CHRISTOPH SCHAFFRATH - nca - new classical adventure
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Rheinsberg eine Blütezeit vorklassischer Musik. Offiziell befasste sich der Thronfolger<br />
mit militärwissenschaftlichen, literarischen und geisteswissenschaftlichen<br />
Studien – was er ja auch tat: Im Turmkabinett schrieb Friedrich Briefe an Voltaire,<br />
1738 entstanden seine Betrachtungen über den gegenwärtigen Zustand europas<br />
und 1739 legte er seine Herrscherauffassung und politisch-moralische Prinzipien<br />
im Antimachiavell nieder. Für das Flötespiel fanden sich dennoch Zeit, gute Musiker<br />
und Freunde – aber nicht alles musste an das väterliche Ohr dringen!<br />
Oft bleibt ungewiss, ob Kompositionen von Schaffrath und den anderen Musikern<br />
nun in Ruppin oder Rheinsberg entstanden. Das uns heute vorliegende Notenmaterial<br />
weist die Hofkapell-Musiker nicht nur als Virtuosen auf ihren Instrumenten<br />
aus, sondern zeigt auch ihren jugendlichen Drang nach neuen Spieltechniken und<br />
Ausdrucksmöglichkeiten zwischen auslaufenden barocken Kompositionsverfahren<br />
und späterer „mannheimer Schule“. So gilt denn unsere Aufmerksamkeit bisher<br />
unbekannten Kompositionen von Mitgliedern der Rheinsberger Hofkapelle, die in<br />
Ruppin und Rheinsberg als Komponisten die musikgeschichtliche Phase der „Berliner<br />
Schule“ einleiteten. Als Musiker zogen sie im Rang eines „capell-Bedienten“ mit<br />
dem neuen König in Berlin ein und bildeten den Grundstock der Staatskapelle in der<br />
von Friedrich II. gegründeten Lindenoper.<br />
Christoph Schaffrath kam 1734 nach Ruppin und blieb für gut zehn Jahre Cembalist<br />
bei Friedrich II. Über Schaffraths musikalischen Ausbildungsweg ist wenig bekannt.<br />
In einem Bewerbungsschreiben vom 2. Juni 1733 2 um die vakante Organistenstelle<br />
der Sophienkirche in Dresden berichtet er selbst von einer dreijährigen Tätigkeit als<br />
Cembalist und Komponist bei August dem Starken sowie bei dem polnischen Fürsten<br />
Sanguszko. Schaffraths Bewerbung blieb erfolglos. Wilhelm Friedemann Bach bekam<br />
die ersehnte Dresdener Stelle. Schaffrath ging nach Ruppin und Rheinsberg, 1740<br />
folgte er dem König Friedrich II. nach Berlin. Vermutlich bewarb sich bereits 1738<br />
ein anderer Cembalist in Rheinsberg mit speziell für Friedrich komponierten Flötenkonzerten<br />
– Carl Philipp Emanuel Bach. Erst 1741 trat Bach als 1. Cembalist in die<br />
Dienste des Königs, Schaffrath blieb als 2. Cembalist – um 100 Taler höher bezahlt<br />
als Bach! – in der Königlichen Kapelle. 1744 ließ Friedrich II. eigens für Schaffrath<br />
eine Stelle als „clavicembalist und cammermusikus“ bei seiner Schwester, Prinzessin<br />
Amalie, in Berlin einrichten. Schaffrath gewann Freiraum zum Komponieren und<br />
Unterrichten, er verfasste in seinen letzten Lebensjahren den Entwurf zu einem<br />
Lehrbuch der Musik. Zu Schaffraths Aufgaben gehörte es auch, die Bibliothek der<br />
Prinzessin durch Kopien neuer Kompositionen zu ergänzen – so befinden sich in den<br />
Beständen der ehemaligen Amalienbibliothek (heute in der Staatsbibliothek Berlin)<br />
zahlreiche Autographe von Schaffraths Hand. Hartmut Grosch weist in einem Verzeichnis<br />
der Kompositionen von Schaffrath 15 Sinfonien, 16 Ouvertüren, 40 Klavier-<br />
bzw. Cembalokonzerte, 8 Konzerte für verschiedene Soloinstrumente (Violine, Flöte,<br />
Oboe, Fagott), 44 Duette für unterschiedliche Besetzungen, 24 Trios, 14 Quartette,<br />
Sonaten, Partiten und mehr als 20 Solostücke für Cembalo nach. 62 Werke befinden<br />
sich in der Amalienbibliothek, die Kompositionen auf dieser CD wurden gut 250<br />
Jahre nach ihrer Entstehung erstmalig von Grosch wiederentdeckt.<br />
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