12.12.2012 Views

CHRISTOPH SCHAFFRATH - nca - new classical adventure

CHRISTOPH SCHAFFRATH - nca - new classical adventure

CHRISTOPH SCHAFFRATH - nca - new classical adventure

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

10<br />

Rheinsberg eine Blütezeit vorklassischer Musik. Offiziell befasste sich der Thronfolger<br />

mit militärwissenschaftlichen, literarischen und geisteswissenschaftlichen<br />

Studien – was er ja auch tat: Im Turmkabinett schrieb Friedrich Briefe an Voltaire,<br />

1738 entstanden seine Betrachtungen über den gegenwärtigen Zustand europas<br />

und 1739 legte er seine Herrscherauffassung und politisch-moralische Prinzipien<br />

im Antimachiavell nieder. Für das Flötespiel fanden sich dennoch Zeit, gute Musiker<br />

und Freunde – aber nicht alles musste an das väterliche Ohr dringen!<br />

Oft bleibt ungewiss, ob Kompositionen von Schaffrath und den anderen Musikern<br />

nun in Ruppin oder Rheinsberg entstanden. Das uns heute vorliegende Notenmaterial<br />

weist die Hofkapell-Musiker nicht nur als Virtuosen auf ihren Instrumenten<br />

aus, sondern zeigt auch ihren jugendlichen Drang nach neuen Spieltechniken und<br />

Ausdrucksmöglichkeiten zwischen auslaufenden barocken Kompositionsverfahren<br />

und späterer „mannheimer Schule“. So gilt denn unsere Aufmerksamkeit bisher<br />

unbekannten Kompositionen von Mitgliedern der Rheinsberger Hofkapelle, die in<br />

Ruppin und Rheinsberg als Komponisten die musikgeschichtliche Phase der „Berliner<br />

Schule“ einleiteten. Als Musiker zogen sie im Rang eines „capell-Bedienten“ mit<br />

dem neuen König in Berlin ein und bildeten den Grundstock der Staatskapelle in der<br />

von Friedrich II. gegründeten Lindenoper.<br />

Christoph Schaffrath kam 1734 nach Ruppin und blieb für gut zehn Jahre Cembalist<br />

bei Friedrich II. Über Schaffraths musikalischen Ausbildungsweg ist wenig bekannt.<br />

In einem Bewerbungsschreiben vom 2. Juni 1733 2 um die vakante Organistenstelle<br />

der Sophienkirche in Dresden berichtet er selbst von einer dreijährigen Tätigkeit als<br />

Cembalist und Komponist bei August dem Starken sowie bei dem polnischen Fürsten<br />

Sanguszko. Schaffraths Bewerbung blieb erfolglos. Wilhelm Friedemann Bach bekam<br />

die ersehnte Dresdener Stelle. Schaffrath ging nach Ruppin und Rheinsberg, 1740<br />

folgte er dem König Friedrich II. nach Berlin. Vermutlich bewarb sich bereits 1738<br />

ein anderer Cembalist in Rheinsberg mit speziell für Friedrich komponierten Flötenkonzerten<br />

– Carl Philipp Emanuel Bach. Erst 1741 trat Bach als 1. Cembalist in die<br />

Dienste des Königs, Schaffrath blieb als 2. Cembalist – um 100 Taler höher bezahlt<br />

als Bach! – in der Königlichen Kapelle. 1744 ließ Friedrich II. eigens für Schaffrath<br />

eine Stelle als „clavicembalist und cammermusikus“ bei seiner Schwester, Prinzessin<br />

Amalie, in Berlin einrichten. Schaffrath gewann Freiraum zum Komponieren und<br />

Unterrichten, er verfasste in seinen letzten Lebensjahren den Entwurf zu einem<br />

Lehrbuch der Musik. Zu Schaffraths Aufgaben gehörte es auch, die Bibliothek der<br />

Prinzessin durch Kopien neuer Kompositionen zu ergänzen – so befinden sich in den<br />

Beständen der ehemaligen Amalienbibliothek (heute in der Staatsbibliothek Berlin)<br />

zahlreiche Autographe von Schaffraths Hand. Hartmut Grosch weist in einem Verzeichnis<br />

der Kompositionen von Schaffrath 15 Sinfonien, 16 Ouvertüren, 40 Klavier-<br />

bzw. Cembalokonzerte, 8 Konzerte für verschiedene Soloinstrumente (Violine, Flöte,<br />

Oboe, Fagott), 44 Duette für unterschiedliche Besetzungen, 24 Trios, 14 Quartette,<br />

Sonaten, Partiten und mehr als 20 Solostücke für Cembalo nach. 62 Werke befinden<br />

sich in der Amalienbibliothek, die Kompositionen auf dieser CD wurden gut 250<br />

Jahre nach ihrer Entstehung erstmalig von Grosch wiederentdeckt.<br />

11

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!