br />

Neubauer: Beim Thema Vertrieb und Verkauf<br />

biete ich den Maklern aktiv meine<br />

Hilfe an, sei es mit Mailing-Aktionen,<br />

Musteranschreiben etc. In Gesprächen<br />

werden oftmals Vertriebsansätze diskutiert<br />

und Erfahrungen dazu ausgetauscht.<br />

Wenn beide Seiten darin Chancen sehen,<br />

werden diese dann auch umgesetzt. Weiterhin<br />

bieten wir dem Makler bei großen,<br />

komplexeren Themen Unterstützung<br />

direkt vor Ort beim Kunden an, was von<br />

vielen Vermittlern sehr gern angenom -<br />

men wird.<br />

Die Branche hat seit geraumer Zeit ein<br />

Nachwuchsproblem. Wie kann man<br />

diesem Problem be geg nen?<br />

Sachse: Der Beruf des Versicherungsmaklers<br />

beziehungsweise die Branche insgesamt<br />

muss attraktiver gestaltet werden.<br />

Aus meiner Sicht tragen Weiterbildungsinitiativen<br />

wie „Gut beraten“ oder<br />

„Ehrbarer Versicherungsmakler“ dazu<br />

bei. Mit der Förderung von Initiativen wie<br />

dem Jungmakler-Award unterstützt die<br />

ERGO die Gewinnung von Nachwuchskräften<br />

im Bereich der Versicherungsund<br />

Finanzmakler.<br />

Neubauer: Eine zusätzliche Verbesserung<br />

des Images ist dringend notwendig. Die<br />

EU-Vermittlerrichtlinie und andere geforderte<br />

Maßnahmen verstärken dies bereits<br />

positiv. Ich denke, ebenso wichtig ist es,<br />

die Notwendigkeit und Attraktivität des<br />

Berufsbildes Versicherungsmakler aufzuzeigen.<br />

Makler sollten viel<br />

selbstbewusster<br />

die Vorteile<br />

ihres Berufsstandes<br />

hervorheben.<br />

Wie aktiv arbeiten Sie daran, neue, junge<br />

Makler zu akquirieren bzw. junge Vermittler<br />

vom Berufsbild Makler zu begeistern?<br />

Sachse: Die Teilnahme an „Jungmakler-<br />

Awards“ gibt jungen Maklern eine Plattform<br />

für Austausch und Vernetzung mit<br />

anderen Jungmaklern und großen Unternehmen.<br />

Das gibt ERGO die Chance,<br />

neue Maklerkontakte zu knüpfen und die<br />

ERGO im Maklermarkt weiter zu positionieren.<br />

Mit dieser Förderung zeigt<br />

ERGO, wie wichtig der Maklermarkt für<br />

das Unternehmen ist. Und es ist ein weiterer<br />

Schritt, ERGO als Maklerversicherer<br />

zu etablieren.<br />

Das Berufsbild Makler wird noch sehr<br />

häufig mit dem des Ausschließlichkeitsvertreters<br />

gleich gesetzt. Für viele Verbraucher<br />

ist der Makler auch nur ein<br />

Vertreter. Bedarf es einer stärkeren Aufklärung<br />

über das Berufsbild oder sogar<br />

den Ausbildungsberuf Makler?<br />

Neubauer: Ja, eine stärkere Aufklärung in<br />

der Bevölkerung ist erforderlich, da viele<br />

Leute den Unterschied zwischen Makler<br />

und Ausschließlichkeitsvertreter nicht<br />

kennen. Die Unterschiede und Vorteile<br />

der Berufsbilder sollten deutlicher kommuniziert<br />

und hervorgehoben werden.<br />

Sind Makler Ihrer Ansicht nach zu de -<br />

fensiv, wenn es darum geht die Vorzüge<br />

eines Maklers hervorzuheben?<br />

Neubauer: Ja, absolut. Makler sollten viel<br />

selbstbewusster die Vorteile ihres Be -<br />

rufsstandes hervorheben. Sie vermitteln<br />

schließ lich alle Versicherungsgesellschaf -<br />

ten und deren Produkte.<br />

Bitte wagen Sie zum Abschluss noch eine<br />

Prognose: Wo wird der Maklervertrieb in<br />

zehn Jahren stehen?<br />

Sachse: Der Maklervertrieb wird wesentlich<br />

an Bedeutung gewinnen. Dazu ist es<br />

aber notwendig, dass sich sowohl der<br />

Makler als auch die Unternehmen an die<br />

steigenden Anforderungen vor allem im<br />

technischen Bereich anpassen. Versicherungskunden<br />

informieren sich heute<br />

zunehmend online. Nicht alle wollen dann<br />

aber beim Vertragsabschluss ganz auf eine<br />

persönliche Beratung verzichten. Darauf<br />

müssen sich Makler einstellen, wenn sie<br />

weiterhin langfristig erfolgreich sein<br />

wollen. Es wird zukünftig nicht mehr ausreichen,<br />

vor Ort präsent zu sein und ausschließlich<br />

auf die persönliche Bera tung<br />

zu setzen. Unsere Makler sollten die<br />

Chan cen nut zen, über das Internet Informationen<br />

an zubieten und über viele<br />

moderne Kommunikationskanäle erreich -<br />

bar zu sein.<br />

Neubauer: Ich denke, dass sich das Be -<br />

rufsbild des Versicherungsmaklers vom<br />

reinen Verkäufer mehr zum Berater und<br />

Begleiter für die Kunden wandeln wird.<br />

Dabei darf der Makler jedoch nicht seine<br />

betriebswirtschaftlichen Anforderungen<br />

aus dem Auge verlieren. Wenn der Makler<br />

diese Herausforderungen erkennt, sich<br />

diesen stellt und optimal nutzt, kann das<br />

zu einer echten Chance für zukünftige<br />

Erfolge werden. Ich glaube, dass der Maklervertrieb<br />

in den nächsten Jahren der<br />

Vertriebsweg mit den größten Wachstumschancen<br />

sein wird.<br />

Herr Neubauer, Herr Sachse – vielen Dank<br />

für das Interview!<br />

Die Fragen stellten Björn Bergfeld,<br />

Mirko Wenig und Hanna Behn.<br />

Seite 27


Investment und Fondsvermittlung<br />

Warum sich der Bestandsaufbau für Makler lohnt<br />

Viele deutsche Sparer sind beim Thema Geldanlage eher konservativ eingestellt. Sie verbinden mit der<br />

Investition in Aktien und Fonds hohe Risiken. Auch Versicherungsmakler bleiben im Bereich Investment<br />

eher zurückhaltend und konzentrieren sich auf die Vermittlung von Versicherungen. Doch bieten immer<br />

mehr Versicherer Produkte an, die an Investmentfonds gebunden sind. Im <strong>Versicherungsbote</strong>-Interview<br />

zeigt Markus Schächtele, Vorstand der Südcuranz AG Unternehmensgruppe, wie man erfolgreich im<br />

Bereich Investment arbeitet.<br />

Markus Schächtele ist Vorstand<br />

der Südcuranz AG Unternehmensgruppe,<br />

die seit 26 Jahren<br />

besteht.<br />

Das Unternehmen mit Sitz in<br />

Merdingen leitet er zusammen<br />

mit seinem Partner Armin M.<br />

Spittler. Schächtele ist hauptverantwortlich<br />

für die Bereiche<br />

Investmentanlage, Geschäftsversicherung,<br />

Ruhestandsplanung<br />

und private Absicherung.<br />

Herr Schächtele, die Märkte sind volatil,<br />

die Zinsen niedrig, Sparten wie Riester<br />

oder die Lebensversicherung sehen sich<br />

einem Dauerfeuer durch die Medien ausgesetzt.<br />

Provokativ gefragt: Sind das<br />

eigentlich gute oder schlechte Zeiten für<br />

Finanzberater und Anlagestrategen,<br />

wenn die Kunden verunsichert sind?<br />

Markus Schächtele: Es werden tagtäglich<br />

so viele verschiedene Informationen zu<br />

diesem Thema veröffentlicht, dass die<br />

Kunden tatsächlich verunsichert sind. Für<br />

uns freie Finanzberater ist es eine große<br />

Herausforderung, weil die Kunden in<br />

diesen Zeiten ganz besonders auf unser<br />

Wissen und unsere Erfahrungen vertrauen.<br />

Nie zuvor habe ich so viele Beratungsgespräche<br />

infolge persönlicher Empfehlungen<br />

vereinbart wie heute.<br />

Viele Versicherungsmakler scheuen das<br />

Thema Investment und konzentrieren<br />

sich auf die Versicherungsvermittlung.<br />

Sie betreuen mit Ihrer Südcuranz Finanz<br />

AG über 7.000 Kundinnen und Kunden,<br />

bieten eine Auswahl aus 8.000 Fonds.<br />

Warum sollten sich Makler Ihrer Meinung<br />

nach mit dem Thema Geldanlage be -<br />

schäftigen und auch als Finanzberater<br />

tätig werden?<br />

Versicherungsmakler, die Lebensver -<br />

sicherungen vermitteln, müssen sich<br />

zwangs läufig mit den Kapitalmärkten und<br />

verschiedenen Investmentanlagen be -<br />

schäf tigen. Immer mehr Versicherungsgesellschaften<br />

bieten nur noch Produkte<br />

an, die an Investmentfonds gebunden<br />

sind. Eine professionelle Kundenberatung<br />

auf diesem Gebiet erfordert daher auch<br />

ein fachlich fundiertes Wissen über die<br />

aktuelle Entwicklung der Finanzmärkte.<br />

Die Südcuranz Finanz AG hat ihren Sitz<br />

in Merdingen – einem beschaulichen<br />

Weinbauort im Südwesten Baden-Württembergs<br />

mit kaum 2.600 Einwohnern.<br />

Das ist nicht unbedingt der Ort, wo man<br />

ein Finanz- und Maklerunternehmen mit<br />

über 30 Mitarbeitern vermuten würde.<br />

Wie kann man denn die Menschen in<br />

Kleinstädten und Dörfern für das Thema<br />

Investment gewinnen – muss man sie<br />

anders ansprechen, als wenn Sie in einer<br />

Metropole agieren würden?<br />

Sparsamkeit und nachhaltiges Wirtschaften<br />

waren schon immer die Tu gen -<br />

den der ländlichen Bevölkerung im Südwesten.<br />

Das Interesse der Kunden, ihr<br />

Erspartes ertragreich und sicher anzulegen,<br />

ist die größte Triebfeder bei der<br />

Suche nach professioneller Beratung. Ob<br />

in einer Metropole andere Überlegungen<br />

ausschlaggebend sind, kann ich nicht<br />

beurteilen.<br />

Für eine Kfz- oder Wohngebäudeversicherung<br />

sehen Kunden selbst leicht den<br />

eigenen Bedarf. Wie aber interessiert<br />

man sie für Investmentprodukte? Wie<br />

finden Sie den Weg zu „Ihren“ Kunden?<br />

Findet ein Beratungsgespräch auch mal<br />

beim Bier in der Kneipe statt – oder ist<br />

das jetzt eine Klischeevorstellung von<br />

mir?<br />

Mit einer Sachversicherung schützt der<br />

Kunde sein sichtbares Hab und Gut. Mit<br />

einem Investmentprodukt möchte der<br />

Kunde sein Erspartes sichern und gewinnbringend<br />

anlegen. Den Bedarf und den<br />

Anspruch, auf beiden Gebieten sachkundig<br />

beraten zu werden, bringt der<br />

Kunde von sich aus mit. Neue Kunden<br />

gewinne ich dadurch, dass ich weiterempfohlen<br />

werde. Es ist zwar eine gängige<br />

Vorstellung, aber das Thema Geldanlagen<br />

möchten die Kunden gerne diskret mit<br />

mir besprechen, weshalb eine Kneipe kein<br />

geeigneter Ort dafür ist.<br />

Und wie baut man schließlich einen so<br />

großen Investmentbestand auf?<br />

Viel arbeiten, für seine Kunden da sein,<br />

auch in Krisenzeiten der Finanzmärkte,<br />

und seriös und nachhaltig beraten.<br />

Seite 28 01/<strong>2015</strong>


Praxis<br />

In der Vergangenheit wurden viele Vermittler<br />

belächelt, die sich mühselig einen<br />

Sachbestand aufgebaut haben und nicht<br />

(nur) den Fokus auf das Neugeschäft im<br />

Bereich Leben gelegt haben. Inzwischen<br />

hat sich das Blatt gewendet. Ist der Vertrieb<br />

von Fondsprodukten die neue<br />

Chan ce auf eine große Bestandssumme<br />

und damit regelmäßige Einkünfte?<br />

Das Investmentgeschäft kann durchaus<br />

mit dem Sachversicherungsgeschäft verglichen<br />

werden. Insbesondere dann, wenn<br />

Makler beispielsweise Fonds-Sparpläne<br />

an Kunden vermitteln. Dabei erhalten sie<br />

keine vordiskondierte Abschlussprovision,<br />

sondern eine ratierliche Vergütung. Diese<br />

rechnet sich für uns zwar erst nach einigen<br />

Jahren, aber es kumuliert ohne Stornorisiken<br />

zu beinhalten.<br />

Wie hoch ist Ihr Bestandsvolumen?<br />

Aktuell betreuen wir über 2.000 Kundendepots<br />

mit einem Bestandsvermögen von<br />

etwa 60 Millionen Euro. Wir haben<br />

wenige Großkunden und sehr viele Kun -<br />

den mit kleinen und mittleren Vermögen.<br />

Wie viel kann man mit Fonds verdienen?<br />

Wie hoch sind die durchschnittlichen<br />

Abschluss- bzw. Bestandsvergütungen?<br />

Beim Erwerb von Fondsanteilen fällt eine<br />

Gebühr an, der sogenannte Ausgabeaufschlag,<br />

der durchschnittlich bei 2,5 Prozent<br />

liegt, wovon der Makler etwa 2,0 Prozent<br />

erhält. Die Bestandsvergütung beträgt<br />

hier im Durchschnitt etwa. 0,2 Prozent<br />

pro Jahr. Eine andere Möglichkeit besteht<br />

darin, mit dem Kunden ein jährliches Serviceentgelt<br />

zwischen 0,5 Prozent und 1,0<br />

Prozent zu vereinbaren. In diesem Fall<br />

entfällt dann der Ausgabeaufschlag.<br />

Viele Versicherer setzen auf Fondspolicen.<br />

Wie stehen Sie dazu?<br />

Mittlerweile bieten fast alle Versicherer<br />

eine „Fondspolice“ an. Ich halte die Trennung<br />

von Risikoabsicherung einerseits<br />

und Vermögensaufbau andererseits meist<br />

für sinnvoller, zumal die Kosten geringer<br />

sind und der Kunde flexibler bleibt. Letztendlich<br />

muss aber immer der individuelle<br />

Kundenvorteil im Vordergrund stehen.<br />

Fonds dürfen seit dem 01. Januar <strong>2015</strong><br />

nur noch von Vermittlern mit Sachkundeprüfung<br />

gemäß § 34 f GewO verkauft<br />

werden. Vermittler ohne 34 f-Nachweis<br />

können aber dieselben Fonds weiterhin<br />

im Rahmen einer Fondspolice vertreiben.<br />

Wie geht man als entsprechend geprüfter<br />

Vermittler mit dieser „Konkurrenz“ um?<br />

Ich sehe darin kein Problem, denn oftmals<br />

ist es für den Kunden wirtschaftlich sinnvoller,<br />

ohne Einbindung in einen langfristigen<br />

Vertrag direkt in Fonds zu in -<br />

vestieren. Der gut beratene und aufgeklärte<br />

Kunde entscheidet sich dann für<br />

das bessere, sprich für das für ihn ren -<br />

tablere Produkt. Und in absehbarer Zeit<br />

werden vermutlich auch Fondspolicen-<br />

Vermittler eine Sachkundeprüfung im<br />

Rahmen der GewO nachweisen müssen.<br />

Das Investment -<br />

geschäft kann<br />

durchaus mit dem<br />

Sachversicherungsgeschäft<br />

verglichen<br />

werden.<br />

Deutsche Sparer gelten als konservativ,<br />

wenn es um die Geldanlage geht. Laut<br />

einer Umfrage des GFK Marktforschungsinstituts<br />

sind Sparkonto und Tagesgeld<br />

die beliebtesten Anlageformen. Aktien<br />

und Fondsanteile hingegen regelrecht<br />

verpönt und mit einem schlechten Image<br />

behaftet. Dabei haben einer Allianz-<br />

Studie zufolge Aktien über alle 30-Jahreszeiträume<br />

seit dem Jahr 1800 – im<br />

Gegensatz zu den anderen beiden Anlageformen<br />

– inflationsbereinigt nie an<br />

Wert verloren. Wie bringt man die Sparer<br />

trotzdem dazu, das Geld entsprechend<br />

anzulegen?<br />

Eine kundenorientierte individuelle Beratung<br />

beinhaltet auch eine umfangreiche<br />

Aufklärung und versetzt den Kunden in<br />

die Lage, die mit dem Kauf von Aktien<br />

und Fondsanlagen verbundenen Risiken<br />

jeweils richtig einschätzen zu können. Das<br />

Anlageportfolio muss zum Kunden pas -<br />

sen. Wenn der Kunde erkennt, dass ich<br />

ihm mit meinem Fachwissen helfen<br />

möchte, sein Erspartes seinen Bedürfnissen<br />

entsprechend anzulegen, dann ist<br />

er auch bereit, ein akzeptables Risiko einzugehen.<br />

Wie viel Geld legen Ihre Kunden im<br />

Durchschnitt an? Ab welchem monatlichen<br />

Sparbetrag macht die Anlage in<br />

Fonds Sinn?<br />

Die durchschnittliche Anlagesumme be -<br />

trägt etwa 40.000,- Euro, der durchschnittliche<br />

monatliche Sparbetrag liegt zwischen<br />

150,- und 200,- Euro. Ich biete aber auch<br />

Sparpläne schon mit einem monatlichen<br />

Beitrag von 10,- Euro für Kinder ab<br />

Geburt an, weil ich der Überzeugung bin,<br />

dass sich langfristiges Fondssparen immer<br />

„lohnt“.<br />

Hand aufs Herz: Wie kommunizieren<br />

Finanzberater, wenn sich doch mal eine<br />

Geldanlage nicht wie gewünscht entwickelt<br />

oder gar Verluste bringt? Schließlich<br />

kann auch der beste Anlageberater da -<br />

neben liegen. Haben Sie für solche Fälle<br />

eine Strategie? Und wie sichern Sie sich<br />

persönlich ab?<br />

Ich protokolliere alle Beratungsgespräche<br />

ausführlich. Wichtig ist es, dem Kunden<br />

schon bei der Beratung ein breit gestreutes<br />

Portfolio für sein Kapital anbieten zu<br />

können, um sein Verlustrisiko möglichst<br />

gering zu halten. Und natürlich muss man<br />

dem Kunden auch ehrlich sagen, dass<br />

nicht alle Entwicklungen am Finanzmarkt<br />

vorhersehbar sind und es durchaus möglich<br />

ist, dass sich der eine oder andere der<br />

ausgewählten Fonds nicht so gut entwickelt<br />

wie erwartet.<br />

Die Webseite der Südcuranz lässt darauf<br />

schließen, dass Sie eine ganzheitliche<br />

Beratung anstreben – u. a. mit den Bausteinen<br />

Altersvorsorge, Risikovorsorge<br />

und Geldanlage. Warum ist Ihnen dies<br />

wichtig?<br />

Wir streben eine langfristige, lebensbegleitende<br />

Kundenbeziehung an. Jede<br />

Lebensphase ist von anderen Bedürfnissen<br />

geprägt – wir möchten unsere Kunden<br />

jederzeit umfassend und ihren Bedürfnissen<br />

entsprechend beraten können.<br />

Und wie geht es weiter mit den Märkten?<br />

Wagen Sie einen Ausblick?<br />

Die Märkte werden volatil bleiben und<br />

damit bleiben es auch „gute Zeiten“ für<br />

seriöse Finanzberater, die für ihre Kunden<br />

da sind – in guten ebenso wie in schwierigen<br />

Zeiten!<br />

Vielen Dank für das Interview!<br />

Die Fragen stellte Mirko Wenig.<br />

Seite 29


Wie Sie Kundenloyalität aufbauen<br />

Drei Phasen, auf die dabei besonders zu achten ist<br />

Das größte Vermögen, das ein Unternehmen besitzt, ist die Loyalität seiner Kunden. Je länger es einen<br />

rentablen Kunden hält, desto mehr Gewinn kann es durch ihn erzielen. Oberstes Ziel sollte es daher<br />

sein, möglichst keinen einzigen profitablen Kunden zu verlieren, den man behalten will. Man muss aber<br />

auch wissen, wie das funktioniert.<br />

Loyalität ist freiwillige Treue. Sie entsteht<br />

aus innerer Überzeugung heraus – und<br />

nicht durch Druck oder Zwang. Kundenbindungsmaßnahmen<br />

hingegen gehen<br />

vom Unternehmen aus. Sie dokumentieren<br />

die selbstzentrierte, managementbezogene<br />

und meist immer noch arrogante<br />

Sicht der Unternehmen auf ihre<br />

Kunden. Doch kann kein Knebelvertrag,<br />

keine Wechselbarriere und kein noch so<br />

gut gemachtes Kundenbindungstool Kundentreue<br />

erzwingen. Und Treue über<br />

Punkte oder Prämien zu kaufen, ist ziemlich<br />

teuer.<br />

Vier Loyalitäten entwickeln<br />

Im modernen Marketing sprechen wir<br />

von vier Loyalitäten, die zu entwickeln<br />

sind:<br />

• die Loyalität zum Unternehmen und<br />

seinen Standorten<br />

• die Loyalität zu den Angeboten, Services<br />

und Marken<br />

• die Loyalität zu den Mitarbeitern und<br />

Ansprechpartnern<br />

• die Loyalität zu den Mitgliedern der<br />

eigenen Netzwerke.<br />

Den sichtbaren Beweis für solche Loyalität<br />

tritt der Kunde durch Immer-wieder-<br />

Käufe, durch Mundpropaganda und ak -<br />

tive positive Empfehlungen an. Drei Pha -<br />

sen sind im Zuge dessen besonders zu<br />

beachten: der Einstieg in die Loyalität,<br />

Zwischendurch-Abschiede und potenzielle<br />

Gefahrenpunkte, die zu einem Ausstieg<br />

aus der Loyalität führen können.<br />

Der Einstieg in die Loyalität<br />

Der Einstieg in die Loyalität beginnt in<br />

aller Regel unmittelbar nach Vertragsabschluss<br />

oder nach einem ersten Kauf.<br />

Zunächst gilt es nun, die Kaufreue zu<br />

besiegen. Das sind letzte Zweifel daran,<br />

ob die getroffene Entscheidung eine gute<br />

war. Also muss die Richtigkeit des getätigten<br />

Kaufs bestätigt werden, und zwar<br />

so schnell wie möglich.<br />

Das kann je nach Situation<br />

• gleich an der Kasse<br />

• unmittelbar nach Vertragsabschluss<br />

• im Anschluss an einen Kauf per<br />

Telefon<br />

• durch eine automatisierte Mail er -<br />

folgen.<br />

So fragt ein Küchenhändler nach ein paar<br />

Tagen an, wie es sich in der neuen Küche<br />

so kocht. Der Optiker erkundigt sich, wie<br />

man mit der Gleitsichtbrille klarkommt.<br />

Und ein Hersteller will wissen, ob mit der<br />

Lieferung alles in Ordnung war. All dies<br />

tut man, um die sogenannten Nachkaufdissonanzen<br />

zu vermeiden.<br />

Aspekt Kundenbindung Kundenloyalität<br />

Wirkrichtung geht vom Anbieter aus geht vom Kunden aus<br />

Motivationshebel<br />

gekaufte Treue, Druck oder<br />

Zwang<br />

arbeitet mit Anziehungskraft<br />

Freiwilligkeit Kunde muss bleiben Kunde will bleiben<br />

Wechselmöglichkeit<br />

eingeschränkt, mit Kosten<br />

verbunden<br />

jederzeit, uneingeschränkt<br />

Treuezeit von begrenzter Dauer zeitlich unlimitiert<br />

Hilfsmittel Verträge, Systeme, Barrieren Begeisterung, Vertrauen<br />

Kosten für Unternehmen hoch niedrig<br />

Die Unterschiede zwischen Kundenbindung und Kundenloyalität<br />

Seite 30 01/<strong>2015</strong>


Vertrieb<br />

Danach heißt es, den Kunden zügig zum<br />

Zweitkauf zu führen. Es ist bekannt, dass<br />

die Schwelle, einen Anbieter zu wechseln,<br />

in aller Regel mit der Anzahl der getätigten<br />

Käufe sinkt. Deshalb sind weitere<br />

Kontakt- und Kaufmöglichkeiten unmittelbar<br />

einzuplanen und positiv zu<br />

gestalten.<br />

So hatte ein Onlineshop-Betreiber festgestellt,<br />

dass die Leute nach dem dritten<br />

Kauf begannen, ganz regelmäßig bei ihm<br />

zu bestellen. Daraufhin führte er Maßnahmen<br />

ein, um so schnell wie möglich<br />

diese loyalitätsentscheidenden ersten drei<br />

Käufe zu initiieren. Er wusste: Wiederholungen<br />

mit ausbleibenden Enttäuschun -<br />

gen schaffen Vertrauen und schwächen<br />

den Wechselimpuls. Wenn nicht wenigstens<br />

ab und an Tuchfühlung aufgebaut<br />

wird, bröckelt die Loyalität und geht<br />

schließlich völlig verloren. In gleichem<br />

Maße steigt die Anfälligkeit für „aushäusige“<br />

Kontakte.<br />

Zwischendurch-Abschiede<br />

Abschied tut weh, sagt wissend der Volksmund.<br />

Dies gilt auch für das Loyalitätsmarketing.<br />

Kundenkontakte haben an<br />

vielen Stellen mit einem kleinen Abschied<br />

zu tun: Service-Mitarbeiter und Auftraggeber<br />

gehen nach getaner Reparatur auseinander,<br />

die Techniker räumen nach<br />

Inbetriebnahme einer Anlage das Feld,<br />

der Kunde verlässt die Einkaufsstätte. Ein<br />

solcher Abschied ist immer ein kleiner<br />

Bruch in der Kundenbeziehung.<br />

Welche loyalitätsstärkenden Maßnahmen<br />

ergreifen Sie also in diesem Moment? So<br />

könnten Hotels nicht nur ein Willkommensgetränk,<br />

sondern auch eines zum<br />

Abschied servieren. Die Garant Möbelhändler<br />

aus Österreich hinterlassen nach<br />

der Montage einer Küche eine „Nasch -<br />

lade“. In einer Schublade werden Süßigkeiten<br />

versteckt, die der Kunde wenig<br />

später überraschend entdeckt. Man stelle<br />

sich das Hallo vor, wenn die Familie Kin -<br />

der hat.<br />

Der Ausstieg aus der Loyalität<br />

Für den Ausstieg aus der Loyalität gibt es<br />

zweierlei Gründe: Geld oder schlechte<br />

Gefühle. Hat eine Beziehung gerade erst<br />

begonnen, trägt der Kunde noch die Brille<br />

der misstrauischen Vorsicht. Selbst bei<br />

kleinen Fehlern sind Anbieter dann<br />

schnell in Gefahr. Bei überlangen Beziehungen<br />

hingegen kommt es zu Desinteresse,<br />

Langeweile und Überdruss. Jede<br />

kleine Nachlässigkeit und jede kleine<br />

Beschwerde kann nun das Ende einläuten.<br />

Weitere heikle Momente: Wenn bedingt<br />

durch das Vertragsende, durch Preiserhöhungen,<br />

fällige Jahresgespräche oder<br />

Konditionen-Anpassungen mit Kündigungen<br />

zu rechnen ist. In derartigen<br />

Fällen sollte ein positives Ereignis vorgeschaltet<br />

werden. Selbst jeder Rechnungsversand<br />

ist kritisch, denn da bilanziert der<br />

Kunde, ob Geld und Gegenwert zuein an -<br />

der passen. Diese Betrachtung ist höchst<br />

subjektiv und sie wird von kurz zurückliegenden<br />

Ereignissen positiv oder negativ<br />

überschattet. Dabei sehen die Menschen<br />

nicht das, was sie sehen sollen, sondern<br />

immer nur das, was sie sehen wollen.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Anne M. Schüller<br />

Anne M. Schüller<br />

ist Managementdenker,<br />

Keynote-Speaker, mehrfache<br />

Bestsellerautorin und Businesscoach.<br />

Die Diplom-Betriebswirtin<br />

gilt als Europas führende<br />

Expertin für das Touchpoint<br />

Management und eine kundenfokussierte<br />

Unternehmensführung.<br />

Sie zählt zu den gefragtesten<br />

Referenten im deutschsprachigen<br />

Raum und hält<br />

Vorträge und Workshops zum<br />

Thema. Sie ist Gastdozentin an<br />

mehreren Hochschulen.<br />

Zu ihrem Kundenkreis zählt<br />

die Elite der Wirtschaft. Ihr<br />

Touchpoint Institut bildet<br />

zertifizierte Touchpoint<br />

Manager aus und vergibt<br />

Touchpoint-Lizenzen.<br />

Kontakt:<br />

www.touchpoint-management.de<br />

und www.anneschueller.de<br />

Foto: SLincolnGroup 167536 / pixabay.com<br />

Seite 31


Courtagesenkung und Honorarberatung<br />

Wie halten es die Maklerpools?<br />

Oliver Pradetto: Es gibt ja keine Alternative.<br />

Immerhin folgen die Änderungen<br />

gesetzlichen Zwängen. Insofern<br />

sieht blau direkt es absolut<br />

positiv, dass die Mehrzahl der Versicherer<br />

sich bemüht, Senkungen der<br />

Abschlussprovisionen durch höhere<br />

Bestandsprovisionen zu mildern. blau<br />

direkt konnte bislang bei allen relevanten<br />

Versicherern Senkungen der<br />

Abschlussprovisionen vermeiden und<br />

gleichzeitig rund 38 Prozent mehr<br />

Bestandsvergütung auszahlen. Für<br />

blau direkt-Partner überwiegen daher<br />

aktuell die positiven Effekte.<br />

Michael Buth: Die Kürzungen von<br />

Abschlussprovisionen für den Bereich<br />

kapitalisierender(!) Versicherungen<br />

waren längst überfällig, wir rechnen<br />

letztlich mit einer vollständigen Streichung.<br />

Die Begründung ist einfach:<br />

Stellen Sie sich vor, Sie würden einen<br />

Banksparplan mit 25 Jahren Laufzeit<br />

und 100 Euro Monatsbeitrag ab -<br />

schließen, den Sie aber nach 3 Jahren<br />

aus persönlichen Gründen kündigen<br />

müssen. Die Bank wird Ihnen wegen<br />

vorzeitiger Vertragsauflösung sehr<br />

wahrscheinlich die Zinsen streichen<br />

und ein paar Gebühren berechnen,<br />

aber weitgehend werden Sie Ihre bis -<br />

her eingezahlten Gelder zurücker -<br />

halten. Denn ein Auszahlbetrag, der<br />

deutlich unter den eingezahlten Beiträgen<br />

liegt, würde erhebliche Proteste<br />

der Kundschaft zur Folge haben. Und<br />

bei gezillmerten Rentenversicherun -<br />

gen, Rentenversicherungen gegen eine<br />

sogenannte Kostenausgleichsvereinbarung<br />

oder bei Vermittlung der Rentenversicherung<br />

gegen Honorar? Er -<br />

staunlich, dass Verbraucher und Ge -<br />

setzgeber die hier mit einer vorzeitigen<br />

Kündigung einhergehenden<br />

realen Verluste bisher überhaupt hingenommen<br />

haben. Immerhin werden<br />

nach Schätzung von Experten ca. 70<br />

Prozent aller versicherungsbasieren -<br />

den Anlageprodukte vor Ablauf ge -<br />

kündigt oder beitragsfrei gestellt.<br />

Im Rahmen des LVRG haben viele<br />

Anbieter die Abschlusscourtage<br />

ge senkt. Einige Versicherungen zahlen<br />

nun eine höhere Bestandscourtage,<br />

andere verzichten auf einen Ausgleich.<br />

Wie bewerten Sie die Entwicklung?<br />

Überwiegen die Vor- oder Nachteile?<br />

Dr. Sebastian Grabmaier: Diese Entwicklung<br />

war voraussehbar, da durch das<br />

LVRG der Kostendruck auf die Versicherer<br />

steigt und die Eingangssätze bei<br />

den Pools, Vertrieben und Maklern sin -<br />

ken. Auch wenn höhere Bestandscourtagen<br />

langfristig positive Auswirkungen<br />

haben, da sich der Wert des Bestandes<br />

erhöht und der Bestand kontinuierlich<br />

Einnahmen bringt, ist das LVRG der<br />

bisher größte Einschnitt in die Berufsausübung<br />

der freien Makler. Die Übergangszeit<br />

bis zur Gewöhnung an niedrigere<br />

Courtageniveaus in Versicherungssparplänen<br />

wird für viele Vermittler zunächst<br />

deutliche Einkommenseinbußen bedeu -<br />

ten. Dies wird insbesondere ein Problem<br />

für junge Vermittler, die noch keinen<br />

großen Bestand haben und für Vertriebe,<br />

die mit vielen Vermittlerstufen aufgestellt<br />

sind. Zudem wird auch der Einstieg für<br />

neue Makler schwieriger und das jetzt<br />

schon vorhandene Nachwuchsproblem<br />

der Branche wird sich verschärfen.<br />

Oliver Drewes, Geschäftsführer<br />

maxpool Servicegesellschaft für<br />

Finanzdienstleister mbH<br />

Oliver Drewes: Aus meiner Sicht<br />

überwiegen ganz klar die Nachteile.<br />

Im Ergebnis ist es eine<br />

Schlechterstellung des unabhängigen<br />

Maklers gegenüber des ge -<br />

bundenen Vertreters, der sicher<br />

weiterhin un veränderte Kosten<br />

produzieren kann. Trotzdem<br />

werden sich die freien Makler<br />

auch zukünftig am Markt be -<br />

haupten. Qualität und un ab hän -<br />

gige Beratung setzen sich durch,<br />

davon bin ich überzeugt.<br />

Markus Kiener: Die Auswirkun -<br />

gen des LVRG sind bislang ge -<br />

ringer, als es die meisten Marktteilnehmer<br />

erwartet hatten. Das<br />

liegt zum einen daran, dass noch<br />

nicht alle LV-Gesellschaften Ver -<br />

änderun gen in den Courtagen,<br />

der Haftungszeit oder der Laufzeitmaximierung<br />

vorgenom men<br />

haben. Zum anderen sind aber<br />

auch die bereits be kannten An -<br />

passungen nicht dramatisch. Es<br />

gab kaum drastische Senkungen<br />

der Courtagen, viele Kürzungen<br />

der Ab schluss pro vision wurden<br />

zudem zumindest teilweise kompensiert,<br />

beispielsweise durch<br />

laufende Provisi o nen, und die BU<br />

ist bei den meis ten Anbietern<br />

vom LVRG gar nicht be troffen.<br />

Dr. Sebastian Grabmaier,<br />

Vorstandsvorsitzender<br />

Jung, DMS & Cie. AG<br />

Seite 32 01/<strong>2015</strong>


Vertrieb<br />

Im Zuge des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) reagierten Versicherer mit Senkung der Abschluss-,<br />

zum Teil auch der Bestandscourtage. Auf der anderen Seite setzen europäische Regulierer und Verbraucherschützer<br />

als Alternative zur provisionsbasierten Beratung auf Honorarberatung. Wie stehen die Maklerpools<br />

zu den Entwicklungen am Markt? Ob sie ihre Makler auch bei einer Honorarberatung unterstützen,<br />

zeigte sich im Kurzinterview mit Oliver Pradetto (blau direkt), Markus Kiener (Fonds Finanz), Michael<br />

Buth (INVERS GmbH), Dr. Sebastian Grabmaier (Jung, DMS & Cie.) und Oliver Drewes (maxpool).<br />

Michael Buth: Die Frage ist sehr allgemein<br />

und ich möchte nicht pauschal über alle<br />

Versicherer das Urteil fällen, sie hätten<br />

die Maklerschaft nicht ausreichend be -<br />

rücksichtigt. Umso unglaublicher und<br />

nicht hinnehmbar sind die vereinzelten<br />

Versuche von Versicherungsgesellschaften,<br />

die Provisionen im Bereich der rein biometrischen<br />

Absicherungen (z. B. Risikound<br />

Berufsunfähigkeitsversicherung) zu<br />

kürzen. Noch unglaublicher ist solches<br />

Vorgehen, wenn der Kunde dabei die gleichen<br />

Leistungen erhält und die gleichen<br />

Beiträge zahlt wie vor der angestrebten<br />

Provisionskürzung – vor allem, wenn<br />

nicht in gleichem Ausmaß der Provisionskürzung<br />

zu Gunsten der Kunden neu<br />

tarifiert wurde.<br />

Versicherer, welche versuchen im biometrischen<br />

Bereich Provisionskürzungen<br />

durchzusetzen, werden – dies hoffen wir<br />

sehr – aus Maklersicht sehr bald eine<br />

„Abstimmung mit den Füßen“ erfahren.<br />

Bei rein biometrischen LV-Risiken ohne<br />

Anlageteil handelt es sich um Tarife, welche<br />

einem einfachen Preismodell ohne<br />

versteckte Kosten unterliegen. Der Verbraucher<br />

ist also in der Lage, die Tarife<br />

tatsächlich auf ein Preis-/Leistungsverhältnis<br />

zu prüfen. Von daher kann es hier<br />

keine Provisionskürzungen geben, allein<br />

der Markt – letztlich also der Verbraucher<br />

– entscheidet.<br />

Oliver Pradetto: Das LVRG folgt in erster<br />

Linie den Interessen der Politik, den Fortbestand<br />

der Lebensversicherung zu si -<br />

chern. Dass der Gesetzgeber Vergütungsmöglichkeiten<br />

beschneidet, kann kaum<br />

unserem Interesse gerecht werden. Andererseits<br />

muss man anerkennen, dass der<br />

Gesetzgeber nicht dem Wunsch der Ausschließlichkeitsversicherer<br />

nach einer<br />

direkten Reglementierung der Provisionen<br />

folgte. Jetzt kommen Ersparnisse beim<br />

Kun den an und der Wettbewerb bleibt<br />

be stehen. Das begrüßen wir.<br />

Sind Ihrer Meinung nach<br />

die Interessen der Maklerschaft<br />

beim LVRG aus -<br />

reichend be rücksichtigt<br />

worden?<br />

Markus Kiener: Ich habe mich gemeinsam<br />

mit dem AfW beim LVRG unter anderem<br />

im Finanzausschuss des Bundestages<br />

massiv für die Interessen der Makler engagiert.<br />

Wir haben uns mit Nachdruck beispielsweise<br />

gegen die geplante Offenlegung<br />

der Provisionen ausgesprochen und<br />

waren hier auch erfolgreich. Selbstverständlich<br />

hätte ich mir noch mehr ge -<br />

wünscht, aber im Rahmen des möglichen<br />

bin ich ganz zufrieden.<br />

Dr. Sebastian Grabmaier: Die Einbeziehung<br />

der Maklerschaft in den Gesetzgebungsprozess<br />

war schon wesentlich besser<br />

als bei der Einführung des Provisionsdeckels<br />

in der Krankenversicherung, den die<br />

Versicherer quasi über Nacht durchgeboxt<br />

haben und der die meisten KV-Makler<br />

kalt erwischt hat. Allerdings ist es beim<br />

LVRG nicht gelungen, als Makler mit<br />

einer Sprache zu sprechen: Gerade seitens<br />

der Sachmak ler wurde eine Senkung der<br />

LV-Courtagen frühzeitig akzeptiert, um<br />

im Gegenzug ja die Transparenz bei den<br />

Sachcourtagen zu verhindern. Für LV-<br />

Vermittler war dies ein Bärendienst.<br />

Oliver Drewes: Keinesfalls. Das LVRG<br />

wur de komplett ohne Berücksichtigung<br />

der Interessenlage der unabhängigen Versicherungsmakler<br />

umgesetzt. Lediglich<br />

einzelne Detailfragen konnten noch etwas<br />

abgefangen werden. Der Hintergrund ist<br />

leider schnell erklärt: Meinem Verständnis<br />

nach nimmt der Gesetzgeber Versicherungsmakler<br />

wenig bis gar nicht wahr. In<br />

Berlin werden Versicherungsmakler fortlaufend<br />

mit gebundenen Vertretern oder<br />

Bankberatern vermischt. Unsere Makler-<br />

Lobby ist leider noch immer zu schwach<br />

und zu wenig organisiert.<br />

Michael Buth,<br />

Geschäftsführer<br />

INVERS GmbH<br />

Markus Kiener, geschäftsführender<br />

Gesellschafter Fonds<br />

Finanz Maklerservice GmbH<br />

Oliver Pradetto,<br />

Geschäftsführer blau direkt<br />

GmbH und Co. KG<br />

Seite 33


Das LVRG könnte die Einführung alternativer Vergütungsmodelle begünstigen.<br />

Die Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) fordert die rasche Einführung von<br />

Nettotarifen. Nur dann hätten Makler die echte Wahl, ob sie gegen Provision oder Honorar beraten.<br />

Warum tut sich die Branche mit Honorarberatung so schwer?<br />

Oliver Drewes: Die Branche tut<br />

sich aus meiner Sicht nicht be -<br />

sonders schwer – Honorarprodukte<br />

sind doch mehr und mehr<br />

im Kommen.<br />

Ich meine aber auch, dass die<br />

Käuferschicht für Honorarberatung<br />

zu klein ist. Natürlich ist die<br />

Honorarberatung gut und wicht -<br />

ig, aber eben nicht für die Breite<br />

des Marktes.<br />

Ich glaube an die qualitativ gute<br />

und seriöse Provisionsberatung<br />

und sehe die Honorarberatung<br />

als eine sinnvolle Ergänzung für<br />

bestimmtes Klientel. Nicht aber<br />

als flächendeckenden Ersatz.<br />

Oliver Pradetto: Tut sich die<br />

Branche schwer oder der Kun -<br />

de? Versuchen Sie mal, einer ostdeutschen<br />

Friseurin 200,- Euro<br />

für eine Privathaftpflicht-Beratung<br />

zu berechnen. Ein Mensch<br />

sollte unabhängig von seinem<br />

Einkommen die Chance auf eine<br />

hochwertige Beratung erhalten.<br />

Sicherheit ist ein Grund recht. Sie<br />

darf nicht zahlungskräftigen<br />

Kun den vorbehalten sein.<br />

Trotzdem meint blau direkt, dass<br />

die Honorarberatung das Dienstleistungsspektrum<br />

eines Maklers<br />

und die Wahlfreiheit des Kunden<br />

bereichert.<br />

Michael Buth: Wir schätzen den IGVM und dessen<br />

Arbeit sehr. Auch INVERS favorisiert ein friedliches<br />

Nebeneinander von Provisions- und Honorartarifen,<br />

wünscht mithin zu jedem Provisionstarif einen ebensolchen<br />

(echten) Honorartarif. Als Honorartarif be -<br />

zeichnen wir dabei einen solchen Tarif, welcher anfallende<br />

Kosten ausschließlich gemäß Zahlweise be -<br />

rechnet, bei welchem also weder Provisionen noch<br />

Kosten des Versicherers gezillmert sind. Allerdings<br />

fordern wir noch einiges mehr, damit Honorarberatung<br />

für Versicherungsmakler rechtlich gesichert und<br />

fair ist. Nur dann hat Honorarberatung u. E. tatsächlich<br />

eine Chance:<br />

1. Der Versicherungsmakler muss jeden Kunden (egal<br />

ob Verbraucher oder Nichtverbraucher) sowohl gegen<br />

Honorar wie auch gegen Courtage beraten dürfen.<br />

Gegen Honorar vor allem unabhängig davon, ob die<br />

Beratung in unmittelbarem oder mittelbarem Zusammenhang<br />

mit einer Vertragsvermittlung steht. Dies<br />

muss gesetzlich festgeschrieben sein. Nur so ist gesichert,<br />

dass auch die Kunden, die sich ein Beratungshonorar<br />

nicht leisten können oder wollen, in den<br />

Genuss einer tatsächlichen Beratung kommen können.<br />

Im Weiteren ist gesichert, dass der Makler nicht unter<br />

Vermittlungszwang steht.<br />

2. Es muss – ähnlich wie bei Anwälten und Notaren<br />

– eine gesetzliche Honorarordnung für die Beratung<br />

gegen Honorar geschaffen werden.<br />

3. Der Makler ist gesetzlich zu verpflichten, seinen<br />

Mandanten beide Modelle nachweislich anzubieten.<br />

4. Alle Versicherer sind gesetzlich zu verpflichten, von<br />

Maklern Geschäft anzunehmen und bei Tarifen,<br />

welche Courtage beinhalten, diese an den Makler zu<br />

zahlen.<br />

5. Alle Versicherer sind gesetzlich zu verpflichten,<br />

bestehende Kundenverträge von einem Makler be -<br />

treuen zu lassen, wenn der Kunde dies wünscht. Handelt<br />

es sich um solche Tarife, welche Betreuungs -<br />

courtage beinhalten, so ist diese Courtage entweder<br />

fortan an den Makler zu zahlen oder der Versicherer<br />

muss den Tarif mit Betreuungsübernahme durch den<br />

Makler „netto“ stellen, damit der Makler seinerseits<br />

mit seinen Mandanten ein Betreuungshonorar vereinbaren<br />

kann.<br />

Markus Kiener: Sehr viele An -<br />

bieter haben heute schon Nettotarife<br />

im Programm, das<br />

Angebot ist also vorhanden.<br />

Das große Problem der Honorarberatung<br />

ist die fehlende<br />

Nachfrage bei den Kunden.<br />

Die Provisionsberatung ist ein<br />

in Deutschland seit vielen<br />

Jahr zehnten gelerntes und ge -<br />

lebtes Modell, mit dem alle<br />

Beteiligten auch immer sehr<br />

gut gefahren sind.<br />

Dr. Sebastian Grabmaier: Die<br />

Umstellung von der traditionellen<br />

provisionsabhängigen<br />

Beratung auf Honorarberatung<br />

bedeutet für Vermittler<br />

wie für Pools ein Umdenken.<br />

Jahrelange eingespielte Prozesse<br />

müssen überdacht und<br />

neue Formen der Zusammenarbeit<br />

zwischen Vermittler und<br />

Pools entwickelt werden. Wir<br />

sehen uns hierfür gut gerüstet,<br />

da wir mit unserer Nettoplattform<br />

easynetto bereits heute<br />

ein führendes Modell anbieten<br />

können, mit dem sich der<br />

Makler unabhängig von Provisionszahlungen<br />

macht. Be -<br />

reits 16 teilnehmende Versicherer<br />

bedeuten ein breites<br />

Produktangebot, mit dem fast<br />

alle Kundenbedarfe optimal<br />

gedeckt werden können.<br />

Seite 34 01/<strong>2015</strong>


Vertrieb<br />

Markus Kiener: Die Ho -<br />

no rar beratung bietet<br />

Maklern keinen Vor teil,<br />

denn ein freier Makler<br />

berät schon heu te komplett<br />

produktunabhän -<br />

gig, vor allem dann,<br />

wenn er mit einem Pool<br />

zusammenarbeitet, der<br />

ihm das vollständige<br />

Marktangebot zur Verfügung<br />

stellt.<br />

Die Provisionen aller<br />

Anbieter un terscheiden<br />

sich nur marginal, so<br />

dass auch hier kein<br />

monetärer An reiz be -<br />

steht, einem Kun den ein<br />

suboptimales Produkt<br />

zu verkaufen. Ich bin<br />

komplett da gegen, dass<br />

der Ge setz geber den<br />

Menschen die Entscheidung<br />

abnimmt, wie sie<br />

sich eine Versicherung<br />

be sorgen. Die Fonds Fi -<br />

nanz unterstützt auch<br />

die Makler, die eine Ho -<br />

norarberatung anbieten<br />

möcht en. In großem<br />

Umfang füh ren wir die -<br />

ses Mo dell ak tuell aber<br />

nicht ein, da die Nachfrage<br />

danach nicht vorhanden<br />

ist.<br />

Dr. Sebastian Grabmaier:<br />

Selbstverständlich. Mit<br />

unserer Nettoplattform<br />

easynetto bietet Jung,<br />

DMS & Cie. bereits<br />

heu te ein Modell an, mit<br />

dem sich jeder Makler<br />

unabhän gig von Provisionszahlungen<br />

machen<br />

kann. Über easynetto<br />

ver mittelt der Makler<br />

günstigere Nettotarife in<br />

Kom bi nation mit Ver -<br />

mittlungsvergütungs -<br />

ver einbarungen oder<br />

Ho norarnoten. Hier<br />

sind jetzt schon bessere<br />

Vergütungen mit deutlich<br />

reduzierten Haftzeiten<br />

möglich. Mit den<br />

Nettotarifen von inzwischen<br />

16 Versicherern<br />

ist sie unse rer Kenntnis<br />

nach aktuell die führende<br />

Honorarvermittlerplattform<br />

in Deutsch -<br />

land. Und wir werden<br />

dieses Jahr noch weitere<br />

Versicherer ge winnen,<br />

die darüber ihre Nettotarife<br />

anbieten.<br />

Oliver Drewes: Ich verstehe<br />

die Frage nicht.<br />

Warum soll te die Honorarberatung<br />

eine pro -<br />

duktunabhängige Beratung<br />

gewährleisten und<br />

die Provisionsberatung<br />

nicht? Das LVRG verkompliziert<br />

Provisionsberatung<br />

zwar et was,<br />

weil die Vergütungssätze<br />

nun anfan gen, von -<br />

einander abzuweichen.<br />

Gleichwohl ver liere ich<br />

deswegen nicht meinen<br />

Glauben an die Provisionsberatung.<br />

Und ja,<br />

parallel unterstützen wir<br />

unsere Makler trotzdem<br />

auch hinsichtlich der<br />

Honorarberatung. Als<br />

Alternative für be -<br />

stimm te Makler und als<br />

guten Ansatz bei be -<br />

stimmtem Klientel.<br />

Die Honorarberatung wird skeptisch gesehen,<br />

könnte aber tatsächlich eine produktunabhängige<br />

Beratung gewährleisten. Würde Honorarberatung nicht<br />

speziell die Rolle der Makler stärken –<br />

weil sie eben nicht wie Ausschließlichkeitsvertreter<br />

einem einzigen Produktgeber gegenüber<br />

verpflichtet sind, sondern<br />

eben unge bunden?<br />

Werden Sie Ihre Makler unterstützen,<br />

wenn sie Honorarberatungen<br />

anbieten wollen?<br />

Michael Buth: Ein Großteil<br />

der Frage wur de<br />

bereits beantwor tet. Aus<br />

unseren genannten Forderungen<br />

ergibt sich<br />

logischer Weise, dass<br />

wir Honorarberatung<br />

un terstüt zen würden,<br />

unter der Voraussetzung<br />

der vorstehend ge nann -<br />

ten Be dingungen. Keine<br />

rechtlich klaren Be din -<br />

gun gen bedeuten aber<br />

auch, dass wir dieses<br />

The ma – wegen der be -<br />

stehen den rechtlichen<br />

Un sicherheiten – bis da -<br />

hin sehr kritisch sehen.<br />

Oliver Pradetto: Tatsächlich<br />

bietet blau di rekt<br />

als einziger Pool die<br />

kostenfreie Abwicklung<br />

und Verwaltung von<br />

provisionsfreien Netto-<br />

Ta rifen für seine Partner<br />

an. Andere Anbieter<br />

fordern speziell für die -<br />

se Dienste einen fet ten<br />

Anteil am Honorar des<br />

Maklers.<br />

Foto: Sophieja23 687560 / pixabay.com<br />

Seite 35


Welche Chancen und Gefahren<br />

sehen Sie für Ihren Pool, die aus<br />

der Honorarberatung erwachsen?<br />

Dr. Sebastian Grabmaier: Wir sehen die Entwicklung<br />

hin zu verstärkter Honorarberatung<br />

eher als Chance. Das Thema Honorarberatung<br />

wird mittelfristig an Bedeutung ge -<br />

winnen. Das bedeutet, dass Vermittler offen<br />

sein sollten für Beratungsmodelle auf Honorarbasis.<br />

Als Maklerpool sehen wir es als<br />

unsere Aufgabe, unsere Partner dabei mit<br />

umfassendem Service und Dienstleistungen<br />

zu unterstützen. Neben unserer Nettoplattform<br />

easynetto bieten wir umfassende Dienstleistungen<br />

sowohl hinsichtlich einer umfassenden<br />

Produktpalette als auch in regulatorischen<br />

und organisatorischen Be langen,<br />

damit sich die Vermittler voll und ganz auf<br />

ihre Kunden konzentrieren kön nen. Abgesehen<br />

davon werden sich die meisten Vermittler<br />

auch zukünftig ihren Pool nicht nur<br />

aufgrund von Provisionshöhen auswählen,<br />

sondern sich das gesamte Leistungspaket eines<br />

Pools (persönliche Ansprechpartner, Software,<br />

guter Service, etc.) ansehen. Gerade auch für<br />

Vertriebe sind Vermittlungs vergütungs ver -<br />

einbarun gen in Zeiten der LVRG-Umstellung<br />

eine äußerst interessante Alternative.<br />

Oliver Drewes: Wir sind Dienstleister für Versicherungsmakler, unabhängig von der Vergütungsart.<br />

Wir werden beide Wege bedienen und übrigens unsere hauseigenen Deckungskonzepte<br />

auch für Honorarberater anbieten. Da wir uns mit unserer Arbeit auf fachliche<br />

Unterstützung und Produktqualität ausgerichtet haben, sehe ich beide Vertriebsarten<br />

gleichgestellt und grundsätzlich recht leidenschaftslos. Eine Kooperation mit maxpool<br />

ist für beide Maklerarten interessant und reich an Mehrwerten.<br />

Oliver Pradetto: Honorarberatung erhöht nicht nur die Produktunabhängigkeit, auch die<br />

Qualität der Dienstleistung verbessert sich. Wo der Makler den Wert seiner Dienstleistung<br />

dem Kunden berechnet, muss er einen transparenten und kundenorientieren Nutzen<br />

definieren und erarbeiten. Makler werden dadurch leistungsfähiger und erfolgreicher.<br />

Ich sehe dies als Chance für unseren Berufsstand allgemein. Es dürfte auf der Hand liegen,<br />

dass der Erfolg unseres Partners Garant für unser wirtschaftliches Wohlbefinden ist.<br />

Michael Buth: Gefahren sehen wir keine, insofern der Gesetzgeber alle unmittelbaren<br />

und mittelbaren Zahlungen der Produktgeber an einen Pool/Makler im Bereich Honorarberatung<br />

strikt unterbindet und dazu eine jährliche Pflichtprüfung durchführt. Wir<br />

sehen hier eher die Chance, dass Pools eine Dienstleisterrolle übernehmen können, die<br />

Maklern zukünftig noch höhere Mehrwerte bietet. Dies kann z. B. die Honorarabrechnung<br />

und das Inkasso mit den Kunden des Maklers sein (ähnlich wie bei Ärzten), die Produktentwicklung,<br />

die Funktion als Versicherungsbörse, das Anbieten tatsächlich unabhängiger<br />

Weiterbildung und viele andere Möglichkeiten. Aber auch hier gilt, wie schon beschrieben,<br />

dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen müssen.<br />

Markus Kiener: Das Thema Honorarberatung spielt bei der Fonds Finanz derzeit nur eine<br />

sehr untergeordnete Rolle. Wir haben die Einführung von Honorarmodellen intensiv<br />

geprüft und ein fertiges Konzept in der Schublade. Sobald wir eine nennenswerte Nachfrage<br />

nach der Honorarberatung haben und sich die Einführung für uns wirtschaftlich lohnt,<br />

werden wir diese umgehend und sehr kurzfristig realisieren können. Bis dahin bleiben<br />

wir bei unserem sehr erfolgreichen Geschäftsmodell.<br />

Welche Prognose geben Sie für die zukünftige Entwicklung des Lebensversicherungsmarktes ab? Werden Sie<br />

weiterhin auf LV-Produkte setzen – oder verstärkt auf alternative Altersvorsorge-Produkte „ausweichen“?<br />

Oliver Drewes: Wir machen die größten LV-Umsatzanteile mit Biometrie-Produkten<br />

und im Bereich der betrieblichen Altersversorgung. Das<br />

wird sicherlich auch weiterhin so bleiben. In den Bereichen der Privatvorsorge<br />

glaube ich trotzdem auch weiterhin an die sorgsam ausgewählten<br />

und guten Lebensversicherungsprodukte. Alternative „Ausweichprodukte“<br />

sind sehr modern, aber nur selten wirklich besser als<br />

die LV-Produkte. Ich bin kein Freund von Experimenten in der Altersversorgung.<br />

Dr. Sebastian Grabmaier: Am Kundenbedarf hat sich durch das LVRG<br />

nichts geändert und wir setzen weiter auf Lebensversicherungsprodukte.<br />

Warum? Biometrische Risiken (Tod, BU, Pflege) können nur durch<br />

Versicherungsprodukte effektiv abgesichert werden. Im Altersvorsorgebereich<br />

bieten Versicherungsprodukte zudem lebenslange Leibrenten,<br />

die zukünftig stark an Bedeutung gewinnen werden, da das „Langlebigkeitsrisiko“<br />

durch andere Sparprodukte nicht abgedeckt ist. Darüber<br />

hinaus haben wir unser Portfolio im Altersvorsorgebereich jüngst mit<br />

FINE FOLIO ETF-Stabilitäts-Strategien erweitert. Die innovativen Strategien<br />

auf ETF-Basis sind eine optimale Produktlösung für die Altersvorsorge<br />

und Vermögensanlage. Sie ermöglichen es Beratern und Vermittlern<br />

zudem, am stetig wachsenden ETF-Markt erstmals auch attraktive<br />

Provisionserlöse zu erwirtschaften.<br />

Oliver Pradetto: Ehrlich gesagt ärgert mich diese Kaputtrederei der Lebens -<br />

versicherung. Wir sind Versicherungsmakler. Unsere Aufgabe ist es nicht,<br />

Michael Buth: Wenn Sie die Absicherung des Todesfall- und<br />

Berufsunfähigkeitsrisikos, die Absicherung von schweren<br />

Krankheiten etc. ohne Anlageteil meinen, dann lautet unserer<br />

Antwort ganz klar: Ja, wir setzen weiterhin auf LV-Produkte!<br />

Bereits 2004 hat INVERS sehr erfolgreich ein Kompetenzcenter<br />

für biometrische LV-Risiken aufgebaut. Im Bereich der<br />

Altersvorsorge hingegen bleibt unser Grundsatz im Interesse<br />

der Verbraucher und im Interesse der Haftung der Versicherungsmakler<br />

ebenso klar: Trenne Versicherung und Geldanlage!<br />

Für die Bereiche Sparen, Geldanlage und langfristige<br />

Altersvorsorge haben wir eine Investmentabteilung, die hervorragend<br />

aufgestellt ist.<br />

Markus Kiener: Der LV-Markt wird auch in Zukunft eine der<br />

tragenden Säulen der Absicherung bleiben und damit auch<br />

für die Fonds Finanz ein wichtiges Standbein. Biometrische<br />

Produkte sind zudem gar nicht vom LVRG betroffen und die<br />

Nachfrage danach ist ungebrochen hoch. Die Makler werden<br />

daher weiter auf LV-Produkte setzen, alleine schon weil die<br />

Deutschen die klassischen Produkte mit Garantieverzinsung<br />

sehr schätzen. Trotzdem spüren wir ein Umdenken hin zu<br />

alternativen Altersvorsorge-Produkten. Das ist ein Grund<br />

dafür, dass wir beispielsweise unsere Investment-Sparte massiv<br />

ausbauen.<br />

mit Banken in den Renditewettbewerb einzutreten, sondern Sicherheit zu geben. Wenn wir das Einkommen des Kunden vor Berufsunfähigkeit<br />

absichern, würden wir seinen Schutz niemals von einer zufälligen Kapitalmarktentwicklung abhängig machen. Das Alter ist nichts anderes,<br />

als ein sicher eintretender Verlust des Einkommens. Risiken werden nicht mit Investments, sondern mit Versicherungen ausgeschaltet.<br />

Vielen Dank an Michael Buth, Oliver Drewes, Dr. Sebastian Grabmaier, Markus Kiener und Oliver Pradetto!<br />

Seite 36 01/<strong>2015</strong>


Vertrieb<br />

GDV-Kodex mit Prüfstempel<br />

Solvabilität nur mit Ehrenwort<br />

Mit ihrem Vertriebskodex landeten die deutschen Versicherer einen echten Kassenschlager – für Wirtschaftsprüfer.<br />

Zum geduldigen Papier des Kodex produzieren die Prüfer inzwischen noch mehr Papier: Testate, die das<br />

Einhalten des Ehrenworts der Assekuranz gegenüber den Kunden bestätigen sollen. Bis es soweit war, fluteten<br />

oft siebenstellige Honorare die Kassen der Prüfer und ihrer zugehörigen Beraterfirmen. Verkehrte Welt: Für ihr<br />

wichtigstes Vertrauensgut, ihre Leistungskraft, lehnen die Versicherer Prüfsiegel des Wirtschaftsprüfers ab.<br />

Die Assekuranz will ihren Lack aufpolieren:<br />

„Das Verhältnis der Versicherer zu<br />

ihren Kunden ist schlecht. Gebeutelt von<br />

Negativschlagzeilen kämpft die Branche<br />

um ihren guten Ruf.“ Diese Worte schrie -<br />

ben die Berater- und Wirtschaftsprüfer<br />

von KPMG im Frühjahr 2013 in ihr Unter<br />

nehmensblog. Und weiter: Um sein<br />

„Image zu verbessern“, so KPMG, habe<br />

der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />

(GDV) seinen Vertriebskodex<br />

ins Leben gerufen.<br />

GDV-Kodex – Auszug Nr. 11 – Wirksamkeitsprüfung<br />

Kodex wird nicht praktiziert –<br />

Kodex muss nur überall<br />

drinstehen<br />

Ab Mitte 2013 traten fast alle Versicherer<br />

dem Kodex bei. Seit diesem April flattern<br />

den Unternehmen die Testate ihrer Wirtschaftsprüfer<br />

ins Haus: „Alles O.K.“, sagen<br />

die Prüfer sinngemäß. In Wirklichkeit<br />

sind die Testate gut 20 sperrig formulierte<br />

Seiten lang; und bestätigen im Grunde<br />

nur, dass der Kodex überall dort drin<br />

steht, wo er drin stehen soll – in Vertreterverträgen<br />

oder internen Richtlinien.<br />

Offiziell heißt das, der Kodex sei „angemessen<br />

eingeführt“. Papier ist geduldig.<br />

Wofür das alles?<br />

Kodex kann noch nicht<br />

praktiziert werden<br />

Ein Kodex als freiwilliges Ehrenwort ist<br />

kein Muss und kein Gesetz. Gesetze galten<br />

auch vorher schon! Und die Praxis? Nur<br />

im Fall der „Wirksamkeitsprüfung“, so der<br />

GDV-Text (vgl. Abb.), könne der Prüfer<br />

testieren, dass der Kodex im Sinne dieses<br />

Ehrenwortes „auch praktiziert“ wird. Ein<br />

solcher echter Soll-Ist-Abgleich ist bisher<br />

unmöglich, weil eine Checkliste (Prüfhinweis)<br />

für Wirtschaftsprüfer hierzu<br />

noch nicht existiert: Der Kodex wird noch<br />

nicht praktiziert!<br />

Solvabilitäts-Testat wäre<br />

Überbürokratisierung<br />

Mit seinem Ehrenwort nimmt es der<br />

GDV also sehr genau. Beim Anwenden<br />

der EU-Eigenkapital-Richtlinie Solvency<br />

II ist der Verband dagegen gelassener.<br />

Anfang April erklärte der GDV, er wolle<br />

für seine Versicherer eine „Überbürokratisierung<br />

verhindern“, weil mit dem neuen<br />

Versicherungsaufsichts-Gesetzes ab 2016<br />

die sogenannte Solvabilitätsübersicht<br />

(eine Solvency II-Auflage) zusätzlich von<br />

einem Wirtschaftsprüfer testiert werden<br />

soll.<br />

Eine zusätzliche Testierung<br />

bringt keinen Mehrwert<br />

– Papier-Tiger Kodex<br />

wird testiert<br />

Dieses Dokument, eines der wichtigsten<br />

Zeugnisse der zukünftigen Leistungskraft<br />

des Versicherers, dient dem Schutz vor<br />

allem der Lebensversicherungs-Kunden.<br />

Aber ausgerechnet hierfür will der GDV<br />

keine Zusatzprüfung durch den Wirtschaftsprüfer.<br />

Axel Wehling vom GDV<br />

sagte dazu Anfang April: „Eine zusätzliche<br />

Testierung bringt keinen Mehrwert, der<br />

den Aufwand rechtfertigen würde.“ Welchen<br />

messbaren (Mehr-)Wert bringen<br />

Testate für den GDV-Kodex?<br />

Verkehrte Welt<br />

Hinzu kommen die Kosten. Bis der Kodex<br />

„angemessen eingeführt“ war, also überall<br />

drin stand, mussten die Versicherer mit<br />

einem Millionenaufwand ihre Vorschriften<br />

zur Compliance (gute Geschäftsführung)<br />

aufwendig erweitern. Das Wichtige,<br />

der Eigenkapital-Nachweis (Solvabilität),<br />

wird also nicht geprüft – das<br />

Unwichtige hingegen, das Kodex-Ehrenwort,<br />

wird aufwendig geprüft und testiert.<br />

Wirtschaftlich gesehen ist das eine verkehrte<br />

Welt, wenn man die Wichtigkeit<br />

von Eigenkapital und Kodex gegenüberstellt.<br />

Kassenschlager<br />

Für die Wirtschaftsprüfer ist der Kodex<br />

ein echter Kassenschlager: „Die Versicherer<br />

müssen mit mindestens einer Million<br />

Euro für die Einrichtung der Kodex-<br />

Strukturen rechnen. Bei Großversicherern<br />

auch mehr, weil man den Kodex in vorhandene<br />

Compliance-Systeme ,einweben'<br />

muss“. Dies sagt ein Wirtschaftsprüfer<br />

gegenüber <strong>Versicherungsbote</strong>, der nicht<br />

na mentlich zitiert werden will.<br />

Ein Kommentar von<br />

Markus Rieksmeier<br />

Seite 37


Digitalisierung: Versicherer rüsten auf<br />

Welche Folgen für den Vertrieb entstehen<br />

Digitalisierung verändert die Versicherungswirtschaft. Das Internet ist nicht mehr wegzudenken – Kommunikation<br />

wird sich zukünftig sehr viel stärker ins Online-Geschehen verlagern. Aber auch den Maklerbetrieb<br />

könnte die Digitalisierung mächtig umstrukturieren.<br />

„Die Allianz des 21. Jahrhunderts ist<br />

digital und nah am Kunden“, erklärte<br />

Bernd Heinemann, Mitglied des Vorstands<br />

der Allianz Deutschland AG kürzlich<br />

gegenüber Versicherungswirtschaft<br />

heute. In die Digitalisierung investiert das<br />

Unternehmen fast 200 Mio. Euro, in neue<br />

Angebote, Expertenwissen, Online-Kanäle<br />

und automatisierte Geschäftsprozesse.<br />

Auch Generali verfolgt eine umfassende<br />

Digitalisierungsstrategie entlang der Wertschöpfungskette.<br />

Sie ist ein wesentlicher<br />

Themenschwerpunkt für das Jahr 2016,<br />

geht aus einer Mitteilung zur aktuellen<br />

Jahrespressekonferenz des Unternehmens<br />

hervor. Auch setzt Generali als erstes<br />

großes Unternehmen in Europa auf<br />

die elektronische Kontrolle von Fitness,<br />

Gesundheit und Ernährung der eigenen<br />

Kunden. Wer dadurch nachweist, gesundheitsbewusst<br />

sein Leben zu führen, wird<br />

mit Rabatten in der Kranken- und Le -<br />

bensversicherung belohnt.<br />

Im Bereich der Kundenkommunikation<br />

machen sich beispielsweise die ERGO<br />

oder die Barmenia stark – beide engagieren<br />

sich aktiv in den sozialen Medien.<br />

Jeder Ansprechpartner im<br />

Unternehmen muss sich mit<br />

Kundensituation auskennen<br />

Aber das genügt nicht. „Die fortschreitende<br />

Digitalisierung führt auch in Bezug<br />

auf den Versicherungsvertrieb zu einem<br />

neuen Selbstverständnis der Kunden, das<br />

sich sowohl in den gestiegenen Erwartungen<br />

an Produkte und Services, als auch<br />

im selbstbewussten Umgang mit dem<br />

Thema Versicherungsschutz äußert“, sagt<br />

Mario Gärtner, Kompetenzfeldleiter Versicherungsvertrieb<br />

bei den Versicherungsforen<br />

Leipzig im Rahmen einer Expertenstudie.<br />

Denn Kunden würden es einfordern, dass<br />

Unternehmen alle verfügbaren Kommunikationskanäle<br />

– vom Telefon über E-<br />

Mails bis Twitter – bedienen. Zu diesem<br />

Ergebnis kommt auch die Trendstudie des<br />

2b AHEAD ThinkTank. Jeder Ansprechpartner<br />

im Unternehmen müsse also über<br />

die augenblickliche Situation informiert<br />

sein. Möglich sei das mit einer Kommunikation<br />

auf mehreren Kanälen, Omni-<br />

Channel-Management. Ziel ist, medienbruchfrei<br />

und in Echtzeit eine einheitliche<br />

Erfahrung für den Kunden zu schaffen.<br />

„Die klassische tayloristische Aufbauorganisation<br />

mit der Aufteilung in Sparten,<br />

wie beispielsweise Vertrieb, Marketing<br />

oder Kundenservice, wird diesen Omni-<br />

Channel-Ansprüchen nicht mehr ge -<br />

recht“, erklärt Michael Carl, Studiendirektor<br />

bei 2b AHEAD. Unternehmen sol -<br />

len stattdessen eine übergeordnete, abteilungsübergreifende<br />

Omni-Channel-Strategie<br />

aufbauen, die möglichst nah am Vorstand<br />

angesiedelt ist. Für Versicherer wäre<br />

es elementar wichtig, eine leistungsstarke<br />

IT-Architektur vorweisen zu können, um<br />

die neuen Anforderungen zu bewältigen.<br />

Digitalisierung wird den<br />

Maklervertrieb verändern<br />

Generali arbeitet aktuell an einer Lösung,<br />

wie Kunden über die Homepage von Vermittlern<br />

Verträge abschließen können.<br />

Ob das Teil eines Trends ist, lässt sich nur<br />

vermuten. Sehr wahrscheinlich ist es je -<br />

doch, dass sich der klassische Vertrieb<br />

über Ausschließlichkeitsvermittler oder<br />

Versicherungsmakler aufgrund der Digitalisierung<br />

ändern könnte. Die Geschäftsmodelle<br />

bedürfen einer digitalen Neuerungen:<br />

Wettbewerbsfähig kann nur blei -<br />

ben, wem es gelingt, sein Geschäftsmodell<br />

in die vollständig vernetzte Welt zu übertragen,<br />

heißt es in der Expertenstudie der<br />

Versicherungsforen. „Die sich wandeln -<br />

den Herausforderungen stellen die vorhandenen<br />

Geschäftsmodelle derzeit hart<br />

auf die Probe“, so Gärtner.<br />

Drastischer sind die Empfehlungen von<br />

2b AHEAD: Sie raten den Versicherern<br />

davon ab, ihren Kunden einzelne Berater<br />

zuzuordnen. Stattdessen sollen Versicherer<br />

interdisziplinäre Teams zur Koordination<br />

und Abstimmung der einzelnen<br />

Kanäle bilden. Der Vertrieb sollte ein integrierter<br />

Bestandteil des Teams (des Versichers!)<br />

werden und so müssten sich die<br />

Gesellschaften überlegen, ob sie sich von<br />

den klassischen selbstständigen Maklern<br />

trennen oder diese fest anstellen. Oder<br />

man gründet Maklerorganisationen, die<br />

groß genug sind, um selbst mit digitalen<br />

Assistenten, einer leistungsfähigen Technologie<br />

und einer verlässlichen und<br />

umfassenden Kundenansprache an den<br />

Markt zu gehen.<br />

Wie könnten Makler mit der<br />

Digitalisierung umgehen?<br />

Wie sich Versicherungsmakler bei diesen<br />

Vorzeichen und Herausforderungen am<br />

besten verhalten sollen, ist keine leichte<br />

Aufgabe. Doch sich neuen Entwicklungen<br />

nicht zu verschließen und etwa per In -<br />

ternet bzw. über die sozialen Medien mehr<br />

mit den eigenen Kunden zu kommunizieren,<br />

ist eine Möglichkeit. Denn, so sagte<br />

Allianz-Vorstand Markus Rieß, Makler<br />

und Vertreter bleiben der „wichtigste<br />

Kanal“ für den Allianz-Vertrieb und sollen<br />

im Zuge der Digitalisierung nicht ersetzt<br />

werden. Man wolle aber die technische<br />

Anbindung der Makler noch in diesem<br />

Jahr verbessern, berichtete procontra. Die<br />

Präsenz der Vermittler bei Facebook wäre<br />

wichtig, um digitale Kundennähe herzustellen.<br />

Hanna Behn<br />

Was es bei der Kommunikation in<br />

sozialen Netzwerken zu beachten gibt,<br />

erläutert Sarah Leutenecker,<br />

Spezialistin für Social Media bei<br />

der Wüstenrot & Württembergische AG,<br />

in einem Gastbeitrag >><br />

Auch kann man sich online einen<br />

guten Ruf als Experte für Versicherungsthemen<br />

bei seinen Kunden<br />

sichern – z. B. durch Content Management.<br />

Wie das funktioniert, erklärt<br />

Christian Krause, Pressesprecher<br />

Komposit bei Generali (S. 40) >><br />

Seite 38 01/<strong>2015</strong>


Netzwelten<br />

Lokale Netzwerke in Social Media<br />

sind die Erfolgsstrategie für Vermittler<br />

Direktversicherungen gibt es wie Sand<br />

am Meer – sie sind über Suchmaschinen,<br />

Vergleichsportale oder über Affiliate-<br />

Netzwerke zu finden. Egal welchen Weg<br />

der Kunde wählt, er landet doch immer<br />

auf der „richtigen“ Website. Dort findet<br />

ein reiner, über den Preis definierter, Produktverkauf<br />

statt, frei nach dem Motto:<br />

„Ich brauch’ eine BU – also schließ’ ich<br />

beim günstigsten Anbieter in drei Klicks<br />

ab“. Mit etwas intensiverer Suche sahnt<br />

mancher auch noch eine Kunden-werben-<br />

Kunden-Prämie ab, die dann geteilt wer -<br />

den kann.<br />

Wo ist die persönliche<br />

Beratung bei all den<br />

conversion-optimierten<br />

Websites geblieben?<br />

Soweit so gut. Mal abgesehen davon, dass<br />

es den typischen digitalen Online-Kunden<br />

nicht gibt und die Grenzen zwischen Onund<br />

Offline-Produktabschluss fließend<br />

sind, stellt sich die Frage: Wo ist bei all<br />

diesen conversionoptimierten Sales-Prozessen<br />

die individuelle Beratung? Und wie<br />

kann der Vermittler die digitalen Kanäle<br />

– allen voran Social Media – für sich<br />

nutzen?<br />

Social Media ist dank enormer Reichweiten<br />

und des direkten Austauschs mit<br />

den Kunden längst in den Kommunikationsabteilungen<br />

der Versicherer angekommen.<br />

Konzeptioneller Mut, eine kreative<br />

Weiterentwicklung der Inhalte und<br />

die Offenheit für Neues sind unerlässlich<br />

– ebenso wie Investitionen. Darüber<br />

hinaus gewinnt die Online-Positionie -<br />

rung des Vermittlers vor Ort an Bedeu -<br />

tung. Was dieser also in den letzten<br />

Jahr(zehnt)en offline perfektioniert hat,<br />

muss jetzt in die digitale Welt transformiert<br />

werden: Neben der Beratungsqualität<br />

muss er es schaffen, Vertrauen und<br />

Sympathie auch digital aufzubauen.<br />

Wo könnte das besser klappen als in den<br />

sozialen Netzwerken – allen voran Facebook.<br />

Die Wüstenrot & Württembergische<br />

(W&W) unterstützt ihren Außendienst<br />

zentral über eine Software, das sogenannte<br />

Facebook-Fanseiten-Tool. Dieses gewährleistet,<br />

dass rechtliche Vorgaben wie Im -<br />

pressumspflicht und Corporate Design<br />

auf den Facebook-Auftritten der Vermittler<br />

eingehalten werden. Ebenso kön -<br />

nen Postings zentral ausgespielt werden.<br />

Deren Inhalte sind analog zu den W&W-<br />

Marketing- und Vertriebskampagnen –<br />

so erlebt der Kunde die Marke Wüstenrot<br />

und Württembergische crossmedial und<br />

einheitlich auf Website, im Newsletter, im<br />

TV und in Social Media.<br />

Bei aller Professionalität darf<br />

die persönliche Note in Social<br />

Media nicht zu kurz kommen.<br />

Die geschäftliche Facebook-Fanseite soll<br />

die Kommunikation zwischen Vermittlern<br />

und ihren Kunden vereinfachen – egal ob<br />

allgemeine Information, konkrete Be -<br />

ratung, Verwaltung der bestehenden Verträge<br />

(natürlich alles unter Berücksichtigung<br />

des Datenschutzes) bis zum Service<br />

im Schadenfall. Gleichzeitig wer den die<br />

Vermittler der W&W zum Social-Customer-Relationship:<br />

Denn die Vielzahl<br />

der Facebook-Nutzer ist dort aktiv und<br />

mitteilungsfreudig. So bekommt ein aufmerksamer<br />

Vermittler Informationen<br />

über Hochzeit, Geburt, Volljährigkeit,<br />

Oldtimerkauf etc. Diese Anlässe wiederum<br />

schaffen gute Gesprächsanlässe.<br />

„Digitaler Drive“<br />

des Vermittlers beeinflusst<br />

den Erfolg der digitalen<br />

Präsenz maßgeblich.<br />

Der Erfolg der Online-Präsenz des Vermittlers<br />

hängt maßgeblich von seiner<br />

eigenen Motivation und seinem „digitalen<br />

Drive“ ab. Denn gerade die individuellen<br />

Postings des Vermittlers zu lokalen Neuigkeiten,<br />

zum Jubiläum seiner Agentur oder<br />

zum Sportsponsoring, machen die persönliche<br />

Note der Facebook-Seite aus.<br />

Kurz: Die geschäftliche Facebook-Seite<br />

ist ein wichtiger potentieller Kontaktpunkt<br />

im digitalen Umfeld, den es zu nutzen gilt.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Sarah Leutenecker<br />

Sarah Leutenecker arbeitet bei<br />

Wüstenrot & Württembergische<br />

AG in der Kommunikation.<br />

Seit 2011 hat sie die Social-<br />

Media-Konzernpräsenzen aufgebaut<br />

und weiterentwickelt.<br />

Foto: kropekk_pl 419944 / pixabay.com<br />

Seite 39


Content Marketing<br />

Mit hochwertigen Inhalten überzeugen<br />

Spätestens seit der Wirtschafts- und Finanzkrise steht die Assekuranz nahezu permanent in der öffentlichen<br />

Kritik. Versicherungsunternehmen, Ausschließlichkeitsvermittlern wie auch Maklern fällt es oftmals<br />

schwer, sich in der Öffentlichkeit bzw. bei ihren Kunden zu positionieren und positiv wahrgenommen<br />

zu werden. Schlechte Voraussetzungen für erfolgreiches Marketing! Doch es geht auch anders: Content<br />

Marketing kann eine Lösung sein, bietet es doch Unternehmen die Chance, Themen in der Öffentlichkeit<br />

zu besetzen und Kunden zu binden oder potenzielle Kunden vom Geschäftsmodell oder auch Produkten<br />

zu überzeugen – teils mit geringem Kostenaufwand.<br />

Christian Krause<br />

Pressesprecher Komposit<br />

der Generali Versicherungen<br />

Voraussetzung für Content Marketing ist<br />

der Wandel von der Push- zur Pull-Kommunikation.<br />

Die Zeiten einfacher Werbesprüche<br />

sind vorbei. Kunden sind heute<br />

kritischer denn je. Sie können sich über<br />

Social Media unkompliziert und schnell<br />

über Unternehmen bzw. Produkte informieren,<br />

austauschen oder auch selbst<br />

äußern. Damit steigen die Anforderungen<br />

an die Kommunikation. Gefordert sind<br />

Inhalte, die informieren bzw. beraten und<br />

dem Leser einen echten Nutzen bringen.<br />

So lautet die wichtigste Devise beim Content<br />

Marketing: Der Inhalt muss direkt<br />

auf die Zielgruppe bzw. deren Anliegen<br />

zugeschnitten sein. Ziel sollte sein, mit<br />

dem kostenlosen, qualitativ-hochwertigen<br />

Content potenzielle Kunden auf sich aufmerksam<br />

zu machen und als Interessenten<br />

zu gewinnen bzw. bestehende Kunden zu<br />

binden.<br />

Kompetenter Ansprech -<br />

partner zu den Themen<br />

Wohnen im Alter oder Besitz<br />

Themen für Content Marketing können<br />

zum Beispiel die Felder Wohnen im Alter<br />

oder Schutz des eigenen Besitzes sein.<br />

„Kann ich auch im Alter in meinen ge -<br />

liebten vier Wänden wohnen?“ und<br />

„Hochwasser: Kann ich dieses finanziell<br />

verkraften?“ sind Fragen, über die sich<br />

viele Bürger Gedanken machen. Für ein<br />

erfolgreiches Content Marketing geht es<br />

darum, die Anliegen der Bürger in den<br />

Mittelpunkt zu stellen und Lösungsansätze<br />

aufzuzeigen.<br />

Beim Thema „Wohnen im Alter“ könnten<br />

Makler darlegen, welche unterschiedlichen<br />

Möglichkeiten es gibt, für wen sich<br />

eher eine öffentliche Einrichtung bzw. ein<br />

Leben zu Hause eignet, was bei einem<br />

Umzug oder Umbau zu beachten ist und<br />

natürlich wie die finanzielle Situation ist.<br />

Gelingt es ihnen, sich dabei als Ratgeber<br />

und kompetenter Ansprechpartner zu<br />

positionieren, können sie bei den Fragen<br />

zur finanziellen Situation sehr gut Pflegeversicherungen<br />

ins Spiel bringen. Beim<br />

Thema „Schutz des persönlichen Besitzes“<br />

lässt sich darstellen, welche Unwetter den<br />

Besitz bedrohen und wie Bürger präventiv<br />

handeln können – womit der Übergang<br />

zur finanziellen Präventivmaßnahme, also<br />

der Kfz-, Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung,<br />

gegeben ist.<br />

Kundenthemen digital<br />

verbreiten<br />

Die Kommunikation der Inhalte erfolgt<br />

im Content Marketing primär mittels<br />

digitaler Medien. Gerade hier zeigt sich<br />

der große Vorteil des Content Marketing:<br />

Versicherungsmakler und Vermittler sind<br />

nicht gezwungen, viel Geld in kostenintensive<br />

Print-, Radio- oder TV-Werbung<br />

zu stecken. Stattdessen können sie bestehende<br />

und insbesondere potenzielle<br />

Kunden nun kostengünstig erreichen –<br />

somit ist Content Marketing auch für<br />

klein- und mittelständische Makler hoch<br />

attraktiv.<br />

Im ersten Schritt muss der Content dafür<br />

in passende Formate wie Online-Pressemitteilungen,<br />

Glossare, Ratgeber, White<br />

Paper oder Präsentationen gebracht wer -<br />

den. Sehr beliebt sind auch Grafiken sowie<br />

Videos. Im zweiten Schritt geht es darum,<br />

die Formate zu veröffentlichen. Hierfür<br />

bieten sich die eigene Internetseite, Presseund<br />

Fach- sowie Themen- und Branchenportale<br />

an. Auch Social Media wie Blogs,<br />

Facebook, Google+ oder Twitter können<br />

hierfür genutzt werden – alles Kanäle, die<br />

kostenlos oder nahezu kostenlos sind.<br />

Aufwand und Nutzen<br />

Inhalte und Kommunikation stellen die<br />

Basis für den Erfolg des Content Marketing<br />

dar. Denn hat sich das Unternehmen<br />

– hier der Makler – im Kopf eines Zielkunden<br />

als Kompetenzträger bzw. Fachmann<br />

verankert, wird er sich bei aufkommendem<br />

Bedarf im jeweiligen Fachbereich<br />

an ihn wenden und idealerweise<br />

dessen neuer Kunde werden. Zusätzlich<br />

hilft Content Marketing also bei der<br />

Imagepflege. Ein weiterer vertriebsnaher<br />

Vorteil von Content Marketing könnte<br />

die Generierung von Leads sein. Hierfür<br />

müssen in die Maßnahmen Tools eingebunden<br />

werden, die mit einer Registrierung<br />

verbunden sind, etwa einem Vorsorgerechner<br />

oder Versicherungscheck.<br />

Seite 40 01/<strong>2015</strong>


Netzwelten<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

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<br />

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<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

Wesentliche Säulen des Content Marketing für kleine und mittelständische Maklerunternehmen<br />

Gleichzeitig wird auf der Basis eines guten<br />

Contents eine höhere Bereitschaft beim<br />

Zielkunden erreicht, seine Kontaktdaten<br />

anzugeben und zukünftig weitere Informationen<br />

zu erhalten.<br />

Bei der Planung sollten Makler bedenken,<br />

dass für erfolgreiches Content Marketing<br />

ein gewisses Maß an Zeit von Nöten ist.<br />

Sie müssen sich über ihre Zielgruppen<br />

Gedanken machen, eine Website und<br />

Social Media Accounts anlegen und diese<br />

regelmäßig mit hochwertigen Inhalten<br />

bespielen. Hierbei empfiehlt es sich, zu<br />

Beginn einen Content-Plan zu erstellen,<br />

in dem geeignete Inhalte gesammelt<br />

werden sollen. Anhand des Plans können<br />

sich Makler überlegen, wann sie welchen<br />

Content verbreiten wollen. So steht am<br />

Anfang ein Zeitinvestment. Makler müs -<br />

sen für sich klären, ob sie dieses aufbringen<br />

können, denn beim Content Marketing<br />

gilt: ganz oder gar nicht.<br />

Wer sich dafür entscheidet, hat den Vorteil,<br />

dass sich der Erfolg von Content Marketing<br />

leicht messen lässt – mit Google<br />

Analytics die Zugriffzahlen auf die eigene<br />

Website, anhand von Fans und Followern<br />

oder auch anhand der Anfragen von<br />

potenziellen Kunden über die eigene<br />

Website bzw. über Social Media Accounts.<br />

So können Makler leicht prüfen, ob Content<br />

Marketing für sie ein erfolgreiches<br />

Tool ist.<br />

Umfrage Schadenmanagement<br />

– Content Marketing zu<br />

Kompositversicherungen<br />

Ein Beispiel für gelungenes Content Marketing<br />

ist eine Umfrage zum Thema Schadenmanagement<br />

der Generali Versicherung.<br />

Ausgangspunkt war die weit verbreitete<br />

öffentliche bzw. mediale Kritik<br />

an der Schadenregulierung der Assekuranz.<br />

Mit der Umfrage sollte das Vertrauen<br />

in die Kompositversicherungen<br />

der Branche bzw. der Generali gestärkt<br />

werden. Dafür initiierte das Unternehmen<br />

die Umfrage Schadenmanagement, bei<br />

der 1.005 Bürger, davon 541 mit einem<br />

Schadenfall in den letzten fünf Jahren,<br />

vom Marktforschungsinstitut Usuma<br />

befragt wurden. Zentrale Ergebnisse: Die<br />

breite Mehrheit (mehr als 80 Prozent) ist<br />

mit ihren Versicherungen insgesamt bzw.<br />

im Schadenfall zufrieden. Verbesserungspotenzial<br />

gibt es bei der Verständlichkeit<br />

von Briefen, Formularen etc.<br />

Kommunikations-Strategie der Generali<br />

war es, die Vorwürfe gegen die Schadenregulierung<br />

gezielt anzugehen und die<br />

Zufriedenheit mit der Schadenregulierung<br />

zu kommunizieren. Kern der Kommunikation<br />

war das Generali-Magazin Spezial<br />

mit den Umfrageergebnissen. Um der<br />

Zielgruppe einen Zusatznutzen zu bieten,<br />

enthielt das Magazin zahlreiche Ratgeber-<br />

Hinweise zur Prävention bzw. zum Verhalten<br />

im Schadenfall. Risiken wie Hochwasser,<br />

Sturm, Frost und Hagel wurden<br />

erläutert und vorbeugende Möglichkeiten<br />

dargestellt. Weitere Maßnahmen waren<br />

Pressemitteilungen, Online-PR mit entsprechenden<br />

Mitteilungen, Fachbeiträge,<br />

Hörfunk-PR sowie Social Media. Die<br />

Microsite zur Schadenumfrage bündelte<br />

zudem alle Informationen. Insgesamt<br />

erwirkte die Kommunikation über 300<br />

redaktionelle Artikel in Print- und On -<br />

linemedien und das Magazin stieß insbesondere<br />

bei Vertriebspartnern auf Resonanz,<br />

die zahlreiche Exemplare an Kun -<br />

den weitergaben. Auch die Zugriffe auf<br />

Artikel in wichtigen Branchen- und Presseportalen<br />

sowie die Resonanz auf Tweets<br />

und Facebook-Posts war zufriedenstellend.<br />

Auch wenn die Umfrage Schadenmanagement<br />

ein sehr großes Projekt war und<br />

diese Größenordnung für kleine und mittelständische<br />

Makler-Unternehmen vielleicht<br />

weniger denkbar ist, zeigt sie den<br />

Erfolg des Content Marketing. Das Vorgehen<br />

der Generali verdeutlicht, dass<br />

Assekuranz-Unternehmen trotz der<br />

schwierigen Bedingungen mit qualitativ<br />

hochwertiger Kommunikation in der<br />

Öffentlichkeitsarbeit Akzente setzen<br />

können.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Christian Krause<br />

Seite 41


Weiterbildung<br />

Wie findet man die Richtige?<br />

Weiterbildung ist wichtig. Das weiß man! Welches der unzähligen Angebote ist aber das richtige Angebot<br />

für mich selbst? Der folgende Artikel soll für Sie ein Kompass durch den Dschungel der Angebote sein<br />

und Ihnen helfen, die richtige Orientierung zu verschaffen.<br />

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<br />

Was möchte man mit einer Weiterbildung erreichen?<br />

Um das richtige Angebot aus der Vielzahl<br />

an Möglichkeiten auszuwählen, muss man<br />

zunächst selber darüber nachdenken, was<br />

man mit der Schulung erreichen möchte.<br />

Sie möchten gesetzliche<br />

Anforderungen erfüllen?<br />

In diesem Fall benötigen Sie Qualifizierungen,<br />

die in den entsprechenden Ge -<br />

setzen benannt werden. Einschlägig dafür<br />

sind die Versicherungsvermittlerrichtlinie<br />

(VersVermV) für die Versicherungsvermittlung,<br />

die Finanzanlagenvermittlerverordnung<br />

(FinVermV) für die Anlagenvermittlung,<br />

die zukünftigen Regularien<br />

rund um die Immobilienfinanzierung und<br />

– falls Sie irgendwann unter ein Haftungsdach<br />

oder in eine Bank wollen – die Regulierungen<br />

basierend auf dem Wertpapierhandelsgesetz.<br />

Man kann zu jeder dieser<br />

Ausrichtung eigene Qualifizierungen<br />

absolvieren. Hat man etwas mehr Zeit<br />

und schon in Teilbereichen praktische Er -<br />

fahrungen, so bietet sich der Fortbildungsabschluss<br />

„Fachwirt für Finanzberatung<br />

(IHK)“ an, da durch diesen die regulatorischen<br />

Anforderungen alle erfüllt werden<br />

können.<br />

Auch durch andere Fortbildungsabschlüsse<br />

können Teilbereiche abgedeckt<br />

werden. Zumindest solange es sich um<br />

einschlägige öffentlich-rechtliche Ab -<br />

schlüsse handelt.<br />

Überlegen Sie also, welche Aufgaben Sie<br />

in den nächsten Jahren oder gar Jahrzehnten<br />

ausüben möchten oder vielleicht<br />

eines Tages ausfüllen möchten. Ihre<br />

zukünftige Entwicklung sollte dann nicht<br />

an Formalien scheitern, sodass Sie durch<br />

Ihre Qualifikation bereits frühzeitig die<br />

Wege ebnen können.<br />

Sie möchten Ihr Marketing /<br />

Ihre Außenwirkung erhöhen<br />

Durch Fortbildungen kann man die<br />

Wahrnehmung bei seinen Kunden, Ge -<br />

schäftspartnern und Mitarbeitern deutlich<br />

verbessern. Wer hat nicht schon Sätze<br />

gehört wie „Der kann das, der hat das<br />

richtig von der Pike auf gelernt“? Dafür<br />

muss der Kunde allerdings den Wert einer<br />

Fortbildung oder eines Titels auf Anhieb<br />

erkennen können. Dabei helfen Kürzel<br />

wie „IHK“ oder „FH“ hinter dem Ab -<br />

schluss sehr stark weiter. Von besonderer<br />

Wirkung sind akademische Grade wie<br />

Bachelor oder gar Master.<br />

Seite 42 01/<strong>2015</strong>


Karriere<br />

Branchenspezifische Bezeichnungen oder<br />

gar unternehmensbezogene Abschlüsse<br />

sind an dieser Stelle weniger hilfreich. Der<br />

Kunde kann bei diesen nicht differenzieren,<br />

ob es sich um einen echten Ab -<br />

schluss oder nur um einen Titel-Gag handelt.<br />

Haben Sie also noch keinen formalen<br />

Fortbildungsabschluss, der die Vertrauensbildung<br />

unterstützt, dann sollten Sie<br />

versuchen, diesen noch zu ergänzen.<br />

Sie möchten mehr Erfolg in<br />

Ihrem täglichen Business?<br />

Damit verlassen wir die Bereiche der Formalqualifikationen.<br />

Natürlich hilft es für<br />

Karriere und Erfolg erheblich weiter,<br />

wenn Sie im Rahmen einer formalen Weiterbildung<br />

strukturiert Ihren Beruf erlernt<br />

haben. Die Anwendung Ihres Wissens am<br />

Kunden und gegenüber von Mitarbeitern<br />

ist aber meist eine Ergänzung zu formalen<br />

Abschlüssen, die Sie durch kürzere Trainings<br />

oder kürzere Lehrgänge erwerben.<br />

Dabei kann die Behandlung bestimmter<br />

Zielgruppen im Mittelpunkt stehen (z. B.<br />

Weiterbildung zum Ruhestandsplaner)<br />

oder es können bestimmte Arbeitsbereiche<br />

in den Fokus genommen werden<br />

(z. B. Weiterbildung Baufinanzierung oder<br />

auch Weiterbildung Führung). Auch be -<br />

stimmte Vertriebsformen – wie Onlinemarketing<br />

oder Onlineberatung – können<br />

Kosten reduzieren hel fen und den Ertrag<br />

somit steigern.<br />

Natürlich ist es ergänzend zwingend notwendig,<br />

die eigenen Produkte und die<br />

eigene Technik zu beherrschen. Somit<br />

sind auch Produktschulungen zwingend<br />

einzuplanen und zu besuchen. Vorab ist<br />

zu klären, durch welche Tätigkeit (Führung,<br />

Produkte, Zielgruppen) Sie in nä -<br />

herer Zukunft Ihre Erträge erwirtschaften<br />

und in welcher Form (z. B. Onlineberatung,<br />

Präsenzberatung) Sie Ihre Ziele<br />

erreichen möchten. Danach ist dann der<br />

entsprechende Schulungsschwerpunkt<br />

zu legen. Dann wählen Sie Fachseminare,<br />

Trainings zu „Soft Skills“ – wie Verkaufstrainings<br />

oder Seminare zu Prozessen wie<br />

zur Onlineberatung gezielt aus.<br />

Sie möchten Ihre Haftungs -<br />

sicherheit erhöhen?<br />

Hier helfen – nach einer grundlegenden<br />

Qualifikation – Kurzseminare, die sich<br />

um Arbeitsprozesse und Rechtsthemen<br />

ranken. Ebenso ist vorab zu definieren,<br />

wo sie ggf. Haftungsrisiken erkennen und<br />

durch eine Prozessverbesserung diese<br />

Risiken minimieren könnten.<br />

Sie möchten Ihre Beratungsqualität<br />

erhöhen?<br />

Kundenbindung und langfristiger Erfolg<br />

hängen natürlich fundamental von der<br />

Beratungsqualität ab. Sind Sie Spezialist<br />

oder Generalist? In beiden Fällen gilt, dass<br />

Sie Ihr Wissen aus einer grundlegenden<br />

Weiterbildung laufend aktualisieren müs -<br />

sen. Das machen Sie, indem Sie Fachliteratur<br />

lesen und gezielt an Seminaren und<br />

Kongressen teilnehmen, die sich auf Ihre<br />

Geschäftsfelder beziehen. Dabei stehen<br />

zum einen Ihre Arbeitsprozesse im Mittelpunkt,<br />

zum anderen aber auch die laufenden<br />

fachlichen Updates, die dazu benötigt<br />

werden. Wichtig ist, dass solche<br />

Updates unabhängig von Produktanbietern<br />

erfolgen.<br />

In welchen Arbeitsbereichen sind Sie also<br />

derzeit aktiv und zu welchem Thema hat -<br />

ten Sie schon länger keine fundierte „Auffrischung“<br />

mehr? Wählen Sie dann die<br />

entsprechenden Themen aus. Manch mal<br />

bietet es sich durchaus an, aus den früher<br />

besuchten Weiterbildungen einzelne The -<br />

men einfach erneut zu buchen, um wieder<br />

auf das laufende zu kommen.<br />

Sie möchten Ihren Betrieb<br />

erfolgreicher führen?<br />

Haben Sie einen Betrieb – ggf. auch mit<br />

Mitarbeitern? Gerade wenn Sie Mitarbeiter<br />

haben, potenziert sich alles was Sie<br />

richtig machen auf die Mitarbeiter um ein<br />

Vielfaches. Richtiges und erfolgreiches<br />

Arbeiten ist hier also von besonderer<br />

Bedeutung.<br />

Einen Betrieb erfolgreich zu führen, muss<br />

man zum einen sicher in den Genen<br />

haben – zum anderen ist es aber auch verbunden<br />

mit handwerklichem Wissen, das<br />

man erlernen kann. Wenn Sie also Mitarbeiter<br />

und Unternehmen führen, dann<br />

fragen Sie sich, ob Sie sich da nach und<br />

nach reinentwickelt haben oder ob sie sich<br />

auch mal aus der Vogelperspektive mit<br />

Ihrer Aufgabe beschäftigen konnten.<br />

Wann haben Sie das letzte Mal über Ihr<br />

Unternehmen als Betrieb nachgedacht<br />

und sich ausgetauscht? Je nachdem wie<br />

die Antwort ausfällt, sollten eine entsprechende<br />

Weiterbildung als Unternehmer,<br />

Tagesseminare oder auch Coachings auf<br />

Ihrer Agenda stehen. Dazu gehören z. B.<br />

auch Seminare rund um das Controlling<br />

und die Kostenrechnung, um die Liquidität<br />

des eigenen Un ternehmens als eines<br />

der Top-Ziele stets im Blick zu haben.<br />

Steht die Mitarbeiterführung stärker im<br />

Mittelpunkt, so hilft eine Weiterbildung<br />

im Personalbereich, um Mitarbeiter motivieren<br />

und führen zu können. Auch<br />

Grundlagen des Arbeitsrechts sollte eine<br />

Führungskraft beherrschen, um nicht in<br />

unangenehme Fallen zu tappen.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Dr. Wolfgang Kuckertz<br />

Dr. Wolfgang Kuckertz<br />

ist Vorstand der GOING PUBLIC!<br />

Akademie für Finanzberatung<br />

AG, (www.going-public.edu).<br />

GOING PUBLIC! bietet seit 1990<br />

Lehr- und Studiengänge für die<br />

Finanz- und Versicherungswirtschaft<br />

an – von der Basisqualifikation<br />

bis zu Masterstudiengängen<br />

und speziellen<br />

FH-Zertifikaten.<br />

Seite 43


Haben Verkäufer eine Zukunft?<br />

Allein die Fragestellung scheint angesichts der Bestrebungen, Vertriebserfolge auszuweiten, schon ein wenig<br />

absurd. Aber ist nicht gerade ein typisches, aggressives Verkäuferverhalten ein Widerspruch zur gewollten<br />

Beratungskultur? Wir alle haben die Erkenntnis, dass alle Geschäfte und Marken dauerhaft nur auf der Basis<br />

von Vertrauen erfolgreich sind. Im Gegensatz zu vielen anderen Branchen, z. B. dem Handel, hat sich in<br />

der Versicherungswirtschaft und Kreditwirtschaft erst seit Mitte der 90er Jahre ein Wettbewerb entwickelt,<br />

der alle Beteiligten zwingt, den Markt verstärkt aus Kundensicht zu betrachten und sich mit dem zunehmenden<br />

Wettbewerb zwischen online und offline auseinanderzusetzen.<br />

Der Kompass für Verkäufer<br />

sollte neu justiert werden<br />

das persönliche Gespräch und informiert<br />

sich über das Internet.<br />

Joachim Isernhagen,<br />

Geschäftsführer des Beratungsund<br />

Trainingsunternehmen<br />

Isernhagen & Partner<br />

Eine stärkere Kundenfokussierung, die<br />

Neuausrichtung der Vertriebskanäle und<br />

die GDV Offensive „Gut beraten“ sind nur<br />

einige Entwicklungen, die zu einer teilweisen<br />

strategischen Neuausrichtung bei<br />

den Versicherungsunternehmen, Finanzdienstleistern<br />

und Maklervertrieben geführt<br />

haben. Dennoch sind große Teile der Kun -<br />

den mit ihrer Betreuung unzufrieden und<br />

laut verschiedener Erhebungen zu mehr als<br />

30 Prozent wechselbereit. Das Image der<br />

Branche und des Berufsstandes – auch der<br />

Bankberater – liegt nach einer Befragung<br />

der GFK aus 2014 „Wem vertrauen die<br />

Deutschen?“ auf den letzten Plätzen von<br />

32 Berufen. Nur 39 Prozent der Befragten<br />

vertrauen z. B. dem Berufsstand „Banker“.<br />

Dies ist nicht nur eine Folge der vielzitierten<br />

Finanzkrise, sondern auch eine Folge der<br />

Wahrnehmung des einzelnen Kunden im<br />

Kontakt mit seinem „Berater“. Das zeigt,<br />

dass auch der Bankberater zum Vertriebsmitarbeiter<br />

geworden ist und nicht mehr<br />

uneingeschränkt als solider Berater wahrgenommen<br />

wird.<br />

Wir brauchen idealerweise den Berater mit<br />

einem Verkäufergen. Die Qualität der<br />

Berater und der Beratung ist der Dreh- und<br />

Angelpunkt für den Erfolg, um Kunden<br />

ganzheitlich und dauerhaft zu binden.<br />

Empathie, Zuverlässigkeit und erlebter Service<br />

sind entscheidend für Loyalität und<br />

Zufriedenheit der Kunden. Kunden wol -<br />

len Beraterverhalten und nicht den Verkäufer.<br />

So fordert z. B. die quirin Bank ihre<br />

Kunden direkt auf mit der Frage: „Ist Ihr<br />

Bankberater ein Berater oder ein Verkäu -<br />

fer?“ Sie will sich damit abgrenzen von einer<br />

zu starken verkäuferischen Ausrichtung in<br />

der Beratung bei Mitbewerbern. Auch zwischen<br />

Arzt und Patient kriselt es. Hier hat<br />

ebenfalls eine ungute Entwicklung eingesetzt,<br />

die dem Berufsstand nicht ge recht<br />

wird. Das oft blinde Vertrauen ge genüber<br />

Ärzten ist mittlerweile angekratzt. In der<br />

Rolle als Berater konnte der Arzt alles erreichen<br />

oder durchsetzen. Sobald aber der<br />

Patient dem Arzt verkäuferische Ab sichten<br />

unterstellt, ändert sich das. Dieses Bild passt<br />

sehr gut zu allen Vertrieben im Markt.<br />

Auch Banker hatten einmal das uneingeschränkte<br />

Vertrauen ihrer Kunden. Das hat<br />

gelitten durch zu viele unkluge verkäuferische<br />

Akzente in der Ansprache und durch<br />

produktbezogenen Verkauf. Über Jahre<br />

hieß es: ihr sollt verkaufen und nicht be -<br />

raten! Damit begann eine Entwicklung, de -<br />

ren Ergebnisse wir heute sehen. Gemeint<br />

hat man „informieren“. Das kann z. B. das<br />

Internet besser als jeder Verkäufer. Aber<br />

das Internet kann nicht individuell beraten.<br />

Aber Verkaufserfolge ohne solide, ver -<br />

trauens bildende Beratung werden auf<br />

Dauer zum Scheitern verurteilt sein. Das<br />

Problem liegt u. a. auch darin, dass wir<br />

heute Kunden ha ben, die mit typischem<br />

Verkäuferverhal ten negative Erfahrungen<br />

gemacht haben. Die Folge ist, man meidet<br />

Fazit: Wir brauchen also Menschen, die sich<br />

als Berater qualifizieren, um am Ende verkäuferisch<br />

erfolgreich zu sein. Dies ist kein<br />

Widerspruch – denn derjenige, der sich als<br />

Berater profiliert, wird automatisch auf<br />

Dauer der bessere Verkäufer sein. Das ist<br />

konsequenter und effizienter, fordert allerdings<br />

eine neue Beratungsphilosophie verbunden<br />

mit einem Leitbild, das nach außen<br />

und innen wirkt. Erste Ansätze werden z. B.<br />

auch erkennbar durch die Gründung des<br />

VEVK. Nur wer Kunden seriös und fair<br />

berät und begleitet, wird dauerhaft erfolgreich<br />

sein. Das heißt: Wir brauchen in der<br />

Zukunft keine Verkäufer, sondern Berater,<br />

die mit viel Empathie aus den aufgenommenen<br />

Informationen und aus ihrer Erfahrung<br />

konsequent Handlungsfelder erken -<br />

nen und daraus „Rat und Empfehlung“<br />

ableiten und somit verkaufen. Für das gehobene<br />

Privatkundengeschäft und für Firmenkunden<br />

ist das ohnehin unabdingbar.<br />

Die Ergebnisse:<br />

• Mitarbeiter, die motiviert und überzeugt<br />

als Berater auftreten<br />

• höhere Verkaufserfolge; denn konsequent<br />

beraten bedeutet mehr verkaufen<br />

• loyale und zufriedene Kunden<br />

Nichts wäre auf Dauer teurer, als dem<br />

Berufsstand weiter Schaden zuzufügen und<br />

nichts wäre preiswerter als den Berater des<br />

Kunden aufzuwerten und ihn zu befähigen,<br />

diesem anspruchsvollen Berufsbild auch<br />

zu entsprechen. Dazu trägt sicher auch die<br />

Vergütung für Bestandssicherung und<br />

Abschlusserfolge eine wichtige Rolle. Daher<br />

brauchen wir insbesondere eine Vergütung<br />

die auch Qualität und nicht nur Menge<br />

belohnt.<br />

Ein Gastbeitrag von<br />

Joachim Isernhagen<br />

Seite 44 01/<strong>2015</strong>


Ein Kodex für die eigene<br />

Überzeugung<br />

Mit dem Kodex „Ehrbarer Versicherungsmakler“<br />

und „Ehrbarer Finanzanlagevermittler“<br />

bekennen sich beide<br />

Vermittlergruppen dazu, im Sinne ihrer<br />

Kunden zu handeln und sich an die im<br />

Kodex formulierten Regeln zu halten.<br />

Mit Hilfe der Registernummer zum<br />

§ 34d bzw. § 34f GewO kann jeder<br />

Kunde online auf <strong>Versicherungsbote</strong>.de<br />

prüfen, ob sich sein Makler zum<br />

Kodex bekennt.<br />

Diese Versicherer akzeptieren den<br />

<strong>Versicherungsbote</strong> Kodex:<br />

ERGO Versicherungsgruppe AG<br />

Stuttgarter Versicherung AG<br />

Wüstenrot & Württembergische AG<br />

Baden-Badener Versicherung AG<br />

Feuersozietät Berlin Brandenburg<br />

Versicherung AG<br />

Alte Leipziger – Hallesche<br />

Konzern<br />

Zurich Versicherung<br />

DEURAG Deutsche Rechtsschutz-Versicherung<br />

AG<br />

Den genauen Wortlaut der<br />

Kodizes kann man unter<br />

http://kodex.vbote.de nach -<br />

lesen und sich online registrieren<br />

oder Sie nutzen<br />

das nachfolgende Bestell -<br />

for mular:<br />

Registrieren und bestellen<br />

Zutreffendes bitte ausfüllen bzw. ankreuzen und senden an:<br />

<strong>Versicherungsbote</strong> Verlag UG, Reclamstr. 42, 04315 Leipzig,<br />

per E-Mail: info@versicherungsbote.de, via Fax: 0341/39284309<br />

Ich bekenne mich zum<br />

Kodex Ehrbarer Versicherungsmakler<br />

Kodex Ehrbarer Finanzanlagevermittler<br />

Registernr. 34d<br />

Registernr. 34f<br />

Senden Sie mir ein gedrucktes Exemplar:<br />

Senden Sie mir ein gedrucktes Exemplar:<br />

ohne Personalisierung für 18,00 Euro*<br />

ohne Personalisierung für 18,00 Euro*<br />

personalisiert für 70,00 Euro*<br />

personalisiert für 70,00 Euro*<br />

*Für beide Kodizes zusammen zahlen Sie 24,00 Euro, für die personalisierte Variante 100,00 Euro. Alle Preise in Netto.<br />

Firma:<br />

Name, Vorname:<br />

Straße, Nr.:<br />

PLZ, Ort:<br />

E-Mail-Adresse:<br />

Ich akzeptiere die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter www.versicherungsbote.de/agb.html<br />

Ort, Datum:<br />

Unterschrift:


Termine<br />

Aktuelle Terminhinweise inklusive Anmeldelinks gibt<br />

es auch unter http://termine.vbote.de<br />

Mai <strong>2015</strong><br />

18.05.<br />

7. Praktikanten- & Absolventenmesse<br />

der Finanzdienstleistungsbranche<br />

PAM!<br />

V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />

LEIPZIG<br />

19.-20.05.<br />

4. Messekongress Finanzen und<br />

Risikomanagement<br />

Versicherungsforen Leipzig<br />

LEIPZIG<br />

20.-21.05.<br />

42. AMC-Meeting<br />

AMC Finanzmarkt GmbH<br />

NEUSS<br />

21.05.<br />

Forum: Strategieentwicklung und<br />

-umsetzung in Versicherungen<br />

Versicherungsforen Leipzig<br />

LEIPZIG<br />

Juni <strong>2015</strong><br />

02.-03.06.<br />

2. FinPro – Messe-Boutique für<br />

innovative Finanzprodukte<br />

V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />

SCHLOSS BENSBERG/<br />

BERGISCH GLADBACH<br />

08.-09.06.<br />

Industrie-Versicherung<br />

MCC Seminare<br />

DÜSSELDORF<br />

09.06.<br />

Workshop<br />

Aktives Bestandsmanagement<br />

Versicherungsforen Leipzig<br />

KÖLN<br />

10.-11.06.<br />

IT-Optionen<br />

MCC Seminare<br />

DÜSSELDORF<br />

Fachkonferenz: Schnittstelle Kunde<br />

Versicherungsforen Leipzig<br />

DÜSSELDORF<br />

18.-19.06.<br />

AMC-Tagung Versicherungsvertrieb<br />

und Vertriebsvergütung <strong>2015</strong><br />

AMC Finanzmarkt GmbH<br />

KÖLN<br />

25.06.<br />

Seminar Empfehlungsmarketing:<br />

So machen Sie Ihre Kunden<br />

zu Fans und aktiven Empfehlern<br />

Anne M. Schüller<br />

FRANKFURT<br />

September <strong>2015</strong><br />

14.-15.09.<br />

Haftpflichtforum <strong>2015</strong><br />

MCC Seminare<br />

DÜSSELDORF<br />

3. Fachkonferenz Versicherungs -<br />

betrug<br />

Versicherungsforen Leipzig<br />

LEIPZIG<br />

21.-22.09.<br />

Insurance Today and Tomorrow<br />

MCC Seminare<br />

DÜSSELDORF<br />

30.09.-01.10.<br />

2. Vorstandskonferenz der<br />

Versicherungswirtschaft<br />

V.E.R.S. Leipzig GmbH<br />

DÜSSELDORF<br />

Oktober <strong>2015</strong><br />

01.-02.10.<br />

Partnerkongress<br />

Versicherungsforen Leipzig<br />

LEIPZIG<br />

05.-06.10.<br />

Forum Digitaler Vertrieb:<br />

Heraus forderungen für das Marketing<br />

AMC Finanzmarkt GmbH<br />

DÜSSELDORF<br />

15.10.<br />

Forum Verkaufsförderung<br />

AMC Finanzmarkt GmbH<br />

DÜSSELDORF<br />

27.-29.10.<br />

DKM <strong>2015</strong> – Die Leitmesse<br />

bbg Betriebsberatungs GmbH<br />

DORTMUND<br />

29.10.<br />

Compliance Compact<br />

MCC-Seminare<br />

KÖLN<br />

Seite 46 01/<strong>2015</strong>


Von der Natur lernen:<br />

Chancen<br />

nutzen<br />

Wer lässt sich schon gerne die beste Chance entgehen?<br />

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www.rhion.de | maklervertrieb@rhion.de | Telefon: 02131 6099-6633

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